166 Wettbewerbe - Formen, Auftrag und Durchführung - Bundesverband Deutscher Gartenfreunde e.V.

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166   Wettbewerbe –
      Formen, Auftrag
      und Durchführung

      Bundesverband Deutscher Gartenfreunde e.V.
      Gemeinnützige Organisation für das Kleingartenwesen
Schriftenreihe des Bundesverbandes

                 Deutscher Gartenfreunde e.V., Berlin
                                     ( BDG )

                               Heft / 2003
                              25. Jahrgang

Tagung:                vom 19. bis 21. September 2003 in Rostock

Herausgeber:           Bundesverband Deutscher Gartenfreunde e.V.
                       Platanenallee 37, 14050 Berlin
                       Telefon 030/ 30 207 140/141
                       Telefax 030/ 30 207 139

Präsident:             Ingo Kleist

Seminarleiter:         Jürgen Sheldon
                       Präsidiumsmitglied des Bundesverbandes
                       Deutscher Gartenfreunde e.V.

Zusammenstellung:      Ute Gabler

Nachdruck und Vervielfältigungen (fotomechanischer und anderer Art) - auch
auszugsweise - dürfen nur mit Genehmigung des Bundesverbandes
Deutscher Gartenfreunde erfolgen.

                             ISSN 0936-6083

Auflage: 1.000
Diese Tagung wurde durch das Bundesministerium für Verbraucherschutz,
Ernährung und Landwirtschaft, 53107 Bonn finanziell gefördert.

INHALTSVERZEICHNIS                                                                 SEITE

Vorwort                                                                                   5

Jürgen S h e l d o n
Präsidiumsmitglied des Bundesverbandes
Deutscher Gartenfreunde e.V.

Landeswettbewerb am Beispiel Landesbund
Schleswig-Holstein                                                                         7

Christine D ü w e l
Landesamt für Natur und Umwelt
des Landes Schleswig-Holstein

Der Bundeswettbewerb und seine Ziele                                                     19

Werner H e i d e m a n n
Ascheberg

Einzelgartenwettbewerb – Lauben oder vom Ziergarten                                      27
zum Nutzgarten

Claudia W o l l k o p f
Günflächenamt
Hannover

Anlagenwettbewerbe auf Bezirks- und Stadtebene                                           41

Wilhelm S p i e ß
Dortmund

Sondergärten und Lehrpfade als Wettbewerbsmotor                                          53

Klaus-Dieter K e r p a
Leverkusen

                           Bundesverband Deutscher Gartenfreunde e.V. - Grüne Schriftenreihe 166
Berichte der Arbeitsgruppen zum Thema

„Wettbewerbe - neue Formen?

AG I.                                                                                        79

Leiter und Berichterstatter: Klaus-Dieter K e r p a
Landesverband Rheinland der Kleingärtner e. V.

AG II.                                                                                       81

Leiter und Berichterstatter: Wilhelm S p i e ß
Landesverband Westfalen und Lippe der Kleingärtner e. V.

AG III.                                                                                       85

Leiter und Berichterstatter: Johannes K u b e
Landesverband Sachsen der Kleingärtner e. V.

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Vorwort

Wettbewerbe sind Leistungsschauen, aber auch mehr. Sie sind Ansporn für
Kleingärtnerinnen und Kleingärtner, sich auf ihre Stärken zu besinnen. Wodurch
kann „ihre“ Anlage punkten? Was zeichnet sie vor allen anderen aus? Hebt sie sich
positiv hervor durch intensive kleingärtnerische Nutzung? Oder durch soziales
Engagement der Mitglieder, indem zum Beispiel ausländische Mitglieder besonders
gut integriert werden? Kann sie innovative Formen des Umweltschutzes vorweisen?

Wettbewerbe in Kleingartenanlagen haben eine lange Tradition. Standen in der
Vergangenheit eher Schönheit, Harmonie und Sauberkeit im Vordergrund, geht es
heute um soziale, ökologische, städtebauliche und gartenkulturelle Aspekte.

Die Schulungsveranstaltung mit dem Motto „Wettbewerbe – Formen, Auftrag und
Durchführung“ fand nicht grundlos in Rostock statt. Ein Besuch der Internationalen
Gartenbauausstellung (IGA) an den Ufern der Warnow bot die Möglichkeit,
spätsommerliche Gartenimpressionen zu genießen und sich über neuste
Entwicklungen im Grünbereich zu informieren.

Diplomingenieurin Christine Düwel, Bothkamp, beschrieb in ihrem Referat
Intention, Planung und Durchführung eines thematischen Einzelgartenwettbewerbes.
Dieser Landeswettbewerb zeichnet umweltfreundliche Kleingärten aus.

„Wettbewerbe schärfen den Blick für das Wesentliche“, so das Fazit von
Diplomingenieur Werner Heidemann, Ascheberg. Er stellte in seinem Beitrag den
Bundeswettbewerb und dessen Ziele vor. Als langjähriges Jurymitglied ging er in
seiner Präsentation besonders auf die Bedeutung von Wettbewerben für das
Kleingartenwesen ein.

Diplomingenieurin Claudia Wollkopf, Hannover, stellte in ihrem Referat Ziele und
Durchführung des Einzelgartenwettbewerbes „Bunte Gärten“ der Stadt Hannover vor.
Hier zeigte sich, dass in ein Wettbewerbsthema eingebundene, wechselnde Mottos
alle Aspekte des Kleingartenwesens hervorheben können.

Anlagenwettbewerbe auf Bezirks- und Stadtebene waren das Thema der
Ausführungen von Diplomingenieur Wilhelm Spieß, Dortmund. Er ging vor allem
auf die Wirkung in die Öffentlichkeit, gegenüber kommunalen und politischen Trägern
und in die kleingärtnerischen Organisationen ein, stellte Wettbewerbsaussagen dar
und erörterte ein praxisnahes Bewertungssystem.

Klaus-Dieter Kerpa, Leverkusen, erläuterte in seiner Präsentation den Einfluss von
Kleingartenwettbewerben auf Verein, Gartengestaltung sowie Gartentypen und
stellte das wechselseitige Ursache-Wirkung-Prinzip zwischen Wettbewerben und
Sondergärten, Lehrgärten und Lehrpfaden in Kleingartenanlagen vor.

Jürgen Sheldon
Präsidiumsmitglied Fachberatung

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Landeswettbewerb am Beispiel Landesbund
Schleswig-Holstein

Christine D ü w e l
Landesamt für Natur und Umwelt
des Landes Schleswig-Holstein

            Bundesverband Deutscher Gartenfreunde e.V. - Grüne Schriftenreihe 166
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Landeswettbewerb am Beispiel Landesbund Schleswig-Holstein

Wettbewerbe im Kleingartenbereich haben eine lange Tradition. In der
Vergangenheit standen immer wieder Kriterien wie: Schönheit, Harmonie, Sauberkeit
u.a. im Vordergrund.
Der Bereich Umwelt und Umweltschutz ist aber nicht neu im Zusammenhang mit
dem Kleingartenwesen. Der Kleingarten bietet im besonderen Maße Gelegenheit,
der Natur eine Chance zu geben. Die Abkehr von einer strengen Ordnung ist jedoch
nicht gleichbedeutend mit ungezügeltem Wildwuchs. Ein naturnaher Garten erfordert
eine besondere Sorgfalt, viel Nachdenken und viel Handarbeit. Ein Betonweg, ein
Zierrasen und eine Handvoll Nadelgehölze sind meist sehr viel pflegeleichter und
erwecken den Eindruck von äußerer Ordnung. Diese Ordnung möchten wir aber
nicht mehr. Wir wünschen uns Kleingärten voller Leben. in denen neben einer
großen Tier- und Pflanzenvielfalt auch Kinder ihren Platz haben.

Alle Diskussionen und Absichtserklärungen, bis hin zum neuen Bundeskleingarten-
gesetz können aber nur anregen und Wegbereiter sein. Bei der Umsetzung in die
tägliche Praxis kommt es auf jeden einzelnen, auf jede Kleingärtnerin jeden
Kleingärtner an, den UmweItgedanken auf der eigenen Scholle in die Tat umzu-
setzen.

Seit 1989 wird der Wettbewerbsgedanke im Rahmen des Umweltschutzes und
naturnäheren Gärtnerns gepflegt. Es begann mit einem Umweltschutzpreis für
„Biotopobjekte“ in der Gesamtanlage.

                        Umweltschutzpreis im Kleingarten

Der Landesbund Schleswig-Holstein der Kleingärtner e.V. führt in
Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft, Forsten
und Fischerei (MFLFF) im Jahre 1989

                            einen W E T T B E W E R B

durch, bei dem die Kleingartenvereine angesprochen werden sollen, die sich um den
Umweltschutz besonders verdient gemacht haben.
In die Bewertung fallen vorrangig die Vereine, die bereits seit mindestens fünf Jahren
oder mehr Trocken- oder Feuchtbiotope betreuen, bei denen nachweislich extreme
Standorte geschützt wurden, oder andere Umweltschutzmaßnahmen nachhaltig
gefördert wurden. Das zu bewertende Objekt muss sich im Kleingartengelände und
nicht im Einzelgarten befinden.
Da der Wettbewerb nur eine begrenzte Teilnehmerzahl berücksichtigen kann,
werden die Kreisverbände gebeten, jeweils einen Bewerber ihres Kreisverbandes
zum Wettbewerb zu melden.

Meldeschluss ist der 15. Juni 1989.

Die Besichtigung durch die Bewertungskommission wird voraussichtlich im August
1989 durchgeführt werden. Nach Durchsicht der Bewerbungsbögen bzw. der
Beurteilungsunterlagen durch die Jury wird die

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Preisverleihung anlässlich der NORLA in Rendsburg am 16. September 1989

durch das Landwirtschaftsministerium vorgenommen werden. Folgende Preise sind
vorgesehen:

                    1. Preis         1.000       DM
                    2. Preis         750         DM
                    3. Preis         600         DM
                    4. Preis         500         DM
                    5. Preis         300         DM
                    6. – 15. Preis   jeweils     eine LB-Fahne

Diese Art von Wettbewerb mit Preisgeldverleihung wurde bis zum Jahr 1994
durchgeführt, dann änderten sich jedoch die Modalitäten, die gesamte Anlage mit
allen Einzelgärten als Ganzes betrachtet und unter die Lupe genommen werden
sollten.

Der Landesbund und das damalige Landwirtschaftsministerium arbeiteten dann
gemeinsam an einem Wettbewerb, der zum Inhalt hat, Kleingartenanlagen
auszuzeichnen, in denen mindestens 95 % der Gärten nach ökologischen
Gesichtspunkten bearbeitet werden. Vereine, die an diesem Wettbewerb teilnehmen
wollten, sollten bei den kommenden Jahresmitgliederversammlungen die Mitglieder
mit den Richtlinien und Kriterien vertraut machen, um sich rechtzeitig auf eine
veränderte Bewirtschaftungsform einzustellen.

Bewertungskriterien waren:
1.    In der Kleingartenanlage gilt ein generelles Abbrennverbot. Der Verein hat
     einen für die Gesamtanlage verbindlichen Beschluss, dass das Verbrennen
     ganzjährig in der Kleingartenanlage verboten ist.
2.    Organische Abfälle werden kompostiert - mit Ausnahme pilzbefallener
     Pflanzen-teile. In jedem Garten ist ein Komposthaufen, über den alle
     organischen Abfälle (außer pilzbefallener Pflanzenteile) entsorgt werden, oder
     der Verein hat einen Gemeinschaftskomposthaufen.
3.    Der Verein führt mindestens einmal im Jahr eine Schredderaktion durch, bei
     der jeder Gartenfreund die Gelegenheit hat, Busch und Holz zu zerkleinern.
4.    In keiner Laube ist ein Wasseranschluss und somit eine Spültoilette oder
     eine Dusche installiert. Es befinden sich in den Gärten keine unzulässigen
     Sickergruben, in denen Grauwasser odersonstige Abwässer entsorgt
     werden.
5.   Es werden von den Gartenfreunden keine Pflanzenschutzmittel
     angewendet, die in irgendeine Giftgruppe eingeordnet sind. Die Liste des
     „Umweltfreundlichen Pflanzenschutzes im Haus- und Kleingarten" wird
     beachtet.
6.    Sog. Chemietoiletten sind nicht gestattet, lediglich Trockenklos sind
     zugelassen.
7.    Bei der Düngung wird auf mineralische Düngemittel weitgehend verzichtet.
8.    Gräben, Knicks und Hecken werden einmal jährlich nach ökologischen
     Gesichtspunkten gepflegt.
9.    Wege und Plätze sind mit wassergebundenen Decken ausgebaut;
     Regenwasser kann versichern.

                             Bundesverband Deutscher Gartenfreunde e.V. - Grüne Schriftenreihe 166
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10.     Um Nützlinge zu fördern, gibt es           Vogelnisthilfen,                 Steinhaufen,
        Totholzhaufen, Vogelschutzgehölze u.a
11.     Auf Torf als Bodenverbesserungsmittel wird verzichtet.

12.     Der Verein hat einen Fachberater, der die Mitglieder über naturnahes
        Gärtnern aufklärt.
13.     Sondereinrichtungen, die nicht aufgelistet sind

-     mindestens 10 der 13 Punkte müssen erfüllt sein, um teilnehmen zu
      können!

Die Resonanz bei den 243 Kleingartenvereinen im Lande war im Jahr 1994 noch
gering. Möglicherweise lag es an dem strengen Kriterienkatalog, den der
Landesbund im Vorfeld dieses Wettbewerbes seinen Vereinen zur Kenntnis gegeben
hatte. So manch einer wurde hierdurch vielleicht noch abgeschreckt. Aber letztlich
sind es nur Selbstverständlichkeiten, wie: Abbrennverbote, Verzicht auf den Einsatz
von Pflanzenschutzmitteln und Verzicht auf übermäßigen Düngergebrauch, so wie
der Vorrang der Natur vor komfortabler Wohnkultur.

Um eine möglichst gerechte Bewertung der teilnehmenden Anlagen zu bekommen
gab es dazu einen Bogen, auf dem die verschiedenen Prüfbereiche mit möglichen
Punktzahlen versehen wurden. Er war herrlich einfach und übersichtlich:

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       Bewerbungsbogen für die Prädikatsverleihung „Umweltfreundliche
                         Kleingartenanlage 1996"
Ort:                               Datum:

Verein:

Begehung von:                            bis:

Prüfbereich                                  Punktzahl
max.                                         mögl. erreicht mind. erf.
/. Entsorgung von Abfällen
• Kompostierung                              5
• Schredderaktionen                          5
• Abbrennverbot                              5
• Sondermüllaktionen                         20      15

2. Hygieneeinrichtungen
• kein Wasseranschluss in der Laube 5
• keine Chemie- oder Spültoiletten    5
• sanitäre      Gemeinschaftseinrich- 10
    tungen oder private Wohnung in
    unmittelbarer Nähe
                                      20             15

3. Pflanzenbau
• kein Torfeinsatz                    2
• umweltgerechter      Pflanzenschutz 9
    (Nützungsleinsatz, Förderung von
    Nützlingen    z.B.   Vogelschutz,
    biotechn. Maßnahmen)
• standortgerechte                    9
    Pflanzenverwendung
                                      20             15

4.    Gestaltung  der   Anlage  z            5       15
wassergebundene Wege und Plätze z            5
Knick-, Hecken-, Grabenpflege z              5
Artenvielfalt   z  Gestaltung  der           5
Freiflächen                                  2
                                             0
5. Integration und Information z             5       15
Einbindung     in   die   Landschaft/        5
Gemeinde     z    Einbeziehung   und         5
Information   der    Bevölkerung   z         5
Fachberatung z Freizeitangebote an           2
Kinder und Jugendliche                       0

Endergebnis
Prädikat verliehen       Ja                                 nein

                             Bundesverband Deutscher Gartenfreunde e.V. - Grüne Schriftenreihe 166
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Bemerkungen:

Das hat aber insgesamt nicht ausgereicht und die Mitglieder der
Bewertungskommission bestehend aus einem Vertreter des Gemeindetages, dem
Landeskleingartenfachberater im Landesbund Schleswig-Holstein, dem jeweiligen
Gartenbaureferent des Landwirtschaftsministeriums, einem Vertreter der
Landwirtschaftskammer und mir als Vertreterin des Landesamtes für Natur und
Umwelt kreierten einen neuen Bewertungsbogen um sämtlich zu geachtenden
Rechtsgrundlagen übersichtlicher unterzubringen. Auf dieser Grundlage führen wir
bis auf einige Abweichungen (wenn ein neuer Referent aus dem Ministerium
teilnimmt) den „Wettbewerb der umweltfreundlichen Kleingartenanlage“ in Schleswig
Holstein durch.

                            Bundesverband Deutscher Gartenfreunde e.V. - Grüne Schriftenreihe 166
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Bewertungskriterien umweltfreundliche Kleingartenanlage 2000

                                                      Punktzahl
                                                      mögliche tatsächlic
                                                                h
1. Kleingartenkonzeption der Stadt/Gemeinde und funtionale Einordnung der
Anlage
• Beitrag zu einer nachhaltigen Siedlungsentwicklung 2
und zur Stadt- und Dorfgestaltung und –entwicklung
• Beitrag zur Gestaltung, Nutzung und Pflege von 2
öffentlichen Grünflächen, Festlegung von Flächen-
nutzungs- und Bebauungsplänen, Grün- und Flächen-
planung
• Zugänglichkeit der Anlage für die Nutzung als 4
öffentlicher Freizeitraum unter der Berücksichtigung
von ökologischen Wirkungen
• Generalpachtvertrag und Gartenordnung: ökologisch 3
relevante Regelungen auch im Sinne der Agenda 21
• Kleingartenförderung der Stadt/Gemeinde durch       2

Zwischensumme Punkt 1:                                            13

2. Gestaltung, Pflege und Entwicklung der Anlage                   und Gemeinschafts-
einrichtungen
2.1 Vereinsheim
• Gestaltung, Größe und Zustand des Vereinsheimes                 3
auch unter Berücksichtigung nachbarlicher, orts- und
landschaftsbildprägender Elemente
• Hygieneeinrichtungen/Abfallentsorgung                           5
(Kanalisation, Wasseranschluss, Gemeinschaftstoilette
vorhanden, Abfalltrennung, Kompostierung erfolgt)
• Qualität und Umweltverträglichkeit der Versorgung               5
mit Wasser und Elektrizität (z.B. regenerative Energien,
Komposttoiletten; keine Chemietoiletten)

2.2 Gemeinschaftsflächen
• Gestaltung der Wege (z.B. wassergebundene Wege                  4
und Gemeinschaftsflächen (Anteil an der Gesamtfläche,
Größe und Gestaltung der Parkplätze)
• Gestaltung      und     Sicherung  von     ökologisch           4
bedeutsamen Lebensräumen für Pflanzen und Tiere
(z.B. Feucht- und Trockenstandorte, Teiche, Hecken)
• Gestaltung und Pflege von Grün in der Anlage (z.B.              4
standortangepasste Bäume, Sträucher, Gras- und
Krautflora, Verzicht auf chemische Unkrautbekämpfung)
• Baulichkeiten passen sich harmonisch der Anlage an              4

2.3 Förderung des Natur- und Umweltbewusstseins
• Einrichtung von ökologischen Mustergärten      3
• Angebot und Durchführung von Informations- und 3

                           Bundesverband Deutscher Gartenfreunde e.V. - Grüne Schriftenreihe 166
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Schulungsveranstaltungen (Lehrpfade, Schautafeln,
Vorträge)
• Fachberater steht für Beratung zur Verfügung und 3
wird regelmäßig geschult

2.4 Soziale Aspekte
• Maßnahmen zur Einbeziehung von Neumitgliedern: 3
Integration von Jugendlichen, Senioren und Ausländern
• Initiativen und Einrichtungen für Kinder (Spielplatz, 3
Kinderaktionen)
Zwischensumme Punkt 2:                                  44

3. Zustand der Einzelgärten
• Größe, Abmessung und Aufteilung des Einzelgartens                2
(kleingärtnerische Nutzung, Anordnung der Laube)
• Verzicht        auf     chemische      Unkraut-     und          5
Schädlingsbekämpfung
• Standortangepasste Bepflanzung, Auswahl Nutz-                    3
und       Zierpflanzen,       Gründüngungsmaßnahmen,
Fruchtfolge
• Anwendung ökologischer Verfahren (Einsatz von                    5
Nützlingen, Verzicht auf Torf, Förderung der
Artenvielfalt, biologischer Pflanzenschutz
• Zustand und Pflege der Lauben (angemessene                       5
Laubengröße,        Verzicht    auf    umweltbedenkliche
Baumaterialien,       (z.B.   belastete   Altmaterialien),
Eingrünung der Lauben
• Qualität und Umweltverträglichkeit der Ver- und                  5
Entsorgung in den Lauben (Verzicht auf festen
Wasseranschluß, Kanalisation und Stromanschluß, Ver-
zicht auf Chemietoiletten, positiv sind Komposttoiletten)
• Förderung der Abfallverwertung und Anwendung der                 5
Kompostierung
• Gestaltung der Wege- und Beetbegrenzungen                        4
(wasserdurchlässige Oberflächen/Materialien, Verzicht
auf Eternit-, Beton- und Plastikeinfassungen)
Zwischensumme Punkt 3:                                             34

4. Sonstiges
• Ideenreiche Gestaltung von Gemeinschaftsflächen                  3
und/oder hervorzuhebende Einzelgärten
• Erhalt, Pflege und Vernetzung von landschafts-                   3
typischen Anlagen und schutzwürdiger Bereiche, z.B.
Wallhecken, Knicks, Alleen, Auen, Gewässer, Straßen-,
Wege- und Gewässerbepflanzung
• Positiver   Gesamteindruck durch harmonische                     3
Gestaltung der Baulichkeiten und/oder beispielhafte
Lösungen zum schonenden Umgang mit der Natur
Zwischensumme Punkt 4:                                             9
Summe                                                              100

                            Bundesverband Deutscher Gartenfreunde e.V. - Grüne Schriftenreihe 166
-15-
Bewertung:
Mindestpunkte:      50
Erreichte Punkte:
Prädikat:           Ja           Nein

Bemerkungen:

Im Laufe der Jahre dezimierte sich die Kommissionsgruppe, da dem Landesbund
inzwischen keine gesonderten Gelder mehr für den Wettbewerb durch das
Ministerium zur Verfügung gestellt werden und somit auch keine Tagegelder gezahlt
werden. Im Rahmen unseres normalen Dienstes ist die Kommission mit derzeit einer
Vertreterin aus dem Umweltministerium Abteilung Landwirtschaft, einer Vertreterin
aus dem Landesamt für Natur und Umwelt und dem Landesfachberater des
Landesbundes der Kleingärtner Schleswig-Holstein besetzt.
Insgesamt haben wir wohl über die Hälfte der 243 Anlagen des Bundeslandes
aufgesucht und begutachtet. Nicht immer erfüllten sich die Wünsche der Teilnehmer
und wir mussten oftmals sagen, dass die Teilnahme nicht erfolgreich war.
Ausgezeichnet wurden bislang fast 70 Anlagen. Dreimal können die einzelnen
Kleingartenanlagen im jeweiligen Abstand von drei Jahren teilnehmen und erhalten
als Lohn ein Zertifikat der erfolgreichen Teilnahme und einen Stempel. Diesen
Stempel können sie verwenden und jeweils 3 Jahre in ihrem Briefkopf mitführen. Mit
der dritten erfolgreichen Teilnahme werden sie mit einem „Silbernen Blatt“
ausgesteuert.
Einzelne Teilnehmer der Kommission wollten schon aussteigen und aufhören, doch
bietet dieser Wettbewerb eine erzieherische Chance und für die Vereinsvorsitzenden
und die Fachberater eine nicht unerhebliche Rückenstärkung bei der Durchsetzung
umweltfreundlicheren Verhaltens. Im folgendem möchte ich noch einmal den
Eindruck meiner ersten Bereisung im Jahre 1995 wiedergeben den ich auch heute
noch so stehen lassen kann:

Da sich, wie langläufig bekannt, die Bedeutung des Kleingartens von reiner Gemüse
und Obstproduktion im Laufe der Jahrzehnte gewandelt hat - jeder eifrige Leser
einschlägiger Blätter hat sicherlich die Hinwendung zum Freizeitgarten immer wieder
vorgehalten bekommen, möchte ich im folgenden schildern, ob wir ihn dennoch
gefunden haben: „den richtigen Kleingarten" und nicht nur das Wochenendhaus in
der Grünzone. Gleich vor weg, manchmal haben wir ihn gefunden. Ich gab mich nur
nicht der Illusion hin, dass das, was in der freien Landschaft passiert, nicht auch
genauso im Kleingartenbereich Wiederholung findet, nämlich Artenschwund, Verlust
von Vielfalt und Artenreichtum, Reduzierung auf Allerweltsarten. Aber es hat mir
einiges trotzdem gut gefallen. Zum Beispiel dass die in Schleswig-Holstein bedingten
Eigenarten der Landschaft, nämlich Marsch, Geest und Hügelland auch in den
einzelnen zu besichtigenden Anlagen deutlich wieder zu finden war. Da war z.B. eine
Anlage an der Wilster Au, die mich einfach überraschte. Im inneren Bereich der
Anlage gab es sogar noch die so genannten Beet-Gruppenstrukturen der typischen
Marsch zu sehen. Ein leichtes Stirnrunzeln, wo denn wohl die alten Obstbäume
geblieben seien, denn es handelte sich um eine ältere Anlage, erübrigte sich beim
Blick in die Au. Der Grundwasserstand ist dort so hoch, dass kein Baum es schafft,

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sich tief und fest zu verankern - zu „jung an Jahren" fällt er einfach um. Im weiteren
fiel dort auf, dass viele Schautafeln den Bürger über Vorkommen von Tier- und
Pflanzenarten informierten, einige Parzellen umfunktioniert waren zu Biotopen. Zur
Zeit überwiegt noch der Ziercharakter der Gesamtanlage. Aber wer weiß, so
vielfältige Ansätze für naturnahe Gestaltung werden sicherlich auch weiterhin gut
Beispiele geben.
Worauf achte ich oder was melden mir meine Sinne, wenn ich durch eine Anlage
hindurchgehe. Erwarte ich den frischen Duft der Wasserminze, den Geschmack
eines Wildkräutersalates aus Löwenzahnblättern, Knoblauchsrauke und Brenn-
nesselspitzen. Das Gaukeln eines Segelfalters über der Wildstrauchhecke mit
schwarzem Holunder und Eingriffeligen Weißdorn. Das Gezeter eines Zaunkönigs
darin - so spielt es sich in meinem eigenen Garten ja wirklich ab. Aber die
Wirklichkeit ist oft anders: die öde einer Thujahecke aus Nordamerika sehe ich, die
immergrüne Langeweile eines Rhododendron aus Asien, der leblose Schurrasen
Marke Wimbledon. Kein bemerkenswerter Falter, kein seltener Vogel. Grüne Leere
und sonst nichts. Entschuldigung, ich wollte ja eigentlich berichten, was mir gefallen
hat.
Gefallen haben mir z.B. Anlagen, in denen es keine Zäune gab. Da können jedenfalls
z.B. Igelfamilien hin und her wandern, wenn sie dann einen Reisighaufen hier und
dort zum Unterschlupf finden. Meine dicke Igelin wohnt z.B. hinter den beiden
Komposthaufen neben dem Hausfreund - ach, den kennen Sie nicht (das ist der
„Schwarze Gnutzer" (in Schleswig-Holstein ein sehr gut tragender Holunder), der
beschattet auch noch den Kompost zwecks guten Gedeihens . Bei diesen „offenen
Anlagen" gibt es zur Abgrenzung zwar auch das Standartsortiment aus dem
Gartencenter, zudem aber auch großzügige Ergänzungen durch Sommerblumen und
Stauden. Uns fiel auch auf, dass z.B. durch ausländische Mitbürger auch eine
größere Artenvielfalt im Gemüseanbau in mehreren Anlagen zu verzeichnen war. In
einigen wirklich alten Anlagen mit wunderschönen großen Obstbäumen wollte man
meinen, hier müsste auch eine große Vogelvielfalt vorhanden sein. Dies war bei der
kurzen Verweilzeit leider nicht nachzuvollziehen. Aus Literaturhinweisen ist mir
jedoch bekannt, dass auch hier leider die Allerweltsarten, wie Amsel und Buchfink
die Oberhand haben. In einigen Anlagen sieht man, dass besonders viele Nistkästen
aufgehängt werden. Verkehrt ist es auch nicht: es befriedigt beim Selbstbau unseren
Bastlertrieb und wenn nicht ein Vogel hineingeht, weil der Kasten z.B. nicht
katzensicher aufgehängt wurde, dann geht eben das Eichhörnchen zwischendurch
hinein oder ein Wespennest hat eine regensichere Bleibe. Habe ich hingegen eine
junge Anlage und wenig Altholz und Gebüschbestand, helfen Nistkästen die
Wohnungsnot von Kleinvögeln zu mindern. Hier sei angemerkt, dass ein
bewachsenes oder altes Gartenhäuschen mit vielen Unterschlupfmöglichkeiten viel
attraktiver für unsere Vogelwelt ist, als ein schniekes neues Fertighaus ohne
Vorsprünge und Versteckmöglichkeiten. In einer kleinen neuen Anlage war auffällig,
dass Schling- und Kletterpflanzen an den kleinen Häuschen schon mittlerweile
während der Vegetationszeit eine Art „Leitgrünfunktion" übernehmen konnten,
solange gepflanzte Obstbäume noch in den Kinderschuhen stecken. Schade ist m.
E., dass heute viel zu oft nur kleinbleibende Gehölze gepflanzt werden. Wenn
mittlerweile schon die so genannte Drittelung der Kleingartenfläche gang und gebe
ist, so sollte mindestens ein anständiger Hochstamm dem Haus zugeordnet sein
dürfen. Bemerkenswert ist, dass eine gute Kompostbereitung vielen am Herzen liegt.
Müssen diese Kästen jedoch gleich hinter der Abgrenzung oder der Hecke im
Eingangsbereich angebracht sein. Eigentlich hätte ich hinter dem Zaun erstmal

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üppige Blumenpracht erwartet - aber belehren Sie mich eines Besseren. Und was
noch erfreulich ist, das kleine Bemühungen, dem Ohrenkneifer, ein dunkles

Tagesquartier zubereiten, einen Steinhaufen für Maus, Frosch, Lurch etc. anzulegen,
Stroh- und Reethalme für Insekten gebündelt aufzuhängen, überall in Ansätzen zu
sehen ist. Was wohl sehr schwer fällt, ist auf dieser kleinen Fläche einen wirklichen
naturnahen Garten herzurichten und auch von den Vereinssatzungen Zuzulassen. Im
Grunde gehört es ja auch dazu dass jeder Einzelne sich wieder vielmehr Wissen
aneignen muss, um noch mehr Individuen Lebensraum bieten zu können. Es
bedeutet auch, dass wir wieder mehr von den Zusammenhängen der Natur und ihrer
Lebensgemeinschaften begreifen müssten. Es gibt einen Grundsatz, der mir schon
von meinen Eltern her abgedroschen vorkam. Aber es stimmt: nur was wir kennen,
vermögen wir auch zu schützen.
Bei einigen Gärten lag die Vermutung nahe, dass dort große Lagerraumkapazitäten
gebraucht wurden, denn die Größe von ca. 24 m Laubengrundfläche wurde durch
etliche Anbauten erheblich überschritten. Wo bleibt da noch Platz für Gemüse, Obst
und Blumenrabatten? Da für die meisten Pächter einer Anlage der Zwang zu viel
Gemüse und Obstproduktion ja nicht mehr unbedingt besteht, steht vor allem der
Spaß und die Freude im Vordergrund, sich mit dem Gärtchen liebevoll zu befassen.
Das hatte z.B. die Auswirkung, dass die Kornmission auch lange am Tor oder auf
den Gartenwegen schauen musste, um die vielfältigen Pflanzenarrangements bis hin
zu selbstgefertigten Kunstobjekten auch richtig würdigen zu können.
Für die Erfahrung während der Bereisung galt als Fazit: je größer die Vielfalt in
Gärten und Wegrändern und je mehr Strukturreichtum vorhanden ist, desto
spannender ist alles für den Betrachter und umso mehr Möglichkeiten bieten sich
auch für empfindliche Pflanzen und Tiere in einer großen Gemeinschaft eine Lücke
für sich entdecken zu können. Einheitsgrün ist fade und biete auch keine Nischen zu
Überleben.

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Der Bundeswettbewerb und seine Ziele

Werner H e i d e m a n n
Ascheberg

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Der Bundeswettbewerb und seine Ziele
Erfahrungen und Impressionen vom Bundeswettbewerb 2002

In 21 Tagen um die „Welt“

Wer als Mitglied der Bundesbewertungskommission „Gärten im Städtebau" in 21
Tagen 52 Kleingartenanlagen und ihre Vereine in 48 Städten besucht, nimmt eine
Herausforderung an. Nur wenn man die vielgestaltigen Kleingartenanlagen mit ihrer
jeweils eigenen Geschichte, die unvergleichliche Eigenart jeder einzelnen Anlage
gesehen hat, kann man erahnen, wie viel wertvollste Lebensqualität von Menschen
geschaffen und gewahrt wird.

Der 20. Bundeswettbewerb 2002 bietet daher eine hervorragende Möglichkeit, das
Kleingartenwesen in seiner ganzen Vielfalt und Unterschiedlichkeit ins Blickfeld der
Öffentlichkeit zu rücken.
In Text und Bild möchte ich Ihnen die Vielschichtigkeit und Bandbreite anhand von
Beispielen aus dem Bundeswettbewerb aufzeigen.

Dabei geht es um die städtebauliche Integration von Kleingartenanlagen, das
Miteinander von Verein und Stadt, die Artenvielfalt in den Gärten und Anlagen, die
Gartenkultur als Teil der Stadtkultur und die sozial-ökologischen Leistungen der
Kleingärtner.

Viele Ziele dieses Bundeswettbewerbs sind durchaus auch auf Anlagenwettbewerbe
auf Landes- und Kommunalebene zu übertragen; Gleiches gilt für die Bewertungs-
kriterien, die vor Ort wertvolle Arbeitshilfen sein können.

Kleingartenanlagen sind städtebauliche Gesamtkonzepte - gemischte Grün-
flächen im Vormarsch

„Gärten im Städtebau – durch Kleingärten mehr Lebensqualität“, treffender kann der
Titel und das Motto eines Bundeswettbewerbs in Sachen Kleingartenwesen nicht sein!

Titel und Motto stehen sinngleich für die städtebauliche Bedeutung von Kleingärten als
wesentlicher Teil des öffentlichen Grüns einer Stadt. Wichtige Bewertungskriterien sind
in diesem Zusammenhang die städtebauliche Konzeption der Anlage, ihre Gestaltung,
Erreichbarkeit, Zugänglichkeit und langfristige Sicherung aber auch die
Zusammenarbeit von Stadt, Verwaltung und Kleingärtnerorganisation.

Die Bedeutung von Kleingartenanlagen als Frei- und Erholungsflächen für breite
Bevölkerungsschichten nimmt zu. Spazier- und Wanderwege, Spielplätze und –
flächen, Lehrpfade und Besuchergärten prägen als Ergänzung zur individuell
nutzbaren Gartenparzelle das Gesicht von Kleingartenanlagen. Schüler erforschen
Naturzusammenhänge life im Schulgarten in der Kleingartenanlage mit Unterstützung
des Vereinsfachberaters; die Bewohner des Seniorenheimes genießen die Ruhezonen
und Spazierwege im Anlagengrün oder sind aktiv im Seniorengarten der
Kleingartenanlage tätig.
So gesehen sind solche Anlagen multifunktionale Grünflächen (Kleingartenparks) mit
einem zum Teil stark ausgeprägten gartenkulturellen und sozialen Hintergrund.
Insbesondere bei Kleingartenanlagen der jüngeren Entstehungsgeschichte ist dieser

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Nutzungsmix stark ausgeprägt; bis zu 50 % des Gesamtareals sind öffentlich
zugängliches Stadtgrün.
Ob in Berlin, Bremen, Chemnitz, Dortmund, Dresden, Hamburg oder Leipzig –
Kleingartenparks erleben derzeit in den urbanen Ballungszentren im Denken der
Stadtväter und –mütter eine Renaissance.

Die Goldanlage „Am Kienberg“ in Berlin Marzahn-Hellersdorf, umringt von
Großraumsiedlungen mit extrem verdichtetem Geschosswohnungsbau, bestimmt als
offenes Grünzentrum mit hoher Aufenthaltsqualität das Leben und die Entwicklung des
Stadtteils. Über ein großzügig gestaltetes Rasenwegenetz wird die Anlage nach innen
und außen behutsam erschlossen. Offene Strukturen wirken einladend, für
Kleingärtner und Nachbarn gleichermaßen. Und das erst recht, wenn der Verein aktiv
das Stadtteilleben mitgestaltet. Mehr als 8.000 Besucher unterstreichen das
außerordentliche Engagement des Vereins, wenn er zum „Tag des Gartens“ mit
Stadtteilfest einlädt. Hier wird deutlich: Kleingartenanlagen sind grüne Brücken im
Stadtquartier und eine aktive Vereinsgemeinschaft wirkt in vielfältiger Weise in das
Stadtteilleben hinein.
Ein weiteres Beispiel:
Mit der Neuanlage „Alte Körne“ präsentiert die Stadt Dortmund und ihre Kleingärtner
eine stückweit „Kleingartenfuture“. Bemerkenswert, der große Anteil an öffentlichen
Grünflächen! Einladende Wege durch eine Wiesenlandschaft, Freiflächen zum Spielen
und Verweilen, Feuchtbiotope und offene Wassergräben prägen diese
Kleingartenanlage in Wohnungsnähe und machen sie so zu einem Ort mit hoher
Aufenthaltsqualität für jung und alt.
Dass an einem schönen Sonntag im Gebiet „Alte Körne“ bis zu 20.000 Menschen aller
Altersgruppen Erholung suchen und finden, zeigt die hohe Bedeutung des Stadtgrüns
in seiner ganzen Vielfalt und Unterschiedlichkeit.

Einige Städte erleben derzeit einen gravierenden Umbruch. Bei einer zum Teil
dramatischen Stadtflucht, insbesondere in den neuen Bundesländern, geht es um die
Kernfrage, wie Altanlagen durch Umgestaltung und Öffnung im Rahmen einer an
langfristigen Zielen orientierten Grünordnungsplanung an Attraktivität und Qualität für
Kleingärtner und Stadtbewohner gewinnen können. Im Rahmen solcher
Umgestaltungsmaßnahmen wird wertvolles über Jahrzehnte gewachsenes
Grünpotenzial in Kleingartenanlagen gezielt für die Zukunft gesichert.
Umgestaltung bedeutet zwangsläufig auch ein Eingriff in vorhandene Besitz-Bestände
und Strukturen. Sie ist von daher nie ein Planungsakt, der sich ausschließlich an
Planungs- und Gestaltungsidealen orientieren darf, sondern bedarf des behutsamen
Dialogs aller Beteiligten – Politik, Verwaltung, Verein und Mitglieder.
So geschehen und gesehen in Chemnitz. Hier können sich die Ergebnisse im Rahmen
des Projekts „Grüne Meile“, sehen lassen: Denn offene Wege und Pfade, neu
gewonnene Frei- und Spielflächen erhöhen für alle Bürger die Attraktivität der
Kleingartenanlagen „Sonnenberg“ und „Erdenglück“ sowie des Umfeldes
gleichermaßen.

Miteinander handeln – Verein, Verwaltung und Politik

Kleingartenanlagen sind für eine Mischung von privaten und öffentlichen Freiräumen
geradezu prädestiniert, denn mit dem „Verein“ gibt es in der Stadt nicht nur einen
Verwalter (von Kleingartenland) sondern auch einen Gestalter, der kommunalpolitische
Entscheidungsprozesse in Sachen „Stadtgrün“ mitinitiiert und verantwortet.

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Unterschiedliche Beispiele für ein konstruktives Miteinander von Kommunalpolitik,
Verwaltung und Kleingärtnerorganisation hat die Bewertungskommission kennen
gelernt.
Kommunale Kleingartenbeiräte, z.B. in Dresden und Chemnitz, sind eine feste Stütze
bei den örtlichen Entscheidungsprozessen in Sachen Kleingärten und Stadtgrün.

In Heilbronn sind sowohl die Verbände des Freizeitgartenbaus als auch die Vertreter
des Produktionsgartenbaus im so genannten „Arbeitskreis Grün“ bei der
Grünentwicklung der Stadt aktiv mit eingebunden.

In Krefeld hat der Stadtverband den Status als „Träger öffentlicher Belange“.

Kleingarten-Wettbewerbe auf kommunaler Ebene – gemeinsam ausgelobt und
getragen von der Kleingärtnerorganisation und der Stadt – sind ein hervorragendes
Instrument, das Kleingartenwesens im Bewusstsein der öffentlichen Meinung positiv zu
verankern.
Ich denke in diesem Zusammenhang an den Leipziger Wettbewerb „Kleingartenanlage
des Jahres“ und an Anlagenwettbewerbe in der Stadt Mönchengladbach, die ohne
Unterbrechung seit 1953 Jahr für Jahr ausgelobt werden; alle Ratsfraktionen
demonstrieren durch eigenständige Anerkennungen und Preise ihre politische
Unterstützung für die Sache des Kleingartenwesens!
Bleiben wir noch einen Augenblick beim Bürgerengagement pro Kleingarten: In
Bremen entwickelte sich eine machtvolle Allianz aus Kleingärtnern, Nachbarn und
Naturschützern. Als „außerparlamentarische Opposition“ zeigten sie dem Senat
sprichwörtlich die „Rote Karte“ und retteten so mehr als 700 Kleingärten vor der
Überplanung und dem Aus (Kleingartenanlage „Harmonie“). Eine außergewöhnliche
Leistung, die es allemal wert ist, im Rahmen eines Bundeswettbewerbs öffentlich zu
zeigen.

Ein weiteres Beispiel: In einer Bürgerinitiative kämpfen die Kleingärtner des
„Heimgartenbund Altona – 202 – “ gemeinsam mit den Bewohnern des Ortsteils um
den Erhalt ihrer Anlage getreu dem Motto „Apfelbaum braucht Wurzelraum“. Das erregt
Aufmerksamkeit und bringt Sympathien gleichermaßen: 90 Bewerber führt der Verein
auf seiner Warteliste und das bei knapp 240 Parzellen.

Diese Beispiele zeigen: Die Vernetzungen von Verein, Kommunalpolitik, Verwaltung
und auch Bürgerinitiativen sind wichtig für eine stückweit lebendige Stadt- und
Kleingartenkultur. Die Verankerung des Kleingartenwesens im Denken und Handeln
der Kommunalpolitik, der Verwaltung und öffentlichen Meinung ist heute wichtiger denn
je, in einer Zeit, die geprägt ist durch Privatisierung und Ausgliederung. Im Rahmen
von so genannten Verwaltungsreformen bleiben heute allzu oft Grün-Ausschüsse und
Grünflächenämter auf der Strecke, zum Nachteil des Kleingartenwesens.

Es gibt nichts Gutes, außer man tut es. (Erich Kästner)
- ökologisches, soziales, kulturelles Handeln im Verband

Die ökologische Konzeption der Anlage sowie soziale und kulturelle Vereinsaktivitäten
mit Innen- und Außenwirkung sind bedeutende Bewertungskriterien.
An dieser Stelle vorab noch einige Gedanken zur viel zitierten „Ökologie im Klein-
garten“ und den „sozialen Vereinsaktivitäten“. Beides geht miteinander einher, ist

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miteinander verwachsen. Die Ökologie, die Wissenschaft von den Wechselwirkungen
der Lebewesen untereinander und mit der Umwelt, hat sehr viel mit den Menschen im
Kleingarten zu tun und mit der Gemeinschaft aller Kleingärtner (Vereine) und den
Aktivitäten.
Wenige Hinweise hierzu mögen genügen:
Naturerziehung, Umweltbildung von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen kann
praxisnah im Garten und am Projekt erfolgen. (Lehrpfade, Senioren- und Schulgarten
u.a.)
Ökologie im Kleingarten und in der Kleingartenanlage ist von daher mit den – sozialen
- Aktivitäten des Einzelnen und der Gemeinschaft verbunden. Sie bezieht den
Menschen mit ein und lässt sich nicht auf statische Begriffe wie „Mischkultur“ und
„integrierter Pflanzenschutz“ beschränken.

Hierzu einige Beispiele, ohne Anspruch auf Vollständigkeit, die zeigen, wie vielseitig
das Kleingartenwesen in die Bürgerschaft hineinwirkt und das Stadtquartier prägt.

-     Der Kleingärtnerverein „Seilbahn“, Leipzig, entwickelt einen Seniorengarten, ein
      Treffpunkt für alte Gartenfreunde, denen die Bewirtschaftung der eigenen
      Parzelle wegen nachlassender Kräfte nicht mehr möglich ist. So bleiben diese
      Menschen dem Gärtnern und Garten und dem Verein verbunden.
-     Naturbeobachtungspfade, Obstlehr- und Gartenpfade für Schulen und
      Kindergärten sind häufig fester Bestandteil von Kleingartenanlagen und werden
      von den Mitgliedern betreut, z.B. Kgv. „Bergland“, Eisenhüttenstadt, „In der
      Kiepe“, Lüneburg, „Erich Billert“, Oschatz, „Herzberg“, Peine, „Am
      Brückelgraben“, Ludwigshafen, „Kreuztal“, Siegerland.
-     Ein vor Jahren erblindeter Gartenfreund, Kleingärtner mit Leib und Seele,
      initiierte damals mit einer Selbsthilfegruppe und dem Kleingärtnerverein
      „Mühlenweg“, Wilhelmshaven, den Bau eines Blindengartens.
-     Die Mitglieder des Kgv. „Eichelberg“, Bayreuth, planen und bauen ein
      hochwertiges Erlebnisbiotop mit integriertem Spiel- und Aufenthaltsbereich.
-     Umwelt- und Naturschutz sind das Leitbild des Kgv. „Wilstorf von 1924“,
      Hamburg. Neben dem Lehrpfad gibt’s ein Natur- und Umwelthaus in
      unmittelbarer Nähe zum Spielplatz. Diese Objekte sind über Ökosponsoring
      (Firmen, Privatpersonen, Umweltstiftung) finanziert worden und sind auch ein
      gutes Beispiel der Zusammenarbeit des Vereins mit Umweltverbänden.
-     In der Kleingartenanlage „Grünhöfe-Sauermoor“, Bremerhaven, betreibt der
      Verein in Kooperation mit einem nahe gelegenen Altenheim eine Senioren-
      Begegnungsstätte mit Lehrgarten auf einer frei gewordenen Parzelle.
-     Der Tradition und Nachhaltigkeit verpflichtet fühlen sich die Kleingärtner von
      „Erdenglück“, Chemnitz. Sie pflegen und bewahren die historischen
      „Wassermann-Lauben“ aus den 20iger Jahren. Diese Lauben – ein stückweit
      Gartenkultur in der Stadt – gehen auf den Chemnitzer Stadtinspektor Leopold
      Wassermann zurück.
-     Mit enormem persönlichem Engagement und Fingerspitzengefühl bemüht sich
      der Vereinsvorsitzende zusammen mit seiner Familie in der Kleingartenanlage
      „Am Sonnenhang“, Fulda, mitten in einem sozialen Brennpunkt der Stadt
      gelegen, um die Integration von Aussiedlern und ausländischen Mitbürgern.
-     Die Theater-AG des Kleingärtnervereins „Bühlauer Waldgärten“, Dresden, baut
      ein Umweltkasperletheater und schreibt eigene Stücke mit „Umweltcharakter“.
      Mehr als 2000 Schulkinder kommen Jahr für Jahr im Rahmen ihres
      Klassenausfluges ins Gartentheater. Eine großartige Leistung.

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Artenvielfalt bewahren und dokumentieren

Kleingartenanlagen haben eine hohe Bedeutung zur Erhaltung und Mehrung der
Artenvielfalt bei Nutz- und Zierpflanzen. Viele wertvolle alte Kultursorten, die im
Erwerbsgartenbau längst dem ökonomischen Diktat zum Opfer gefallen sind, kann
man hier noch finden. Diese besondere Arten- bzw. Sortenvielfalt aufzunehmen, zu
dokumentieren und zu erhalten wäre ein sinnvolles und interessantes Betätigungsfeld
für Fachhochschulen und Universitäten. Es muss, ökologisch betrachtet, nicht bei der
Kartierung und Auswertung der Artenvielfalt bei Nutz- und Zierpflanzen bleiben. Auch
Wildpflanzen und wild lebende Tierarten könnten Schritt für Schritt in ein
entsprechendes ökologisch-biologisches Konzept einbezogen werden. Beide Gruppen,
die Kulturpflanzen und die in Kleingärten/Anlagen wild lebenden Arten, haben
ökologisch und besonders auch gartenkulturell einen unschätzbaren Wert.

Gartenwettbewerbe schärfen den Blick für das Wesentliche

Gartenwettbewerbe – ob auf Kommunal-, Landes- oder Bundesebene sei dahingestellt
– sind exzellente Seismographen für das Miteinander von Kommunalpolitik,
Verwaltung und Kleingärtnerverein. Als Mitglied einer Bewertungskommission spüren
und analysieren Sie sehr schnell, ob und wo Kleingartenanlagen in die städtische
Grünplanung integriert sind und welchen gesellschaftspolitischen Stellenwert, welche
Akzeptanz die Kleingärtnerorganisation vor Ort genießt.
Darüber hinaus sind Wettbewerbe Gradmesser für das sozial-ökologische und
gartenkulturelle Engagement der Kleingärtnergemeinschaft und eines jeden Einzelnen.

Wie viel Kreativität strahlt plötzlich nach außen, wenn Naturerziehung und
Umweltbildung von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen – nicht virtuell mit PC und
Lehrbuch – sondern praxisnah im Garten erfolgen, wenn Naturbeobachtungspfade,
Senioren- und Schulgärten in Kleingartenanlagen dem Bürger Lebensvorgänge und
Naturzusammenhänge näher bringen! Wie viel Vielgestaltigkeit und Artenvielfalt in den
Gärten - wertvollste Lebensqualität von Menschen geschaffen und bewahrt – offenbart
sich dem Betrachter.

Gartenwettbewerbe schärfen unseren Blick für das Wesentliche.

Heben wir diese Schätze, setzen wir sie ins rechte Licht, würdigen wir diese
außergewöhnlichen Vereinsaktivitäten mit Vorbildcharakter. Das ist eine der
wesentlichen Aufgaben von Gartenwettbewerben auf Kommunal, Landes- und
Bundesebene.

Literaturhinweise:

-   „Der Fachberater“, Ausgabe Mai 2003, Schwerpunktthema „Wettbewerbe“

- Gärten im Städtebau – durch Kleingärten mehr Lebensqualität.
   Auf 84 Seiten sind die Ergebnisse des Bundeswettbewerbs zusammengefasst. Die
   preisgekrönten Kleingartenanlagen werden mit Kurztexten und Bildern vorgestellt.
   Bezug über den BDG und die Landesverbände, kostenpflichtig.
Bewertungskriterien:

                               Bundesverband Deutscher Gartenfreunde e.V. - Grüne Schriftenreihe 166
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Ein Beispiel für Bewertungskriterien aus Bundeswettbewerb „Gärten im
Städtebau 2002

Kleingartenanlagenwettbewerb

   1. Städtebauliche Konzeption und funktionelle Einordnung der Anlage
      -     Beitrag zum Leitbild einer nachhaltigen Siedlungsentwicklung
      -     Beitrag zur Gestaltung öffentlicher Grünflächen
      -     Zugänglichkeit der Anlage
      -     Erreichbarkeit, Einbindung in das Verkehrsnetz
      -     Verbesserung des Wohn- und Arbeitsumfeldes,
      -     Kleingartenförderkonzepte der Gemeinde
      -     relevante Regelungen im Sinne der Agenda 21, Zwischenpachtvertrag
            und Gartenordnungen
                                                           max. 30 Punkte

   2. Interaktive und kommunikative Funktion der Kleingartenanlage (soziale
      Funktion)
      -      Attraktivität von öffentlichen Ruheplätzen, Spielplätzen, Liegewiesen,
             Sanitäreinrichtungen,
      -      Gemeinschaftlich erbrachte Eigenleistungen
      -      Außenwirkungen und Initiativen im sozialen Bereich
      -      Durchführung von Maßnahmen zur Einbeziehung von Neumitgliedern,
             Jugendlichen und Senioren
      -      Interne Aktivitäten innerhalb des Vereins
      -      Externe Aktivitäten/Angebote
      -      Soziale Angebote

                                                                          max. 30 Punkte

   3. Ökologische Konzeption:
      -      Gestaltung, Pflege und Entwicklung der Kleingartenanlage (im Sinne der
             Agenda 21)
      -      Integration der Anlage in ihre Umgebung
      -      Gestaltung und Pflege der Rand- und Eingangsbereiche
      -      Innere Gliederung der Anlage
      -      Ver- und Entsorgungskonzepte im angemessenen Standard
      -      Gestaltung der Wege-, Gemeinschafts- und inneren Freiflächen
      -      Rückführung deren Versiegelung
      -      Maßnahmen zum Boden- und Grundwasserschutz
      -      Gestaltung und Sicherung von ökologisch bedeutsamen Lebensräumen
             für Pflanze und Tier
      -      Freilegung und Renaturierung von Gewässern
      -      Förderung des Biotop- und Artenschutzes
                                                                max. 20 Punkte
   4. Einzelgärten
   -     Größe, Abmessung und Aufteilung des Einzelgartens (Proportionen,
         Standorte und Auswahl von Nutz- und Zierpflanzen sowie Gehölzen,
         integrierter Pflanzenbau)
   -     Gestaltung, Erhaltung und Pflege

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-     Individuelle Gestaltung
-     Verbesserung der kleingärtnerischen Nutzung unter Berücksichtigung der
      Grundsätze einer ökologischen Gartenpflege und eines integrierten
      Pflanzenschutzes

                                                                     max. 10 Punkte

5. Besonders hervorzuhebende beispielhafte Einzelleistungen

                                                                     max. 5 Punkte

6. Präsentation                                                      max. 5 Punkte

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Einzelgartenwettbewerb – Lauben oder vom
Ziergarten zum Nutzgarten

Claudia W o l l k o p f
Günflächenamt Hannover

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Einzelgartenwettbewerb – Lauben oder vom Ziergarten zum Nutzgarten

Die Wettbewerbslandschaft ist vielfältig. Hier wird nun ein Beispiel aus Hannover
vorgestellt, bei dem sowohl Einzelgärten als auch Vereine oder Kolonien teilnehmen
können. In Hannover wurde in 2001 erstmalig ein neuer Wettbewerb ausgelobt, der
jetzt im zweijährigen Rhythmus durchgeführt wird.

Anfangs jedoch eine grundsätzliche Frage:

Wozu Wettbewerbe?
Höher, weiter, besser – sind einige der wesentlichen Gründe für Wettbewerbe; ein
Messen des eigenen Könnens im Vergleich zu anderen. Auch viele frühere
Kleingartenwettbewerbe widmeten sich messbaren Erfolgen: der größte Kürbis, das
bunteste Blumenbeet, die meisten Äpfel, die längste Gurke.

Der neue hannoversche Wettbewerb steht dagegen unter dem olympischen
Grundsatz „ Dabei sein ist alles“. Hauptsächliches Ziel ist es, das Engagement des
Einzelnen, der Vereine und Kolonien für das Grün, für Natur in der Stadt und eben
für Gartenkultur anzuerkennen. Die Teilnehmer sollen Ideen und Anregungen
erhalten und zum Weitermachen motiviert werden.

Hannover ist eine Stadt der Gärten. Neben den bekannten Herrenhäuser Gärten,
einem herausragenden Beispiel barocker Gartenkunst, stellen die vielen
Parkanlagen, der Stadtwald Eilenriede und die weiten Landschaftsräume wie der
Kronsberg ein grünes Potential dar, dass viele Einwohnerinnen und Einwohner sowie
Besucher der Stadt zu schätzen wissen. Einen wesentlichen Beitrag für die
Grünversorgung der Stadt leisten vor allem auch die über 20.00 Kleingärtner, die in
etwa 100 Vereinen organisiert sind. Die Kleingärten der Stadt stellen mit den rund
1.013 Hektar Flächen, das entspricht etwa 5 % der Stadtfläche, wichtige Bindeglieder
der Grünstruktur dar.

Geschichte
Am 26. August 1954 wurde in Hannover der Wettbewerb „Goldener Spaten“ ins
Leben gerufen, der in der Folge von 1955 bis 1995 jeweils im zweijährigen Rhythmus
durchgeführt wurde. Auslober waren der Bezirksverband Hannover der Kleingärtner
e.V. und die Stadt Hannover.

Dieser Wettbewerb wandte sich primär an Kleingartenvereine und –kolonien, die in
drei Alterskategorien bewertet wurden: jünger als 25 Jahre, 25- 50 Jahre, älter als 50
Jahre. Durchschnittlich beteiligten sich ca. 40 Anlagen.

Die Bewertungskommission bestand aus einem Mitglied der im Rat vertretenen
Fraktionen, einem Mitarbeiter des Grünflächenamtes, einem unabhängigen Bürger
und vier Vertretern des Bezirksverbandes. Nach einer mehrtägigen Bewertungs-
rundfahrt wurden in jeder Altersgruppe drei Plätze vergeben.

Die Vereine und Kolonien konkurrierten (im positiven Sinne) um die schönste
Kleingartenanlage. Primär honoriert wurden die Sauberkeit der Wege, die Gestaltung
der Gemeinschaftsflächen und –anlagen und die Vereinsaktivitäten. Der einzelne
Kleingarten wurde als Teil der Gesamtanlage zweitrangig gewertet.

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Dieser Wettbewerb erforderte von den teilnehmenden Anlagen ein gutes
Vereinsleben, das zugleich durch die Teilnahme und den gemeinsamen Erfolg
gestärkt werden sollte.

Die Wettbewerbsstatuten wurden jedoch den veränderten Freizeitgewohnheiten der
Kleingärtner nicht gerecht. Der Wandel in den Kleingärten vom Nutzgarten zum
Freizeitgarten von straffen Gemüsereihen zu ökologischen Naturgärten konnte durch
eine Beschränkung auf Vereine und ganze Kolonien nicht entsprechend honoriert
werden. Ein ökologischer Umgang sowie kreatives, individuelles Schaffen im
Einzelgarten konnte nicht ausreichend gewürdigt werden.

Idee und Ziele
Nach mehreren Jahren Pause wurde ab Sommer 2000 über eine Neukonzipierung
des Kleingartenwettbewerbs nachgedacht. In der Vorbereitungsphase stellte sich
heraus, dass die Probleme des bestehenden Wettbewerbs auch die Probleme des
Kleingartenwesens wiederspiegelte und umgekehrt.

Einige der grundsätzlichen Kriterien wurden als anachronistisch erkannt. So war vor
allem die Altersstufung der Anlagen hinfällig, da kaum neue Anlagen existieren. Die
zunehmende Individualisierung der Gesellschaft und die damit verbundene Vielfalt
der zunehmend als „Freizeitgärten“ genutzten Parzellen wurden nicht ausreichend
berücksichtigt.

Dabei spiegeln gerade auch diese Erscheinungen die vielfältige Gartenkultur
Hannovers wieder. Die stärkere Ausrichtung des neuen Wettbewerbs auf
Einzelgärten soll dazu beitragen, Gartenkultur zu pflegen und weiter zu entwickeln.
Zusätzlich musste auf den Trend zum ’Eigenheim mit Garten außerhalb der Stadt’
reagiert werden, da zunehmend Leerstände von Parzellen zu verzeichnen sind.

Die Novellierung des Wettbewerbs sollte daher auch einen Beitrag für eine
Imageverbesserung und Reformierung des Kleingartenwesens leisten. Es sollte ein
zeitgemäßer, innovativer Wettbewerb für Kleingärtner ins Leben gerufen werden.

Folgende Ziele wurden definiert:

•   Hervorhebung und Stärkung der Kleingartenanlagen hinsichtlich ihrer städte-
    baulichen, soziologischen und ökologischen Bedeutung und Funktion

•   Imagewandel und Neupositionierung des Kleingartenwesens und damit ein
    Beitrag , eventuelle Vorbehalte abzubauen

•   Anerkennung und Stärkung individuell gestalteter Kleingärten (Individualität der
    Gartenformen und –stile)

•   Positive Gestaltung des Wandels der Kleingärtner entsprechend zeitgemäßer
    Bedürfnisse und Nutzungen

•   Förderung natur- und umweltgerechter Gestaltung und ökologischer Bewirtschaf-
    tung der Kleingärten

                             Bundesverband Deutscher Gartenfreunde e.V. - Grüne Schriftenreihe 166
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