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    IMPFZENTREN

    In München-Haar betreiben die Malteser eines von drei Impfzentren
    des Landkreises München. Das Personal ist eingespielt, das Feedback
    der Geimpften ist positiv. Für den Ansturm an Menschen, die sich
    gegen COVID-19 impfen lassen möchten, sind die Malteser bereit.

    TEXT: Klaus Mergel   FOTOS: Dominik Gigler

6                                                                  Malteser Magazin 1/21
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CORONA

                                                                                                                „Es macht
                                                                                                              Spaß, hier im
                                                                                                              Impfzentrum
                                                                                                               zu arbeiten.
                                                                                                              Das Impfen ist
                                                                                                              ein wichtiger
                                                                                                               Beitrag der
                                                                                                                 Malteser
                                                                                                                für unsere
                                                                                                              Gesellschaft.“
                                                                                                                  Isabella
                                                                                                               Portenlänger,
                                                       Eingespielte Abläufe im Impfzentrum München-           20, Mitarbeiterin
                                                       Haar: Impfgespräch mit dem Arzt Dr. Christian           im Ruheraum
                                                       Kalb; Victor Hauschild im Tresorraum, in dem das
                                                       Impfserum gelagert wird.

G
             edreht, nicht gerührt. Und schon gar
             nicht geschüttelt, denn das würde         Spitzname für den fensterlosen Raum mit Lino-
                                                       leumboden und nüchterner Neonbeleuchtung. Die
            „Das Biontech-Vakzin ist sehr emp-                                                            -
                                             -         ren Tresorraum mit doppelter Stahltür: Das Impf-
handeln“, erklärt Victor Hauschild. „Und wir           zentrum ist in einem ehemaligen Gebäude des
müssen unbedingt konzentriert arbeiten.“ Pan-          Bundesnachrichtendiensts (BND) untergebracht.
nen dürfen beim Impfen nicht vorkommen – Feh-          Wo früher geheime Akten aufbewahrt wurden,
ler müssen vermieden werden.                           stehen heute drei mannshohe Kühlschränke. Der
                                                                                                          -
          Höchste Konzentration                        wert gelagert werden. 3,4 Grad Celsius zeigt einer        „Wir sind
                                                       der Kühlschränke an: Der Kühlverlauf wird regel-       bereit, wenn es
Hauschild, 28 Jahre alt, ist stellvertretender Wach-   mäßig ausgelesen, um die Kühlkette sicherzustel-
                                                                                                              richtig losgeht.
                                                       len. Kühlung, Lagerung und Kompetenz passen –
                                                                                                               Wir könnten
                                                                                                                sogar bis zu
derzeit als einer von drei Leitern des nichtärzt-      die Malteser haben alles perfekt organisiert. In elf
                                                                                                               tausend Imp-
lichen medizinischen Personals im Impfzentrum          bestens eingerichteten Impfzimmern sind die rund
                                                                                                              fungen am Tag
München-Haar eingesetzt. Seine Aufgabe heute:          20 geschulten Malteser Helfer auf ihren Posten.
                                                                                                               hochfahren.“
das Aufziehen der Impfdosen. Sprich: Aus einer
Ampulle mit einer winzigen Menge Konzentrat                     Jeder weiß, was zu tun ist                       Alexander
muss er sechs Einheiten auf sechs Spritzen bekom-                                                              Brandstaeter,
                                                                                                                38, Leiter des
                                                       Die große Einsatzbereitschaft zeigt sich schon
                                                                                                               Impfzentrums
einer festgelegten Zeitspanne verabreicht werden.      morgens, wenn die Mitarbeiter – teils hauptberuf-
Dabei gilt: höchste Konzentration – auch wenn der      liche Kräfte, teils Minijobber und Ehrenamtli-
Notfallsanitäter diesen Job in den vergangenen         che – in der ehemaligen BND-Kantine zur Bespre-
Wochen schon x-fach erfolgreich absolviert hat. Be-
vor es losgeht, holt der schlaksige junge Mann den                            Lesen Sie auf Seite 8 weiter.

Malteser Magazin 1/21                                                                                                             7
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CORONA

                                                                             Mobile Impfteams im Einsatz: Gut
                                                                             verpackt holt sich das mobile Impfteam
                                                                             die Ampullen bei Victor Hauschild im
                                                                             Impfzentrum München-Haar ab.

      „Es ist

 anstrengend.
 Aber jeder Tag
wird erleichtert
 durch die gute
Teamarbeit und

     Aufgabe,
    die wir hier
     leisten.“
      Johannes
     Michalke,            chung zusammenkommen. Trotz Abstand,                                   MALTESER
     19, mobiles     Maske und Morgenmüdigkeit ist die Stimmung                              IMPFEN UND TESTEN

                                                                                                      69
      Impfteam       gelöst. Alexander Brandstaeter, Leiter des Impf-
                     zentrums München-Haar, ist mit unerschütter-
                                                                                           Standorte von Impfzentren/
                     lich guter Laune ausgestattet. Der 38-Jährige teilt
                                                                                               mobilen Impfteams
                     mit knappen Worten die Teams ein: sieben Stati-
                     onen, vom Empfang bis zum Check-out. Jeder hat
                     seine Aufgabe und weiß, was zu tun ist. Heute,
                                                                                                   53
                                                                                              stationäre Impfzentren
                     an einem Freitag Ende Januar, sind etwa 40 Men-

                     Senioren.
                                                                                                   52
                                                                                                mobile Impfteams
                        Brandstaeter schickt zwei mobile Impfteams
                                                                                                22.000
                                                                                         Testungen in der Weihnachtszeit
                                                                         -
                     rigbleiben, könnt ihr ihn fürs Team verwenden.“
                     Das Vakzin ist zu wertvoll zum Wegwerfen – je-
                                                                                                 1.800
                                                                                   ehrenamtlich Mitarbeitende dabei im Einsatz
                     der Geimpfte zählt im Kampf gegen Corona.
                        Hauschild selbst ist bereits geimpft. Er zieht ge-
„Das ist super,
    was die
 Malteser hier       Handschuhe und natürlich FFP2-Maske. Nun dreht                                                             -
 tun. Ich kann       der Mann die Ampulle vorsichtig zehnmal hin und          gen und habe viele Kunden im betreuten Woh-
  doch nicht         her. Er füllt sie mit einer exakt abgemessenen Men-      nen, sagt Haim. Die Frau erklärt: „Senioren sind
   zu Hause          ge Kochsalzlösung auf. Dann nimmt er die Sub-            nicht mehr beweglich und brauchen Hilfe mit den
 auf dem Sofa                                                                 Füßen. Im ersten Lockdown durfte ich nicht in
 sitzen, wäh-                                                                 die Heime, da haben viele sehr gelitten.“
 rend die Welt       Erst dann zieht Hauschild die Spritzen auf: Nun             Haim setzt sich im Warteraum auf einen der
   brennt.“          sind sie gebrauchsfertig für den Impfarzt nebenan.                                                         -
 Dr. Christian                                                                gestellt sind. Angst vor der Impfung? Sie schüttelt
Kalb, 72, Impfarzt              Der Weg zur Impfung                           den Kopf. „Ich lasse mich impfen, damit wir alle
                                                                              wieder zur Normalität zurückkehren können“,
                     Petra Haim ist heute etwas früher gekommen.              sagt sie. Es geht dann alles recht schnell: Haim
                     „Ich habe mir heute freigenommen.“ Die 54-Jähri-         wird aufgerufen. Im Impfzimmer wird sie von
                                                                              Petra Middeke mit ein paar freundlichen Fragen

8                                                                                                             Malteser Magazin 1/21
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CORONA

empfangen: „Sind Sie heute gesund, fühlen Sie
sich gut? Nehmen Sie blutverdünnende Medika-
mente?“ Middeke ist privat Malteser Mitglied und                                                            Tim Feister ist als
assistiert dem Impfarzt Christian Kalb, „aber ich                                                           Fachberater für den
impfe auch selbst“. Klar: Die 67-Jährige kennt sich                                                         Rettungsdienst und
                                                                                                            Katastrophenschutz
als Krankenschwester im Ruhestand aus. Ihr ge-                                                              für den Malteser
fällt die gute Atmosphäre. „Es ist spannend, ich                                                            Hilfsdienst bei der
lerne viel Neues kennen.“ Einen eigenen Impfter-                                                            Stadt Leverkusen im
min hatte Middeke bislang nicht. „Ich hatte vor-                                                            Einsatz. Zusammen
                                                                                                            mit seinem Team baute
her eine gesunde Skepsis, jetzt nicht mehr. Ich
                                                                                                            er das Leverkusener
werde mich auf jeden Fall impfen lassen: Das ist                                                            Impfzentrum auf. Von
das Einzige, was wir gegen Corona tun können.“                                                              der Örtlichkeit über
    Wie der Schutz durch die Impfung funktio-                                                               die Ausstattung bis zur
niert, erklärt Christian Kalb – auch, um Ängste                                                             IT-Technik – eine
                                                                                                            Menge Arbeit, die

                                                      Foto: privat
                                                                                                            sich gelohnt hat. Seit
hier einen Bauplan gespritzt“, sagt er zu Haim.                                                             dem 8. Februar wird
„Damit bildet Ihr Körper Antikörper – und das                                                               hier geimpft.
Virus kann sich nicht mehr vermehren.“ Kalb ver-
breitet mit seiner ruhigen Art Vertrauen. Haim
sitzt auf der Liege, hört entspannt zu, ein Lächeln                  DREI FRAGEN AN … TIM FEISTER

zeichnet sich unter ihrer Maske ab. Kalb nimmt
eine der Spritzen, die Hauschild vorbereitet hat.
                                                                     Der Impfstart hat
Als es dann den kleinen Pieks gibt, verzieht Haim
doch ein wenig das Gesicht – aber dann ist es
auch schon vorbei.
                                                                     Was geht Ihnen durch den Kopf, wenn Sie an den Impf-
 Einer, der sich einbringt auf der Welt                              start im ehemaligen Bayer Erholungshaus denken?
                                                                     Für mich bedeutet der Impfstart einen Tag der Zuversicht
Eigentlich müsste Kalb mit 72 Jahren gar nicht
mehr arbeiten. Aber wenn er von seiner Vergan-                       Malteser so stark vertreten sind und vielen Menschen
genheit erzählt, wird klar: Das ist einer, der sich                  helfen können. Außerdem denke ich auch an all die Vor-
einbringt auf der Welt – mit allem, was er kann.                     bereitungen. Das Impfzentrum aufzubauen, war mit viel
Darum hat sich der Mediziner mit einem Kurz-                         Arbeit und Planung verbunden, doch mit unserem Team
zeitvertrag im Impfzentrum anstellen lassen.                         und den Behörden hat es reibungslos funktioniert.

noch eine Viertelstunde im Ruheraum, wo Isabella                     Was möchten Sie den Menschen mitgeben, die bezüglich
Portenlänger aufpasst, falls es Unverträglichkeiten                  der Impfung Zweifel haben?
geben sollte. Gibt es aber nicht – und Haim verab-                   Es geht in erster Linie um unsere soziale Verantwortung
schiedet sich: Sie freut sich nun auf die zweite                     und um Menschenleben. Die Impfungen sind unser Weg
Impfung. Gegen 15 Uhr kehren die beiden mobi-                        aus der Pandemie, momentan der einzige. Ich möchte je-
len Impfteams zurück. Johannes Wiessner, 19,                         den ermutigen, sich impfen zu lassen, denn nur, wenn
und Johannes Michalke, 19, die bei den Maltesern
ihren Bundesfreiwilligendienst absolvieren, wa-                      Pandemie besiegen.
ren mit dem 27-jährigen Impfarzt Benno Bremer
auf Tour. Das Team versorgte im Seniorenzent-
rum Aschheim 25 Personen und im Medizini-                            auf einen Urlaub im Erholungshaus?
schen Versorgungszentrum Ottobrunn 23 Personen                       Das Wort Erholungshaus ist hier irreführend: Es handelt
mit einer Impfung. „Alles gut gelaufen, der Impf-                    sich nicht um einen Urlaubsort, sondern um eine Kultur-
                                                  -                                                                          -
alke ergänzt: „Alle haben sich gefreut, die waren                    kusener Impfzentrum trägt die Kultur im übertragenen
super informiert.“ In Corona-Zeiten bei Wind und                     Sinne dazu bei, dass Menschen gerettet werden. Ich träu-
Wetter die Altenheime abzufahren – „das ist an-                      me von einer großen Party als dickes Dankeschön an
strengend“, sagt Michalke. „Aber jeder Tag wird                      alle, die so viel für das Allgemeinwohl gearbeitet haben.
erleichtert durch die gute Teamarbeit. Und durch
die sinnvolle Aufgabe, die wir hier leisten.“

Malteser Magazin 1/21                                                                                                            9
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