Neues zu den häufigsten Tumorerkrankungen: Lungen-, Darm-, Brust- und Prostatakrebs.
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an Dr. Eigendorff © Sergey Nivens | stock.adobe.com FOLGE 4/2021 Neues zu den häufigsten Tumorerkrankungen: Lungen-, Darm-, Brust- und Prostatakrebs. „DIE METHODEN SIND DEUTLICH BESSER Steigen die Chancen für Patienten, eine Krebsdiag- GEWORDEN.“ nose lange zu überleben? Aufgrund des steigenden Lebensalters nimmt die Definitiv steigen die Chancen. absolute Zahl der Krebserkrankungen stetig zu. Rund Dreiviertel der an Krebs erkrankten Männer Wir haben ein Lebenszeitrisiko in der Bevölkerung, und über 70 % der erkrankten Frauen sind über eine Krebserkrankung zu bekommen, das bei 35 bis 60 Jahre alt. Krebs ist in den Industrieländern die 40 Prozent liegt. Das liegt einfach daran, dass die zweithäufigste Todesursache. Die häufigsten Kreb- Bevölkerung immer älter wird. Gleichzeitig gibt es serkrankungen bei Männern sind Prostatakrebs, ge- eine ganze Reihe von Früherkennungsprogrammen folgt vom Lungen- und Darmkrebs. Bei Frauen sind für die häufigsten Tumorarten und es gibt immer es Brustkrebs, ebenfalls gefolgt vom Lungen- und bessere Therapien, sodass ich den Patienten immer Darmkrebs. Mut mache, dass selbst wenn eine Erkrankung im fortgeschrittenen Stadium vorliegt, doch eine Thera- Dr. med. Ekkehard Eigendorff, pie anzugehen. Die Methoden sind deutlich besser Chefarzt der Klinik für Internis- geworden als sie noch vor ein paar Jahren waren. tische Onkologie und Hämatologie an der Zentralklinik über neue Be- Wir können viele Patienten, deutlich mehr als noch handlungsmöglichkeiten bei Tu- vor Jahren, auch heilen. moren, wie bspw. Immuntherapie, Spezial-Therapien mit Radiopharmazeutika, Hy- Wohin entwickelt sich allgemein die Onkologie, wo perthermie, weiterentwickelte Chemotherapien, Er- sehen Sie große Chancen? nährungsempfehlungen mit Mikronährstoffen und viele gute ganzheitliche Ansätze. Es gibt, wenn man die letzten 10, 15 Jahren betrach- tet, vielleicht keine revolutionäre Entwicklung, aber es gibt eine stetige Entwicklung von immer neuen Therapiemöglichkeiten.
an Dr. Eigendorff Es geht in zwei Richtungen: Die eine ist, man ver- Ganzheitliche Therapien, alternativmedizinische Be- sucht für einzelne Tumorerkrankungen ein geneti- handlungen, Komplementärmedizin: schafft es die sches Muster zu definieren und so eine Behandlung Onkologie zusammen mit anderen Fachrichtungen zu ermöglichen. Parallel hat sich mit der Immun- den Faktor Zeit für die Behandlungen am Patienten therapie ein neues Verfahren entwickelt, welches als einen Erfolgsfaktor ins Spiel zu bringen? das Immunsystem stärkt und so gegen den Tumor Oder: welche Rolle spielt die Seele für die Therapie? vorgeht. Diese Therapie ist gut verträglich. Beide Optionen ergänzen die bisherigen Behandlungs- Die Seele spielt eine Rolle, das sehen wir jeden Tag. möglichkeiten Chemotherapie, Antikörpertherapie, Ich glaube, diese Sicht auf eine ganzheitliche Be- Strahlentherapie. Auch die stetige Verbesserung handlung haben uns auch die Palliativmediziner bei- der Präparate hat die Chancen erhöht, denn sie sind gebracht, weil es dort schon lange psychoonkologi- allgemein besser verträglich. Insgesamt ist die Be- sche Angebote gibt. handlung komplexer geworden, aber auch individu- eller und präziser. Wir haben Schwierigkeiten mit Alternativmedizin, die die Schulmedizin generell ablehnt. Was wir den Für welche Tumorerkrankungen gibt es explizit Patienten aber raten und auch hier in Bad Berka neue Therapien? ermöglichen, ist, komplementärmedizinische Ange- bote zu nutzen. Wir haben eine Ambulanz, die Pa- Lungenkrebs ist ja unser Schwerpunkt in Bad Ber- tienten berät – von der traditionellen chinesischen ka und neben der Verbesserung der Chemothera- Medizin über Homöopathie bis hin zu Nahrungser- pie können wir auch gezielte Therapien mit Tablet- gänzungsmitteln. Man muss immer schauen, was ten anbieten, ergänzend auch die Immuntherapie. für den Patienten individuell geeignet ist. Davon können fast alle Patienten profitieren. Die Überlebenszeit von Lungenkrebs hat sich in den ver- Fairerweise muss ich sagen, dass es für viele kom- gangenen 20 Jahren mehr als verdoppelt, selbst bei plementärmedizinische Verfahren keine umfängli- metastasiertem Lungenkrebs. Als ich angefangen chen Datenlagen gib. Es gibt einige Daten zur Mis- habe, onkologisch zu arbeiten – das war vor 18 Jah- teltherapie, was die Stärkung des Wohlbefindens ren – war die mittlere Überlebenszeit beim metas- angeht, auch einige Untersuchungen zu Selen, Vita- tasierten Lungenkrebs bei etwas über einem Jahr, min B und Ginseng. In unserer komplementärmedi- jetzt schwankt es zwischen drei und sieben Jahren. zinischen Ambulanz werden interessierte Patienten beraten und erhalten ein Screening. Viele Patienten Bei der Behandlung von Brustkrebs gibt es neue Ver- fragen danach und wir unterstützen das auch. fahren mit medikamentöser Therapie. Oft wird auch schon vor einer Operation eine gezielte Therapie ge- Wann sind wir soweit, dass wir den Krebs „nur“ als macht und die Tumore werden durch die Vorsorge- eine chronische Krankheit betrachten? programme oft im Frühstadium erkannt. Gleichzeitig gibt es auch für Patientinnen mit Metastasen Fort- Bei einem Teil der Tumorerkrankungen sind wir schritte. Früher wurde es mit einer Hormontherapie schon so weit. Es gibt gut behandelbare hämatologi- und Chemotherapie behandelt, jetzt gibt es auch Ta- sche Erkrankungen, nicht stark aggressive Blutkreb- blettentherapien, die die Hormontherapie ergänzen serkrankungen, die sich mit Tabletten so gut behan- und die oft unverträgliche Chemotherapie überflüs- deln lassen, dass die Patienten die durchschnittliche sig machen. Insgesamt kann man sagen, wird bei Lebenserwartung erreichen können und das auch guter Lebensqualität die Prognose verbessert. bei einer relativ guten Lebensqualität, auch im Be- rufsleben. Das gilt auch für Patienten mit Prostatakarzinomen. Dort gibt es neue Hormontherapien , die gut verträg- Generell ist es für die meisten Tumorerkrankungen lich sind und den Tumor lange kontrollieren können. aber so, dass sich mit der Diagnose einer metas-
an Dr. Eigendorff tasierten Erkrankung das Leben sehr stark ändert. Und zuletzt: Tumortherapie und COVID-Impfung: Es ist also noch nicht absehbar, dass alle Krebser- wie sind die Empfehlungen? krankungen einen solche Status als „nur“ chronische Erkrankung erreichen. Aber die Patienten heute Grundsätzlich gibt es bezüglich der Empfehlung zur können wir über Jahre bei einer guten Lebensqua- Impfung und der Wahl des Impfstoffes keine für Tu- lität behandeln. morpatienten besonderen Hinweise. Zweckmäßig ist, dass zwischen einer Infusionstherapie und der Wie können Angehörige und Freunde Betroffenen Impfung ein gewisser Abstand von einigen Tagen helfen? eingehalten werden sollte, damit es nicht zu über- lappenden Nebenwirkungen kommt. Bei Infekten Den Patienten Mut machen, für ihn da sein, bei der oder starken Allergien, sollte man allgemein vorsich- Therapie unterstützen, Beratungsangebote wahr- tig mit einer Impfung sein. nehmen, Hilfe organisieren. Wichtig ist vielleicht auch, dass Patienten ermutigt werden können, sich Eine offene Frage ist, ob Patienten mit einem ge- mit anderen Patienten in Selbsthilfegruppen auszu- schwächten Immunsystem schlechter auf den COVID- tauschen. Impfstoff ansprechen. Gerade bei Patienten, die im Rahmen ihrer Tumortherapie eine B-Zell-Anti- Auch für uns ist es wichtig, die Angehörigen mit ins körpertherapie erhalten, erreichen wahrscheinlich Boot zu holen. Wir ermutigen auch unsere Patienten, nur einen geringen Impfschutz. Da aber auch ihre Erkrankung nicht vor der Familie zu verschwie- hier die Nebenwirkungsrate der Impfung nicht er- gen. Vieles lässt sich auch leichter besprechen, höht ist, gilt der Grundsatz: Besser eine schwache wenn die Angehörigen mit dabei sind und meine Er- Impfung als gar keine. fahrung ist, die Behandlungen laufen immer besser, wenn der Patient familiäre Hilfe hat. Wichtig ist, trotz COVID auch konsequent Termine zur Krebsvorsorge wahrzunehmen und bei Tumor- Was kann jeder Mensch präventiv selbst tun? verdacht umgehend zu reagieren. Leider haben Vorsorgeuntersuchungen wahrnehmen, gesund le- wir schon einige Patienten erlebt, die aus Angst vor ben, bewegen, nur mit netten Menschen umgeben? einer Virusinfektion Arzttermine nicht zeitgerecht wehrgenommen haben, mit der Folge, dass die Tu- Letzteres wäre natürlich perfekt, aber das bekom- morerkrankung erst sehr spät entdeckt wurde. Das men wir nicht hin. Aber man kann eine Menge tun. sollte auf keinen Fall passieren. Die Vorsorgeuntersuchungen sind wichtig. Frauen sind da konsequent, Männer leider nicht so, obwohl jeder weiß, dass Tumore in einem frühen Stadium besser behandelt werden können. Ein gesunder Lebensstil schafft es, die Entstehung von Tumorerkrankungen zu verhindern. Ausrei- chende Bewegung und eine sehr gesunde Ernäh- rung, also 5 x am Tag Obst und Gemüse, reduzieren Ihre Fragen zum nächsten Thema unseres Podcasts ein Drittel der Krebserkrankungen. Natürlich gehört 6/2021 „Wie kann ich mich vor Diabetes schützen?“ es auch dazu, nicht zu rauchen und Alkohol nur in mit Prof. Dr. med. Dieter Hörsch, Chefarzt der Klinik geringen Maßen zu genießen. Wenn man das be- für Innere Medizin/Gastroenterologie/Endokrinologie, achtet, dann kann man einen relevanten Teil der Tu- können Sie unter presse@zentralklinik.de stellen. morerkrankungen vermeiden. Außerdem sehen wir an unseren Patienten, dass eine gute körperliche Die Antworten hören/lesen Sie dann im nächsten Verfassung wichtig ist, wenn man dennoch erkrankt. Gesundheitspodcast im Mai.
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