Alles für die Katz? Lehren aus der Entwicklungspolitik: Das Fallbeispiel Mali

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Alles für die Katz? Lehren aus der Entwicklungspolitik: Das Fallbeispiel Mali
Leuphana Universität Lüneburg, Institut für Stadt- und Kulturraumforschung

                                   Studiengang: Angewandte Kulturwissenschaften
                                                          Fach: Kulturgeographie
                                              Dozenten: Dr. Luttmann, Prof. Dr. Pez

                                                             Autor: Mathias Becker

        Alles für die Katz?
        Lehren aus der Entwicklungspolitik:
                       Das Fallbeispiel Mali
Alles für die Katz? Lehren aus der Entwicklungspolitik: Das Fallbeispiel Mali
Autor: 		    Mathias Becker
Titelfoto:   Robert Oschatz

Leuphana Universität Lüneburg
Institut für Stadt- und Kulturraumforschung
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Alles für die Katz? Lehren aus der Entwicklungspolitik: Das Fallbeispiel Mali
Alles für die Katz? Lehren aus der Entwicklungspolitik: Das Fallbeispiel Mali
Inhaltsverzeichnis
1.    Ursachen der Unterentwicklung - Das Fallbeispiel Mali     1
1.1   Die Sahelzone – naturräumliche Festsetzung von Armut?     2
1.2   Nomadentum: rückständige oder angepasste Lebensweise?     3
1.3   Das koloniale Erbe                                        3
1.4   Bevölkerungsexplosion                                     3
1.5   Wirtschaftliche Defizite und Abhängigkeiten               4
2.    Entwicklung der Entwicklungszusammenarbeit                5
3.    Entwicklungszusammenarbeit an Beispielen                  7
3.1   Das ‚Office du Niger‘                                     7
3.2   Mali Nord                                                 9
4.    Fazit                                                    12
Literaturverzeichnis                                           14
Abbildungsverzeichnis
Abb. 1:   Mali’s Human Development Index                                1
Abb. 2:   Der BTI für Mali                                              2
Abb. 3:   Die Sahelzone                                                 2
Abb. 4:   Siedlungsgebiet der Tuareg                                    3
Abb. 5:   Projektgebiet des Office du Niger                             8
Abb. 6:   Projektgebiet des Programms Mali Nord                        10
Abb. 7:   Traditioneller Schachtbrunnen                                10
Abb. 8:   Errichtung einer Bewässerungsanlage für die Landwirtschaft   11
Abb. 9:   Einer Bewässerungsanlage für die Landwirtschaft              11
1. Ursachen der Unterentwicklung: Das
Fallbeispiel Mali

M
                 ali gehört zu den ärmsten         Länder-Ranking hat, lässt Rückschlüsse auf
                 Ländern der Welt. Die Welt-       die Möglichkeiten und Grenzen entwicklungs-
                 bank beziffert das BIP 2006       politischer Interventionen zu. Zum anderen
                 auf 6.1 Mrd. US-Dollar,           hat die Bewertung der Bereitschaft der poli-
                 das Pro-Kopf-Einkommen            tischen Führungsgruppe zur Kooperation mit
betrug 440 US-Dollar (vgl. Weltbank 2008b,         externen Akteuren und bei der Umsetzung
388). 72 % der Bevölkerung leben unterhalb         von Reformpolitik viel mit der Wirksamkeit
der internationalen Armutsgrenze von 2 US$         der Entwicklungszusammenarbeit zu tun
pro Tag (vgl. Weltbank 2008b, 391). Im ak-         (vgl. Nuscheler 2008, 11-12). Während UNDP
tuellen UNDP-Bericht über die menschliche          und Weltbank Mali auf die hintersten Plätze
Entwicklung verharrt Mali auf den hintersten       ihrer Indizes verweisen, sieht der BTI das
Plätzen: zuletzt auf Rang 168 von 179 Ländern      vielzitierte „Musterbeispiel für Demokratie in
(vgl. UNDP 2008) .                                 Afrika“ aufgrund seiner politischen Stabilität
                                                   erheblich positiver (der Status-Index infor-
Einen anderen Ansatz, die Entwicklung eines        miert über den im Frühjahr 2007 erhobenen
Landes zu messen, verfolgt der Bertelsmann         Entwicklungsstand eines Landes auf dem Weg
Transformation Index BTI der Bertelsmann           zu Demokratie und Marktwirtschaft, während
Stiftung. Der BTI versucht, zwei Komponen-         der Management-Index die Qualität der Steu-
ten zu erfassen: Zum einen die Berücksichti-       erungsleistungen der politischen Entschei-
gung des Schwierigkeitsgrades, der die Spiel-      dungsträger im Zeitraum von 2005 bis 2007        1
räume politischen Handelns beeinflusst. Diese      klassifiziert. Siehe auch Abbildung 2).
Komponente, die erheblichen Einfluss auf das

Abb. 1: Mali’s Human Development Index (Quelle: UNDP 2008)

                                          Alles für die Katz? Lehren aus der Entwicklungspolitik
Abb. 2: Der BTI für Mali (Quelle: BTI 2007, 1)

    1.1 Die Sahelzone –                                geradezu als Synonym für Dürrekatastrophen
    naturräumliche Festsetzung von                     und Hungersnöte.
    Armut?                                             Naturgeografisch weist dieser Raum nirgend-
                                                       wo klare Grenzen auf. Eine ungefähre Abgren-
    „Sahel“ leitet sich aus dem arabischen Wort        zung erfolgt meist durch die Isohyten (Linien
    „as-sahil“ ab und bedeutet „Ufer“ oder „Küste“     gleichen Jahresniederschlags): den Nordrand
    – denn das war der Sahel für die Bewohner der      bildet die 200mm-Linie und den Südrand die
    Wüste: ein rettendes Ufer. Dort gab es Wasser,     600mm-Linie. Entscheidend für die Ökologie
    Getreide, dort begegneten sich hellhäutige,        des Sahels ist jedoch nicht so sehr die absolute
2   nomadische Viehzüchter und negride, sess-          Niederschlagsmenge, sondern viel mehr die
    hafte Bauern und Stadtbewohner. In unserem         Niederschlagsschwankungen. In der Kernzone
    westlichen Weltbild hingegen steht der Sahel       des Sahel beträgt die Niederschlagsvariabilität
                                                       zwischen 20 und 30 % (vgl. Krings 1993, 130).

    Abb. 3: Die Sahelzone (Quelle: Krings 1993, 131)

    Leuphana Universität Lüneburg, Juni 2009
1.2 Nomadentum: rückständige                       1.3 Das koloniale Erbe
oder angepasste Lebensweise?
                                                   Der labile Naturhaushalt ist allerdings nicht
Die hohe Niederschlagsvariabilität verdeutli-      die alleinige Ursache für die destabilisierte
cht die Labilität des Naturhaushaltes, eine der    Landwirtschaft im Sahel. Die naturräumlichen
größten Herausforderungen für das Leben im         Gegebenheiten ließen durchaus eine Selbstver-
Sahel. Sie bedingt, dass in den nördlichen Ge-     sorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmit-
bieten des Sahel (im Gegensatz zum feuchteren      teln zu. Verhindert wird dies im Wesentlichen
Süden) kein sicherer Ackerbau mehr betrieben       auch durch die koloniale Ausrichtung auf den
werden kann, hier dominieren daher vielfäl-        Export landwirtschaftlicher Güter anstatt auf
tige Formen der voll- und halbnomadischen          agrarische Selbstversorgung. Diese Schieflage
Tierhaltung. Im Nordosten Malis sind dies die      wurde wie in vielen Sahelländern so auch in
vollnomadischen Stämme der Tuareg, weiter          Mali von den postkolonialen Eliten nicht be-
südlich vor allem die halbnomadischen Fulbe        seitigt. Hauptexportgüter Malis sind nach wie
(vgl. Krings 1993, 134-135).                       vor Baumwolle und Gold sowie Erdnüsse. Die
                                                   Nahrungsmittelproduktion ist auf die Bedürf-
Die Kolonialzeit brachte für die nomadischen       nisbefriedigung urbaner Eliten ausgerichtet
Stämme Nord-Malis weniger das Problem der          (vgl. Krings 1993, 136). Eine weitere Hypothek
„Seßhaftmachung“ als vielmehr die sukzessive       aus der Kolonialzeit für die Sahelländer sind
Einschränkung ihre Landrechte. Die Ausdeh-         die künstlich gezogenen Staatsgrenzen. Mali
nung der Feldbauzonen gen Norden führte            als Binnenland ohne Zugang zum Meer hat
zu Konflikten über angestammte Weideare-           dabei zusätzlich mit dem Problem zu kämpfen,
ale und Wasserstellen zwischen den Tuareg          dass Importgüter höhere Transportkosten auf-
und sesshaften Siedlern. Die willkürlichen         weisen.
Grenzen, die mit der Unabhängigkeit der
Sahelländer zementiert wurden, sorgen für          1.4 Bevölkerungsexplosion
weitere Schwierigkeiten. Eine großräumige
Wandertierhaltung ohne Grenzverletzungen           Die Bevölkerung Malis hat in den vergangenen     3
ist nicht mehr möglich. Die nomadische Le-         Jahrzehnten sehr stark zugenommen. Im
bensweise wurde in allen Sahelländern als          Schnitt lag der Bevölkerungszuwachs von 1990
rückständig und überkommen angesehen, die          bis 2006 bei etwa 3 % pro Jahr (vgl. Weltbank
Seßhaftmachung der Stämme war (und ist)            2008). Dies bringt eine Reihe von Problemen
oft das erklärte Ziel. Nicht erkannt wird dabei    mit sich. Zunächst führt die steigende Nach-
meist, dass ihre nomadische Lebensweise die        frage nach Lebensmitteln zu einer Ausweitung
einzige ist, die in den Wüsten und Halbwüsten      der Ackerflächen und zunehmender Entwal-
nachhaltig möglich ist. Die Stiefmütterliche       dung. Folge dieser Entwicklung ist zum einen
Behandlung insbesondere der Tuareg führt           die zunehmende Ausbreitung wüstenähnlicher
bis heute immer wieder zu Spannungen und           Verhältnisse (Desertifikation). Zum Anderen
Konflikten.                                        werden gerade die ärmsten Bevölkerungsteile
                                                   und insbesondere auch die Nomadenvölker in
                                                   noch ungünstigere Räume abgedrängt, wo sie
                                                   gezwungen sind, das Acker- und Weideland zu
                                                   übernutzen, was wiederum die Desertifikation
                                                   und Umweltzerstörung beschleunigt. (vgl.
                                                   Krings 1993, 138-139). Konsequenz dieser
                                                   Ursachenkette ist die Zunahme von Armut
                                                   und Hunger, Armut und Hunger wiederum
                                                   beschleunigen die Umweltzerstörung.

Abb. 4: Siedlungsgebiet der Tuareg (Quelle: Care
2008)

                                           Alles für die Katz? Lehren aus der Entwicklungspolitik
1.5 Wirtschaftliche Defizite und                   wenig erfolgreichen Strukturanpassungspro-
    Abhängigkeiten                                     gramme von IWF und Weltbank Anfang der
                                                       90er Jahre konnten dieses Ungleichgewicht
    Nach wie vor hat die Landwirtschaft einen          beenden (vgl. Broetz 1993, 306-307).
    hohen Anteil an Malis Wirtschaftsleistung,
    obwohl dieser kontinuierlich abgenommen            Malis Außenhandel ist defizitär. 2007 standen
    hat: von 46% im Jahre 1990 auf 37% in 2006, der    Importen im Wert von 1,59 Mrd. Euro, Exporte
    Anteil der Beschäftigten in der Landwirtschaft     von 1,32 Mrd. Euro gegenüber (vgl. Welt-
    liegt bei ca. 80 % (vgl. Broetz 1993, 304; Welt-   bank 2008a). Der hohe Verschuldungsgrad,
    bank 2008b, 394). Mit der Konzentration auf        der Mali in den letzten Jahrzehnten fesselte,
    nur zwei Hauptexportgüter – Baumwolle und          konnte durch weitreichende Schuldenerlass-
    Gold – bleibt Malis Wirtschaft stark abhängig      maßnahmen 2006 deutlich verbessert werden.
    von externen Faktoren wie dem Weltmarkt-           Betrug die Auslandsverschuldung 2005 noch
    preis oder den Wetterbedingungen. Insbeson-        65% des BIP, so waren es 2006 nur noch 27 %
    dere in den 80er Jahren war der staatlich ver-     (vgl. BTI 2008, 11). Nach wie vor gehört das
    waltete Agrarsektor durch kontraproduktive         Land zu den größten Empfängern internati-
    politische Entscheidungen geprägt. Die Preise      onaler Entwicklungshilfe. Pro Kopf beliefen
    für Nahrungsmittel wurden staatlich festgelegt     sich die Leistungen 2005 auf 51 US$, während
    und zugunsten der städtischen Eliten niedrig       der Schnitt der Low-Income-Countries bei 17
    gehalten wohingegen die Erzeuger kaum ko-          US$ lag (vgl. ebda., 396-397).
    stendeckend arbeiten konnten. Erst die sonst

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    Leuphana Universität Lüneburg, Juni 2009
2. Entwicklung der
Entwicklungszusammenarbeit

D
              ie Geschichte der Entwicklungs-      politik“ bezeichnet werden (vgl. ebda., 80),
              politik in Mali lässt sich, wie in   begann in Mali ein Wandel hin zur Marktwirt-
              vielen anderen Ländern auch, in      schaft. Gezwungen durch die zunehmende
              verschiedene Etappen oder auch       Verschuldung des Landes versuchte der Mi-
              „Entwicklungsdekaden“ eintei-        litärdiktator Traoré, mit dem Internationalen
len. In den 60er Jahren standen Industrialisie-    Währungsfonds zusammenzuarbeiten. Die
rung, Modernisierung und Wohlstand im Mit-         eingeleiteten Strukturanpassungsprogamme
telpunkt aller Bemühungen. Die sogenannten         des IWF zielten auf eine vollständige Libera-
Modernisierungsstrategien versuchten mittels       lisierung der Wirtschaft: Im- und Exportmo-
massiver Kapitalspritzen das Wirtschafts-          nopole wurden aufgelöst, unrentable Staats-
wachstum anzukurbeln, die Entwicklungs-            betriebe geschlossen und rentable privatisiert,
länder sollten auf dem „vorgezeichneten Weg        der öffentliche Dienst durch Entlassungen
der Industrieländer“ die Unterentwicklung          entschlackt und Sozialausgaben gekürzt (vgl.
ablegen. Statt des erhofften trickle-down-         Broetz 1993, 307-308). Allerdings waren
Effekts brachten diese von oben nach unten         die durchgeführten Maßnahmen nur wenig
gerichteten Ansätze aber meist nur eine            erfolgreich und nutzten vor allem der poli-
Verschärfung der Disparitäten mit sich und         tischen Elite, was letztlich auch zum Sturz der
führten die Entwicklungsländer tiefer in die       Militärdiktatur beitrug (vgl. BTI 2007, 3).
Abhängigkeit (vgl. Nuscheler 2006, 78). Zwar
besann sich Mali in dieser Zeit auf die Bedeu-     Mit dem Sturz Traorés im Jahre 1991 begann         5
tung seines Agrarsektors. Allerdings geschah       ein umfangreicher Demokratisierungs- und
dies vor allem, um mit den Exporterlösen aus       Dezentralisierungsprozess in Mali. Unter Prä-
der Landwirtschaft die Modernisierung der          sident Konaré wurde die Liberalisierung von
urbanen Zentren finanzieren zu können. Aus         Malis Wirtschaft weiter vorangetrieben: staat-
der Vernachlässigung des ländlichen Raumes         liche Elektrizitäts-, Wasser-, Textil- und Tele-
folgte eine Verstärkung der Landflucht, ein        kommunikationsunternehmen wurden pri-
weiterer Schritt im vielbeschworenen „Teufels-     vatisiert, staatliche Marktinterventionen und
kreis der Armut“ war getan (vgl. Barth 1983,       Preisfestsetzungen zurückgefahren. Letzteres
321).                                              nutzte vor allem der Landwirtschaft, die eine
                                                   deutliche Produktionssteigerung verzeichnen
Anfang der 70er Jahre zog der damalige Präsi-      konnte. Andere Wirtschaftszweige wie bspw.
dent der Weltbank Robert McNamara ein ver-         der Minenbergbau wurde für ausländische
nichtendes Fazit des Konzepts „Entwicklung         Investitionen geöffnet (vgl. ebda.) Konarés
durch Wachstum“. Er forderte eine Konzen-          Nachfolger, General Touré (kurz ATT), führt
tration auf den Kampf gegen die Armut, Ent-        die Reformpolitik seit 2002 fort. Lohn dieser
wicklungsarbeit sollte an der Basis ansetzen,      Bemühungen waren weitreichende Schul-
statt dem Ideal der Industrialisierung nach        denerlässe durch den Internationalen Wäh-
westlichem Vorbild hinterherzulaufen. Die          rungsfonds in den Jahren 2003 und 2006 (vgl.
Grundbedürfnisstrategien waren geboren. So         ebda.) Malis politischer Erfolg steht allerdings
orientierten sich an den Basisbedürfnissen der     in starkem Kontrast zu der nach wie vor kata-
Bevölkerung. Aber nach wie verfolgte die Ent-      strophalen wirtschaftlichen Lage des Großteils
wicklungszusammenarbeit einen top-down-            der Bevölkerung. Nach wie vor ist Mali stark
Ansatz und war eurozentristisch geprägt, was       von externer Hilfe abhängig. Diese wird seit
zunehmend Misstrauen in den Entwicklungs-          Beginn der 90er Jahre verstärkt durch Nicht-
ländern hervorrief (vgl. ebda., 79-80).            regierungsorganisationen (NGOs) geleistet,
                                                   die mit Unterstützung der Basis eine Wirkung
In den 80er Jahren, die manchmal auch als          von unten nach oben erzielen wollen. Der
„das verlorene Jahrzehnt der Entwicklungs-         politische Reformkurs erlaubt es den Geber-

                                           Alles für die Katz? Lehren aus der Entwicklungspolitik
ländern zudem, verstärkt Finanzielle Zusam-       ■■ Dezentralisierung und Kommunalent-
    menarbeit (auch Budgethilfe genannt) in Mali         wicklung
    zu leisten. Dabei werden unter Einforderung       ■■ Landwirtschaft und nachhaltiges Ressour-
    von Transparenz und Erfolgskontrollen finan-         cenmanagement
    zielle Mittel vom Geberland in den malischen      ■■ Trinkwasserversorgung und Abwasser-
    Haushalt eingestellt, die für die Förderung der      und Müllentsorgung
    eigenen Entwicklung verwendet werden. (vgl.
    BMZ 2009a). Deutschland gehört dabei mit
    Frankreich, den USA, Kanada und den Nie-          Diese Schwerpunkte entsprechen den Zielen
    derlanden zu den wichtigsten Gebern Malis.        der nationalen malischen Strategie zur Ar-
    Die Bundesrepublik stellt für die bilaterale      mutsbekämpfung. Zusätzlich beteiligt sich die
    staatliche Entwicklungszusammenarbeit mit         Bundesrepublik an der Bekämpfung von AIDS
    Mali von 2006 bis 2008 insgesamt 78 Millio-       (vgl. BMZ 2009b).
    nen Euro zur Verfügung. Mit der malischen
    Regierung wurden die folgenden drei Schwer-
    punkte für die bilaterale Entwicklungszusam-
    menarbeit vereinbart:

6

    Leuphana Universität Lüneburg, Juni 2009
3. Entwicklungszusammenarbeit an
Beispielen

D
             er folgende Abschnitt gibt einen     wollten. So wurden kurzerhand Arbeiter aus
             kurzen Überblick über zwei           der Umgebung und aus ganz Französisch-
             bekannte Beispiele vergangener       Westafrika zwangsrekrutiert (vgl. Etz 2007,
             und gegenwärtiger Enticklungs-       30). Im Jahre 1947 wurde schließlich der
             projekte in Mali: zum einen wird     Hauptdamm bei Markala fertig gestellt. Die
das Staudamm-Großprojekt ‚Office du Niger‘        Erwartungen der französischen Verwaltung
(kurz: ON) vorgestellt, zum anderen das ‚Vor-     konnten aber bei weitem nicht erfüllt werden.
zeigeprojekt‘ deutscher Entwicklungszusam-
menarbeit, das Programm ‚Mali Nord‘.              „Die Investitionen für die bis dahin nur
                                                  25.000 ha bewässerten Felder waren enorm
3.1 Das ‚Office du Niger‘                         (2,3 Milliarden €). Durch Mechanisierung der
                                                  Anbaumethoden und Verpflichtung der ange-
Mit seiner wechselvollen Geschichte geradezu      siedelten als Lohnarbeiter versuchte man die
beispielhaft für den Werdegang der Entwick-       Kontrolle über die Arbeiter noch zu erhöhen
lungspolitik ist das größte Bewässerungspro-      und die Produktion anzutreiben, doch dies
jekt Westafrikas, das „Office du Niger“ (ON).     misslang. Die koloniale Vision des delta mort
Das ON ist ein Gravitationsbewässerungs-          als Baumwolllieferant für die französische Tex-
system, d. h. Wasser gelangt ausschließlich       tilindustrie und als Reisversorger für Westafri-
über Niveauunterschiede auf die Felder. Der       ka musste ständig nach unten redimensioniert
Staudamm bei Markala (1947), hebt den             werden. Als Mali 1960 die Unabhängigkeit           7
Wasserspiegel des Niger um 5,5 m über den         erlangte, wurden nur 35-40.000 ha bewässert,
niedrigsten Wasserstand. Über einen Zulei-        weniger als 5 % der geplanten Fläche“ (ebda.,
tungskanal fließt Wasser aus dem Staubecken       31).
zur Schleuse A, wo es durch drei Hauptkanäle
bzw. ehemalige Flussbetten des Niger in die       Nach der Unabhängigkeit Malis wurde der
Zonen des ON weitergeleitet wird. Weitere         ON zum Staatsbetrieb und die Reisprodukti-
Schleusensysteme verteilen das Wasser in          on in Kollektiven nach sowjetischem Vorbild
kleinere Verteilerkanäle (vgl. Etz 2007, S.29).   umorganisiert. Der Anbau von Baumwolle im
                                                  Delta wurde aufgrund zu geringer Erträge auf-
Das „Office du Niger“ mit Sitz in Segou als       gegeben, stattdessen kam Zuckerrohr hinzu.
halbstaatliche Gesellschaft wurde 1932 von der    Aber selbst massive Subventionen konnten die
französischen Kolonialverwaltung ins Leben        Zunahme der Armut unter den Bauern nicht
gerufen. Ziel war es, innerhalb von 50 Jahren     verhindern. Die strenge staatliche Kontrolle
960.000 ha Bewässerungsland. Zu gewinnen.         sorgte zudem für Unmut unter den Siedlern
Angebaut werden sollten vor allem Baum-           (vgl. ebda.) Unter der Militärregierung Traorés
wolle, um die französische Textilindustrie zu     konnten zwar einige Produktionsverbesse-
stützen und Reis zur Ernährungssicherung.         rungen erreicht werden, aber die grundsätz-
Dafür sollten bis zu 800.000 Arbeitskräfte        lichen Probleme des Projekts nicht beseitigt
im Projektgebiet angesiedelt werden. Zusätz-      werden. Die Erhöhung des Outputs stand in
lich sollte eine Trans-Sahara-Eisenbahn von       keinem Verhältnis zu den dafür notwendigen
Abidjan nach Algier den Abtransport der           Kosten in dem zentralistischen und monopo-
Ernteprodukte sicherstellen, die allerdings nie   listischen Großprojekt (vgl. Barth 1983, 329).
realisiert wurde (vgl. Barth 1983, 322-323).      Das Office du Niger war unrentabel, der ge-
Bereits in der Anfangsphase zeigte sich die       sunkene Preis für Reis deckte kaum noch die
Unzulänglichkeit der Planungen. Es mangelte       Produktionskosten, um 1980 es kam zu einem
an nötigen Arbeitskräften, da sich die sess-      Einbruch der Agrarproduktion im ON (vgl.
haften Ackerbauern nicht freiwillig auf eine      Etz 2007, 31-32).
ungewisse Zukunft im Projektgebiet einlassen

                                          Alles für die Katz? Lehren aus der Entwicklungspolitik
8

    Abb. 5: Projektgebiet des Office du Niger (Quelle: Etz 1997, 30)

    Leuphana Universität Lüneburg, Juni 2009
In den 80er Jahren wurden in Zusammenarbeit          Bis 2020 soll das Office du Niger finanziert
mit den wichtigsten Geldgebern (Weltbank,            durch private Investoren von heute 70.682
Frankreich, Niederlande) Reformen des bis            ha auf ca. 200.000 ha ausgeweitet werden.
dato gescheiterten Großprojektes eingeleitet.        Der ON soll in Zukunft das Werkzeug der
Der Anbau wurde diversifiziert, die Bauern in-       Nahrungssicherung Westafrikas und der Sa-
tensiv beraten und stärker beteiligt. So wurden      helzone werden, in dem es etwa 100.000 ha
ab 1984 Produzentenvereinigungen einge-              Anbaufläche den Sahelländern zur Verfügung
richtet, die viele frühere Aufgaben des Office       stellt (vgl. ebda., 27).
du Niger übernehmen und so eine stärkere
Selbstbestimmung der Produzenten ermögli-            3.2 Mali Nord
chen und ihre Position stärken sollten.
                                                     Die bereits beschriebenen Konflikte zwischen
„Liberalisierung der Vermarktung und Ver-            den nomadischen Tuareg und den sesshaften
arbeitung der Produkte, Restauration des Be-         Siedlern bzw. der malischen Regierung und
wässerungsnetzes und die daran anknüpfende           der unerfüllte Wunsch nach Selbstverwaltung
Ausweitung der Anbauflächen, Integration             gipfelte Anfang der 90er Jahre in einer Rebelli-
der Bauern und Dorfverbände in Entschei-             on der Tuareg mit bürgerkriegsähnlichen Aus-
dungs- und Durchführungsprozesse sowie               maßen. Mehr als 100.000 Menschen flüchteten
Diversifizierung, Intensivierung und Kredit-         zwischen 1990 und 1994 aus der Region (diese
möglichkeiten machten ab 1982 den Office du          und folgende Angaben über das Projekt Mali
Niger wieder zu einem Immigrationszentrum            Nord stammen, wenn nicht anders vermerkt,
für die Bevölkerung der Region und, in gerin-        aus Mali Nord 2009). Seit 1995 versucht
gerem Ausmaße, ganz Malis. Die Reisernte des         das Programm „Mali Nord“ (ein Gemein-
Gebietes konnte bis zum Jahr 1994 verdrei-           schaftsprogramm von GTZ und KfW), die be-
facht werden und die Einnahmen der Bauern            waffneten Konflikte mit den Tuareg im Gebiet
stiegen um 30 bis 70 % […]. Eine umfassende          um Timbuktu zu überwinden.
Restrukturierung des Office du Niger erfolgte
allerdings erst ab 1994“ (ebda. S. 33).              Das Projekt Mali Nord umfasst eine Vielzahl        9
                                                     verschiedene Kleinprojekte, die mehrere
1994 wurde das „Office du Niger“ in eine             Schwerpunkte der Entwicklungsarbeit ab-
öffentlich-rechtliche Anstalt umgewandelt            decken. Hauptaugenmerk liegt auf der wirt-
und ist seither nur noch für das Management          schaftlichen Förderung der Region. Zunächst
der Wasserzufuhr sowie den Unterhalt des             sollten die lokalen Wirtschaftskreisläufe
Wassernetzes zuständig. Die Kosten hierfür           wiederbelebt werden. Waren und Dienstlei-
werden komplett aus den Wasserabgaben                stungen sollten dabei nicht von außerhalb
der ansässigen Bauern gedeckt. Zusätzlich            importiert werden, sondern die Betroffenen
stellt die Regierung Gelder für einige öffent-       sollten die Werte nach Möglichkeit selbst
liche Dienstleistungen (z.B. Bauernberatung,         schöpfen. Entwicklungsgelder wurden dabei
Infrastrukturverbesserungen,     Landverwal-         für die Löhne der lokalen Handwerker be-
tung) bereit. Außerdem wurde der malische            reitgestellt, die bspw. die Unterkünfte für zu-
Reismarkt liberalisiert und die daraus re-           rückkehrende Flüchtlinge errichteten. Ebenso
sultierenden Preissteigerungen sorgten in            wurden Mittel als Startkapital bzw. als Kredit
Verbindung mit Verbesserungen im Anbau               an Gewerbetreibende vergeben. In einigen
für Ertragssteigerungen Mitte der 90er Jahre.        Dörfern konnten die geförderten Handwer-
Eine intensive Beteiligung der Bauern (z.B.          ker bereits Ende 1996 wieder selbständig
über die sog. „Comités Paritaires“ oder die          wirtschaftlich arbeiten. Ein Schwerpunkt liegt
Wassernutzerorganisation OERT1) an allen             dabei insbesondere auch auf der Förderung
Planungs- und Entscheidungsprozessen sorgt           der Erwerbstätigkeit der Frauen. Des Weiteren
für Akzeptanz des Projektes und ermöglicht so        unterstützt das Programm die nomadischen
eine nachhaltige Steigerung der Effizienz (vgl.      bzw. halbnomadischen Viehzüchter insbeson-
Etz 2007, 34).                                       dere durch eine Verbesserung der Gesundheit
                                                     der Viehherden. Bspw. wurden ab 1995 jähr-
                                                     lich Impfkampagnen durchgeführt, die von
                                                     Jahr zu Jahr stärker und ab 2001 gänzlich von
1 Organisation des Exploitants pour l’Entretien du   den Hirten selbst finanziert werden.
Réseaux Tertiaire.

                                            Alles für die Katz? Lehren aus der Entwicklungspolitik
Abb. 6: Projektgebiet des Programms Mali Nord (Quelle: Mali Nord 2009)

10   Einen weiteren Schwerpunkt stellt die Siche-         setzt, für Betrieb und Unterhalt der Anlagen
     rung der Wasserversorgung in der Region dar.         sind die lokalen Produktionsgemeinschaften
     Dafür wurden alte, versandete Brunnen wieder         selbst verantwortlich. Im Rahmen des Pro-
     instandgesetzt und neue Brunnen errichtet.           gramms wurden bislang 380 Motorpumpen
     Dies geschah hauptsächlich durch lokale              zur Förderung der Bewässerungslandwirt-
     Brunnenbauer, die lediglich von Mitarbeitern         schaft installiert, die Kosten für diese Anlagen
     der GTZ beraten und angeleitet wurden. Für           müssen die Nutzergemeinschaften zu einem
     die Versorgung der Viehherden dienen dabei           Drittel selbst tragen.
     die traditionellen Schachtbrunnen, in den das
     bis zu 60 Meter tiefe Grundwasser gefördert
     wird. Die begrenzt Fördermenge verhindert
     dabei, dass umliegende Weideflächen veröden.
     Der Zugang der Herden und Tierarten zu den
     Brunnen ist genau geregelt. Die Versorgung
     der Bevölkerung mit Wasser übernehmen neu
     errichtete mit Solarpumpen versehene Tief-
     bohrbrunnen.

     Das Programm Mali Nord fördert zudem
     den Ausbau der kleinbäuerlichen Bewässe-
     rungslandwirtschaft. Unter anderem auch im
     Rahmen der Budgethilfe werden Gelder für
     die Errichtung von Bewässerungssystemen be-
     reitgestellt. In Kooperation mit dem malischen
     Beratungsdienst für Landwirte werden dabei           Abb. 7: Traditioneller   Schachtbrunnen   (Quelle:
     fast ausschließlich lokale Arbeitskräfte einge-      Mali Nord 2009)

     Leuphana Universität Lüneburg, Juni 2009
Um die Dezentralisierung der Verwaltung zu            Das BMZ zieht eine durchweg positive Bilanz
fördern, unterstützt das Programm Mali Nord           seines Programms Mali Nord. Rund einhun-
außerdem die 1999 neu konstituierten Land-            derttausend Menschen sind an ihre Herkunfts-
gemeinden. Gefördert werden Projekte zum              orte zurückgekehrt und bestreiten heute selb-
Aufbau der kommunalen Selbstverwaltung,               ständig ihren Lebensunterhalt. 80 öffentliche
die von den Gemeinden selbst initiiert wurden,        Gebäude sind in 45 ländlichen Gemeinden neu
z.B. Wegebaumaßnahmen, Straßenreinigung,              entstanden oder wurden vollständig instand
Müllabfuhr oder Ausbau der lokalen Märkte.            gesetzt, daneben 200 offene Schachtbrunnen
                                                      und 13 Wasserversorgungsanlagen (elektrisch
                                                      oder solar betriebene Bohrbrunnen). Von
                                                      1996 bis 2007 sind 380 Diesel betriebene Mo-
                                                      torpumpen importiert worden, die heute rund
                                                      10.000 Hektar bewässern, auf denen rund
                                                      40.000 Kleinbauern und -bäuerinnen arbeiten,
                                                      die etwa 200.000 Familienangehörige unmit-
                                                      telbar ernähren und im Jahr 2006 mehr als
                                                      60.000 Tonnen ungeschälten Reis produziert
                                                      haben. Fünf ländliche Kleinbanken (Mikro-
                                                      finanzinstitutionen) sind gegründet worden
                                                      und operieren bereits erfolgreich.

Abb. 8: : Errichtung einer Bewässerungsanlage für
die Landwirtschaft (Quelle: Mali Nord 2009)

                                                                                                      11

Abb. 9: : Eine Bewässerungsanlage für die Landwirt-
schaft (Quelle: Mali Nord 2009)

                                             Alles für die Katz? Lehren aus der Entwicklungspolitik
4. Fazit

     W
                       ährend unserer Exkursi-                lopment Assistance) insbesondere westlicher
                       on hatten wir Gelegenheit              Geberländer nach wie vor an Bedingungen
                       eine ganze Reihe lokaler               gebunden ist, befürchten einige Akteure, dass
                       Entwicklungsprojekte      zu           sich die Verantwortlichen der Empfängerlän-
                       besichtigen und mit zahl-              der mehr an den Interessen der Geber als an
     reichen Entwicklungs-Koordinatoren auf na-               den eigenen Interessen ihres Landes orientie-
     tionaler Ebene zu sprechen. Ansatzpunkt für              ren.
     die aktuelle Entwicklungszusammenarbeit ist
     eindeutig an der Basis, d. h., man finanziert            Zudem befindet sich die internationale
     keine monolithischen Großvorhaben, die an                Entwicklungspolitik in einer Umstrukturie-
     den Interessen der Betroffenen vorbei gehen,             rungsphase. Ziel dieser Reform im Rahmen
     sondern fördert kleine, klar abgegrenzte Pro-            der „Pariser Erklärung“ ist eine bessere Koor-
     jekte. Dabei wird die lokale Bevölkerung sehr            dination unter den Geberländern. Die bereits
     intensiv mit einbezogen bzw. die Projekte zum            angesprochene Budgethilfe wird von den
     Teil von den Menschen vor Ort selbst initiiert           Akteuren in Mali als nicht erfolgreich einge-
     und organisiert. Durch die Einbindung der                schätzt. Insgesamt sei der Koordinations- und
     örtlichen Bevölkerung wird deren Identifikati-           Verwaltungsaufwand bei dieser Art der Zu-
     on mit dem Projekt und damit dessen Aussicht             sammenarbeit viel zu hoch, sie sei zu statisch
     auf Erfolg entscheidend verbessert. Darüber              und zu teuer und damit ineffektiv.
12   hinaus unterstützt dieses Vorgehen auch die
     nationale Strategie der Dezentralisierung der            Die besichtigten Projekte arbeiten allesamt
     Verwaltung und der Entwicklung kommunaler                in den Schwerpunktbereichen der deutschen
     Strukturen und trägt so dazu bei, das Leitbild           Entwicklungszusammenarbeit (Dezentralisie-
     von „Good Governance“ (auch gegen nach wie               rung, Landwirtschaft und Ressourcenschutz,
     vor bestehende Widerstände) umzusetzen1.                 Trinkwasserversorgung und Abwasser- bzw.
                                                              Müllentsorgung). Im Hinblick auf den Tuareg-
     Aber nicht nur auf lokaler Ebene setzen Nicht-           Konflikt und das damit zusammenhängende
     regierungsorganisationen verstärkt auf die               Nomadenproblem lautet die offizielle Strategie
     Eigenverantwortlichkeit der lokalen Bevölke-             zwar nicht Sedentarisierung zur Befriedung.
     rung. Auch im Rahmen der internationalen                 Aber insbesondere im Raum von Timbuktu
     Entwicklungspolitik hat sich die sog. Owner-             (dem Projektgebiet von „Mali Nord“) ist die zu-
     ship der Zielländer als allgemein anerkanntes            nehmende Sesshaftwerdung der nomadischen
     Prinzip durchgesetzt. Die Empfängerländer                Stämme deutlich sichtbar. Dies geschieht aber
     tragen dabei selbst die Verantwortung für die            weniger durch staatlichen Druck als vielmehr
     durchgeführten Projekte, denn wirklich nach-             aufgrund immer schwieriger werdender Über-
     haltiger Wandel lässt sich nicht von außen er-           lebensbedingungen in den Wüstenregionen.
     zwingen. Da allerdings die ODA (Official Dev-            Die soziokulturellen Umwälzungen, die dieser
                                                              Lebenswandel mit sich bringt, stellen eine zu-
                                                              sätzliche Herausforderung dar, die es zu lösen
     1 Eine gewisse Sonderstellung nimmt das oben be-         gilt.
     schriebene Kooperationsprogramm „Mali Nord“ ein:
     aufgrund seiner Ausmaße – das Interventionsgebiet
     umfasst 45 Landgemeinden (vgl. Mali Nord 2009) – und     Bleibt abschließend die Frage nach dem Sinn
     seines umfassenden Programminhaltes sehen einige         oder Unsinn von Entwicklungszusammenar-
     Kritiker die Gefahr der Untergrabung der staatlichen     beit. Entwicklungshilfe für Afrika wird massiv
     Autorität im Projektgebiet. In gewissen Kreisen nennt    und radikal kritisiert – und zwar von Ver-
     man die Leiter des Programms auch „die Könige des        tretern des „Nordens“ sowie von Afrikanern
     Nordens“. Allerdings soll das Projekt seitens der GTZ
     2011 auslaufen und dann in die Zuständigkeit des Land-   selbst. Die Entwicklungspolitik der Geber-
     wirtschaftsministeriums eingegliedert werden.            länder treibe die afrikanischen Nehmerländer

     Leuphana Universität Lüneburg, Juni 2009
in eine neue Abhängigkeit und behindere die           Es ist sicherlich falsch, die bestehende Asym-
Entwicklung eines afrikanischen Selbstver-            metrie der Partner zu verleugnen. Wichtiger
trauens. Das daraus resultierende Anspruchs-          ist es hingegen, zu einem fairen Umgang
denken auf afrikanischer Seite ebenso wie die         zwischen Afrika und Europa zu finden. Ent-
Entwicklungszusammenarbeit zum Selbst-                wicklungszusammenarbeit vor diesem Hin-
zweck der Europäer ist in der Tat problema-           tergrund ist notwendig und sinnvoll, wenn
tisch. Ist also alles für die Katz?                   sie eine partnerschaftliche Basis hat und im
                                                      Geiste der Gleichberechtigung geleistet wird.
Bundespräsident Horst Köhler wies jüngst              Aber Entwicklungszusammenarbeit ist nicht
darauf hin , dass eine Partnerschaft auf glei-        in der Lage, die verheerende Armut grundsätz-
cher Augenhöhe angestrebt werden sollte, eine         lich und auf Dauer zu beseitigen. Hier muss
Partnerschaft mit und nicht für Afrika2. Denn         vielmehr auf Ebene von Handelsverträgen
vor dem Hintergrund einer globalisierten,             angesetzt werden, denn wir können unseren
zunehmend vernetzten Welt, sind wir gera-             Wohlstand in Europa unmöglich weiterhin auf
dezu auf eine Kooperation in wechselseitigem          Basis niedriger Preise halten. Eng verbunden
Interesse angewiesen. Es gilt globale Probleme        ist hiermit auch das Thema Regierungsfüh-
wie Klimawandel, Armut und aus fehlenden              rung, der so genannten ‚Good Governance’
Perspektiven vor Ort resultierende Migration,         sowie der Zugang zu Bildung in afrikanischen
gemeinsam entgegen zu treten.                         Ländern.

2 ZEIT FORUM POLITIK: „Ein neuer Blick auf
Afrika?“ Horst Köhler im Gespräch mit Prinz Asfa
Wossen Asserate und Unomwinjo Katjipuka-Sibolile
Moderation: Bartholomäus Grill (DIE ZEIT); Sonntag,
19.04.2009, Thalia-Theater Hamburg.

                                                                                                       13

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Literaturverzeichnis

     Barth, Hans Karl (1986): Mali. Eine geogra-    Nuscheler, Franz (2006): Entwicklungspolitik.
     fische Landeskunde. Darmstadt. Wissen-         Bonn: Dietz.
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Alles für die Katz? Lehren aus der Entwicklungspolitik
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