Alter Wein in neuen Schläuchen?

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Alter Wein in neuen Schläuchen?
24   Steuerungsebene

     Prof. Dr.-Ing. Jürgen Jasperneite

     Alter Wein in neuen                 Seit einiger Zeit tauchen immer
                                         wieder neue Begrifflichkeiten

     Schläuchen?
                                         auf, wie beispielsweise Industrie
                                         4.0, Manufacturing 2.0, Cyber-
                                         physikalische Systeme (CPS)
                                         oder das Internet der Dinge. Die
                                         Einordnung und Abgrenzung
                                         fällt schwer. Handelt es sich
                                         hierbei nur um neue Schlag­
                                         worte für bereits bekannte
                                         Handlungsfelder oder steckt
                                         wirklich etwas Neuartiges
                                         dahinter?

                                         U      m die Vielzahl der Begrifflichkeiten
                                                einordnen zu können, die derzeit
                                         durch die Automatisierungstechnik
                                         „schwirren“ und den Übergang hin zu
                                         intelligenten technischen Systemen be­
                                         schreiben, ist es vorteilhaft sich mit deren
                                         zeitlichem Ursprung und ihrer Herkunft
                                         zu beschäftigen. Schon 1966 schrieb der
                                         deutsche Kybernetiker Karl Steinbuch in
                                         seinem Buch „Die informierte Gesell­
                                         schaft“: Es wird in wenigen Jahrzehnten
                                         kaum mehr Industrieprodukte geben, in
                                         welche die Computer nicht hineingewo­
                                         ben sind. Drei Jahre später führte das ja­
                                         panische Unternehmen Yaskawa Electric
                                         erstmalig den noch heute wichtigen Be­
                                         griff der Mechatronik ein – zu diesem
                                         Zeitpunkt jedoch noch nicht unter Ein­
                                         beziehung der heute berücksichtigten
                                         Informationsverarbeitung.
                                            Anfang der 90er Jahre wurde der ameri­
                                         kanische Informatiker Mark Weiser vom
                                         Palo Alto Research Center (PARC) mit
                                         seiner in dem Aufsatz „The Computer for
                                         the 21st Century“ mit „Ubiquitous Com­
                                         puting“ bezeichneten Vorstellung einer
                                         umfassenden Informatisierung und Ver­
                                         netzung der Welt und ihrer vielen Gegen­
                                         stände bekannt.
                                            Den Begriff „Internet der Dinge“ (IOT
                                         – Internet of things) verwendete erstmalig
                                         im Jahr 1999 Kevin Ashton, zu diesem
                                                                                        (Bilder: inIT/Fraunhofer IOSB-INA)

                                         Zeitpunkt Mitarbeiter bei Procter and
                                         Gamble (USA). Die technologischen
                                         Wurzeln von IOT liegen im Auto-ID-Cen­
                                         ter des Massachusetts Institute of Tech-
                                         nology (MIT), wo sich zum gleichen Zeit­
                                         punkt eine von Ashton mitgegründete
                                         Arbeitsgruppe mit RF-ID und Sensor­

                                           12/12 . www.computer-automation.de
Alter Wein in neuen Schläuchen?
Steuerungsebene               25

  technologien beschäftigte. Das IOT stellt
  eine umfassende Erweiterung des klassi­
  schen Internets dar: Während das Internet
  auf den Austausch von Daten und Doku­
  menten verschiedener Medientypen be­
  schränkt ist, adressiert das Internet der
  Dinge die Vernetzung von und mit All­
  tagsgegenständen. Damit hebt es die
  Trennung zwischen virtueller und realer
  Welt weitestgehend auf. Mit anderen
  Worten: Eindeutig identifizierbare physi­
  sche Objekte (things) werden mit einge­              Nicht immer leicht zu durchschauen: die Begrifflichkeiten mit Bezug zur Automation auf
  betteten Systemen ausgestattet, erhalten             dem Weg hin zu intelligenten technischen Systemen.
  eine virtuelle Repräsentation und kom­
  munizieren über das Internet.                        Systeme gemeint sind, welche – be­          Kleidung integrierte Sensoren und Ak­
    Im Jahr 2006 gebrauchte schließlich                schreibbar durch die Gesetze der Physik     toren oder der miniaturisierte, energie-
  Helen Gill von der National Science                  – zeitkontinuierlich arbeiten. Nach Helen   autarke Datenlogger FuLog, der am inIT
  Foundation (NSF), der US-amerikani­                  Gill sind Cyber-Physical Systems dem­       zur Integration in Werkstücke entwickelt
  schen Forschungsgesellschaft, erstmalig              nach Systeme, in denen die Cyber- und       wurde. Die Informationsverarbeitung
  den Begriff „Cyber-Physical Systems“                 physischen Systemen auf allen Ebenen        kann ferner geografisch weit verteilt und
  (CPS). Dabei definierte sie mit dem Be­              eng miteinander verbunden sind.             vernetzt sein. In der Regel wird sie dabei
  griff „Cyber“ solche Systeme, die zur dis­             Die Informationsverarbeitung kann         von einem eingebetteten System – häufig
  kreten Verarbeitung und Kommunikation                dabei tief in die physikalischen Kom­       verteilt und in Echtzeit – erbracht. Ein
  von Informationen genutzt werden, wäh­               ponenten (embedded systems) und gege­       CPS ist also letztendlich die Verschmel­
  rend mit „physical“ die natürlichen und              benenfalls sogar in die Materialien in­     zung der Informationsverarbeitung mit
  vom Menschen geschaffenen technischen                tegriert sein. Beispiele hierfür sind in    dem physikalischen Prozess. Im Jahr

   2. Elektronik wireless power congress
   2. - 4. JULI 2013 IM KONFERENZZENTRUM MÜNCHEN                                                   Bitte senden Sie mir
                                                                                                            Informationen zu Ausstellung & Sponsoring
Call for Papers & Workshops
                                                                                                            Informationen zum Programm
Der 2. Elektronik wireless power congress, ein Fachkongress mit begleitender Fachausstellung,
wendet sich an Entwickler, die Geräte und Systeme zur kontaktlosen Energieübertragung
entwickeln oder implementieren, z.B. zum Laden von Akkus in mobilen Geräten und
Fahrzeugen oder zur direkten Versorgung von ID-Karten und -Labeln.                                 Firma

Hauptthemen des 2. Elektronik wireless power congress werden die gebräuchlichen
Übertragungsverfahren (induktiv, kapazitiv, elektromagnetisch), das Schaltungs- und
Systemdesign sowie EMV und Sicherheit sein.                                                        Vorname, Name
Der 2. Elektronik wireless power congress konzentriert sich auf die Themen:
❚ Qi-Standard
❚ Übertrager-, Koppler- und Antennendesign                                                         Straße

❚ Schaltungstechnik (Wandlerdesign, Leistungsregelung, Energieeffizienz)
❚ Übertragungsverfahren und Kopplung (induktiv, kapazitiv, elektromagnetisch)
❚ Datenübertragung und Authentifizierung                                                            PLZ, Ort, Land
❚ Sicherheit und EMV
❚ Normen und Gesetze
❚ Systemdesign und Systemintegration                                                               Telefon, Fax
❚ Spezifische Systemanforderungen in Elektrofahrzeugen

Einsendeschluss für Vortragsvorschläge ist der 8. Februar 2013.
                                                                                                   E-Mail
Detaillierte Informationen finden Sie. 12/12
  www.computer-automation.de          unter:
www.wireless-power-congress.de                                                                     Jetzt anfordern: Fax +49 (0) 89 - 25556 0725
Alter Wein in neuen Schläuchen?
26          Steuerungsebene

                              Intelligente                                                                                      der Gesellschaft für Mess- und Automa­
                               tech­nische                                                                                      tisierungstechnik (GMA) des VDI/VDE.
                     Systeme sind über                                                                                             Bei der Eröffnung der Hannover Messe
                             das Internet                                                                                       2011 tauchte mit „Industrie 4.0“ der vorerst
                    vernetzte Automa-                                                                                           neueste Begriff mit Bezug zur Automation
                      tisierungssysteme                                                                                         auf. Unter „Industrie 4.0“ wird die durch
                           mit kognitiver                                                                                       das Internet getriebene vierte industrielle
                    Informationsverar-                                                                                          Revolution verstanden. Sie umschreibt den
                    beitung. Sie bilden                                                                                         technologischen Wandel heutiger Produk­
                           die technische                                                                                       tionstechnik hin zu Cyber-physischen Pro­
                           Grundlage für                                                                                        duktionssystemen (Smart Factory). Sicher­
                         künftige intelli-                                                                                      lich hat sich der ein oder andere gefragt,
                          gente Fabriken                                                                                        was denn die anderen Revolutionen in der
                         (Smart Factory),                                                                                       Industrie gewesen sind? – Die erste indust­
                            Energienetze                                                                                        rielle Revolution bestand in der Mechani­
                     (Smart Grids) oder                                                                                         sierung, darauf folgten die Massenferti­
                           Städte (Smart                                                                                        gung und daran anschließend der Einsatz
                                   Cities).                                                                                     von Elektronik zur Automatisierung der
                                                                                                                                Produktion.
                    2009 wurde von der NSF im Bereich                         Mit einem gewissen Schleppabstand hat                Zunächst kaum beachtet, hat die Bun­
                    CPS ein gleichnamiges Forschungspro­                    der Begriff CPS auch Deutschland erreicht           desregierung Industrie 4.0 zwischenzeit­
                    gramm eingerichtet, in dem bis heute                    und entsprechende Aktivitäten initiiert,            lich als eines von zehn Zukunftsprojekten
                    über 100 Projekte gefördert wurden.                     unter anderem in Form der Ende 2010                 in den Aktionsplan zur High-Tech-Strate­
                    Zudem wurde dieses Feld als eine                        von der Bundesregierung gestarteten „For­           gie aufgenommen. Jüngst wurden der
                    Schlüsseltechnologie für die Forschung                  schungsagenda CPS“ oder der Einrichtung             Bundesregierung zudem Handlungsemp­
                    in den USA identifiziert.                               ent­sprechender Fachausschüsse, etwa in             fehlungen für Industrie 4.0 von der For­

  2. Elektronik energy harvesting congress
   2. - 4. JULI 2013 IM KONFERENZZENTRUM MÜNCHEN                                                               Bitte senden Sie mir

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Kein Kabel, keine Batterie. Der 2. Elektronik energy harvesting congress, ein Fachkongress mit begleitender             Informationen zum Programm
Fachausstellung, zeigt Entwicklern und industriellen Anwendern worauf es ankommt, wenn sich ein System
selbst mit elektrischer Energie versorgen soll.
Die Energy Harvester genannten Mini- und Mikro-Generatoren erzeugen weder eine zum Betrieb                     Firma
von elektronischen Schaltungen direkt nutzbare Spannung noch reicht ihre Leistung dafür aus. Ohne
Spannungswandler und Energiemanagement geht nichts. Bei der Entwicklung von energy-harvesting-
Systemen müssen die Gewinnung der elektrischen Energie, ihre Speicherung und Nutzung genau aufeinander
abgestimmt werden. Die erfolgreiche Entwicklung eines energieautarken Systems hängt aber nicht nur von
                                                                                                               Vorname, Name
der richtigen Auswahl geeigneter Komponenten ab – Mikrogeneratoren, DC/DC-Wandler, Speicher, Controller,
Sensoren, Aktoren und Funk-Module. Ganz wesentlich ist die optimale Betriebsweise und das dazu passende
Energiemanagement – damit immer ausreichend Leistung zur Verfügung steht, wenn sie gebraucht wird.
Neue Powermanagementverfahren „lernen“ sogar, wieviel Energie sie sammeln können, erstellen eine
Energiesammelprognose und passen ihre Betriebsweise an.                                                        Straße

Vom Einzelteil bis zum fertigen System beleuchtet der 2. Elektronik energy harvesting congress alle Aspekte
energieautarker Systeme. Insbesondere:
❚ Mikrogeneratoren (PV-Zellen, elektrodynamische, piezoelektrische und thermodynamische Wandler, Antennen)     PLZ, Ort, Land
❚ Energiespeicher (Kondensatoren, Akkumulatoren) ❚ Energie- und Powermanagement (Spannungswandler,
Power- und Energiemanagement-Controller) ❚ ultra low-power Mikrocontroller ❚ energieeffiziente Codierung
und Codeoptimierung ❚ energieoptimierte Betriebsweisen und prediktives Powermanagement ❚ ultra low-
power Komponenten, Sensoren und Aktoren ❚ ultra low-power Funk-Sender und Funkstandards                        Telefon, Fax
❚ Systemintegration und Optimierung, Zuverlässigkeit ❚ Energieautarke Sensornetze ❚ Messtechnik und
Designwerkzeuge ❚ Modellierung und Simulation energy-harvesting basierter Systeme
Einsendeschluss für Vortragsvorschläge ist der 8. Februar 2013.                                                E-Mail
Detaillierte Informationen finden Sie unter:

www.energy-harvesting-congress.de                                                                              Jetzt anfordern: Fax +49 (0) 89 - 25556 0725
Alter Wein in neuen Schläuchen?
Steuerungsebene                         27

schungsunion Wirtschaft und Wissenschaft übergeben, die helfen sol­             Einfach. Mehr. Freiheit.
len, dass Deutschland zu einem Leitmarkt und zum Leitanbieter von               JetSym STX – Automatisierung in Hochsprache
intelligenten technischen Systemen wird. Im Prinzip ist Industrie 4.0 die
Fortführung des bereits in den 1970er Jahren eingeführten Konzeptes
der computerintegrierten Fertigung (CIM) auf der Basis nun verfügba­
rer moderner Informations- und Kommunikationstechnologien.

Der gemeinsame Nenner
Die Ausführungen machen deutlich, dass die Begriffe nicht scharf defi­
niert und voneinander abgrenzbar sind. All diesen Begriffen ist jedoch
gemeinsam, dass es sich um Handlungsfelder handelt, bei denen eine
zunehmende Informatisierung im Vordergrund steht. Das führt letztend­
lich zu intelligenten technischen Systemen, die sich dadurch auszeich­
nen, dass sie adaptiv sind, mit ihrem Umfeld interagieren und sich die­
sem durch Lernen anpassen können.
   Dahinter verbirgt sich eine in der Automation wohl bekannte
Grundstruktur: Die geschlossene Wirkungskette, ausgehend vom
physikalischen Prozess über die Sensorik (erfassen), die Informati­
onsverarbeitung (analysieren und entscheiden) bis hin zur Aktorik
(handeln). Die Intelligenz ist in erster Näherung in der Art und Weise
der Informationsverarbeitung zu finden. Aufgrund der physikalischen
Prozesse verfügen die meisten Steuerungen heute in ihrer Software
über eine rein reaktive und starre Kopplung zwischen der Sensorik
und Aktorik. Intelligente technische Systeme hingegen können diese
starre informationstechnische Kopplung aufbrechen und gezielt mo­
difizieren. Mit Hilfe der kognitiven Informationsverarbeitung lässt
                                                                                                                                  Besuchen Sie uns
sich das Systemverhalten verändern – entweder auf Basis von vorhan­
                                                                                                                                  auf der SPS IPC
denem oder durch Lernen von neu generiertem Wissen. Damit erhält                                                                  Drives in Nürnberg,
ein technisches System Fähigkeiten der Selbstoptimierung, der Selbst­                                                             vom 27. – 29.11.2012
konfiguration und der Selbstdiagnose. Darüber hinaus ist ein intelli­                                                             HALLE 7 | STAND 106
gentes technisches System in der Regel mit weiteren Systemen ver­
netzt und kann von oder mit diesen Dienste gemeinsam erbringen,
oder von diesen in Anspruch nehmen.
   Anhand zweier Forschungsprojekte, die derzeit am inIT und dem
Fraunhofer-Anwendungszentrum in Lemgo zusammen mit Unter­
nehmen bearbeitet werden, soll verdeutlicht werden, dass intelligente                                                          Mehr Infos
technische Systeme signifikant über den Stand der heutigen Automa­                                                      erhalten Sie unter
                                                                                                               www.jetter.de/ad/CUA1212
tion hinausgehen.
   Der erste Bereich ist die Diagnose zur Steigerung der Zuverlässig­
keit von Maschinen – ein immerwährendes Thema in der Automation.
Denn ein Produktionsausfall durch Anlagenstillstände führt schnell
zu hohen Kosten. Heute ist die Fehlersuche gerade in vernetzten Au­         Industrieautomation mit JetSym STX.
tomatisierungssystemen bereits sehr aufwendig, da der Ort eines
Fehlersymptoms häufig nicht dem Ort der Fehlerursache entspricht.           JetSym STX bietet Ihnen die Möglichkeit alle Automatisierungs-
Der Anlagenbediener oder der Instandhalter steht daher bei eingetre­        projekte für Ihre Industrieautomation mit nur einem einzigen Tool
tenen Fehlern unter hohem Zeit- und Erfolgsdruck, um die Anlage             zu programmieren. Bei der Realisierung komplexer Funktionalitäten
wieder anzufahren.                                                          wie Arithmetik, Regel-Algorythmen und Achshandling bis hin zur
   Intelligente Diagnose-Assistenten können dem Benutzer bei der frü­
                                                                            Bahnsteuerung bietet die moderne, objektorientierte Programmier-
hen Erkennung von Problemen und von Verschleiß (Erkennung von
                                                                            sprache „Einfach. Mehr. Freiheit“.
Anomalien), bei der Identifikation von Fehlerursachen (Diagnose) und
bei der Anlagenreparatur helfen. Für einen Diagnose-Assistenten ist
Wissen in Form eines Computermodells über den automatisierten Pro­
duktionsprozess notwendig. Allerdings kommen Diagnose-Assistenten
in der Industrie bislang kaum zum Einsatz. Auf der einen Seite ist die
Modell-Erstellung arbeitsintensiv und nur von Experten ausführbar, die
die Anlage sehr gut kennen. Zum anderen verändern sich Anlagen häu­
fig, zum Beispiel durch Verschleißprozesse, Umwelteinflüsse oder Um­
bauten.
                                                                                            überraschend einfach ...
www.computer-automation.de . 12/12
                                                                            Jetter AG • Gräterstraße 2 • 71642 Ludwigsburg • Telefon 07141 2550-0 • info@jetter.de
Alter Wein in neuen Schläuchen?
28   Steuerungsebene

     Das inIT der Hochschule OWL und das Fraunhofer IOSB-INA in Lemgo untersuchen,
     erproben und demonstrieren in der Lemgoer Modellfabrik die Integration von ge-                lich sind viele Einzelelemente intelligenter
     eigneten Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) für die Automation                technischer Systeme schon vorhanden und
     wandlungsfähiger, rekonfigurierbarer und energieeffizienter Produktionssysteme.               damit nicht neu. Auch ist die IKT-Integra­
                                                                                                   tion in die Automation kein wirklich neues
        Hier bietet das maschinelle Lernen aus      ben dem Einsatz moderner Antriebstechnik       Thema. So ist beispielsweise die PC-ba­
     der Informatik einen Ausweg: Durch Be­         ein enormer Aufwand in die Auslegung           sierte Automation heute Stand der Technik
     obachtung des Prozesses in Echtzeit kann       und Optimierung der Anlage zu investieren.     oder die Einführung von Echtzeit-Ethernet
     das Computermodell und damit das not­          Ein praktisches Beispiel dafür ist das Ein-    und Wireless in vollem Gange.
     wendige Diagnosewissen selbstständig er­       und Auslagern von Waren in einem auto­            Bezogen auf intelligente technische Sys­
     lernt werden. Grundlage hierfür ist die Ver­   matisierten Hochregallager, das eine Viel­     teme ist es aber alles andere als alter Wein
     fügbarkeit der Prozessdaten, die zum           zahl von Verfahrachsen mit elektrischen        in neuen Schläuchen! Künftige Automati­
     Betriebszeitpunkt in ausreichender Menge       Antrieben aufweist. Um neben dieser            sierungssysteme müssen sich selbstständig
     erfassbar sind. Mittels dieses gelernten       Grundfunktion eine energieoptimierte Be­       vernetzen, diagnostizieren und optimal an­
     Wissens analysiert der Diagnose-Assistent      triebsführung durchführen zu können, muss      passen. Hierfür existieren derzeit viele
     nun das Anlagenverhalten im Betrieb und        – wie bei dem Diagnose-Assistenten auch        Teil-, aber noch keine ganzheitlichen Lö­
     erkennt Anomalien durch Soll-/Ist-Ver­         – ein Computermodell der Anwendung aus         sungen in der Automation.
     gleiche, die dann dem Fachpersonal             energie- und automatisierungstechnischer          Zusammenfassend lässt sich demnach
     über geeignete Mensch-Maschine-Inter­          Sicht vorhanden sein. Algorithmen der          festhalten: Die in der Automation einge­
     aktionstechnologien (Leitsysteme, mobile       Selbstoptimierung übernehmen nun auf           setzten Technologien werden zunehmend
     Plattformen) mitgeteilt werden. In einem       Basis dieses Modells wiederkehrend und in      durch die Möglichkeiten der Informatik
     nächsten Schritt werden anhand der erlern­     Echtzeit Aufgaben des SPS-Programmie­          und der Informations- und Kommunikati­
     ten Wirkzusammenhänge Fehlerursachen           rers, in dem sie das Ablaufverhalten der       onstechnologien bestimmt. Viele dieser
     ermittelt, die die Anomalien erklären          Verfahr­achsen kontinuierlich derart anpas­    Schlüsseltechnologien kommen aus den
     können. Beispiele für Anomalien sind ein       sen, dass zum einen die Grundfunktion ge­      USA oder Asien. Für Deutschland gilt es,
     falsches Zeitverhalten aufgrund von Ver­       währleistet bleibt und zum anderen gleich­     das Potenzial an der Schnittstelle zwischen
     schleiß, suboptimale Energieverbräuche         zeitig die gesetzten Energieziele möglichst    den Ingenieurwissenschaften und der In­
     oder unerwartete Sensorsignale.                gut erfüllt werden können.                     formatik noch intensiver zu nutzen. Ein
        Ein anderes Feld für intelligente techni­      Technische Grundlage der vorgestellten      Beispiel hierfür ist der BMBF-Spitzenclus­
     sche Systeme ist der ressourcenoptimierte      Intelligenz sind neben einer durchgängigen     ter „Intelligente technische Systeme Ost­
     Betrieb von Maschinen und Anlagen. In­         Vernetzung die explizite, rechnerverarbeit­    westfalen-Lippe – It’s OWL“, in dem 174
     telligente Optimierungsassistenten helfen      bare Modellierung des Wissens der auto­        Partner aus Industrie und Wissenschaft in­
     dem Benutzer, die Anlagenleistung und          matisierten Prozesse sowie entsprechende       tensiv zusammenarbeiten, um den Über­
     Effizienz kontinuierlich zu analysieren, zu    wissensbasierte Algorithmen zur Selbstdi-      gang von der Mechatronik hin zu Syste­
     verbessern und einen möglichst optimalen       agnose und Selbstoptimierung. Derzeit feh­     men mit inhärenter Teilintelligenz zu
     Arbeitspunkt anzustreben. Ein aktueller        len aber noch geeignete Modellformalis­        vollziehen.                             gh
     Anwendungsfall ist die Optimierung des         men und Semantik-Informationen, die das
     Energieverbrauchs von produktionstechni­       Lernen der Modelle unterstützen und eine                          Prof. Dr.-Ing.
     schen Anlagen: In Industrieanlagen entfal­     Prognose des Systemverhaltens erlauben.                           Jürgen Jasperneite
     len knapp 70 % des elektrischen Energie­          Um auf die Ausgangsfrage zurückzu­                             leitet das Fraunhofer-Anwen-
     bedarfs auf Antriebe. Der ZVEI sieht in        kommen: Handelt es sich bei Industrie 4.0                         dungszentrum Industrial
     diesem Bereich alleine in Deutschland ein      & Co. nun um alten Wein in neuen Schläu­                          Automation und das inIT der
                                                                                                                      Hochschule Ostwestfalen-
     Einsparpotenzial von 38 TWh pro Jahr.          chen? Bezogen auf die vielen Begrifflich­                         Lippe in Lemgo.
     Zur Erschließung dieses Potenzials ist ne­     keiten lautet die klare Antwort: Ja! Sicher­

                                                                                                     12/12 . www.computer-automation.de
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