AMERIK ANISCHE GESCHICHTE IN MANNHEIM - Eine Publikation - MWSP
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02 INHALT 03 Willkommen 06 — 16 — 24 — 30 — Schulen und Zeitung zu MÆMORIES EINFÜHRUNG BESATZUNG HEIM AT Normaler Alltag in der Mannheimer Garnison DISZIPLIN KONFLIKTE MÆMORIES – ein Erbe mit Zukunft ABZUG Immer auf dem Laufenden KRISEN Konversion, ZEITSTROM, Der „Mannheim Messenger“ Fast 70 Jahre lang war die U.S. Army Garrison Zeitzeugen, MÆMORIES im Überblick 17 31 Mannheim ein fester Bestandteil der Quadra- — Mannheim Elementary School — „Displaced Persons“ Größte US-Grundschule Kommandozentrale und testadt – von der Befreiung Mannheims im Zurück in die Heimat Europas Community Commander März 1945 bis zum endgültigen Abzug der letz- 10 Das Turmhaus auf FRANKLIN — 18 25 ten amerikanischen Soldaten im Jahr 2015. Mehr — SIEGER — 32–34 als 500.000 Amerikaner kamen in dieser Zeit Nachschub und Logistik Der letzte Vorhang — FREUNDE Das 181st Transportation Der Abzug der US-Truppen Law and order in die Stadt, um hier ihren Dienst zu tun, um Battalion in Mannheim Mannheim als Zentrum der PARTNER Drei Fragen an: US-Justiz in Europa zu leben und zu arbeiten – Menschen mit ihren Drei Fragen an: Sabrina und Marvin Kuhn Geschichten, ihrer Kultur und ihren Traditionen. 11 Prof. Dr. Christian Führer Das United States Army — 26 Europe Military Prison Der vorliegende Band gibt nicht nur Einblicke in Kapitulation am Telefon — Das einzige US-Gefängnis 19 Die Befreiung Mannheims die Geschichte der US-Garnison in Mannheim. — FREMDE Europas im März 1945 Welcome to the machine Er stellt auch das Projekt „MÆMORIES – Ein Computer sorgt für VORBILDER Immer im Einsatz Mannheim wird zum Amerikanische Geschichte in Mannheim“ vor, 12 reibungslose Logistik — MITBÜRGER wichtigen Standort der mit dem die MWSP und das MARCHIVUM die Verbotene Liebe 20 –21 Military Police Mabel Grammer und der 27 Spuren der amerikanischen Präsenz dokumen- — — Überfälle, Schlägereien „Brown Baby Plan“ Football, Baseball Seite an Seite und Revolten tieren und ein wichtiges Kapitel der Stadtge- und Basketball und doch getrennt Kriminalität und Spannungen schichte lebendig halten wollen. 13 Ein Stück Heimat Der lange Weg zur unter US-Soldaten — in Mannheim Gleichberechtigung Coca-Cola & Rock’n’Roll Amokfahrt durch Mannheim Der „American way of life“ Tornados über Mannheim kommt nach Mannheim Das afroamerikanische Base- 28 ballteam gewinnt 1949 die — 35–37 G.I. World Series Here we are now — 04 — Vorworte 14 Jazz, Soul und Hip-Hop Vom ungarischen 38 — Konversionsflächen im Überblick — Albert-Schweitzer-Turnier erobern Mannheim Volksaufstand bis 9/11 40 — Karte TURLEY Konflikte unter Partnern Die Weltgeschichte hinter- Die Weltstars von morgen 42 — Karte FRANKLIN Die Sitzblockade der Spinelli- Vier Fragen an: lässt auch in Mannheim 44 — FRANKLIN: Straßennamen und deren Herkunft Kaserne beim Ostermarsch Mannheim vs. Heidelberg Alexandra Götz Spuren 46 — Karte TAYLOR 1984 Football-Derbys zwischen Vietnamkrieg und 48 — Karte SPINELLI den Garnisonen 29 Protestbewegungen 50 — Bildnachweise & Quellenangaben/Impressum 15 — Die 60er-Jahre — 22–23 Iwwer die Brick 9/11 und die Folgen Joy Fleming — Tank Road 70 Proteste gegen den Kapellen, Kirchen „War on Terror“ und Gemeinden Weltstars zu Gast Ende des Ostblocks Orte des Glaubens Der Tornado Club und und Jugoslawienkriege Vier Fragen an: Jean Moore Fasse Die 90er-Jahre für die US-Armee Kenneth Henry HINWEIS! Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird auf eine geschlechtsneutrale Differenzierung verzichtet. Entsprechende Begriffe gelten im Sinne der Gleichbehandlung 9/11 grundsätzlich für beide Geschlechter. Die verkürzte Sprachform beinhaltet keine Wertung. Solidarität und Abschottung
04 VORWORT VORWORT 05 M ÆMORIES Namensgebung von Orten, Straßen und Erzählungen Vierteln aus, sondern spielt auch bei der sozialen und kulturellen Stadtentwick- lung eine zentrale Rolle: Die Offenheit, das Miteinander, die Vielfalt und die Ver- aus dem Alltag einbarkeit von Gegensätzen – dieses Erbe der deutsch-amerikanischen Koexistenz soll und wird die Entwicklung der neuen Quartiere prägen. Die vorliegende Publikation soll nicht nur Einblicke in die Geschichte der US-Garni- Das von den US-Streitkräften übernommene Konversionsgelän- son in Mannheim geben und die vielfälti- de bietet Mannheim die Chance für ein einzigartiges Stadtent- gen Auswirkungen, Entwicklungen und wicklungsprojekt. Auf den ehemaligen Militäranlagen – einer Interaktionen, die sich durch die Präsenz Fläche, doppelt so groß wie die Innenstadt – entstehen Wohn- der US-Streitkräfte in der Stadt ergaben, quartiere, Gewerbegebiete und Grünflächen. Auch diese neuen beispielhaft darstellen. Sie soll auch das Viertel haben eine Geschichte. An sie zu erinnern stärkt nicht nur die Identifikation der Zugezogenen mit ihrem Wohnumfeld, sondern leistet einen willkommenen Beitrag zur Vermittlung der Lebendige Als die US-Armee 2011 ihre Garnison in Mannheim auflöst und die Stadt in der Folge beschließt, die frei gewordenen Flä- Projekt „MÆMORIES – Amerikanische Ge- schichte in Mannheim“ vorstellen, zu dem neben der lebendigen Erinnerung und dem Mannheimer Stadtgeschichte. Daher ist es nur folgerichtig, dass in Kultur, Sport und Konsum wird dabei ebenso ein Thema sein chen anzukaufen, beginnt ein gewaltiger House of MÆMORIES auch die Points of sich das MARCHIVUM an dem Projekt MÆMORIES beteiligt und es mit seiner Expertise unterstützt. wie die Kontakte und Reibungspunkte mit den Einheimischen. Vorbild sind die STADTPUNKTE-Tafeln, die seit 2007 dezentral über Personen, Ereignisse und Entwicklungen der Mannheimer Geschichte Veränderungsprozess mit großen Heraus- forderungen, aber auch mit ungeahnten Chancen und Möglichkeiten. Um diese MÆMORIES zählen, die in Zukunft als Zeit- tafeln das historische Erbe auf den Konver- sionsflächen illustrieren sollen. MÆMORIES macht die Geschichte der Amerikaner in Mannheim Geschichte informieren. Mit MÆMORIES erhält das bewährte Konversion – die Entwicklung der frei ge- erlebbar. Sie beendeten militärisch die nationalsozialistische Dik- Informationssystem gewissermaßen einen „kleinen Bruder“, der wordenen Areale zu städtischen Quartie- An dieser Stelle möchten wir uns auch tatur, wurden aber als Befreier damals allein von den Verfolgten auf der Konversionsfläche über 66 Jahre der amerikanischen Prä- ren und Flächen – zu steuern, gründet die bei allen bedanken, die das MÆMORIES- des NS-Regimes wahrgenommen. Für die Mehrheit der Einwoh- senz in Mannheim erzählt. Stadt eine eigene Gesellschaft, die heu- Projekt unterstützen, insbesondere dem nerschaft Mannheims waren die Amerikaner Besatzer und für tige MWSP. Dabei ist es von Anfang an MARCHIVUM, Prof. Dr. Christian Führer, die Zerstörung ihrer Stadt durch die Luftangriffe verantwortlich. Mit dem House of MÆMORIES erhält das Projekt zudem einen der Auftrag, die Flächen nicht nur zu er- der mit seinem Band „Memories of Mann- Dass die USA zum Garanten einer demokratischen Entwicklung festen Ort. Die ehemalige Vorschule auf FRANKLIN wird eine werben, zu entwickeln und zu vermarkten, heim. Die Amerikaner in der Quadrate wurden, in der Freiheits- und Menschenrechte wieder ihren Platz Ausstellung zur deutsch-amerikanischen Geschichte beherber- sondern über infrastrukturelle und bauli- stadt seit 1945“ das grundlegende Werk einnehmen konnten, und über ihre Präsenz den Frieden in West- gen. Bei der Konzeption und Realisierung arbeiten MARCHIVUM, che Maßnahmen hinaus ein gutes Zusam- zum Thema vorgelegt hat, sowie den zahl- deutschland sicherten, wurde erst allmählich wahrgenommen MWSP und die beauftragten Agenturen eng und vertrauensvoll menleben in den neu entstehenden Quar- losen Institutionen, Vereinen, Initiativen und wertgeschätzt. Es gehört zu den glückhaften Entwicklung zusammen. Das House of MÆMORIES wird damit auch die stadt- tieren zu initiieren und Impulse für eine und Privatpersonen, die mit ihrem Enga- en der deutschen Nachkriegsgeschichte, dass aus Verbündeten geschichtliche Ausstellung im MARCHIVUM ergänzen, die im erfolgreiche Stadtentwicklung zu setzen. gement dazu beitragen, das historische Freunde und Partner wurden, die für einen gemeinsamen Werte- Herbst 2021 eröffnet wird. Erbe der US-Garnison in Mannheim zu kodex eintreten. Ein spezifisches Merkmal dieser Stadt- erhalten und für die Zukunft zu nutzen. Wir freuen uns auf die weitere Zusammenarbeit mit allen Part- entwicklung ist ihre historische Kompo- MÆMORIES erzählt diese große Geschichte der deutsch-ame- nern und hoffen, dass MÆMORIES viel Zuspruch vor Ort wie nente: Die Geschichte der Flächen als rikanischen Beziehungen im Kleinen. Vom Einmarsch der 7. US auch bei den Gästen unserer Stadt finden wird. Standorte der US-Garnison soll mit der Army im März 1945 bis zum 31. Mai 2011, als die Flagge der US- Zukunft der Flächen als neue Quartiere Garnison Mannheim in der Sports Arena des Benjamin Franklin verknüpft werden. Vergangenheit und Village in einem kurzen Zeremoniell eingeholt wurde. An ver- Zukunft sollen aufeinander verweisen. schiedenen Orten auf den Konversionsflächen sollen Aspekte Dieser historische Aspekt drückt sich Karl-Heinz Frings Achim Judt des Alltags der 500.000 Amerikaner dargestellt werden, die bis Prof. Dr. Ulrich Nieß nicht nur im Erhalt zahlreicher Gebäude Geschäftsführung Geschäftsführung 2011 in Mannheim stationiert waren. Der „American way of life“ Direktor MARCHIVUM auf den Konversionsflächen sowie in der GBG-Gruppe MWSP
06 EINFÜHRUNG 07 M ÆMORIES MÆMORIES – ein Erbe mit Zukunft DA S Z E IT Z EUG E N - PROJE K T F Persönliche Erinnerungen und Berichte von Zeitzeugen spielen eine zentrale Rolle, wenn es darum geht, die Geschichte der Amerikaner in Mannheim zu erzählen. ast 70 Jahre lang – von der Befreiung Mann- Für das MÆMORIES-Zeitzeugenprojekt wurden ins- heims im März 1945 bis zum endgültigen gesamt acht Menschen filmisch porträtiert, die auf einem Rundgang über den jeweiligen Standort über ihre Abzug aller amerikanischen Soldaten aus damalige Arbeit, über Erlebnisse, Erfahrungen und Er- Mannheim im Jahr 2015 – war die „U.S. Army Garrison innerungen berichten. Und zwar aus ganz unterschied- Mannheim“ ein fester Bestandteil der Quadratestadt. lichen Perspektiven – vom Sanitäter bis zum General a. D., von Zivilangestellten bis zu Vietnamkriegsvetera- Mehr als 500.000 Amerikaner kamen in dieser Zeit in nen. Entstanden sind vier eindrucksvolle Filmdokumen- die Stadt, um hier ihren Dienst zu tun, hier zu leben te, die den Alltag, die besonderen Herausforderungen, und zu arbeiten – Menschen mit ihren Geschichten, die schönen und auch die schwierigen Momente in der US-Garnison in Mannheim lebendig werden lassen. ihrer Kultur und ihren Traditionen. In Zahlen lässt sich dieses Kapitel der Stadtgeschichte deshalb auch kaum bemessen. Für viele Mannheimer gehörten „die Amis“, wie sie oft genannt wurden, ganz selbstver- ständlich zum Stadtbild, ganz gleich, wie eng die Ver- und zu vermarkten, sondern auch zukunftsweisende Lebendige Erinnerung – die Ausstellung im vormaligen ZEITSTROM-Haus, jetzt House of MÆMORIES. bindung des Einzelnen zu den Streitkräften der Sie- Stadtentwicklungskonzepte für ein gemeinschaftli- germacht war: Viele nahmen sie nur im alltäglichen ches Zusammenleben umzusetzen. Leben in der Stadt wahr, andere arbeiteten als Zivil- angestellte auf den Militärflächen, schnupperten auf Von Anfang an war aber auch klar, dass die Geschich- dem Deutsch-Amerikanischen Volksfest US-Lifestyle, te der Flächen bei all diesem Pioniergeist nicht in tanzten im Top Hat Club oder protestierten gegen die Vergessenheit geraten darf. Das historische Erbe der »Hier in Mannheim gab es Soldaten und Familienan- amerikanische Außenpolitik. deutsch-amerikanischen Koexistenz soll nicht nur be- gehörige und sowohl deutsche als auch amerikanische wahrt werden, sondern vielmehr als lebendige Kraft Mit dem Abzug aller amerikanischen Soldaten aus in den Stadtentwicklungsprozess einfließen. Dieser Zivilangestellte … Wir hatten etwa 25.000 Leute. der Stadt wurden die zentralen Orte dieses ameri- historische Aspekt erschöpft sich nicht im Erhalt von Mannheim war damit eine der größten US-Militärge- kanischen Lebens zu Räumen, die es nun mit neuem Bestandsgebäuden der US-Garnison und in der Na- Leben zu füllen gilt. Im Zuge der Konversion entste- mensgebung von Orten, Straßen und Flächen. Die meinden hier in Deutschland.« hen auf TURLEY, TAYLOR, FRANKLIN und SPINELLI wesentlichen Merkmale des Zusammenlebens von neue Quartiere für die Stadt von morgen. Die MWSP Amerikanern und Deutschen über knapp 70 Jahre — steuert als Tochter der kommunalen Wohnungsbau- hinweg – Offenheit, Vielfalt, Kooperation, aber auch THOMAS C. JONES, GENERAL A.D. gesellschaft GBG diesen Konversionsprozess. Dabei die Vereinbarkeit von Gegensätzen und das Aushal- EHEMALIGER CHEF DER MILITÄRPOLIZEI US-ARMEE EUROPA & war und ist es der explizite Auftrag, die frei geworde- ten von Konflikten – sollen die neuen Quartiere prä- EHEMALIGER STANDORTKOMMANDEUR MANNHEIM nen Flächen nicht nur zu erschließen, zu entwickeln gen, und damit auch das Mannheim von morgen. > DER US-ARMEE EUROPA
08 EINFÜHRUNG 09 > Das ZEITSTROM-Projekt Mit den geplanten Points of MÆMORIES soll es Gestern, heute und morgen zu vereinen, die Geschich- künftig möglich sein, bei einem Spaziergang durch te des Ortes zu bewahren und gleichzeitig das, was die neuen Quartiere die amerikanische Geschichte in entsteht, durch das Vergangene zu bereichern, dar- Mannheim zu erkunden. Zeittafeln erzählen an aus- um geht es beim ZEITSTROM-Projekt. ZEITSTROM gewählten Orten auf den Konversionsflächen die Ge- ist das aktive Geschichtsprojekt der Konversionsflä- schichte der US-Garnison und ihrer zahlreichen Ver- chen, das im Rahmen eines Weißbuchprozesses aus flechtungen in die Stadtgesellschaft. Bei den Points Bürgerideen entstanden ist. Z ahlreiche Institutionen of MÆMORIES handelt es sich um das Angebot, viele und Akteure engagieren sich für das Projekt. ZEIT- kleine lokale Geschichten über die Zeit der Ameri- STROM fußt auf drei Säulen: Unter dem Thema „Na- kaner in Mannheim zu erzählen: „glokal“, das heißt turzeit“ widmet sich eine Säule der prähistorischen die große globale Geschichte, gespiegelt im lokalen Vorgeschichte der Flächen. Die Säule „Demokratie Kontext Mannheims. und Globalisierung“ legt den Fokus auf gegenwärtige Doris Kuhn war von 1994 bis 2013 als Sachbearbei- gesellschaftspolitische Themen sowie auf Lern- und Das Projekt wird durchgängig zweisprachig umge- Larry Scavone war von 1983 bis 2010 unter anderem terin für Versorgungsnachschub bei der US Army Bildungsangebote im Rahmen demokratischer Erzie- setzt. Perspektivisch soll die Trägerschaft für das als Baudezernent des Militärstandorts Mannheim angestellt und arbeitete in den Spinelli Barracks. hung. MÆMORIES ist schließlich die dritte Säule von Projekt MÆMORIES auf das MARCHIVUM überge- in den Taylor Barracks stationiert. ZEITSTROM. Sie wird seit 2018 durch die MWSP ge- hen, das schon von Beginn an zentraler Kooperations- „Ich habe von November 1994 bis Juli 2013 auf Spinelli steuert und setzt sich mit der US-Geschichte der ehe- partner der MWSP bei der Umsetzung des Projekts „Jede Fläche hatte ihre Kirche. Benjamin Franklin Villa- gearbeitet und war beim Nachschub für die Truppen maligen Militärflächen sowie dem ü bergeordneten ist. Doch ganz gleich welche Institution federführend ge und Sullivan zum Beispiel waren zwar direkt mitein- tätig, die in Mannheim stationiert waren. […] Meine Thema „Amerikaner in Mannheim“ auseinander. ist, essenziell für MÆMORIES ist, dass das Projekt mit ander verbunden, aber hatten trotzdem zwei separate Aufgabe war es, das Computersystem über das Bu- Leben erfüllt wird, dass möglichst viele Institutionen, Kirchen. Die Kirche im Benjamin Franklin Village war chungsverfahren am Laufen zu halten. Ich war System MÆMORIES – Initiativen und auch Privatpersonen dazu beitragen – vor allem für die Familien der Soldaten. Diejenige auf Administrator und Supply Technician, also Nachschub- Amerikanische Geschichte in Mannheim sei es durch persönliche Erinnerungen, das Aufzeich- Sullivan war für die Soldaten, die in den Sullivan Bar- Expertin. Bei uns wurde nachgeschoben – von A wie Auf allen Konversionsflächen wurden besondere nen von Zeitzeugenberichten oder das Sammeln und racks stationiert waren und dort lebten. Generell gab Aschenbecher bis Z wie Zahnbürste: Panzer, Waffen, historische Gebäude und Relikte aus der Zeit der Bewahren von Fund- und Erinnerungsstücken. Denn es an jedem US-Army-Standort in Deutschland, an dem Toilettenpapier, Schreibpapier, Kugelschreiber, Uni- Amerikaner in Mannheim erhalten, sei es das cha- nur so entstehen echte und lebendige MÆMORIES. Soldaten lebten, eine Militärkirche, zumindest eine formen, Stiefel, Lebensmittel für die Soldaten, Zelte, rakteristische Eingangsensemble an der Toreinfahrt kleine. Deshalb gibt es auch einen sogenannten Chap- Schlafsäcke, Ersatzteile, Farben, Lacke, Holz, Baustoffe, nach TURLEY oder auch die ehemalige Sports Are- lains Corps. Er besteht aus Offizieren in Uniform, die Stacheldraht, Munition. na auf FRANKLIN. Vieles musste allerdings im Zuge Pfarrer sind oder ein sonstiges kirchliches Amt inneha- der Flächenentwicklungen auch weichen. Im House ben. Der Grund dafür ist, dass die Chaplains im Krieg, Die Army stellt Zivilangestellte ein, da die Soldaten bei of MÆMORIES – vormals ZEITSTROM-Haus – in der im Kriegsfall, mit den Soldaten an die Front gehen. der US-Armee grundsätzlich nur militärischen Aufgaben ehemaligen Vorschule auf FRANKLIN werden jedoch nachgehen. Bei uns haben zwar Soldaten mitgearbeitet, auch die Orte, die nicht mehr unmittelbar erhalten Taylor Barracks war, wie die anderen Standorte auch, aber wenn sie ins Manöver sind oder im Krisenfall nicht sind, bewahrt bleiben – sei es durch Erinnerungsstü- ein Militärgelände. Es wurde bewacht. Es gab einen mehr da gewesen wären, musste die Versorgung trotz- cke, die dort ausgestellt werden, oder durch Erinne- Zaun rund um das Gelände. Und es war nicht öffent- dem gewährleistet sein. Aus diesem Grund beschäftigte rungen und Berichte von Zeitzeugen. lich zugänglich. Was drinnen auf dem Militärgelände die Army Zivilangestellte. Meine Vorgesetzten waren vorging, war Sache des Militärs. Im Mannheimer Mor- auch Zivilangestellte, wobei aber der Vorgesetzte mei- Der Projektname MÆMORIES und das neu entwi- »Es gibt viele Freunde, gen konnte man deshalb nicht lesen, was auf Taylor ner Vorgesetzten immer ein Militär war. ckelte Logo spiegeln die lokale Sichtweise wider – es so passierte. Darüber gab es keine Berichterstattung. geht ganz spezifisch um die Verbindung zwischen die ich beim Albert-Schweitzer- Wenn Freunde dich besuchen wollten, durfte man sie Hier auf Spinelli waren vor allem Lagerhallen und Ab- der Stadt Mannheim und den Amerikanern und die Turnier kennengelernt habe, schon auf die Militärbasis mitbringen. Man meldete stellplätze. In den Achtzigern und Neunzigern war hier Bewahrung der Erinnerungen aus rund 70 Jahren ge- sie schriftlich an und dann durften sie auf das Gelände. alles voll mit Fahrzeugen von der CEGE, der Combat meinsamer Geschichte vor Ort. Anhand zentraler Er- mit denen ich bis heute Man konnte mit ihnen eine Führung machen und ih- Equipment Group Europe. In den Hallen wurde Mate- zählstränge und relevanter Orte auf TURLEY, TAYLOR, Kontakt habe.« nen zeigen, was dort so vorging. Abgesehen davon war rial gelagert für einen Krisenfall, wie den Krieg in Jugo- FRANKLIN und SPINELLI wird künftig die deutsch- es jedoch sehr schwierig für Menschen, die nicht für slawien oder 9/11. Dann ging es hier richtig los: Tag amerikanische Beziehungsgeschichte exemplarisch — die Army arbeiteten, auf das Gelände zu gelangen und und Nacht sind Lastwagen gerollt und haben Material erzählt werden. Dabei geht es darum, Erzählorte STANLEY REAMS sich dort umzusehen. Fotografieren zum Beispiel war gebracht, das dann hier auf Züge oder auf Lkw verla- zu schaffen, also Orte der Begegnung, der Bildung, MILITÄRSANITÄTER, STATIONIERT IN DEN strengstens verboten …“ den und zum Hafen in Rheinau gefahren wurde …“ Unterhaltung und des Austauschs – auf den Konver S ULLIVAN BARRACKS VON 2007–2012, sionsflächen selbst, im House of MÆMORIES und MEDAILLE FÜR DEN DIENST IM KRIEG auch im virtuellen Raum. GEGEN DEN TERROR
10 11 M ÆMORIES Abb. 1: Ein US-Soldat zeigt Zivilisten die Sonderaus gabe des „Stars and Stripes“ zum sowjetischen Einmarsch in Berlin. SIEGER FREUNDE Kapitulation am Telefon – die Befreiung Mannheims im März 1945 PARTNER I m Frühjahr 1945 ist der Krieg für Deutschland verloren, doch das NS-Regime befiehlt den Kampf um jeden Meter Boden. Vor allem die Zivilisten in den Großstädten müssen fürchten, in die Kämpfe hineingezogen zu werden. Auch Mannheim gerät bald in den Fokus der von Westen ins Reichsgebiet vorrückenden TO D E IN E S G E N E R AL S Am 9. Dezember 1945, dem planmäßig letz- ten Tag vor seiner Rückkehr in die USA, kehrt US-Truppen. George S. Patton, einer der prominentesten und umstrittensten US-Generäle des Zwei- Von Siegern zu Partnern – nach den Luftan Am 17. März 1945 lässt der amerikanische Oberbefehlshaber und ten Weltkriegs, von der Fasanenjagd zurück spätere Präsident Dwight D. Eisenhower Flugblätter über der und möchte einen kurzen Abstecher nach griffen und den dramatischen Tagen des Ein- Rhein-Neckar-Region abwerfen, die vor einem unerbittlichen Mannheim machen. Auf der Käfertaler Stra- Bombardement durch die Alliierten warnen. In der Nacht des ße, Höhe Dudenstraße und damit nur zwei marschs in Mannheim ist die Bevölkerung den 25. März 1945 beginnt schließlich der Angriff auf Mannheim, zu- Blöcke von den Turley Barracks entfernt, nächst in den Außenbezirken. Während die Amerikaner die Stadt kollidiert sein Cadillac mit einem Truck der US-Truppen gegenüber zunächst misstrauisch. mit massivem Artillerieeinsatz sturmreif schießen, sorgt der er- US Army, der Pattons Wagen die Vorfahrt bitterte Widerstand einzelner Wehrmachtseinheiten vor allem nimmt. Beide Fahrer und Pattons Begleiter Doch der private Umgang zerstreut die Be- für zivile Opfer. Doch bald setzen sich die überlegenen amerika- bleiben unverletzt – doch der General selbst nischen Kräfte durch und erobern große Teile der Stadt. wird gegen die Glastrennwand im Auto ge- denken – die Besatzer werden bald als Verbün- schleudert. Patton hat eine klaffende Kopf- Am 29. März kurz nach 10 Uhr morgens kapituliert der Leiter der wunde und kann sich nicht mehr bewegen, dete und später als Freunde im Kalten Krieg Mannheimer Elektrizitätswerke, Peter Nikolaus Quintus, stellver- ist aber ansprechbar. Nach seiner Einliefe- tretend für die Mannheimer Bevölkerung – während alle anderen rung ins Heidelberger Militärkrankenhaus verstanden. Die USA sind Vorbild eines neuen, Verantwortlichen der Stadtverwaltung schon aus der Stadt ge- verschlechtert sich sein Zustand massiv. Sei- flohen sind. Die telefonische Verbindung zu Quintus hatte die ne vom Unfallort herbeigebrachten Sachen demokratischen Deutschlands, die Besatzungs- Telefonistin Gretje Ahlrichs aus dem Büro der Stadtwerke in K 5 lehnte er ab, mit den Worten „Ich werde das hergestellt. Als die Amerikaner über den Neckar zum Stadtzent- nicht mehr brauchen“. Am 21. Dezember 1945 truppen vor Ort Helfer beim Neuanfang. Durch rum übersetzen, werden sie von Mannheimern friedlich und mit stirbt er in Heidelberg. Auf seinen Wunsch Blumen empfangen. Mannheim gilt als die erste Stadt, die per hin wird Patton bei gefallenen Soldaten der die politischen Entwicklungen werden die USA Telefon kapituliert hatte. von ihm befehligten Third Army auf dem amerikanischen Militärfriedhof im luxembur- schließlich zum Partner auf Augenhöhe, der gischen Hamm bestattet. POINT OF MÆMORIES 19 POINT OF MÆMORIES 10 auch über Kritik und Protest nicht erhaben ist. Die Befreiung Mannheims FRANKLIN (Karte Seite 42/43) Unfalltod von General Patton TURLEY (Karte Seite 40/41)
12 SIEGER – FREUNDE – PARTNER 13 M ÆMORIES Abb. 4: „Taco Bell Express“- Restaurant in Mannheim, Benjamin Franklin Village. Verbotene Liebe – Coca-Cola & Rock’n’Roll – Mabel Grammer und der der „American way of life“ Abb. 2: Familienbild mit Mabel und Oscar Grammer. „Brown Baby Plan“ kommt nach Mannheim „All German D ie direkte Begegnung mit dem vormali- gen Kriegsgegner bringt ab 1945 für bei- de Seiten große Herausforderungen mit sich. Im Alltag ist sie jedoch meistens von Mensch- lichkeit geprägt. Der Umgang mit den „Mischlings- Mabel Grammer, die als afroamerikanische Offiziers- N achdem die harten und entbehrungsreichen Jahre unmittelbar nach dem Krieg überstanden sind, setzt in Deutschland ein tiefgreifender Wandel in Sachen kindern“, wie sie seinerzeit oft genannt werden, illus- gattin mit ihrem Mann Oscar seit 1951 in Mannheim Konsum und Kultur ein. Chewinggum und Coca-Cola, Rock’n’Roll cafés, bars and triert die teilweise paradoxen Spannungsfelder von lebt, wird auf das Problem aufmerksam. Sie möchte und Hollywood, Haartolle und Petticoat, James Dean und Elvis hostels in the Moral und Rassismus in beiden Gesellschaften. selbst ein Kind adoptieren und besucht deshalb das Presley – der „American way of life“ wird zum neuen Leitbild in Parfüm oder Alkohol von den US-Basen, sind bei den deutschen French zone of St.-Joseph-Kinderheim in Mannheim-Käfertal, wo sie Konsum, Musik und Mode. Einen wesentlichen Anteil daran hat Zivilisten als Bezahlung gern gesehen. So gern, dass die Mili- Germany are off So gilt zu Beginn der US-Besatzungszeit ein Frater- sofort von mehreren dunkelhäutigen Kindern um- die Jugendkultur, die sich von den alten Traditionen abgrenzen tärverwaltung bald strenge Regeln erlässt, um Schwarzmarkt- limits to all U.S. nisierungsverbot, das den G.I.s untersagt, mit den ringt wird. Mabel Grammer und ihr Mann adoptie- will und deshalb neue Vorbilder sucht und findet. geschäfte zu unterbinden. Frau Schmidt wird schon bald regel- and allied mili- Deutschen in freundschaftlichen Kontakt zu tre- ren während ihrer Zeit in Deutschland zwölf solcher mäßig auf ihrem Heimweg von Militärpolizisten angehalten und ten. Doch diese Anweisung wird in der Realität oft Besatzungskinder. Beide rufen zusätzlich den „Brown In den 1950er-Jahren ist das gegenseitige Misstrauen der Nach- durchsucht. Unter Androhung von schweren Geldstrafen ist es tary and civilian ignoriert: Soldaten tätscheln Kinderköpfe, verteilen Baby Plan“ ins Leben, der Kinder an afroamerikani- kriegsjahre in Mannheim verschwunden, die Besatzer werden nun verboten, US-Güter von der Basis mitzunehmen.02 personnel.“ Kaugummi – und bandeln mit deutschen Frauen an. sche Adoptiveltern in den USA vermittelt. Für ihr heimisch. US-amerikanische Soldaten beschäftigen auch deut- Schätzungen zufolge gehen in Deutschland 400.000 Engagement werden die Grammers, selbst praktizie- sche Zivilisten – wie etwa die Mutter von Ute Schmidt, die, wie Diese Maßnahmen können aber nicht verhindern, dass die Be- Kinder aus Beziehungen zwischen Besatzern und rende Katholiken, im Jahr 1968 mit einem päpstlichen viele andere Frauen ihrer Generation, nach dem Krieg den Unter- geisterung für US-Produkte weiter wächst. Wer Kontakte zu Abb. 3: Hinweisschild Deutschen hervor. Allein in Mannheim werden zwi- Orden und einer Verdienstmedaille geehrt. halt ihrer Familie bestreiten muss und deshalb als Haushaltshilfe Amerikanern hat, findet auch Wege, um sich zumindest einen zum Fraternisierungs- schen 1946 und 1959 2.183 Kinder geboren, deren im Benjamin Franklin Village arbeitet.01 bescheidenen Anteil an der neuen Konsumwelt zu sichern. Und verbot an der Rhein- brücke, 1949. Väter Angehörige der US Army sind. Viele der Vä- die begeistertsten Abnehmer finden sich in der jüngeren Gene- ter wissen von ihren Kindern nichts oder erkennen POINT OF MÆMORIES 12 Mit den neuen Kontakten ergibt sich bald auch ein neuer Aus- ration – wie Frau Schmidts Tochter Ute, die sich auch Jahrzehnte Mabel Grammer diese nicht an. Die Mütter schämen sich häufig und FRANKLIN (Karte Seite 42/43) tausch zwischen Mannheimern und Amerikanern. Sinnbild hier- später noch genau erinnert: „Die erste Leviʼs, da war ich so sechs werden als „Ami-Liebchen“ beschimpft. Zusätzlichen für ist die „PX“, die nach 1957 als Post Exchange Store in unmit- Jahre alt. Da war man stolz wie Bolle, das war was ganz Tolles, ne Vorurteilen sehen sich die 539 Besatzungskinder mit telbarer Nähe der Columbus Street im Benjamin Franklin Village Leviʼs zu tragen.“03 afroamerikanischer Abstammung ausgesetzt. Man- errichtet wurde. Zutrittsberechtigt waren nur Angehörige und che der Kinder landen in Mannheimer Heimen, weil Bedienstete der US-Armee. Wer als Mannheimer aber über ent- POINT OF MÆMORIES 24 ihre Mütter von der Familie oder den Behörden dazu sprechende Kontakte verfügte, konnte sich durchaus die begehr- Post Exchange genötigt werden, diese abzugeben. ten US-Produkte beschaffen. Lebensmittel, aber auch Zigaretten, FRANKLIN (Karte Seite 42/43)
14 SIEGER – FREUNDE – PARTNER M ÆMORIES 9/11 und die Folgen – Proteste gegen den „War on terror“ Kenneth Henry ist Präsident des ACE Member D Club. er 11. September 2001 ist in Mannheim ein sonniger Spät- sommertag, als am frühen Nachmittag unvorstellbare Bilder VIER FR AGEN AN: aus New York auch Deutschland erreichen: Zwei von Al-Qai- KENNETH HENRY da-Terroristen gekaperte Passagierflugzeuge fliegen in die Twin Towers — Abb. 5: Frieden & Arbeit – des World Trade Center. Fast 3.000 Menschen sterben in den Trümmern Plakat für den Ostermarsch 1984. sowie bei zwei weiteren Terror-Attacken am selben Tag. Die Welt ist ge- Mr. Henry, was ist der ACE Member Club? Abb. 6: Teilnehmer des Ostermarschs 1984 schockt, die US-Garnisonen weltweit werden in höchste Alarmbereit- Wir haben den ACE Member Club im April 2016 vor der Spinelli-Kaserne in Feudenheim. schaft versetzt. gegründet – als social club für Ex-Soldaten und ihre Angehörigen. Ich hatte seinerzeit zwar noch Zeigt sich die Mannheimer Bevölkerung in den Tagen unmittelbar nach Kontakte zu einzelnen Kameraden von damals, Konflikte unter Partnern – den Anschlägen noch solidarisch mit den USA, wird diese Solidarität aber mittelfristig von einer Protesthaltung abgelöst, als die US-Regierung als Reaktion ihren „War on terror“ beginnt – zunächst gegen das Taliban-Re- aber nur sporadisch. Deshalb kam ich auf die Idee, regelmäßige Treffen mit anderen Army-Veteranen zu organisieren. Zu unserem Gründungstreffen die Sitzblockade der Spinelli-Kaserne gime in Afghanistan, ab 2003 auch gegen den von George W. Bush als Teil der „Achse des Bösen“ identifizierten Irak. In Deutschland regt sich breiter Widerstand gegen diesen „Krieg gegen den Terror“: Politiker pro- kamen rund 45 Ex-Soldaten und ihre Partnerin- nen, die fast alle bis heute im Club aktiv sind. beim Ostermarsch 1984 testieren gegen die von der US-Regierung als „Operation Iraqi Freedom“ deklarierte Invasion und in zahlreichen deutschen Städten formieren sich erstmals seit vielen Jahren wieder Friedensmärsche. Wie kamen Sie auf den Namen? Das ACE war eine Kneipe am Rande des Benja min Franklin Village, die zu Army-Zeiten ein Treffpunkt für uns Soldaten war. Wir haben dort Auch in Mannheim gibt es Protestzüge, die neben Gewerkschaften und gemeinsam viel Zeit verbracht und so war es det sie so den breiten gesellschaftlichen Widerstand gegen die politischen Parteien auch Schüler und Studierende mobilisieren. Tausen- naheliegend, die Kneipe als Namenspaten zu N Aufrüstungsspirale des Kalten Krieges ab. de Menschen protestieren in der Innenstadt gegen den Krieg – während nehmen. Über die MWSP haben wir dann Räum- sich wenige Kilometer entfernt US-Truppen in den Mannheimer Kaser- lichkeiten in der ehemaligen Elementary School achdem in den Nachkriegsjahren aus Siegern Freun- Ungeachtet der Proteste stimmt der Deutsche Bundestag am nen bereits auf ihren Einsatz im Irak vorbereiten. auf FRANKLIN zur Zwischennutzung bekommen. de und in der Folge Partner auf Augenhöhe wurden, 22. November 1983 dem NATO-Doppelbeschluss zu – und damit gewinnt auch eine kritische Haltung gegenüber den der Stationierung von 108 amerikanischen Pershing-II-Mittel- Die Ereignisse rund um 9/11 und den „Krieg gegen den Terror“ beleuchten Was ist Sinn und Zweck des Clubs? USA Kontur. Besonders augenfällig wird das an der Friedensbe- streckenraketen in der Bundesrepublik Deutschland. Dieser Be- die Widersprüche und Wandlungen im deutsch-amerikanischen Verhält- Es geht darum, alte Freundschaften zu erhal- wegung in der Bundesrepublik, die an die Kampagnen gegen die schluss führt zu verstärkten Protesten und zu einem weiteren Hö- nis. Während das Mitgefühl am 11. September 2001 die Verbundenheit ten und gleichzeitig das deutsch-amerikanische Aufrüstung in den 1950er- und die Ostermarschbewegung in den hepunkt der Friedensbewegung in Europa: Pünktlich zu Ostern illustriert, die gerade in Mannheim viele Bürger mit den USA empfin- Erbe hier in der Region zu pflegen. Und natürlich 1960er-Jahren anknüpft. Einen Höhepunkt der Bewegung mar- organisieren sich zahlreiche Rüstungsgegner in der gesamten den, zeigen die heftigen Proteste – gerade von Schülern und Studieren- schwelgen wir auch immer wieder in Erinnerun- kiert die Demonstration im Bonner Hofgarten: Mehrere 100.000 Bundesrepublik und rufen zur Teilnahme an Ostermärschen auf. den – nur wenige Jahre später auch die gegenläufige Entwicklung auf: In gen an unsere Army-Zeit (lacht). Menschen folgen 1981 dem bundesweiten Aufruf der Organisa- Im April 1984 demonstrierten auch rund 750 Menschen in Mann- einer Generation, die nach dem Kalten Krieg aufgewachsen ist, gelten toren und fordern internationale Friedenssicherung durch Ab- heim. Unter dem Motto „Frieden und Arbeit für alle“ führt die die Amerikaner nicht mehr als Beschützer, sondern werden mit großer Welche Aktivitäten unternimmt der Club? rüstung und Rüstungskontrolle. friedliche Demonstration vom Neuen Rathaus zur Kundgebung Skepsis betrachtet. Neben unseren monatlichen Treffen unterneh- auf dem Paradeplatz. Am Nachmittag marschieren etwa 100 De- men wir Freizeitaktivitäten – Ausflüge, Barbe- Die Hauptträger der Bewegung, zu denen neben kirchlichen Ver- monstranten weiter nach Feudenheim, wo es zu einer ebenfalls Gerade in den wichtigen Garnisonen der US-Armee wird ein Unterschied cues oder Karaoke-Partys. Unser bislang größtes bänden auch die Grünen sowie verschiedene Gewerkschaftsver- friedlich verlaufenden Sitzblockade der Spinelli-Kaserne kommt. zu früheren Konflikten deutlich: Durch die Reduzierung der Garnisons- Event war eine öffentliche 4th-of-July-Feier für bände und Teile der SPD zählen, fordern die Bundesregierung im größen seit 1990, spätestens aber durch die Abschottung nach den Ter- das Viertel, die neben der ehemaligen Sports „Krefelder Appell“ dazu auf, ihre Zustimmung zur Stationierung roranschlägen 2001, empfinden vor allem Mannheimer Jugendliche keine Arena auf FRANKLIN stattfand. Bei all dem geht amerikanischer Mittelstreckenraketen zurückzuziehen. Auch POINT OF MÆMORIES 35 besondere Verbundenheit mehr zu den Amerikanern – ihre Rolle im All- es uns immer darum, Menschen zusammenzu- Ostermarsch 1984 wenn die Ziele der Bewegung nicht direkt erreicht werden, bil- SPINELLI (Karte Seite 48/49) tagsleben der Stadt ist stark geschwunden. bringen – über alle Grenzen hinweg.
16 17 M ÆMORIES Abb. 7: Fahrzeug der US-Kommission der BESATZUNG Militärregierung vor einem Lager für „Displaced Persons“. HEIMAT ABZUG „Displaced Persons“ – zurück in die Heimat sienstadt gründen mit den wenigen in Mannheim untergetaucht Für die ersten Invasionstruppen sind die F Überlebenden und einigen ‚displaced persons‘ im Oktober 1945 wieder eine jüdische Gemeinde.“ Erfahrungen des Krieges und Berichte über ür die Mannheimer Bevölkerung endet der Zweite Welt- krieg mit dem Einmarsch der US-Truppen, doch in den Logistische und politische Herausforderung Nazi-Verbrechen zunächst Anlass zur Vorsicht Trümmern der Stadt offenbart sich den Amerikanern bald ein Problem, dessen Tragweite erst nach und nach klar wird: Un- Die Problematik ist im Übrigen nicht auf Mannheim oder im Umgang mit dem ehemaligen Kriegsgegner. zählige „Displaced Persons“ befinden sich im befreiten Deutsch- Deutschland beschränkt, sondern wird in ganz Europa nach dem land – größtenteils Zwangsarbeiter, Kriegsgefangene und aus Krieg zu einer logistischen und politischen Herausforderung für Doch schnell entwickelt sich im Alltag eine Konzentrationslagern befreite ausländische Opfer des NS-Re- die Besatzungsmächte. Solange die „Displaced Persons“ sich gimes, die nun weit weg von ihrer Heimat gestrandet sind. Allein noch in Deutschland aufhalten, erleben sie zudem erhebliche neue Wahrnehmung der Mannheimer, die bald in Mannheim leben bei Kriegsende mindestens 20.000 dieser Widrigkeiten. Nicht nur Versorgung und Unterbringung sind pro- „Displaced Persons“, größtenteils osteuropäische Zwangsarbeiter. blematisch, auch die Vorurteile der deutschen Bevölkerung sind zu Nachbarn werden: Mit der Einrichtung einer groß, insbesondere gegen osteuropäische ehemalige Zwangs- Ziel der US-Militärregierung ist es, dem größten Teil dieser Men- arbeiter. Alte Propaganda-Behauptungen, Angst vor Vergeltung langfristigen Präsenz über den Krieg hinaus wird schen die Rückkehr in ihre Heimatländer zu ermöglichen. Doch und der Wunsch zur schnellen Verdrängung dominieren die deut- der logistische Aufwand ist enorm. So richten die US-Verantwort- sche Nachkriegsgesellschaft. Mannheim für die US-Truppen zunehmend zu lichen schon am 30. März, nur vier Tage nach der Einnahme der Stadt, ein Zentrum für „Displaced Persons“ aus ganz Nordbaden Für die Amerikaner bildet der Umgang mit den „Displaced Per- einer neuen Heimat. Soldaten und ihre Familien in der Kaiser-Wilhelm-Kaserne – den späteren Turley Barracks – sons“ auch den Wandel im Verhältnis zu den Deutschen ab: Wo ein, auch um die vereinzelten Plünderungen und Versorgungs- anfänglich Entsetzen über die unmenschliche Behandlung von finden hier ein neues Zuhause – inklusive eines schwierigkeiten in den Griff zu bekommen. In den nächsten Jah- Zwangsarbeitern und Kriegsgefangenen herrscht, sucht man bald ren leert sich das Zentrum nach und nach, teilweise werden bis pragmatische Lösungen für die Situation: Alte Verwaltungsstruk- eigenen Alltags mit kulturellen und sozialen zu 2.000 Personen pro Tag zurück in ihre Heimat geschickt. 1948 turen werden wiederhergestellt und Verantwortung zurück an befinden sich nur noch 960 heimatlose Menschen in der Kaserne. deutsche Behörden übertragen – auch für die „Displaced Per- Angeboten. Nach dem Ende der Sowjetunion sons“, deren Schicksal die Deutschen selbst verursacht hatten. Vereinzelt finden diese Menschen noch in Mannheim Möglich- beginnt schließlich eine lange Phase des schritt- keiten, ihre neuen Freiheiten zu nutzen, wie eine historische POINT OF MÆMORIES 5 Stadttafel in der Grünanlage in F7 in Mannheims Innenstadt do- weisen Abzugs. Displaced Persons kumentiert: „47 Rückkehrer des letzten Transports nach There- TURLEY (Karte Seite 40/41)
BESAT ZUNG – HEIM AT – ABZUG 19 Prof. Dr. Christian Führer ist Nachschub und Logistik – Welcome to the Machine – das 181st Transportation ein Computer sorgt für Autor diverser Publikationen und Aufsätze zur Geschichte der US-Armee DREI FR AGEN AN: in der Region. Battalion in Mannheim reibungslose Logistik PROF. DR . CHRIS TIAN A D FÜHRER — m 28. Januar 1955 ersetzt das 181st Transportation Battalion das er Mannheimer Stadtteil Feu- Abb. 8: 154th Transportation Truck Battalion und bleibt in den Turley denheim gilt als beschauli- Im Depot der Spinelli Herr Prof. Dr. Führer, mit „Memories of Barracks bis zu deren Schließung stationiert. Es ist damit die cher Vorort ohne größere Barracks kommt ein IBM- Mannheim“ haben Sie ein Buch über die einzige US-Einheit, die durchgängig auf Turley stationiert ist. Aufgabe der Industrie. Den Krieg übersteht Feuden- Lochkartenstanzer im Verbund mit der IBM- US-amerikanische Geschichte in Mann- Mannheimer Transporteinheiten ist in den 1950er- und 1960er-Jahren die heim weitestgehend unbeschadet, wes- Buchhaltungsmaschine heim verfasst. Woher kommt die Leiden- Sicherung der Nachschubrouten der US Army in Südwestdeutschland. Im halb in den ersten Nachkriegstagen zahl- zum Einsatz. schaft für dieses Thema? Kriegsfall wäre Mannheim zu diesem Zeitpunkt zum wichtigen Knotenpunkt reiche Gebäude beschlagnahmt und für Das Benjamin Franklin Village hat mich für den Nachschub von den französischen Atlantikhäfen geworden. die US-Truppen genutzt werden. Als in schon als Jugendlicher Anfang der 80er- Deutschland schließlich eine dauerhafte Jahre fasziniert. Bis auf die Kasernen war Die Bedeutung der Logistik ist aber auch in Friedenszeiten erheblich. Ab US-Präsenz etabliert wird, errichten die damals alles frei zugänglich. So wurde es zu 1956 wird das 181st Transportation Battalion zu einem wichtigen Baustein im Amerikaner in direkter Nachbarschaft rie- funden werden: Als Gehirn des Depots Der Einsatz der IBM 407 in der Spinelli-Ka- meiner Passion, diesen Mikrokosmos zu er- „Modern Army Supply System“ (MASS): Ziel ist es, Reparatur- und Ersatzteile sige Depots, in denen sie Ausrüstung und fungiert die Buchhaltungsmaschine IBM serne ist ein gutes Beispiel dafür, wie in- kunden. Es war für mich so, als könne ich in aller Sorten und Größen möglichst schnell zu den Kampfeinheiten zu bringen. schweres Gerät lagern. 407, die letzte und gleichzeitig leistungs- novative Technologien häufig zunächst für eine andere Welt eintauchen. In dieser Zeit sind die Turley Barracks durch ihre günstige Straßenanbindung stärkste rein elektromechanische IBM- militärische Zwecke genutzt werden, um dafür auch bestens geeignet – die wachsende Stadt und der private Autover- Seit Oktober 1949 versorgen die Vereinig- Buchhaltungsmaschine. Nur durch ihre dann auch in der Zivilgesellschaft Einzug Wie das? kehr erschweren allerdings in den folgenden Jahren die Logistik zunehmend. ten Staaten ihre NATO-Verbündeten im Hilfe ist es möglich, den Überblick über zu halten. So entwickelt sich das US-Un- Ich hatte einen Ausweis für die Bücherei, Rahmen des „Mutual Defense Assistance die rund 150.000 Einzelteile zu bewahren, ternehmen IBM in den 1950er-Jahren zum habe Freundschaften geknüpft, später war Mit dem Rückzug Frankreichs aus der NATO-Kommandostruktur 1966 fallen Program“ (MDAP) von hier aus außerdem die im Depot der Spinelli Barracks lagern. weltweit führenden Computerhersteller. ich ehrenamtlich in der Truppenbetreuungs- zudem etablierte Nachschubrouten weg. Nach der Verlegung der Routen mit militärischen Gütern, die sie selbst Bedient wird diese Rechenmaschine häu- organisation USO als Ü bersetzer tätig, en- nach Belgien und in die Niederlande wird der Nachschub über den Rhein- nicht mehr benötigen. Die Güter werden fig von den Soldatinnen des Women’s gagierte mich in der Kirche und organisierte hafen Mannheims abgewickelt. Mannheim wird durch seinen Binnenhafen nach Mannheim transportiert, an Ort Army Corps. POINT OF MÆMORIES 33 Logistik-Depot auch Ausflüge für Amerikaner. zum wichtigsten Umschlagplatz in Süddeutschland. und Stelle überholt und nach der Regis- SPINELLI (Karte Seite 48/49) trierung an die MDAP-Empfängerländer Das Buch haben Sie in Ihrer Freizeit ge- Wichtigste Aufgabe der Mannheimer Garnison bleibt dabei die Vorbereitung weitergeleitet. In den frühen 1950er-Jah- schrieben. War das nicht sehr aufwendig? auf mögliche Konflikte mit den Staaten des Warschauer Pakts. Nach dem ren wird das Depot vom 7849th Ordnance Allerdings, aber es hat mir auch viel Freude Ende des Kalten Krieges wird das 181st Transportation Battalion zunehmend Stock Control Center verwaltet, das für DIE IB M 407 bereitet. Mit meiner Recherche habe ich im auch in globalen Konflikten der USA eingesetzt: Teile der Einheit nehmen alle Waffenlieferungen – mit Ausnahme Stadtarchiv begonnen, wo man mich nach 1990 an den Operationen Desert Shield und Desert Storm im Irak teil. Auch von Munition – an die US-Armee in Euro- wurde 1949 eingeführt und war die letzte der rein elektromechanischen Kräften unterstützt hat. Allerdings war mir bei der Friedenstruppe IFOR in Bosnien-Herzegowina kommt das Transpor- pa und Teile der Lieferungen an die US- Buchhaltungsmaschinen von IBM. Auf Basis von Daten, die über Loch- die US-Perspektive wichtig und so habe ich tation Battalion zum Einsatz, wofür die Einheit einen „Army Superior Unit Luftwaffe in Europa zuständig ist. karten eingelesen wurden, erstellte die Maschine automatisch Berichte weitergesucht, im Netz Ehemaligen-Ver- Award“ erhält. Zuletzt zeichnet sich das Bataillon während der Operation und Belege, die über einen integrierten Drucker ausgegeben wurden. Mit einigungen ausfindig gemacht, Gästebücher Iraqi Freedom aus, wo es teilweise unter feindlichem Beschuss Nachschub Im Depot lagern – in Hallen oder unter einer Lesegeschwindigkeit von bis zu 150 Zeilen pro Minute gehörte sie zu durchforstet und Kontakte reaktiviert. Im und Treibstoff direkt an die Front liefert. 2007 wird die Einheit schließlich freiem Himmel – unterschiedlichste Gü- den leistungsstärksten Rechnern ihrer Zeit. Die Programmierung erfolgte Endeffekt haben über 300 Leute ihre Erinne- außer Dienst gestellt. ter: Panzer, Geschütze, Lastwagen und mittels Kabeln auf einer Stecktafel. Die monatliche Miete für die M aschine rungen mit mir geteilt. Ich war in Kellern, auf Jeeps. Die Verwaltung solcher Mengen betrug 800 bis 920 Dollar. Der Verkauf der IBM 407 wurde erst im Jahr Dachböden, einmal habe ich sogar Unterla- POINT OF MÆMORIES 6 an Material ist eine logistische Heraus- 1976 eingestellt. 181st Transportation Battalion gen aus einem Papiercontainer gerettet. TURLEY (Karte Seite 40/41) forderung, für die moderne Lösungen ge-
BESAT ZUNG – HEIM AT – ABZUG 21 Football, Baseball und Basketball – ein Stück Heimat in Mannheim Sport spielt in der US-amerikanischen Gesellschaft eine zentrale Rolle. Jede High School, jede Universität und fast jede Groß- stadt hat nicht nur in den großen Sportarten ein Team, das maßgeblich die Identität prägt. Für den Zugang zu akademischer Bildung kann sportliches Talent genauso wichtig sein wie akademische Leistungen. Diese zentrale Bedeutung spiegelt sich auch an den Standorten der US-Armee in Deutschland wider, wo schon bald eigene Teams, Wettbewerbe und Events ins Leben gerufen werden, die ein Stück amerikanisches Alltagsleben in die Garnisonen bringen. Gleichzeitig begeistern sich auch immer mehr Deutsche für die Sportarten der „Besatzer“. So entwickelt sich Mannheim seit den 1960er-Jahren mit den VfR-Amigos und den Mannheim Tornados zu einem der wichtigsten Baseball-Standorte in Europa. Abb. 10: Junioren-Teams aus 15 Nationen treten Mannheim vs. beim Albert-Schweitzer- Turnier 1985 an. Heidelberg – Football-Derbys Abb. 9: Der Catcher der Mannheim Tornados (Mitte) bei einem Baseball-Match. zwischen den Tornados über Mannheim – Garnisonen das afroamerikanische Baseballteam gewinnt 1949 die G.I. World Series Mit dem Wachstum der Garnisonen in Deutschland und Mannheim ab 1950 er- Das Neuostheimer Rhein-Neckar-Sta- portation Truck Battalion, das auf Turley leben auch Sportmannschaften regen dion ist in den Nachkriegsjahren Schau- stationiert ist. Die Mannschaft gewinnt Zulauf und Sportligen entwickeln sich. platz von Veranstaltungen, die den mehrere Titel in der Garnison und feiert Von Mannheim Albert-Schweitzer-Turnier – Bei den internen Football-Turnieren der Mannheimern seltsam erscheinen müs- 1949 sogar den Sieg bei der „G.I. World Se- in die Hall of Fame US-Streitkräfte vertreten die Teams das sen: Wo vorher nur Fußball gespielt wurde, ries“. Die Tornados sind damit die erfolg- die Weltstars von morgen Ansehen ihrer Garnison. werden nun „Bases“ eingegraben und mit reichste Mannheimer Baseball-Mannschaft Ein prominenter Sportler, der schweren Schlägern Bälle durch die Luft ge- der Nachkriegszeit. als Schüler an der Mannheim Vom 4. bis zum 7. Dezember 1958 findet in Mannheim erstmalig das Albert- Schnell entwickeln sich so auch Rivalitä- schmettert: Baseball ist „America’s Favor- American High School (MAHS) Schweitzer-Turnier statt – mit zwölf Mannschafen aus neun Nationen. ten zwischen verschiedenen Mannschaf- ite Pasttime“ und auch bei den US-Soldaten Der Erfolg der „Tornados“ verweist aber bei den Mannheim Bisons sei- Das Basketball-Nachwuchsturnier, dessen Auftakt der Fotograf Hans-Joachim ten. In Mannheim ist es die Garnison im erfreut sich der Sport großer Beliebtheit. auch auf die dunkle Geschichte der Rassen- ne Karriere begann, ist Michael Babies und der deutsche Basketball-Pionier Hermann Niebuhr initiiert ha- benachbarten Heidelberg, die durch die trennung. Das US-Militär ist zu dieser Zeit Strahan. Der Football-Spieler ben, wird zu einer Erfolgsgeschichte: Ab 1965 findet das Turnier alle zwei kurze Distanz zum wichtigsten sportli- Die sportlichen Wettkämpfe werden zum weiterhin streng segregiert, die „Tornados“ wurde 1971 in Texas geboren Jahre statt und gilt bis heute als inoffizielle U18-Weltmeisterschaft. Späte- chen Rivalen wird. Die Derbys zwischen wichtigen Freizeitspektakel in der Garni- eine rein afroamerikanische Einheit und und zog im Alter von neun re Weltstars wie Dirk Nowitzki, „Magic“ Johnson, Tim Duncan, Tony Parker, beiden Städten werden zum Publikums- son, Militärkapellen unterhalten die oft Mannschaft. Ihr Erfolg im Wettkampf mit Jahren als Sohn eines Soldaten Vince Carter, Carlos Boozer und Pau Gasol nehmen als junge Talente daran magneten und Fixpunkt des Garnisons mehr als 5.000 Besucher. Hochrangige „weißen“ Mannschaften und ihre Beliebt- ins Benjamin Franklin Village. teil. Austragungsort ist zunächst die 1954 errichtete Sports-Arena im Ben- lebens – und ziehen sogar hochrangige US-Generäle sind genauso dabei wie neu- heit beim Publikum stehen aber auch für 1993 wurde er vom NFL-Team jamin Franklin Village, die bis zur Schließung der Mannheimer Garnison als Offiziere in ihren Bann. Austragungsort gierige Mannheimer Jugendliche, die zum ein gewachsenes Selbstbewusstsein und der New York Giants gedraf- Sport- und Basketballhalle genutzt wird. Nach dem Abzug wird das Albert- vieler Spiele ist das Woods Memorial ersten Mal mit der „neuen“ Sportart in Be- die zunehmende Anerkennung der Erfolge tet, mit denen er in der Saison Schweitzer-Turnier in städtische Sporthallen, wie die heutige GBG-Halle am Stadium, das 1954 im Benjamin Franklin rührung kommen. von Afroamerikanern. 2007/08 die Super Bowl ge- Herzogenriedpark, verlegt. Village errichtet wird. wann. 2014 wurde er in die Pro In Mannheim tut sich vor allem eine Mann- Football Hall of Fame aufge- POINT OF MÆMORIES 3 POINT OF MÆMORIES 25 POINT OF MÆMORIES 21 schaft hervor: die „6th TT Tornados“, das nommen. Woods Memorial Stadium Baseball G.I. World Series 1949 Albert-Schweitzer-Turnier Team des afroamerikanischen 6th Trans- TURLEY (Karte Seite 40/41) FRANKLIN (Karte Seite 42/43) FRANKLIN (Karte Seite 42/43)
22 BESAT ZUNG – HEIM AT – ABZUG 23 M ÆMORIES Taylor Chapel, hinzu. Die Kasernengebäu- de der namensgebenden Taylor Barracks wurden dabei bereits 1940 von der Wehr- macht errichtet, die das Gelände von der Stadt Mannheim erworben hatte. Die Scheinwerfer-Kaserne/Flakkaserne III der Wehrmacht wird 1945, nach der Be- freiung Mannheims, in Taylor Barracks umbenannt und dient als Basis für Pionier- und Nachschubeinheiten sowie Militär- Kapellen, Kirchen und polizei und Instandsetzungsbetriebe. Die Taylor Chapel wird von Anfang an multi- konfessionell genutzt. In den 1980er-Jah- Gemeinden – Orte des ren entsteht und wächst die muslimische Gemeinde der Mannheimer Garnison, die die Soldatenkirche ebenfalls als Gottes- Glaubens für die US-Armee haus nutzt. Überkonfessionelle Gemeinde Religiöse Gemeinschaft hat für viele Amerikaner einen hohen Stellenwert Die Benjamin Franklin Village Chapel ist im Alltag. Für viele US-Amerikaner in Mannheim war die Möglichkeit, sich in einer Gemeinde zusammenzufinden, ein wichtiger Bestandteil des schließlich der letzte und größte Sakral- Alltags und ein gutes Mittel gegen Heimweh. Entsprechend vielfältig war bau der Mannheimer Garnison. Der Bau während der Besatzungszeit auch das Angebot an religiösen Gemeinden einer Kirche ist von Anfang an ein fester Abb. 12: Einweihung der und Aktivitäten. Die Geschichte der US-Armee in Mannheim lässt sich damit Bestandteil der Planung des Benjamin Benjamin Franklin Village auch anhand ihrer religiösen Häuser erzählen. (BFV) Chapel, 1955. Franklin Village als Siedlung für Armee- Angehörige und deren Familien. Das Ge- bäude, so der Wunsch der Verantwortli- chen, soll dabei nicht nur als Militärkirche 6th TT Chapel – die erste Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges dienen, sondern vor allem auch für die Fa- Kirche der US-Armee in Mannheim suchen die Soldaten nach dauerhaften Lö- milien der Soldaten zur Verfügung stehen. sungen. Deutsche Kirchen und Gemein- Nach Ende der Kampfhandlungen im März deräume dienen zwar weiter der Andacht, Nach dem Entwurf des Mannheimer Ar- 1945 verbleibt ein Kontingent an US-Sol- doch mit der 6th TT Chapel, die in einem chitekten Emil Serini entsteht so um das daten in Mannheim, um die Stadt bis zum Bestandsgebäude auf dem Gelände der Jahr 1955 eine „Standard Church“ mit 350 Kriegsende zu sichern, während der Groß- Turley Barracks untergebracht ist, ent- Sitzplätzen. Um den zahlreichen Kon- teil der US-Truppen nach Süden weiter- steht erstmals eine US-Army-Kirche in fessionen Rechnung zu tragen, werden zieht. Am 1. April 1945, also weniger als Mannheim. Bis zur Errichtung der Sulli- in Details besondere Vorkehrungen ge- eine Woche nach der Befreiung Mann- Abb. 13: Einweihung der über van Chapel (1950/51) und der BFV Chapel troffen: Das Kreuz in der Chorapsis ist konfessionellen Kapelle Benjamin heims, feiern die verbliebenen Truppen (1955) bleibt die 6th TT Chapel die einzige so ausgeführt, dass es gedreht werden Franklin Village, 1955. in den Ruinen der zerstörten Stadt das amerikanische Kirche auf dem Garnisons- kann und damit, je nach Ritus, schlichter Osterfest. Chaplains, Feldgeistliche der gelände in Mannheim. oder reicher verziert von den Gläubigen US Army, halten Andachten in Kirchen, gesehen wird – oder für nicht-christliche Scheunen, Fabriken oder unter freiem Weitere Meilensteine – Gottesdienste ganz abmontiert werden Himmel. Ein Soldat erinnert sich an die Sullivan und Taylor Chapel kann. Die Kapelle dient während ihres ungewöhnlichen Szenen bei einem sol- Bestehens für Gottesdienste unterschied- chen improvisierten Gottesdienst: „Es war Während die „6th TT Chapel“ in einem licher Konfessionen und Religionen und irgendwie unheimlich in dem Kirchenge- bestehenden Gebäude auf dem Gelän- wird zu einem Ankerpunkt der Gemeinde Abb. 11: St.-Josef-Kirche, Lindenhof, von der Meerfeldstr. Nr. 11 aus POINT OF MÆMORIES 23 gesehen, 1946. bäude mit dem Loch in der Decke, durch Sullivan Chapel de der Turley Barracks untergebracht ist, in Franklin. FRANKLIN (Karte Seite 42/43) das dunstige Lichtstrahlen einfielen. Wir entsteht im Winter 1950/51 mit der Sulli- legten unsere Gewehre auf den Boden van Chapel der erste originäre Sakralbau POINT OF MÆMORIES 7 POINT OF MÆMORIES 31 POINT OF MÆMORIES 17 6th TT Chapel und nahmen während des Gottesdiens- der US-Armee in Mannheim. Einige Jahre Taylor Chapel Benjamin Franklin Village Chapel TURLEY (Karte Seite 40/41) tes die Helme ab.“01 TAYLOR (Karte Seite 46/47) später kommt die Kapelle auf Taylor, die FRANKLIN (Karte Seite 42/43)
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