Anja S. Frank, Mahnaz Jahangirimehr, Jens Wiese

Die Seite wird erstellt Thorben-Hendrik Behrendt
 
WEITER LESEN
Anja S. Frank, Mahnaz Jahangirimehr, Jens Wiese
Eingereicht im Sommersemester 2009 von
                                Anja S. Frank, Mahnaz Jahangirimehr, Jens Wiese
                     frankanj@hs-furtwangen.de, jahangir@hs-furtwangen.de, wiesejen@hs-furtwangen.de
               Hochschule Furtwangen | Fakultät Digitale Medien | Computer Science in Media

                                 im Rahmen der Veranstaltung Immersive Medien 2
                                  Prof. Daniel Fetzner | Prof. Dr. Bruno Friedmann

                          Abstract                           vorherigen Semester stehen2, gefüllt. Eine Person, in
                                                             diesem Fall abwechselnd eines von drei Gruppenmitglie-
    Die vorliegende Arbeit befasst sich mit dem              dern, greift ohne hinzuschauen in diese Schüssel und
    wahrnehmbaren Unterschied zwischen der                   zieht einen Zettel heraus. Das gezogene Wort wird von
    Verwürfelung von Worten zu einem Zufallsge-              einem weiteren Gruppenmitglied in einen Computer
    dicht durch einen Computer und durch einen               eingegeben. Der Zettel wird anschließend wieder zurück
    Menschen. Dies wird am Beispiel der Installati-          in die Losschüssel geworfen. Dieser Vorgang wird bis
    on turing poet untersucht.                               zum Ende des Gedichtes wiederholt. Dabei achtet die
                                                             Gruppe darauf, dass eine Zeile aus maximal neun Wör-
1 Fragestellung                                              tern und ein Gedicht aus maximal neun Zeilen besteht.
   Die zugrunde liegende Fragestellung zu turing poet        Durch weitere Zeilenende- und Gedichtende-Zettel kön-
lautet: "Gibt es einen für den Menschen wahrnehmbaren        nen einzelne Zeilen sowie das Gedicht auch frühzeitig
Unterschied zwischen computer- und menschgenerier-           beendet werden.
tem Zufall?" Im Folgenden werden Hintergründe, Kon-
zept und Ablauf von turing poet dargelegt und im An-         Beispiel für ein menschgeneriertes Gedicht:
schluss Bezüge zu Turing Test und Chinese Room aufge-
zeigt.                                                       ich Gestalten ich der hier leer ist in der
                                                             hilft die Schatten nur ein auf ist überall nur
                                                             hier Dunkelheit keiner wer will Dunkle
2 Zufall                                                     wie die suche laufe überall
                                                             ich
   Die Komponente Zufall muss in diesem Kontext aus
zwei verschiedenen Perspektiven betrachtet werden. Das       2.2 Zufall im Computer
ist zum einen der indeterministische Zufall, welcher vom
                                                                Auf Seiten des Computers wurde die in PHP imple-
Menschen erzeugt wird, und zum anderen der determi-
                                                             mentierte Funktion rand() verwendet. Diese liefert bei
nistische Zufall des Computers. Dabei geht der Determi-
                                                             Aufruf eine zufällige Zahl aus einem vorgegeben Bereich.
nismus davon aus, dass bei einer vollständigen Beschrei-
                                                             Sie baut innerhalb der Programmiersprache auf die
bung eines Systems und aller Einflussfaktoren dessen
                                                             rand() Funktion aus C auf. Diese führt verschiedene
weiteres Verhalten vorhersehbar ist.
                                                             Primzahladditionen, Multiplikationen und Modulo-
2.1 Zufall des Menschen                                      Operationen aus3.
                                                                Hierzu benötigt sie jedoch einen so genannten "Seed",
  Der Mensch zählt, wie viele Vorgänge in der Natur zu
                                                             einen Anfangswert für die ausgeführten Rechenopera-
den, aus menschlicher Sicht, indeterministichen Syste-
                                                             tionen. Dieser Seed kann frei bestimmt werden, ist aber
men. Weder die Abläufe im Gehirn noch in der Sensorik
                                                             meist die aktuell verstrichenen Zeit in Millisekunden seit
und Motorik sind von einem Menschen vollständig be-
                                                             dem 1.1.1970 (UNIX Zeit). Ist dieser Wert oder der ver-
schreibbar. Ergo ist auch sein zukünftiges Verhalten
                                                             wendete Seed bekannt, können alle von der Funktion
nicht vorhersehbar. Hiermit verbunden ist allerdings ein
nicht abschließend geklärter Diskurs über den Zusam-
menhang des existierenden Determinismus mit dem                2 Als Grundlage diente das entstandene Gedicht der Perform-
                                                               ance “POET”, die im Rahmen der Veranstaltung Immersive
menschlichen Empfinden der Willensfreiheit1.
                                                               Medien 1 im Wintersemester 08/09 am 20. Januar 2009
  Dies macht sich die Gruppe bei turing poet zu Nutze.         stattfand. turing poet ist als Fortsetzung dieser Performance
Hier wird eine Schüssel mit 131 Papierzetteln, auf denen       anzusehen. Details zu POET unter URL:
Worte der improvisatorischen Performance aus dem               http://verbundlabor.de/LehreUndForschung/IMwork0809.
                                                               3 Quelltext der Random Funktion verfügbar unter URL:
                                                               http://pdclib.rootdirectory.de/trac.fcgi/browser/trunk/func
                                                               tions/stdlib/rand.c?rev=101
 1 vgl. Pohl 2006.
Anja S. Frank, Mahnaz Jahangirimehr, Jens Wiese
generierten Zufallszahlen bestimmt werden. Das System        Poetenraum (Monitor)
ist also vorhersehbar, es ist deterministisch.               Der „Poetenraum“ befindet sich hinter dem Vorhang.
   Die implementierte Anwendung generiert Zufallsge-       Auf dem Monitor ist ein großer Tisch mit mehreren Bü-
dichte nach den selben „Regeln“ wie die Gruppe. Diesel-    rostühlen zu sehen. Auf dem Tisch stehen zwei Laptops.
be Wortmenge wie bei der Gruppe befindet sich in einem     Von den Laptops gehen einige Kabel Richtung Vorhang
Array und wird von dort über eine determinierende Zu-      (wo der Drucker sich befindet) ab. Ein Laptop ist für die
fallszahl ausgewählt und am Bildschirm ausgegeben.         computergenerierten Gedichte zuständig. Der andere
Anschließend wandert das Wort zurück in das Array.         wird von einem Gruppenmitglied bedient, der mensch-
Auch hier gibt es "virtuelle Zettel", welche ein Zeilen-   generierte Gedichte schreibt. Neben ihm sitzt ein weite-
oder Gedichtende auslösen. Auch die Beschränkung auf       res Mitglied der Gruppe, das ihm die Wörter darbietet.
je maximal neun Worte in maximal neun Zeilen wurde         Der dritte in der Gruppe ist Observierer und verfolgt das
implementiert. Die vollständigen Gedichte werden an-       Geschehen, während er sich Notizen macht.
schließend mit den menschgenerierten Gedichten ge-
mischt auf einem Drucker ausgegeben.

Beispiel für ein computergeneriertes Gedicht:

hier lässt umfängt ich ich ist mich will
mich umfängt
weg wie wer und ich mir
so wie Schatten die verschwinden will

3 Aufführung turing poet
  turing poet wurde am 30. Juni 2009 aufgeführt. Im fol-
genden Abschnitt werden das Setting und der Ablauf der
Aufführung geschildert.
                                                             Abb. 2 Der Poetenraum auf dem Monitor
3.1 Setting
   Zuschauerraum                                             Poetenraum (Wirklichkeit)
Der Zuschauer betritt einen kleinen Raumteil, der durch      In Wirklichkeit passiert hinter dem Vorhang etwas
einen schweren schwarzen Vorhang vom restlichen            anderes, als der Zuschauer sieht. Lediglich ein einziger
Raum abgetrennt ist. Dieser Raumteil ist mit künstli-      Computer wird sowohl für computergenerierte, als auch
chem Licht jedoch nicht grell beleuchtet. Mittelpunkt      für menschgenerierte Gedichte genutzt. Die Gruppen-
des Aufbaus stellen ein Tintenstrahldrucker und ein Mo-    mitglieder haben einen Monitor, auf welchem sie das
nitor dar. Links neben dem Drucker steht eine Schachtel,   Publikum beobachten können und einen Monitor, auf
die mit „Computer“ beschriftet ist, entsprechend steht     dem sie das Bild sehen, welches auch in den Zuschauer-
rechts vom Drucker eine Schachtel mit „Mensch“ ausge-      raum projiziert wird.
zeichnet. Über dem Monitor hängt ein Schild mit der        3.2 Ablauf der Performance
Anleitung, zu entscheiden, ob ein Gedicht per Zufall
durch den Computer oder durch Menschenhand ent-               Die Tür zum Raum wird von einem Gruppenmitglied
stand. Auf dem Monitor ist der „Poetenraum“ zu sehen.      geöffnet. Die Person begibt sich hinter den Vorhang. Der
                                                           Monitor wird angeschlossen, auf welchem die Gruppe bei
                                                           ihrer Arbeit zu sehen ist. Aus dem Drucker kommen
                                                           nach und nach Blätter mit den Zufallsgedichten. Die Zu-
                                                           schauer betreten den Raum und beginnen, die Gedichte
                                                           aus dem Drucker zu nehmen. Sie diskutieren teilweise
                                                           untereinander und beraten sich, um schließlich zu ent-
                                                           scheiden, ob das Gedicht mensch- oder computergene-
                                                           riert wurde. Sie legen es in die Schachtel, die sie für rich-
                                                           tig halten. Währenddessen sehen sie was sich vermeint-
                                                           lich hinter dem Vorhang abspielt.
                                                              Die Gruppe hat einige Zeit vor Beginn der Aufführung
                                                           bereits Vorarbeit geleistet um auch die Möglichkeit zu
                                                           bieten, menschgenerierte Gedichte bereits am Anfang an
                                                           den Drucker zu senden. Außerdem ließen sie vorab den
                                                           Computer einige Gedichte generieren und erstellten ei-
                                                           nen Zeitplan für den Druck in beliebiger Reihenfolge und
  Abb. 1 Zuschauerraum                                     willkürlichen Zeitabständen. Während der Aufführung
                                                           generieren die Gruppenmitglieder Gedichte und senden
                                                           sie an den Drucker. Das Publikum bekommt davon nichts
Anja S. Frank, Mahnaz Jahangirimehr, Jens Wiese
zu sehen, da ihnen ein vorgefertigtes Video gezeigt wird,   Die Maschine hat den Turing Test bestanden, wenn der
das einige Tage vorher erstellt wurde. Auf dem Video        Fragesteller den Unterschied zwischen den Antworten-
sieht man, wie die Gruppe Gedichte erzeugt, während         den nicht ausmachen kann. Alan Turing war der Ansicht,
eine Person darauf achtet, das der Computer reibungslos     dass jede Maschine, die den Test besteht als intelligent
läuft. Zwischen diesen Szenen sind Bildstörungen einge-     zu betrachten ist, bzw. als denkend angesehen werden
blendet, die teilweise fast unbemerkbar, teilweise aber     sollte4.
offensichtlich sind. Zudem wird dieses 15-minütige Vi-
deo in einer Schleife abgespielt. In Wirklichkeit sitzen    4.1 Analogien zwischen Turing Test und turing
die Gruppenmitglieder hinter dem Vorhang und erzeu-             poet
gen menschgenerierte Gedichte, die zwischen den com-          turing poet weist einige Gemeinsamkeiten mit dem
putergenerierten Gedichten ausgedruckt werden. Jedoch       Turing Test auf, wie etwa die gleichen Rollen:
achten sie auch auf das Geschehen im Publikumraum             • das Publikum nimmt die Rolle des Fragestellers ein
und im Video um einige Szenen auditiv zu synchronisie-
                                                              • der Computer nimmt die Rolle der Maschine ein
ren. Die einstündige Aufführung endet mit einem Zettel,
auf dem das dem Wort "Ende" steht, während zeitgleich         • die Gruppe nimmt die Rolle des antwortenden Men-
der Monitor im Zuschauerraum abgestellt wird. Die                 schen ein
Gruppe kommt durch den Vorhang in dem Zuschauer-              Der Fragesteller, also das Publikum, hat die Aufgabe zu
raum, um das Geschehene mit den Zuschauern zu be-           entscheiden, ob ein Gedicht von der Maschine oder von
sprechen und etwaige Fragen zu beantworten.                 der Gruppe generiert wurde. Er hat dazu die Auswahl
                                                            zwischen diesen zwei Partien.

                                                            4.2 Abweichungen zwischen Turing Test und
                                                                turing poet
                                                               Im Folgenden werden die Unterschiede zwischen dem
                                                            Turing Test und turing poet dargestellt.
                                                               Das Publikum stellt dem System keine Fragen, sondern
                                                            erhält lediglich ein Blatt – also eine Antwort. Es weiß
                                                            nicht von wem die Antwort kommt.
                                                               Bei turing poet spielt zudem die Aussage über die
                                                            „denkende“ Maschine keine Rolle. Eine Untersuchung,
                                                            ob die Maschine dem Publikum also vormachen kann,
                                                            ein Mensch zu sein muss gleichermaßen einer Betrach-
                                                            tung gegenübergestellt werden, ob ein Mensch dem Pu-
                                                            blikum vormachen kann eine Maschine zu sein. Die In-
                                                            tention ist demnach eine andere als bei dem Turing Test,
                                                            bei welchem beide Parteien versuchen den Fragesteller
                                                            zu überzeugen ein Mensch zu sein. Bei turing poet wird
                                                            getestet, ob ein Mensch (hier die Rolle des Fragestellers)
                                                            einen Unterschied erkennen kann zwischen der Verwür-
                                                            felung von Wörtern zu einem Zufallsgedicht durch einen
                                                            Menschen und durch eine Maschine. Bei turing poet
                                                            wird also nicht die Maschine getestet, sondern der Fra-
                                                            gesteller.

                                                            5 Chinese Room Argument
  Abb. 3 Aufbau von turing poet                                Im Mittelpunkt des Chinese Room Arguments steht
                                                            ein Gedankenexperiment, das John Searle 1980 entwic-
                                                            kelte:
                                                               Eine Person, die nur englische Sprachkenntnisse hat,
4 Turing Test                                               sitzt alleine in einem Zimmer. Ihr werden Zettel zuge-
   Der Turing Test wurde von Alan M. Turing (1912-1954)     stellt, auf welchen chinesische Schriftzeichen stehen.
1950 erfunden. Der grundlegende Aufbau des Tests bein-      Der Person stehen Anleitungen in ihrer Muttersprache
haltet zwei Personen und die Maschine (Computer), die       zur Verfügung, die ihr vorschreiben mit welchen Zei-
getestet werden soll. Eine Person führt die Befragung       chen sie auf beistimmte Zeichenfolgen antworten muss.
durch, die andere Person und die Maschine haben die         Der Mensch im Raum verhält sich wie ein Computer - er
Aufgabe die Fragen zu beantworten. Die Personen halten      führt algorithmische Operationen durch.
sich in verschiedenen Räumen auf. Der Fragesteller             Den Zettel gibt die Person wieder zurück. Die chine-
kommuniziert über eine maschinelle Schnittstelle so-        sisch sprechende Person außerhalb des Zimmers – der
wohl mit der Person im anderen Raum als auch mit dem        Fragesteller – glaubt die Person im Zimmer spricht eben-
Computer. Beide haben die Aufgabe, den Fragenden mit
ihrer Antwort zu überzeugen, dass sie ein Mensch sind.       4
                                                                 vgl. PoM, 2009
falls Chinesisch, da die Antwort auf dem Zettel nicht von    ten Störungen im Bild auf. Zudem läuft das 15-minütige
einer „echt chinesischen“ Antwort zu unterscheiden ist5.     Video in einer Schleife. Um wiederum die Fälschung als
   John Searle beabsichtigt mit diesem Experiment zu         echtes Bild auszugeben, synchronisieren die Mitglieder
zeigen, dass obwohl Computer den Anschein machen in          der Gruppe hinter dem Vorhang das Aufgenommene mit
einer natürlichen Sprache zu kommunizieren, sie nicht        Stühlerücken und Rascheln. Aufmerksame Zuschauer
fähig sind eine Sprache zu verstehen. Sie nutzen lediglich   würden eine Fälschung erkennen oder vermuten, sie
Regeln der Syntax, haben allerdings keinerlei Kenntnisse     würden verunsichert in ihrer Wahl. Sie könnten zum
über die Bedeutung der Semantik6.                            Beispiel annehmen, hinter dem Vorhang befinde sich
   Das Chinese Room Experiment ist unter Fachleuten          keine Person. Jedenfalls können sie sich nicht auf etwai-
sehr umstritten. Auf die Diskussion über das Chinese         ge Referenzen im Bild verlassen, die andeuten, dass das
Room Argument soll hier jedoch nicht näher eingegan-         nächste Gedicht im Drucker ein menschgeniertes ist.
gen werden, sondern Überschneidungen des Chinese               Eine Diskussion über eine verstehende Maschine ist
Room zu turing poet aufgezeigt werden.                       bei Zufallsgedichten nichtig, da sie ohne Intention be-
                                                             züglich des Inhalts entstehen. Es kann nicht über richtig
                                                             oder falsch bei einem Zufallsgedicht geurteilt werden.

                                                             6 Auswertung
                                                                Das Publikum zeigte bei der Begutachtung der Ge-
                                                             dichte unterschiedliche Reaktionen und war sich un-
                                                             schlüssig ob der Zufall des Computers oder des Men-
                                                             schen bei der Gedichterstellung mit im Spiel war. "So was
                                                             kann nur ein Computer schreiben“ war die Äußerung zu
                                                             einem der Gedichte, womit die Person falsch lag. Sogar
                                                             eine personenbezogene Zuordnung fand statt: "Das war
                                                             Frau Frank". Auch diese Entscheidung war nicht korrekt.
                                                                Einige Probanden fühlten sich durch die - von uns be-
                                                             absichtigten - Störungen verwirrt: "Ich weiß nicht, ob das
                                                             eine zusätzliche Verwirrung sein soll", und konnten nicht
                                                             mit Bestimmtheit sagen, ob es sich um ein gefälschtes
                                                             Bild handelt oder nicht. Jedoch wurde der Loop von eini-
                                                             gen, durch die immer wieder gleichen Positionswechsel
     Abb. 4 Einflüsse auf turing poet                        erkannt.
                                                                Andere versuchten wiederum durch Sprüche wie zum
                                                             Beispiel "Die grinsen nicht mal" die Gruppe zu entlarven,
5.1 Ähnlichkeiten zwischen Chinese Room und                  was jedoch erfolglos blieb.
    turing poet                                                 Eine Zuschauerin war so beeindruckt von einem Ge-
   Auf den ersten Blick scheint turing poet dem Chinese      dicht, dass Sie es laut vorlas "umarmt mich hier wer und"
Room sehr zu ähneln. Doch streng genommen wurde im           und beschloss "das nehme ich mit nach Hause!".
Grunde lediglich der Aufbau von turing poet an den des          Mit dem gewählten Setting sowie Ablauf des Experi-
Chinese Room angelehnt. Es gibt einen abgetrennten           ments gelang es der Gruppe beim Publikum ein großes
Raum, aus welchem Zettel mit Zeichen gereicht werden.        Interesse sowohl an der Aufführung als auch an der ab-
Innerhalb und außerhalb des Raumes ist jemand. Eine          schließenden Auflösung aufzubauen. So organisierte
Person außerhalb des Raumes urteilt über den Produzent       einer der anwesenden Professoren neues Papier für den
des Zettels, der sich in dem Raum befindet.                  Drucker, als dieses zu Neige ging. Die Gruppe hatte hier-
   Bei turing poet handelt die Gruppe, welche die            auf keinen Einfluss.
menschgenerierten Gedichte erzeugt, ebenfalls algo-             Zudem waren einige der Probanden über den gesam-
rithmisch. Sie handeln in der Produktion der Zufallsge-      ten Zeitraum der Aufführung anwesend. Dies hing so-
dichte wie der Computer.                                     wohl mit dem Interesse an dem Experiment und dessen
                                                             Auflösung, als auch mit den erzeugten Gedichten zu-
5.2 Abweichungen zwischen Chinese Room und                   sammen.
    turing poet                                                 Während der einstündigen Aufführung wurden dem
   Im Chinese Room Experiment hat der Fragesteller kei-      Publikum insgesamt 87 Gedichte über den Drucker zur
ne Ahnung wer sich in dem Raum befindet, wohingegen          Verfügung gestellt. Davon waren 50 vom Computer ge-
dies bei turing poet durch den Aufbau und Monitor of-        neriert, 37 wurden von den Gruppenmitgliedern erzeugt.
fenbart wird. Er wählt eine der zwei Partien als Erzeuger       Von den Computergenerierten wurden 48% als solche
des Gedichtes. Der Monitor zeigt eine gefälschte Situati-    erkannt. Bei den restlichen Gedichten lag das Publikum
on und soll subtil als Fälschung für den Zuschauer auch      falsch oder stimmte (durch Mitnehmen der Gedichte)
als solche erkannt werden können. Hin und wieder tre-        nicht ab.
                                                                Bei den menschgenerierten Gedichten zeigte sich eine
 5
                                                             ähnliche Quote. Hier wurden 54% der Gedichte richtig
     vgl. Searle, 1980.
 6                                                           erkannt.
     vgl. SEP, 2009.
Diese Prozentzahlen weichen nur geringfügig von denen
ab, welche durch bloßes Erraten bei zwei Auswahlmög-
lichkeiten (50/50 Chance) möglich gewesen wären.

7 Fazit
   Betrachtet man turing poet aus Sicht des Gebiets der
künstlichen Intelligenz, welche der Turing Test prüft
und die zum Ziel hat menschliche Intelligenz durch den
Computer zu ersetzen, kann man sagen, dass im Hinblick
auf den Zufall der Computer den Menschen ersetzen
kann. Einige Zuschauer erzählten, dass sie nicht mit Be-
stimmtheit sagen konnten, ob ein Gedicht mensch- oder
computergeneriert war. Die Entscheidung war - falls
überhaupt - intuitiv und nicht mit Argumentation über
Semantik, erkennbare Muster oder ähnliches zu erklä-
ren. Keine deutliche Mehrheit erkannte die computerge-
nerierten Gedichte als solche, selbiges gilt für die
menschgenerierten. Der Unterschied zwischen mensch-
generiertem und computergeneriertem Zufall ist für den
Menschen demnach nicht wahrnehmbar.

Quellen
  PoM – Dictionary of Philosophy of Mind, URL:
http://philosophy.uwaterloo.ca/MindDict/turingtest.ht
ml, Datum des Zugriffs: 26.07.2009.

   Searle, John (1980) Minds, brains, and programs, URL:
http://www.bbsonline.org/documents/a/00/00/04/84/b
bs00000484-00/bbs.searle2.html, Datum des Zugriffs:
26.07.2009.

  SEP – Stanford Encyclopedia of Philosophy, URL:
http://plato.stanford.edu/entries/chinese-room/, Datum
des Zugriffs: 26.07.2009.

   Pohl, Wolf (2006) Zum Problem der Willensfreiheit in
Aufklärung und Kritik, Heft 26, S. 63, URL:
http://www.gkpn.de/pohl_wf.pdf, Datum des Zugriffs:
28.07.2009.

Weiterführende Informationen zu Intention und Kon-
zept sowie Fotos und Videos zur Aufführung von turing
poet gibt es unter:

http://verbundlabor.de/LehreUndForschung/MEETFran
kjahangirimehrwiese
Sie können auch lesen