Aus dem Wald in den Obstgarten - :Forum-HolzBau
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e COVERSTORY
Aus dem Wald
in den Obstgarten
Wenn ein Architekt seinen Traum von einem Holzhaus verwirklicht, spiegeln sich eige-
ne Vorlieben und Leidenschaften im Bauprojekt wider. So entstand in Gampelün ein
Wohnturm, dessen Bauholz Stamm für Stamm vom Bauherrn im Wald selbst ausgesucht
und bei Vollmond geschlägert wurde. Neben dem Baumaterial stammen auch beteiligte
Unternehmen und Technologien aus einem Umkreis von maximal 50 km. Ein herausra-
gendes Beispiel also für gelebte ökologische und wirtschaftliche Nachhaltigkeit.
T Birgit Gruber F Adolf Bereuter, firm Architekten
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„WIR SCHAFFEN RÄUME
MIT ATMOSPHÄRE.
Caroline und Christian Feldkircher leben mit ihren bei- zeitgemäße Antwort auf die umliegenden Bauernhäu- UNSERE ARCHITEKTUR HAT
den Kindern in Gampelün, einem Ortsteil der Markt- ser der Gemeinde konzipiert und bilden ein neues Ge- WIRKUNG UND ERZEUGT
gemeinde Frastanz in Vorarlberg. Umgeben von Ma- bäudeensemble. „Der Baukörper ergab sich aus dem POSITIVE EMOTIONEN.“
gerheuwiesen und Hangmooren befinden sich einige ortsbaulichen Umfeld. Er bildet einen Kontrast zu den
Waldflächen seit Generationen im Familienbesitz der mit reichlich Ornamenten ausgestatteten, traditionel-
Bauherrin. Bereits die Urgroßeltern konnten so ihr len Nachbarhöfen. Der Neubau fügt sich klar, gerad-
Bauernhaus aus Eigenholz errichten. Die Wälder wur- linig und reduziert in diese Umgebung ein. Durch die
den danach wieder aufgeforstet. 2019 entschloss sich Stapelung der Räume haben wir uns auch bewusst
die Jungfamilie zur Errichtung ihres Eigenheims am fürs Stiegensteigen entschieden, da die Qualität dieser
elterlichen Grundstück, wo heute noch das stattliche Art der Aufteilung auf der Hand liegt. Der großzügige
Bauernhaus steht. Das Stallgebäude wurde rückge- Wohn- und Essbereich im Erdgeschoss fungiert wie
baut und an dessen Stelle ein dreigeschossiger Wohn- eine Art Indoor-Balkon. Je weiter man im Haus nach
turm platziert. Das Haus und sein angrenzender Innen- oben kommt, desto besser wird die Aussicht auf die firm Architekten:
hof samt Autoabstellplatz und Sitzgelegenheit sind als umliegenden Täler“, weiß Feldkircher. Christian Feldkircher (li.)
und sein Büropartner
Albert Moosbrugger
Der Baukörper ergab sich aus dem
ortsbaulichen Umfeld. Er bildet
einen Kontrast zu den traditionellen
Nachbarhöfen. Der Neubau fügt
sich klar, geradlinig und reduziert
in diese Umgebung ein.
Wände und Decken sind
aus zweimal 12 cm starkem
Fichtenholz gefertigt.
Fachmann mit Leidenschaft zum Holz
Dass der 41-Jährige weiß, wovon er spricht, liegt an
seiner Profession. Er ist mit Albert Moosbrugger einer
der Gründer von firm Architekten mit Büros in Luste-
nau und Speicher (Schweiz). Gemeinsam schaffen sie
Räume mit Atmosphäre, bei denen der Mensch im Mit-
telpunkt steht. Aufgewachsen im Bregenzerwald be-
kam Feldkircher die Leidenschaft zum Bauen mit Holz
quasi in die Wiege gelegt. Als Jugendlicher hat er sein
erstes Geld mit der Mitarbeit im örtlichen Sägewerk
verdient. Während seines Studiums der Architektur an
den technischen Universitäten Wien und Innsbruck
haben ihn Praktika in Zimmereibetrieben geprägt. „Ich
hatte schon sehr früh Holz in der Hand und weiß da-
her die Qualität des Materials sehr zu schätzen“, er-
zählt der Planer. So war es für Feldkircher auch schnell
klar, dass sein Eigenheim aus dem nachhaltigen Roh-
stoff gebaut werden soll. Dafür wurde von ihm per-
sönlich jeder einzelne Baumstamm – teilweise über
1400 m gelegen – ausgewählt und per Hand abgemes-
sen. Dank der einstigen Aufforstung waren im haus-
eigenen Wald reichlich Bäume vorhanden. n
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Leimfreie Holzelemente für Wände und Decken
PROJEKTDATEN
Wände und Decken sind aus zweimal 12 cm starkem
Fichtenholz gefertigt. Sohm Holzbautechnik aus Alber- Standort: Frastanz-Gampelün
schwende verbaute dabei ihr patentiertes DiagonalDü-
belholz und machte damit eine einheitliche Holzkons- Bauherrschaft: Caroline und Christian Feldkircher
truktion möglich. Der Architekt dazu: „Der Holzwürfel
der Obergeschosse und der Sockel aus Sichtbeton bil- Fertigstellung: 2020
den den neuen Wohnturm. Der Gebäudeeinschnitt im
Erdgeschoss wird statisch durch drei massive Buchen- Bauzeit inkl. Planungsphase: 2019 bis 2020
Alles im Umkreis von 50 km holzstützen ermöglicht, der das Rundumpanorama im
Eine Vorlaufzeit von rund einem Jahr vor Baube- Ess- und Wohnbereich freigibt.“ Von dort schauen Architektur: firm Architekten, firm.ac
ginn war für die Selektion der Hölzer notwendig. „Die die Bewohner auf 17 bestehende und sieben neu ge-
Bäume wurden dann zu den Mondphasen im Sep- pflanzte Obstbäume verschiedener Sorten wie Apfel, Baumeister: Thöni Bau, thoenibau.at
tember und November geerntet und in das Sägewerk Kirsche oder Walnuss. „Meine Frau und ich finden
geführt, in dem ich als Jugendlicher gearbeitet habe. Obstbäume kulturlandschaftlich interessant, kümmern Holzbau Rohbau: Sohm Holzbautechnik, sohm-holzbau.at
Rund um Weihnachten 2019 wurden die Stämme ge- uns gerne darum und freuen uns über eine ertrag-
schnitten und bis zur weiteren Produktion im Werk reiche Ernte“, erklärt Feldkircher. Im ersten Oberge- Holzbau Fassade und Innenausbau: Holzbau Wilfried Berchtold, Bezau
gelagert“, weiß Feldkircher. Im März 2020 erfolgte schoss befinden sich die Kinderzimmer, ein Bad und
dann der Abbruch des Stallgebäudes, der für den ein Hauswirtschaftsraum. Einen Stock höher sind das Holzmenge: 550 m³
Neubau Platz im angrenzenden Obstgarten schaffen Wohnzimmer samt kleinem Balkon sowie das elterli-
sollte. Bereits im Oktober desselben Jahres – nach che Schlafzimmer plus Bad und Ankleideraum situ- Nutzfläche: 170 m²
nur siebenmonatiger Bauzeit – konnte die Familie ihr iert. Unterkellert sind lediglich der Eingangsbereich
neues Domizil beziehen. Das Tempo ist dem präzisen und die Küche. Das schafft Platz für die Haustech-
und sauberen Arbeiten der Handwerker geschuldet, nik und die Lagerung von Lebensmitteln. Neben der
die, ebenso wie das Baumaterial und dessen Produk- Fichte hielten noch andere Holzarten im Haus Einzug:
tion, aus einem Umkreis von maximal 50 km stammen. Weißtanne wurde für Fenster, Möbel und die Akus-
„Das Arbeiten der Handwerker ging Hand in Hand. Da tikdecke, Buche für die Dielenböden und die Treppe
sich alle gut kannten, funktionierte die Kommunika- sowie Ulme für die Möbel des Außensitzplatzes ver-
tion natürlich hervorragend. Alles war genau durch- wendet. Zusätzlich zum Holz kommen Lehmputz und
geplant, die einzelnen Schritte gut aufeinander abge- Schwarzstahl in Form eines Bücherregals entlang der
stimmt. Das Ergebnis ist, wie von einem Holzbau nicht Treppe als weitere Materialien zum Einsatz. Auch die
anders zu erwarten, großartig“, freut sich der Archi- horizontal gerippte Holzfassade ist aus Fichtenholz
tekt und Bauherr. gefertigt und wurde von Berchtold Holzbau aus Be-
zau bereitgestellt.
Wie einst ihre Urgroßeltern haben auch die Feldkir-
chers den Wald nach der Holzernte mit 750 jungen
Bäumen wieder aufgeforstet. Man hofft auf weitere
Generationen, die mit diesen Stämmen später einmal
ihren Traum vom Eigenheim verwirklichen können.
Der großzügige Wohn- und Essbereich Ideen dafür hätte der Planer mit Sicherheit reichlich. e
fungiert wie eine Art Indoor-Balkon.
Der Gebäudeeinschnitt im Erdgeschoss
wird statisch durch drei massive
Buchenholzstützen ermöglicht.
Familie Feldkircher genießt
das Leben im neuen Haus.
Der Liebslingsplatz der zwei
Kinder – die Treppe mit dem
Bücherregal (Bild oben). Grundriss EG Grundriss 1.OG Grundriss 2.OG Schnitt 1 Schnitt 2
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