BAUZINSEN 2023: Weiterer Zinsanstieg voraus? - Biallo-Umfrage zu Bauzinsen und Immobilienpreisen - Telsso
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Dezember 2022 BAUZINSEN 2023: Weiterer Zinsanstieg voraus? Bildquelle: Marko Aliaksandr/ Shutterstock.com Biallo-Umfrage zu Bauzinsen und Immobilienpreisen
Bauzinsen 2023 Folgt nun die Ruhe nach dem Sturm? Eines ist sicher: Nichts ist sicher. 2022 sind die Bauzinsen angestiegen, wie es wohl kein Experte vorhergesehen hat. Lag der Biallo-Index für zehnjähriges Baugeld im Januar 2022 noch bei weni- ger als einem Prozent Effektivzins, erreichte er im Oktober die Vier-Prozent-Marke. Die schwierige weltpolitische und wirtschaftliche Lage begleitet uns weiterhin. Mit einem ähnlich starken Anstieg der Bauzinsen ist aber 2023 wohl nicht zu rechnen. Entspannt sich nun die Zinslage oder ist weiter- hin zumindest ein moderater Zinsanstieg zu erwarten? Wir haben bei zwölf großen Kreditinstituten, Versicherern und Kreditvermittlern nachgefragt, wie sie die weitere Zinsentwicklung einschätzen. Lesen Sie in den Interviews, mit welchem Zinsniveau sie in den nächsten Monaten rechnen, von wel- cher Entwicklung sie bei den Immobilienpreisen ausgehen und was sie einer jungen Familie raten würden, die aktuell mit einer eigenen Immobilie liebäugelt. 1822 direkt Die Höhe der Bauzinsen hat sich seit Bildquelle: 1822 direkt Anfang 2022 vervierfacht. Ist der Zenit erreicht? Naumann: Die Schnelligkeit und Steil- heit der Zinsentwicklung in 2022 war bislang einmalig. Tatsächlich legen wir aktuell eine Pause ein. Teilweise gibt es sogar leichte Rückbildungstenden- zen. Die Spielräume der Notenbanken für weitere Erhöhungen der Leitzinsen engen sich mit der nachlassenden Kon- junktur immer weiter ein, sodass in ab- sehbarer Zeit ein Ende der restriktiven Geldpolitik erfolgen könnte. Von einem Zenit würde ich nicht sprechen, viel- mehr von einer Hochebene, auf der wir Alexander Naumann, Prokurist, Bereichsleiter uns bewegen. In nächster Zeit sind so- Kundenservice und Immobiliencenter, mit eher moderate Bewegungen um das 1822 direkt erreichte Niveau herum zu erwarten. Jedenfalls dürfte es keine Kehrtwende zurück zu dem Stand vor einem Jahr ge- ben. Seite 2
Wo sehen Sie die Bauzinsen im Laufe Zeiten sind vorbei. Die Finanzierungs- des Jahres 2023? kosten sind drastisch gestiegen, was die Erschwinglichkeit für viele Privat- Naumann: Die Leitzinsen sind in diesem personen beeinträchtigt hat. Zusätzlich Jahr bis November von null Prozent bis führt die nachlassende Attraktivität der auf zwei Prozent gestiegen. Baukredite Immobilie als Kapitalanlage voraussicht- verteuerten sich von rund einem Pro- lich zu weiterhin rückläufigen Preisen. zent auf etwa vier Prozent. Die Dynamik Manche Studien gehen sogar von Preis- dürfte sich deutlich abschwächen und einbrüchen um bis zu zehn Prozent aus. die Europäische Zentralbank könnte Angesichts einer Inflationsrate in glei- ihren stringenten Kurs verlangsamen. cher Höhe wäre das eine sehr deutliche Eine Stoppmarke für den EZB Refi-Satz Korrektur. Das eröffnet Käufern neue ist bei 2,75 Prozent zu erwarten. Neben Verhandlungsspielräume beim Immobi- den Inflationsrisiken treten immer mehr lienerwerb. Gleichzeitig widerspricht es die Sorgen vor einer starken Rezession der landläufigen Meinung, dass Immo- in den Vordergrund. Der geldpolitische bilienbesitz der beste Inflationsschutz Kurs hat bisher schon dazu geführt, dass sei. Unabhängig wie stark die Preis- sich die Wirtschaft abgekühlt hat, die rückgänge werden, scheint sich die im Aktienkurse niedriger geworden sind Herbst noch bestehende Pattsituation und die Gesamtinflation verharrt ist. zwischen Verkäufern und Käufern, was Allerdings dürfte die Teuerungsrate in zwischenzeitlich quasi zu einem plötz- 2023 weiterhin hoch bleiben und damit lichen Stopp im Wohnimmobilienmarkt keinen Raum für Zinssenkungen bie- geführt hatte, zugunsten der Käufer auf- ten. Insgesamt rechnen wir deswegen gelöst zu haben. 2022 könnte das ers- mit gleichbleibenden Zinssätzen und te Minusjahr für Wohnimmobilien seit keinen markanten Bewegungen, weder 2009 bedeuten. Die Tendenzen zeigen nach unten noch nach oben. Bauzinsen immer deutlicher in diese Richtung. bleiben demnach in einem Korridor zwi- schen drei Prozent und vier Prozent. Die hohe Inflation bringt viele Haushal- te an ihre finanziellen Grenzen. Stellen Immobilien sind für Normalverdiener Sie einen Rückgang bei der Nachfrage vielerorts kaum mehr bezahlbar. Die nach Immobilienkrediten fest? Haben gestiegenen Bauzinsen, Inflation, Ma- Kreditnehmer vermehrt Zahlungs- terial- und Fachkräftemangel haben schwierigkeiten? dies weiter befeuert. Wird es nun zu nachhaltigen Preiskorrekturen kom- men? Naumann: Der Markt hat sich deutlich verlangsamt, was der kräftige Rückgang Naumann: Während der Pandemie war ab dem dritten Quartal in diesem Jahr der Wohnimmobilienmarkt in Deutsch- im Neugeschäft für Immobilienfinanzie- land nicht nur robust, sondern glänzte rungen widerspiegelt. Zahlen der Bun- mit zweistelligen Preisanstiegen. Diese desbank zeigen auf Jahressicht einen Seite 3
Einbruch um fast ein Drittel. Wobei sich genden Lebenshaltungskosten zuneh- die 1822direkt hier gut behauptet hat. mend die Schuldendienstfähigkeit. Wer Neben den gestiegenen Ausgaben zur bislang mit langen Zinsbindungen und Lebenshaltung hat die Entwicklung der höheren Tilgungen gut aufgestellt war, Finanzierungskosten dazu geführt, dass dürfte die derzeitige Situation weitaus ganze Käufergruppen sich derzeit eine besser meistern als Kreditnehmer mit eigene Immobilie nicht mehr leisten kurzen Zinsbindungen und niedrigen können. Konnte zum Jahresanfang eine Tilgungsraten bei hohen Verschuldungs- Immobilie noch mit einer Annuität von raten im Verhältnis zum Einkommen. drei Prozent (ein Prozent Zins und zwei Prozent Tilgung) finanziert werden, hat Welchen Rat würden Sie im Moment sich die Gesamtbelastung mittlerweile einer jungen Familie mit auf den Weg auf gut sechs Prozent verdoppelt. An- geben, die mit einer eigenen Immobilie gebotsseitig ist die Bautätigkeit durch liebäugelt? Material- und Personalengpässe im Prin- zip zum Erliegen gekommen. Insgesamt Naumann: Durch eine längere Zinsbin- dürfte so die Boomzeit für Immobilien- dung und eine höhere Anfangstilgung kredite vorerst vorbei sein. kann selbst in schwierigen wirtschaft- Trotz der wirtschaftlichen Abschwä- lichen Lagen eine gute Kalkulationssi- chung zeigt sich der Arbeitsmarkt ro- cherheit gewonnen werden. An dieser bust. Die Verschuldung der deutschen Grundregel würde ich gerade angesichts Haushalte ist insgesamt nicht übermä- der Situation unbedingt festhalten. Des- ßig. Kreditnehmer von Wohnimmobi- wegen lieber mehr Eigenkapital einset- lien sind im Vergleich zum Durchschnitt zen oder Abstriche bei der Immobilie in der Bevölkerung in der Regel finanziell Kauf nehmen, als eine Finanzierungs- meistens besser aufgestellt. Zudem sind struktur zu wählen, die zu sehr auf Kante die Wohnimmobilienkredite trotz der genäht ist, indem Parameter so gesetzt Preisrückgänge gut besichert. Insofern werden, um den Kredit sich gerade noch ist noch keine Zunahme an Zahlungs- so leisten zu können. Eine gute Beratung schwierigkeiten zu verzeichnen. Dies zeigt hier auf, wie für eine junge Familie könnte sich jedoch ändern, wenn eine über die gesamte Laufzeit des Kredits eintretende Rezession den Arbeitsmarkt die Raten tragfähig bleiben und geht belastet. Zudem erschweren die stei- dabei auf verschiedene Szenarien oder Lebenssituationen ein. Bildquelle: ChameleonsEye/ Shutterstock.com Seite 4
Allianz Bildquelle: Allianz Die Höhe der Bauzinsen hat sich seit Anfang 2022 vervierfacht. Ist der Zenit erreicht? Kohler: Aufgrund der rückläufigen In- flation in den USA und den verstärkten Signalen einer Rezession ist mit kleine- ren Zinserhöhungen der Notenbanken zu rechnen. Die höchste Wahrschein- lichkeit hat ein Szenario, bei dem das Zinsplateau in Europa im ersten Quartal 2023 erreicht wird. Wo sehen Sie die Bauzinsen im Laufe des Jahres 2023? Stefan Kohler, Leiter Allianz-Baufinanzierung Kohler: Bis zur Jahresmitte 2023 ist mit Die hohe Inflation bringt viele Haushal- einem konstanten Niveau bei den Bau- te an ihre finanziellen Grenzen. Stellen zinsen zu rechnen. Je nach wirtschaft- Sie einen Rückgang bei der Nachfrage licher Entwicklung und Verlauf der nach Immobilienkrediten fest? Haben Inflation wird die EZB mittelfristig ein Kreditnehmer vermehrt Zahlungs- neutrales Zinsniveau zwischen 1,5 bis schwierigkeiten? 2,0 Prozent anstreben, was zu rückläufi- gen Bauzinsen führen dürfte. Kohler: Aufgrund der aktuell unsicheren Wirtschaftslage und der gestiegenen Immobilien sind für Normalverdiener Zinsen stellen wir einen Rückgang der vielerorts kaum mehr bezahlbar. Die Nachfrage nach Immobilienfinanzie- gestiegenen Bauzinsen, Inflation, Ma- rungen fest, hingegen sind vermehrte terial- und Fachkräftemangel haben Zahlungsschwierigkeiten nicht festzu- dies weiter befeuert. Wird es nun zu stellen. nachhaltigen Preiskorrekturen kom- men? Welchen Rat würden Sie im Moment einer jungen Familie mit auf den Weg Kohler: Aktuell können aufgrund des geben, die mit einer eigenen Immobilie Zinsanstiegs leichte Preisrückgänge in liebäugelt? den Metropolregionen im einstelligen Prozentbereich festgestellt werden. Ob Kohler: Treffen Sie keine voreilige Kauf- die Preiskorrektur nachhaltig ist, hängt entscheidung – beobachten Sie den noch von weiteren Faktoren ab – wie regionalen Immobilienmarkt und ver- der Schaffung von Wohnraum, Bevöl- gleichen Sie die Immobilienpreise. Ge- kerungsentwicklung und Mietentwick- gebenenfalls ergibt sich Verhandlungs- lung. Bei Immobilienkapitalanlagen ist spielraum mit dem Verkäufer. Achten jedoch mit einem stärkeren Preisrück- Sie auf lange Darlehenslaufzeiten, die gang zu rechnen. Zinssicherheit bieten, und setzen Sie auf einen vernünftigen Mix aus Eigenkapital und Fremdkapital. Seite 5
BBBank Immobilien sind für Normalverdiener vielerorts kaum mehr bezahlbar. Die gestiegenen Bauzinsen, Inflation, Ma- Bildquelle: BBBank terial- und Fachkräftemangel haben dies weiter befeuert. Wird es nun zu nachhaltigen Preiskorrekturen kom- men? Lüsch: Durch die gestiegenen Bauzinsen und die konstant hohen Baukosten und Immobilienpreise wird die Nachfrage nach Immobilien und Bautätigkeiten sinken. Unter der Annahme, dass sich der Markt selbst reguliert, gehen wir davon aus, dass die Immobilienpreise deutlich langsamer als in der jüngsten Vergangenheit steigen beziehungswei- se sogar fallen werden. In welchem Um- fang ist derzeit noch schwer abschätz- Oliver Lüsch, Vorstandsvorsitzender BBBank bar und auch abhängig von der Lage, sodass sich regionale Unterschiede er- geben werden. Die Höhe der Bauzinsen hat sich seit Neben dem Standort werden künftig die Anfang 2022 vervierfacht. Ist der Zenit Nachhaltigkeit und Energieeffizienz eine erreicht? bedeutende Rolle einnehmen. Das wird die Nachfrage sowie das Angebot und Lüsch: Wir gehen davon aus, dass die damit auch die Preisentwicklung eben- Bauzinsen kurzfristig noch moderat stei- falls signifikant beeinflussen. gen. Mit Blick auf die Prognosen erwar- ten wir für das Jahr 2023 einen stabilen Die hohe Inflation bringt viele Haushal- oder sogar leicht rückläufigen Zins für te an ihre finanziellen Grenzen. Stellen Baufinanzierungen. Sie einen Rückgang bei der Nachfrage nach Immobilienkrediten fest? Haben Kreditnehmer vermehrt Zahlungs- Wo sehen Sie die Bauzinsen im Laufe schwierigkeiten? des Jahres 2023? Lüsch: Der Wunsch nach den eigenen Lüsch: Für das Jahr 2023 sehen wir Bau- vier Wänden ist ungebrochen hoch. Hin- zinsen, die sich im Bereich des aktuellen zu kommt aber eine erhöhte Unsicher- Niveaus bewegen. Aus unserer Sicht ist heit bei den Kunden, wenn es um die eine leicht sinkende Tendenz möglich, Frage geht, was sie sich leisten können, sofern die Prognosen zur Markt-, Kon- ohne sich finanziell zu übernehmen. junktur- und Inflationsentwicklung ein- Umso wichtiger werden Beratungsge- treffen und keine größeren unvorher- spräche, in denen ein Finanzierungs- gesehenen Ereignisse Einfluss nehmen. konzept gefunden wird, das die Kunden tragen können und zu ihren Wünschen passt. Seite 6
Die Anzahl der Baufinanzierungs-Ab- Welchen Rat würden Sie im Moment schlüsse in der BBBank ist in den letzten einer jungen Familie mit auf den Weg Monaten zurückgegangen, aber immer geben, die mit einer eigenen Immobilie noch auf einem ähnlich hohen Niveau liebäugelt? wie im Jahr 2021. Kurzfristig fällt unsere Prognose aber etwas konservativer aus. Lüsch: Bei der Finanzierung einer Im- Zahlungsschwierigkeiten unserer Kre- mobilie empfehlen wir eine ausführliche ditnehmer verzeichnen wir nicht und Beratung, in der sowohl die äußeren erwarten diese auch nicht. Seit der Rahmenbedingungen als auch die in- Einführung der Wohnimmobilienkre- dividuellen Bedürfnisse berücksichtigt ditrichtlinie ist die Betrachtung ver- werden, um ein passgenaues Finanzie- schiedener Zukunftsszenarien Teil der rungskonzept zu erstellen. Dabei sollte Kreditvergabe. Dazu gehört unter an- nicht nur das „Hier und Jetzt“ betrach- derem auch das Szenario steigender tet, sondern langfristig geplant werden. Zinsen. Alle vergebenen Kredite haben Zudem empfehlen wir einen soliden dieses Szenario „bestanden“. Tilgungssatz und einen angemessenen Eigenkapitaleinsatz von mindestens 20 Prozent. Commerzbank Die Höhe der Bauzinsen hat sich seit Anfang 2022 vervierfacht. Ist der Zenit erreicht? Kling: Die weitere Zinsentwicklung ist von vielen Faktoren abhängig. Entschei- dend wird unter anderem die weitere Entwicklung von Inflation, Konjunktur und die damit verbundenen Maßnah- men der EZB sein. Sollte sich die aktuelle Entwicklung nicht gravierend ändern, ist ein weiterer Zinsanstieg wahrscheinlich. Wo sehen Sie die Bauzinsen im Laufe des Jahres 2023? Bildquelle: Commerzbank Dirk Kling, Cluster Lead Baufinanzierung Kling: Wir erwarten bei der Zinsent- Commerzbank wicklung eine erhöhte Volatilität. Weiter rechnen wir nicht mit einer Fortsetzung des steilen Zinsanstiegs wie in 2022, sondern mit einem moderaten Anstieg. Seite 7
Immobilien sind für Normalverdiener Kreditnehmer vermehrt Zahlungs- vielerorts kaum mehr bezahlbar. Die schwierigkeiten? gestiegenen Bauzinsen, Inflation, Ma- terial- und Fachkräftemangel haben Kling: Wir sehen seit Jahresmitte einen dies weiter befeuert. Wird es nun zu Rückgang in der Kreditnachfrage. Eine nachhaltigen Preiskorrekturen kom- Zunahme an Zahlungsschwierigkei- men? ten unserer Kunden können wir aktuell nicht bestätigen. Zudem waren unsere Kling: Aktuell beobachten wir eine Zu- Kunden durch lange Zinsbindungen rückhaltung bei Immobilienverkäufern. zunächst über diesen Zeitraum abgesi- Gründe hierfür liegen unter anderem im chert, bei den jetzt auslaufenden Zins- kleiner werdenden Käufermarkt. Sollte bindungen war das Zinsniveau bei Ab- der Verkaufsdruck bei Immobilienbesit- schluss meist ähnlich wie heute. zern steigen, wird dies in den meisten Fällen nur zu geringeren Verkaufsprei- Welchen Rat würden Sie im Moment sen möglich sein. Dies gilt vor allem für einer jungen Familie mit auf den Weg Bestandsimmobilien, die sich schlechter geben, die mit einer eigenen Immobilie entwickeln dürften als Neubauten. Einen liebäugelt? Preiseinbruch erwarten wir nicht, zumal die Preisübertreibungen in Deutschland Kling: In den aktuell schwierigen Zeiten nicht so ausgeprägt sind wie in anderen mit hoher Inflation und hohen Kredit- Ländern wie beispielsweise in den USA. zinsen, Mangel an Baumaterialien oder immer länger werdenden Bauzeiten ist eine gute und umfassende Finanzie- Die hohe Inflation bringt viele Haushal- rungsberatung essentiell. Nur so kön- te an ihre finanziellen Grenzen. Stellen nen die individuellen Bedürfnisse des Sie einen Rückgang bei der Nachfrage Kreditnehmers optimal in der Finanzie- nach Immobilienkrediten fest? Haben rungsstruktur berücksichtigt werden. Bildquelle: Ground Picture/ Shutterstock.com Seite 8
Debeka Bildquelle: Debeka Die Höhe der Bauzinsen hat sich seit Anfang 2022 vervierfacht. Ist der Zenit erreicht? Dr. Benner: Zu Beginn des Jahres hätte wohl niemand vorhergesehen, dass die Kombination aus Inflation, steigenden Leitzinsen und hohen Bundesbank-Ren- diten zu einem derart rasanten Anstieg der Zinsen für Baufinanzierungen füh- ren würde. Über den Sommer hatte sich die Zinsentwicklung etwas stabilisiert, bevor zuletzt die erneute Anhebung der Leitzinsen seitens der EZB erneut Dr. Gerd Benner, Leiter Unternehmens- zu einem Plus bei den Bauzinsen ge- kommunikation Debeka führt hatte. Wir gehen zwar davon aus, dass die Zinsen sich mittelfristig auf dem derzeitigen Niveau stabilisieren werden, Immobilien sind für Normalverdiener eine belastbare Prognose ist allerdings vielerorts kaum mehr bezahlbar. Die aufgrund der wechselhaften Marktsitu- gestiegenen Bauzinsen, Inflation, Ma- ation derzeit nicht möglich. terial- und Fachkräftemangel haben dies weiter befeuert. Wird es nun zu nachhaltigen Preiskorrekturen kom- Wo sehen Sie die Bauzinsen im Laufe men? des Jahres 2023? Dr. Benner: Wir beobachten am Markt Dr. Benner: Eine baldige Rückkehr zu bereits eine deutliche Stagnation der den extrem günstigen Bauzinsen der Immobilienpreisentwicklung bis hin zu vergangenen Jahre erscheint zum aktu- leicht sinkenden Preisen. Es gibt hierbei ellen Zeitpunkt sehr unwahrscheinlich. jedoch deutliche regionale Unterschie- Im Gegenteil, die weiterhin anziehende de. Zudem spielen die Energieeffizienz Inflation wird voraussichtlich weitere und der Zustand der Objekte eine zu- Anhebungen der Leitzinsen und eine nehmende Rolle. Straffung der Geldpolitik erforderlich machen. Allerdings ist der Markt der- zeit von großen Unsicherheiten geprägt, sodass im Jahresverlauf durchaus auch Schwankungen hin zu sinkenden Bau- zinsen möglich sind. Seite 9
Die hohe Inflation bringt viele Haushal- Welchen Rat würden Sie im Moment te an ihre finanziellen Grenzen. Stellen einer jungen Familie mit auf den Weg Sie einen Rückgang bei der Nachfrage geben, die mit einer eigenen Immobilie nach Immobilienkrediten fest? Haben liebäugelt? Kreditnehmer vermehrt Zahlungs- schwierigkeiten? Dr. Benner: Die gestiegenen Bauzinsen müssen kein Grund sein, der den Traum Dr. Benner: Wir führen den branchen- vom Eigenheim platzen lässt. Die aktu- weiten Rückgang bei der Nachfrage elle Situation auf dem Immobilienmarkt nach Baufinanzierungen nicht aus- eröffnet vielfach Chancen bei der Kauf- schließlich auf die gestiegene Inflation preisverhandlung, zudem haben viele und damit ggf. verbundene Zahlungs- Familien in Zeiten mobiler Arbeit eine schwierigkeiten zurück. Insbesondere neue Flexibilität bei der Wahl des Wohn- bei Neubauten und Modernisierungen orts gewonnen. Junge Familien, die erst führen Lieferschwierigkeiten weiterhin in Zukunft eine Immobilie erwerben dazu, dass Projekte verzögert oder sogar oder modernisieren möchten, sollten in verworfen werden. Zudem hatte sich im jedem Fall den Abschluss eines Bauspar- vergangenen Sommer der Wegfall der vertrags erwägen. Denn damit können KfW-Förderprogramme auf die Nach- sie schon jetzt beginnen, Eigenkapital frage ausgewirkt, einige Finanzierungen anzusparen und sich gleichzeitig ein sind hierdurch auch nicht zustande ge- günstiges Darlehen sichern. kommen. Einen Anstieg von Zahlungs- schwierigkeiten haben wir bei unserem Kundenstamm noch nicht festgestellt. Bildquelle: New Africa/ Shutterstock.com Seite 10
Degussa Bank Bildquelle: Degussa Bank erreicht an und rechnen für das Jahr 2023 mit keinem signifikant weiter stei- genden Zinsniveau im Bereich der Hy- pothekenzinsen. Immobilien sind für Normalverdiener vielerorts kaum mehr bezahlbar. Die gestiegenen Bauzinsen, Inflation, Ma- terial- und Fachkräftemangel haben dies weiter befeuert. Wird es nun zu nachhaltigen Preiskorrekturen kom- men? Hoerschelmann: Erste Anzeichen für Preiskorrekturen sind schon erkennbar, vor allem bei klassischen Kapitalanla- Jens Hoerschelmann, Immobilienkredite gen. Mittelfristig wird es aus unserer Privatkunden Degussa Bank Sicht zu Anpassungen der Kaufpreise kommen, mit deutlichen regionalen Un- Die Höhe der Bauzinsen hat sich seit terschieden. Anfang 2022 vervierfacht. Ist der Zenit erreicht? Die hohe Inflation bringt viele Haushal- te an ihre finanziellen Grenzen. Stellen Hoerschelmann: Nach einem turbulen- Sie einen Rückgang bei der Nachfrage ten Jahr mit Teils kräftigen Zinsanstie- nach Immobilienkrediten fest? Haben gen in sehr kurzen Zeiträumen, sieht Kreditnehmer vermehrt Zahlungs- man im November die Zinsen wieder schwierigkeiten? etwas fallen. Viele Zinssteigerungen in diesem Jahr sind aus unserer Sicht auf Hoerschelmann: Nachdem im ersten vorweggenommene Effekte zurückzu- Quartal mit Beginn der Zinswende führen. Wir gehen davon aus, dass der nochmals ein deutlicher Anstieg der Zenit bei den Baufinanzierungszinsen Nachfrage festzustellen war, ist diese vorerst erreicht ist und wir in den nächs- Mitte des Jahres deutlich eingebrochen. ten Monaten eine Stabilisierung der Zin- Mit nachlassender Verunsicherung bei sen sehen. dem Thema Energiekosten rechnen wir wieder mit einer steigenden Nachfrage. Die eigenen vier Wände oder auch die Wo sehen Sie die Bauzinsen im Laufe Immobilie als Kapitalanlage wird wei- des Jahres 2023? terhin nachgefragt werden, auch wenn der Boom der letzten Jahre erst einmal Hoerschelmann: Wie eben schon ge- vorbei sein dürfte. Vermehrte Zahlungs- sagt, sehen wir insbesondere bei den schwierigkeiten stellen wir bei unseren längeren Laufzeiten eher den Zenit als Kunden nicht fest. Seite 11
Welchen Rat würden Sie im Moment einer jungen Familie mit auf den Weg geben, die mit einer eigenen Immobilie liebäugelt? Hoerschelmann: Geduld und gute Pla- nung. Kalkulieren Sie für sich, wie Ihr finanzielles Budget aussieht, wie viel kann ich monatlich an Rate aufbringen und welche Puffer benötige ich für un- erwartete Ausgaben. Erkundigen Sie sich nach verschiedenen Möglichkeiten der Finanzierung, welche staatlichen Förderungen können genutzt werden und was muss gegebenenfalls noch ins Kaufobjekt investiert werden. Viele Tipps und Hilfestellungen zu dem Thema Im- mobilie finden Sie auf der Seite www. heim-und-immobilie.de. Bildquelle: T. Schneider /Shutterstock.com Deutsche Bank Bildquelle: Deutsche Bank Die Höhe der Bauzinsen hat sich seit Anfang 2022 vervierfacht. Ist der Zenit erreicht? Grunwald: Unsere Volkswirte erwarten, dass die zehnjährigen Bundrenditen im Jahr 2023 nur noch leicht zulegen und mit 2,6 Prozent ihren Höhepunkt er- reichen. Entsprechend dürfte auch der Anstieg bei den Bauzinsen begrenzt sein. Langfristig hängt das Zinsniveau von der Inflationshöhe ab, diese könn- te aufgrund lockerer Fiskalpolitik und Eva Grunwald, Leiterin Immobiliengeschäft einem noch intensiveren Arbeits- und Privatkundenbank Deutsche Bank Fachkräftemangel und einem daraus re- sultierendem kräftigen Lohnwachstum Seite 12
hoch bleiben. Inflationsbereinigt wäre Bauherren und Käufer. Die Nachfrage ist es aber keine Überraschung, wenn die folglich zurückgegangen und die Haus- Bundrenditen wie in den letzten Jahren und Wohnungspreise sind um einige weiter im negativen Bereich liegen. Prozentpunkte gefallen. Es gibt aber auch wichtige gegenläufige Entwicklun- Wo sehen Sie die Bauzinsen im Laufe gen. Die Zunahme der fundamentalen des Jahres 2023? Angebotsknappheit wirkt preistreibend, genauso wie die hohe Inflation. Es gibt Grunwald: Im Zuge steigender Leitzin- also gute Gründe, warum sich die Preise sen und Anleiherenditen ist Baugeld in in den kommenden Monaten stabilisie- Deutschland nochmals deutlich teurer ren könnten. geworden. Die durchschnittlichen Hy- pothekenzinsen für Darlehen mit fünf- bis zehnjähriger Zinsbindung lagen im Die hohe Inflation bringt viele Haushal- September bei 2,96 Prozent, bei weiter te an ihre finanziellen Grenzen. Stellen zunehmender Tendenz. Wir haben unse- Sie einen Rückgang bei der Nachfrage re Zinsprognosen für das Jahresende auf nach Immobilienkrediten fest? Haben 2,9 Prozent und für Ende 2023 auf 3,2 Kreditnehmer vermehrt Zahlungs- Prozent angehoben. Grundsätzlich sind schwierigkeiten? Zinsprognosen im aktuellen, dynami- schen Umfeld jedoch deutlich schwie- Grunwald: Aktuell beobachten wir in riger und müssen öfter angepasst wer- der Immobilienfinanzierung einen Rück- den. gang. Neben den gestiegenen Zinsen spielen die höheren Kosten für Bauleis- Immobilien sind für Normalverdiener tungen und Energiekosten sowie der vielerorts kaum mehr bezahlbar. Die Fachkräftemangel eine wichtige Rolle. gestiegenen Bauzinsen, Inflation, Ma- Zudem sind Kundinnen und Kunden terial- und Fachkräftemangel haben im Moment generell vorsichtiger bei dies weiter befeuert. Wird es nun zu Investitionsentscheidungen. Wir gehen nachhaltigen Preiskorrekturen kom- davon aus, dass das Immobiliengeschäft men? branchenweit nicht nur kurzfristig, son- dern auf mittlere Sicht schwächer ausfal- Grunwald: Die deutlich höheren Finan- len wird – auch in Abhängigkeit von der zierungszinsen erhöhen die Kosten für weiteren Zinsentwicklung. Bildquelle: Stefan Dinse Shutterstock.com Seite 13
Welchen Rat würden Sie im Moment weiterhin niedrigen Zinsen an. Alter- einer jungen Familie mit auf den Weg nativ ist die Zinsänderungsabsicherung geben, die mit einer eigenen Immobilie durch die Einbindung eines Bausparver- liebäugelt? trags überlegenswert. Da man sich mit dem Abschluss einer Baufinanzierung Grunwald: Die Investition in die eigenen über viele Jahre bindet, ist es wichtig, vier Wände ist grundsätzlich sinnvoll. dass das Finanzierungskonzept zur eige- Ein eigenes Haus oder eine Eigentums- nen Vermögenssituation und Lebens- wohnung dient zum einen dem Vermö- planung passt. Eine gute Beratung se- gensaufbau und stellt einen wichtigen hen wir daher als Grundvoraussetzung Baustein für die Altersvorsorge dar, da vor jeder Finanzierungsentscheidung. sie mietfreies Wohnen im Alter ermög- Der Ansatz der Deutschen Bank ist eine licht. Wer seinen Traum von den eige- gründliche, individuelle Analyse der fi- nen vier Wänden verwirklichen möchte, nanziellen Ausgangslage und eine um- sollte zunächst Eigenkapital ansparen, fassende Beratung. Aufbauend darauf um die Belastung aus der Finanzierung erstellen wir gemeinsam mit dem Kun- möglichst gering zu halten. Unsere Emp- den ein tragfähiges Finanzierungskon- fehlung ist nach wie vor eine Eigenkapi- zept. talquote von mindestens 20 Prozent. Längere Zinsbindungen zur Absiche- rung des Zinsänderungsrisikos, verbun- den mit einer höheren Tilgung bieten- sich angesichts der aktuell steigenden, aber im historischen Vergleich dennoch Engel & Völkers Finance Die Höhe der Bauzinsen hat sich seit Anfang 2022 vervierfacht. Ist der Zenit erreicht? Scheidler: Ob der Zenit erreicht ist, ist schwer zu prognostizieren. Ich gehe aber nicht davon aus, dass die Zinsen weiter so stark ansteigen werden wie in den vergangenen Monaten. Möglicher- weise wird der Leitzins in diesem Jahr nochmals erhöht. Bildquelle: Engel&Völkers Rebecca Scheidler, Geschäftsführerin Engel und Völkers Finance Seite 14
Wo sehen Sie die Bauzinsen im Laufe dass eine hohe Nachfrage nach Wohn- des Jahres 2023? raum einem geringen Angebot gegen- übersteht. Preiskorrekturen dürften aus Scheidler: Selten war eine konkrete Vor- unserer Sicht nur vorübergehend sein. hersage so schwierig wie aktuell. Ein solch signifikanter Zinsanstieg wie in den ersten Monaten 2022 erscheint mir Die hohe Inflation bringt viele Haushal- auf absehbare Zeit aber unrealistisch. te an ihre finanziellen Grenzen. Stellen Ebenso glaube ich nicht, dass wir zu den Sie einen Rückgang bei der Nachfrage niedrigen Zinsen der letzten Jahre zu- nach Immobilienkrediten fest? Haben rückkehren werden. Die Wahrheit wird Kreditnehmer vermehrt Zahlungs- wohl irgendwo dazwischen liegen. Und schwierigkeiten? wir dürfen nicht vergessen: Im histori- schen Kontext sind die aktuellen Bauzin- Scheidler: Die Zahl der Anfragen hat sen immer noch niedrig. sich tatsächlich etwas verringert. Wir merken aber vor allem auch, dass der Beratungsbedarf deutlich gestiegen ist. Immobilien sind für Normalverdiener Die Banken sind bei der Vergabe von vielerorts kaum mehr bezahlbar. Die Krediten zunehmend restriktiver, sodass gestiegenen Bauzinsen, Inflation, Ma- Finanzierungen ohne Eigenkapital sel- terial- und Fachkräftemangel haben tener bewilligt werden, in der Regel nur dies weiter befeuert. Wird es nun zu dann, wenn andere Faktoren die Kredit- nachhaltigen Preiskorrekturen kom- würdigkeit positiv beeinflussen. men? Aufgrund der Inflation haben die Banken auch die Haushaltspauschalen, die der Scheidler: Unsere repräsentative Studie Berechnung der Kredithöhe zugrunde 2022 hat gezeigt, dass der Wunsch nach liegen, erhöht. All das gilt es bei einem Wohneigentum ungebrochen ist, aber Immobilienkredit zu berücksichtigen. auch, dass fast zwei Drittel aller Deut- Dazu beraten wir gern. Als Vermittler schen sich ohne zusätzliches Kapital in können wir zu laufenden Krediten wenig Form von Schenkung oder Erbschaft sagen. Allerdings geben wir zu beden- keine Immobilie leisten können. Fast ken, dass Kundinnen und Kunden, die 40 Prozent der Befragten wären bereit, vor 15 Jahren ihre Immobilie finanziert Abstriche bei der Lage der Immobilie haben, auch schon höhere Zinsen zah- zu machen und dadurch den Kaufpreis len mussten. Da sich die Darlehenshöhe zu reduzieren. Gut ein Drittel würde im Laufe der Jahre reduziert hat, dürften auf eine hochwertige Ausstattung bzw. Zahlungsschwierigkeiten eher eine Aus- einen eigenen (großen) Garten verzich- nahme sein. ten. Viele Kaufinteressierte warten der- zeit, wie sich die Preise entwickeln. Wir gehen davon aus, dass Verkäufer ihre Vorstellungen je nach Lage kurzfristig etwas nach unten korrigieren müssen. Langfristig ist es aber immer noch so, Seite 15
Welchen Rat würden Sie im Moment einer jungen Familie mit auf den Weg geben, die mit einer eigenen Immobilie liebäugelt? Scheidler: Für die meisten ist der Kauf einer eigenen Immobilie das größte In- vestment ihres Lebens. Natürlich möch- te da niemand eine falsche Entschei- dung treffen. Einer jungen Familie, die mit einer Immobilie liebäugelt, würde ich raten, sich kompetente Beratung zu suchen, um eine Finanzierung so zu gestalten, dass die Traumimmobilie am Ende bezahlt werden kann und trotz- dem die Lebensqualität nicht leidet. Egal ob Zinsbindung, Tilgungshöhe oder die Wahl des richtigen Finanzierungsanbie- ters – mit der individuellen Fokussierung Bildquelle: Andrzej Rostek/ Shutterstock.com auf die verschiedenen Stellschrauben finden sich meist Wege zur Realisierung der Wunschimmobilie. Dafür steht unser Team gern zur Verfügung. Hüttig & Rompf Bildquelle: Hüttig & Rompf Die Höhe der Bauzinsen hat sich seit Anfang 2022 vervierfacht. Ist der Zenit erreicht? Rompf: Dass die Zinswende so heftig ausfällt, hat alle am Immobilienmarkt kalt erwischt. Ich denke wir alle sind uns einig, dass die Zeit der Niedrigzinsen definitiv vorbei ist. Der Markt erwartet noch weitere Zinserhöhungen der Euro- päischen Zentralbank, die noch einen zusätzlichen Effekt auf die Baufinanzie- rung haben könnten, wobei hier schon einiges vorweggenommen wurde. Den- Ditmar Rompf, Vorstandsvorsitzender noch ist nicht auszuschließen, dass wir Hüttig & Rompf auch kurz- und mittelfristig noch weite- re Zinssteigerungen erleben werden. Seite 16
Wo sehen Sie die Bauzinsen im Laufe der Kaufpreise. In jedem Fall bieten sich des Jahres 2023? für Kaufinteressenten aktuell wieder Ver- handlungsspielräume. Mussten sie am Rompf: Aktuell herrscht eine sehr hohe Jahresanfang noch sofort zusagen, kann Unsicherheit im Markt. Klarheit darüber, man heute hin und wieder ein wenig wohin sich der längerfristige Trend bei verhandeln. den Bauzinsen entwickelt, werden wir wahrscheinlich erst in Richtung Früh- jahr erlangen. Viel hängt hierbei auch Die hohe Inflation bringt viele Haushal- von der Inflationsentwicklung und der te an ihre finanziellen Grenzen. Stellen Aggressivität, mit der die Notenban- Sie einen Rückgang bei der Nachfrage ken dieser entgegentreten, ab. Über- nach Immobilienkrediten fest? Haben rascht beispielsweise die Inflation auf Kreditnehmer vermehrt Zahlungs- der Oberseite, könnte die EZB schärfere schwierigkeiten? Zinsschritte als erwartet vornehmen, was sich letzten Endes auch in den Bau- Rompf: Wir vermerken definitiv eine zinsen widerspiegeln wird. deutliche Verunsicherung bei den Ver- brauchern und Immobilieninteres- senten. Angesichts steigender Zinsen, Immobilien sind für Normalverdiener immer noch hoher Kaufpreise und stei- vielerorts kaum mehr bezahlbar. Die gender Lebenshaltungskosten können gestiegenen Bauzinsen, Inflation, Ma- sich zunehmend weniger Menschen terial- und Fachkräftemangel haben eine Immobilie leisten. Gleichzeitig ist dies weiter befeuert. Wird es nun zu auch die Darlehensvergabe restriktiver nachhaltigen Preiskorrekturen kom- geworden. Entsprechend ist die Anzahl men? der vermittelten Finanzierungen in den letzten Monaten merklich zurückgegan- Rompf: Zuletzt waren erstmals seit gen. Schon aus der eigenen Verantwor- langer Zeit in einigen Regionen leich- tung heraus hat sich der prozentuale te Rückgänge der durchschnittlichen Anteil der Kaufinteressenten, den wir Wohnimmobilienpreise zu beobachten. wieder nach Hause schicken müssen, Dies auf eine Anpassung an die neuen deutlich erhöht. Viele drohen schlicht, makroökonomischen Gegebenheiten sich zu übernehmen oder bekämen von zurückführen zu wollen, greift allerdings den Banken aktuell ohnehin eine Absa- zu kurz. Vielmehr fehlen durch die ge- ge. stiegenen Baufinanzierungszinsen und die in den letzten zehn Jahren massiv gestiegenen Verkaufspreise für Immobi- lien die Kapitalanleger im Markt. Für die- se Käufergruppe lohnt sich in vielen Fäl- len ein Investment in Immobilien zurzeit nicht. Auch der Eigennutzer kann sich die gewünschte Immobilie häufig nicht leisten oder ist verunsichert durch Fak- toren wie Inflation, Energiekrise oder die drohende Rezession. Durch die geringe- re Nachfrage nach Immobilien rechnen wir mit einer moderaten Reduzierung Bildquelle: Ground Picture/ Shutterstock.com Seite 17
Welchen Rat würden Sie im Moment sammensetzen und alle Details durch- einer jungen Familie mit auf den Weg kalkulieren. Gemeinsam können dann geben, die mit einer eigenen Immobilie die Optimierungspotenziale ausgelotet liebäugelt? und das Maximum aus der individuellen Situation herausgeholt werden. Rompf: Der Zinsschock war für viele In- teressenten, insbesondere junge Men- schen, ein großes Ärgernis, da sich die Finanzierungskosten schlagartig erhöht haben. Doch es gibt im Rahmen der Im- mobilienfinanzierung eine Reihe sinn- voller Möglichkeiten, um sich finanzielle Spielräume zu schaffen und sich den Wunsch nach Wohneigentum auch trotz des schwierigeren Zinsumfelds zu erfül- len. Beispielsweise lassen sich die mo- natlichen Raten geringer halten, indem niedrige Tilgungsraten gewählt werden. Gleichzeitig lassen sich über Bauspar- verträge günstigere Zinsen für die Zu- kunft sichern. In jedem Fall sollte man sich so früh wie möglich mit einem kom- petenten Finanzierungsexperten zu- Bildquelle: Valentina Shilkina/ Shutterstock.com HypoVereinsbank Bildquelle: Hypovereinsbank Die Höhe der Bauzinsen hat sich seit Anfang 2022 vervierfacht. Ist der Zenit erreicht? Heeg-Rupprecht: Die Europäische Zen- tralbank hat mit einem historischen Zinsschritt auf die anhaltend hohe In- flation in der Eurozone reagiert. Sie hob den Leitzins zuletzt um 0,75 Prozent- punkte an. Damit liegt der Leitzins, zu dem sich Geschäftsbanken frisches Geld bei der EZB leihen können, bei 2,0 Pro- zent. Eine so starke Zinserhöhung hat es seit Einführung des Euro-Bargelds im Jahr 2002 noch nie gegeben. Kurz- bis mittelfristig müssen wir weiter von einer Jana Heeg-Rupprecht, Leiterin Baufinan- Seitwärtsbewegung beziehungsweise zierung HypoVereinsbank steigenden Zinsen ausgehen. Seite 18
Wo sehen Sie die Bauzinsen im Laufe Viele Käufer warten ab und hoffen auf des Jahres 2023? niedrigere Kaufpreise. Verkäufer warten ab, da keine „Not“ zum Verkauf besteht. Heeg-Rupprecht: Aufgrund der unter Wir gehen davon aus, dass die Kaufprei- anderem künftig geforderten strenge- se entsprechend korrigieren werden. ren Risikovorsorge für die Kreditgeber ist damit zu rechnen, dass die Finanzie- rungzinsen weiter steigen, vor allem bei Die hohe Inflation bringt viele Haushal- Anfragen mit einem hohen Beleihungs- te an ihre finanziellen Grenzen. Stellen auslauf. Sie einen Rückgang bei der Nachfrage nach Immobilienkrediten fest? Haben Kreditnehmer vermehrt Zahlungs- Immobilien sind für Normalverdiener schwierigkeiten vielerorts kaum mehr bezahlbar. Die gestiegenen Bauzinsen, Inflation, Ma- Heeg-Rupprecht: Unser Kundenklientel terial- und Fachkräftemangel haben ist eher im gehobenen Segment, sodass dies weiter befeuert. Wird es nun zu wir aktuell noch wenig Veränderung des nachhaltigen Preiskorrekturen kom- Anfrageniveaus sehen. In Bezug auf die men? Finanzierung der Wohnimmobilien be- obachten wir bei unseren Kunden nach Heeg-Rupprecht: Die Entwicklung der wie vor ein sehr rationales Verhalten bei Wohnimmobilienpreise hat sich auch der Finanzierungsentscheidung. Im Mo- während der Coronapandemie als äu- ment bringen unsere Privatkunden bei ßerst krisenresilient erwiesen. Die Preis- der Immobilienfinanzierung trotz der steigerungen wurden im Laufe des hohen Kaufpreise und der steigenden Jahres durch die steigenden Zinsen ge- Inflation rund 20 Prozent Eigenkapital dämpft. Auf den privaten Immobilien- mit. markt bezogen, sehen wir, dass sich ak- tuell Käufer und Verkäufer nicht „finden“. Welchen Rat würden Sie im Moment einer jungen Familie mit auf den Weg geben, die mit einer eigenen Immobilie liebäugelt? Heeg-Rupprecht: Kunden sollten Ge- duld bei der Immobiliensuche mitbrin- gen und die finanziellen Möglichkeiten im Vorfeld prüfen lassen. Das heißt auch, dass die Immobilie auch wirklich zum eigenen finanziellen Rahmen passen muss. Es gibt gute Zinsabsicherungsmo- delle, für Planungssicherheit und Minde- rung des Zinsänderungsrisikos. Bildquelle: Levent Konuk/ Shutterstock.com Seite 19
ING Die Höhe der Bauzinsen hat sich seit Anfang 2022 vervierfacht. Ist der Zenit erreicht? Hein: Die Bauzinsen befinden sich ak- tuell (November 2022) durchschnitt- lich auf einem Elfjahreshoch. Wir gehen davon aus, dass dieses Niveau bis Ende des Jahres stabil bleiben wird. Insgesamt befinden wir uns aber immer noch auf einem relativ niedrigen Zinsniveau. So war zum Beispiel das Zinsniveau um die Jahrtausendwende zwischen fünf und Bildquelle: ING sieben Prozent. Thomas Hein, Leiter Vertrieb Immobilien- finanzierung ING Wo sehen Sie die Bauzinsen im Laufe des Jahres 2023? Die hohe Inflation bringt viele Haushal- te an ihre finanziellen Grenzen. Stellen Hein: In Abhängigkeit diverser Rahmen- Sie einen Rückgang bei der Nachfrage bedingungen, wie der Inflationsrate, ist nach Immobilienkrediten fest? Haben in 2023 mit einem weiteren Anstieg zu Kreditnehmer vermehrt Zahlungs- rechnen. schwierigkeiten? Hein: Die Nachfrage nach Immobilien- Immobilien sind für Normalverdiener krediten ist aktuell sehr volatil. Natürlich vielerorts kaum mehr bezahlbar. Die überlegen Kunden heute aufgrund der gestiegenen Bauzinsen, Inflation, Ma- genannten Rahmenbedingungen in- terial- und Fachkräftemangel haben tensiver, ob es der richtige Zeitpunkt ist, dies weiter befeuert. Wird es nun zu um Immobilieneigentum zu erwerben. nachhaltigen Preiskorrekturen kom- Auch wird der Markt vor allem im Hin- men? blick auf Verkaufspreise genauer unter die Lupe genommen, weil man auf Preis- Hein: Wir beobachten in manchen Re- nachlässe von Verkäufern hofft, die aller- gionen bereits einen Preisrückgang bei dings im Wohneigentumssegment der- Immobilien. Dies allerdings nicht flä- zeit nicht bereit sind, von den geplanten chendeckend. Aktuell ist eher eine ab- Verkaufspreisen deutliche Abstriche wartende Situation auf Nachfrage- und hinzunehmen. Vermehrte Zahlungs- Angebotsseite feststellbar. schwierigkeiten können wir bei unseren Kunden nicht beobachten. Seite 20
Welchen Rat würden Sie im Moment einer jungen Familie mit auf den Weg geben, die mit einer eigenen Immobilie liebäugelt? Hein: Das hängt von den individuellen Umständen ab. Wenn sie genug Eigen- kapital hat, um mindestens die Kauf- nebenkosten zu decken und sich nach- weislich die monatliche Rate aus Zins und Tilgung nachhaltig leisten kann, dann kann der Kauf einer Wunschimmo- bilie immer noch sinnvoll sein. Da spie- len aber natürlich auch weitere Themen wie Arbeitsplatzsicherheit und Lage der Immobilie eine große Rolle. Bildquelle: Pavel L Photo and Video. / Shutterstock.com Weitere Ratgeber Geldanlage Girokonten Sparen Immobilien Darlehen Verbraucherschutz Soziales Seite 21
Sparda-Bank Baden-Württemberg Bildquelle: Sparda Bank Baden-Württemberg Immobilien sind für Normalverdiener vielerorts kaum mehr bezahlbar. Die gestiegenen Bauzinsen, Inflation, Ma- terial- und Fachkräftemangel haben dies weiter befeuert. Wird es nun zu nachhaltigen Preiskorrekturen kom- men? Küchle: Wir gehen davon aus, dass der energetische Zustand von Immobilien eine immer größere Rolle in der Preis- gestaltung einnimmt. So wird es in Ab- hängigkeit vom energetischen Zustand Andreas Küchle, Pressesprecher Sparda Bank eine differenzierte Entwicklung der Im- Baden-Württemberg mobilienpreise geben. Aus unserer Sicht ist bei niedrigen Energieeffizienzklassen sogar ein Preisrückgang von zehn bis 20 Die Höhe der Bauzinsen hat sich seit Prozent vorstellbar. Anfang 2022 vervierfacht. Ist der Zenit erreicht? Die hohe Inflation bringt viele Haushal- Küchle: Aktuell bemerken wir eine kurz- te an ihre finanziellen Grenzen. Stellen fristige Entspannung an der Zinsfront. Sie einen Rückgang bei der Nachfrage Allerdings werden uns die Risiken, die nach Immobilienkrediten fest? Haben aus der derzeitigen wirtschaftlichen und Kreditnehmer vermehrt Zahlungs- weltpolitischen Lage – wie Inflation und schwierigkeiten? Konjunktur – entstanden sind, auch wei- terhin begleiten. Folglich können diese Küchle: In der zweiten Jahreshälfte ist Risiken mittelfristig (2023) das Potential für uns der Rückgang von Finanzie- für mögliche Zinserhöhungen liefern. rungsnachfragen deutlich spürbar. Er- höhte Zahlungsschwierigkeiten unserer Kreditnehmer sind für uns aber glückli- Wo sehen Sie die Bauzinsen im Laufe cherweise nicht erkennbar. des Jahres 2023? Küchle: Die konkrete Entwicklung ist na- türlich unmöglich vorherzusagen. Von 3,75 Prozent bis hin zu 5,00 Prozent ist aus unserer Sicht jedes Szenario realis- tisch. Seite 22
Welchen Rat würden Sie im Moment einer jungen Familie mit auf den Weg geben, die mit einer eigenen Immobilie liebäugelt? Küchle: Pauschal lässt sich diese Frage nicht seriös beantworten. Schließlich ist die Situation jedes Kunden anders und muss daher individuell betrachtet werden. Unser Anliegen ist, Lösungen anzubieten, die zur jeweiligen Lebenssi- tuation unserer Kunden passen. Grund- sätzlich ist aber – natürlich immer auch in Abhängigkeit des Sicherheitsbedürf- nisses und der Vermögenssituation des Kunden – eine lange Zinsbindung eher von Vorteil. Bei Neubauvorhaben emp- fehlen wir, soweit möglich, eine Fest- preisgarantie des Bauträgers. Ist das nicht möglich, raten wir zu einem aus- reichend großen Puffer, um eventuellen Bildquelle: hans.slegers / Shutterstock.com Preissteigerungen und Verzögerungen begegnen zu können. Bildquelle: Pavel L Photo and Video. / Shutterstock.com Seite 23
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