LBBW Kapitalmarktkompass-Update - Unterschätzen die Zentralbanken die Inflationsgefahr?
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15.06.2021 Rolf Schäffer, Martin Güth, Dr. Jens-Oliver Niklasch, Elmar Völker LBBW Kapitalmarktkompass-Update Unterschätzen die Zentralbanken die Inflationsgefahr? Erstellt am: 15.06.2021 09:57
Inflation steigt, Renditen fallen – wie passt das zusammen? 10j. Staatsanleihenrenditen rückläufig Inflationsraten ziehen massiv an Aktien steigen weiter Rohstoffpreise: Basismetalle konsolidieren, Energierohstoffe steigen weiter Quelle: Refinitiv, LBBW Research 15.06.2021 LBBW Kapitalmarktkompass-Update 2
Corona-Update • Die Inzidenzen sinken in Europa weiter. Das wärmere Wetter und der Impffortschritt haben bislang offenbar einen größeren Einfluss als Lockerungsschritte und die Delta-Variante. Maßnahmen der Infektionseindämmung werden zurückgenommen, die wirtschaftliche Erholung kann weiter voranschreiten. • Eine Ausnahme stellt Großbritannien mit einem neuerlichen spürbaren Infektionsanstieg dar. Die geplante Rücknahme der letzten Restriktionen wurde um einen Monat verschoben. Grund für den Infektionsanstieg ist offenbar die Delta-Variante, welche Meldungen zufolge bereits 90% der Neuinfektionen ausmacht. • Zwar steigt der Anteil der Delta-Variante auch in Deutsch- land; hier befindet er sich aber noch im einstelligen Prozentbereich. Wir gehen davon aus, dass das Impfen hinreichend schnell voranschreitet, so dass die Variante nicht zu einem größeren Problem wird. Langfristig wird sie oder andere ansteckendere Varianten wohl auch in Deutschland zur dominierenden Variante werden. • Das Impftempo wird in Deutschland in den kommenden Wochen seinen Zenit erreichen. In den USA ist dieser Rolf Schäffer, CIIA Martin Güth, CQF Gruppenleiter Strategy/Macro Senior Economist bereits lange überschritten. Die Impfbereitschaft scheint Tel: +49 711 127–76580 Tel: +49 711 127–79603 nur noch einen geringeren weiteren Anstieg der rolf.schaeffer@LBBW.de martin.gueth@LBBW.de Impfquote zuzulassen. 15.06.2021 LBBW Kapitalmarktkompass-Update 3
Europa: Déjà-vu?! Neue Mutante lässt in Großbritannien die Inzidenzen steigen, Kontinentaleuropa weiter entspannt Neuinfektionszahlen pro 100 Tsd. Einwohner Summe der jeweils zurückliegenden sieben Tage • Die Situation entspannt sich zumeist weiter deutlich. • Ausbreitung der indischen oder auch Delta genannten Variante in Großbritannien lässt Inzidenz spürbar steigen. Diese Variante ist in UK nun für über 90% der Neuinfektionen verantwortlich. Der für den 21. Juni geplante letzte Öffnungsschritt wurde auf den 19. Juli verschoben. • Bisher noch keine rasche Ausbreitung der Delta-Variante in Deutschland: Anteil der Delta- Variante von 1,4% in KW 17, 1,8% in KW 18, 2,5% in KW 19 auf 3,1% in KW 20 gestiegen. Für KW 21 wird sie mit 2,5% angegeben. • Da die Delta-Variante noch ansteckender ist, dürfte sie langfristig auch bei uns zur dominierenden Variante werden. Vorerst lässt aber u.a. das Quelle: Refinitiv, LBBW Research Impfen die Zahlen weiter sinken. 15.06.2021 LBBW Kapitalmarktkompass-Update 4
Impfquote: In Deutschland und UK weiter steil steigend, in den USA scheint nicht mehr viel zu gehen Impfquote (erste Impfung) Impfquote (vollständig geimpft) (in % der Bevölkerung, Tagesdaten) • In der zweiten Junihälfte sollen die Impfstofflieferungen in Deutschland noch einmal etwas zulegen. Nachfolgend dürften die Lieferungen aber wieder etwas geringer ausfallen, d.h. das Impftempo dürfte demnächst seinen Zenit durchschreiten. Geringere Lieferungen von Johnson & Johnson in Q2 waren absehbar, doch die Kürzung um 6,5 Mio. Dosen ist durchaus schmerzlich. • In Deutschland und Großbritannien wird weiterhin mit maximalem Tempo geimpft. Nicht so in den USA: Die Anzahl an täglichen Corona-Impfungen ist seit Mitte April deutlich gesunken. 53% der US-Bevölkerung haben inzwischen eine erste Impfung erhalten. Dieser Wert ist zuletzt kaum noch gestiegen. Für eine Herdenimmunität dürfte dies nicht reichen. Gleichwohl sinken die Inzidenzen bislang. Umfangreiche Lockdown-Maßnahmen erwarten wir für die USA nicht mehr, zumal insbesondere solche Bundesstaaten, die diesbezüglich in der Vergangenheit restriktiver waren, eine höhere Impfquote aufweisen. Quelle: Refinitiv, LBBW Research 15.06.2021 LBBW Kapitalmarktkompass-Update 5
USA: Auch beim Thema Impfen ein gespaltenes Land Anteil der Einwohner je US-Bundesstaat mit mindestens einer Impfung in Prozent (blau über US-Durchschnitt, rot unter US-Durchschnitt von aktuell 52,5) 47,4 65,0 Alaska Maine 52,4 72,4 61,1 Wisconsin Vermont New Hampshire 59,1 38,6 46,6 43,0 55,8 57,2 50,2 58,0 68,6 Washington Idaho Montana North Dakota Minnesota Illinois Michigan New York State Massachusetts 56,9 47,4 38,2 49,3 50,4 43,2 47,2 60,9 62,6 65,2 62,9 Oregon Nevada Wyoming South Dakota Iow a Indiana Ohio Pennsylvania New Jersey Connecticut Rhode Island 59,0 46,7 56,1 49,6 43,4 48,1 42,2 57,2 59,5 56,5 California Utah Colorado Nebraska Missouri Kentucky West Virginia Virginia Maryland Delaw are 47,9 59,3 47,9 40,7 40,3 44,2 42,3 58,9 Arizona New Mexico Kansas Arkansas Tennessee North Carolina South Carolina District of Columbia 42,6 37,0 34,9 37,0 41,3 Oklahoma Louisiana Mississippi Alabama Georgia 68,4 46,2 51,5 Haw aii Texas Florida Quelle: Centers for Disease Control and Prevention, LBBW Research 15.06.2021 LBBW Kapitalmarktkompass-Update 6
USA: Impfbereitschaft scheint mit politischer Gesinnung zu korrespondieren Joe Bidens Stimmenanteil und Impfquote (Erstimpfungen) in Prozent in den jeweiligen Bundesstaaten 90 • Bundesstaaten, in denen bei der R²=0,62 letzten Wahl viele Menschen für US-Präsident Biden gestimmt 80 haben, weisen tendenziell eine Anteil der Bevölkerung mit mind. einer Impfung Vermont höhere Impfquote auf. 62% der Hawaii Variation der Impfquoten unter 70 den Bundesstaaten lässt sich Maine Massachusetts statistisch durch das District of Columbia Wahlergebnis erklären. Lässt 60 Maryland man Washington, D.C. als California Ausreißer außen vor, steigt der 50 Erklärungsgehalt gar auf 73%. West Virginia • Die Korrelation kann zwar keine Kausalität belegen. Auch eine 40 eher ländliche Struktur könnte Wyoming z.B. eine Rolle spielen. U.E. Mississippi dürfte eine geringere Impfbereit- 30 schaft in diesen Bundesstaaten aber zumindest teilweise für die 20 niedrigeren Impfquoten 20 30 40 50 60 70 80 90 100 verantwortlich sein. Stimmenanteil von Joe Biden bei der Präsidentschaftswahl 2020 • Entsprechend rechnen wir nicht mit einem „Aufholen“ dieser Staaten für die Zukunft. Die US- Quelle: MIT Election Data and Science Lab (https://doi.org/10.7910/DVN/42MVDX); Centers for Disease Control and Prevention, LBBW Research Impfkampagne neigt sich bereits ihrem Ende entgegen. 15.06.2021 LBBW Kapitalmarktkompass-Update 7
EZB: Welche neuen Erkenntnisse gibt es mit Blick auf die Geldpolitik der kommenden Monate? • EZB hebt Projektionen an • Geldpolitischer Kurs bestätigt • Einordnung: Wie sieht die Perspektive für die Geldpolitik in der aktuellen Situation aus? • Müssen weitere technische Fragestellungen wie die Einbeziehung der Hauspreise in die Messung der Inflation berücksichtigt werden? • Fazit: „Nächster Halt: September“. Neue Projektionen, neue Strategie Dr. Jens-Oliver Niklasch Tel: + 49 711 127–7 63 71 jens-oliver.niklasch@LBBW.de 15.06.2021 LBBW Kapitalmarktkompass-Update 8
EZB-Projektionen angehoben Projektionen der EZB zu Inflation u. BIP (Prozentangaben, Jahreswerte) 5.0 • Die EZB hat ihre Projektionen 4.7 für Inflation und Wachstum 4.6 2021 und 2022 im Juni (deutlich) angehoben. 4.0 4.1 • Für 2023 hat sie keine 4.0 Änderungen ggü. den März- Projektionen vorgenommen. 3.0 2.0 1.9 2.1 1.5 1.5 1.4 1.0 1.2 0.0 2021 2022 2023 Inflation März BIP Y/Y März Inflation Juni BIP Y/Y Juni Quelle: EZB, LBBW Research 15.06.2021 LBBW Kapitalmarktkompass-Update 9
Kernaussagen des EZB-Beschlusses und der PK • Leitzinsen, Kaufprogramme (APP und PEPP) und Forward Guidance bleiben unverändert • Konjunkturerholung beginnend ab Q2/2021, starkes Wachstum für das zweite Halbjahr 2021 erwartet • Projektionen für 2021 und 2022 angehoben, 2023 unverändert • Lagarde: „Sind optimistischer als vor drei Monaten.“ • Wahrung günstiger Finanzierungsbedingungen bleibt essentiell, Straffung der Konditionen wäre verfrüht • Inflation spiegelt v.a. Energiepreise und Steuern wider; sie wird bis Jahresende weiter ansteigen, ab Anfang 2022 dann wieder sinken, wenn temporäre Faktoren nachlassen • Preisdruck bleibt mäßig, da Lohndruck gering Quelle: EZB, LBBW Research 15.06.2021 LBBW Kapitalmarktkompass-Update 10
Kleine Geschichte der Geld- und Fiskalpolitik sowie der Theorien hierzu • 1950-1973: Goldene Ära des Keynesianismus: Fiskalpolitik zur Konjunktursteuerung. Phillips-Kurve als Arbeitspferd. • 1973 bis ca. 1980: Stagflation: Nanu, die Inflation steigt, aber die Arbeitslosigkeit auch? • 1980 bis 1992: Monetaristische „Gegenrevolution“: Rationale Erwartungen, Phillips-Kurve senkrecht, Geldmengensteuerung verspricht Stabilität (goldene Jahre der Bundesbank). • 1992 bis 2008: Greenspan und das Neukeynesianische Modell: Geldpolitik über Fiskalpolitik, Zentralbank hat mit Zins mächtigen Hebel zur Steuerung der Konjunktur. Taylor-Rule und r* erblicken das Licht der Welt. Phillips-Kurve zumindest kurzfristig geneigt. Auf die Inflationserwartungen kommt es an! • Finanzkrise 2008 bis 2010: Banken- und Finanzsektor nicht inhärent stabil. Geldpolitik kommt an das Ende der Möglichkeiten, Zinsen an der „effective lower bound“ (ELB) oder sogar „zero lower bound“ (ZLB). • Seit ca. 2010: Geldpolitik zunehmend schwieriger, Rückkehr der Fiskalpolitik, aber hohe Verschuldung aller Sektoren. • Jetzt werden neue Wege gesucht: • „Japanisierung der Geldpolitik“? Negativzinsen, Ausweitung der Bankbilanz und Zinskurvenkontrolle. Schwierig umzusetzen im Euroraum und Erfolg nicht garantiert. • „Modern Monetary Theory“ MMT? Das ist Vodoo, oder manche sagen, Alt-Keynesianische Politik in neuem Gewand. Problem: Geldpolitik gerät unter fiskalische Dominanz. Unrealistisch zu erwarten, dass die Fiskalpolitik bremst, wenn die Inflation steigt. • Reflationierung: Inflationsziele symmetrisch oder im langfristigen Durchschnitt anstreben. • Renaissance der Fiskalpolitik? Ist schwierig wegen hoher Verschuldung, neue Stabilitätsrisiken drohen. • Renaissance der Geldmengensteuerung? Empirisch hat der Einfluss der Geldmenge auf die Inflation eher nachgelassen. Quelle: LBBW Research 15.06.2021 LBBW Kapitalmarktkompass-Update 11
Ist die Phillips-Kurve flacher geworden? (West-)Deutschland zu Bundesbank-Zeiten Euroraum seit 1998 Deutschland 1951 bis 1998 EWU 1999 bis 2020 12 3,0 10 2,5 8 2,0 Inflation Inflation 6 1,5 y = -0,4129x + 6,0245 1,0 4 y = -0,0999x + 2,2765 0,5 2 0,0 0 7 8 9 10 11 12 13 -2 0 2 4 6 8 10 ALQ ALQ Quelle: Refinitv, LBBW Research 15.06.2021 LBBW Kapitalmarktkompass-Update 12
Rückläufig seit einem halben Jahrhundert? Der natürliche Zins r* Natürlicher Zins r* Holsten-Laubach-Williams-Modellwert der NY FRB 7 • In der makroökonomischen Diskussion wird r* als der na- türliche (bzw. „neutrale“) Zins bezeichnet. Das ist der reale Zins, bei dem die Inflation stabil ist (und dem 6 Zielwert entspricht). Wie hoch r* ist, bleibt Gegenstand einer intensiven Diskussion. 5 • Einigkeit hingegen herrscht darüber, dass r* seit Jahr- 4 zehnten sinkt. Das engt zusammen mit fallenden Infla- tionsraten den taktischen Spielraum der Notenbanken ein. Insbesondere bei negativen Schocks wird die Zins- 3 untergrenze der Geldpolitik schneller erreicht. 2 • Welche strategischen Folgen hat ein sinkendes r* damit für die Geldpolitik der Zentralbank, namentlich für die 1 Höhe des Inflationsziels (π*)? Ergeben sich etwa für die Finanzmärkte noch weitere Folgen eines rückläufigen r*? 0 US Canada Euro Area UK Quelle: Federal Reserve Bank of New York 15.06.2021 LBBW Kapitalmarktkompass-Update 13
Mehr Geld = Mehr Inflation? EZB-Bilanz, Geldmenge M1 und 5Y5Y Fwd (Veränderung zum Vorjahr in % bzw. %) 60 2,6 • Die EZB hat seit der Finanzkrise teils unglücklich agiert. Die Phase der Bilanz- 50 2,4 summenreduktion nach 2012/13 wird heute eher als 40 2,2 Politikfehler gesehen. Die Inflationserwartungen haben 30 2,0 sich „entankert“, zumindest sind sie aber deutlich gefallen. 20 1,8 • Massive Ausweitung der 10 1,6 Bilanz der EZB durch QE (APP und TLTRO I bis III) hat 0 1,4 für die Ausweitung der Geldmenge nur wenig -10 1,2 erreicht. -20 1,0 • Der Zusammenhang mit den Inflationserwartungen ist -30 0,8 zumindest nicht sehr eng. Für 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021 die EZB war es sehr schwie- rig, die Inflationserwartung zu Bilanzsumme Y/Y% M1 Y/Y% beeinflussen. M3 Y/Y% 5Y5Y Inflation Swp Fwd RECHTE SKALA) Quelle: Refinitiv, LBBW Research 15.06.2021 LBBW Kapitalmarktkompass-Update 14
Soll Inflation die Hauspreise einbeziehen? Indizes für Haus- und Verbraucherpreise (Quartalswerte, 2005=100) 150 • Immer wieder wird diskutiert, ob die Inflation im Euroraum falsch gemessen wird, weil sie nicht die mit dem Anstieg der 140 Haus- und Wohnungspreise einhergehenden Kosten berücksichtigt. 130 • Din Einbeziehung der Immobi- lienpreise erweist sich als me- 120 thodisch anspruchsvoll, denn Preise liegen derzeit nur viertel- jährlich und mit Zeitverzug vor. 110 • Laut Berechnungen der Bun- desbank hätte in der Vergan- genheit die Einbeziehung der 100 Hauspreise in einzelnen Quar- talen zu einer um 0,2 bis 0,3 Prozentpunkte höheren 90 Inflationsrate geführt. Der Q1 2005 Q1 2007 Q1 2009 Q1 2011 Q1 2013 Q1 2015 Q1 2017 Q1 2019 Q1 2021 langfristige Trend der Inflation (nämlich abwärts) wäre davon Hauspreise HVPI unberührt geblieben. Quelle: Refinitiv, LBBW Research 15.06.2021 LBBW Kapitalmarktkompass-Update 15
Fazit • Die EZB hat vorerst Kurs gehalten. • Zumindest wurde der Rückgang der Inflationserwartungen gestoppt, zuletzt ging es sogar bergauf. Das hängt vielleicht mehr mit dem Ölpreis zusammen als mit der EZB. • Ziel bleibt, durch massiv expansive Geldpolitik die Erholung der Konjunktur zu stützen. Die EZB behält sich hohe Flexibilität vor und wird diese auch nutzen (v.a. durch Assetkäufe). • Nebenwirkungen dieser Politik sind potentiell gefährlich (Schulden-Sause, Finanzstabilität und Asset Price Inflation, dauerhaft hohe Inflation). • Nächster wichtiger Schritt: Strategierevision der EZB. Inflationsziel 2% und symmetrische Reaktion auf Zielabweichung, um die Inflationserwartungen möglichst nahe 2% zu verankern. • Möglicherweise wird die Messung der Inflation (HVPI) auch durch eine Größe für die Wohnkosten von Hauseigentümern erweitert. Frühere Berechnungen haben ergeben, dass sich dadurch die Inflationsrate in einzelnen Quartalen, aber langfristig nicht wesentlich ändert (Bundesbank, Bilanzpressekonferenz 2020). Quelle: LBBW Research 15.06.2021 LBBW Kapitalmarktkompass-Update 16
Fed: Stellt die US-Notenbank die Weichen in Richtung Tapering? • US-Arbeitsmarktbericht spielt vordergründig den geldpolitischen Tauben in die Karten, aber steigender Lohndruck weist auf Gefahr einer Lohn-Preis-Spirale hin • US-Inflation springt auf höchsten Wert seit Herbst 2008, Kernrate gar so hoch wie zuletzt 1992! • Blick ins Detail zeigt: Fed-These vom „temporären Phänomen“ noch nicht entkräftet, aber sie wankt zusehends! • Fed-Sitzung am 16. Juni: Keine Anzeichen für abrupten Kurswechsel, „hawkishe“ Akzentverschiebung aber möglich • Tapering-Wortwahl, Inflationsprojektion und „Dot plot“ im Fokus • USD-Rentenmarkt haussiert auf Basis eines rätselhaften Rückgangs der Inflationserwartungen • Spekulation auf ruhigen Sommer birgt Gefahren: Chance- Risiko-Verhältnis bei langlaufenden US-Treasuries trotz Elmar Völker Aussicht auf festeren Dollar ungünstiger geworden Tel: + 49 711 127–7 63 69 Elmar.voelker@LBBW.de 15.06.2021 LBBW Kapitalmarktkompass-Update 17
Ambivalenter US-Arbeitsmarktbericht bietet sowohl für Falken als auch für Tauben etwas US-Beschäftigung (in Mio.) und Veränderung der Stundenlöhne (M/M) 160 5 • Die Erholung der Beschäftigung vom Corona-Einbruch ist im Mai mit +559 Tsd. schneller 155 4 vorangekommen als im Vormonat – aber dennoch zum zweiten Mal in Folge langsamer 150 3 als erhofft. • April/Mai brachten im Schnitt eine Verlangsamung im 145 2 Vergleich zu Q1. • Vordergründig rückt damit ein Tapering der US-Anleihekäufe 140 1 in weitere Ferne, da Fed-Chef Powell hierfür „eine Reihe starker Arbeitsmarktberichte“ 135 0 als Bedingung eingefordert hatte. 130 -1 • Andererseits haben sich im Mai Anzeichen für einen wachsenden Lohndruck 125 -2 angesichts eines erneut weit 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021 2022 überdurchschnittlichen Anstiegs der Stundenlöhne verstärkt. Veränderung der Stundenlöhne (M/M; in %; RS) US-Beschäftigtenzahl (in Mio.) • Wachsende Gefahr einer Quelle: Bloomberg, LBBW Research Lohn-Preis-Spirale? 15.06.2021 LBBW Kapitalmarktkompass-Update 18
Die US-Inflation ist mit Macht zurück: Kann die Fed bei ihrer Einstufung als „temporäres Phänomen“ bleiben? US-Inflationsrate (Y/Y) und ausgewählte Unterkomponenten 6,0 6,0 • Der erneut starke Lohnanstieg gewinnt insbesondere im Lichte der sich bereits beschleuni- 5,0 5,0 genden Inflation an Gewicht: Das Headline-CPI schnellte im 4,0 4,0 Mai um 5,0 % (Y/Y) empor, der höchste Wert seit Herbst 2008. 3,0 3,0 • Die Kernrate erreicht mit 3,8 % den höchsten Wert seit 1992 => Der Trend geht über die 2,0 2,0 Wirkung on Basiseffekten deutlich hinaus! 1,0 1,0 • Andererseits spielten Sondereffekte aufgrund der 0,0 0,0 Corona-Öffnungen sowie Knappheit bei einzelnen -1,0 -1,0 Produkten (z.B. PKW) durchaus eine gewichtige Rolle. • Der 16 %-Trimmed Mean-CPI -2,0 -2,0 Jan 08 Jan 10 Jan 12 Jan 14 Jan 16 Jan 18 Jan 20 liegt mit 2,6 % noch knapp innerhalb der Spanne der letzten 10 Jahre. CPI Kernrate (Y/Y) CPI 16%-Trimmed Mean (Y/Y) CPI (Y/Y) • Die These eines temporären Phänomens ist Quelle: Bloomberg, LBBW Research noch nicht entkräftet, sie 15.06.2021 LBBW Kapitalmarktkompass-Update wackelt aber zusehends. 19
FOMC-Zinsentscheid am 16. Juni: Für großen Schwenk noch zu früh, Anpassungen an der Tapering-Wortwahl aber möglich Bloomberg Financial Conditions Index und Citigroup Economic Surprise Index 28. Apr.: Vorangegangener 300 4,0 • Fazit: Das US-Konjunkturbild ist FOMC-Zinsentscheid trotz einiger leichter Daten- Enttäuschungen nahezu ungetrübt, der enttäuschende 200 Stellenaufbau eher ein Zeichen von Arbeitskräfteknappheit. 2,0 • Die US-Corona-Inzidenz sinkt 100 weiter, die Finanzmärkte sind in bester Stimmung. • Die jüngsten Äußerungen 0 0,0 führender Fed-Vertreter lassen keinen abrupten geldpolitischen Kursschwenk erwarten. -100 • Aber: Die Zeit könnte -2,0 angesichts des Umfelds reif sein, um zumindest einen -200 kleinen Schritt Richtung Tapering zu machen: Die Fed könnte ihre Wortwahl („Substanzielle weitere -300 -4,0 Fortschritte nötig“) Jan 17 Jul 17 Jan 18 Jul 18 Jan 19 Jul 19 Jan 20 Jul 20 Jan 21 Jul 21 diesbezüglich etwas Citi Economic Surprise Indicator USA Bloomberg Financial Conditions Index (RS) modifizieren (z.B.: „Einige weitere Fortschritte nötig“). Quelle: Bloomberg, LBBW Research 15.06.2021 LBBW Kapitalmarktkompass-Update 20
FOMC-Zinsentscheid am 16. Juni: Zieht der neue „Dot plot“ den „Lift-Off“ auf 2023 vor? USD-Tagesgeldsatz mit Markterwartungen aus Terminkursen sowie FOMC-Medianprojektion („Dot plot“) 2,50 2,50 • Weiterhin im Fokus im Rahmen des nächsten FOMC- Zinsentscheids: Die neuen Projektionen für die Inflation 2,00 2,00 und für die Leitzinsentwicklung („dot plot“). • Bisher erwartet die Fed einen 1,50 1,50 Rückgang der Inflation auf exakt 2 % im Jahr 2022. Sollte dieser Wert deutlich (Richtung 1,00 1,00 2,5 %) angehoben werden, wäre dies u.E. ein „hawkishes“ Signal. 0,50 0,50 • Die Leitzinsprojektionen avisieren bis dato unveränderte Leitzinsen bis mindestens Ende 2023. Wir erwarten, dass der 0,00 0,00 neue „Dot plot“ den avisierten Jan 14 Jan 15 Jan 16 Jan 17 Jan 18 Jan 19 Jan 20 Jan 21 Jan 22 Jan 23 Jan 24 Zeitpunkt für den „Lift Off“ auf Fed Funds Effective Rate 2023 vorzieht. Markterwartung aus Terminkursen (ab 2023: aus Libor-Futures) • Die Terminsätze am USD- LBBW-Prognose (aktuelles Hauptszenario) Geldmarkt implizieren derzeit Median-Projektion der FOMC-Teilnehmer (Mrz 2021) die Erwartung einer ersten Zinsanhebung um die Quelle: Bloomberg, LBBW Research Jahresmitte 2023. 15.06.2021 LBBW Kapitalmarktkompass-Update 21
USD-Rentenmarkt: In Feierlaune trotz steigender Inflation – Rückgang der Inflationserwartungen rätselhaft Bloomberg Commodity Index und langfristige marktbasierte Inflationserwartungen 2,80 500 • Der USD-Rentenmarkt hat sich durch den wiederholten 2,60 Inflationssprung nicht beeindrucken lassen – im 2,40 450 Gegenteil: Die Rendite 10- jähriger US-Treasuries ist seit 2,20 Mitte Mai im Trend rückläufig, 400 sie fiel jüngst erstmals seit drei 2,00 Monaten unter 1,50 %. 1,80 • Ein wesentlicher Treiber der 350 positiven Rentenmarkt- 1,60 stimmung ist u.E. ein deutlicher 1,40 Rückgang der langfristigen 300 Inflationserwartungen – konträr 1,20 zu weiter steigenden Rohstoffpreisen und zu den 1,00 250 Preissignalen! 0,80 • Die Marktteilnehmer lassen sich offenbar voll und ganz auf die 0,60 200 beschwichtigenden Äußerun- Jan 12 Jan 13 Jan 14 Jan 15 Jan 16 Jan 17 Jan 18 Jan 19 Jan 20 Jan 21 gen der US-Währungshüter hinsichtlich der Inflation ein – US-Inflationserwartungen auf Basis von 10Y TIPS Bloomberg Commodity Index (RS) der Zeitpunkt des Rückgangs bleibt u.E. gleichwohl ein Stück Quelle: Bloomberg, LBBW Research weit rätselhaft. 15.06.2021 LBBW Kapitalmarktkompass-Update 22
USD-Rentenmarkt: Neue Unruhe durch „hawkishe“ Akzente auf der nächsten FOMC-Sitzung? Rendite 10-jähriger US-Treasuries und Markterwartungen für den USD-Tagesgeldsatz per Ende 2023 3,00 3,00 • Wir vermuten, das viele Anleger angesichts der beschwicht- 2,75 2,75 igenden Fed-Äußerungen auf einen ruhigen Sommer 2,50 2,50 spekulieren und entsprechend 2,25 2,25 verstärkt auf Carry-Trades setzen. 2,00 2,00 • Der USD-Rentenmarkt wird damit aber anfälliger für eine 1,75 1,75 gewisse „hawkishe“ 1,50 1,50 Akzentverschiebung auf der nächsten FOMC-Sitzung! 1,25 1,25 • Selbst falls diese ausbleibt, gilt 1,00 1,00 u.E.: Aufgeschoben ist nicht aufgehoben! Die 10Y 0,75 0,75 Treasuryrendite könnte im Fall einer erneut „dovishen“ Fed die 0,50 0,50 Unterstützung bei 1,35 % testen, sollte aber 0,25 0,25 perspektivisch wegen der 0,00 0,00 gestiegenen Inflationsgefahren Jan 19 Apr 19 Jul 19 Okt 19 Jan 20 Apr 20 Jul 20 Okt 20 Jan 21 Apr 21 Jul 21 wieder nach oben drehen. Markterwartung für USD-Tagesgeldsatz per Ende 2023 Rendite 10Y UST Tagesgeldsatz Quelle: Bloomberg, LBBW Research 15.06.2021 LBBW Kapitalmarktkompass-Update 23
USD-Rentenmarkt: Ausgeprägte Netto-Long-Position von Spekulanten und Leveraged Funds als Kontraindikator? Rendite 10-jähriger US-Treasuries und Netto-Positionierung in 10Y T-Note Futures für ausgewählte Anlegergruppen 1.200.000 3,75 • Als möglicher Indikator für wachsende Kursabwärtsrisiken 3,50 können u.E. zudem die stark 800.000 3,25 ausgebauten Wetten auf (weiter) steigende Treasury- 3,00 400.000 kurse von spekulativ 2,75 orientierten Anlegern sowie von 2,50 sogenannten Leveraged Funds 0 dienen. 2,25 • Die Netto-Long-Position dieser -400.000 2,00 beiden Anlegergruppen ist 1,75 derzeit in Summe so hoch wie -800.000 zuletzt im Jahr 2013 vor dem 1,50 sogenannten „Taper Tantrum“. 1,25 -1.200.000 • Ein „hawkisher Shift“ seitens 1,00 der Fed könnte dazu führen, 0,75 dass die Spekulanten ihre -1.600.000 Positionierung drehen und auf 0,50 diese Weise einen neuen -2.000.000 0,25 Renditeaufwärtsschub Jan. 12 Jan. 13 Jan. 14 Jan. 15 Jan. 16 Jan. 17 Jan. 18 Jan. 19 Jan. 20 Jan. 21 auslösen. Non-Commercial Net Long 10Y T-Note Net-Long-Position der Asset Manager • Das Chance-Risiko- Net-Long-Position der Leveraged Funds UST 10Y Rendite Verhältnis für langlaufende Treasuries ist ungünstiger Quelle: Bloomberg, LBBW Research geworden. 15.06.2021 LBBW Kapitalmarktkompass-Update 24
Sorglosigkeit der Fed bezüglich Inflation schwächt den US-Dollar Langfristige Inflationserwartungen (lhs) und Euro in US-Dollar (rhs) Tageswerte • Die Fed vertritt die Ansicht, dass der jüngste Anstieg der Inflation nur temporärer Natur sei. Die Marktteilnehmer scheinen diese Ansicht der Fed nicht zu teilen. • Diese empfundene Sorglosig- keit der Fed dürfte für die Schwäche des US-Dollar in den zurückliegenden Wochen mit- ursächlich gewesen sein. • Die Kaufkraft des US-Dollar schwindet, ohne dass Anleger einen Ausgleich in Form höherer Zinsen erhalten. • Die Fed wird nach unserer Prognose ihre Haltung ändern und bald ein „Tapering“ andeuten. • Dann sollte unser Argument „Starke US-Wirtschaft – fester US-Dollar“ wieder seine volle Schlagkraft entfalten. Quelle: Refinitiv, LBBW Research 15.06.2021 LBBW Kapitalmarktkompass-Update 25
Sorglosigkeit der Fed schwächt den US-Dollar Wechselkurs Euro/Dollar Pro & Contra US-Dollar 1,3 1,3 - Der Euro ist gemäß der Kauf- kraftparität gegenüber dem US- Dollar unterbewertet. - Das EZB-Kaufprogramm sowie der „Wiederaufbaufonds“ stär- 1,2 1,2 ken den Zusammenhalt der EU und stützen somit den Euro. + Die Fed wird nach unserer Prognose in der zweiten Jahreshälfte 2021 erste Hin- weise geben, ihr Anleihekauf- 1,1 1,1 programm zurückfahren zu wollen. Dies sollte die Inflationssorgen dämpfen und dem US-Dollar Auftrieb geben. + Die Vereinigten Staaten werden 1,0 1,0 nach unserer Prognose im 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021 2022 laufenden Jahr mit einer Rate von 7,5 % wachsen und damit EURUSD Prognose den Euroraum weit hinter sich lassen. Historie Prognose Kurs aktuell Ø 2020 31.12.2020 Ø H2 Sep 2021 Dez 2021 Jun 2022 - Der Euro profitiert von der EURUSD 1,22 1,14 1,22 1,18 1,19 1,18 1,15 gestiegenen Risikofreude. Quellen: Refinitiv, LBBW Research 15.06.2021 LBBW Kapitalmarktkompass-Update 26
Asset Allokation: Negative Realrenditen am Rentenmarkt sorgen weiterhin für relative Attraktivität von Risikoassets • Nach der extrem guten Entwicklung vieler Risikoassets/realer Assets (wie Aktien, Immobilien und High Yield-Anleihen) in den vergangenen 12 Monaten stellt sich die Frage, wie lange der erfreuliche Trend noch anhält? • Nachdem im Frühjahr die Renditen am Rentenmarkt nach oben drehten, sahen einige Marktteilnehmer das Ende der Rally nahe herbeigekommen. • Zuletzt haben die Renditen am Rentenmarkt wieder etwas nach unten korrigiert. Gleichzeitig sind die Inflationsraten in Europa und den USA massiv angestiegen. Die Realrenditen sind auf ein historisches Tief gefallen. So teuer waren die Rentenmärkte sowohl in den USA als auch in Europa noch nie. Wir reduzieren deshalb unsere Allokationsempfehlung für diese Assetklasse. • Wir rechnen zwar insbesondere für Europa ab nächstem Jahr wieder mit einer wieder schwächeren Inflationsdynamik, für die USA dürften die Inflationsraten über mehrere Jahre auf erhöhten Niveau verharren. • Die erwartete leichte Versteilerung der Zinskurven in Europa und den USA dürfte in der Konsequenz das Realzinsniveau wieder perspektivisch etwas nach oben bringen, eine Rückkehr in positives Terrain (gemessen an den 10j. Staatsanleiherenditen und der jeweiligen Verbraucherpreisinflation) ist jedoch nicht absehbar. Rolf Schäffer, CIIA Gruppenleiter Strategy/Macro • Vor diesem Hintergrund bleiben u.E. trotz bereits hoher Bewertung Tel: +49 711 127–76580 riskantere/reale Assetklassen gefragt und damit unterstützt. rolf.schaeffer@LBBW.de • Wir halten an einer „leichten Übergewichtungsempfehlung“ für Aktien, Credits und Immobilien deshalb weiter fest. 15.06.2021 LBBW Kapitalmarktkompass-Update 27
Risikoassets weiterhin mit Outperformance Total Return 2021 in Prozent DAX EUR High Yield EUR Investment Grade Bunds Treasuries Quelle: Refinitiv, LBBW Research 15.06.2021 LBBW Kapitalmarktkompass-Update 28
Realzinsniveau sinkt auf neues historisches Tief Realzinsen EWU / USA Rendite 10j. Staatsanleihe abzüglich aktueller Verbraucherpreisinflation • Der sprunghafte Anstieg der Inflationsraten in den vergangenen Monaten hat den moderaten Anstieg der Renditen am Rentenmarkt bei weitem überkompensiert. • Die Realrenditen sind in folge dessen sowohl in den USA als auch in Europa auf ein historisches Tief abgerutscht. • Da wir zumindest mit Blick bis Jahresende eher von einem weiteren Anstieg der Inflationsraten ausgehen, dürfte sich wenig an der extrem teuren Bewertung großer Teile des Rentenmarkts ändern. • Investoren werden sich deshalb nach wie vor auf die Suche nach Alternativanlagen begeben. Insbesondere dann, wenn die Investoren von einem nachhaltigen Anstieg des Inflationsniveaus ausgehen. Quelle: Refinitiv, LBBW Research 15.06.2021 LBBW Kapitalmarktkompass-Update 29
Rentenmärkte auch ohne Inflationsberücksichtigung teuer Aktuelle Renditen verschiedener Fixed-Income-Klassen Jährliche Rendite in Prozent • Die Suche nach Rendite stellt im Fixed-Income-Bereich mehr denn je eine Herausforderung dar – und dies auch ohne Berücksichtigung der gestiegenen Inflationsraten. • Mit defensiven Rentenan- lagen, wie soliden Staatsanleihen und Pfandbriefen lassen sich am europäischen Rentenmarkt kaum positive Renditen erzielen. • Die Renditen in den Credit- Segmenten bewegen sich zwar auch auf historisch niedrigem Niveau. Gemessen an den Alternativen stellen sie unseres Erachtens aber das kleinere Übel dar. • Ohne ein gewisses Maß an Risiko dürfte es aktuell schwer werden, einen positiven Total Quelle: Refinitiv, LBBW Research Return zu erzielen. 15.06.2021 LBBW Kapitalmarktkompass-Update 30
Fundamentaldaten: Unternehmensgewinne steigen, Verschuldungsrelationen verbessern sich Brutto- und Nettofinanzschulden im STOXX Europe 600 Median-Entwicklung nach Quartalen, in Mio. Euro • Dank einer verbesserten 4000 Ertragslage fuhren die Unternehmen in Q1/2021 ihre 3500 Verschuldung weiter zurück. Der Median der Brutto-Finanz- 3000 schulden im Stoxx Europe 600 sank um 12% gegenüber 2500 dem zum Jahresende 2020 erreichten zyklischen Schulden- 2000 Höchststand. • Der Rückgang der Schulden 1500 resultierte nicht nur aus den reduzierten Cash-Beständen: 1000 Auch die Netto-Finanzschulden verringerten sich in Q1 deutlich, 500 und zwar um 11% ggü. dem Ende 2020. 0 • Somit gelang den europäischen 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021 Unternehmen in drei Quartalen Q1 Q1 Q1 Q1 Q1 Q1 Q1 Q1 Q1 Q1 Q1 Q1 Q1 Q1 Q1 in Folge ein starker Abbau der Netto-Finanzschulden: Net Debt Debt Im Median -31% ggü. dem Höchststand von Q2/2020. Quelle: Bloomberg, LBBW Research 15.06.2021 LBBW Kapitalmarktkompass-Update 31
Aktienmärkte hoch bewertet KGV-implizite Performanceerwartung zwischen 4-7% KGV-Multiples: Europa vs. USA • Im bisherigen Jahresverlauf legten die Gewinnerwartungen kräftig zu. Die Vorschusslor- beeren der Aktienmärkte wurden also von den Unternehmen bestätigt. • Die erhöhten Bewertungs- niveaus der Aktienmärkte reduzierten sich vor diesem Hintergrund etwas, und dies, obwohl die Kurse im bisherigen Jahresverlauf weiter angestiegen waren. • KGV S&P 500: 21 Gewinnrendite: 1:21 = 4,7% • KGV Euro Stoxx: 17 Gewinnrendite: 1:17 = 5,8% • KGV DAX: 14 Gewinnrendite: 1:14 = 7,1% • Bewertung: Europa, insbesondere Deutschland, ist günstiger als die USA Quelle: Refinitiv, LBBW Research 15.06.2021 LBBW Kapitalmarktkompass-Update 32
Geldpolitik sorgt für Anlagenotstand und billige Kredite, Immobilienpreise in Deutschland werden davon beflügelt Preise für Wohnimmobilien in Deutschland und Bilanzsumme der EZB Index (2015 = 100) bzw. in Mrd. Euro, jeweils logarithmische Skalen • Die Tatsache, dass die Preise von Wohnimmobilien in Deutschland seit 2010 kräftig gestiegen sind, hat vielerlei Ursachen. Ein unerwartet starkes Bevölkerungswachstum zählt hier genauso dazu wie eine geringe Bautätigkeit und eine positive Entwicklung am Arbeitsmarkt. • Die Geldpolitik der EZB mit hohen Anleihekäufen bei gleichzeitig in den negativen Bereich gedrückten Einlagezinsen dürfte aber ebenfalls ihr Scherflein dazu beigetragen haben und es weiterhin tun. • So zeigt sich beispielsweise, dass sich die Höhe der Netto- Mittelzuflüsse in offenen Immobilienfonds im Euroraum seit dem Jahr 2015 mehr als verdoppelt haben. Die EZB Quelle: Refinitiv, LBBW Research begann zu dieser Zeit eine massive Bilanzausweitung. 15.06.2021 LBBW Kapitalmarktkompass-Update 33
Ertragsaussichten für viele Assetklassen enttäuschend LBBW-Research: Total Return-Prognosen auf 1J. und 5J p.a., in %, Dollar-Assets in Euro gehedged • Großteil des Rentenmarkts mit keiner positiven Return- erwartung – sowohl auf 1- als auch auf 5-Jahressicht. • Aktienreturnerwartungen weit unter historischem Durchschnitt. Aber mit +4-6% im relativen Vergleich zum Rentenmarkt das kleinere Übel. Quelle: LBBW Research 15.06.2021 LBBW Kapitalmarktkompass-Update 34
Risikoassets weiter auf „leicht übergewichten“ auch wenn diese bereits hoch bewertet sind Allokation im Überblick (auf Sicht von 6 - 12 Monate) Exposure Einschätzung Segmente Regionen Strategien Duration - 1-3 Jahre 0/+ Euro-Peripherie synthetische Staatsanleihen Zins 0/- + 4-7 Jahre 0/- Bund Multi Callables 0/- 8-10 Jahre 0 USD-Bonds Inflations-Linker 0/+ Corporate Inv. Grade 0/- Emerging Markets Debt Overweight: Autos, Oil & Gas Credit Spread + Corporate High Yield Credit 0/+ + Corporate Hybride 0 Senior Financials 0/+ Covered Bonds/SSAs 0/- Tier 2 Inv. Grade/ Sen. Non-Pref. + Automobil, Energie (Öl & Gas) 0/- Europa ex Deutschland Aktien Technologie, Versicherer 0/+ Japan Aktien 0/+ Industrie 0/+ Deutschland - Pharma, Handel, Medien 0/- Schwellenbörsen Reise & Verkehr 0/+ USA Währungen (zu Euro) + Währungen mit starkem + USD, GBP Selektiv Währungen 0/+ Wirtschaftswachstum 0 - Wachstumsschwäche - JPY, CNY, CHF Rohstoffe 0/- Edelmetalle 0 Gold LBBW Rohstoffe 2 Rohstoffe 0/- 0/- Industriemetalle - Silber 0 Energie 0 Brent Immobilien + Wohnen, Nahversorger, Logistik + Deutschland Immobilien 0/+ 0/- Büro - "High Street" Einzelhandel Quelle: LBBW Research 15.06.2021 LBBW Kapitalmarktkompass-Update 35
Marktprognosen Konjunktur Aktienmarkt in % 2020 2021e 2022e in Punkten aktuell 30.09.21 31.12.21 30.06.22 BIP -5,1 2,5 4,5 Deutschland DAX 15 674 15 500 16 000 16 500 Inflation 0,5 2,5 1,7 BIP -6,8 4,0 4,2 Euroland Euro Stoxx 50 4 133 4 000 4 100 4 200 Inflation 0,3 1,8 1,5 BIP -3,5 7,5 4,5 USA Dow Jones 34 394 34 000 35 000 36 000 Inflation 1,2 3,5 3,0 BIP 2,3 7,5 5,9 China Nikkei 225 29 162 29 000 29 500 30 000 Inflation 2,5 3,2 2,8 BIP -3,5 6,0 4,6 Welt Inflation 3,2 3,5 3,1 Zinsen Rohstoffe und Währungen in % aktuell 30.09.21 31.12.21 30.06.22 aktuell 30.09.21 31.12.21 30.06.22 EZB Einlagesatz -0,50 -0,50 -0,50 -0,50 US-Dollar je Euro 1,21 1,19 1,18 1,15 Bund 10 Jahre -0,25 -0,15 -0,15 0,00 Franken je Euro 1,09 1,11 1,12 1,14 Fed Funds 0,25 0,25 0,25 0,25 Gold (USD/Feinunze) 1882 1900 1850 1800 Treasury 10 Jahre 1,50 1,75 1,60 1,90 Öl (Brent - USD/Barrel) 73 65 70 70 Quelle: LBBW Research 15.06.2021 LBBW Kapitalmarktkompass-Update 36
Nächste Telefonkonferenzen / Webkonferenzen Termine: Dienstag, 06.07.2021, 14h Dienstag, 20.07.2021, 14h – KMK Update Dienstag, 03.08.2021, 14h Sommerpause Dienstag, 07.09.2021, 14h Dienstag, 21.09.2021, 14h – KMK Update 15.06.2021 LBBW Kapitalmarktkompass-Update 37
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