Beitrag: Geförderter Antisemitismus - Judenhass in islamischen Verbänden - ZDF

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Manuskript

Beitrag: Geförderter Antisemitismus –
            Judenhass in islamischen Verbänden

Sendung vom 26. Oktober 2021

von Beate Frenkel und Michael Haselrieder

Anmoderation:
Als im Mai Demonstranten vor der Synagoge in Gelsenkirchen
aufmarschierten und in Sprechchören ihren Hass auf Israel
und Juden rausließen, war das Entsetzen groß. Dabei hetzen
Islamisten schon lange gegen Juden – ganz offen für alle
übers Internet. Und bei einigen muslimischen Organisationen
und Verbänden wird Antisemitismus ignoriert, verharmlost
oder sogar gefördert. Islamistischer Judenhass mitten in
Deutschland. Beate Frenkel und Michael Haselrieder
berichten.

Text:
Einmal im Monat treffen sie sich zu ihrer Mahnwache für
Israel und gegen Antisemitismus in der Hamburger
Innenstadt.

Für Michael R. endet sie im September in der Notaufnahme,
schwer verletzt durch einen Faustschlag. Es begann mit
Beleidigungen, erinnert er sich zwei Wochen nach dem
Angriff. Drei Jugendliche hatten sich von den Israel-Fahnen
provoziert gefühlt.

O-Ton Michael R.:
Ihr Hurensöhne! Dann: Free Palästina, scheiß Juden! Und
dann war es so: Meine Mutter stand ja neben mir, und dann
riefen sie noch: Ich ficke deine Mutter! (…) Und dann bekam
ich von dem anderen, von dem Lockenkopf, sofort eine hier
aufs Gesicht geknallt, dass die Brille zerbrach, hatte mir hier
auf den Kiefer gehauen, und ich fiel um.
Michael R. muss operiert werden. Der 60-jährige Jude droht
auf einem Auge zu erblinden.

O-Ton Michael R.:
Ich habe jetzt hier so eine Metallplatte drin, die
wahrscheinlich, das unten ausfüllt, damit dieser Knochen
wieder irgendwie zusammenwächst. Ja, ich denke mal, so ist
das, damit eben das Auge nicht abrutscht, ne.

Der mutmaßliche Täter: Aram A., 16 Jahre alt. Die
Ermittlungen laufen.

O-Ton Andreas Müller, Initiator „Mahnwache für Israel und
gegen Antisemitismus“:
Jeder redet über Antisemitismus von rechts. Wir hier sind in
den sechs Jahren noch nie von Nazis oder Rechten
angegriffen worden, wir werden immer von Muslimen
bedrängt, bespuckt: (…) Ihr scheiß Juden, warum steht ihr
hier? Das hören wir eigentlich ständig. Das ist schon normal.

Die Zahl der antisemitischen Straftaten in Deutschland hat
einen Höchststand erreicht. Die meisten Täter werden dem
rechten Spektrum zugeordnet. Doch es gibt auch sehr viele
Anfeindungen durch Muslime.

O-Ton Ulrike Becker, Leiterin Forschung, Mideast Freedom
Forum Berlin:
Ich glaube, dass der islamische Antisemitismus stark
unterschätzt wird. (…) Und das ist aber eben nicht nur Hass
auf Israel, sondern da steckt die Vorstellung dahinter, dass
'Zionisten' auf der ganzen Welt sich verschworen haben
gegen Muslime. Und das ist gefährlich, weil es da um einen
Identitätskampf geht.

Mitten auf dem Heumarkt in Köln schreien sie ihren
Judenhass unverhohlen heraus. Anlass: der wieder
aufgeflammte Nahostkonflikt im Mai.

Diese Kölner haben die Kundgebung damals dokumentiert.
Ihre Filmaufnahmen belegen, die Demonstranten feiern den
Anführer einer radikal-islamischen Terrororganisation:

O-Ton Filmaufnahmen:
Richte dein Schwert gegen das Schwert! Wir sind die Männer
von Mohammed Deif. Schlag sie! Schlag sie!

O-Ton Axel Bolte, Zeuge:
„Deutlicher kann man es nicht machen. Das ist massiv
antisemitisch. Es soll der jüdische Staat vernichtet werden, es
sollen die Juden vertrieben oder getötet werden, und Israel
soll Geschichte werden, in deren Augen. Und das wird in
Deutschland, was ja von sich behauptet, dass Solidarität mit
Israel Staatsräson sei, wird geduldet. Drumherum steht
Polizei und bewacht die Demo und greift bei derartigen
Dingen nicht ein.

O-Ton Video, Quelle: Twitter @artursorin:
Scheiß Juden, scheiß Juden!

Auch vor der Synagoge in Gelsenkirchen hetzen Muslime
gegen Juden - neben palästinensischen, auch türkische
Flaggen.

Zur gleichen Zeit, Mitte Mai, heizt der türkische Präsident
Erdogan die Stimmung via Facebook an. Er hetzt gegen
Juden:

O-Ton Recep Tayyip Erdogan, Staatspräsident Türkei, am
17.5.2021:
Das Töten liegt in ihrer Natur. Sie werden erst durch das
Blutsaugen satt.

29.9.2018

Erdogans Sprachrohr in Deutschland: der türkische
Islamverband DITIB. Zur Eröffnung der Zentralmoschee in
Köln, vor drei Jahren, reiste er persönlich an. Deutsche
DITIB-Imame werden von Erdogans Religionsbehörde
ausgebildet und dürfen in Nordrhein-Westfalen seit diesem
Jahr den Religionsunterricht wieder mitbestimmen.

Eren Güvercin ist Mitglied der Deutschen Islamkonferenz. Er
kritisiert, DITIB grenze sich von antisemitischen Äußerungen
aus Ankara nicht eindeutig ab.

O-Ton Eren Güvercin, Mitglied Deutsche Islamkonferenz:
Die übergroße Mehrzahl der Imame wird auch in den
nächsten Jahren aus der Türkei importiert, und die werden
natürlich auch Probleme mit nach Deutschland reinbringen.
(…) Deswegen ist es wenig nachvollziehbar, warum man jetzt
die DITIB wieder in diese neue Kommission für den
islamischen Religionsunterricht in NRW aufgenommen hat.

Was sagt DITIB zu den Antisemitismus-Vorwürfen? Der
Verband in Köln antwortet nicht auf Fragen von frontal.

Hamburg. Tag der offenen Tür in der Blauen Moschee. Das
Islamische Zentrum Hamburg, kurz IZH, wird immer wieder
mit Antisemitismusvorwürfen konfrontiert und seit
Jahrzehnten vom Verfassungsschutz beobachtet.

Mohammad Mofatteh, Leiter des IZH und gleichzeitig
Vertreter des Obersten Führers im Iran, ist bereit zu den
Vorwürfen Stellung zu nehmen. Die eigenen Kameras laufen
mit.

O-Ton frontal:
Der Hamburger Verfassungsschutz stuft das Islamische
Zentrum als islamistisch ein und sagt, es verbreitet
homophobes, antisemitisches Gedankengut. Was sagen Sie
dazu?

O-Ton Mohammad Hadi Mofatteh, Leiter Islamisches Zentrum
Hamburg:
Wir haben einen sehr freundschaftlichen Kontakt mit den
Juden und auf keinen Fall akzeptieren wir diesen Vorwurf. Es
gibt keine Belege und Zeichen für solche Beschuldigungen,
die auf das Islamische Zentrum zutreffen.

Dabei hat der Verfassungsschutz erst im Juli einen
Sonderbericht veröffentlicht, warnt vor dem IZH als
„Außenposten des Teheraner Regimes“. Das Zentrum
verbreite Schriften, die „zahlreiche antisemitische
Stereotypen“ enthalten. „Zionisten und deren Hintermänner“
werden als „eine verschlagene, listige und emsige
Bruderschaft“ bezeichnet.

Das Islamische Zentrum klagt nun gegen den
Verfassungsschutz. Für sie steht viel auf dem Spiel.

2012 unterzeichnete Olaf Scholz als Bürgermeister der Stadt
Hamburg einen Staatsvertrag mit den muslimischen
Verbänden - auch das IZH ist seitdem Partner. Der Vertrag
soll verlängert werden.

O-Ton Ulrike Becker, Leiterin Forschung, Mideast Freedom
Forum Berlin:
Das ist natürlich gefährlich, wenn man bedenkt, dass wir es
hier eben mit einem islamistischen Akteur zu tun haben, (…)
und müssen da genauer hingucken, weil eben die Gefahr
besteht, dass sonst dieser Hass und der Antisemitismus und
die Verschwörungsideologien immer weiterverbreitet werden.

15.9.2021

Judenhass verbreitet sich zunehmend auch über die sozialen
Medien. Wie gefährlich das werden kann, erfuhr die Jüdische
Gemeinde in Hagen an Jom-Kippur, dem höchsten Feiertag.
Ein 16-jähriger syrischer Flüchtling soll einen Bombenaschlag
geplant haben. Er sitzt in Untersuchungshaft. Seit Vater und
Bruder sind inzwischen wieder auf freiem Fuß.

Auf Facebook finden wir das Profil des Schülers. Er folgt den
Botschaften von Muhammad al-Arifi - ein salafistischer
Prediger aus Saudi-Arabien mit 1,3 Millionen Followern. Der
postet radikal-islamische und antisemitische Inhalte. Er
bezeichnet Juden als „Enkel von Affen und Schweinen“.

Wir wollen mit der Familie sprechen, wollen wissen: Warum
sich ihr Sohn radikalisiert hat?

O-Ton frontal:
Der wollte ja einen Anschlag begehen. Wissen Sie darüber
was?

O-Ton:
Bitte?

O-Ton frontal:
Wir sind vom Deutschen Fernsehen, wir wollten Sie mal
fragen …

O-Ton:
Machen wir gar nix!

O-Ton frontal:
Nein? Okay!

Die Jüdische Gemeinde in Hagen steht noch immer unter
Schock. Die Kratzspuren der Sprengstoff-Spürhunde sind
noch auf dem Boden der Synagoge zu sehen. Der
mutmaßliche Täter wollte – laut Ermittlern – möglichst viele
Menschen treffen.

O-Ton Hagay Feldheim, Vorsitzender Jüdische Gemeinde
Hagen:
Es ist für mich nicht überraschend. Das ist nur eine Frage,
wann so was passiert, ja, und ich versuche immer, (…) klar zu
machen, ist hier ein akutes Problem.

Der Zentralrat der Juden beobachtet den muslimischen
Antisemitismus mit wachsender Sorge:

O-Ton Abraham Lehrer, Vizepräsident Zentralrat der Juden:
Wir bekommen mehr davon berichtet, dass Menschen, die
man – glaube ich - als Islam-Fundamentalisten einordnen
kann, dass die zunehmend sich an Aktivitäten beteiligen, die
der jüdischen Gemeinschaft, ja, wie sie es nennen, versuchen
Schaden zuzufügen. (…) Also, ich fürchte, dass es noch
gefährlicher werden wird.

In Hamburg wollen sie sich nicht einschüchtern lassen. Sie
demonstrieren weiter – unter Polizeischutz.

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