EURO 2008 - Vorbereitungen im Gesundheitsbereich
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1 EURO 2008 - Vorbereitungen im Gesundheitsbereich Strauss R¹, Gromann K², Muchl R¹, Hain C¹, Kranner P2, Hrabcik H¹ ¹ Sektion III (Öffentliches Gesundheitswesen und Arzneimittelwesen) ² Sektion IV (Verbrauchergesundheit und Gesundheitsprävention) Hintergrund Die Fußball-Europameisterschaft 2008 (EURO 2008) wird von der Schweiz und Österreich in Kooperation organisiert und findet vom 7.- 29.6.2008 statt. In Österreich werden dabei Spiele in Innsbruck (3), Klagenfurt (3), Salzburg (3) und Wien (7) durchgeführt. Zusätzlich werden diverse Fanmeilen und Fancamps eingerichtet und EURO 2008-assoziierte Veranstaltungen stattfinden. Dieses Großereignis erfordert auch besondere Vorbereitungen des österreichischen Öffentlichen Gesundheitsdienstes (ÖGD), da bei einer erwarteten Menge von ca. 550.000 Gästen auch potentiell das Risiko für Krisen im Gesundheitsbereich inkl. Krankheitsausbrüchen steigt. Das Bundesministerium für Gesundheit, Familie und Jugend (BMGFJ) hat sich daher schon Mitte 2007 mit dem Bundesministerium für Inneres (BM.I) in Verbindung gesetzt sowie mit der Planungsarbeit in den dafür zuständigen interdisziplinären Gremien (Staatliches Krisen- und Katastrophenmanagement (SKKM)-Gesundheit, BMGFJ-Krisenstab, Pandemiekrisenstab) begonnen. Die Vorbereitungen des BM.I sind in einem eigenen Artikel in dieser Ausgabe des Newsletters dargestellt. Neben versorgungstechnischen Fragen (z.B. Bettenzentralen, Versorgung mit Blut- und Blutprodukten) wurden auch Themen wie die unbürokratische Anerkennung von ausländischen Sanitätern und -innen diskutiert. Der Lebensmittelbereich im BMGFJ hat seinerseits ein Krisenkonzept erstellt. Nach einem Meeting des BMGFJ mit dem Europäischen Zentrum für die Prävention und Kontrolle von Infektionskrankheiten (ECDC) sowie dem Robert- Koch-Institut (RKI) wurde ein weiteres Konzept für die Überwachung von Infektionskrankheiten erstellt. Allgemeine Vorbereitungen im BMGFJ ¾ Gesetzliche Regelung für die Anerkennung der Diplome ausländischer Sanitätern und - innen ¾ Benennung von Koordinationsstellen in den Bundesländern für Spitalsbetten ¾ Erhebung von Verbrennungsbetten bei der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt (AUVA ) ¾ Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der Versorgung mit Blutprodukten in Krisen- und Katastrophensituationen
2 Vorbereitungen im Lebensmittelbereich Maßnahmen und Konzepte, die die Sicherheit der Lebensmittel gewährleisten sollen, sind in Zusammenarbeit des BMGFJ mit den Ländern der jeweiligen Austragungsorte zu koordinieren. Die Kontrolle der Einhaltung der lebensmittelrechtlichen Vorschriften obliegt den jeweiligen Bundesländern, insbesondere der dort zuständigen Lebensmittelaufsicht. Sofern Ereignisse eintreten, die ein mittelbares oder unmittelbares Risiko für die menschliche Gesundheit darstellen und nicht mehr lokal beschränkt bleibt, übernimmt der Krisenstab des BMGFJ die Koordination. Zusätzlich zu den routinemäßigen Kontrollen der Lebensmittelaufsicht werden erweiterte Kontrollen und vorbeugende Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der Hygiene bei der Produktion und Verarbeitung von Lebensmitteln verstärkt durchgeführt. Dies betrifft vor allem die Hotel- und Gastronomiebetriebe. Besonderes Augenmerk wird dabei auf die Betreiber und –innen von Lebensmittel- und Getränkeverkaufsständen in den jeweiligen Fanmeilen und Fancamps gelegt. Zur Unterstützung der Unternehmer von Lebensmittelverkaufsständen werden seitens der Lebensmittelaufsicht Hygieneschulungen und Merkblätter angeboten. Vorkehrungen auf Länderebene (Lebensmittelaufsicht) Kommunikation • Rufbereitschaften für die Dauer der EM • Kommunikation auf Landesebene • überregionale Kommunikation Personelle Vorsorge (Urlaubssperre) Lebensmittelkontrollen (Fanmeilen, Fancamps, Stadien) Vorkehrungen auf der ministeriellen Ebene (BMGFJ) • Einrichtung eines EM-Stabes Gesundheit • Erweiterte Dienstbereitschaft • Regelmäßige Information der Lebensmittelaufsichtsämter • Lageinformation
3 Vorbereitung BMGFJ im Infektionsbereich Im Infektionsbereich sind das rasche Erkennen von Ausbrüchen sowie deren Bekämpfung essentiell. Es wurde daher ein Konzept zur Infektionsüberwachung und –kontrolle entwickelt und in Kooperation mit dem Europäischen Zentrum für die Prävention und Kontrolle von Krankheiten (ECDC) sowie dem Robert-Koch-Institut (RKI), Deutschland, optimiert. Es wurden dabei die Erfahrungen der Fußball-Weltmeisterschaft 2006 (Deutschland) sowie der Olympischen Spiele 2004 (Griechenland) eingearbeitet. Dabei zeigte sich, dass insbesondere die Lebensmittelaufsicht sowie die interdisziplinäre Zusammenarbeit insbesondere des Lebensmittel- und Humanbereichs wesentlich sind. Die syndromische Surveillance (= bereits Meldung von Symptomen wie z.B. respiratorische Symptome) wurde als nicht sinnvoll beurteilt und auch in Deutschland nicht durchgeführt. Grund dafür waren die Erfahrungen bei anderen Großveranstaltungen, bei denen die gewonnenen Informationen („Signale“) nur durch großen Aufwand für Meldung und Dokumentation gewonnen werden konnten, die allerdings nicht zum frühzeitigen Erkennen von Ausbrüchen führte. Die Maßnahmen im Infektionsbereich umfassen: ¾ Fortbildung o Eigenes Trainingsmodul des ECDC/RKI zu „mass gatherings“ für involvierte Gesundheitsämter (Österreich, Schweiz) + Lebensmittelbereich (4/08) im BMGFJ ¾ Meldewesen („enhanced surveillance“) o tägliche Übermittlung von Informationen zu Ausbrüchen und besonderen Ereignissen („enhanced surveillance“) aus den Gesundheitsämtern der Spielstätten o Tägliche Meldungen der Referenzzentralen/-labors über Häufungen von labortechnisch nachgewiesenen Fällen zur Erkennung von Ausbrüchen (auch bezirk- und länderübergreifende Ausbrüche) ¾ Erhöhte Wachsamkeit der Meldeärzte und –innen („increased awareness“) o Aufruf der Ärzte und -innen in Krankenhäusern und im niedergelassenen Bereich zur raschen Meldung von Infektionskrankheiten bzw. möglichen Ausbrüchen ¾ Legionellen-Krisenplan o durch die Landessanitätsdirektionen (LSDs) zu erstellen ¾ 24h/7T Ruf/Betriebsbereitschaft o Im BMGFJ und den zuständigen Gesundheitsämtern sowie Landessanitätsdirektionen der Spielstätten o In den nationalen Referenzzentralen/-labors ¾ Kontaktpersonen o Listen von Kontaktpersonen (samt Details) im BMGFJ, in wichtigen Organisationen (z.B. Pharmig, Rotes Kreuz, Ärztekammer,..), den Referenzzentralen/-labors sowie in den betroffenen Gesundheitsämtern und LSDs, etc. ¾ Lagezentrum o Tägliches Meeting voraussichtlich zwischen 9:00 und 10:00 für • Audiokonferenz ECDC
4 • Audiokonferenz mit den betroffenen LSDs • Lagebesprechung mit Lebensmittelbereich (falls notwendig auch mit dem Veterinärbereich) ¾ Information o Tagesberichte bzw. Logbucheintragungen generiert aus den täglichen Meldungen o Tagesberichte bzw. Logbucheintragungen über die Infektionssituation in der EU sowie der teilnehmenden Europäischen Länder. Grundlagen: • Early Warning and Response System (EWRS) • Rapid Alert System for Biological and Chemical Alerts and Threats (RAS-BICHAT) • Medical Intelligence System der Europäischen Kommission (MEDISys) • Health Emergencies and Diseases Surveillance System (HEDIS)) o Informationsplattform EURO 2008 für alle betroffenen Gesundheitsämter ¾ Kommunikation o Tägliche Audiokonferenzen mit den betroffenen LSDs zur Besprechung der Ergebnisse der Meldungen/Tagesberichte o Tägliche Audiokonferenzen mit dem ECDC zur Besprechung der internationalen Lage Anhang: Dokumentation Vorbereitung - Meetings Folgende Abstimmungsmeetings fanden bzw. finden statt: 7/2007 Meeting mit dem Roten Kreuz 11/2008 Landessanitätsdirektoren/-innen-Konferenz 10/07 Sitzung SKKM Gesundheit 12/2007 Sitzung SKKM Gesundheit 30.1.08 Sitzung BMGFJ-Krisenstab 2/2008 Bilaterales Meeting mit BM.I 2/08 Meeting ECDC-RKI-BMGFJ in Wien (Human- Lebensmittel- und Veterinärbereich 2/08 7. Subteamsitzung Katastrophenschutz BM.I 3/08 BMGFJ und Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (ÖAGES) Geschäftsführung zu Labor- Ruf/Betriebsbereitschaft HUMANbereich 3/08 SKKM-Gesundheit 3/08 Bund-Länder-Arbeitsgruppe Pandemie – Erweiterung EURO 2008 4/08 Sitzung SKKM-Gesundheit 4/08 Update BM.I zu Bedrohungsszenarien und Stand der Vorbereitungsmaßnahmen 5/08 Landessanitätsdirektoren/-innen-Konferenz – Endbesprechung EURO 2008 5/08 EURO 2008 Workshop ECDC/RKI/BMGFJ 5/08 Update BMGFJ-Krisenstab – Präsentation Konzept
5 BEITRAG DER ABTEILUNG I/B/6 (BMGFJ) Sicherstellung der sanitätsdienstlichen Versorgung im Rahmen der EURO 2008 Durch die strukturell notwendige Verlegung von in Österreich zur Berufs- bzw. Tätigkeitsausübung berechtigten Sanitätern/Sanitäterinnen zu den EURO 2008 Spielstätten Wien und Klagenfurt entsteht ein Personalengpass, insbesondere für die Spielstätten in Salzburg und Innsbruck, welcher durch die Heranziehung von ca. 500 ehrenamtlichen Sanitätern/Sanitäterinnen aus den benachbarten EU- Mitgliedstaaten kompensiert werden soll. Da die Abkommen über die gegenseitige Hilfeleistung bei Katastrophen oder schweren Unglücksfällen, z.B. das Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland über die gegenseitige Hilfeleistung bei Katastrophen oder schweren Unglücksfällen, BGBl.Nr. 1992/489, nicht anwendbar sind, wird die Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend durch eine derzeit in parlamentarischer Bearbeitung befindliche Novelle zum Sanitätergesetz – SanG, BGBl. I Nr. 30/2002, berechtigt, zur Sicherstellung der Versorgung und zur Kompensierung befürchteter Personalengpässe durch Verordnung ausländische Qualifikationen generell für die Zeit eines solchen nationalen Großereignisses befristet anzuerkennen. Die sonstigen Voraussetzungen für eine Tätigkeitsausübung im Sinne des SanG, nämlich der Eigenberechtigung, der gesundheitlichen Eignung und der Vertrauenswürdigkeit sowie der erforderlichen Sprachkenntnisse müssen jedenfalls erfüllt sein; diesbezüglich trifft die österreichische Einrichtung, in der diese Personen tätig werden, das Auswahlverschulden. Nach Kundmachung der Novelle zum SanG ist in Aussicht genommen, auf Grund der bisherigen Erfahrungen im Bereich der Vollziehung der Berufsanerkennungsrichtlinie(n) einen entsprechenden Verordnungsentwurf dem allgemeinen Begutachtungsverfahren zuzuleiten.
6 BEITRAG DER ABTEILUNG I/B/7 (BMGFJ) Einsatz deutscher Notärzte während der EURO 2008 Das Bundesministerium für Gesundheit, Familie und Jugend ist vom Österreichischen Roten Kreuz mit der Frage, wie der „Einsatz deutscher Notärzte während der EURO 2008“ aus ärzterechtlicher Sicht zu bewerten ist, befasst worden. Das Bundesministerium für Gesundheit, Familie und Jugend hat dazu unter GZ BMGFJ-92101/0008-I/B/7/2008 mit Schreiben vom 6.3.2008 im Wesentlichen festgehalten, dass davon ausgegangen wird, „dass für in Aussicht genommene Betreuung von Veranstaltungen im Rahmen der EURO 2008 durch das Österreichische Rote Kreuz vorrangig österreichische Notärzte im Sinne des § 40 Ärztegesetz 1998 (ÄrzteG 1998), BGBl. I Nr. 169, herangezogen werden. Soweit zur Unterstützung dieser österreichischen Notärzte ausnahmsweise und vorübergehend Ärzte aus dem Europäischen Wirtschaftsraum (und der Schweizerischen Eidgenossenschaft), insbesondere aus Deutschland, zugezogen werden sollen, unterliegen diese grundsätzlich der Regelung über den freien Dienstleistungsverkehr gemäß § 37 ÄrzteG 1998 bzw. den entsprechenden Regelungen der Richtlinie 2005/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. September 2005 über die Anerkennung von Berufsqualifikationen. Das bedeutet, dass deutsche Ärzte, die die Voraussetzungen des § 37 ÄrzteG 1998 erfüllen, ohne weitere Prüfung der Gleichwertigkeit einer notärztlichen Qualifikation als approbierte Ärzte, Ärzte für Allgemeinmedizin oder Fachärzte der entsprechenden Sonderfächer tätig werden dürfen. Das Bundesministerium für Gesundheit, Familie und Jugend geht davon aus, dass das Österreichische Rote Kreuz diesen deutschen Ärzten, die nur kurzfristig, also vorübergehend, die genannten Veranstaltungen gemeinsam mit österreichischen Notärzten begleiten werden, für die ordnungsgemäßen Meldungen an die Österreichische Ärztekammer gemäß § 37 Abs. 2 und 3 leg.cit. eine entsprechende Hilfestellung leisten wird. Für allfällige Gleichwertigkeitsprüfungen durch die Österreichische Ärztekammer gemäß § 40 Abs. 7 leg.cit. ist schon deswegen kein Raum, da es im Zusammenhang mit der Anwendung des § 40 Abs. 7 leg.cit. wohl um kontinuierliche, also auf Dauer oder zumindest auf Wiederholung angelegte notärztliche Tätigkeiten in Österreich und nicht nur um vorübergehende, sogar nur einmalige Aktivitäten, wie sie während der EURO 2008 geplant sind, handelt und es daher vertretbar ist, im Zweifel § 37 leg.cit. als vorrangig gegenüber § 40 leg.cit. anzusehen. Das Bundesministerium für Gesundheit, Familie und Jugend darf schließlich auch davon ausgehen, dass das Österreichische Rote Kreuz auf die entsprechende Organisations- und insbesondere Auswahlverantwortung beim allfälligen Einsatz deutscher Ärzte während der EURO 2008 besonders achten wird.“
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