Besteuerung von Investmentfonds-anteilen in Deutschland ab 1. Januar 2018 - GHM Partners
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Besteuerung von Investmentfonds- anteilen in Deutschland ab Dr. Peter Happe 1. Januar 2018 Steuerberater/FB Internationales Steuerrecht/C.P.A., Köln Einfluss auf Schweizer Investoren Die deutsche Besteuerung von Fonds ist nicht Dr. Johannes Mittermaier LL.M., Rechtsanwalt/Attorney at law/C.P.A., nur komplex, sondern in weiten Teilen EU- München und New York rechtswidrig, weil sie gegen die EU-Grund- freiheit der Kapitalverkehrsfreiheit verstösst. Der deutsche Gesetzgeber sah sich daher ge- nötigt, mit dem Investmentsteuerreformge- setz vom 19. Juli 2016 ein neues Besteue- rungsregime für in- und ausländische Publi- kumsfonds einzuführen, das am 1. Januar Philipp Kruse 2018 in Kraft tritt.2 Der lange Zeitraum bis Rechtsanwalt, LL.M., Zürich1 zum Inkrafttreten des Gesetzes zeigt schon, dass das Gesetz weitreichende Änderungen für Anleger, Fondsgesellschaften und (Depot-)Banken hat, die auch Berater und Vermögensverwalter deutschen Vermögens kennen sollten. Nr. 1/2018 Seite 20
BESTEUERUNG VON INVESTMENTFONDSANTEILEN 1 Grundlagen INHALTSVERZEICHNIS Der bisherigen Besteuerung von Investment- 1 Grundlagen fonds lag das Transparenzprinzip zugrunde, nach dem ein Anleger nicht besser oder schlech- 2 Besteuerung auf Fondsebene ter gestellt sein sollte, gleich ob er über einen (Fonds-Eingangsseite) Fonds oder direkt Kapital in Finanzanlagen in- 3 Besteuerung auf Anleger- vestiert. Insbesondere inländische, aber auch ebene (Fonds-Ausgangsseite) ausländische Fonds mit deutscher Zulassung müssen noch bis Jahresende 2017 bis zu 33 un- 4 Besteuerung von Fonds- terschiedliche Besteuerungsmerkmale ermitteln anteilen an deutschen und veröffentlichen (sog. transparente Fonds). Publikumsfonds in der Verluste sind bisher in bis zu zwölf Verlustkatego- Schweiz rien zu ermitteln. Bei ausländischen Fonds, die diese Besteuerungsmerkmale vor allem aus Ver- 5 Besteuerung von Anteilen an waltungskostengründen nicht in Deutschland Publikumsfonds in der Über- veröffentlichten (sog. intransparente Fonds), gangsphase sieht das bisherige Recht eine Pauschalbesteue- 6 Fazit und Zusammenfassung rung von mindestens 6% des Wertes der Fonds- anteile zum Ende des Jahres vor. Diese Strafbe- steuerung, die unabhängig vom tatsächlichen Wertzuwachs erhoben wurde, ist EU-rechtswidrig und wird im neuen Recht schon nicht mehr ver- 2 Besteuerung auf Fondsebene langt.3 Die EuGH-Rechtsprechung kommt auch (Fonds-Eingangsseite) Schweizer Fonds zugute, weil gegen die Grund- freiheit der Kapitalverkehrsfreiheit verstossen Statt des Transparenzprinzips, das in der Praxis wird, welche grundsätzlich auch gegenüber aufgrund bestimmter Ausnahmen der Zurech- Drittstaaten wie der Schweiz einzuhalten ist.4 Die nung von Fondserträgen zu den Investoren deutsche Finanzverwaltung verlangt nun den- ohnehin nur ein Semi-Transparenzprinzip war, noch – in Abkehr von der eindeutigen EuGH- Rechtsprechung – von den Steuerpflichtigen, dass sie einen Nachweis über die Besteuerungs- grundlagen so führen, als handele es sich um 1 Die Autoren bedanken sich bei Frau Steuerberaterin einen transparenten Fonds, was den Steuer- Anika Wiehen, Zug, für wertvolle Hinweise. pflichtigen schlicht unmöglich ist.5 Dazu wird 2 Investmentsteuerreformgesetz vom 26. Juni 2016, ein Musterverfahren vor dem Bundesfinanzhof BGBl. I 2016, 1730. 3 EuGH Urteil vom 09.10.2014, Rs. C-326/12 (van Caster) in München geführt.6 Entsprechende Bescheide sollten offen gehalten werden. IStR 2014, 808. 4 Bundesfinanzhof, Urteil vom 17.11.2015, VIII-R-27/12, Zum neuen Investmentsteuerrecht liegen ein BStBl. II 2016, 539. kurzes BMF-Schreiben vom 14. Juni 20177 sowie 5 BMF-Schreiben vom 23. Mai 2016, BStBl. I 2016, 504. der Entwurf eines ausführlichen BMF-Schreiben 6 Bundesfinanzhof, Anhängiges Verfahren vom (im Folgenden InvStG-Erlass-E) vom August 20.02.2017, VIII-R-31/16. dieses Jahres vor. 7 BMF-Schreiben vom 14. Juni 2017, DStZ 2017, 629. Nr. 1/2018 Seite 21
BESTEUERUNG VON INVESTMENTFONDSANTEILEN gilt künftig für in- und ausländische Publi- steuerpflichtig und – wenn überhaupt – nur kumsfonds das Trennungsprinzip als Grundla- partiell gewerbesteuerpflichtig. ge der Besteuerung, welches auch bei gewerbli- Für steuerbegünstigte Anleger, also im Wesent- chen Kapitalgesellschaften in Deutschland gilt. lichen gemeinnützige Anleger und inländische Nach dem Trennungsprinzip sind Fonds eigene Personen des öffentlichen Rechts, wird ein in der Steuersubjekte, § 6 InvStG8, und unterliegen als Praxis komplexer Steuerbefreiungsmechanis- inländische Fonds der Körperschaftsteuer von mus auf Fondsebene eingeführt, so dass die grundsätzlich 15% (grundsätzlich inklusive Fondserträge ohne oder nur geringes «tax Solidaritätszuschlag von 5,5%, nur bei Immo- leakage» wie bei der Direktanlage an diese ge- bilienfonds zuzüglich Solidaritätszuschlag), langen können (§§ 8–13 InvStG). Dies gilt grundsätzlich aber nicht der Gewerbesteuer auch für deutsche Altersvorsorgeprodukte wie (§ 15 InvStG). Voraussetzung ist, dass der Fonds sog. Riester- oder Rürup-Anlagen. eine sog. Statusbescheinigung nach § 7 Abs. 3 Nur für sog. Spezialfonds (§§ 25–52 InvStG) InvStG vorlegt. Gewerbesteuerpflicht besteht nur und Altersvorsorgevermögenfonds (§ 53 InvStG) bei aktiver unternehmerischer Bewirtschaftung gilt grundsätzlich weiterhin ein Semi-Transpa- der Vermögensgegenstände. Auch inländische renzprinzip.12 Solche Fonds werden hier nicht Fonds sind somit nicht mehr persönlich von der behandelt. Steuer befreit. Der deutschen Körperschaft so- wohl bei inländischen als auch ausländischen 3 Besteuerung auf Anleger- Investmentfonds9 unterliegen in Deutschland ebene (Fonds-Ausgangsseite) inländische Beteiligungseinnahmen (im We- sentlichen Kapitalerträge) brutto, inländische Künftig sind für die Besteuerung auf deutscher Immobilienerträge dagegen als Nettobetrag der Anlegerebene von deutschen oder ausländi- Einnahmen über die Ausgaben einschliesslich schen Publikums-Investmentfonds nur noch Veräusserungsgewinne aus inländischen Immo- vier Kennzahlen bzw. Merkmale erforderlich: bilien und sonstige inländische Einkünfte im 1. Höhe der Ausschüttung, Sinne § 49 EStG. Für die inländischen Kapital- 2. Wert des Fondsanteils am Jahresanfang erträge ist die Steuer durch die Kapitalertrag- (Rücknahmepreis), steuer abgegolten, § 7 Abs. 2.10 Ausländische 3. Wert des Fondsanteils am Jahresende (Rück- Fonds werden in Deutschland mit denselben nahmepreis) sowie Einkünften als beschränkt körperschaftsteuer- 4. Art des Fonds (Aktienfonds, Mischfonds, Im- pflichtig behandelt, soweit sie deutsche Einkünf- mobilienfonds oder sonstigen Fonds). te wie Immobilieneinkünfte oder Dividenden In- und ausländische Fonds werden dabei gleich aus deutschen Quellen erzielen. behandelt, d. h. die Differenzierung zwischen Nicht auf Fondsebene in Deutschland besteuert transparenten Fonds und intransparenten Aus- werden ausländische Dividenden, ausländische landsfonds fällt weg. Auf Anteilseignerebene sind und inländische Veräusserungsgewinne aus Ak- bei deutschen Anlegern Ausschüttungen, sog. tien, ausländische Immobilienerträge, die im Vorabausschüttungen und Veräusserungsgewin- Regelfall im Ausland einer Besteuerung unter- ne steuerpflichtig (§ 20 Abs. 1 Nr. 3 i. V. m. § 16 liegen, Erträge aus festverzinslichen Wertpapie- InvStG). Künftig sind alle Ausschüttungen ren, wenn sie nicht grundbuchlich gesichert eines Fonds im Sinne des § 2 Abs. 11 InvStG sind, und Gewinne aus Termingeschäften.11 steuerpflichtig, auch wenn es sich um Substanz- Insofern sind Fonds nur partiell körperschaft- ausschüttungen handelt. Nr. 1/2018 Seite 22
BESTEUERUNG VON INVESTMENTFONDSANTEILEN Um zu vermeiden, dass thesaurierende Fonds Schliesslich ist der Veräusserungsgewinn für durch Anleger als «Steuersparmodell» miss- Fondsanteile im Falle einer Veräusserung, braucht werden, werden typisierende Ausschüt- Rückgabe, Abtretung etc. steuerpflichtig (§ 19 tungen als sog. «Vorabpauschalen» für das Ka- InvStG). Die während der Besitzzeit der Fonds- lenderjahr ermittelt (§ 18 InvStG), die erst zu anteile angesetzten Vorabpauschalen sind zur Beginn des Folgejahres beim Anleger anzuset- Vermeidung einer Doppelbesteuerung und zen sind. Die Vorabpauschale wird durch einen unbeachtlich des nachfolgend behandelten Teil- von der deutschen Finanzverwaltung festgeleg- freistellungsverfahrens bei Veräusserung der ten sog. Basiszins, der aktuell im Jahre 2018 bei Fondsanteile wieder abzuziehen, auch wenn da- nur 0,59% liegt, ermittelt und durch die Wert- durch ein Veräusserungsverlust entsteht. steigerung und Ausschüttungen des Fonds be- Da die Fondserträge auf Fondsebene regelmäs- grenzt. Vorabpauschalen werden für thesaurie- sig bereits einer steuerlichen Vorbelastung un- rende und ausschüttende Fonds gleichermassen terliegen und der Gesetzgeber auch im neuen festgesetzt. Die Vorabpauschalen werden verein- Besteuerungsregime beabsichtigte, die Fondsan- fachend wie folgt berechnet: lage nicht schlechter zu stellen als eine Direkt- anlage, werden Ausschüttungen, Vorabpauscha- len und Veräusserungsgewinne, wie in der Rücknahmepreis zum Jahresanfang Tabelle auf der folgenden Seite dargestellt, von der Besteuerung auf Anlegerebene ausgenom- * 0,7 men (steuerliche Teilfreistellungsquoten nach * Basiszins § 20 InvStG):13 = Vorläufiger Basisertrag wird mit Differenz der Rücknahmepreise zum Jahresanfang und Jahresende zzgl. Ausschüttungen während des Kalenderjahres verglichen, der niedrigere Wert wird angesetzt 8 Wenn hier und im Folgenden vom InvStG die Rede ist, = Endgültiger Basisertrag ist das am 1. Januar 2018 in Kraft tretende Fassung des – Ausschüttungen des Kalenderjahres Investmentsteuerreformgesetz – InvStRefG vom 19. Juli = Endgültige Vorabpauschale 2016, BGBl. I 2016, 1730 gemeint. 9 Bei der Abgrenzung von inländischen Fonds wird vor Teilfreistellungen nicht auf den Sitz oder die Geschäftsleitung abgestellt, – Kürzung um Teilfreistellungen sondern auf die investmentrechtliche Qualifikation als (siehe nachfolgend) in- oder ausländischer Investmentfonds nach dem = Fiktiver Zufluss von gekürzten Vorab- anwendbaren Privatrecht, dem der Investmentfonds unterliegt, d. h. nach dem Rechts desjenigen Staates un- pauschalen im folgenden Kalenderjahr ter dem der Fonds aufgelegt wurde (Tz. 2.2 InvStG- Erlass-E). 10 Vgl. Elster/Stiegler, IStR 2017. 11 Vgl. Stadler/Bindl, DStR 2016, 1955 f.; Tz. 6.14 und Tz. 6.21 InvStG-Erlass-E. Hinweis auf steuerfreie Wert- änderungen von Immobilienbesitz mit einer Haltedauer von mehr als 10 Jahren, die vor 2018 eingetreten sind, § 6 Abs. 4 Satz 3 InvStG. 12 Vgl. dazu bspw. Stader/Bindl, DStR 2016, S. 1961–1965. 13 Vgl. BMF-Schreiben vom 14. Juni 2017, a. a. O. Nr. 1/2018 Seite 23
BESTEUERUNG VON INVESTMENTFONDSANTEILEN Natürliche Personen Natürliche Personen: Betriebsvermögen Betriebsvermögen Privatvermögen Einzelunternehmen/ AG/GmbH Fondsart laut Anlagebedingungen Personengesellschaft Abgeltungsteuer ESt GewSt KSt GewSt Aktienfonds (≥ 51% Aktienquote) 30% 60% 30% 80% 40% Mischfonds (≥ 25% Aktienquote) 15% 30% 15% 40% 20% Immobilienfonds (≥ 51% Immobilienbesitz) 60% 60% 30% 60% 30% Immobilienfonds (≥ 51% 80% 80% 40% 80% 40% Auslandsimmobilienbesitz) Sonstige Fonds (z. B. Rentenfonds oder 0% 0% 0% 0% 0% Mischfonds mit Aktienquote ˂ 25%) Die vorstehende Tabelle14 ist so zu lesen, dass Ausschüttungen, Vorabpauschalen und Veräusserungs- gewinne auf Fondsanteile in Höhe des in der Tabelle angegebenen Prozentsatzes auf Anlegerebene steuerfrei zu stellen sind. erträge bei deutschen Fonds. Entsprechend den Beispiel Teilfreistellungsquoten sind auch mit den Ein Immobilienfonds mit ausländischem Fondserträgen zusammenhängende Ausgaben Immobilienbesitz schüttet an eine Person nur begrenzt abziehbar (§ 21 InvStG). Das gilt in Deutschland, die die Fondsanteile im Be- sowohl für betriebliche als auch für private An- triebsvermögen hält, Gewinne aus. In dem leger. Wichtig ist noch der Hinweis, dass Fonds, Fall sind die Ausschüttungen zu 80% von die die Aktienentwicklung nach den Anlage- der Einkommensteuer und zu 40% von der bedingungen ausschliesslich synthetisch z. B. Gewerbesteuer auf Ebene des Anlegers be- durch Finanzderivate abbilden und die Mindest- freit. 20% der Einnahmen sind einkom- beteiligungsquoten nicht erfüllen, nicht als Ak- men- und 60% sind gewerbesteuerpflichtig. tien- oder Mischfonds gelten und ihre Anleger damit auch nicht die entsprechenden Teilfrei- stellungsquoten erhalten (Tz. 2.6 und Tz. 2.16 Die vorgenannten pauschalen Freistellungen et- des InvStG-Erlasses-E). Welcher Kategorie ein wa von 30% für Aktienfonds sind auch anzuwen- Fonds angehört, bestimmt sich nach den Anla- den, wenn auf Ebene des Fonds wie bei einigen gebedingungen oder bei ausländischen Fonds Auslandsfonds gar keine Vorbelastung besteht, u. U. auch der Fondsprospekt, wenn sich wie weil der Fonds vollständig von Ertragsteuern ausländischen Fonds die Anlagepolitik aus dem befreit ist und er nur in quellensteuerbefreite Prospekt ergibt (Tz. 2.33 des InvStG-Erlasses-E). Aktien investiert ist. Ausserdem gilt die Teilfrei- Ein kurzzeitiges Unterschreiten der Vermögens- stellung auch dann, wenn die Erträge keiner grenzen in der Tabelle ist dabei unschädlich, Fondsbesteuerung unterliegen wie Zinsen, Ver- wenn es sich eine «passive Grenzverletzungen» äusserungsgewinne bei Aktien, Termingeschäfts- z. B. durch Wertveränderungen oder Fehler han- Nr. 1/2018 Seite 24
BESTEUERUNG VON INVESTMENTFONDSANTEILEN delt und unverzüglich Massnahmen unternom- anrechnen lassen18, beides gestützt auf das Dop- men werden, die Grenzverletzungen zu beheben pelbesteuerungsabkommen zwischen der Schweiz (Tz. 2.7 des InvStG-Erlasses-E) Dem Vernehmen und Deutschland (DBA D-CH)19. Damit war der nach gelten acht Börsentage noch als unverzüg- Schweizer Fonds-Investor bis anhin nicht lich. schlechter gestellt als der Direktinvestor von Das Reporting von Banken und Vermögens- Streubesitz an deutschen Aktien. In Zukunft verwaltern gegenüber deutschen Kunden muss droht nun dem Schweizer Investor gegenüber daher an das neue Besteuerungsregime ange- dem Direktinvestor eine Schlechterstellung. passt werden. Festzuhalten ist vorab, dass deutsche Publi- kumsfonds die von ihnen vereinnahmten Divi- 4 Besteuerung von Fonds- dendenerträge und Grundstückserträge aus anteilen an deutschen deutscher Quelle inskünftig nur noch im Um- Publikumsfonds in der fang von 85% vereinnahmen werden. Die rest- Schweiz lichen 15% der Bruttodividende werden bereits auf Stufe der ausschüttenden deutschen Kapital- Für Schweizer Investoren, die sich an deutschen gesellschaft auf der Fonds-Eingangsseite abzu- Fonds beteiligen, bringt das Investment-Steuer- führen sein. Der deutsche Aktienfonds wird ins- reformgesetz eine wichtige Änderung. Anders künftig keine Rechtsgrundlage mehr haben, als bisher15 unterliegen Erträge aus deutschen diese Quellensteuer freistellen zu lassen oder zu- Fonds (Fonds-Ausgangsseite) in Deutschland ab rückzufordern. Ob dem Schweizer Investor ent- 2018 nicht mehr der beschränkten Steuer- sprechende Möglichkeiten gestützt auf DBA pflicht.16 Dies bedeutet, dass ein deutscher Ak- D-CH offenstehen, ist daher die entscheidende tienfonds seine Ausschüttungen an Schweizer Frage. Investoren in Zukunft nicht mehr um 26,375% Hierfür wird von der Qualifikation des besagten (als Summe von Kapitalertragssteuer und Soli- 15%-Abzuges einiges abhängen. Formell wird Zuschlag) wird kürzen müssen. Im grösseren dieser Abzug zwar als Kapitalertragssteuer Zusammenhang betrachtet bringt diese Ände- vollzogen. Kraft besonderer gesetzlicher Be- rung allerdings keine Verbesserung sondern in stimmung wird dieser Abzug nun aber neu Bezug auf Fondseinkünfte aus deutschen Dividendenerträgen und Grundstückserträ- gen sogar eine Verschlechterung für Schweizer Investoren. 14 Vgl. Tz. 20.4 BMF-Erlass-E. Wie bereits erwähnt unterlagen deutsche Publi- 15 Vgl. § 49 Abs. 1 Nr. 5 lit. b) EStG a. F. kumsfonds bis anhin in Deutschland keiner 16 Vgl. Gesetzesbegründung in der BT-Drucksache (Körperschafts-)Steuerpflicht auf Fonds-Erträ- 18/8045, S. 139. gen und –Gewinnen. Die Fondserträge wurden 17 Vgl. Art. 10 Abs. 2 lit. c DBA D-CH i. V. m. Art. 5 Verord- vielmehr auf Ebene der Investoren besteuert nung zum DBA-D-CH; (mittels Formularen R-D 1, resp. (Transparenzprinzip). Die vom Fonds bis an- R-D 2). 18 Vgl. Art. 24 Abs. 2, Ziff. 2 DBA D-CH(Mittels Formularen hin abgeführte deutsche Kapitalertragssteuer im DA-1 und DA-2). Umfang von 26,375% konnte der Schweizer In- 19 Abkommen zwischen der Schweiz und Deutschland zur vestor bis zum Sockelbetrag von 15% zurückfor- Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete dern17 und sich im Übrigen den Sockel an seine der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen; in in der Schweiz geschuldete Einkommenssteuer Kraft seit 29. Dezember 1972. Nr. 1/2018 Seite 25
BESTEUERUNG VON INVESTMENTFONDSANTEILEN als Abgeltung der (neuen) Körperschaftssteuer schweizerischen Steuerbehörden – steuerlich des Fonds gelten. Die Rechtsnatur dieses 15%- deutlich stärker belastet werden als der Schwei- Abzugs ist damit ebenso unklar wie die davon zer Direktinvestor. Bis zum heutigen Datum ist abhängenden DBA-Ansprüche des Schweizer unklar, wie die EStV mit dieser drohenden Investors. Schlechterstellung umgehen will, und ob sie be- Aufgrund der Erhebung als Kapitalertragssteuer absichtigt, diese steuerlichen Nachteile auszu- (fondseingangsseitig durch die ausschüttende schliessen. Es ist zu hoffen, dass diese potenzielle Kapitalgesellschaft) könnte man argumentie- Schlechterstellung Schweizer Fondsinvestoren ren, der 15%-Abzug entspreche de facto der deut- im Vergleich zum Direktinvestor baldmöglichst schen «Sockelsteuer» auf Dividenden im Sinne beseitigt wird. von Art. 10 Abs. 2 lit. c DBA D-CH. Nach bisheri- ger Praxis der EStV wäre zudem ein deutscher 5 Besteuerung von Anteilen Aktienfonds auch inskünftig als transparentes an Publikumsfonds in der Vehikel zu betrachten.20 Auf dieser Basis wäre ei- Übergangsphase ne Anrechnung des deutschen 15%-Sockels nach den altbekannten Prinzipien des DBA Der deutsche Gesetzgeber beabsichtigt eine klare D-CH grundsätzlich auch in Zukunft zuzulas- Abgrenzung zwischen altem und neuem Be- sen. Dieser Lösung stehen jedoch zwei Aspekte steuerungsregime zu machen. Daher gelten alle des neuen Rechts im Wege: Erstens behandelt in- und ausländischen Fondsanteile, die von das neue deutsche Recht den Fonds künftig als deutschen Anlegern dann noch gehalten wer- eigenes Steuersubjekt der Körperschaftssteuer. den, als zum 31. Dezember 2017 veräussert (§ 56 Würden die schweizerischen Steuerbehörden Abs. 2 InvStG). Der Veräusserungsgewinn wird diese Qualifikation übernehmen, könnte der buchhalterisch festgehalten und ist bei der tat- Schweizer Fondsinvestor mangels transparenter sächlichen Veräusserung später erst steuerlich Behandlung des deutschen Fonds keine DBA- relevant. Ansprüche bezüglich besagter 15% geltend ma- Der Wertzuwachs aller vor dem 1. Januar 2018 chen. Zweitens qualifiziert das neue deutsche erworbenen Fondsanteile, der nach dem 31. De- Recht den 15%-Abzug auf der Fondseingangssei- zember 2017 auf die Fondsanteile eintritt, ist ab te gesetzessystematisch als Abgeltung der Fonds- dem 1. Januar 2018 steuerpflichtig. Das betrifft Körperschaftssteuer. Danach wäre diese Steuer im Grundsatz auch Alt-Fondsanteile, die vor möglicherweise nicht mehr als deutsche Quel- dem 1. Januar 2009 erworben wurden und von lensteuer auf Dividenden im Sinne des DBA deutschen Anlegern bisher steuerfrei veräussert D-CH sondern vielmehr als gewöhnliche Unter- werden könnten. Auch sie gelten als zum 31. De- nehmenssteuer auf Stufe Fonds zu qualifizieren. zember 2017 fiktiv als veräussert. Der fiktive Ver- Die oben erwähnten Bestimmungen des DBA äusserungsgewinn ist bei Alt-Fondsanteilen, also D-CH zur Vermeidung der Doppelbesteuerung der Wertzuwachs zwischen Erwerb vor dem 1. Ja- von Dividendenerträgen wären damit nicht an- nuar 2009 und dem 31. Dezember 2017, steuer- wendbar. frei. Der Wertzuwachs jedoch, der nach dem In Ermangelung einer Anrechnungslösung wird 31. Dezember 2017 auf diese Alt-Fondsanteile der Schweizer Investor eines deutschen Aktien- eintritt, ist nur noch zu EUR 100 000.– bei fonds auf Fondserträgen aus deutschen Dividen- deutschen Anlegern steuerbefreit (personenbe- den kraft neuen deutschen Rechts – ohne prag- zogener Freibetrag). Bevor ein deutscher Anle- matische Korrekturmassnahmen seitens der ger nun seine Fondsanteile auf die Ehegatten Nr. 1/2018 Seite 26
BESTEUERUNG VON INVESTMENTFONDSANTEILEN und Nachkommen verteilt, um den personenbe- pauschalen insbesondere aufgrund des zur Zeit zogenen Freibetrag für Fonds zu vervielfachen, geringen Basiszinses tendenziell steuerlich sollten die erbrechtlichen und erbschaftsteuer- günstiger als die Direktanlage. Schliesslich ist lichen Implikationen wie der Verbrauch von auch zu berücksichtigen, dass Verluste aus Freibeträgen und die Anrechnung auf Pflichteile Fonds, auch wenn sie Aktienfonds sind, nicht als in die Überlegungen einbezogen werden. Ob die- Aktienverluste zu qualifizieren sind und daher ses Vorgehen des Gesetzgebers bei Alt-Fondsan- bei deutschen Anlegern mit anderen Kapitaler- teilen, die vor dem 1. Januar 2009 erworben trägen wie Dividenden, Zinsen und Kapitalge- wurden, verfassungsrechtskonform ist, wird si- winnen verrechnet werden dürfen. Verluste aus cherlich noch höchstrichterlich geprüft werden. Direktanlagen in Aktien sind dagegen nur mit Frappierend ist, dass die Finanzverwaltung die Aktiengewinnen verrechenbar. Ob eine Fondsan- Verluste aus Anteilen an Kapital-Investitionsge- lage bei Immobilieninvestitionen für deutsche sellschaften wie Luxemburger FCP und SICAV günstiger ist als eine Direktanlage kommt auf bei einem fiktiven Verkauf zum 31. Dezember den Einzelfall an. Bei einem Grenzsteuersatz, 2017 wohl unter das Verlustverrechnungsverbot der grösser als 15% ist, bei Thesaurierungsab- des § 20 Abs. 4 Satz 6 EStG für Aktien fassen will sicht und wenn die Anlage dem Betriebsvermö- (Tz. 56.19 des InvStG-Erlasses-E), was eigent- gen zuzurechnen ist, ist eine Fondsanlage ten- lich nicht zu rechtfertigen ist, da es sich dabei denziell günstiger als eine Direktanlage. auch um Fondsanteile handelt, die nach herr- Für Schweizer Investoren dürfte sich bei Publi- schender Meinung nicht unter Aktien, sondern kums-Aktien- und Immobilienfonds mit deut- unter den verrechnungsfähigen sonstigen Kapi- schen Anlagen die Situation verschlechtern, talerträgen zu fassen sind.21 wenn die schweizerischen Steuerbehörden nicht entsprechende Korrekturen der Besteuerung von 6 Fazit und Zusammenfassung Fonds z. B. die Anrechnung der auf Fondsebene angefallenen deutschen Steuern bei der indivi- Als Fazit aus Belastungsvergleichen lässt sich duellen Steuer zulässt. Andernfalls kommt es zu z. B. festhalten, dass die Besteuerung von Anla- einer erheblichen Benachteiligung der Schwei- gen in Publikums-Aktienfonds (≥ 51% Aktien- zer Investoren bei der Anlage über Publikums- quote) für deutsche Privatanleger nach neuem fonds gegenüber der Direktanlage. Besteuerungsregime tendenziell günstiger ist als Letztlich kommt es aber auf Faktoren wie Er- nach altem Besteuerungsregime, wenn die Ein- tragsentwicklung und Art der Anlagen (Aktien-, nahmen aus Veräusserungsgewinnen, Zinsen Mischfonds etc.) an, die bestimmen was steuer- und Termingeschäften die Dividendenausschüt- lich günstiger ist. Ein Belastungsvergleich durch tungen aus inländischen Aktien überschreiten einen erfahrenen Steuerberater oder Finanzpla- und es sich nicht um Kleinanleger handelt, bei ner ist ratsam. denen die Kapitalerträge ohnehin steuerfrei sind. Ausserdem ist unter Nicht-Berücksichti- gung von Verwaltungskosten ceteris paribus ei- ne Fondsanlage in thesaurierende Fonds nach 20 Die Gleichstellungsregeln gem. Ziff. 4.6.1. EStV Kreis- neuem Besteuerungsregime trotz Zurechnung schreiben 25/2009 sind auch inskünftig erfüllt. von (thesaurierten) Gewinnen durch die Vorab- 21 Vgl. z. B. Stadler/Bindl, DStR 2016, S. 1965. Nr. 1/2018 Seite 27
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