BIX 2019 Belastung transparent mach Bürokratie abbauen - en, KBV
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BIX DER BÜROK R ATIEINDE X 2019 FÜR DIE VERSORGU V ER T NG R AGSÄRZT LICHE www.fh-mittelstand.de www.kbv.de t m a c h e n , g t r a n s p a ren Belastun u e n . e a b b a Bürokrati
IMPRESSUM Dieser Bericht wurde erarbeitet von Prof. Dr. Volker Wittberg, Fachhochschule des Mittelstands (FHM) RA Hans-Georg Kluge, Staatssekretär a.D., Landrat a.D., Röttgen, Kluge & Hund PartG mbB RA Heiko Rottmann, Röttgen, Kluge & Hund PartG mbB Elisa Goldmann MBA, Fachhochschule des Mittelstands (FHM) Layout www.artisan-berlin.de Herausgeberin Kassenärztliche Bundesvereinigung Druckerei Dezernat Versorgungsmanagement – www.kerndruck.de Sicherstellung und Versorgungsstruktur Aufgabenbereich Bessere Regulierung Bildnachweise Herbert-Lewin-Platz 2, 10623 Berlin Titelbild: © Istockphoto/EasyBuy4u Seite 7: © Istockphoto/RichVintage Seite 13: © Istockphoto/endopack Seite 14: © Istockphoto/fstop123 Seite 20: © Istockphoto/utah778 Seite 21: © Istockphoto/fatihhoca Seite 22: © Istockphoto/YingYang Seite 23: © Istockphoto/izusek Seiten 24, 25, 27: KBV Seite 29: © Lopata / Axentis Seite 31: © Istockphoto/ipopba Stand November 2019
Inhalt Management Niederlassungshemmnis 1 Summary Seite 2 5 Bürokratie Seite 20 5.1 Status Quo Niederlassung Seite 21 Ziel und Methode des 2 Bürokratieindex Seite 4 5.2 5.3 Niederlassungshemmnisse Seite 23 Blick in die Praxis – Bürokratische Hürden bei der Niederlassung Seite 24 2.1 Bürokratiekostenkontrolle und -begrenzung durch den Bürokratieindex Schlussfolgerungen 2.2 Seite 5 Methodisches Vorgehen 6 der KBV Seite 28 Seite 6 Ergebnis Vorschläge der KBV 3 Bürokratieindex 2019 Seite 8 7 zum Bürokratieabbau Seite 30 3.1 Index im Überblick Seite 9 3.2 Be- und Entlastungen im Detail Seite 10 Aktuelle Belastung 4 durch Bürokratiekosten Seite 14 4.1 Aufwände nach Themenbereichen Seite 15 4.2 Aufwände in Stunden und Kosten Seite 16 4.3 Die Top-25-Informations- pflichten Seite 16 BÜROKRATIEINDEX 2019 SEITE 1
1 Management Summary Die Kassenärztliche Bundesvereinigung 58 Millionen Nettoarbeitsstunden Ge- (KBV) und die Fachhochschule des Mit- samtaufwand auf 55,6 Millionen im Jahr telstands (FHM) legen hiermit den vier- der ersten Erhebung 2016 stiegen die Bü- ten Bericht über die Entwicklung der rokratielasten in den beiden letzten Jah- durch die gemeinsame Selbstverwal- ren 2017 und 2018 wieder moderat an, tung im Gesundheitswesen verursach- während im Berichtsjahr 2019 nun er- ten Bürokratiebelastung für niederge- neut eine deutliche Reduzierung ver- lassene Ärzte und Psychotherapeuten1 zeichnet werden konnte. vor. Die FHM hat auf Basis des Projektes „Mehr Zeit für Behandlung“ des Natio- 2019 konnte ein Rückgang um 1,93 Pro- nalen Normenkontrollrates und des Sta- zent zum Vorjahr auf nun rund 55 Milli- tistischen Bundesamtes aus dem Jahr onen Nettoarbeitsstunden festgestellt 2013 den Bürokratieindex (BIX) entwi- werden, was durchschnittlich einer um ckelt, mit dem die bürokratische Belas- einen Tag reduzierten Gesamtbelastung tung für die vertragsärztlichen Praxen pro Praxis entspricht, die allein durch jährlich ermittelt und kontrolliert wird. Informationspflichten der gemeinsamen Selbstverwaltung auf Bundesebene be- Die Entwicklung der Bürokratiekosten gründet sind. Hinzu kommen Aufwände verläuft dabei uneinheitlich. Nach ei- aufgrund von Bundes- und Landesge- nem deutlichen Rückgang der Belastung setzen sowie Vorgaben der Kassenärztli- für die Praxen um fast 5 Prozent chen Vereinigungen und Kommunen. zwischen dem Basisjahr 2013 mit über Die grundsätzlich weiterhin sehr hohe bürokratische Belastung in den Praxen stellt ein beachtliches Problem und auch ein zentrales Niederlassungs- hemmnis für junge Mediziner dar, für r n nte e in Rückgang de die die inhabergeführte eigene Praxis 2019 ko 3 Prozent zum als Berufsziel damit an Attraktivität g u m 1,9 Belastun verloren hat.2 en h r a uf ru n d 55 Million Vorja den festge- r be its stu n Nettoa n. stellt werde SEITE 2 BÜROKRATIEINDEX 2019
n a n n t e n b ü rokratische bek b Neben den g u lä r e n P raxisbetrie im re Aufwänden n d e r e bürokratisc he b e s o werden ins ic herheiten im d U n s nd Hürden u n h r e n a ls s ehr belaste verfa Zulassungs h a s e empfunden . d e r p für die Grün Die KBV und die FHM haben in Work- shops mit neu Niedergelassenen diese Probleme näher beleuchtet und festge- stellt, dass neben den bekannten büro- kratischen Aufwänden im regulären Praxisbetrieb insbesondere bürokrati- sche Hürden und Unsicherheiten im Zulassungsverfahren als sehr belastend für die Gründungsphase empfunden werden. Vereinfachungen bei der Zulas- sung, dem Verordnungsmanagement und bei der Abrechnung wurden von jungen Medizinern und Psychothera- peuten gewünscht, um die Belastungen für Praxisgründer wirksam zu reduzieren. 1) Ausschließlich zum Zweck der besseren Lesbarkeit wird auf die geschlechtsspezifische Schreibweise verzichtet. Alle personenbezogenen Bezeichnungen sind geschlechtsneutral und beziehen sich auf Angehörige aller Geschlechter. 2) Vgl. KBV, online-Artikel „Arztzeitmangel“ abrufbar unter www.kbv.de/html/themen_38343.php. BÜROKRATIEINDEX 2019 SEITE 3
2 Ziel und Methode des Bürokratieindex Methode Ziel Auf der Grundlage des bewährten Standardkosten- Die jährliche Messung der Bü- Modells (SKM) wird der in rokratielasten für Vertragsärzte den Praxen anfallende büro- und -psychotherapeuten und kratische Aufwand, der durch ihre Sichtbarmachung im Informationspflichten auf- Bürokratieindex (BIX) dient der grund von Regelungen der Verbesserung der Transparenz gemeinsamen Selbstverwal- und mittelbar der effektiven tung verursacht wird, ermittelt Kontrolle der Bürokratielasten. und die Entwicklung der Be- Der Index liefert für Entscheider lastung im Bürokratieindex der Gesundheitspolitik wichtige veranschaulicht. Informationen für eine bessere Regulierung und Begrenzung sowie Reduzierung der Belas- tung für Ärzte und Psychothera- peuten. r ü ro k ra tie b elastung fü Die B Ärzte und g e la s s e n e nieder te n bewegt e ra p e u Psychoth se it Ja h r en auf einem sich ie n N iv e au , behindert d hohe n r u n d m it den Patiente Arbeit fü vantes Hinder - t e in r ele und stell in d ie Zulassun g W e g nis auf dem Praxis dar. und eigene SEITE 4 BÜROKRATIEINDEX 2019
2.1 Bürokratiekostenkontrolle und -begrenzung durch den Bürokratieindex Die Bürokratiebelastung für niederge- mation für eine bessere Regulierung 3) Vgl. im Einzelnen zur Entwicklung Kapitel 3, lassene Ärzte und Psychotherapeuten und Normsetzung dar. Vor dem Hinter- S. 8 ff. 4) Zum Themenschwerpunkt Bürokratie als bewegt sich seit Jahren auf einem hohen grund dieser Informationen ist es umso Niederlassungshemmnis vgl. Kapitel 5, S. 20 ff. Niveau,3 behindert die Arbeit für und wichtiger, bei jeder Normsetzung bereits 5) Siehe dazu Fachhochschule des Mittelstands, mit den Patienten und stellt ein relevan- von vorneherein die verursachten Büro- Kassenärztliche Bundesvereinigung, Kassenärztliche tes Hindernis auf dem Weg in die Zulas- kratielasten unbedingt mit zu beden- Vereinigung Westfalen-Lippe, Belastung transparent sung und eigene Praxis dar. 4 ken, um eine bessere Rechtsetzung in machen, Bürokratie abbauen, BIX 2016, Kapitel 6, S. 24. der gemeinsamen Selbstverwaltung zu 6) Statistisches Bundesamt/Nationaler Normen- Eine wertvolle Hilfe für eine effektive erreichen. kontrollrat, gemeinsam mit der Kassenärztlichen Bürokratie- und auch Kostenkontrolle Bundesvereinigung (KBV), der Kassenzahnärztlichen ist dabei zunächst eine Messung der bü- Der Bürokratieindex (BIX) für Vertrags- Bundesvereinigung und Bundeszahnärztekammer rokratischen Belastung für Vertragsärz- ärzte und -psychotherapeuten wurde (KZBV/BZÄK) sowie dem GKV-Spitzenverband (GKV- SV), Mehr Zeit für Behandlung, Vereinfachung von te und -psychotherapeuten und eine von der FHM analog zum Bürokratiekos- Verfahren und Prozessen in Arzt- und Zahnarztpra- Analyse der Entwicklung über mehrere tenindex des Statistischen Bundesamtes xen, Abschlussbericht August 2015. Jahre. (BKI) konzipiert, mit dem die Bundesre- gierung die Bürokratiekosten für die Bereits zum vierten Mal seit 2016 führen Wirtschaft seit 2012 misst und kontrol- die KBV und die Fachhochschule des liert.5 Mittelstands daher zur Kontrolle und Bestandsaufnahme eine Bürokratiemes- Der BIX schreibt die durch das Statisti- sung in den Praxen durch und bilden sche Bundesamt (Destatis) und den Na- den dort anfallenden bürokratischen tionalen Normenkontrollrat (NKR) im Aufwand durch den Bürokratieindex Jahre 2015 vorgelegte Untersuchung (BIX) ab, um zu mehr Bewusstsein und „Mehr Zeit für Behandlung“ 6, die als Aufmerksamkeit für die Problematik Nullmessung und Ausgangspunkt durch die nötige Transparenz und Infor- dient, für den Bereich der Selbstverwal- mation beizutragen. Der Bürokratiein- tung auf Bundesebene kontinuierlich dex gibt Hinweise darauf, ob und in fort und ermöglicht so eine Vergleich- welchem Umfang das Ziel des Bürokra- barkeit und fortlaufende jährliche Büro- tieabbaus im vertragsärztlichen Bereich kratiekostenkontrolle bezogen auf das tatsächlich erreicht wird, und stellt da- Basisjahr 2013 (=Index 100). mit für Entscheider eine wichtige Infor- g ib t H in w eise darauf, tieindex s Der Bürokra em Umfang das Ziel de elch gsärztlichen ob und in w s im ve rtr a bbau Bürokratiea c h err e icht wird, u nd ch li Bereich tats ä h e id er eine wichtige für Entsc ng stellt damit ine b e s s e re Regulieru für e Information etzung dar. und Norms BÜROKRATIEINDEX 2019 SEITE 5
2.2 Methodisches Vorgehen Messung des Aufwands aus und seiner Anlagen sowie Richtlinien heterogenen und damit schwer abbild- Informationspflichten mit dem des Gemeinsamen Bundesausschusses baren Vorgaben auf der Landes- bzw. Standardkosten-Modell (SKM) (G-BA) auf Änderungen der bestehen- KV-Ebene entstehen, nicht berücksich- den Informationspflichten und neue tigt werden. Die Messung und Ausweisung von Informationspflichten hin überprüft. Bürokratiekosten erfolgt in dieser Stu- Hierbei wurden alle Änderungen be- 7) Ausf. zum Standardkostenmodell: Statistisches die auf der Grundlage des bewährten rücksichtigt, die bis zum 31.03.2019 Bundesamt, Einführung des Standardkosten-Modells – Methodenhandbuch der Bundesregierung, Version Standardkosten-Modells (SKM)7; die- beschlossen wurden und bis zum 1.2006. ses in den Niederlanden entwickel- 30.09.2019 in Kraft getreten sind. 8) Vgl. ausführlich zum Konzept und zur Definition te Verfahren ist bereits in mehreren von Informationspflichten Statistisches Bundesamt/ europäischen Ländern zur Messung Nicht betrachtet wurden hingegen Infor- Nationaler Normenkontrollrat, a.a.O. Kapitel 4.1., von Bürokratielasten etabliert und mationspflichten, die durch die Bundes- S. 25 ff. 9) Aus der Bundesgesetzgebung resultierende wird eingesetzt, um sogenannte In- gesetzgebung begründet sind,9 wodurch Informationspflichten werden durch den Bürokratie- formations- und Berichtspflichten zu Mehrfacherfassungen von gesetzgebe- index BKI abgebildet; siehe www.destatis.de/DE/ erfassen, die den Normadressaten rischen Aktivitäten auf Bundesebene ZahlenFakten/Indikatoren/Buerokratiekosten/ durch gesetzliche und untergesetz- vermieden werden. Ferner können die Aktuell_Buerokratiekostenindex.html liche Normen auferlegt werden. Bürokratielasten, die durch die zum Teil Informationspflichten8 stellen einen klar abgegrenzten Bereich der büro- kratischen Belastungen dar, nämlich Informationspflichten unmittelbare und mittelbare Informa- im Detail tionstransfers, zu denen die Norm- adressaten wie z.B. Unternehmen oder in diesem Falle niedergelassene Ärzte und Psychotherapeuten durch den Staat In der Untersuchung In der Untersuchung verpflichtet werden. Insbesondere erge- betrachtet: NICHT betrachtet: ben sich für sie aus formellen Gesetzen oder aus Regelungen der gemeinsamen Informationspflichten aus Bundesgesetzliche Vorgaben Selbstverwaltung Berichts-, Doku- dem Verantwortungsbereich Zahnärztliche Informations- mentations- oder Antragspflichten wie des Gemeinsamen Bundesaus- pflichten zum Beispiel Genehmigungsanträge, Bescheinigungen, Verordnungen so- schusses (G-BA) Ärztliche und psychotherapeu- wie Statistiken, Nachweise etc., deren Informationspflichten aus tische Leistungen für privat ver- Zeit- bzw. Kostenaufwand für die Studie dem Bundesmantelvertrag- sicherte Patienten durch Befragungen ermittelt werden. Ärzte (BMV-Ä) sowie den Informationspflichten, die über- Anlagen wiegend Fachärzte mit geringem Auswahl der Informationspflichten Informationspflichten aus oder keinem Kontakt zu Patienten Regelungen im Verantwor- (zum Beispiel Bereich Labormedi- Die FHM-Studie BIX 2019 ist wie in den tungsbereich der Bundes- Vorjahren fokussiert auf die durch die zin) betreffen ärztekammer (BÄK) gemeinsame Selbstverwaltung in ihrem Informationspflichten, die aus eigenen Verantwortungsbereich auf Informationspflichten aus regionalen Regelungen im Verant- Bundesebene veranlassten Informati- Vereinbarungen zwischen wortungsbereich von KVen oder onspflichten für niedergelassene Ärzte KBV und sonstigen Kosten- Landesärztekammern resultieren und Psychotherapeuten. Insbeson- trägern (zum Beispiel Regelungen auf Landes- und dere wurden alle Novellierungen des Unfallversicherung, Polizei, kommunaler Ebene Bundesmantelvertrages-Ärzte (BMV-Ä) Bundeswehr) SEITE 6 BÜROKRATIEINDEX 2019
Folgende wesentliche Anpassungen von gen, wurden die Fallzahlen der betroffe- Daten wurden in diesem Berichtsjahr nen Informationspflichten rückwirkend vorgenommen:11 ab 2017 angepasst. Auf der Grundlage von Prüfungen der Den Fallzahlen der Informationspflich- Zeitwerte einzelner Informationspflich- ten bei den Präventionsempfehlungen ten konnten diese zum Teil angepasst lagen bisher Vorabschätzungen des und somit ein realitätsnäheres Gesamt- G-BA im Zusammenhang mit der Reform ergebnis erreicht werden. Um die Ver- der Präventionsrichtlinie13 zu Grunde, gleichbarkeit der Daten zu gewährleis- die nun durch aktuelle Fallzahlen er- ten, mussten Anpassungen auch setzt werden konnten und rückwirkend rückwirkend vorgenommen und ab 2017 angepasst wurden. Vorjahreswerte korrigiert werden. Um die durch die Anpassungen der So konnten etwa durch Nachmessungen Lohnkostentabelle des Statistischen Erhebung der Zeitwerte und bei den Disease-Management-Program- Bundesamtes im Jahr 2017 in absoluten Fallzahlen sowie notwendige men (DMP) die Zeitwerte für die Doku- Zahlen hervorgerufenen Steigerungen Anpassungen mentation aktualisiert werden. Bisher der Lohnkosten aus dem Index heraus- wurde für die DMPs der Schätzwert aus zuhalten, wurde, wie auch im vergange- Basis der Erhebung sind die zeitlichen der Bestandsmessung der Bundesregie- nen Berichtsjahr14, für die Indexierung Aufwände für die Erfüllung von Infor- rung aus dem Jahr 2007 verwendet. Da der Bürokratiekosten auf die Bildung ei- mationspflichten, die im Rahmen des die DMPs inzwischen weiterentwickelt nes Kettenindexes auf Basis der alten Projektes „Mehr Zeit für Behandlung“ worden sind, bildete dieser Wert nicht Tarife zurückgegriffen. Für die Betrach- durch das Statistische Bundesamt ge- mehr den aktuellen Aufwand ab. Durch tung der absoluten Werte werden die ak- messen wurden. Für neue Informations- die Nachmessung konnte die zeitliche tuellen Lohnkosten gemäß Tabelle ver- pflichten wurden Ex-ante-Abschätzun- Belastung realitätsnäher abgebildet wendet. Dieses Vorgehen orientiert sich gen nach den Vorgaben des werden; die Anpassung der Zeitwerte er- an der Methodik des Statistischen Bun- Methodenhandbuches der Bundesregie- folgte nun rückwirkend ab 2013. desamtes. rung10 durchgeführt. Für Informations- pflichten aus den Richtlinien des Ge- Im Zusammenhang mit der Reform der 10) Statistisches Bundesamt, Einführung des Stan- meinsamen Bundesausschusses (G-BA) Psychotherapie-Richtlinie zum dardkosten-Modells – Methodenhandbuch der Bundesregierung, Version 1.2006. wurden die Zeitwerte der dort durchge- 1.4.201712 wurden die Zeitwerte und 11) Hinsichtlich der methodischen Anpassungen wird führten Ex-ante-Abschätzungen über- Fallzahlen von zu erwartenden Belas- ergänzend auf den Anhang zum Bericht verwiesen; nommen. Für die Ermittlung aktueller tungen durch den G-BA seinerzeit zu- abrufbar unter www.kbv.de/html/bix.php Fallzahlen wurde sowohl auf KBV-inter- nächst über Ex-ante-Abschätzungen 12) Vgl. zur Reform der Psychotherapie-Richtlinie ne als auch auf veröffentlichte Daten zu- ermittelt. Durch Expertengespräche und bereits den Exkurs in: Fachhochschule des Mittel- stands, Kassenärztliche Bundesvereinigung, Belas- rückgegriffen. Hierbei wurden die je- Messungen konnten inzwischen aktuel- tung transparent machen, Bürokratie abbauen, BIX weils aktuellsten Daten herangezogen. le Zeitwerte ermittelt werden, so dass 2017, Kapitel 3.2., S. 14 und den Exkurs in diesem Durch den zeitlichen Abstand zwischen die Zeitwerte für die Informationspflich- Bericht Kap. 3.2, S. 13. Erhebung und Veröffentlichung von Da- ten „Antrag auf Fortsetzung der Be- 13) Vgl. zur Reform und den erwarteten Auswirkun- ten werden Änderungen im Bürokratie- handlung“ und „Anzeige Akutbehand- gen des seit 2017 geltenden Präventionsgesetzes bereits den Bericht von 2017, Fachhochschule des index teilweise erst mit Verzug deutlich, lung“ rückwirkend ab 2017 angepasst Mittelstands et al., BIX 2017, Kapitel 3.2., Exkurs was sich leider nicht verhindern lässt. wurden. Die Fallzahlen der im Rahmen S. 13. der Reform geänderten oder neu einge- 14) Vgl. Fachhochschule des Mittelstands , Kassen- führten Informationspflichten wurden ärztliche Bundesvereinigung, Belastung transparent zunächst abgeschätzt. Da nun Fallzah- machen, Bürokratie abbauen, BIX 2018, Kapitel 2.2., S. 9. len aus den Abrechnungsdaten vorlie- BÜROKRATIEINDEX 2019 SEITE 7
3 Ergebnis Bürokratieindex 2019 Abb. 1 BÜROKRATIEINDEX 2013 – 2019 Der Bürokratieindex 2019 im Bereich der ärztlichen 101 100 Selbstverwaltung ist auf 100 94,87 Punkte gesunken 99 (bei Betrachtung nach Net- tostunden; 2018: 96,74 98 Punkte). Damit fallen ins- 97 96,74 gesamt rund eine Million 96 Stunden Bürokratieauf- 96,14 wand weniger an als 2018. 95 95,83 94,87 94 Index 2019 Nettostunden Der Bürokratieindex zeigt die Verände- rungen der bürokratischen Gesamtbe- lastung für Vertragsärzte und -psycho- Abb. 2 therapeuten auf, indem er – an der Nettostunden- bzw. Nettokostenbelas- BÜROKRATIEKOSTENINDEX 2013 – 2019 tung des Basisjahres 2013 orientiert (Nullmessung mit Index 100) – die aktu- 100,5 ell gemessene Bürokratiebelastung 100 durch die Informationspflichten der 100 gemeinsamen Selbstverwaltung dazu in 99,5 Beziehung setzt. 99 98,74 98,60 98,5 97,5 97,40 97 96,89 96,5 96 Index 2013 Index 2016 Index 2017 Index 2018 Index 2019 Nettokosten Nettokosten Nettokosten Nettokosten Nettokosten SEITE 8 BÜROKRATIEINDEX 2019
3.1 Index im Überblick Im Vergleich zum Vorjahr ist es bei Betreuung“ als drittgrößte Entlastung 15) Bei der Nettoberechnung werden sog. Sowieso- 162 Informationspflichten zu höheren einen erheblichen Anteil. Allerdings blei- Kosten für Maßnahmen, die von Ärzten/Psychothe- rapeuten als originäre Tätigkeit auch durchgeführt Bürokratiebelastungen aufgrund von ben unter den Top-Belastungen auch werden müssten, wenn keine rechtliche Informati- Erhöhungen bei den Fallzahlen bzw. 2019 vor allem solche Informationspflich- onspflicht bestünde (z.B. das Erheben und die Zeitwerten gekommen, bei 125 Informa- ten an der Spitze, die durch Ärzte und Dokumentation von Befunden oder die Beratung tionspflichten hat sich der Aufwand ver- Psychotherapeuten (hauptsächlich) von Patienten), nicht einbezogen. Vgl. zur Metho- ringert und bei 123 Informationspflich- selbst zu erledigen und nicht (oder nur dik: Fachhochschule des Mittelstands et al., Bericht 2016, Kap. 4.2, S. 10 m.w.N. ten ist der Aufwand konstant geblieben zum geringeren Teil) delegierbar sind: 16) Vgl. auch Hinweis zur Bildung des Indexes in bzw. liegen noch keine Fallzahlen über Dies gilt für die „Auskünfte an Kranken- Kapitel 2.2., S. 7. null vor. Im Berichtsjahr 2019 sind 29 In- kassen und MDK auf vereinbarten Vor- 17) Vgl. im Einzelnen zu den Top-Entlastungen formationspflichten hinzugekommen drucken“, die „Bescheinigung der Ar- Kapitel 3.2., S. 10. und 15 wurden abgeschafft. beitsunfähigkeit auf Muster 1 und Prüfung genaue Umstände und Ausnah- Der Bürokratieindex ist an der Netto- metatbestände“ oder auch die „Verord- stundenbelastung15 orientiert und zeigt nung Krankenbeförderung“. gegenüber dem Vorjahr einen signifi- kanten Rückgang der Bürokratiebelas- Insgesamt bleibt die Aufteilung der büro- tung für Vertragsärzte und -psychothe- kratischen Lasten im Binnenverhältnis rapeuten an, und zwar indexiert von zwischen Ärzten und Medizinischen 96,74 Punkten 2018 auf 94,87 Punkte Fachangestellten (MFA) (s. Abbildung 3) 2019. Dies bedeutet in absoluten Zahlen im Vergleich zu den Vorjahren konstant. eine Reduktion um ca. 1,93 Prozent bzw. eine Einsparung von insgesamt rund ei- ner Million Netto-Arbeitsstunden (Abbil- Abb. 3 dung 1). AUFTEILUNG AUFWAND 2019 Unter Berücksichtigung der Lohnkosten ARZT, PSYCHOTHERAPEUT, MFA zeigt sich ein ähnliches Bild (Abbildung 2): NETTOSTUNDEN IN PROZENT Der Bürokratiekostenindex geht eben- 6,30 falls zurück, von 98,60 Punkten 2018 auf nunmehr 96,89 Punkte 2019. Damit redu- zieren sich die Bürokratiekosten für die 62,84 30,86 Praxen um rund 41 Millionen Euro.16 An der Entlastung bei den Ärzten selbst haben u.a. der Wegfall von für den Arzt sehr zeitintensiven Pflichten wie z.B. das „Ausfüllen und Archivieren Muster 30“ als der Top-Entlastung in diesem Jahr17 oder der „Bestätigung psychosoziale Arzt/Psychotherapeut (hohe Qualifikation) MFA (niedrige und mittlere Qualifikation) gemischt BÜROKRATIEINDEX 2019 SEITE 9
3.2 Be- und Entlastungen im Detail Folgende Top 5 Be- und Entlastun- geschrieben“ werden müssen, die in der die Einführung dieser Formulare even- gen (Abbildung 4, S. 11) haben sich Vergangenheit gar keine Bescheinigung tuell sogar eine leichte Reduzierung der entscheidend auf die Entwicklung benötigt haben. Dies bedeutet auch eine Belastung erreicht. des Bürokratieindex ausgewirkt und entsprechende Zunahme des damit ein- werden daher näher betrachtet: hergehenden bürokratischen Aufwands 5. Begründungspflicht in den Praxen um über 31.000 auf 4,96 Gebührenordnungspositionen Millionen Stunden. Belastungen Bei einigen Gebührenordnungspositio- 3. Verordnung von nen (GOP) des Einheitlichen Bewer- Der hauptsächliche Treiber für den An- Krankenbeförderung tungsmaßstabes (EBM) müssen die Nie- stieg des Bürokratieaufwands sind auch dergelassenen in bestimmten in diesem Jahr die steigenden Fallzah- Auch bei der Verordnung von Kranken- Konstellationen eine Begründung ange- len bei vielen Informationspflichten. beförderung ist die jährliche Fallzahl ben, um diese abrechnen zu können. Hierbei handelt es sich in der Regel um leicht um ca. 0,8 Prozent gestiegen, Dies ist beispielsweise der Fall, wenn Informationspflichten, die sehr hohe was aber angesichts der insgesamt eine GOP mit einer anderen zusammen Fallzahlen aufweisen. Auch ein prozen- sehr hohen Fallzahl von über 50 Millio- abgerechnet werden soll oder eine defi- tual gesehen geringer Anstieg bedeutet nen in absoluten Zahlen einen erhebli- nierte Abrechnungsfrequenz überschrit- hier in absoluten Zahlen einen starken chen Anstieg der zeitlichen Aufwände ten oder die GOP in einer anderen Kons- Anstieg der gesamten Zeitbelastung. um über 30.000 Nettoarbeitsstunden tellation als ursprünglich vorgesehen bedeutet. Grund hierfür ist vermutlich abgerechnet werden soll. Der Anstieg 1. Dokumentation Hautkrebs- die in den letzten Jahren in der entspre- der Nettoarbeitsstunden um ca. 15.000 screening (Dermatologen) chenden Richtlinie des G-BA vorgenom- für diese Informationspflicht ist in erster mene Ausweitung der Leistungsansprü- Linie auf eine Überarbeitung des EBM Der stärkste Anstieg wird durch die Än- che sowie die steigende Morbidität der im Berichtszeitraum zurückzuführen. derung der Vorgaben zur Dokumentati- Gesamtbevölkerung, die eine Zunahme Im Zuge dessen sind neue GOP mit Be- on des Hautkrebsscreenings verursacht. der Krankenbeförderung erforderlich gründungspflicht hinzugekommen und Durch den entsprechenden Beschluss macht. bestehende GOP mit Begründungs- des G-BA müssen insbesondere Derma- pflicht haben einen Aufwuchs der Fall- tologen nun mehr Parameter als früher 4. Verordnung von Leistungen der zahlen erfahren. dokumentieren. Bei einer jährlichen medizinischen Vorsorge für Mütter Fallzahl von über 3,3 Millionen bedeutet und Väter dies einen Anstieg der jährlichen Netto- arbeitsstunden um mehr als 32.000. Für diese Leistung wurden zum 1. Okto- ber 2018 zwei neue Formulare einge- 2. Bescheinigung der führt. Trotzdem handelt es sich hierbei Arbeitsunfähigkeit nicht um eine neue Informationspflicht, da diese Leistung bisher auf den Formu- Beim Anstieg der Belastung im Bereich laren von Krankenkassen oder den An- der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bietern der Vorsorgeleistungen (z. B. handelt es sich um eine rein fallzahlbe- Müttergenesungswerk) verordnet wur- dingte Entwicklung. Wie auch in den de. Diese wurden bisher im Bürokratie- letzten Jahren ist zu beobachten, dass index in der Informationspflicht „Aus- die Zahl der bescheinigten Arbeitsunfä- künfte an Krankenkassen und MDK higkeiten zugenommen hat. Grund hier- (formfrei)“ erfasst. Da die neuen Verord- für kann u.a. eine weiter steigende Be- nungsvordrucke einheitlich gestaltet schäftigungsquote sein, die im Ergebnis sind und per Praxisverwaltungssystem dazu führt, dass mehr Menschen „krank ausgestellt werden können, wird durch SEITE 10 BÜROKRATIEINDEX 2019
Abb. 4 TOP BE- UND ENTLASTUNGEN 2019 in Stunden (netto) Entlastungen: 1. Ausfüllen und Archivieren Muster 30 2. Erhebung Daten im Ersatzverfahren 100.000 3. Bestätigung psychosoziale Betreuung 75.000 4. Ausstellen von Überweisungen 50.000 5. Auskünfte an Krankenkassen 25.000 und MDK (formfrei) 1. 2. 3. 4. 5. 0 1. 2. 3. 4. 5. 0 Belastungen: 1. Dokumentation Hautkrebs- screening – Dermatologen -100.000 2. Bescheinigung der Arbeitsunfähigkeit auf Muster 1 und Prüfung genaue Umstände und Ausnahmetatbestände 3. Verordnung -200.000 Krankenbeförderung 4. Verordnung von Leistungen der medizinischen Vorsorge für Mütter und Väter -300.000 5. Begründungspflicht Gebührenordnungspositionen -400.000 -500.000 -600.000 BÜROKRATIEINDEX 2019 SEITE 11
Entlastungen 1. Ausfüllen und Archivieren 2. Erhebung Daten im sprechenden Richtlinie des G-BA wer- Muster 30 Ersatzverfahren den Änderungen der Richtlinie der Bun- desärztekammer (BÄK) sowie der Mit der Änderung der Gesundheitsun- Mit über 329.000 Nettostunden Gesamt- Betäubungsmittelverschreibungsverord- tersuchungs-Richtlinie (GU-RL) ist zum entlastung für dieses Berichtsjahr bildet nung nachvollzogen. Die Dokumentati- 25.10.2018 das Ausfüllen und Archivie- der weitere Rückgang bei der Informati- on zur Qualitätssicherung konnte im ren des Berichtsvordrucks Gesundheits- onspflicht „Erhebung Daten im Ersatz- Zuge der Änderungen vereinfacht wer- untersuchung (Muster 30) und ferner verfahren“ die zweitstärkste Entlastung. den, ohne die Qualität der Versorgung auch der Aufwand für Bestellung und Um den Behandlungsanspruch des Ver- zu verschlechtern. Lagerung der Vordrucke entfallen; es sicherten zu dokumentieren, kommt bei bleibt nur bei der Dokumentation in der dieser Pflicht ein Ersatzverfahren auf 4. Ausstellen von Überweisungen normalen Patientenakte. Das Muster 30 Grund von Daten aus der Patienten- wurde bisher in der Praxis archiviert, stammdatei bzw. von Angaben des Ver- Seit der Abschaffung der Praxisgebühr soweit die Ärzte in Papierform doku- sicherten dann zur Anwendung, wenn zeigt sich ein Rückgang der Anzahl der mentieren. Ärzte, die eine elektronische bei einer Arzt-/Patientenbegegnung die jährlich ausgestellten Überweisungen. Patientenakte führen, konnten die In- elektronische Gesundheitskarte nicht Am Anfang war dieser Rückgang sehr formationen bereits hier speichern und verwendet werden kann und nicht be- deutlich, inzwischen ist die Verände- mussten es nicht benutzen. Da die elekt- reits im betreffenden Quartal vorlag. Es rung prozentual gesehen nur noch sehr ronische Dokumentation der Inhalte kann vermutet werden, dass der Rück- gering. Aufgrund der hohen jährlichen von Muster 30 nicht in allen Praxisver- gang der Fallzahl durch weniger fehler- Fallzahl von fast 200 Millionen sind waltungssystemen vorgesehen war, war hafte Gesundheitskarten, die Probleme aber auch kleinere Veränderungen in der Anteil der Ärzte, die das Muster in beim Einlesen verursachen, und/oder absoluten Zahlen nicht unerheblich und Papierform genutzt haben, nach Anga- weniger häufiges Vergessen der Karte führen zu einer Entlastung von fast ben der KVen aber recht hoch. Für diese durch die Patienten bedingt ist. 35.000 Nettoarbeitsstunden jährlich. Informationspflicht war durch das Sta- tistische Bundesamt ein Zeitaufwand 3. Bestätigung psychosoziale 5. Auskünfte an Krankenkassen von 3,5 Minuten, davon 3 Minuten für Betreuung und MDK (formfrei) die hohe Qualifikationsstufe des Arztes selbst, ermittelt worden, der durch das Mit dem Wegfall der Informationspflicht Mit dieser Informationspflicht werden Entfallen der zusätzlichen Dokumenta- „Bestätigung psychosoziale Betreuung“ die zahlreichen unterschiedlichen An- tion nun eingespart werden kann, was konnte die Bürokratielast um jährlich fragen abgebildet, die die Praxen von aufgrund der sehr hohen Fallzahl zu ei- knapp 150.000 Nettoarbeitsstunden ge- Krankenkassen und MDK erreichen und ner deutlichen Entlastung führt, die mit senkt werden. Es handelt sich hier um für die kein Vordruck vereinbart ist. knapp 26 Millionen Euro beziffert wer- eine sehr aufwändige Pflicht im Umfang Durch die Einführung der neuen verein- den kann. Gleichzeitig geht diese Ent- von rund 30 Minuten, davon allein 28 barten Vordrucke für Leistungen der lastung mit keiner Reduktion von Quali- Minuten im Bereich der hohen Qualifi- medizinischen Vorsorge für Mütter und tät und Umfang der Informationen für kation des Arztes, bei rund 300.000 Fäl- Väter18 reduziert sich die Anzahl der Arzt und Patienten einher. len. Durch die Reform der Substitutions- formfrei gestellten Anfragen entspre- behandlung konnte die bisherige chend. Es wird mit einer leichten Entlas- schriftliche Bestätigung der psychosozi- tungswirkung von knapp 34.000 Stun- alen Beratungsstelle über die Aufnahme den gerechnet. oder die Fortführung einer psychosozia- len Betreuung in der Dokumentation 18) Vgl. oben Belastung Nr. 4 in Kap. 3.2., S. 10 entfallen. Durch die Anpassung der ent- SEITE 12 BÜROKRATIEINDEX 2019
Exkurs: Auswirkungen der Psychotherapie- Reform auf die Bürokratiebelastung Mit der Anpassung der Psychotherapie-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses traten 2017 umfassende Änderungen in Kraft. Diese betrafen nicht nur die inhaltliche Arbeit der rund 33.000 Psychotherapeuten, sondern auch die Informationspflichten, die im Zusam- menhang mit der Beantragung und Dokumentation von Therapien anfallen. Die Änderung des Bürokratieaufwands wurde im Gemeinsamen Bundesausschuss zunächst mithilfe des Standardkosten-Modells abgeschätzt, da noch keine belastbaren Daten vorlagen. Inzwi- schen liegen Abrechnungsdaten für den Zeitraum nach der Psychotherapie-Reform vor, so dass die Auswirkungen der Reform besser bewertet werden können. Ein deutlicher Rückgang der bürokratischen Belastung zeigt sich bei den Fortsetzungsanträ- gen im Bereich der Langzeittherapie. Hier hat sich die zeitliche Belastung im Vergleich mit dem Stand vor der Reform um 95 Prozent reduziert. Grund hierfür ist zum einen die Erweite- rung der Stundenkontingente bei der Langzeittherapie, die dazu führt, dass deutlich weniger Fortsetzungsanträge gestellt werden müssen als vor der Reform. Zum anderen trägt aber auch die Tatsache, dass nicht mehr regelhaft ein Bericht für den Gutachter erstellt werden muss, zum Bürokratieabbau bei. Auch im Bereich der Kurzzeittherapie gab es durch den Verzicht auf das regelhafte Gutach- terverfahren für die ersten 35 Therapien eine Entlastung, die besonders neu niedergelasse- nen Psychotherapeuten zugutekommt. Gleichzeitig wurde aber das Stundenkontingent für Kurzzeittherapien von früher 25 Stunden in zwei Teile zu je 12 Stunden aufgeteilt. Diese Än- derung hat zu einem deutlichen Anstieg der Anzahl der gestellten Anträge und damit des Bü- rokratieaufwands geführt. Trotz der Vereinfachung durch die Abschaffung des Gutachterver- fahrens steigt daher der Aufwand für die Beantragung von Kurzzeittherapie um 34 Prozent. Aus einer Bürokratiekostenperspektive muss daher eine gemischte Bilanz der Reform der Psychotherapie-Richtlinie gezogen werden. Obwohl im Zuge der Reform sinnvolle Maßnah- men beschlossen wurden, die die Bürokratiebelastung in einigen Bereichen deutlich redu- ziert haben, ist der zeitliche Aufwand, den Psychotherapeuten für Bürokratie aufwenden müssen, aktuell etwa 18 Prozent höher als vor der Reform. Dies ist auch auf eine gestiegene Inanspruchnahme von psychotherapeutischen Leistungen und damit höhere Fallzahlen zu- rückzuführen, vor allem aber auf die Aufteilung der Stundenkontingente bei der Kurzzeitthe- rapie: Während vorher nur ein Antragsverfahren erforderlich war, müssen jetzt in der Regel zwei Anträge gestellt werden. BÜROKRATIEINDEX 2019 SEITE 13
4 Aktuelle Belastung durch Bürokratiekosten Der jährliche Bürokratie- aufwand für die durch die Die zeitliche Belastung gemeinsame Selbstver- von Vertragsärzten und waltung induzierten -psychotherapeuten Informationspflichten durch Informationspflich- beträgt im Bundesdurch- ten im Bereich der Selbst- schnitt pro Praxis nun verwaltung auf Bundes- rund 60 Nettoarbeitstage ebene ist 2019 im (2018: noch rund 61 Vergleich zum Vorjahr Tage). Hinzu kommt der deutlich um 1,93 Prozent Aufwand, der sich aus der gesunken (2018: 56,12 Bundesgesetzgebung so- Millionen Netto-Std./ wie aus den Vorgaben auf 2019: 55,04 Millionen KV- bzw. Landes- und Netto-Std.). Kommunalebene ergibt. Im Folgenden werden die Ergebnisse der Dabei steht die dadurch bedingte zeitli- Messung der bürokratiebedingten Auf- che Belastung für niedergelassene Ärzte wände für den Bereich der gemeinsa- und Psychotherapeuten im Fokus der men ärztlichen Selbstverwaltung ge- Betrachtung, die für die Behandlung ih- nauer dargestellt. rer Patienten fehlt. Zudem werden die für die Praxen entstehenden Kosten durch Bürokratie betrachtet. Abb. 5 ANZAHL INFORMATIONSPFLICHTEN IM JAHRESVERGLEICH Nicht erfasst werden einmalige Informationspflichten 500 395 410 400 353 382 300 200 100 0 2016 2017 2018 2019 SEITE 14 BÜROKRATIEINDEX 2019
4.1 Aufwände nach Themenbereichen Insgesamt steigt die Zahl der Informati- Die Aufteilungen zwischen den Themen- 19) Vgl. Fachhochschule des Mittelstands et al., onspflichten von 395 im Vorjahr weiter bereichen bleiben dabei im Vergleich zu Bericht 2016, Kapitel 5.1., S. 15; Fachhochschule des Mittelstands et al., Bericht 2017, Kapitel 4.1., S. 17. auf 410 an; die Anzahl der Pflichten hat den Vorjahren recht konstant.19 Fachhochschule des Mittelstands et al., Bericht 2018, sich in der Vergangenheit stetig erhöht, Kapitel 4.1., S. 17. so sind in diesem Berichtsjahr 29 Infor- Abb. 6 mationspflichten hinzugekommen und 15 entfallen (vgl. Abbildung 5). Dies zeigt, dass auch die Regulierungsdichte INFORMATIONSPFLICHTEN JE THEMENBEREICH 2019 in der Selbstverwaltung weiter ansteigt. Nicht erfasst werden einmalige Informationspflichten Allerdings handelt es sich bei den neuen Qualität in der Versorgung 55 / 13,41 % Verordnungen und Bescheinigungen Informationspflichten insbesondere um 20 / 4,88 % Auskünfte an Kostenträger solche, die für Spezialfälle mit kleinen Überweisung und eGK Fallzahlen relevant sind wie z.B. in der Sonstige ambulanten spezialfachärztlichen Ver- 31 /7,56 % sorgung (ASV), deren Regelungen aber Anzahl der Informationspflichten ohne wesentliche Auswirkungen auf je Themenbereich / % den Index bleiben. 46 / 11,22 % 258 / 62,93 % Die Informationspflichten lassen sich nach folgenden Themenfeldern auftei- len: 1,38 / 2,50 % • Qualität in der Versorgung 7,10 / 12,89 % • Verordnungen und Bescheinigungen 15,22 / 27,65 % • Auskünfte an Kostenträger • Überweisung und eGK (elektronische Gesundheitskarte) • Sonstige Nettostunden Informationspflichten je Themenbereich in Mio. Stunden / % Den zahlenmäßig mit Abstand größten Teil machen die 258 Informationspflich- 10,77 / 19,57 % ten aus dem Bereich „Qualität der Ver- 20,58/ 37,38 % sorgung“ aus, die allerdings nur knapp 28 Prozent der Nettostunden bzw. 24 Prozent der Nettokosten verursachen. 71,07 / 2,95 % Der Bereich „Verordnungen und Be- scheinigungen“ umfasst nur 46 Pflich- 253,66 / 10,52 % 580,44 / 24,07 % ten, schlägt aber aufgrund hoher Fall- zahlen und aufwändigerer Pflichten mit über 37 Prozent der Nettostunden und knapp 39 Prozent der Nettokosten zu Buche. 574,11 / 23,80 % Nettokosten Informationspflichten je Themenbereich in Mio. Euro / % 932,52 / 38,66 % BÜROKRATIEINDEX 2019 SEITE 15
4.2 Aufwände in Stunden und Kosten Abb. 7 Die durch die gemeinsame Selbstverwal- tung induzierten Informationspflichten verursachen bei den Vertragsärzten und BÜROKRATIEAUFWÄNDE 2013 / 2016 / 2017 / 2018 / 2019 70 -psychotherapeuten eine Gesamt-Bürokra- 58,02 56,13 60 tiebelastung im Umfang von 55,04 Millio- 55,60 55,78 55,04 nen Netto-Arbeitsstunden; dies bedeutet im 50 Vergleich zum Vorjahr mit 56,13 Millionen Stunden einen Rückgang um 1,9 Prozent 40 (vgl. Abbildung 7). 30 Unter Berücksichtigung der jeweiligen 20 Tarifsätze und Zusatzkosten sinkt die Büro- Nettostunden 10 kratiekostenbelastung entsprechend deut- in Mio. Stunden lich um über 41 Millionen Euro auf 2,41 0 2013 2016 2017 2018 2019 Milliarden Euro. 3,00 Hochgerechnet auf die Zahl der Arzt- und 2,40 2,45 2,41 2,50 2,34 2,37 Psychotherapeutenpraxen ergibt sich da- mit im Vergleich zum Vorjahr eine Redukti- 2,00 on des durchschnittlichen Zeitaufwands 1,50 für die durch die Selbstverwaltung veran- lasste Bürokratie um einen Tag auf nun 1,00 rund 60 Tage pro Praxis und Jahr.20 Nettokosten 0,50 20) Exakt ergibt sich eine geringere Belastung von in Mrd. Euro 0,00 60,1 Tagen gegenüber 61,3 Tagen im Vorjahr. 2013 2016 2017 2018 2019 4.3 Die Top-25-Informationspflichten Die Hauptlast der Bürokratiepflichten Dies gilt im Mittel für die Gesamtheit al- Zu ausgewählten Pflichten ergibt sich konstant aus einer kleinen ler Vertragsärzte und -psychotherapeu- im Einzelnen Zahl von Informationspflichten mit ten; allerdings können die Schwerpunk- hohen Fallzahlen, wir legen hierbei te der Informationspflichten bei Ein hoher bürokratischer Aufwand für den Fokus wieder auf die Top-25: einzelnen Facharztgruppen und in Ab- Vertragsärzte und -psychotherapeuten Denn über 91 Prozent der bürokrati- hängigkeit von Organisation und fachli- ergibt sich typischerweise bei Informa- schen Belastung für Ärzte und Psycho- cher Ausrichtung der Praxen durchaus tionspflichten mit sehr hohen Fallzah- therapeuten wird weiterhin durch nur abweichen. len oder solchen mit hohem Zeitauf- 6 Prozent der Informationspflichten wand im Einzelfall. In der Liste der 25 ausgelöst. So werden von Praxisgründern21 zum aufwändigsten Informationspflichten Beispiel vor allem Belastungen und lassen sich diese idealtypischen Kon- Oder anders formuliert: Diese Top-25 der Unsicherheiten im Zusammenhang mit stellationen sehr gut identifizieren: untersuchten 410 Informationspflichten dem Zulassungsverfahren und Abrech- Zum einen finden sich zahlreiche In- bilden bereits 50,24 Millionen Stunden nungsprobleme als belastend empfun- formationspflichten, die mit einem nur des Gesamtaufwands von 55,04 Millio- den.22 geringen Zeitaufwand von wenigen Mi- nen Stunden pro Jahr ab, wie die Kurve nuten, aber sehr hohen Fallzahlen im der kumulierten Aufwände in Abbil- Ergebnis zu einem sehr hohen bürokra- dung 8 zeigt. tischen Aufwand führen; SEITE 16 BÜROKRATIEINDEX 2019
Abb. 8 KUMULIERTER AUFWAND AUS INFORMATIONSPFLICHTEN in Mio. Stunden Nettostunden Top-25 in Mio. 60,0 50,0 40,0 30,0 20,0 10,0 0,0 0 50 100 150 200 250 300 350 400 450 Anzahl Informationspflichten es handelt sich hier also um die typi- von über 30.000 Arbeitsstunden zu Neu in der Liste der TOP-25-Informa- schen und bekannten Massenpflichten. verzeichnen) oder die „Verordnung tionspflichten sind zwei Pflichten Hilfsmittel“ mit über 33 Millionen Fäl- aus dem Bereich der psychothera- Den größten bürokratischen Aufwand len und 4 Minuten Aufwand pro Fall. peutischen Versorgung, und zwar an verursacht– trotz eines beachtlichen Platz 22 der „Antrag Kurzzeittherapie Rückgangs um knapp 35.000 Nettoar- Auf der anderen Seite fallen in den Top- (ohne Gutachterverfahren)“ mit rund beitsstunden in diesem Jahr23 – mit 25 solche Informationspflichten auf, 973.000 Fällen und knapp 517.000 knapp 6 Millionen Nettoarbeitsstunden die zwar besonders zeitintensiv sind, Stunden Gesamtnettobelastung und nach wie vor die Informationspflicht allerdings nur mit einer recht geringen an Platz 25 die „Individuelle Patien- „Ausstellen von Überweisungen“; hier Gesamtfallzahl in die Berechnung ein- teninformation Psychotherapie“ mit schlägt die extrem hohe Fallzahl von gehen. Hier ist als typisches Beispiel rund 1,36 Millionen Fällen bzw. über knapp 200 Millionen bei nur zwei Mi- der „Antrag Langzeittherapie“ mit rund 384.000 Stunden Gesamtbelastung.25 nuten Zeitaufwand pro Fall zu Buche. 228.000 Fällen und einem Zeitauf- wand für den Psychotherapeuten von Auch in diesem Jahr dominieren wei- Die „Bescheinigung Arbeitsunfähigkeit rund 4 Stunden pro Fall zu nennen. terhin Massenpflichten mit sehr großen auf Muster 1“ bleibt als weitere Massen- Fallzahlen auf den vorderen Plätzen pflicht auf Platz 3 der Top-25 mit einem In der Liste der Top-25-Informations- in der Top-25-Liste, die in der Tendenz Gesamtaufwand von knapp 5 Millionen pflichten, die durch die gemeinsame aber ein uneinheitliches Bild zeigen. Stunden und über 80 Millionen Fäl- Selbstverwaltung begründet werden, Zum einen gibt es bei einigen Pflichten len und einem Zeitaufwand pro Fall ist weiterhin eine äußerst hohe Kon- merkliche Anstiege wie bei der „Be- von 4 Minuten; hier ist ein Anstieg um stanz der Pflichten feststellbar: die scheinigung Arbeitsunfähigkeit“ oder rund 31.000 Stunden zu verzeichnen. ersten sechs Pflichten sind sogar in der „Verordnung Krankenbeförderung“. Weitere Informationspflichten mit sehr der Reihenfolge identisch geblieben. Zum anderen sind aber auch deutliche hohen Fallzahlen sind zum Beispiel Entlastungen v.a. für Ärzte z.B. bei die „Verordnung Krankenbeförde- Insgesamt waren 23 Pflichten den Informationspflichten „Ausstellen rung“ mit über 51,7 Millionen Fällen aus dem Jahr 2019 bereits im Vor- von Überweisungen“ oder durch den und einem Zeitaufwand von rund 4,5 jahr in der Liste der aufwändigs- Wegfall der Pflicht „Ausfüllen und Ar- Minuten (auch hier ist eine Zunahme ten Pflichten enthalten.24 chivieren Muster 30“ zu verzeichnen. BÜROKRATIEINDEX 2019 SEITE 17
Die 25 aufwändigsten Informationspflichten 2019 RANG BEZEICHNUNG DER INFORMATIONSPFLICHT FALLZAHL GESAMTSTUNDEN 2019 netto 2019 1 Ausstellen von Überweisungen 199.458.877 5.983.766 2 Auskünfte an Krankenkassen und MDK auf vereinbarten Vordrucken 26.694.688 5.783.849 3 Bescheinigung der Arbeitsunfähigkeit auf Muster 1 und Prüfung genaue 80.718.938 4.964.215 Umstände und Ausnahmetatbestände 4 Verordnung Krankenbeförderung 51.741.938 3.897.893 5 Foto-/Video-/Bilddokumentation 13.637.245 3.130.884 6 Aufklärung des Patienten, dass Kosten für eine nicht verordnungsfähige 26.249.440 2.515.571 veranlasste Leistung selbst zu tragen sind. (Erstaufklärung) 7 Dokumentation DMP DM Typ 2 12.551.301 2.510.260 8 Dokumentation Qualitätsmanagement 114.902 2.497.395 9 Auskünfte an Krankenkassen und MDK (formfrei) 12.431.432 2.279.096 10 Verordnung Hilfsmittel 33.883.850 2.033.031 11 Heilmittelverordnung im Regelfall 29.319.466 1.979.064 12 Durchgangsarztbericht 2.916.176 1.822.610 13 Aufklärung des Patienten bei Überschreitung der Festbetragsgrenze 33.780.770 1.407.532 14 Dokumentation zytologische Untersuchung 14.667.656 1.393.427 15 Dokumentation DMP KHK 5.577.264 1.115.453 16 Heilmittelverordnung außerhalb des Regelfalls 7.329.866 989.532 17 Erhebung Daten im Ersatzverfahren 6.218.863 932.829 18 Aufklärung des Patienten, dass Kosten für eine nicht verordnungsfähige 104.997.760 874.981 veranlasste Leistung selbst zu tragen sind. (Folgeaufklärung) 19 Begründungspflicht Gebührenordnungspositionen 14.025.536 874.258 20 Antrag Langzeittherapie 228.436 843.785 21 Dokumentation DMP Asthma 2.830.392 566.078 22 Antrag Kurzzeittherapie (ohne Gutachterverfahren) 972.978 516.895 23 Verordnung stationärer Krankenhausbehandlung 8.834.205 485.881 24 Dokumentation DMP COPD 2.270.643 454.129 25 Individuelle Patienteninformation Psychotherapie 1.355.695 384.114 SEITE 18 BÜROKRATIEINDEX 2019
Dies zeigt, dass erfolgreiche Entlas- RECHTSGRUNDLAGE tungsmaßnahmen zum Bürokra- tieabbau vor allem bei diesen Mas- Bundesmantelvertrag senpflichten ansetzen müssen. Bundesmantelvertrag Fazit Arbeitsunfähigkeits-Richtlinien des G-BA über die Beurteilung der Arbeitsunfähig- Die Bürokratiebelastung bei Ärz- keit und die Maßnahmen zur stufenweisen Wiedereingliederung nach § 92 Abs. 1 ten und Psychotherapeuten ist in Satz 2 Nr. 7 SGB V diesem Jahr nach Anstiegen in den Vorjahren deutlich gesunken. Richtlinien des G-BA über die Verordnung von Krankenfahrten, Krankentransport- leistungen und Rettungsfahrten nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 12 SGB V Gleichzeitig sind Erhöhungen von Fall- Einheitlicher Bewertungsmaßstab zahlen und Zeitwerten vorhandener Informationspflichten zu konstatieren. Bundesmantelvertrag In der Summe konnten die Rückgänge insbesondere auch bei ausgewählten DMP-Anforderungen-Richtlinie Top-25-Pflichten aber den Anstieg der Bürokratiebelastung in einigen Berei- Qualitätsmanagement-Richtlinie chen mehr als auffangen und somit zu der relevanten Reduktion der Bürokra- Bundesmantelvertrag tiebelastung im Jahr 2019 beitragen. Hilfsmittel-Richtlinie des G-BA über die Verordnung von Hilfsmitteln in der vertragsärztlichen Versorgung Insgesamt bleibt gleichwohl fest- zuhalten, dass die Anstrengungen Richtlinie des G-BA über die Verordnung von Heilmitteln zur Einschränkung der Bürokratie in der vertragsärztlichen Versorgung und z.B. die Nutzung von Potentia- Vertrag über die Durchführung der Heilbehandlung, die Vergütung der Ärzte sowie len der Digitalisierung unbedingt zu die Art und Weise der Abrechnung der ärztlichen Leistungen intensivieren sind, um die Bürokra- tielast spürbar zurückzufahren. Bundesmantelvertrag 21) Vgl. allg. zum Erfüllungsaufwand bei Betriebsneu- Richtlinie des G-BA über die Früherkennung von Krebserkrankungen gründungen: Bundesministerium für Wirtschaft und Energie und Statistisches Bundesamt, Erfüllungsauf- DMP-Anforderungen-Richtlinie wand im Bereich Betriebsgründung – Ablauf von der Geschäftsidee zum ersten Umsatz, 2014; abrufbar Richtlinie des G-BA über die Verordnung von Heilmitteln unter: www.bmwi.de/Redaktion/DE/Publikationen/ in der vertragsärztlichen Versorgung Studien/erfuellungsaufwand-im-bereich-betriebsgru- endung.pdf?__blob=publicationFile&v=3. Vereinbarung zum Inhalt und zur Anwendung der elektronischen Gesundheitskarte 22) Vgl. im Einzelnen zur bürokratischen Belastung bei Praxisneugründungen das Schwerpunkt-Kapitel 5, Bundesmantelvertrag S. 20ff. 23) Vgl. ausführlich Kapitel 3.2., S. 10ff. zu den Einheitlicher Bewertungsmaßstab wesentlichen Be- und Entlastungen; zum „Ausstellen von Überweisungen“ s. S. 13. Vereinbarung über die Anwendung von Psychotherapie in der 24) Nicht mehr in den TOP-25 enthalten sind die Informationspflicht „Ausfüllen und Archivieren vertragsärztlichen Versorgung Muster 30“ (mit über 11 Mio Fällen und über 520.000 Stunden Gesamtbelastung in 2018), welche nun DMP-Anforderungen-Richtlinie entfallen ist und die Nummer 1 Entlastung darstellt, s.o. Kapitel 3.1., S. 13, und weiterhin die „Verordnung Vereinbarung über die Anwendung von Psychotherapie in der häusliche Krankenpflege“ (mit über 2,6 Mio Fällen vertragsärztlichen Versorgung und 350.000 Stunden Gesamtbelastung trotz eines Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen geringen Anstiegs zum Vorjahr). 25) Vgl. auch den Exkurs zur Psychotherapie-Reform über die Verordnung von Krankenhausbehandlung in Kapitel 3.2, S. 13. DMP-Anforderungen-Richtlinie Psychotherapie-Richtlinie BÜROKRATIEINDEX 2019 SEITE 19
5 Niederlassungshemmnis Bürokratie Die Ergebnisse der Medizinstudieren- denbefragung 2018 machen deutlich, dass die Bürokratiebelastung als zentra- les Problem der niedergelassenen Tätig- keit und als wesentliches Hemmnis für die Niederlassung/Gründung angese- hen wird.26 KBV und FHM haben daher im Rahmen von Workshops mit neu Niedergelasse- nen diskutiert, welche bürokratischen Hürden bei der Niederlassung die größte Rolle spielen und wie Lösungen hierfür aussehen könnten. 26) Vgl. Kassenärztliche Bundesvereinigung, Univer- sität Trier, Medizinischer Fakultätentag und Bun- desvertretung der Medizinstudierenden in Deutsch- land, Berufsmonitoring Medizinstudierende 2018, Präsentation, abrufbar unter: www.kbv.de/ html/5724.php; S. 12: 62, 3 Prozent der Befragten sehen das hohe Maß an Bürokratie als Top-1-Grund gegen eine Niederlassung. In vielen Bereichen, wie zum Beispiel bei der Verordnung Insbesondere die bürokra- von Arznei- und Heilmitteln tischen Hürden und Unsicher- oder der vertragsärztlichen heiten im Zulassungsverfah- Abrechnung, ist die Komplexi- ren belasten die neu tät der bestehenden Regelun- Niedergelassenen. gen sehr hoch. Um jungen Vereinfachungen vor allem Vertragsärzten und -psycho- beim Zulassungsverfahren therapeuten die Chance zu ge- und bei der Abrechnung ben, sich mit den Regelungen könnten die Belastungen vertraut zu machen, sollte die für Praxisgründer reduzieren. Idee einer Übergangsfrist für neue Praxen geprüft werden, während der noch nicht alle Regeln „scharf gestellt“ werden. SEITE 20 BÜROKRATIEINDEX 2019
5.1 Status Quo Niederlassung Die Arbeitsorganisation und Zusam- Die Wochenarbeitszeit sinkt bei selbst- Zukunft ausscheiden werden, während mensetzung der Ärzteschaft wie auch ständigen wie angestellten Ärzten seit eine jüngere Generation nachwächst mit der Psychotherapeuten unterliegen – 2012 kontinuierlich auf nun 53,3 bzw. anderen Wünschen des Ausgleichs von wie in vielen anderen akademischen 42,8 Stunden im Jahr 2018, wobei die Beruf und Privatleben und anderen Prä- Berufsgruppen auch – gesellschaftli- wöchentliche Arbeitszeit bei angestell- ferenzen der Beschäftigung. chen Trends und weisen stetige Ent- ten Ärzten um über 10 Stunden deutlich wicklungen auf, die sich schlussendlich niedriger als bei Selbstständigen Diese Präferenz für angestellte Tätigkei- auch in einem Arztzeitmangel mit bleibt.29 Hier lässt sich klar erkennen, ten und Teilzeitmodelle gilt dabei insbe- Folgen für die ärztliche Versorgung dass die Work-life-balance für die jünge- sondere für die jungen Ärztinnen.30 auswirken: re Ärzte-Generation von größerer Be- Zudem steigt die Zahl der Frauen im deutung ist und mehr jüngere Ärzte in Arztberuf deutlich an,31 während ihre Zunächst ändern sich die Beschäfti- Teilzeit arbeiten. durchschnittlichen wöchentlichen Ar- gungsformen von niedergelassenen beitszeiten aus den genannten Gründen Ärzten nachhaltig: so hat sich die Zahl Die demographische Entwicklung be- über 7 Stunden unter denen ihrer männ- der angestellten Ärzte seit 2012 mehr als deutet aber auch, dass gerade die Ärzte lichen Kollegen liegen.32 verdoppelt;27 die Zahl der Ärzte, die in mit besonders hoher Arbeitsleistung in einem Medizinischen Versorgungszent- der Arbeitsform des selbständig tätigen rum arbeiten, hat sich sogar verdreifacht.28 Arztes, z.B. ältere Hausärzte, in naher BÜROKRATIEINDEX 2019 SEITE 21
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