Break Fee-Vereinbarungen bei Unternehmensüber-nahmen

 
WEITER LESEN
www.jusletter.ch

Markus Gysi

Break Fee-Vereinbarungen bei Unternehmensüber-
nahmen

Mittels Break Fee-Vereinbarungen werden die Risiken des Scheiterns einer geplanten
Übernahme abgesichert. Solche Vereinbarungen treten seit einiger Zeit auch im Rah-
men von Übernahme von schweizerischen Unternehmen auf. Aufgrund der fehlenden
gesetzlichen Regelung und der noch jungen Praxis stellt sich die Frage, wie solche
Break Fee-Vereinbarungen unter Schweizer Recht zu beurteilen sind.

Rechtsgebiet(e): Gesellschaftsrecht

Zitiervorschlag: Markus Gysi, Break Fee-Vereinbarungen bei Unternehmensübernahmen, in: Jusletter 29.
Oktober 2007

ISSN 1424-7410, www.jusletter.ch, Weblaw AG, info@weblaw.ch, Tel. 031 380 57 77
Markus Gysi, Break Fee-Vereinbarungen bei Unternehmensübernahmen, in: Jusletter 29. Oktober 2007

    Inhaltsübersicht                                                                       Break Fee-Vereinbarungen sollen die Risiken eines mög-                       2
    I. Einleitung                                                                          lichen Scheiterns der geplanten Übernahme absichern.
    II. Break Fee-Vereinbarungen                                                           Solche Break Fee-Vereinbarungen sind ursprünglich in
         1. Begriff
                                                                                           den USA entstanden und auch dort weiter entwickelt
         2. Aufbau von Break Fee-Vereinbarungen
                                                                                           worden. Sie kommen dort regelmässig zur Anwendung.
             2.1. Festlegung der Verpflichteten
             2.2. Auslöser einer Break Fee                                                 Auch in der Schweiz treten solche Vereinbarungen in
             2.3. Höhe der Break Fee und weitere Modalitäten                               letzter Zeit immer wieder auf, obwohl hierzulande eine
         3. Funktion                                                                       gesetzliche Regelung für Break Fee-Vereinbarungen
             3.1. Vermögensrechtliche Interessenswahrung                                   fehlt und – soweit ersichtlich – auch keine einschlägige
             3.2. Unternehmerische Erfolgssicherung                                        Gerichtspraxis besteht. Ausserdem haben sich weder
             3.3. Weitere Zwecke
                                                                                           die Übernahmekommission (UEK) noch die Eidgenös-
         4. Beispiele von Break Fee-Vereinbarungen in der Schweiz
                                                                                           sische Bankenkommission (EBK) bisher eingehend mit
    III. Break Fee-Vereinbarungen unter schweizerischem Recht
         1. Rechtliche Qualifizierung
                                                                                           dieser Thematik auseinandergesetzt.
             1.1. Konventionalstrafe                                                       Der vorliegende Beitrag zeigt auf, wie solche Break Fee-                     3
             1.2. Schadenspauschalierung                                                   Vereinbarungen bei Übernahmen in der Praxis ausge-
             1.3. Zwischenfazit
                                                                                           staltet werden und welche rechtlichen Aspekte – vor
         2. Formelle Zulässigkeitsvoraussetzungen
                                                                                           allem unter schweizerischem Recht – mit zu berück-
             2.1. Formerfordernis
             2.2. Aktienrechtliche Kompetenzzuweisung                                      sichtigen sind. Der erste Teil (II) erläutert Begriff, Auf-
                  2.2.1. Verwaltungsrat                                                    bau und Zweck solcher Break Fee-Vereinbarungen und
                  2.2.2. Generalversammlung                                                zeigt auf, wie sie in der Schweiz verwendet wurden. Im
                  2.2.3. Zwischenfazit                                                     zweiten Teil (III) wird aufgezeigt, wie solche Klauseln in
         3. Materielle Schranken                                                           der Schweiz rechtlich zu qualifizieren sind und welche
             3.1. Aktienrechtliche Kompetenzzuweisung                                      schweizerischen Gesetzesnormen bei einer rechtlichen
             3.2. Eigentümerrechte der Aktionäre
                                                                                           Würdigung einer Break Fee-Klausel zu berücksichtigen
             3.3. Aktienrechtliche Pflichten des Verwaltungsrats
                                                                                           sind. Dabei beschränkt sich die gesellschaftsrechtliche
                  3.3.1. Treuepflicht
                  3.3.2. Gleichbehandlungspflicht                                          Beurteilung auf das schweizerische Aktienrecht, da es
                  3.3.3.Zwischenfazit                                                      sich bei schweizerischen Zielgesellschaften meist um
             3.4. Börsenrechtliche Pflichten                                               Aktiengesellschaften (AG) handelt. Abschliessend (IV)
                  3.4.1. Verbot von börsenrechtswidrigen Abwehrmassnahmen                  werden die Erkenntnisse zusammengefasst und in einer
                  3.4.2. Gleichbehandlungspflicht der Zielgesellschaft gegenüber An-       Schlussfolgerung gewürdigt.
                       bietern bei konkurrierenden Angeboten
                  3.4.3. Zwischenfazit
    IV. Schlussfolgerungen
                                                                                           II.        Break Fee-Vereinbarungen
    V. Anhang
    VI. Literatur- und Materialienverzeichnis
         1. Literaturverzeichnis                                                           1.         Begriff
         2. Verzeichnis der Empfehlungen
         3. Verzeichnis der Angebotsprospekte                                              In der weltweiten Literatur werden verschiedene Begrif-                      4
                                                                                           fe für den Ausdruck «Break Fee»1 synonym verwendet.
                                                                                           Nebst diesen begrifflichen Verschiedenheiten variieren
    I.       Einleitung                                                                    aber auch die genauen Definitionen einer Break Fee-Ver-
1   Seit einiger Zeit kommt es weltweit täglich zu Unterneh-
    mensübernahmen. Auch in der Schweiz sind diese Ten-
    denzen deutlich spürbar. Trotzdem ist eine bevorstehen-
    de Übernahme aus Sicht der beteiligten Unternehmen
    oft keine alltägliche Situation und mit hohen Kosten und
                                                                                           1
                                                                                                 So wird z.B. im englischen Sprachraum oft von «Break-up Fee»,
    Risiken verbunden. Es erstaunt deshalb nicht, dass in                                        «Termination Fee», «Inducement Fee», «Broken Deal Fee», «Faild
                                                                                                 Cost Agreement» oder «Cancellation Fee» gesprochen, vgl. Guino -
    der Praxis die Abläufe solcher Übernahmen in den letz-
                                                                                                 met, Fn. 26, S. 28; vgl. ferner Saywell /Gamble, S. 31; Sieger /Has-
    ten Jahren stets verfeinert wurden. Dies nicht zuletzt,                                      selbach, S. 625. Im deutschen Sprachraum findet man auch den
    um die damit verbundenen Risiken zu minimieren. Durch                                        Ausdruck «Misserfolgsentschädigung», vgl. Guinomet, S. 29. Die
    die globale Vernetzung und die Aktivitäten von auslän-                                       Übernahmekommission (UEK) nahm in ihren Empfehlungen jeweils
    dischen Käufern auf dem schweizerischen Übernahme-                                           unter dem Untertitel «Überbinden der Transaktionskosten an die
                                                                                                 Zielgesellschaft» (Cost Coverage) Bezug auf die vereinbarte Break
    markt kommen auch in der Schweiz immer mehr im Aus-
                                                                                                 Fee, vgl. statt vieler UEK Empfehlung i.S. Forbo Holding AG vom 7.
    land entwickelte spezifische Vertragsbestimmungen zur                                        März 2005, E. 8. Der Ausdruck «Break Fee» ist allerdings der am
    Anwendung.                                                                                   meisten verwendete Ausdruck. Aus diesem Grund wird in dieser
                                                                                                 Abhandlung ausschliesslich diese Bezeichnung verwendet.

                                                                                       2
Markus Gysi, Break Fee-Vereinbarungen bei Unternehmensübernahmen, in: Jusletter 29. Oktober 2007

    einbarung.2 In seiner Dissertation definiert Guinomet eine                           unterschiedlichsten Formen auftreten, lässt sich bei den
    Break Fee-Vereinbarung wie folgt:                                                    bekannten Klauseln dennoch ein gewisser Grundaufbau
                                                                                         erkennen.
         «Vertragliches Versprechen der Zahlung einer ver-
         einbarten Geldsumme für den Fall, dass die geplan-
         te Transaktion aufgrund von bestimmten, vertrag-                                2.1.      Festlegung der Verpflichteten
         lich festgelegten Gründen scheitert, die entweder                               Meistens werden die Break Fee-Klauseln durch die Nen-                    9
         durch eine Partei zu vertreten sind oder zwar von                               nung der bedingt verpflichteten Partei eingeleitet.11 Die
         keiner Partei zu vertreten sind, jedoch die Transak-                            Verpflichtung der Gesellschaft selbst ist vor allem dann
         tion nicht mehr durchführbar machen.»3                                          zweckmässig, wenn sich ihre Aktien in einem breiten
                                                                                         Streubesitz befinden.12 Dadurch wird versucht, das Ver-
5   Diese Definition hat m.E. den Vorteil, dass sie festhält,
    dass Break Fee-Vereinbarungen Vertragsklauseln sind,                                 halten des obersten Leitungsorgans – bei Übernahmen
    die spezifisch bei M&A-Transaktionen4 verwendet wer-                                 ein sehr wichtiges Organ13 – zu beeinflussen.
    den und die Rechtsfolgen eines Scheiterns der Trans-                                 Bei Übernahmen sind vor allem einseitig verpflichtende                   10
    aktion regeln. Sie ist aber auch genügend offen for-                                 (unilateral) Break Fee-Vereinbarungen verbreitet.14 Übli-
    muliert, um die verschiedensten Arten von Klauseln zu                                cherweise wird die zu übernehmende Gesellschaft ver-
    erfassen.                                                                            pflichtet und die Anbieterin berechtigt15, was das typische
6   Break Fee-Vereinbarungen sind somit vertragliche Rege-                               Stärkeverhältnis bei einer Übernahme widerspiegelt.
    lungen von suspensiv bedingten Rechten und Pflichten.5                               Demgegenüber finden sich beidseitig verpflichtende
                                                                                         (reciprocal) Klauseln typischerweise im Zusammenhang
    Als Bedingung wird ein Scheitern der Transaktion aus ei-
                                                                                         mit Fusionen.16 Im Rahmen von Übernahmen werden
    nem in der Klausel selbst enthaltenen Grund vereinbart.
    Der konkrete Inhalt wird aufgrund der Vertragsfreiheit                               reciprocal Break Fee-Vereinbarungen nur dann abge-
    von den Parteien bestimmt und variiert je nach deren                                 schlossen, wenn die potentielle Käuferin durch ein er-
    Stärkeverhältnis. Als Rechtsfolge des Eintritts der Bedin-                           höhtes Interesse an der Übernahme eine geschwächte
    gung wird sodann die Break Fee geschuldet, die Zahlung                               Verhandlungsposition innehat.17 Vereinzelt treten auch
    einer im Voraus vereinbarten Geldsumme.6 Mit deren                                   Mischformen zwischen reciprocal und unilateral Break
                                                                                         Fee-Vereinbarungen auf.18 Als Auslöser werden dabei
    Leistung wird der Aufwand der berechtigten Partei ver-
    ringert, während sich die Kosten der leistenden Partei                               spezifische Käufer- und Verkäuferpflichten vereinbart,
    erhöhen. Dies schafft direkt einen Anreiz zum positiven                              bei deren Missachtung die Break Fee ausgelöst wird.19
    Abschluss einer geplanten Transaktion.7
                                                                                         2.2.      Auslöser einer Break Fee
7   Bei Übernahmen werden Break Fees üblicherweise im
    Rahmen von Transaktionsvereinbarungen (Transaction                                   Ausgelöst wird eine Break Fee beim Scheitern der Trans-                  11

    Agreements8) schriftlich geregelt. Als Vertragsparteien                              aktion aufgrund des Eintretens der in der Vereinbarung
    treten dabei meist die potentielle Käuferin und die Ziel-
    gesellschaft auf, deren oberste Leitungsorgane9 diesen
    Vertrag unterzeichnen.10
                                                                                         11
                                                                                              Siehe oben II.1.
                                                                                         12
                                                                                              Vgl. Guinomet, S. 62.
                                                                                         13
                                                                                              Siehe unten III.2.2.1.
    2.        Aufbau von Break Fee-Vereinbarungen                                        14
                                                                                              Vgl. Gerhard, S. 61.
8   Obwohl           Break         Fee-Vereinbarungen                in       den        15
                                                                                              Vgl. Guinomet, S. 45.
                                                                                         16
                                                                                              Vgl. Guinomet, S. 45; Gerhard, S. 61; Fusionsverträge zwischen
                                                                                              Credit Suisse Group/«Winterthur» Schweizerische Versicherungs-
    2
         Vgl. für die verschiedenen in der Lehre auftretenden Definitionen                    Gesellschaft vom 10.8.1997, Punkt 3.7; Sandoz AG/Ciba-Geigy AG/
         Guinomet, S. 29 f.                                                                   Novartis AG vom 6.3.1996, Punkt 7.3; Feldschlösschen-Hürlimann
    3
         Guinomet, S. 30.                                                                     Holding AG/Prime Site AG vom 14.4.2001, Punkt 10.3. Alle aufge-
                                                                                              führten Vertragsklauseln in Isler, S. 84 ff.
    4
         Vgl. Tschäni, M&A-Transaktionen, S. 1.
                                                                                         17
                                                                                              Siehe oben II.1. Als Beispiel: Angebotsprospekte der Smith & Ne-
    5
         Vgl. Schwenzer, Rz. 11.05; BSK OR I-Ehrat, N. 6 Vorbem. zu Art. 151-
                                                                                              phew Group plc bez. Centerpulse AG vom 25.4.2003,S. 25 und bez.
         157. Siehe ferner unten III.1.
                                                                                              InCentive Capital AG vom 25.4.2003, S. 25
    6
         Vgl. Guinomet, S. 29.                                                           18
                                                                                              Vgl. Guinomet, S. 45. und die verschiedenen Auslöser in den An-
    7
         Vgl. von Salis-Lütolf, Rz. 159.                                                      gebotsprospekten von Smith & Nephew Group plc bez. Centerpul-
    8
         Vgl. Tschäni/Diem, S. 90 f.                                                          se AG vom 25.4.2003, S. 25 und bez. InCentive Capital AG vom
    9
         Bei Aktiengesellschaften unter schweizerischem Recht der Verwal-                     25.4.2003, S. 25.
         tungsrat, siehe unten III.2.2.1.                                                19
                                                                                              Vgl. z.B. die unterschiedlichen Bedingungen, deren Nichterfüllung
    10
         Ein Sonderfall stellt die Konstellation dar, bei der eine Zielgesell-                eine Break Fee auslösen im Angebotsprospekt der Smith & Ne-
         schaft über einen Kontrollaktionär verfügt und dieser anstelle der                   phew Group plc bez. InCentive Capital AG vom 25.4.2003, S. 25,
         Zielgesellschaft als Vertragspartei auftritt, vgl. Tschäni/Diem, S. 91.              jeweils Unterpunkt (iii) angegeben.

                                                                                     3
Markus Gysi, Break Fee-Vereinbarungen bei Unternehmensübernahmen, in: Jusletter 29. Oktober 2007

     festgelegten Ereignisse (Auslöser oder Trigger Events).                              Indiz für den von den Parteien verfolgten Zweck.32 Um
     In Ausschöpfung der geltenden Vertragsfreiheit hat                                   aufschlussreiche Aussagen zu machen, wird die Break
     die Praxis eine Vielzahl von möglichen Auslösern ent-                                Fee oftmals in ein Verhältnis mit der jeweiligen Transak-
     wickelt.20 Sie sind vor allem davon abhängig, welchen                                tionssumme gesetzt.33
     Zweck die Vertragsparteien verfolgen und welche Si-
                                                                                          Weiter kann es sein, dass die Vereinbarung genau fest-                        15
     cherheitsbedürfnisse sie abdecken wollen.21 Verbreitete
                                                                                          hält, welche Arten von Kosten durch die Break Fee abge-
     Trigger Events sind die fehlende Zustimmung der Gene-
                                                                                          deckt werden34 bzw. welche weiteren Ansprüche gegen-
     ralversammlung (GV) zur Übernahme22, das Scheitern
                                                                                          über der vertragsverletzenden Partei neben der Break
     der geplanten Übernahme aufgrund einer erfolgreichen
                                                                                          Fee noch geltend gemacht werden können.35
     Konkurrenzofferte23, die Verweigerung einer für die
     Übernahme notwendigen Statutenänderung durch die
     GV24 und der Umstand, dass der Verwaltungsrat (VR)                                   3.        Funktion
     der Zielgesellschaft das Angebot des Anbieters nicht zur                             Einer Übernahme gehen oftmals komplexe Verhandlun-                            16
     Annahme empfiehlt.25 Seltener kommt es vor, dass eine                                gen voraus, deren Scheitern jederzeit möglich ist.36 Die
     Break Fee geschuldet wird, wenn eine Due Diligence26                                 Parteien versuchen deshalb ihre vermögensrechtlichen
     nicht befriedigend ausfällt27 oder andere Deal Protec-                               und unternehmerischen Interessen bei einer Übernah-
     tion-Massnahmen28 verletzt wurden.29                                                 me zu schützen. Je nach den Bedürfnissen der Parteien
12   Ein Behördeentscheid wird nur ganz selten als Trigger                                wird einer dieser Zwecke hauptsächlich verfolgt und die
     Event vereinbart, da keine Partei gewillt ist, eine Zahlung                          Break Fee-Klausel entsprechend formuliert. In gewissen
     für ein Verhalten zu leisten, welches sie nicht selber be-                           Fällen haben Break Fee-Vereinbarungen auch zusätzli-
     einflussen kann.30                                                                   che Funktionen.

     2.3.      Höhe der Break Fee und weitere Modalitäten                                 3.1.      Vermögensrechtliche Interessenswahrung

13   Durch das Eintreten eines Auslösers und dem daraus                                   Im Vorfeld einer Übernahme entstehen in der Regel für                         17

     folgenden Scheitern der Transaktion wird die Break Fee                               alle an der Transaktion Beteiligten hohe externe und
     geschuldet. Diese ist durch ihre Höhe, die meist betrags-                            interne Kosten.37 Grundsätzlich hat jede Partei die ihr
     mässig in der Klausel festgelegt wird31, und allenfalls                              entstandenen Kosten selber zu tragen. Eine Break Fee
     weitere Modalitäten gekennzeichnet.                                                  ermöglicht – im Falle eines Scheiterns der Transaktion
                                                                                          – eine Überwälzung dieser Kosten auf die Gegenpartei38
14   Die Höhe der vereinbarten Geldleistung ist für die rechtli-
                                                                                          und schützt somit die vermögensrechtlichen Interessen
     che Beurteilung von entscheidender Bedeutung und ein
                                                                                          der berechtigten Partei («cost protection in the event of
                                                                                          deal failure»39). Die Break Fee hat somit eine Sicherungs-
                                                                                          funktion, damit die Zielgesellschaft nicht einseitig von
     20
          Vgl. für Beispiele der in den USA und Grossbritannien vereinbarten
                                                                                          einer Wertschöpfung durch die bereits fortgeschritte-
          Trigger Events Guinomet, S. 46 ff. und 59.
     21
          Vgl. Sieger/Hasselbach, S. 629.
     22
          Vgl. Smith & Nephew Group plc bez. Centerpulse AG vom
          25.4.2003, Unterpunkt (iv) der Verpflichtung von Smith & Nephew                 32
                                                                                               Siehe unten II.3.
          Group plc, S. 25, i.V.m. Bedingung 1.a, S. 16.                                  33
                                                                                               Vgl. Tschäni/Diem, S. 98; Isler, S. 94. Der Letztere geht zwar in sei-
     23
          Vgl. Angebotsprospekt von Crucell N.V. bez. Berna Biotech AG vom                     nem Beitrag spezifisch auf Break Fee-Vereinbarungen im Rahmen
          15.12.2005, S. 16.                                                                   von Unternehmenszusammenschlüssen ein. Die aufgeführten
     24
          Vgl. Angebotsprospekt von AFB Investment S.A. bez. Forbo Hol-                        Grundsätze gelten jedoch auch für Break Fee-Vereinbarungen im
          ding AG vom 8.3.2005, S. 10; Angebotsprospekt von Gatebrook Li-                      Rahmen von Unternehmensübernahmen. Vgl. ferner Sieger/Hassel-
          mited bez. Saia-Burgess Electronics Holding AG vom 27.8.2005, S.                     bach, S. 628.
          12.                                                                             34
                                                                                               Vgl. Fusionsverträge zwischen Credit Suisse Group/«Winterthur»
     25
          Vgl. Smith & Nephew Group plc bez. Centerpulse AG vom                                Schweizerische Versicherungs-Gesellschaft vom 10.8.1997, Punkt
          25.4.2003, jeweils Unterpunkt (i), S. 25                                             3.7; Sandoz AG/Ciba-Geigy AG/Novartis AG vom 6.3.1996, Punkt
     26
          Mit Due Diligence wird das Verfahren bezeichnet, durch welches                       7.3; Feldschlösschen-Hürlimann Holding AG/Prime Site AG vom
          eine Unternehmensprüfung bei einer M&A-Transaktion vorgenom-                         14.4.2001, Punkt 10.3. Alle aufgeführten Vertragsklauseln in Isler,
          men wird. Vgl. Tschäni, M&A-Transaktionen, S. 21 ff.                                 S. 84 ff.
     27
          Vgl. Sieger/Hasselbach, S. 629.                                                 35
                                                                                               Vgl. Angebotsprospekt der Crucell N.V. bez. Berna Biotech AG vom
     28
          Z.B. No-Shop-Vereinbarungen, vgl. Watter, S. 7; Tschäni/Diem, S.                     15.12.2005, S. 16.
          98; Bahar, S. 163; oder No Talk-Vereinbarungen, vgl. Watter, S. 7;              36
                                                                                               Vgl. Guinomet, S. 64; Bouchon, S. 96.
          Tschäni/Diem, S. 98; Bahar, S. 163.                                             37
                                                                                               Vgl. Tschäni, M&A-Transaktionen, S. 23; Guinomet, S. 63; Tschäni, S.
     29
          Vgl. Guinomet, S. 52 f.                                                              425; Tschäni/Diem, S. 80; Bouchon, S. 96.
     30
          Vgl. Guinomet, S. 50.                                                           38
                                                                                               Vgl. Saywell /Gamble, S. 31.
     31
          Vgl. Beispiel in Guinomet, Fn. 67, S. 50.                                       39
                                                                                               Sieger/Hasselbach, S. 625.

                                                                                      4
Markus Gysi, Break Fee-Vereinbarungen bei Unternehmensübernahmen, in: Jusletter 29. Oktober 2007

     nen, aber fruchtlosen Verhandlungen profitiert.40 Diese                              eine Konkurrenzofferte zu lancieren.48 Die Zahlung der
     Wertsteigerung resultiert aus der Schaffung einer Aus-                               entsprechenden Break Fee würde zu einem Wertverlust
     gangslage – mitunter die Ergebnisse einer durchlaufe-                                der Zielgesellschaft führen und somit die wirtschaftliche
     nen Due Diligence –, die einen zukünftigen Verkauf der                               Attraktivität der Übernahme negativ beeinflussen. Eine
     Unternehmung erst ermöglicht.                                                        solche Break Fee-Klausel hat somit die Funktion einer
                                                                                          Lock-up-Vereinbarung.49
18   Nicht nur die Zielgesellschaft, sondern auch ein Dritter,
     der eine Konkurrenzofferte lanciert, kann von der durch
     die Erstanbieterin geschaffenen Ausgangslage profitie-                               3.3.      Weitere Zwecke
     ren. Dieser Konkurrent ist unter Umständen erst durch                                Mit Abschluss einer Break Fee-Vereinbarung können                           22
     das vorgängige Erstangebot auf die Zielgesellschaft auf-                             weitere Zwecke verfolgt werden, wie z.B. Erreichung des
     merksam geworden, womit ihm die Kosten, welche eine                                  gewünschten Mindestpreises, Ablauf des Bietverfahrens
     intensive Suche nach einem geeigneten Übernahme-                                     auf hohem Niveau50, eigenes Verkaufsanstreben der Ziel-
     kandidaten verursacht, erspart bleiben. Die vereinbarte                              gesellschaft oder Feststellung des eigenen Marktwertes.
     Break Fee mit der Erstanbieterin wird deshalb zum Teil                               In diesen Konstellationen ist die vereinbarte Break Fee
     auch als Finder's Fee legitimiert.41 Ausserdem kann ein                              als Kompensation an die Erstanbieterin anzusehen.51
     Dritter auch einen Nutzen aus der bereits entstandenen
     Wertsteigerung der Zielgesellschaft ziehen, da er die be-
                                                                                          4.        Beispiele von Break Fee-Vereinbarungen
     reits entstandenen Kosten der Due Diligence nicht zu tra-
     gen hat. Durch die Break Fee soll somit verhindert wer-                                        in der Schweiz
     den, dass ein möglicher Konkurrent als Trittbrettfahrer                              Im Zusammenhang mit schweizerischen Übernahmen                              23
     von den geleisteten Aufwendungen der Erstanbieterin                                  wurden bis heute nur wenige Break Fee-Vereinbarungen
     profitieren kann.42                                                                  öffentlich bekannt gemacht.52 Aufgrund dieser Fälle lässt
19   Eine Break Fee-Vereinbarung erleichtert dem Berech-                                  sich feststellen, dass oftmals eine Verletzung der in der
     tigten die Durchsetzung seines Schadensanspruchs in                                  Transaktionsvereinbarung auferlegten Pflichten oder
     zweifacher Hinsicht. Erstens bildet sie eine vertragliche                            ein erfolgreiches Drittangebot als Auslöser bestimmt
     Grundlage, was mit Blick auf die schwierig durchsetzba-                              wurde.53 Die Höhe der Break Fees beträgt in den meis-
     re Haftung nach den Grundsätzen von culpa in contra-                                 ten Fällen im Verhältnis zur Transaktionssumme deut-
     hendo von besonderer Bedeutung ist.43 Zweitens erspart                               lich weniger als 1%.54 Damit sind diese Break Fees als
     sie dem Berechtigten die sehr aufwändige Berechnung                                  verhältnismässig moderat zu bezeichnen, auch wenn es
     und Bezifferung seines erlittenen Schadens.44                                        sich dabei um Millionenbeträge handelt.55
                                                                                          Die Übernahmekommission (UEK) hat sich im Rahmen                            24
     3.2.       Unternehmerische Erfolgssicherung                                         ihrer Empfehlungen bis anhin in vier Fällen mit Break Fee-
20   Eine Break Fee-Vereinbarung kann auch hauptsächlich                                  Vereinbarungen auseinandergesetzt.56 Die Beurteilung
     die Funktion einer Deal Protection-Massnahme haben.45
     Durch die drohende Zahlungspflicht wird das Interesse                                48
                                                                                               Vgl. Gerhard, S. 61.
     der bedingt verpflichteten Partei an einer erfolgreichen                             49
                                                                                               Bei Lock-up-Vereinbarungen handelt es sich um Vereinbarungen
     Transaktion erhöht.46 Um diese Sanktionierungsfunktion                                    zwischen der Erstanbieterin und der Zielgesellschaft, welche ein
     aber vollumfänglich zu erfüllen, muss die vereinbarte                                     konkurrierendes Drittangebot erheblich erschweren oder gar ver-
     Geldsumme prohibitiv hoch sein.47                                                         unmöglichen. Vgl. Tschäni/Diem, S. 94; ferner Gerhard, S. 61; Büh-
                                                                                               ler, S. 34; Frauenfelder, S. 175; Watter, Unternehmensübernah-
21   Durch eine genügend hohe Break Fee kann auch er-                                          men, Rz. 709 ff.; Bahar, S. 163.
     reicht werden, dass ein Dritter davon abgeschreckt wird,                             50
                                                                                               Vgl. Guinomet, S. 67.
                                                                                          51
                                                                                               Vgl. Guinomet, S. 67.
                                                                                          52
                                                                                               Siehe unten Anhang Tabelle 1
                                                                                          53
                                                                                               Vgl. Angebotsprospekt der Smith & Nephew Group plc bez. InCen-
     40
          Vgl. Isler, S. 96.                                                                   tive Capital AG vom 25.4.2003, Unterpunkt (iv) der Verpflichtung In-
                                                                                               Centive Capital AG, S. 25; Angebotsprospekt von Crucell N.V. bez.
     41
          Vgl. Tschäni/Diem, S. 97; Watter, S. 7.
                                                                                               Berna Biotech AG vom 15.12.2005, S. 16; X-Rite Incorporated bez.
     42
          Vgl. Isler, S. 92; von Salis-Lütolf, Rz. 160.                                        Amazys Holding AG vom 24.3.2006, S. 18.
     43
          Vgl. Tschäni, M&A-Transaktionen, S. 19. Zu Begriff und Vorausset-               54
                                                                                               Siehe unten Anhang Tabelle 1.
          zungen der culpa in contrahendo Haftung vgl. Schwenzer, Rz. 47.01               55
                                                                                               In den USA betragen die vereinbarten Break Fees durchschnittlich
          ff.
                                                                                               rund 2.6%. Siehe unten IV.A.
     44
          Vgl. Guinomet, S. 64.                                                           56
                                                                                               Vgl. UEK Empfehlung i.S. Forbo Holding AG vom 7. März 2005, E. 8;
     45
          Vgl. Tschäni, S. 426.                                                                UEK Empfehlung i.S. Saia-Burgess Electronics Holding AG vom 8.
     46
          Vgl. Gerhard, S. 61.                                                                 September 2005, E. 7; UEK Empfehlung i.S. Berna Biotech AG vom
     47
          Vgl. Tschäni/Diem, S. 95; Guinomet, S. 65 f.                                         13. Dezember 2005, E. 8; UEK Empfehlung i.S. Amazys Holding AG

                                                                                      5
Markus Gysi, Break Fee-Vereinbarungen bei Unternehmensübernahmen, in: Jusletter 29. Oktober 2007

     der entsprechenden Abreden nahm sie jeweils in der mit                               rechtliche oder unsittliche Zwecke verfolgt werden (Art.
     «Überbinden der Transaktionskosten an die Zielgesell-                                157 OR).59
     schaft» bezeichneten Erwägung vor. Die Break Fee-Ver-
                                                                                          In der Schweiz sind Break Fee-Vereinbarungen rechtlich                           29
     einbarung wurde jeweils spezifisch im Kontext des Ein-
                                                                                          als Schadenspauschalierung oder als Konventionalstrafe
     zelfalls geprüft. Es lässt sich nicht erkennen, dass sich
                                                                                          zu qualifizieren.60 Oftmals ist die genaue rechtliche Qua-
     die UEK von einem vorgegebenen Grenzwert des Ver-
                                                                                          lifizierung nicht auf den ersten Blick ersichtlich. Nicht
     hältnisses der Break Fee zur Transaktionssumme leiten
                                                                                          selten muss deshalb die konkrete Vereinbarung anhand
     liess, wie es zum Beispiel der Praxis in Grossbritannien
                                                                                          der bekannten Grundsätze des Vertragsrechts ausgelegt
     entspricht.57 Vielmehr prüft die Kommission die konkret
                                                                                          werden.61
     vereinbarte Break Fee anhand der jeweils anwendbaren
     gesetzlichen Normen des schweizerischen Rechts. Auf
                                                                                          1.1.       Konventionalstrafe
     die gesetzlichen Schranken wird im anschliessenden
     Teil näher eingegangen. Es bleibt an dieser Stelle fest-                             In der Regel wird eine Transaktionsvereinbarung von den                          30

     zuhalten, dass die UEK die geprüften Fälle bisher alle als                           obersten Leitungsorganen der Anbieterin und der Ziel-
     rechtsmässig beurteilt hat und aufgrund der Fallkons-                                gesellschaft unterzeichnet, wodurch die vertretenen Ge-
     tellationen eine detaillierte Prüfung bislang noch ausge-                            sellschaften vertraglich gebunden werden.62 Ein Schei-
     blieben ist.                                                                         tern der Transaktion wird hingegen meistens durch das
                                                                                          Verhalten der Aktionäre der Zielgesellschaft ausgelöst.
                                                                                          Diese müssen als von der AG unabhängige Rechtssub-
     III.      Break Fee-Vereinbarungen unter                                             jekte ihre Entscheidung frei fällen können. Das oberste
                                                                                          Leitungsorgan kann somit die Aktionäre nicht mittels
               schweizerischem Recht
                                                                                          Vertrages mit der Käuferin zu einem bestimmten Verhal-
25   Um die einzelnen Auswirkungen aufzuzeigen, werden                                    ten zwingen.63 Aufgrund dieser Tatsache ist eine Break
     die generell-abstrakt geltenden Normen des schweize-                                 Fee-Vereinbarungen meist nicht als echte64 sondern als
     rischen Rechts anhand des nachfolgenden Modellfalls                                  unechte65 Konventionalstrafe zu qualifizieren.
     angewendet:
                                                                                          Da die unechte Konventionalstrafe ein vertraglich nicht                          31
26   Die Anbieterin A AG will die Aktien von der Zielgesell-                              erzwingbares Verhalten absichern soll, ist ihre Siche-
     schaft Z AG kaufen. Der Verwaltungsrat der Z AG unter-                               rungsfunktion besonders ausgeprägt.66 Weist eine Break
     stützt grundsätzlich die Absichten der A AG. Die beiden                              Fee-Vereinbarung einen primären Sicherungscharakter
     obersten Leitungsorgane schliessen im Laufe der Ver-                                 auf, ist sie folglich als unechte Konventionalstrafe zu
     handlungen eine Transaktionsvereinbarung ab, die u.a.                                qualifizieren. Beträgt die Break Fee des Modellfalls nicht
     eine Break Fee-Klausel enthält. In dieser Klausel ver-                               CHF 2 Mio. sondern CHF 20 Mio. und macht somit 5% der
     pflichtet sich die Z AG zur Zahlung einer Break Fee für                              Transaktionssumme aus, ist die hauptsächliche Siche-
     den Fall, dass die geplante Übernahme scheitert, da der                              rungsabsicht der A AG klar ersichtlich und als unechte
     VR der Z AG den Aktionären der Z AG das Angebot der A                                Konventionalstrafe anzusehen.
     AG nicht zur Annahme empfiehlt oder seine Empfehlung
                                                                                          Diese rechtliche Qualifizierung hat einen Einfluss auf die                       32
     widerruft. Die Break Fee beträgt CHF 2 Mio. und somit
                                                                                          möglichen Rechtsfolgen. Nach herrschender Lehrmei-
     0.5% der Transaktionssumme von CHF 400 Mio.
                                                                                          nung sind die Art. 160 ff. OR bezüglich der echten Kon-
27   Durch Modifikationen dieses Modellfalls im folgenden                                 ventionalstrafe auch auf die unechte – die im OR nicht
     Teil des Beitrags soll aufgezeigt werden, wie sich Verän-                            explizit geregelt ist – anwendbar.67 Demnach wird die
     derungen der Modalitäten auf die rechtliche Beurteilung
     auswirken können.
                                                                                          59
                                                                                               Vgl. BSK OR I-Ehrat, N. 3 Vorbem. zu Art. 151-157.
                                                                                          60
                                                                                               Vgl. Isler, S. 86 f.; Tschäni/Diem, S. 95 f.; Schnydirg/Vischer, S. 1194;
     1.        Rechtliche Qualifizierung                                                       BSK OR I-Ehrat, N. 12a zu Art. 160.
28   Wie bereits erörtert, handelt es sich bei einer Break Fee-
                                                                                          61
                                                                                               Vgl. zu den Auslegungsgrundsätzen im schweizerischen Vertrags-
                                                                                               recht Schwenzer, Rz. 33.04 ff.
     Vereinbarung um eine suspensiv bedingte Vertragsklau-                                62
                                                                                               Siehe oben II.1.
     sel58, die nur dann unzulässig ist, wenn damit wider-                                63
                                                                                               Vgl. Isler, S. 87.
                                                                                          64
                                                                                               Eine Qualifikation als echte Konventionalstrafe ist nur im Sonder-
                                                                                               fall möglich, in dem die Break Fee-Vereinbarungen zwischen einem
                                                                                               Kontrollaktionär und der Käuferin abgeschlossen wird, siehe oben
          vom 23. März 2006, E. 9.                                                             Fn. 10)
     57
          In Grossbritannien wurde der Grenzwert bei 1% festgelegt. Vgl. das
                                                                                          65
                                                                                               Vgl. Mabillard, S. 548.
          Statement 1999/10 des Takeover Panel vom 16.7.1999.                             66
                                                                                               Vgl. Mabillard, S. 549.
     58
          Siehe oben II.1.                                                                67
                                                                                               Vgl. Bucher, S. 525; Mabillard, S. 552; BSK OR I-Ehrat, N. 3 zu Art.

                                                                                      6
Markus Gysi, Break Fee-Vereinbarungen bei Unternehmensübernahmen, in: Jusletter 29. Oktober 2007

     unechte Konventionalstrafe dem Gläubiger geschuldet,                                 anzutreten.74 Dies führt zu einer Beweislastumkehr be-
     auch wenn ihm kein Schaden entstanden ist (Art. 161                                  züglich des Schadens in der Höhe der vereinbarten
     Abs. 1 OR). Dies erleichtert die Durchsetzbarkeit des Gläu-                          Pauschale. Dem Gläubiger steht umgekehrt der Beweis
     bigeranspruchs wesentlich, da der Gläubiger bezüglich                                eines die Pauschale übersteigenden Betrags ebenfalls
     des Schadens nicht nach Art. 8 ZGB beweispflichtig ist.                              offen.75 Diese zweite Sichtweise ist zu bevorzugen, da
     Ferner ist auch das richterliche Herabsetzungsrecht von                              die Parteien mit einer Schadenspauschalierung primär
     Art. 163 Abs. 3 OR auf die unechte Konventionalstrafe                                einen Kostenausgleich verfolgen und nicht eine Siche-
     anwendbar. Eine Konventionalstrafe gilt allerdings nicht                             rungsabsicht, wie sie für die Konventionalstrafe charak-
     als übermässig, «wenn sie in ihrer Höhe den Betrag nicht                             teristisch ist.
     unverhältnismässig übersteigt, den die Parteien im Zeit-
     punkt der Vereinbarung als höchstmöglichen Schaden                                   1.3.      Zwischenfazit
     betrachten.»68 M.a.W. gilt der mögliche Schaden nicht
                                                                                          Für die Qualifizierung einer Break Fee-Vereinbarung unter                36
     als Höchstgrenze einer zulässigen Konventionalstrafe.
                                                                                          schweizerischem Recht ist der von den Parteien verfolg-
                                                                                          te Zweck das ausschlaggebende Abgrenzungskriterium.
     1.2.      Schadenspauschalierung
                                                                                          Weist die Break Fee-Vereinbarung eine primäre Siche-
33   Wie die unechte Konventionalstrafe ist auch die Scha-                                rungsfunktion auf, ist sie als unechte Konventionalstrafe
     denspauschalierung nicht ausdrücklich im OR geregelt.                                zu qualifizieren; die Art. 160 ff. OR sind entsprechend an-
     Der Gläubiger muss bei einer Schadenspauschalierung                                  wendbar. Wird hingegen primär ein Kostenausgleich an-
     den Eintritt eines Schadens zwar beweisen,69 doch bleibt                             gestrebt, ist die entsprechende Break Fee-Vereinbarung
     ihm dessen genaue Bezifferung erspart.70 Da sich die                                 als Schadenspauschalierung anzusehen, welche die Be-
     Schadenspauschale an dem «nach dem gewöhnlichen                                      weisregeln von Art. 8 ZGB modifiziert.
     Lauf der Dinge zu erwartenden Schaden»71 orientiert, er-                             Die Abgrenzung kann im Einzelfall erhebliche Schwie-                     37
     füllt sie in erster Linie eine Ausgleichsfunktion. Die durch                         rigkeiten bereiten und orientiert sich v.a. an der Höhe
     die drohende Zahlung bestehende Sicherungsfunktion                                   der vereinbarten Break Fee. Um Qualifizierungsproble-
     ist sekundär. Eine Break Fee, die vorwiegend einen Kos-                              me zu vermeiden, ist es ratsam, den verfolgten Zweck
     tenausgleich bezweckt und die sich am typischerweise                                 ausdrücklich festzuhalten und die Klausel entsprechend
     zu erwartenden Schaden orientiert, ist somit als eine                                genau auszuarbeiten.76
     Schadenspauschalierung zu qualifizieren.
34   Die Break Fee des Modellfalls ist als Schadenspauscha-
                                                                                          2.        Formelle Zulässigkeitsvoraussetzungen
     le anzusehen, da die vereinbarten CHF 2 Mio. auf eine
     hauptsächliche Kostenausgleichsabsicht der Parteien                                  Im Folgenden wird erläutert, welche formellen Voraus-                    38

     schliessen lassen. Unter Berücksichtigung der Transakti-                             setzungen erfüllt sein müssen, damit eine Break Fee-
     onssumme von CHF 400 Mio. und den hohen Kosten von                                   Vereinbarung gültig abgeschlossen werden kann.
     Vorverhandlungen ist eine Schadenserwartung von CHF
     2 Mio. durchaus vertretbar.                                                          2.1.       Formerfordernis

35   Die Rechtsfolgen einer als Schadenspauschalierung                                    Dem Prinzip der allgemeinen Vertragsfreiheit folgend                     39

     qualifizierten Vereinbarung sind in der Lehre umstritten.                            gilt in der Schweiz die Formfreiheit (Art. 11 Abs. 1 OR).
     Es wird teilweise die Auffassung vertreten, dass auch im                             Das Gesetz enthält diesbezüglich weder für die Kon-
     Falle einer Schadenspauschale die Herabsetzungsnorm                                  ventionalstrafe noch für die Schadenspauschalierung
     von Art. 163 Abs. 3 OR analog zur Anwendung kommen                                   eine gesetzliche Ausnahmeregelung. Somit unterliegen
     soll.72 Eine andere Lehrmeinung lehnt diese analoge An-                              Break Fee-Vereinbarungen bei Unternehmensübernah-
     wendung von Art. 163 Abs. 3 OR ab.73 Dieser zweiten                                  men grundsätzlich keinen gesetzlichen Formvorschrif-
     Meinung folgend wird die Problematik einer überhöhten                                ten.77 In der Praxis werden Break Fee-Klauseln in der
     Pauschale dadurch gelöst, dass es dem Schuldner vor-                                 Regel schriftlich vereinbart. Dies ist im Hinblick auf eine
     behalten bleibt, den Beweis eines niedrigeren Schadens

                                                                                          74
                                                                                               Vgl. Fischer, S. 169.
          160; Bentele, S. 132.
                                                                                          75
                                                                                               Vgl. Fischer, S. 169 f.
     68
          Isler, S. 88; vgl. ferner BGE 103 II 109.
                                                                                          76
                                                                                               Vgl. Angebotsprospekt von AFB Investment S.A. bez. Forbo Hol-
     69
          Vgl. Fischer, S. 162.
                                                                                               ding AG vom 8.3.2005, S. 10, in dem die vereinbarte Break Fee als
     70
          Vgl. Fischer, S. 102; Santoro, S. 38; Bucher, S. 525.                                «pauschalierten Kostenersatz» bezeichnet wird.
     71
          Fischer, S. 172.                                                                77
                                                                                               Vgl. Isler, S. 89, der sogar bei Unternehmenszusammenschlüs-
     72
          Vgl. BSK OR I-Ehrat, N. 12 zu Art. 160; Bucher, S. 525.                              sen eine Formbedürftigkeit einer Break Fee ablehnt, obwohl das
     73
          Vgl. Fischer, S. 163 f.; Santoro, S. 39; ferner Urteil des Obergerichts              Grundgeschäft, der Fusionsvertrag, nach Art. 12 FusG der einfa-
          Obwalden vom 23.10.1984, SJZ 1986, S. 67.                                            chen Schriftlichkeit bedarf.

                                                                                      7
Markus Gysi, Break Fee-Vereinbarungen bei Unternehmensübernahmen, in: Jusletter 29. Oktober 2007

     allfällige Beweisführung und als gegenseitige Absiche-                               Vermutungsweise steht die Vertretungsmacht jedem
     rung zweifellos empfehlenswert.                                                      Verwaltungsratsmitglied einzeln zu (Art. 718 Abs. 1 OR).
                                                                                          Da diese Vertretungsmacht delegiert werden kann (Art.
     2.2.      Aktienrechtliche Kompetenzzuweisung                                        718 Abs. 2 OR), wird die Gesellschaft durch Rechtsge-
                                                                                          schäfte verpflichtet, die ein entsprechend Zeichnungs-
40   Sämtliche Handlungen einer Aktiengesellschaft als ju-
                                                                                          berechtigter abschliesst.
     ristische Person werden durch ihre Organe vorgenom-
     men (Art. 55 ZGB). Somit stellt sich die Frage, welchem                              Obwohl sich das Angebot bei einer Übernahme direkt         45
     Organ das Gesetz die Vertretungsmacht zuspricht, um                                  an die Aktionäre richtet, ist doch meistens der VR der
     die Gesellschaft durch eine Break Fee-Klausel bedingt                                Ansprech- und Verhandlungspartner einer potentiellen
     zu verpflichten. Bei der AG kommen dafür nur der Ver-                                Käuferin.83 Der VR spielt somit im Vorfeld einer Über-
     waltungsrat oder die Generalversammlung in Betracht.                                 nahme eine zentrale Rolle. Aufgrund der Geschäfts-
     Beiden Organen weist das OR (Art. 716a Abs. 1 OR und                                 leitungsbefugnis und der Vertretungsmacht fallen die
     Art. 698 Abs. 2 OR) unübertragbare und unentziehbare                                 Verhandlungen und der Abschluss von Transaktions-
     Kompetenzen zu (Paritätsprinzip).78                                                  vereinbarungen in den ausschliesslichen Kompetenz-
                                                                                          bereich des Verwaltungsrats. Diese Tätigkeiten bilden
41   Da bei Übernahmen vorwiegend einseitig (unilateral)
                                                                                          durch ihre strategische Bedeutung einer Übernahme
     verpflichtende Vereinbarungen abgeschlossen werden,
                                                                                          einen Teil der Oberleitungsaufgaben und sind deshalb
     stellt sich diese Frage meist nur auf der Seite der bedingt
                                                                                          nicht übertragbar.84 Zwar können einzelne Vertragsver-
     verpflichteten Zielgesellschaft. Aus diesem Grund wird
                                                                                          handlungen delegiert werden (Decision Shaping), doch
     in den weiteren Ausführungen ausschliesslich auf die
                                                                                          bleibt die Entscheidungsverantwortung zwingend beim
     Zielgesellschaft eingegangen. Die folgenden Erläuterun-
                                                                                          VR (Decision Taking). «Zentrale Weichenstellungen»85
     gen sind aber im Falle einer reciprocal Break Fee-Verein-
                                                                                          im Übernahmeprozess müssen demnach vom Gesamt-
     barung ohne weiteres auch auf die Anbietergesellschaft
                                                                                          verwaltungsrat beschlossen werden. Eine solche Wei-
     anzuwenden.
                                                                                          chenstellung ist auch der Entscheid, eine konkrete Break
     2.2.1. Verwaltungsrat                                                                Fee-Vereinbarung in einem Transaction Agreement ab-
                                                                                          zuschliessen.86 Der Gesamtverwaltungsrat trägt somit
42   Die ausschliessliche Geschäftsführungskompetenz des
                                                                                          die Verantwortung für die genaue inhaltliche Ausgestal-
     Verwaltungsrats (Art. 716 Abs. 2 OR) steht vermutungs-
                                                                                          tung der Break Fee-Klausel.
     weise allen Mitgliedern gesamthaft zu (Art. 716b Abs. 3
     OR). Der VR kann allerdings unter Einhaltung der gesetz-                             2.2.2. Generalversammlung
     lichen Vorschriften die Geschäftsführung ganz oder teil-
                                                                                          Die Generalversammlung wird vom Gesetz als oberstes        46
     weise an einzelne Mitglieder oder an Dritte delegieren
                                                                                          Organ der AG bezeichnet (Art. 698 Abs. 1 OR). « [Sie]
     (Art. 716b Abs. 1 OR). Aufgaben, die vom Gesetz zwin-
                                                                                          ist die Versammlung der Aktionäre, also das Willens-
     gend dem VR zugewiesen sind (Art. 716a Abs. 1 OR),
                                                                                          bildungsorgan der stimmberechtigten Eigentümer der
     können jedoch nicht delegiert werden.
                                                                                          Gesellschaft.»87 Auch ihr werden in Art. 698 Abs. 2 OR
43   Die wichtigste unübertragbare und unentziehbare Auf-                                 unübertragbare Kompetenzen zugewiesen. Erwähnens-
     gabe des Verwaltungsrats stellt die Oberleitung der Ge-                              wert ist hier die unübertragbare Kompetenz der GV,
     sellschaft dar (Art. 716a Abs. 1 Ziff. 1 OR).79 Er kann zwar                         Statutenänderungen vorzunehmen (Art. 698 Abs. 2 Ziff.
     die Ausarbeitung von Entscheidungsgrundlagen an an-                                  1), da eine solche Statutenänderung in einer Break Fee-
     dere delegieren (Decision Shaping), muss aber schluss-                               Klausel als Trigger Event vereinbart werden kann.88
     endlich selber entscheiden und dafür auch die volle Ver-
                                                                                          Der Spielraum der GV, sich selber weitere Kompeten-        47
     antwortung übernehmen (Decision Taking).80
                                                                                          zen durch eine Statutenänderung zuzuweisen, ist auf-
44   Ausserdem wird durch Art. 718 Abs. 1 OR dem VR die                                   grund der gesetzlichen Regelung im OR sehr klein.89 So
     alleinige Vertretungskompetenz zugewiesen.81 Die-                                    verbietet die zwingende Kompetenzzuteilung, dass die
     se Vertretungsmacht wird durch den Gesellschafts-                                    GV durch entsprechende Statutenänderung z.B. den
     zweck eingeschränkt, wobei dieser diesbezüglich von
     Lehre und Rechtsprechung sehr weit ausgelegt wird.82
                                                                                               von   Büren/Stoffel /Weber, Rz. 640.
                                                                                          83
                                                                                               Vgl. Tschäni/Diem, S. 53; Watter, S. 2.
     78
          Vgl. Böckli, § 13 Rz. 286; Frauenfelder, S. 8.
                                                                                          84
                                                                                               Vgl. Tschäni/Diem, S. 70.
     79
          Vgl. von Büren/Stoffel /Weber, Rz. 655; Böckli, § 13 Rz. 306 f.; BSK
                                                                                          85
                                                                                               Tschäni/Diem, S. 71.
          OR II-Watter, N. 4 zu Art. 716a                                                 86
                                                                                               Vgl. Tschäni/Diem, S. 71.
     80
          Vgl. Böckli, § 13 Rz. 303.                                                      87
                                                                                               Von Büren/Stoffel /Weber, Rz. 467.
     81
          Vgl. BSK OR II-Watter, N. 1 zu Art. 718.                                        88
                                                                                               Siehe oben II.2.2.
     82
          Vgl.BGE 116 II 320 E. 3.a. S. 323; BGE 111 II 284, E. 3.b. S. 288 f.;           89
                                                                                               Vgl. Böckli, § 13 Rz. 286.

                                                                                      8
Markus Gysi, Break Fee-Vereinbarungen bei Unternehmensübernahmen, in: Jusletter 29. Oktober 2007

     Gesamtverwaltungsratsbeschluss bezüglich einer Break                                 die Aktionäre in ihrer freien Entschlussfassung an der
     Fee-Vereinbarung unter eine Genehmigungspflicht der                                  GV in unzulässigem Ausmass eingeschränkt. Eine ent-
     GV stellt.90                                                                         sprechend vereinbarte Break Fee ist somit nach schwei-
                                                                                          zerischem Recht nicht zulässig.
     2.2.3. Zwischenfazit
                                                                                          Schränkt ein Gesamtverwaltungsratsbeschluss die Be-               53
48   Als formelle Voraussetzung muss die Break Fee-Verein-                                schlussfassungsfreiheit der GV in unzulässiger Weise
     barung auf einem Gesamtverwaltungsratsbeschluss                                      ein, so verletzt er die Grundstruktur der AG und ist somit
     beruhen und von einer zeichnungsberechtigten Person                                  nichtig (Art. 714 OR i.V.m. Art. 706b Ziff. 1 OR).95 Die unter-
     unterzeichnet werden.                                                                zeichnete Break Fee-Vereinbarung ist für die Zielgesell-
49   Die gesetzliche Zuweisung der Kompetenz zu Verhand-                                  schaft jedoch weiterhin verbindlich, wenn die Anbieterin
     lung und Abschluss von Break Fee-Vereinbarungen an                                   gutgläubig auf die Vertretungsbefugnis der unterzeich-
     den VR ist aus verschiedenen Gründen sinnvoll und                                    nenden Person vertraut (Art. 718a Abs. 2 OR i.V.m. Art.
     zweckdienlich. Die GV ist schon aufgrund ihrer Einberu-                              3 Abs. 1 ZGB).96 Die Gutgläubigkeit kann der Anbieterin
     fungsfrist (Art. 700 Abs. 1 OR) nicht in der Lage, rasche                            einzig mit dem Nachweis abgesprochen werden, dass
     Entscheidungen zu fällen.91 Meistens fehlen den Aktio-                               sie wusste oder hätte wissen müssen (Art. 3 Abs. 2 ZGB),
     nären auch das nötige Wissen bezüglich des Tagesge-                                  dass der für die Zielgesellschaft Unterzeichnende mit der
     schäfts und die nötige Erfahrung, um in einer solchen                                Unterzeichnung der Vereinbarung seine Vertretungsbe-
     Situation richtig zu entscheiden.92 Ausserdem wäre eine                              fugnis überschritten hat. Wird die Beschlussfassungs-
     Geheimhaltung der Verhandlungen – vielfach ein wichti-                               freiheit der GV durch die hohe Break Fee offensichtlich
     ges Element für beide Verhandlungsparteien – aufgrund                                eingeschränkt, kann berechtigterweise davon ausgegan-
     der grossen Anzahl von Aktionären praktisch nicht                                    gen werden, dass die Anbieterin von der Unzulässigkeit
     möglich.                                                                             der Break Fee-Vereinbarung hätte wissen müssen, da sie
                                                                                          meist genaue Kenntnisse der Finanzlage der Zielgesell-
                                                                                          schaft hat. In einem solchen Fall kann sich die Anbieterin
     3.         Materielle Schranken
                                                                                          nicht mehr auf die Gutgläubigkeit berufen und die Break
50   Auch die inhaltliche Ausgestaltung von Break Fee-Ver-                                Fee-Klausel wäre für die Zielgesellschaft nicht bindend
     einbarungen muss geltendem Recht entsprechen.                                        (Art. 718a Abs. 2 OR e contrario). Ausserdem riskieren
                                                                                          die Verwaltungsräte der Zielgesellschaft mittels einer er-
     3.1.       Aktienrechtliche Kompetenzzuweisung                                       folgreichen Verantwortlichkeitsklage nach Art. 754 Abs.
51   Die Einhaltung der gesetzlichen Kompetenzzuweisung                                   1 OR, für den durch ihre Pflichtverletzung entstandenen
     ist nicht nur bezüglich der formellen Gültigkeitsvoraus-                             Schaden persönlich haftbar gemacht zu werden.
     setzung einer Break Fee-Vereinbarung zu beachten, son-
     dern sie schränkt auch die Ausgestaltung einer solchen                               3.2.      Eigentümerrechte der Aktionäre
     Vereinbarung ein.93 Dadurch wird sichergestellt, dass                                Bei jedem Übernahmeangebot hat schlussendlich der                 54
     der zwingende Kompetenzbereich eines Organs nicht in                                 Aktionär selber zu entscheiden, ob er verkaufen oder sei-
     missbräuchlicher Weise durch ein anderes Organ unter-                                ne Aktien doch behalten will. Dieser Entscheid, der sich
     laufen werden kann. So ist eine Handlung des Verwal-                                 aus der Eigentümerstellung des Aktionärs ergibt, darf
     tungsrats unzulässig, welche die Entscheidungsfreiheit                               nicht von einer Handlung des Verwaltungsrates unzuläs-
     der Aktionäre zu stark einschränkt bzw. zu einer fakti-                              sig erschwert oder verunmöglicht werden.97 Wie oben
     schen Vorwegnahme eines GV-Beschlusses führt.94                                      dargelegt, ist eine Break Fee von rund 5% der Transak-
52   Hier sei als Beispiel eine Break Fee-Vereinbarung an-                                tionssumme geeignet, die Wahlfreiheit der Aktionäre in
     geführt, die im Gegensatz zum Modellfall als Auslöser                                unzulässiger Weise einzuschränken.98
     eine durch die GV abgelehnte Statutenänderung enthält                                Es kann nun argumentiert werden, dass jede noch so                55
     und die Break Fee auf CHF 20 Mio. (5% der Transakti-                                 moderate Break Fee den Entscheid der Aktionäre beein-
     onssumme) festsetzt. Die Zahlung dieser beträchtlichen                               flusse. Gemäss herrschender Lehre ist jedoch eine Break
     Geldsumme würde zu einem Wertverlust der Z AG und                                    Fee, die sich auf den Ersatz der Auslagen der Anbieterin
     damit der Z Aktien führen. In dieser Konstellation sind                              beschränkt, nicht geeignet, die Freiheit der Aktionäre

     90
          Vgl. Böckli, § 12 Rz. 33.
     91
          Vgl. Tschäni/Diem, S. 72.                                                       95
                                                                                               Vgl. Böckli, § 13 Rz. 270a.
     92
          Vgl. Bahar, S. 162.                                                             96
                                                                                               Vgl. Böckli, § 13 Rz. 498.
     93
          Vgl. Isler, S. 89.                                                              97
                                                                                               Vgl. Schnydrig/Vischer, S. 1195.
     94
          Vgl. Isler, S. 90.                                                              98
                                                                                               Siehe oben III.3.1.

                                                                                      9
Markus Gysi, Break Fee-Vereinbarungen bei Unternehmensübernahmen, in: Jusletter 29. Oktober 2007

     rechtswidrig einzuschränken.99 Eine Break Fee, die sich                               Im Falle, dass der VR durch den Abschluss einer zu ho-                    58
     an den Kosten orientiert, kann damit legitimiert werden,                              hen Break Fee-Vereinbarung die Entscheidungsfreiheit
     dass die Zielgesellschaft selber von den Auslagen der                                 der Aktionäre in unzulässiger Weise einschränkt, ist
     Erstanbieterin profitiert.100 Diese Wertsteigerung wirkt                              der entsprechende Gesamtverwaltungsratsbeschluss
     sich auch positiv auf den Wert der Aktien aus.                                        nichtig (Art. 714 OR i.V.m. Art. 706b Ziff. 1 OR). Für die
                                                                                           Begründung der Nichtigkeit sowie für deren rechtliche
56   Es ist aber auch die Konstellation vorstellbar, dass eine
                                                                                           Auswirkung auf die Break Fee-Vereinbarung und die Haf-
     Break Fee-Vereinbarung zwischen der Zielgesellschaft
                                                                                           tung der Verwaltungsräte kann auf bereits Erwähntes
     und einem Dritten im Zusammenhang mit dessen Kon-
                                                                                           verwiesen werden.104
     kurrenzofferte abgeschlossen wird. Dabei hat der Kon-
     kurrent möglicherweise kleinere Kosten, da er von den
     durch die Erstanbieterin geleisteten Auslagen profitie-                               3.3.       Aktienrechtliche Pflichten des Verwaltungsrats
     ren kann. Eine kostenorientierte Break Fee würde dann                                 Neben der Einschränkung des Handlungsspielraums                           59
     entsprechend niedriger vereinbart. Das Versprechen der                                des Verwaltungsrates durch den Gesellschaftszweck
     Zielgesellschaft, die Kosten im Falle eines Scheiterns                                (Art. 718a Abs. 1 OR) schreibt das Gesetz dem VR u.a.
     zu tragen, kann ausschlaggebend dafür sein, dass der                                  die Treuepflicht gegenüber der AG und die Gleichbe-
     Dritte überhaupt ein Konkurrenzangebot lanciert. Diese                                handlungspflicht gegenüber den Aktionären (Art. 717
     Konkurrenzofferte ist v.a. bei einer drohenden unfreund-                              OR) vor. Diese beiden Pflichten bilden für die inhaltliche
     lichen Übernahme im Interesse der Zielgesellschaft,                                   Ausgestaltung und den Abschluss einer Break Fee-Ver-
     wenn der VR das Erstangebot aufgrund des zu niedrig                                   einbarung weitere gesetzliche Schranken und werden
     gebotenen Preises ablehnt. Durch den Abschluss einer                                  im Folgenden näher analysiert.
     entsprechenden Break Fee-Vereinbarung erfüllt der VR
                                                                                           Selbstverständlich ist auch bei Übernahmen vom VR                         60
     somit seine Pflicht, eine möglichst gute Entscheidungs-
                                                                                           stets die Sorgfaltspflicht zu beachten (Art. 717 Abs. 1
     grundlage für den Aktionär zu schaffen. Diese Pflicht des
                                                                                           OR), was dazu führen kann, dass der VR unter Umstän-
     VR leitet sich aus der Geschäftsführungskompetenz und
                                                                                           den externe Spezialisten hinzuziehen muss.105
     der Oberleitungsaufgabe ab.101
57   Das eben angeführte Beispiel zeigt, dass eine gesetzli-                               3.3.1. Treuepflicht
     che Regelung der Break Fee als starrer Prozentsatz der                                Durch die Treuepflicht ist der Verwaltungsrat verpflich-                  61
     Transaktionssumme abzulehnen ist.102 Die durch die                                    tet, die Interessen der Gesellschaft nach guten Treuen
     Break Fee auszugleichenden Aufwendungen können für                                    zu wahren (Art. 717 Abs. 1 OR).106 Eine Legaldefinition
     ein späteres Konkurrenzangebot wesentlich kleiner sein                                für den Begriff des Gesellschaftsinteresses fehlt im Ge-
     als für das Erstangebot. Zwar hat ein fixer Grenzwert den                             setz. Aufgrund der fehlenden Legaldefinition ist es der
     Vorteil, dass für die Unternehmen eine klare Ausgangs-                                Praxis überlassen, den Begriff des Gesellschaftsinteres-
     lage bezüglich der Zulässigkeit von Break Fee-Klauseln                                ses näher zu definieren. Allgemein anerkannt ist, dass
     geschaffen würde. Er wird jedoch der grossen Vielfalt                                 sich das Gesellschaftsinteresse einerseits vom Gesell-
     von möglichen Übernahmeszenarien nicht gerecht. Des-                                  schaftszweck und andererseits vom Gewinnstreben der
     halb ist die Einzelfallprüfung unter Einbezug aller jeweili-                          AG ableiten lässt107, wobei der statuierte Gesellschafts-
     gen Umstände zu bevorzugen, wie dies bei der heutigen                                 zweck aufgrund seiner meist offenen Formulierung nur
     Gesetzeslage in der Schweiz insbesondere von der UEK                                  eine kleine Hilfe bietet.108
     vorgenommen wird.103
                                                                                           Das Bundesgericht hat in seiner Rechtsprechung dar-                       62
                                                                                           auf hingewiesen, dass eine AG als juristische Person
                                                                                           ein eigenes Interesse hat, welches sich vom Interesse
     99
           Vgl. Schnydrig/Vischer, S. 1195; Watter, S. 7; Tschäni, M&A-Trans-
                                                                                           der einzelnen Verwaltungsräte, der Aktionäre und auch
           aktionen, S. 411.
                                                                                           von Dritten unterscheiden lässt.109 Bezüglich einer nä-
     100
           Siehe oben II.3.1.
                                                                                           heren Begriffserläuterung sind die Urteile des Bundes-
     101
           Vgl. Isler, S. 91.
                                                                                           gerichts jedoch nicht einheitlich.110 In der Lehre finden
     102
           Gl.M. Tschäni/Diem, S. 98; a.M. Isler, S. 94, der mit Verweis auf die
           teilweise in Deutschland vertretene Meinung einen Grenzwert von
           1% als grundsätzliche Richtschnur für die Zulässigkeit annimmt. Ein
           starrer Prozentsatz von 1% der Transaktionssumme entspricht auch                104
                                                                                                 Siehe oben III.3.1.
           der Regelung des Takeover Panels in Grossbritannien; Statement                  105
                                                                                                 Vgl. Tschäni/Diem, S. 60.
           1999/10 des Takeover Panel vom 16.7.1999.                                       106
                                                                                                 Vgl. Böckli, § 13 Rz. 599 f.
     103
           Vgl. UEK Empfehlung i.S. Forbo Holding AG vom 7. März 2005, E. 8;               107
                                                                                                 Vgl. Daeniker, S. 116.
           UEK Empfehlung i.S. Saia-Burgess Electronics Holding AG vom 8.
           September 2005, E. 7; UEK Empfehlung i.S. Berna Biotech AG vom
                                                                                           108
                                                                                                 Vgl. Kissling, Rz. 72.
           13. Dezember 2005, E. 8; UEK Empfehlung i.S. Amazys Holding AG
                                                                                           109
                                                                                                 Vgl. BGE 113 II 52, E. 3.a. S. 57.
           vom 23. März 2006, E. 9.                                                        110
                                                                                                 Vgl. Kissling, Rz. 41; ferner Fn. 91 und 92, S 19, m.w.H. auf die

                                                                                      10
Markus Gysi, Break Fee-Vereinbarungen bei Unternehmensübernahmen, in: Jusletter 29. Oktober 2007

     sich verschiedene Definitionsansätze.111 Ein Teil der                                 er dies als nötig erachtet, um den Unternehmenswert
     Lehre geht dabei vom Shareholdervalue aus.112 Danach                                  nachhaltig zu steigern. Die Gründe dafür können unter-
     richtet sich das Gesellschaftsinteresse allein nach den                               schiedlich sein.119 Weil der VR der A AG aufgrund sei-
     Interessen der Aktionäre. Ein anderer Teil der Lehre ist                              ner eigenen Verwaltungsratspflichten kein Kostenrisiko
     der Ansicht, dass bei der Definition des Gesellschafts-                               eingehen will, ist er nur bereit, über eine Übernahme zu
     interesses auch die Interessen der Stakeholder, wie z.B.                              verhandeln, wenn die Z AG im Falle eines Scheiterns die
     diejenigen der Mitarbeiter, zu berücksichtigen sind.113                               entstandenen Kosten der A AG übernimmt. Die Break
     Obwohl beide Theorien von verschiedenen Ansätzen                                      Fee-Vereinbarung des Modellfalls sichert somit die fi-
     ausgehen, kann ihr gemeinsamer Nenner darin gefun-                                    nanziellen Interessen der A AG. Da sie aber ein notwen-
     den werden, dass beide die nachhaltige Wertsteigerung                                 diges Mittel ist, um überhaupt ein Angebot für die Z Ak-
     des Unternehmens als Kern des Gesellschaftsinteresses                                 tien zu erhalten, liegt sie auch im Interesse der Z AG. Der
     ansehen.114 Wie aber diese Wertsteigerung innerhalb                                   Abschluss dieser Break Fee-Vereinbarung liegt demnach
     der gesetzlichen Schranken konkret erreicht werden soll,                              im Ermessen des Z VR und stellt keine Treuepflichtver-
     liegt im Ermessen des jeweiligen Verwaltungsrats. Ob                                  letzung dar.
     ein konkreter Verwaltungsratsentscheid als zulässiger                                 Nicht im Gesellschaftsinteresse der Zielgesellschaft                      67
     Ermessensentscheid oder als treuwidrig gegen das Ge-                                  handelt ihr VR hingegen, falls er durch eine Break Fee-
     sellschaftsinteresse verstossend zu beurteilen ist, muss                              Vereinbarung ihre Liquidität in unzulässiger Weise aufs
     im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände ent-                              Spiel setzt und damit ihr Überleben gefährdet.120
     schieden werden.115
                                                                                           Im Modellfall wäre dies z.B. vorstellbar, wenn die Z AG                   68
63   Unbestritten ist jedenfalls, dass der VR die eigenen In-
                                                                                           als kleine Gesellschaft nur über wenig Kapital verfügt
     teressen gegenüber dem Gesellschaftsinteresse zu-
                                                                                           und ihre flüssigen Mittel stark begrenzt sind. Diese
     rückzustellen hat.116 Angesichts der Tatsache, dass nach
                                                                                           schwache Finanzlage kann ein Argument für eine ange-
     Übernahmen oftmals auch die einzelnen Verwaltungs-
                                                                                           strebte Übernahme sein. Aufgrund des Produktes der Z
     ratsmandate neu vergeben werden, ist dieser Grundsatz
                                                                                           AG, dem der Markt ein grosses Potential zuspricht, weist
     von besonderer Bedeutung.117
                                                                                           die Z AG aber einen hohen Ertragswert auf, was sich ent-
64   Erhält im Modellfall der Z VR von der A AG die Zusiche-                               sprechend auf den Übernahmepreis auswirkt.121 Somit
     rung, weiterhin als Z VR im Amt zu bleiben, versucht er                               kann die Transaktionssumme im Verhältnis zum Subs-
     mit der Break Fee-Vereinbarung die Transaktion abzusi-                                tanzwert relativ hoch sein. Eine Break Fee, die wie im
     chern und wahrt damit seine Eigeninteressen. Falls die                                Modellfall nur 0.5% der Transaktionssumme ausmacht,
     Übernahme durch die A AG aber nicht auch im Interesse                                 bedeutet in dieser Konstellation aber bereits ein erheb-
     der Z AG selber liegt, ist die vereinbarte Break Fee nicht                            liches Risiko der Liquidität. Diese Gefährdung des nach-
     legitim. Somit liegt eine Verletzung der Treuepflicht                                 haltigen Überlebens der Z AG ist nicht im Interesse der
     durch den Z VR vor.                                                                   Gesellschaft, auch wenn eine Übernahme durch die A
                                                                                           AG angestrebt werden muss. Durch Abschluss einer li-
65   Nach schweizerischem Recht muss der VR auch in Über-
                                                                                           quiditätsgefährdenden Break Fee verletzt der Z VR seine
     nahmesituationen das Gesellschaftsinteresse wahren
                                                                                           Treuepflicht.
     und seine Tätigkeit nach der Richtschnur der nachhal-
     tigen Wertsteigerung ausrichten. Er bleibt somit Lei-                                 Das eben angeführte Beispiel zeigt ebenfalls auf, dass                    69
     tungsorgan der Gesellschaft und wird nicht aufgrund                                   eine gesetzliche Regelung der Break Fee als starrer Pro-
     der Übernahmesituation zum Aktionärsvertreter.118                                     zentsatz der Transaktionssumme der grossen Vielfalt
                                                                                           von möglichen Übernahmeszenarien nicht gerecht wer-
66   Im Modellfall handelt der Z VR dann im Gesellschaftsin-
                                                                                           den kann und deshalb abzulehnen ist.122
     teresse, wenn er einen Verkauf der Z AG anstrebt, weil
                                                                                           Das Gesellschaftsinteresse ist auch verletzt, wenn mit-                   70

           Rechtsprechung des Bundesgerichts.                                              tels einer mit der Erstanbieterin zu hoch vereinbarten
     111
           Vgl. für eine Übersicht der verschiedenen Ansätze Kissling, Rz. 42              Break Fee ein höheres Konkurrenzangebot praktisch
           ff.                                                                             verhindert wird. Eine solche Break Fee hat – wie erwähnt
     112
           Vgl. BSK OR II-Watter, N. 16 zu Art. 717; Forstmoser, S. 210.
     113
           Vgl. Forstmoser/Mayer-Hayoz /Nobel, § 28 Rz. 26; Forstmoser, S.
           210.                                                                            119
                                                                                                 Z.B. Zugang zu einem breiteren Vertriebsnetz oder betriebsnotwen-
     114
           Vgl. Forstmoser, S. 219 ff.; Watter, S. 4.                                            dige zusätzliche Finanzkraft. Vgl. Watter, Unternehmensübernah-
     115
           Vgl. Kissling, Rz. 52.                                                                men, Rz. 84.
     116
           Vgl. Daeniker, S. 116; Forstmoser/Mayer-Hayoz /Nobel, § 28 Rz. 27.              120
                                                                                                 Vgl. Tschäni/Diem, S. 92.
     117
           Vgl. Watter, Unternehmensübernahmen, Rz. 164.                                   121
                                                                                                 Vgl. zu den genauen, in der Praxis angewendeten Bewertungsver-
     118
           Vgl. Böckli, § 7 Rz. 221; Tschäni/Diem, S. 74; Schnydrig/Vischer, S.                  fahren Tschäni, M&A-Transaktionen, S. 9 ff.
           1198.                                                                           122
                                                                                                 Siehe oben III.3.2.

                                                                                      11
Markus Gysi, Break Fee-Vereinbarungen bei Unternehmensübernahmen, in: Jusletter 29. Oktober 2007

     – die Funktion einer Lock-up-Vereinbarung.123 Das Glei-                               3.3.3. Zwischenfazit
     che muss auch für Break Fee-Vereinbarungen gelten,
                                                                                           Da der VR auch in Übernahmesituationen seine aktien-           75
     die in der Absicht abgeschlossen werden, andere dem
                                                                                           rechtlichen Pflichten zu beachten hat, muss eine Break
     Gesellschaftsinteresse widersprechende Deal-Protec-
                                                                                           Fee-Vereinbarung immer im Gesellschaftsinteresse lie-
     tion-Massnahmen abzusichern. So verstösst z.B. der
                                                                                           gen und darf den Gleichbehandlungsgrundsatz nicht
     VR gegen seine Treuepflicht, wenn er mittels Break Fee-
                                                                                           verletzen. Es ist im konkreten Einzelfall jedoch immer
     Vereinbarung eine unzulässige No-Talk-Vereinbarung124
                                                                                           unter Berücksichtigung der Gesamtumstände genau zu
     absichert.
                                                                                           prüfen, ob der VR mit der konkreten Break Fee-Verein-
                                                                                           barung sein Ermessen pflichtwidrig überschritten hat.
     3.3.2. Gleichbehandlungspflicht
                                                                                           Verletzt der VR seine Pflichten, kann er für den daraus
71   Der Grundsatz der Gleichbehandlung (Art. 717 Abs. 2 OR)                               resultierenden Schaden haftbar gemacht werden (Art.
     begrenzt sich darauf, dass die Aktionäre unter gleicher                               754 Abs. 1 OR).128. Die Break Fee-Vereinbarung bindet die
     Voraussetzung gleich zu behandeln sind.125 Eine absolu-                               Zielgesellschaft jedoch auch in diesem Fall gegenüber
     te Gleichstellung wird durch das Gesetz nicht verlangt.                               dem gutgläubigen Vertragspartner.129
     Vielmehr ist eine Ungleichbehandlung zulässig, falls ein
     sachlicher Grund diese rechtfertigt und dieses Vorgehen                               3.4.       Börsenrechtliche Pflichten
     verhältnismässig ist.126
                                                                                           Wird eine Break Fee-Vereinbarung im Rahmen eines öf-           76
72   Relevant ist das Gleichbehandlungsgebot bei Über-                                     fentlichen Kaufangebots abgeschlossen bzw. handelt es
     nahmen im Falle eines Angebots, welches sich                                          sich bei der Zielgesellschaft um eine an einer Schweizer
     nicht an alle Aktionäre richtet. Bei einer Unterstüt-                                 Börse kotierte Aktiengesellschaft (Art. 2 lit. e BEHG), sind
     zung eines solchen Angebots verletzt der VR seine                                     zudem die börsenrechtlichen Normen (Art. 22 ff. BEHG)
     Gleichbehandlungspflicht.127                                                          bei ihrer konkreten Ausgestaltung zu beachten.130
73   Durch Vereinbarung einer Break Fee unterstützt der Z VR                               Die Normen des BEHG und der dazugehörenden Verord-             77
     im Modellfall das Angebot der A AG. Falls sich dieses                                 nungen zielen darauf ab, mittels Fairness-, Transparenz-
     nicht an alle Aktionäre richtet, verletzt er damit seine                              und Gleichbehandlungsvorschriften für möglichst aus-
     Gleichbehandlungspflicht.                                                             gewogene Stärkeverhältnisse auf dem Übernahmemarkt
74   Es ist auch die Konstellation vorstellbar, dass die Erstan-                           zu sorgen. Die Hauptzwecke dieser börsenrechtlichen
     bieterin und ein konkurrierender Drittanbieter schon be-                              Erlasse sind somit der Anlegerschutz und der Schutz ei-
     reits Aktionäre der Zielgesellschaft sind. Bei Vorliegen                              nes funktionierenden Kapitalmarkts (Art. 1 BEHG).131
     einer Break Fee-Vereinbarung zwischen der Erstanbiete-                                Das BEHG setzt bei öffentlichen Kaufangeboten die              78
     rin und der Zielgesellschaft stellt sich die Frage, ob der                            Übernahmekommission als Überwachungsbehörde ein
     Dritte aufgrund des aktienrechtlichen Gleichbehand-                                   (Art. 23 Abs. 3 BEHG). Die UEK überprüft die Einhaltung
     lungsgebots einen Anspruch darauf habe, eine gleiche                                  der börsenrechtlichen Bestimmungen und erlässt ent-
     Break Fee-Vereinbarung abschliessen zu können. Dies                                   sprechende Empfehlungen (Art. 23 Abs. 3 BEHG). Wird
     ist nur für den Fall zu bejahen, dass die Angebote beider                             diesen nicht Folge geleistet oder werden sie abgelehnt,
     Anbieter gleich sind. Sind die Angebote nicht identisch,                              meldet die UEK dies der Eidgenössischen Bankenkom-
     liegt ein sachlicher Grund zur Ungleichbehandlung vor;                                mission, die daraufhin eine verbindliche Verfügung er-
     somit ist eine verhältnismässige Ungleichbehandlung                                   lassen kann (Art. 23 Abs. 4 BEHG i.V.m. Art. 34 BEHG).
     gerechtfertigt. Ebenfalls ein rechtfertigender Grund zur
     Ungleichbehandlung liegt vor, wenn die Break Fee-Ver-                                 Für die folgenden Ausführungen ist anzunehmen, dass            79

     einbarung dasjenige Angebot betrifft, welches aufgrund                                es sich bei der Z AG des Modellfalls um eine börsenko-
     des Gesellschaftsinteresses bzw. der nachhaltigen Wert-                               tierte Aktiengesellschaft im Sinne des BEHG handelt.
     steigerung zu bevorzugen ist.
                                                                                           3.4.1. Verbot von börsenrechtswidrigen Abwehrmass-
                                                                                                  nahmen
                                                                                           Das BEHG verbietet dem VR der Zielgesellschaft, zwi-           80
     123
           Siehe oben II.3.2. Vgl. bez. der Diskussion über die Zulässigkeit von           schen der Veröffentlichung des Angebots und des Er-
           Lock-up-Vereinbarungen Tschäni/Diem, S. 94 f.; Gerhard, S. 61 f.;               gebnisses Rechtsgeschäfte abzuschliessen, welche die
           Bühler, S. 34 f.; Frauenfelder S. 175 f.; Watter, Unternehmensüber-
                                                                                           Aktiven oder Passiven der Gesellschaft in bedeutender
           nahmen, Rz. 709 ff.
     124
           Siehe oben II.2.2.
     125
           Vgl. von Büren/Stoffel /Weber, Rz. 684; BSK OR II-Watter, N. 23 zu
                                                                                           128
                                                                                                 Siehe oben III.3.1.
           Art. 717.                                                                       129
                                                                                                 Siehe oben III.3.1.
     126
           Vgl. BSK OR II-Watter, N. 23 zu Art. 717; Böckli, § 13 Rz. 680.                 130
                                                                                                 Vgl. Böckli, § 7 Rz. 153.
     127
           Vgl. BSK OR II-Watter, N. 34 zu Art. 717; Watter, S. 3.                         131
                                                                                                 Vgl. Tschäni, S. 421.

                                                                                      12
Sie können auch lesen