BIOGAS - BIOENERGIE - Fachagentur ...

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biogas.fnr.de

BIOGAS

         BIOENERGIE
BIOGAS - BIOENERGIE - Fachagentur ...
IMPRESSUM

Herausgeber
Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e. V. (FNR)
OT Gülzow, Hofplatz 1
18276 Gülzow-Prüzen
Tel.: 03843/6930–0
Fax: 03843/6930–102
info@fnr.de
www.nachwachsende-rohstoffe.de
www.fnr.de

Gefördert durch das Bundesministerium für Ernährung,
Landwirtschaft und Verbraucherschutz aufgrund eines
Beschlusses des Deutschen Bundestages

Redaktion
Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e. V. (FNR),
Abteilung Öffentlichkeitsarbeit

Bilder
Titel: PlanET Biogastechnik GmbH, Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e. V. (FNR)
Sofern nicht am Bild vermerkt: Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e. V. (FNR)

Gestaltung/Realisierung
www.tangram.de, Rostock

Druck
www.druckerei-weidner.de, Rostock

Gedruckt auf 100 % Recyclingpapier
mit Farben auf Pflanzenölbasis

Bestell-Nr. 175
9. überarbeitete Auflage
FNR 2013
BIOGAS - BIOENERGIE - Fachagentur ...
INHALT

1     Erneuerbare Energie aus Biogas                4
      Energiepotenziale von Biogas                  6

2     Ökologie und Nachhaltigkeit                   8

3     Vielseitige Nutzungsmöglichkeiten             11
3.1   Strom und Wärme                               11
3.2   Biomethan und Kraftstoff                      14

4     Prozessbiologie                               17

5     Ausgangsstoffe                                19

6     Anlagentechnik und Betrieb                    22
6.1   Verfahren                                     22
6.2   Anlagentechnik                                24
6.3   Gasaufbereitung und Einspeisung               26
6.4   Mess- und Regeltechnik, Sicherheit            28
6.5   Gärrückstände                                 28

7     Rechtliche Rahmenbedingungen, Förderungen
      und Wirtschaftlichkeit                        30
7.1   Rechtliche Rahmenbedingungen                  30
7.2   Erneuerbare-Energien-Gesetz und Förderungen   33
7.3   Wirtschaftlichkeit                            35

8     Anhang                                        37
8.1   Weitergehende Informationen                   37
8.2   Faustzahlen                                   38
8.3   Abkürzungsverzeichnis                         39
8.4   Publikationen                                 41

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BIOGAS - BIOENERGIE - Fachagentur ...
1        ERNEUERBARE ENERGIE AUS BIOGAS

Um die zur Neige gehenden fossilen Ener-         nachwachsende Rohstoffe mit steigender
gieträger zu schonen und den Klimawandel         Tendenz, wenngleich der Ausbau hier lang-
aufzuhalten, ist ein sukzessiver Umstieg auf     samer voran geht als bei der energetischen
erneuerbare Energien in den nächsten Jahr-       Nutzung.
zehnten notwendig.
                                                 Biomasse insgesamt trägt heute mit ca.
Die Bundesregierung hat sich daher eine mo-      66 % maßgeblich zur Energiebereitstellung
derne, klimafreundliche, nachhaltige und si-     aus erneuerbaren Energien in Deutschland
chere Energieversorgung durch den Ausbau         bei. Der Anteil von Biogas an der Strompro-
der erneuerbaren Energien zum Ziel gesetzt.      duktion aus Biomasse belief sich 2012 auf
Dieses Ziel ist eingebunden in die Energie-      50,2 %. Bezug nehmend auf die erneuer-
und Klimapolitik der Europäischen Union. Die     baren Energien betrug der Anteil von Biogas
EU hat folgende Teilziele für 2020 festgelegt:   bei der Stromerzeugung 15,1 % und an der
• Senkung der Treibhausgasemissionen um          Wärmebereitstellung 7,8 % (zuzüglich Bio-
  mindestens 20 %,                               abfallvergärung, Deponie- und Klärgas sind
• Verringerung des Energieverbrauches um         es sogar 20,1 % bei Strom und 14,6 % bei
  20 % durch bessere Energieeffizienz und        Wärme). Biogas und Biomasse werden auch
• Deckung von 20 % unseres Energiebe-            in Zukunft eine wichtige Rolle spielen. Holz,
  darfes aus erneuerbaren Energien.              Energiepflanzen, Stroh und tierische Exkre-
                                                 mente bieten das Potenzial, einen erhebli-
Auf dieser Grundlage sollen die erneuerba-       chen Teil unserer Energie nachhaltig, klima-
ren Energien mittelfristig einen Hauptanteil     neutral und verhältnismäßig kostengünstig
an der Energieversorgung übernehmen. Bis         zu erzeugen.
2020 soll ihr Anteil auf mindestens 35 %
der Stromversorgung, 14 % der Wärmebe-           Biogas aus Biomasse nimmt unter den er-
reitstellung und 10 % des Kraftstoffverbrau-     neuerbaren Energien eine besondere Rolle
ches ansteigen. Bis 2020 sollen sich auch        ein, es eignet sich zur gleichzeitigen Er-
die Treibhausgasemissionen im Vergleich          zeugung von Strom und Wärme, als Kraft-
zu 1990 um 40 % verringern.                      stoff und als Erdgassubstitut. Hinzu kommt,
                                                 dass es flexibel nutzbar und relativ einfach
Bioenergie, die von allen regenerativen Ener-    speicherbar ist. Die Energieerzeugung aus
giequellen in Deutschland heute den größten      Biogas unterliegt keinen jahres- und ta-
Beitrag leistet, spielt dabei auch zukünftig     geszeitlichen oder witterungsbedingten
eine zentrale Rolle. Schließlich ist Biomasse    Schwankungen und kann somit langfristig
ein weitgehend CO2-neutraler Energieträger.      zur Absicherung der Grundversorgung mit
Auch im stofflichen Bereich verwendet man        Strom (sog. Grundlast) und auch für Bedarfs-

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BIOGAS - BIOENERGIE - Fachagentur ...
ENERGIEBEREITSTELLUNG AUS
              ENERGIEBEREITSTELLUNG AUSERNEUERBAREN
                                        ERNEUERBARENENERGIEN
                                                     ENERGIEN2012
                                                              2012

 Biokraftstoffe 10,7 %                                                                      6,8 % Wasserkraft

                                                                                          14,7 % Windenergie

 Biomasse 13,0 %
 (Strom)                                                   gesamt                          1,9 % Solarthermie
                                                        313,9 TWh                           2,2 % Geothermie
                                                      ca. 66 % durch
                                                        Bioenergie
                                                                                            8,9 % Photovoltaik

 Biomasse 41,8 %
 (Wärme)

 Strom und Wärme aus Biomasse inkl. Klär-, Deponiegas und biogener Anteil des Abfalls

 Quelle: BMU, AGEE-Stat (März 2013)                                                                 © FNR 2013

Abb. 1: Bedeutung der Bioenergie innerhalb der erneuerbaren Energien

spitzen herangezogen werden. Deshalb liegt                         produziert. Ende 2012 gab es in Deutsch-
ein aktueller Schwerpunkt darin, die flexible                      land 7.515 Biogasanlagen mit einer in-
und bedarfsorientierte Biogasproduktion                            stallierten elektrischen Gesamtleistung von
auszubauen.                                                        3.352 MW. Im Durchschnitt hat eine Bio-
                                                                   gasanlage hierzulande also eine installierte
Die Energiegewinnung aus Biogas ist seit                           elektrische Leistung von ca. 440 kW. Zum
Langem bekannt, doch erst seit Anfang der                          Vergleich verfügen durchschnittliche Koh-
90er Jahre kommt es zu einer nennenswer-                           lekraftwerke über eine Leistung von etwa
ten Nutzung. Ein massiver Zuwachs setzte                           600 MWel und das größte deutsche Atom-
im Wesentlichen mit dem Inkrafttreten des                          kraftwerk (AKW) Isar 2 über ca. 1.485 MWel.
Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) ein. Be-                         Biogasanlagen in Deutschland ersetzen da-
sonders förderlich wirkten sich die EEG-No-                        mit bereits heute mehr als 5 Kohle- oder 2
vellierungen 2004 und 2009 aus (Abb. 2).                           große AKWs und führen den Beweis, dass
                                                                   viele kleine Energieerzeuger zusammen
Zum überwiegenden Teil wird Biogas hier-                           eine nicht unerhebliche Energiemenge er-
zulande in landwirtschaftlichen Anlagen                            zeugen können. Deutlich wird an diesen

                                                                                                                 5
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BESTANDSENTWICKLUNG BIOGASANLAGEN
                                   BESTANDSENTWICKLUNG BIOGASANLAGEN

    Anlagenzahl                                                                        installierte elektrische Leistung (MW)
                                  1. Novelle EEG                         2. Novelle EEG             3. Novelle EEG
    9.000                         (Aug. 2004)                            (Jan. 2009)                (Jan. 2012)          5.000

    8.000                                                                                                                4.000
                                                                                                             7.772
                                                                                                    7.515
    7.000                                                                                  7.175                         3.500

                                                                                                              3.530
    6.000                                                                                                                3.000

                                                                                                     3.352
                                                                                   5.905

                                                                                            3.097
    5.000                                                                4.984                                           2.500

    4.000                                                      3.891                                                     2.000

                                                                                   2.291
                                                       3.711
                                              3.500

                                                                           1.893
    3.000                                                                                                                1.500
                                      2.680
    2.000                 2.050                                                                                          1.000
                                                                1.377

                 1.750
                                                       1.271
                                               1.100

    1.000                                                                                                                500
                           390
                  190

                                       650

          0                                                                                                              0
                 2003 2004 2005               2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013*
         Anlagenzahl                Prognose Anlagenzahl                 installierte elektrische Leistung            * Prognose

    Quelle: FNR nach FvB (2013)                                                                                       © FNR 2013

Abb. 2: Entwicklung der Anzahl und elektrisch installierte Leistung der Biogasanlagen in Deutschland

Zahlen auch, dass Biogasanlagen wie                                     Kindergärten und Schwimmbäder oder Ge-
alle anderen Kraftwerke zur Nutzung er-                                 werbe- und Industriebetriebe, wie Gärtne-
neuerbarer Energien zu den dezentralen                                  reien oder Fertigungshallen.
Technologien gehören, während die fossi-
len Rohstoffe in zentralen Großkraftwerken                              Auch wer keinen direkten Zugang zu Ener-
in Energie umgewandelt werden.                                          gie aus Biogas hat, kann virtuell „grünen“
                                                                        Strom und „grüne“ Wärme von Energie-
Mit Biogas lässt sich jedoch nicht nur „grü-                            versorgern beziehen, immer mehr Unter-
ner“ Strom produzieren. Inzwischen gibt es                              nehmen bieten dies inzwischen an. Und
viele erfolgreiche Multinutzungsmodelle.                                an zahlreichen Erdgas-Tankstellen kann Bio-
Beispielsweise wird die erzeugte Energie                                methan heute als Reinkraftstoff oder im Ge-
über Gas- oder Wärmeleitungen direkt zum                                misch mit Erdgas getankt werden.
Verbraucher gebracht, seien es Wohnhäu-
ser, öffentliche Einrichtungen wie Schulen,

6
BIOGAS - BIOENERGIE - Fachagentur ...
Energiepotenziale von Biogas                                   Primärenergiepotenzial rund 500 PJ, wovon
                                                               das mögliche Biogasaufkommen des land-
Potenzialermittlungen für die Biogaspro-                       wirtschaftlichen Sektors mit ca. 88 % den
duktion werden von diversen Faktoren be-                       größten Anteil hat.
einflusst. Wie groß das landwirtschaftliche
Rohstoffpotenzial ist, hängt z. B. von der                     Die Erschließung der vorhandenen Poten-
notwendigen Flächenvorhaltung für die                          ziale ist im Wesentlichen über den land-
Nahrungsmittelproduktion und Tierernäh-                        wirtschaftlichen Sektor möglich, da hier
rung ab, der regionalen Anbaustruktur und                      der Großteil anfällt. Dieses wird bereits
den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen.                        zukünftig noch verstärkt ermöglicht durch
Die Biogasproduktion aus Abfall- und Rest-                     weiter steigende Wirkungsgrade bei der
stoffen wird ebenfalls durch eine Vielzahl                     Stromproduktion und Wärmebereitstellung,
von Faktoren bestimmt.                                         die Optimierung von Fermenterbiologie und
                                                               Anlagentechnik, die verstärkte Nutzung von
Das technische Potenzial von Biogas aus                        Ernterückständen und Exkrementen sowie
den verschiedenen Quellen ist in Abb. 3 dar-                   den Züchtungsfortschritt bei Energiepflan-
gestellt. Für 2020 beträgt das technische                      zen.

                    TECHNISCHES PRIMÄRENERGIEPOTENZIAL FÜR BIOGAS
                     TECHNISCHES PRIMÄRENERGIEPOTENZIAL FÜR BIOGAS

  Jahr

    2007                    108      114          86               102

    2020        47 13                105          86               252

          0                    100               200                 300                 400               500
                                                                     Technisches Primärenergiepotenzial (in P J/a)
         Kommunale Reststoffe              Industrielle Rückstände                Ernterückstände und Exkremente
         min. NawaRo                       max. NawaRo                            vom Potenzial genutzter Anteil
         (0,55 Mio. ha 2007)               (1,15 Mio. ha 2007 und
                                           1,6 Mio. ha 2020/Ertragssteigerung: 2 %/a)

  Quelle: IE, DBFZ (2009)                                                                               © FNR 2011

Abb. 3: Technisches Primärenergiepotenzial für Biogas in Deutschland

                                                                                                                     7
BIOGAS - BIOENERGIE - Fachagentur ...
2           ÖKOLOGIE UND NACHHALTIGKEIT

Eine Grundvoraussetzung für die verstärkte                  zuentwickeln. Zu den verfolgten Strategien
Nutzung pflanzlicher Rohstoffe und Ener-                    gehören unter anderem:
gieträger ist deren nachhaltige Erzeugung                   • die Erhöhung der Artenvielfalt beim
und Verwendung. Nachhaltigkeit, so wie                        Energiepflanzenanbau,
sie im Brundtland-Bericht von 1987 defi-                    • die Züchtung neuer Sorten,
niert wurde, bedeutet, dass die gegenwär-                   • neue Anbaumethoden mit verringertem
tige Generation ihre Bedürfnisse befriedigt,                  Pflanzenschutz- und Düngemitteleinsatz
ohne die Fähigkeit zukünftiger Generatio-                     sowie ganzjährig begrünten Feldern,
nen zu gefährden, ihre eigenen Bedürfnisse                  • der Einsatz besonders effizienter
zu befriedigen.1 Nachhaltigkeit hat somit                     Umwandlungsprozesse,
eine ökologische, eine ökonomische und                      • Kaskadennutzungsmodelle mit einer
eine soziale Dimension. Auf nachwach-                         stofflichen und anschließenden ener-
sende Rohstoffe übertragen heißt das, bei                     getischen Nutzung nachwachsender
der Nutzung ein Gleichgewicht zu finden                       Rohstoffe und
zwischen dem, was ökonomisch notwendig                      • die Wiederverwertung der Reststoffe als
ist, wie zum Beispiel hohe und sichere Bio-                   Dünger.
masseerträge, und dem, was den Naturräu-
men ökologisch zugemutet werden kann.                       Aufgabe des BMELV ist es, mithilfe ange-
Die soziale Komponente betrifft u. a. die                   messener und abgestimmter Forschungs-
Arbeitsbedingungen der Menschen, neue                       förderung geeignete Methoden einer nach-
Einkommensmöglichkeiten und Teilhabe                        haltigen Energie- und Rohstoffwirtschaft
an Wertschöpfungsprozessen.                                 herauszuarbeiten. Für deren anschließende
                                                            Überführung in die Praxis ist die gesamte
Ansätze einer noch nachhaltigeren Pro-                      Gesellschaft gefragt: Wirtschaft und Verbrau-
duktionsweise von nachwachsenden Roh-                       cher sind es, die die neuen Verfahren und
stoffen existieren viele. Es ist einer der                  Produkte in ihren Alltag integrieren müssen.
Schwerpunkte des Bundesministeriums für
Ernährung, Landwirtschaft und Verbrau-                      Auch für den Biogassektor gilt das Prinzip
cherschutz (BMELV), diese Ansätze in For-                   der Nachhaltigkeit. Produktion und Verwer-
schungsprojekten zu erproben und weiter-                    tung von Biogas bringen ökologische, öko-

1
    1983 verwendete die von den Vereinten Nationen eingesetzte Weltkommission für Umwelt und Entwicklung (Brundt-
    land-Kommission) unter dem Vorsitz der ehemaligen norwegischen Ministerpräsidentin Gro Harlem Brundtland
    erstmals den ursprünglich aus der Forstwirtschaft stammenden Begriff „Nachhaltigkeit“ in einem entwicklungspoli-
    tischen Kontext. Die genannte Definition stammt aus dem Abschlussdokument der Brundtland-Kommission „Unsere
    gemeinsame Zukunft“ (auch bekannt als Brundtland-Bericht) aus dem Jahr 1987.

8
BIOGAS - BIOENERGIE - Fachagentur ...
nomische und soziale Vorteile mit sich. Aber             Die größten CO2-Einsparungspotenziale
nur bei Beachtung der Nachhaltigkeitskrite-              werden mit einem möglichst hohen Anteil
rien kann Biogas langfristig und dauerhaft               an Wirtschaftsdüngern, wie Gülle oder Mist
als Energieträger zur Verfügung stehen.                  im Gärsubstrat erreicht. Denn im Gegensatz
                                                         zu Energiepflanzen, die extra für die Bio-
Der wichtigste Effekt der Umweltentlastung               gasnutzung angebaut werden, verursachen
durch Biogas ist die Vermeidung von CO2-                 ohnehin anfallende Reststoffe wie Gülle und
Emissionen im Vergleich zu fossilen Energie-             Mist keinen Energieaufwand zu ihrer Herstel-
trägern. Die Erzeugung von Energie aus Bio-              lung. Bei Energiepflanzen muss dieser Auf-
gas ist weitgehend CO2-neutral, d. h. das bei            wand von dem CO2-neutralen Energieertrag
der Verbrennung des Biogases freigesetzte                der Anlage abgezogen werden, denn heute
CO2 wurde vorher der Atmosphäre durch die                kommt meistens noch fossile Energie beim
Bildung der Biomasse entnommen.                          Anbau (z. B. als Kraftstoff in Traktoren) zum

                THG-EMISSIONEN
                 THG-EMISSIONENVON
                                VONBIOGASANLAGEN IM IM
                                     BIOGASANLAGEN   VERGLEICH ZUM
                                                       VERGLEICH
                               DEUTSCHEN STROMMIX
                            ZUM DEUTSCHEN STROMMIX

 in kg CO2-Äq/kWhel
    0,6
    0,5                                 Strommix 2011 (EE Anteil 20,0 %)

    0,4
    0,3
    0,2
    0,1
    0,0                                     0,17                   0,16              0,17
   –0,1                –0,04
   –0,2
   –0,3
   –0,4
                       75 kW              150 kW                 500 kW              1 MW
      Saldo Gesamtemissionen
      Errichtung Anlage                 Substratbereitstellung und Transport           Anlagenbetrieb
      Gutschrift Ersatz fossile Wärme              Gutschrift Gülle-Nutzung
 Quelle: KTBL (2011)                                                                        © FNR 2012

Abb. 4: Treibhausgasemissionen Biogasstromerzeugung im Vergleich zum deutschen Strommix

                                                                                                         9
BIOGAS - BIOENERGIE - Fachagentur ...
Einsatz. Die Vergärung von Wirtschaftsdün-                           Zu den ökologischen Vorteilen ist auch die
gern verringert auch die Emissionen von                              Abfallverwertung und -reduzierung hinzu-
Methan, das ansonsten unkontrolliert ent-                            zufügen, denn die energetische Nutzung
weicht und wesentlich klimaschädlicher ist                           von organischen Abfällen zum Beispiel aus
als CO2.                                                             der Biotonne und von Abwässern ist nicht
                                                                     nur ein exzellenter Weg um Strom oder Wär-
Neuere Untersuchungen deuten darauf hin,                             me zu erzeugen, der Gärrückstand ist hier
dass durch die Vergärung auch die Emission                           nach entsprechender Behandlung auch als
des klimawirksamen Lachgases gemindert                               Dünger nutzbar. Besonders vorteilhaft sind
wird. Die Vergärung reduziert außerdem die                           insbesondere Konzepte mit einer möglichst
Geruchsentwicklung bei der Lagerung und                              vollständigen Energieausnutzung.
der Ausbringung von Gülle, weil im Verlauf
des Gärprozesses die Geruchsstoffe der                               Als wichtige Komponente der Nachhaltig-
Gülle abgebaut und neutralisiert werden.                             keit ist sicher auch die zunehmende Unab-
                                                                     hängigkeit von Energieimporten zu nennen.
                                                                     Ebenso wie Deutschland sind die meisten
                                                                     europäischen Länder abhängig von diesen
                                                                     Importen. Mit dem gezielten Ausbau der er-
                                                                     neuerbaren Energiesysteme erreichen wir
                                                                     eine zunehmende Unabhängigkeit und die
                                                                     Stabilität der Energiebereitstellung.

                                                                     Ökonomisch bedeutsam ist die dezentrale
                                                                     Energiebereitstellung durch Biogas für die
                                                                     Stärkung des ländlichen Raumes. Dieses
                                                                     führt nicht nur zu besseren Einkommens-
                                                                     situationen bei Landwirten, sondern zieht
                                                                     auch Folgeinvestitionen nach sich, die zu
                                                                     Wertschöpfungen vor Ort führen.

                                                                     Weiterhin sorgen die erneuerbaren Energien
                                                                     für neue Jobs. Allein in Deutschland waren es
                                      ©© PlanET Biogastechnik GmbH

                                                                     im Jahr 2012 bereits fast 380.000 Beschäf-
                                                                     tigte, davon etwa 50.000 im Bereich Biogas.
                                                                     Und die Tendenz ist steigend, denn dieser
                                                                     junge Wirtschaftszweig partizipiert sowohl am
                                                                     Inlandsmarkt als auch am wachsenden Aus-
                                                                     landsmarkt. Inzwischen sind deutsche Unter-
Arbeitsplatz Biogasanlage                                            nehmen weltmarktführend im Biogassektor.

10
3          VIELSEITIGE NUTZUNGSMÖGLICHKEITEN

Biogas bietet eine Vielzahl von Nutzungs-     3.1     Strom und Wärme
optionen, z. B. die dezentrale Strom- und
Wärmeproduktion, die Verteilung über          Derzeit wird der größte Teil des in Deutsch-
Wärmenetze, die Einspeisung in das Gas-       land produzierten Biogases direkt am Ent-
netz und die Verwendung als Erdgassub-        stehungsort verstromt. Dank der Einspeise-
stitut oder der Einsatz als Kraftstoff. Un-   vergütung für Strom aus Biomasse gemäß
abhängig von der gewählten Anwendung          Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) ist die
sollte eine möglichst effektive Energieaus-   Erzeugung von Strom und Wärme durch
nutzung das Ziel sein.                        Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) in Blockheiz-
                                              kraftwerken (BHKW) die derzeit vorrangige
                                              Nutzungsart von Biogas. BHKW bestehen
                                              prinzipiell aus einem mit Biogas betriebenen

                           VIELFÄLTIGE NUTZUNG VON BIOGAS

 Quelle: FNR

Abb. 5: Nutzungsmöglichkeiten von Biogas

                                                                                       11
­ erbrennungsmotor, der einen Generator zur
V
Erzeugung von elektrischer Energie antreibt.

Hierfür stehen mehrere Motorbauarten und
Verbrennungsverfahren zur Verfügung. Es
werden insbesondere Gas-Otto-Motoren
und Zündstrahlmotoren eingesetzt. Aber
auch die Stromerzeugung über Stirlingmoto-
ren, Mikrogasturbinen oder Brennstoffzellen
ist möglich.                                   BHKW-Aggregat einer Biogasanlage

Gas-Otto-Motoren sind in der Lage, das Bio-    menutzung oder einen verminderten War-
gas ab einer Methankonzentration von 45 %      tungsaufwand. Als Nachteil zu nennen sind
direkt zu verbrennen. Zündstrahlmotoren        der geringere Wirkungsgrad und die höhe-
benötigen zur Verbrennung des Biogases         ren Investitionskosten.
ein Zündöl zur Einleitung des Verbrennungs-
prozesses. Optimierte Zündstrahlmotoren        Alternativen bieten auch der Einsatz von Stir-
kommen mit einer Menge von 2–4 % Zündöl        lingmotoren und Brennstoffzellen.
aus, ältere Anlagen benötigen noch bis zu
10 %. Gemäß den Regelungen des EEG darf        Stirlingmotoren (Heißgasmotoren) stellen
seit 2007 für Neuanlagen kein Zündöl auf       geringe Ansprüche an die Gasqualität,
fossiler Basis mehr eingesetzt werden.         haben aber nur einen Wirkungsgrad von
                                               24–28 %. Sie sind derzeit nur in kleinen
Bei der Auswahl des BHKW ist auf hohe          Leistungsklassen (bis 100 kWel) erhältlich.
Wirkungsgrade und einen geringen Repa-
raturbedarf zu achten. Besonders bei Kofer-    Biogas lässt sich auch in verschiedenen
mentationsanlagen sind Schwankungen bei        Brennstoffzellentypen nutzen. Hierzu muss
der Qualität und Menge des Gases möglich,      das Biogas aufbereitet (insbesondere die
dadurch kann es zu Schäden am Motor kom-       Entfernung von Schwefel, Kohlenmonoxid
men. Abhilfe lässt sich durch elektronische    und weiteren Schadstoffen) und reformiert
Motorkontrollsysteme schaffen. Beim Betrieb    werden (Überführung von Biogas in Wasser-
von BHKW sind bestimmte Rahmenbedin-           stoff). Dem sehr guten Wirkungsgrad von bis
gungen, wie insbesondere die vorgeschrie-      zu 50 % und fast emissionsfreier Betriebs-
benen Wartungsintervalle und die Anforde-      weise stehen derzeit die sehr hohen Inves-
rungen an den Aufstellraum, zu beachten.       titionskosten und weiterer technischer Ent-
                                               wicklungsbedarf gegenüber.
Mikrogasturbinen haben einige Vorteile
gegenüber Verbrennungsmotoren, wie die         Bei der KWK-Nutzung fallen als Koppel-
kostengünstigere und einfachere Abwär-         produkte Strom und Wärme an. Aus öko-

12
logischer Sicht und für eine effiziente Aus-                menge genutzt. Die produzierte Wärme wird
lastung sowie einen wirtschaftlichen Betrieb                für verschiedenste Anwendungen eingesetzt.
der Anlage ist eine Wärmenutzung sinnvoll                   Den größten Anteil haben das Beheizen von
und notwendig. So spielt bei der Planung                    Wohn- und Wirtschaftsgebäuden des land-
von neuen Anlagen ein geeignetes Wärme-                     wirtschaftlichen Betriebes und der Anschluss
konzept eine entscheidende Rolle. Von der                   an Nah- und Fernwärmenetze, womit auch
zur Verfügung stehenden Wärme werden                        weiter entfernte Verbraucher mit Wärme ver-
je nach Anlagentyp und Jahreszeit etwa                      sorgt werden. Es gibt inzwischen viele Beispie-
10–30 % der Abwärme für die Beheizung                       le der Versorgung von Wohngebieten, kom-
des Fermenters benötigt. Abzüglich der Ver-                 munalen und gewerblichen Einrichtungen mit
luste (ca. 15 %) stehen dann 50–60 % für                    Biogaswärme. Die Abwärme wird ebenfalls
eine externe Wärmenutzung zur Verfügung.                    genutzt für die Trocknung von Getreide und
                                                            anderen landwirtschaftlichen Produkten, Holz
In den letzten Jahren ist eine deutlich ver-                oder auch den anfallenden Gärrückständen.
stärkte Wärmenutzung festzustellen. Laut                    Ebenfalls zu nennen sind Direktleitungen zu
Monitoringbericht zum EEG wird bereits etwa                 Wärmekunden, wie z. B. Gärtnereien.
die Hälfte der extern verfügbaren Wärme-

                           WÄRMENUTZUNG AUS BIOGASANLAGEN 2012
                           WÄRMENUTZUNG AUS BIOGASANLAGEN 2012

 Einspeisung in Wärmenetze 25,8 %                                            18,1 % Trocknungsprozesse

                                                                                  11,1 % Stallbeheizung

                                                   gesamt
                                                  11,3 TWh

                                                                                       2,5 % öffentliche
                                                                                               Gebäude
                                                                                       1,9 % Gärtnerei/
                                                                                           Gewächshaus
                                                                                        1,6 % Gewerbe/
                                                                                               Industrie
 Wohn- und Betriebsgebäude 35,8 %                                                        3,2 % sonstige
 (inkl. Warmwasserbereitung)                                                              Wärmenutzung
 Quelle: FNR nach DBFZ-Betreiberumfrage 2012/13                                               © FNR 2013

Abb. 6: Wärmenutzung aus Biogasanlagen 2012

                                                                                                           13
Mit der im KWK-Prozess entstehenden           zunehmend Interesse und kann eine ver-
Wärme kann im ORC-Prozess (Organic Ran-       besserte Wärmenutzung in den Sommer-
kine Cycle) zusätzlicher Strom produziert     monaten ermöglichen.
werden. In diesem sogenannten Nachver-
stromungsverfahren verdampft die Wärme        Wärmenetzen sind bei größeren Entfernun-
ein organisches Arbeitsmedium (z. B. Sili-    gen zwischen Biogasanlage und Nutzer und
konöl). Mit dem hierbei entstehenden Gas      den dann hohen Übertragungsverlusten
wird eine Turbine angetrieben, die über       Grenzen gesetzt. Eine Alternative sind Mik-
einen gekoppelten Generator nachfolgend       rogasnetze, durch die das Rohbiogas vom
Strom erzeugt.                                Fermenter zu einem bzw. mehreren Satel-
                                              liten-BHKW, die direkt beim Wärmenutzer
Über sogenannte Sorptionsverfahren kann       stehen, gelangt. Vorteilhaft und wertschöp-
die Wärme auch in Kälte umgewandelt wer-      fend ist auch hier die Steigerung des Ge-
den, die dann z. B. im landwirtschaftlichen   samtwirkungsgrades durch eine optimale
Betrieb für die Milchkühlung oder in Kühl-    Wärmeausnutzung.
häusern genutzt wird. Die Kraft-Wärme-
Kälte-Kopplung bei Biogasanlagen findet
                                              3.2     Biomethan und Kraftstoff

                                              In den letzten Jahren hat sich die Biogas-
                                              aufbereitung und Einspeisung in das Erd-
                                              gasnetz etabliert. Um Biogas als Erdgas-
                                              substitut nutzen zu können, wird es von
                                              unerwünschten Bestandteilen gereinigt,
                                              das CO2 weitgehend abgetrennt und damit
                                              der Methangehalt erhöht. Das aufbereitete
                                              Biogas, nun Biomethan oder auch Bioerd-
                                              gas genannt, wird dann durch die Infra-
                                              struktur des Erdgasnetzes transportiert. Da-
                                              durch ist die Nutzung an einem beliebigen
                                              Standort mit hohem ganzjährigen Wärme-
                                              bedarf möglich. Außerdem kann das Bio-
                                              methan im vorhandenen umfangreichen
                                              Gasnetz mit den unterirdischen Kavernen
                                              gespeichert werden und damit helfen, die
                                              Stromnetze zu entlasten. Dieses reduziert
                                              darüber hinaus auch den Bedarf, neue
Abwärmenutzung einer Biogasanlage im          Stromleitungen zu bauen. Die Einspeisung
Gewächshaus                                   in das Erdgasnetz ermöglicht die von der

14
Produktion entkoppelte direkte Wärme-                            äquivalente Menge Erdgas an seinem Stand-
nutzung (z. B. mittels Gasbrennwertther-                         ort. Privathaushalte und Gewerbekunden
men) sowie die gekoppelte Wärme- und                             können das Biomethan in KWK-Anlagen zur
Stromerzeugung in Gas-Heizkraftwerken                            Erzeugung von Wärme und Strom, zur allei-
mit kommunalen Wärmenetzen. Das Er-                              nigen Wärmeerzeugung in Gasheizkesseln
neuerbare-Energien-Wärmegesetz (EEWär-                           oder für gasbetriebene Haushaltsgeräte ein-
meG) regelt die Nutzung von erneuerbaren                         setzen. Grundsätzlich kann Biomethan auch
Energien bei Neubauten. Zur Erfüllung der                        in der chemischen Industrie anstelle von Erd-
gesetzlichen Vorgaben kann der Wärme-                            gas stofflich genutzt werden.
energiebedarf zu mindestens 30 % durch
Biogas (in KWK-Anlagen) gedeckt werden.                          Zum Ende des Jahres 2012 wurden in
                                                                 Deutschland 117 Biogasaufbereitungs-An-
Wie beim Prinzip des Öko-Stroms wird das                         lagen mit einer Biomethanproduktion von
Biomethan vom Hersteller am Erzeugungs-                          etwa 73.000 Kubikmetern pro Stunde be-
ort in das Erdgasnetz eingespeist. Der End-                      trieben. Das Ziel der Bundesregierung ist es,
kunde entnimmt dann das Biomethan als                            bis 2020 jährlich 6 Milliarden Kubikmeter

          BIOGASANLAGEN ZUR BIOMETHAN-PRODUKTION IN DEUTSCHLAND
          BIOGASANLAGEN ZUR BIOMETHAN-PRODUKTION IN DEUTSCHLAND

 Anlagenzahl                                                            Aufbereitungskapazität Biomethan (Nm3/h)

 180                                                                                              178       135.000
 160                                                                                                        120.000
 140                                                                                                        105.000
                                                                                                  109.810

 120                                                                                117                     90.000
 100                                                                                                        75.000
  80                                                                      85                                60.000
                                                                                    73.170

  60                                                                                                        45.000
                                                                          54.055

                                                               50
  40                                                                                                        30.000
                                                               35.145

  20                                                                                                        15.000
    0                                                                                                        0
         2006          2007         2008         2009          2010      2011      2012      2013/14*
     Anlagenzahl                  Prognose Anlagenzahl                   Aufbereitungskapazität             * Prognose

Quelle: FNR nach dena (Deutsche Energie-Agentur GmbH) (2013)                                                © FNR 2013

Abb. 7: Biogasanlagen zur Biomethan-Produktion

                                                                                                                     15
Erdgas durch Biogas zu ersetzen. Die Ge-     In Deutschland steht diese Nutzungsart
samtkapazität 2012 entspricht ca. 10 %       allerdings noch in den Anfängen. Trotz ein-
dieses Ausbauzieles.                         satzbereiter Technik werden die Potenziale
                                             nicht ausgeschöpft. Derzeit gibt es wenige
Biomethan kann auch als Kraftstoff in Erd-   Tankstellen, an denen reines Biomethan er-
gasfahrzeugen genutzt werden. In Europa      hältlich ist, aber etwa 1/3 der 900 Erdgas-
sind Schweden und die Schweiz als Vorrei-    tankstellen deutschlandweit bieten bereits
ter zu nennen, wo schon seit Jahren Biogas   Biomethan-Erdgas-Gemische an, Tendenz
als Kraftstoff in PKW, Bussen und LKW oder   steigend.
auch Schienenfahrzeugen eingesetzt wird.
Im Vergleich zu den herkömmlichen Kraft-     Fast alle Hersteller haben inzwischen aus-
stoffen zeichnet sich Biomethan durch ein    gereifte Modelle mit mono- oder bivalentem
sehr hohes CO2-Einsparpotenzial aus. Be-     Antrieb (Gas und Benzin) im Sortiment. Bio-
reits bei Beimischungen von 20 % Biome-      methan als Kraftstoff kann auf die Erfüllung
than im Erdgas kann der Kohlendioxidaus-     der Biokraftstoffquote angerechnet werden
stoß gegenüber Benzin deutlich verringert    bzw. ist alternativ außerhalb der Quotenver-
werden.                                      pflichtung zunächst bis 2015 steuerbefreit.

Biogas tanken

16
4       PROZESSBIOLOGIE

Biogas ist ein Produkt des mikrobiellen Ab-   In der Hydrolyse (Verflüssigungsphase)
baus von organischen Stoffen in feuchter      werden die komplexen organischen Ver-
Umgebung unter Luftabschluss (anaerobes       bindungen in einfachere Verbindungen zer-
Milieu). Dieser Abbau wird auch als Vergä-    legt. In der anschließenden Acidogenese
rung bezeichnet. In der Natur findet dieser   (Versäuerungsphase) erfolgt deren Abbau
biologische Zersetzungsprozess u. a. auf      zu niederen Fettsäuren. Hierbei entste-
dem Grund von Gewässern, in Mooren oder       hen außerdem Alkohole, Wasserstoff und
auch im Pansen von Wiederkäuern statt.        Kohlendioxid als Ausgangsstoffe für die
                                              Methanproduktion. In der nachfolgenden
Der Vergärungsprozess läuft prinzipiell in    Acetogenese (Essigsäurephase) werden die
vier voneinander abhängigen Teilschritten     organischen Säuren und Alkohole zu Essig-
(Hydrolyse, Acidogenese, Acetogenese und      säure, Wasser und Kohlendioxid abgebaut.
Methanogenese) ab, an denen jeweils ver-      Die Produkte der vorangegangenen Phasen
schiedene Gruppen von Mikroorganismen         werden dann in der abschließenden Metha-
beteiligt sind.                               nogenese (Methanbildungsphase) zu Me-
                                              than, Kohlendioxid und Wasser umgesetzt.
Das gebildete Gasgemisch besteht über-
wiegend aus                                   Grundsätzlich finden die vier Phasen im
• 50–75 % Methan (CH4),                       Fermenter zeitlich parallel statt. Aufgrund
• 25–45 % Kohlendioxid (CO2),                 der unterschiedlichen Milieubedingungen
• 2–7 % Wasserdampf (H2O),                    der verschiedenen Mikroorganismen muss
• < 2 % Sauerstoff (O2),                      daher ein bestmöglicher Kompromiss der
• < 2 % Stickstoff (N2),                      wichtigsten Parameter, wie Temperatur,
• < 1 % Ammoniak (NH3),                       pH-Wert oder Nährstoffversorgung gefun-
• < 1 % Schwefelwasserstoff (H2S) und         den werden. Der Vergärungsprozess ist
• < 2 % Spurengasen.                          empfindlich gegenüber Störungen, die aus
                                              betriebstechnischen Gründen oder durch
                                              Hemmstoffe entstehen. Letztere können
                                              bereits in geringen Mengen negativ auf den
                                              Vergärungsprozess wirken.

                                                                                      17
SCHEMATISCHE DARSTELLUNG DES FERMENTATIONSPROZESSES

                                          Substrate

                    Fette, Eiweiße, Kohlenhydrate (langkettige Polymere)

                            1. Phase: Verflüssigung (Hydrolyse)

             Fettsäuren, Aminosäuren, Zucker (kurzkettige Monomere und Dimere)

                           2. Phase: Versäuerung (Acidogenese)

                Kurzkettige organische Säuren (z. B. Propionsäure), Alkohole

                        3. Phase: Essigsäurebildung (Acetogenese)

               u.a. Essigsäure (CH3COOH), Kohlendioxid (CO2), Wasserstoff (H2)

                        4. Phase: Methanbildung (Methanogenese)

                            u. a. Methan (CH4), Kohlendioxid (CO2)

                                            Biogas

Abb. 8: Vereinfachte Darstellung des Abbaus organischer Substanz bei der Biogasgewinnung

18
5          AUSGANGSSTOFFE

Für die Biogasgewinnung lässt sich eine Viel-     (Monitoringbericht zum EEG) in den bun-
zahl organischer Substrate verwenden. In          desweit betriebenen Biogasanlagen auf
landwirtschaftlichen Anlagen dienen über-         54 % nachwachsende Rohstoffe (Energie-
wiegend tierische Exkremente (z. B. Rinder-       pflanzen), 41 % tierische Exkremente, 4 %
und Schweinegülle) und gezielt angebaute          Bioabfälle sowie auf 1 % Reststoffe aus In-
Energiepflanzen als Substrate. Mit deren          dustrie und Landwirtschaft.
Hilfe wird jedes Jahr aufs Neue Biomasse be-
reitgestellt. Aber auch Bioabfälle aus der Ver-   Als nachwachsende Rohstoffe kommen zum
arbeitung und Kommunalentsorgung oder             Beispiel Mais, Getreide, Gräser und Zucker-
Reststoffe aus Landwirtschaft und Industrie       rüben in Frage, wobei derzeit Mais aufgrund
eignen sich für die Biogasproduktion.             der besten Flächeneffizienz, technologi-
                                                  schen Eignung und Kostenstruktur den ein-
So verteilte sich 2012 der Substrateinsatz        deutig größten Nutzungsumfang einnimmt.
gemäß einer aktuellen Betreiberumfrage            Für Mais sprechen hohe Trockenmasse- und

             MASSEBEZOGENER SUBSTRATEINSATZ
             MASSEBEZOGENER                    BIOGASANLAGEN 2012
                            SUBSTRATEINSATZ IN BIOGASANLAGEN 2012

 nachwachsende Rohstoffe 54 %                                                       4 % Bioabfall

                                                                                 1 % industrielle
                                                                             und landw. Reststoffe

                                                                               41 % Exkremente
 Quelle: DBFZ-Betreiberumfrage (2013)                                                  © FNR 2013

Abb. 9: Massebezogener Substrateinsatz in Biogasanlagen (Betreiberumfrage)

                                                                                                19
Energieerträge sowie der geringere Dünger-      problemlos mit den meisten anderen Ein-
und Pflanzenschutzaufwand im Vergleich zu       satzstoffen kombinierbar, zudem wird ihr
Getreide. Als Risiken sind insbesondere der     auch eine prozessstabilisierende Wirkung
negative Einfluss auf Bodenfruchtbarkeit        zugeschrieben.
und Biodiversität zu nennen.
                                                Neben nachwachsenden Rohstoffen, Exkre-
Als Folge der zunehmenden Kritik am stark       menten, Futterresten und weiteren land-
wachsenden Maisanbau wird vermehrt              wirtschaftlichen Abfällen und Reststoffen
an Alternativen geforscht. Ziel ist es, den     eignen sich auch außerlandwirtschaftliche
Energiepflanzenanbau nachhaltig und um-         Substrate wie Rückstände aus der Lebens-
weltschonend durchzuführen. Zunehmen-           mittelindustrie (z. B. Trester, Schlempe,
de Bedeutung kommt der Rübe zu, die ein         Fettabscheiderrückstände), Gemüseabfälle
ähnliches Ertragspotenzial wie Mais hat. Ak-    von Großmärkten, Speiseabfälle, Rasen-
tuell gibt es zahlreiche und aussichtsreiche    schnitt, Landschaftspflegematerial oder
Forschungsprojekte, die diese Entwicklung       Bioabfälle aus der Kommunalentsorgung
forcieren.                                      für die Biogasproduktion.

Weiterhin wird derzeit auch der Anbau von       Die verschiedenen Substrate führen wie in
Mischkulturen, Wildpflanzen und neuen           Abb. 10 gezeigt zu unterschiedlichen Gas-
Energiepflanzen wie der Durchwachsenen          erträgen. Je nach Zusammensetzung des
Silphie oder Sorghum-Arten in Forschungs-       Gärsubstrates schwanken somit auch Gas-
projekten untersucht. Insgesamt soll der        ertrag und Methangehalt. Die Gasausbeu-
Energiepflanzenanbau in mehrgliedrige           te der verschiedenen Substrate wird nicht
Fruchtfolgen eingebunden werden und             nur durch deren Gasbildungspotenzial be-
durch weitere geeignete Maßnahmen, wie          stimmt. Einfluss hierauf haben auch die
z. B. Blühstreifen, entzerrt werden (mehr In-   technologischen und biologischen Kennzif-
formationen unter http://energiepflanzen.       fern der Anlage und des Gärprozesses. Die
fnr.de). Allerdings ist bei der alternativen    Energieproduktion ergibt sich aus dem Pro-
Nutzung von Gräsern, Sonnenblumen und           dukt von täglicher Gasmenge und spezifi-
den meisten anderen Energiepflanzen im          schem Energieinhalt (Ø 6 kWh/m3 Biogas).
Gegensatz zu Mais mit einer größeren An-
baufläche zu kalkulieren.                       Mit der Kofermentation (gemeinsame Ver-
                                                gärung) außerlandwirtschaftlicher Reststof-
Durch den Einsatz von Gülle und anderen         fe werden zwar natürliche Stoffkreisläufe
Wirtschaftsdüngern kommt es nicht nur zu        geschlossen, doch es können auch Schad-
einer sinnvollen energetischen Nutzung          stoffe (insbesondere Schwermetalle) und
dieses vorhandenen Potenzials, es ist auch      Störstoffe in die Anlagen und nachfolgend
aus Sicht des Klimaschutzes (Emissionsver-      mit den Gärrückständen auf die landwirt-
meidung) von großer Bedeutung. Gülle ist        schaftlichen Nutzflächen gelangen. Deshalb

20
sind hier die Vorschriften des Abfall- und               sollen. Auch zu hohe Ammoniumkonzen-
Düngerechts zu beachten. Desinfektions-                  trationen hemmen die Methanproduktion,
und Hygienisierungsmittel sowie bestimm-                 weshalb man Geflügelkot sowie gelegent-
te Medikamente gehören nicht in die Bio-                 lich auch Schweinegülle verdünnen oder
gasanlage, da sie den Gärprozess stören                  mit stickstoffarmen Kosubstraten vermi-
und ebenfalls nicht auf den Acker gelangen               schen sollte.

                                               BIOGASAUSBEUTEN
                                               BIOGASAUSBEUTEN

 Substrat
          Schweinegülle        60 %
       Kartoffelschlempe       54 %
               Rindergülle     55 %
                                                                      Methangehalt in %
       Getreideschlempe        55 %
        Futterrübensilage      52 %
                Rindermist     55 %
               Speisereste     60 %
 Landschaftspflegegras*        50 %
    Sonnenblumensilage         57 %
                Bioabfall*     60 %
        Grünroggensilage       53 %
         Klee-/Luzerngras      55 %
          Sorghumsilage        52 %
       Zuckerrübensilage       52 %
             Geflügelmist*     55 %
                Grassilage     53 %
             Getreide-GPS      53 %
                Maissilage     52 %
                             0                      50       100             150                200
 * variierend nach TS-Gehalt bzw. Zusammensetzung                           Biogasertrag (in Nm³/t FM)
 Quelle: KTBL (2010)                                                                       © FNR 2013

Abb. 10: Biogaserträge verschiedener Substrate

                                                                                                    21
6           ANLAGENTECHNIK UND BETRIEB

6.1         Verfahren                             führte feste Biomasse muss gut zerkleinert
                                                  und gemeinsam mit der Flüssigkeit ver-
Bei der Biogasgewinnung werden verschie-          mischt sein.
dene Anlagenkonzepte angewendet. Diese
unterscheiden sich nach Verfahrensmerk-           Die Trockenvergärung ist hingegen beson-
malen wie Trockensubstanzgehalt, Art der          ders für Betriebe von Interesse, denen we-
Beschickung oder Anzahl der Prozessphasen.        der Gülle noch andere flüssige Basissubst-
                                                  rate zur Verfügung stehen, die jedoch über
Bezug nehmend auf den TS-Gehalt wird zwi-         genügend stapelbare Biomasse verfügen.
schen Nass- und Trockenvergärung unter-           Denn im Gegensatz zur Nassvergärung ist
schieden, es gibt allerdings keine eindeutige     bei der Trockenvergärung das Gärgut we-
Abgrenzung. Derzeit sind fast alle landwirt-      der pump- noch fließfähig, noch erfolgt
schaftlichen Anlagen Nassfermentations-           eine ständige Durchmischung während der
anlagen mit den bekannten Rundbehältern,          Biogasherstellung. Aber wie bei der Nass-
d. h. der TS-Gehalt des Fermenterinhalts liegt    fermentation ist ein feuchtes Milieu für
bei < 15 % (bei höheren TS-Gehalten ist das       den biologischen Vergärungsprozess not-
Material in der Regel nicht mehr pump- und        wendig. Dieses wird durch Vermischen mit
rührfähig). Bei der Nutzung von Gülle kommt       Prozessflüssigkeit vor der Vergärung oder
nur die Nassvergärung in Frage, die zuge-         durch ständiges Besprühen mit Gärflüs-

TAB. 1: EINTEILUNG DER VERFAHREN ZUR BIOGASGEWINNUNG
NACH VERSCHIEDENEN KRITERIEN

  Kriterium                                      Unterscheidungsmerkmale
                                                 • Nassvergärung
 Trockensubstanzgehalt der Substrate
                                                 • Feststoffvergärung
                                                 • diskontinuierlich
 Art der Beschickung                             • quasikontinuierlich
                                                 • kontinuierlich
                                                 • einphasig
 Anzahl der Prozessphasen
                                                 • zweiphasig
                                                 • psychrophil
 Prozesstemperatur                               • mesophil
                                                 • thermophil
Quelle: Leitfaden Biogas (FNR, 2010)

22
sigkeit während des Vergärungsvorgangs          In Speicheranlagen (diskontinuierliches
hergestellt. Die Verfahren zur Vergärung        oder Batch-Verfahren) sind Fermenter und
von stapelbarer organischer Biomasse wur-       Gärrückstandslager zusammengefasst. Der
den ursprünglich für die Bioabfallvergärung     Fermenter wird komplett befüllt und luft-
entwickelt und finden nun Einsatz im land-      dicht verschlossen. Nach Abschluss des
wirtschaftlichen Bereich. So lassen sich Bio-   Gärprozesses wird der Fermenter dann bis
massen mit Trockensubstanzgehalten von          auf einen kleinen Rest zum Animpfen ent-
20–40 % vergären. Zu den einsetzbaren           leert und nachfolgend die nächste Charge
Substraten gehören Festmist, nachwach-          eingebracht. Bei hohen TS-Gehalten und
sende Rohstoffe, Ernterückstände wie auch       faserigen Substraten wird dieses Verfahren
Grünschnitt und andere Bioabfälle.              angewandt.

                                                Finden alle vier Phasen der anaeroben Gä-
                                                rung (unter Luftabschluss) in einem Behäl-
                                                ter statt, spricht man von einem einstufigen
                                                Verfahren. Ein zweiphasiger Betrieb besteht
                                                bei räumlicher Trennung von Verflüssigung/
                                                Versäuerung und Essigsäurebildung/Me-
                                                thanbildung. Dadurch lassen sich günsti-
                                                gere Milieubedingungen für die verschiede-
                                                nen Mikroorganismen schaffen.

Trockenfermentationsanlage

Die Unterteilung nach der Beschickung mit
dem Gärsubstrat wird in kontinuierliche
(z. B. Pfropfenstrom-Verfahren) und diskon-
tinuierliche (z. B. Perkolations-Verfahren)
Systeme vorgenommen. Die meisten An-
lagen arbeiten im kontinuierlichen Verfah-
ren (sog. Durchflussanlagen). Das Substrat
wird dem Fermenter ständig oder in kurzen
Intervallen zugeführt und Biogas sowie Gär-     Durchflussanlage mit Folienhaube als
rückstände werden laufend entnommen.            integrierter Gasspeicher
Etwa 70 % der Anlagen in Deutschland
entsprechen dieser Bauart. Unterteilt wird
diese Bauart außerdem in Durchfluss- und
Durchfluss-Speicher-Verfahren.

                                                                                         23
6.2            Anlagentechnik                     strates. Sie ist so zu dimensionieren, dass
                                                  Schwankungen beim Substratanfall ausge-
Landwirtschaftliche Biogasanlagen be-             glichen werden können. Durch geeignete
stehen in der Regel aus Vorgrube, Faul-           Maßnahmen wie Homogenisierung, Hygi-
behälter und Gärrückstandslager. Für das          enisierung, Vorrotte, Hydrolyse und Des-
entstehende Gas und dessen Verwertung             integration kann die nachfolgende Gärung
folgen Gasspeicher, Gasreinigung und i. d. R.     positiv beeinflusst werden. Der Faulbehäl-
BHKW bzw. Gasaufbereitungsanlage.                 ter oder Fermenter, das Kernstück einer
                                                  Biogasanlage, wird aus der Vorgrube mit
Die Vorgrube dient der Zwischenlagerung           Gärsubstrat beschickt. Viele unterschiedli-
von Gülle und Kosubstraten und dem Auf-           che Ausführungen sind möglich (Stahl oder
bereiten (Störstoffentfernung, Zerkleinern,       Beton, rechteckig oder zylindrisch, liegend
Verdünnen, Mischen etc.) des Gärsub­              oder stehend). Entscheidend ist, dass der

                  SCHEMA EINER LANDWIRTSCHAFTLICHEN BIOGASANLAGE

 Quelle: FNR

Abb. 11: Schema einer landwirtschaftlichen Biogasanlage

24
Behälter gas- und wasserdicht sowie licht-      gerechte Verwertung der Gülle in der Pflan-
undurchlässig ist. In der Regel sorgt eine      zenproduktion ergeben (Düngeverordnung).
Rühreinrichtung für die Homogenität des         Werden in der Anlage Kosubstrate vergoren,
Substrates, das je nach Ausgangsmaterial        können je nach deren Eigenschaften zusätz-
unterschiedlich stark zur Ausbildung von        liche Baugruppen zur Annahme und Auf-
Schwimm- und Sinkschichten neigt. Durch         bereitung der Substrate erforderlich sein.
die Rührbewegung wird auch das Entwei-          Neben der Zerkleinerung und Hygienisierung
chen des Gases aus dem Substrat unter-          hat die Störstoffabtrennung besondere Be-
stützt. Wenn sich Sinkschichten bilden, z. B.   deutung für einen störungsfreien Prozessver-
bei Vergärung von Hühnermist oder Bioab-        lauf und für die Qualität des Gärrückstandes.
fällen, müssen sie regelmäßig mit geeigne-
ten Austragsvorrichtungen entfernt werden.      Für die Kofermentation von seuchenhygie-
Ein Heizsystem sorgt für die Aufrechterhal-     nisch bedenklichen Substraten wie Bioab-
tung der Prozesstemperatur, die bei den         fall, Flotatschlamm, Magen- und Pansen-
meisten Anlagen im mesophilen Bereich           inhaltsstoffen, Speiseabfällen u. a. sind die
(zwischen 32 und 42 °C) und nur selten im       Bereiche Substratannahme und Substrat-
thermophilen Bereich (zwischen 50 und           verarbeitung durch Einhaltung einer un-
57 °C) liegt. Geheizt wird meistens mit der     reinen und einer reinen Seite zu trennen.
Abwärme aus dem BHKW, bei Anlagenkon-           Ferner ist eine Hygienisierungseinrichtung
zepten mit entfernt aufgestelltem BHKW          erforderlich, in der die Substrate für die
oder bei Biomethananlagen z. B. auch mit        Dauer von mindestens 60 Minuten auf
Holzhackschnitzel-Heizungen. Vom Fer-           70 °C erhitzt werden. Dadurch wird verhin-
menter gelangt das ausgefaulte Substrat in      dert, dass gesundheitsgefährdende Erreger
das Gärrückstandslager. Dieses ist oft zum      im Substrat verbleiben.
Nachgärbehälter ausgebaut bzw. es finden
sich Nachgärbehälter und separates Gär-         Gasspeicher dienen zum Ausgleich von
rückstandslager. Bei Anlagen, die seit 2009     Schwankungen zwischen Gasproduktion
nach dem Bundesimmissionsschutz-Gesetz          und Gasverbrauch und eine Speicherka-
(BImSchG) genehmigt worden sind und bei         pazität von ein bis zwei Tagesproduktio-
allen Anlagen, die ab 2012 in Betrieb ge-       nen wird empfohlen. Sie müssen gasdicht,
hen, muss das Gärrückstandslager gasdicht       druckfest, UV-, temperatur- und witterungs-
abgedeckt sein. Dadurch wird die Nutzung        beständig sein. Der Fermenter kann selbst
des Biogases aus der Nachgärung ermög-          als Gasspeicher verwendet werden, indem
licht und gleichzeitig werden Emissionen        Folienhauben auf dem Reaktor zum Einsatz
und Gerüche vermindert.                         kommen. Als externe Gasspeicher werden
                                                überwiegend relativ preiswerte Folienspei-
Die Größe des Gärrückstandslagers richtet       cher verwendet.
sich nach den erforderlichen Lagerzeiten,
die sich aus den Vorgaben für eine umwelt-

                                                                                          25
6.3     Gasaufbereitung und                    allerdings nicht für eine anschließend vor-
        Einspeisung                            gesehene Aufbereitung auf Erdgasqualität
                                               geeignet. Nach der Entschwefelung wird
Bevor das Gas verwertet wird, müssen Par-      das Rohbiogas getrocknet, für die Aufbe-
tikel und Kondensat entfernt werden. Eine      reitung auf Erdgasqualität werden Kohlen-
wichtige Maßnahme zum Schutz der BHKW-         dioxid sowie Sauerstoff und Spurengase
Motoren gegen Korrosion ist die Entschwefe-    abgeschieden.
lung. Es kommen unterschiedliche Verfahren
zum Einsatz, wobei sich in landwirtschaftli-   Für die Einspeisung von Biogas in das Gas­­-
chen Anlagen vorrangig ein kostengünstiges     netz wird der Methangehalt von 50–55 %
Entschwefelungsverfahren durchgesetzt hat,     auf den im jeweiligen Erdgasnetz vorlie-
bei dem 3–5 % Luft in den Gasraum zudo-        genden Methangehalt von bis zu 98 %
siert werden. Bei guter Steuerung lassen       gemäß DVGW-Arbeitsblätter G260 und
sich so Schwefelabscheide­  grade von bis      G262 erhöht. Die Anordnung der Verfah-
zu ca. 95 % erzielen. Dieses Verfahren ist     rensschritte zum Erreichen der benötigten

VERFAHRENSSCHRITTE ZUR BIOGASAUFBEREITUNG

                                  Organisches Material

                                    Biogasproduktion

                                        Rohbiogas

                             Gasreinigung und -aufbereitung
            (Entschwefelung, Entfeuchtung/Trocknung, Kohlendioxidabscheidung,
                   Sauerstoffentfernung, Entfernung weiterer Spurengase)

                                        Reinbiogas

                              Aufbereitung auf Erdgasqualität
                     (Odorierung, Brennwertanpassung, Druckanpassung)

                                        Biomethan

Abb. 12: Schema Aufbereitung

26
Aufbereitungsanlage

Mindestqualität ist hauptsächlich von der      die Bedingungen, unter denen die Gasnetz-
gewählten Technologie und der Gasqualität      betreiber den Biomethan-Produzenten den
des jeweiligen Gasnetzes abhängig. Derzeit     Zugang zu den Gasnetzen gewähren müs-
genutzte Aufbereitungsverfahren sind die       sen. Gemäß GasNZV sind Netzbetreiber auf
Druckwasserwäsche, die Druckwechsel-           allen Druckstufen verpflichtet, Biomethan-
adsorption, physikalische und chemische        anlagen auf Antrag vorrangig an das Gas-
Wäschen sowie die Membrantechnologie.          netz anzuschließen und die Verfügbarkeit
In Abbildung 12 sind die generellen Verfah-    des Netzanschlusses dauerhaft (zu mind.
rensschritte der Aufbereitung dargestellt.     96 %) sicherzustellen. Zusammen mit der
                                               Verordnung über die Entgelte für den Zu-
Die Übergabe des Biomethans in das Erd-        gang zu Gasversorgungsnetzen (GasNEV)
gasnetz erfolgt über eine Einspeisestation,    wird damit dafür Sorge getragen, dass Bio-
bestehend aus Gasdruck-Regel-Messan-           methan zu wirtschaftlichen Konditionen
lage, Verdichteranlage und Mengenmes-          eingespeist und transportiert werden kann.
sung. An dieser Stelle wird die Gasbeschaf-
fenheit ermittelt und die Kompatibilität zum   Für die Aufbereitung und die nachfolgende
örtlichen Erdgasnetz hergestellt. Die Gas-     Einspeisung in das Erdgasnetz sind, aufgrund
netzzugangsverordnung (GasNZV) regelt          der hohen Investitions- und Betriebskosten,

                                                                                        27
insbesondere größere Biogasaufbereitungs-       Biogasanlagen > 100 kWel mit entsprechen-
anlagen prädestiniert. Dezentrale landwirt-     den technischen Vorrichtungen ausgerüstet
schaftliche Biogasanlagen können durch die      sein, damit der Netzbetreiber bei drohender
Rohbiogasproduktion, die anschließende          Überlastung des Stromnetzes die Anlage ab-
Einspeisung in eine Biogassammelleitung         schalten kann.
und Zuführung zu einer Aufbereitungsan-
lage an diesem Markt partizipieren. Zudem       Biogas ist brennbar und in Mischungen mit
schreitet die Neu- und Weiterentwicklung        6–12 % Luft explosiv. Aus diesem Grund
von Aufbereitungstechnologien zügig voran       sind die Sicherheitsregeln für Biogasanla-
und bietet künftig möglicherweise auch für      gen und die entsprechenden allgemeinen
kleinere Anlagen Perspektiven.                  Regelwerke zu beachten (siehe Liste der
                                                Publikationen im Anhang). Grundsätzlich
                                                sind die Entstehung und das Entweichen
6.4     Mess- und Regeltechnik,                 von gefährlichen Gasen zu vermeiden. Eine
        Sicherheit                              Abnahme der Anlage nach der Betriebssi-
                                                cherheitsverordnung ist vorgeschrieben. Die
Der Biogasprozess lässt sich durch die Er-      Betreiber haben darüber hinaus eine Gefähr-
fassung verschiedener Parameter kont-           dungsbeurteilung zu erstellen, eine Vielzahl
rollieren und steuern. Zu den wichtigsten       von Nachweisen zu erbringen und Prüfun-
gehören: Temperatur, pH-Wert, Gasmenge,         gen durchzuführen, welche den sicheren
Methangehalt, CO2- und Schwefelwasser-          Betrieb gewährleisten. Hierbei sind die euro-
stoffgehalt. Wichtig für die zuverlässige Er-   päischen und nationalen Vorschriften sowie
kennung beginnender Versäuerungen ist           die technischen Normen und Regelwerke
die Bestimmung der Flüchtigen Organischen       (wie z. B. VDI, DVGW, DIN) zu beachten. Bei
Säuren (FOS) im Verhältnis zur Carbonat-        Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben und
Pufferkapazität (TAC). Mit Hilfe elektroni-     Erfüllung der Sicherheitsstandards stellt der
scher Messgeräte können sämtliche Werte         Umgang mit Biogas kein größeres Risiko dar
kontinuierlich gemessen und ausgewertet         als der mit Erdgas.
werden. Die Auswertungen lassen dann z. B.
Rückschlüsse zur Gasproduktion oder zum
BHKW-Wirkungsgrad zu. Wegen der hohen           6.5     Gärrückstände
Klimawirksamkeit von Methan muss eine
zusätzliche Gasverbrauchseinrichtung (z. B.     Die Rückstände der Vergärung werden
ein Gasbrenner oder eine Gasfackel) zur         allgemein Gärrückstand, Gärrest, Gär-
Verfügung stehen, in der das Biogas bei Stö-    produkt oder Biogasgülle genannt. Die
rungen des BHKW verbrannt werden kann.          Rückführung dieser Gärrückstände auf
Vor 2012 in Betrieb gegangene Anlagen           die substratliefernden Ackerflächen führt
müssen diese bis 2014 nachrüsten. Zum           zu einem geschlossenen Nährstoffkreis-
Schutz vor Stromnetzüberlastungen müssen        lauf. Generell sind Gärrückstände aus

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©© Fotolia
Gärrückstandsausbringung

landwirtschaftlichen Biogasanlagen, wie        Werden Bioabfälle mitvergoren, gelten dann
übrigens auch Wirtschaftsdünger, dem           abfallrechtliche und seuchenhygienische
Düngerecht unterstellt.                        Vorgaben. In der Regel wird der Gärrück-
                                               stand hier vor der Ausbringung hygienisiert
Unbelastete Gärrückstände aus landwirt-        (z. B. durch Erhitzen). Die Ausbringung hat
schaftlichen Biogasanlagen werden als          entsprechend Düngeverordnung und ggf.
hochwertige organische Dünger genutzt.         weiterer anzuwendender Vorschriften zu er-
Insgesamt wird die Qualität der Wirtschafts-   folgen. Hierfür kann die vorhandene Gülle-
dünger verbessert, da Krankheitserreger        bzw. Dungtechnologie genutzt werden. Nach
und Unkrautsamen zum Teil abgetötet und        der Ausbringung auf unbestelltem Ackerland
Nährstoffe besser pflanzenverfügbar wer-       sind Gärrückstände, wie auch andere ammo-
den, sodass deren gezieltere Anwendung         niakhaltige Düngemittel unverzüglich einzu-
als Ersatz für Mineraldünger ermöglicht        arbeiten. Ziel ist eine optimale Ausnutzung
wird. Auch sind Gärrückstände im Vergleich     der Nährstoffe und die Verringerung von
zu Gülle weniger geruchsintensiv und wir-      Nährstoffverlusten.
ken weniger verätzend auf die Pflanzen. Die
Nährstoffzusammensetzung kann je nach          Insbesondere in Regionen mit hoher An-
Ausgangssubstraten stark schwanken. Gär-       lagen- und Viehdichte ist eine verantwor-
rückstände aus der Trockenfermentation         tungsvolle Düngenutzung von Gülle und
sind dem Stallmist ähnlich.                    Gärrückständen häufig nicht mehr gege-
                                               ben. Hier ist eine Aufbereitung der Gärrück-
Für die Gärrückstandslagerung müssen ge-       stände und Vermarktung (getrocknet oder
eignete wasserdichte Behälter verwendet        pelletiert) in andere Regionen sinnvoll.
werden. Aufgrund von Ammoniak-, Methan-        Mittels verschiedener Verfahren werden so
und weiteren klimarelevanten Emissionen        Trockensubstanzgehalt und Nährstoffkon-
ist eine gasdichte Abdeckung inzwischen        zentration erhöht und dadurch die Gärrück-
gesetzlich vorgeschrieben.                     stände transportfähig.

                                                                                         29
7       RECHTLICHE RAHMENBEDINGUNGEN,
        FÖRDERUNGEN UND WIRTSCHAFTLICHKEIT

7.1     Rechtliche                              trieben wird und die entsprechenden Vor-
        Rahmenbedingungen                       aussetzungen erfüllt sind.

Für die Errichtung und den anschließenden       Die immissionschutzrechtlichen Anforderun-
Betrieb von Biogasanlagen sowie die Aus-        gen zielen darauf ab, die bei Bau und Betrieb
bringung der Gärrückstände sind eine Viel-      von Biogasanlagen auftretenden Immissio-
zahl von Gesetzen und Verordnungen zu           nen (Luftverschmutzung, Lärm, Geruch) zu
beachten. Diese Anforderungen umfassen          minimieren. Die Betreiber immissionschutz-
das Planungs-, Bau-, Wasser-, Dünge- und        rechtlich genehmigungsbedürftiger Anlagen
Abfallrecht. Ebenso sind die Vorschriften       haben entsprechende Vorsorgemaßnahmen
von Immissionsschutz-, Naturschutz- und         zu treffen. Grenzwerte sind in den TA Luft
Hygienerecht relevant.                          und TA Lärm sowie der Geruchsimmis-
                                                sions-Richtlinie festgelegt. Innerhalb des
In Abhängigkeit von der Anlagengröße            BImSchG-Verfahrens wird gegebenenfalls
oder der Art der zu verarbeitenden Sub-         auch eine Umweltverträglichkeitsprüfung
strate ist ein baurechtliches oder ein immis-   durchgeführt.
sionsschutzrechtliches Verfahren erforder-
lich (Abb. 13).                                 Soll die Anlage biogene Abfälle vergären,
                                                sind die Vorgaben der EU-Verordnung
Das Baugenehmigungsverfahren richtet            mit Hygienevorschriften für nicht für den
sich nach der jeweiligen Landesbauord-          menschlichen Verzehr bestimmte tierische
nung. In der Regel ist dieses einfacher und     Nebenprodukte, kurz: VO (EG) 1069/2009,
weniger zeit- und kostenintensiv als ein        und des Kreislaufwirtschaftsgesetzes (KrWG)
Verfahren nach dem Bundesimmissions-            einzuhalten. Während die EU-VO 1069/2009
schutzgesetz (BImSchG). Unterschieden           beim Einsatz von tierischen Nebenproduk-
wird zwischen Bauplanungsrecht (be-             ten (einschließlich der Gärrückstände) gilt,
planter oder unbeplanter Innenbereich,          greift für pflanzliche Abfälle (auch Speise-
Außenbereich) und Bauordnungsrecht.             abfälle und Biotonne) die Bioabfallverord-
Im letzten werden Fragen von Abstands-          nung (BioAbfV).
flächen, Zufahrtsstraßen, Brandschutz usw.
geregelt. Im unbeplanten Außenbereich ist       Grundsätzlich dürfen alle im Anhang 1
eine Biogasanlage nach § 35 Baugesetz-          der BioAbfV gelisteten Stoffe in der Bio-
buch zulässig, wenn sie im Zusammenhang         gasanlage eingesetzt werden. Die EU-VO
mit einem landwirtschaftlichen Betrieb be-      1069/2009 unterteilt die Materialien

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