CHRONISCHE PERIPHERE NEUROPATHISCHE SCHMERZEN: Diagnose und Therapie in der Praxis - Dr. Waltraud Stromer

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CHRONISCHE PERIPHERE NEUROPATHISCHE SCHMERZEN: Diagnose und Therapie in der Praxis - Dr. Waltraud Stromer
Schmerz
NACHRICHTEN
                                                                    Nr. 1c| 2020 • ISSN 2076-7625

ZEITSCHRIFT DER ÖSTERREICHISCHEN SCHMERZGESELLSCHAFT

     CHRONISCHE PERIPHERE
  NEUROPATHISCHE SCHMERZEN:
   Diagnose und Therapie in der Praxis
Die Diagnostik und Therapie peripherer neuropathischer Schmerzen kann im Behandlungsalltag in vielen
Fällen eine Herausforderung darstellen. Nicht immer werden sie rechtzeitig erkannt und somit auch nicht
in einem frühen Stadium therapiert. Bei spätem Therapiebeginn oder nicht-adäquater Behandlung beein-
 trächtigen chronische neuropathische Schmerzen jedoch die Lebensqualität der Betroffenen massiv. Um
das diagnostische und therapeutische Management peripherer neuropathischer Schmerzen, insbesondere
auch in der niedergelassenen Praxis, optimal zu unterstützen, wurden von einer interdisziplinären Gruppe
   von Expertinnen und Experten die vorliegenden Empfehlungen für die Behandlungspraxis entwickelt.
CHRONISCHE PERIPHERE NEUROPATHISCHE SCHMERZEN: Diagnose und Therapie in der Praxis - Dr. Waltraud Stromer
Teilnehmerinnen und Teilnehmer:
         OÄ Dr.                                     Prim. Priv.-Doz. Dr.
         GABRIELE GRAGGOBER                         NENAD MITROVIC
         Klinische Abteilung für Anästhesie         Leiter der Abteilung für
         und Intensivmedizin, Universitäts-         Neurologie, Salzkammergut-
         klinikum St. Pölten                        Klinikum, Vöcklabruck

         Prim. Univ.-Prof. Dr.                      OÄ Dr. SYLVIA REICHL
         BURKHARD GUSTORFF                          Klinik für Anästhesiologie,
         Vorstand der Abteilung für                 Perioperative und Allgemeine
         Anästhesie, Intensiv- und                  Intensivmedizin, Universitäts-
         Schmerzmedizin, Wilhelminen-               krankenhaus Salzburg und
         spital der Stadt Wien                      Paracelsus Medizinische
                                                    Privatuniversität

         Ao. Univ.-Prof. DDr.                       Univ.-Prof. Dr.
         HANS-GEORG KRESS                           SABINE SATOR-KATZENSCHLAGER
         Vorstand der Klinischen                    Stellvertretende Leiterin der
         Abteilung für Spezielle Anästhesie         Klinischen Abteilung für Spezielle
         und Schmerztherapie, Medizinische          Anästhesie und Schmerzmedizin an der
         Universität Wien/AKH Wien                  Universitätsklinik für Anästhesie, All-
                                                    gemeine Intensivmedizin und Schmerz-
                                                    therapie der MedUni Wien/AKH Wien

         Prim. Univ.-Prof. Dr.                      OÄ Dr.
         RUDOLF LIKAR, MSc                          WALTRAUD STROMER,
         Vorstand der Abteilung für                 Abteilung für Anästhesiologie
         Anästhesiologie und Intensivmedizin,       und Intensivmedizin,
         Klinikum Klagenfurt am Wörther-            Landesklinikum Horn
         see und LKH Wolfsberg, Lehrstuhl
         für Palliativmedizin an der Sigmund
         Freud Privatuniversität

         Ao. Univ.-Prof. Dr.                        Prim. Priv.-Doz. Dr.
         WOLFGANG LÖSCHER                           RAFFI TOPAKIAN
         Neuromuskuläre Ambulanz,                   Leiter der Abteilung für Neurologie,
         Universitätsklinik für Neurologie,         Klinikum Wels-Grieskirchen
         Medizinische Universität Innsbruck

         Assoc.-Prof. OÄ PD Dr.
         EVA KATHARINA MASEL, MSc
         Universitätsklinik für Innere Medizin I,
         Klinische Abteilung für
         Palliativmedizin, Medizinische
         Universität Wien/AKH Wien
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D                                                 Tabelle 1: ÄTIOLOGISCH/ANATOMISCH-BASIERTE KLASSIFIKATION
          ie Prävalenz neuropathischer
          Schmerzen variiert je nach Studie                  NEUROPATHISCHER SCHMERZEN (modifiziert nach Schlereth T. et al. 2019)9
          und Schmerzursache. So sind laut
eines systematischen Reviews von van              PERIPHERE LOKALE ODER MULTIFOKALE SCHMERZHAFTE NEUROPATHIEN
Hecke et al. in Europa geschätzt sieben           u    Post-Zoster-Neuralgie
bis zehn Prozent der Bevölkerung von
neuropathischen Schmerzen betroffen 1.            u    Post-Mastektomie-Schmerz, Post-Thorakotomie-Schmerz, Narbenschmerz
In einer britischen Studie betrug die Prä-        u    Phantomschmerz, Stumpfschmerz, Schmerzen nach Nervenverletzung
valenz neuropathischer Schmerzen acht
                                                  u    Radikulopathien, Postdiskektomie-Syndrom, Ischialgie
Prozent 2. Bei den häufigsten Ursachen
neuropathischer Schmerzen liegt die Prä-          u    Engpasssyndrome
valenz jedoch deutlich höher, beispiels-
                                                  u    Diabetische Mononeuropathie
weise wies ein systematisches Review zur
schmerzhaften diabetischen peripheren             u    Ischämische Neuropathie
Neuropathie eine europäische Prävalenz            u    Neuralgische Schulteramyotrophie, Plexusläsion nach Bestrahlung
zwischen sechs und 34 Prozent3, bei der
Post-Zoster-Neuralgie von 6,5 Prozent             u    Plexusinfiltration durch Tumor
einen Monat nach Auftreten des Haut-              u    Sonderstellung: komplexes regionales Schmerzsyndrom
ausschlages nach 4. In der einzigen für
                                                  PERIPHERE GENERALISIERTE SCHMERZHAFTE NEUROPATHIEN
Österreich verfügbaren Studie zur Präva-
lenz neuropathischer Schmerzen beträgt            u    Metabolisch/ernährungsbedingt – Diabetes mellitus, Hypothyreose,
diese auf Basis von 7.707 Patienten 3,3                Vitaminmangel
Prozent5. Risikofaktoren für die Entwick-
                                                  u    Medikamente – antiretrovirale Substanzen, Chemotherapeutika, Disulfiram,
lung neuropathischer Schmerzen sind
                                                       Antibiotika, Thalidomid, Gold
neben den ursächlichen Läsionen oder
einer Dysfunktion des Nervensystems das           u    Toxine – Alkohol, Acrylamid, Arsen, Clioquinol, Dinitrophenol, Ethylenoxid,
Alter2, 4, 5, 6, weibliches Geschlecht2, 6 oder        Pentachlorphenol, Thallium
die Schmerzdauer2, 6. Die interdisziplinäre
                                                  u    Malignome – paraneoplastisch (insbesondere Bronchialkarzinom),
Gruppe von Expertinnen und Experten
                                                       multiples Myelom
konstatierte das Fehlen aktueller Prä-
valenzdaten zu chronischen neuropathi-            u    Infektiös oder postinfektiös, autoimmunologisch – akute inflammatorische
schen Schmerzen und regt entsprechen-                  Polyradikuloneuropathie, chronische inflammatorische demyelinisierende
de Erhebungen an.                                      Polyneuritis, vaskulitische Neuropathie, HIV-Neuropathie
                                                  ZENTRALE URSACHEN NEUROPATHISCHER SCHMERZEN
Behandelt werden neuropathische
Schmerzen von Spezialistinnen und Spe-            u    Vaskuläre Läsionen
zialisten unterschiedlichster Fachrichtun-        u    Entzündliche Erkrankungen wie Multiple Sklerose, Abszesse, Myelitis
gen, je nach zugrundeliegender Ursache:
zum Beispiel von Fachärztinnen und -ärz-          u    Traumata (z. B. Rückenmarksverletzungen, SHT)
ten für Anästhesie und Intensivmedizin,           u    Tumoren
Innere Medizin, Physikalische Medizin
                                                  u    Syringomyelie/Syringobulbie
oder Neurologie sowie von Schmerzthe-
rapeutinnen und -therapeuten, Onkolo-
ginnen und Onkologen sowie Palliativme-
dizinerinnen und -medizinern, angesichts
der Häufigkeit aber auch von Allgemein-           le Schmerzen, in periphere generalisierte     Hilfreich zur Diagnosestellung von peri-
medizinerinnen und -medizinern. Valide            oder diffuse Schmerzen oder Schmerzen         pheren neuropathischen Schmerzen sind
Daten über Patientenströme fehlen in              mit zentralen Ursachen (siehe Tab. 1)8.       validierte einfache Tests wie der pain-
Österreich allerdings ebenso wie Präva-                                                         DETECT®-Fragebogen10, der DN4-Frage-
lenzdaten.                                        DIAGNOSE                                      bogen11 oder der General Pain Screener
                                                  NEUROPATHISCHER SCHMERZEN                     (GPS)12 (siehe Abb. 1 und Abb. 2).
DEFINITION                                        Leitsymptome neuropathischer Schmer-
NEUROPATHISCHER SCHMERZEN                         zen sind sensorische Defizite in unter-       Bei positiven Hinweisen in der Anamnese
Neuropathische Schmerzen werden, so               schiedlichen nervalen Funktionen und          (Fragebögen und Hinweise auf relevante
auch die aktuelle Definition der Interna-         zusätzliche, gleichzeitig oder alternierend   Nervenläsionen oder Nervenerkrankung,
tional Association for the Study of Pain          auftretende „positive“ bzw. „negative         plausible neuroanatomische Schmerzaus-
(IASP), durch eine Läsion oder Dysfunk-           sensorische Symptome“ (siehe Tab. 2)8, 9,     breitung) kann die Arbeitshypothese neu-
tion des peripheren und/oder zentralen            wobei Positivsymptome meist gut be-           ropathischer Schmerz aufgestellt werden.
Nervensystems verursacht 7. Eingeteilt            handelbar sind, Negativsymptome sich          Finden sich auch bei der körperlichen Un-
werden neuropathische Schmerzen in der            hingegen wenig oder gar nicht zufrieden-      tersuchung positive und negative senso-
Regel in periphere lokale oder multifoka-         stellend beeinflussen lassen.                 rische Symptome (siehe Tab. 2) und/oder

                                                                                          SCHMERZ NACHRICHTEN Nr. 1c | Februar 2020    3
CHRONISCHE PERIPHERE NEUROPATHISCHE SCHMERZEN: Diagnose und Therapie in der Praxis - Dr. Waltraud Stromer
Tabelle 2: DEFINITION UND UNTERSUCHUNG NEGATIVER UND POSITIVER SENSORISCHER
           SYMPTOME BEI NEUROPATHISCHEN SCHMERZEN8
SYMPTOM                      DEFINITION/UNTERSUCHUNG (BEDSIDE-TEST)
NEGATIVSYMPTOME

Hypästhesie                  Reduzierte Empfindung nicht schmerzhafter Reize (z. B. Pinsel oder Watteträger)

Hypalgesie                   Reduzierte Empfindung schmerzhafter Reize (z. B. Pinprick, Zahnstocher)

Pallhypästhesie              Reduzierte Empfindung eines Vibrationsreizes (z. B. Stimmgabel auf Knochen)

Termhypästhesie              Reduzierte Empfindung eines Wärme- oder Kältereizes (z. B. warmer oder kalter Gegenstand)

POSITIVSYMPTOME (SPONTAN ODER EVOZIERT)

Parästhesie                  Missempfindung (z. B. Ameisenlaufen, Stromgefühl)

Dysthesie                    Unangenehme Missempfindung
Spontanschmerz               Nicht durch einen Stimulus erzeugt, meist brennend oder elektrisierend

Allodynie                    Schmerz als Reaktion auf einen üblicherweise nicht schmerzhaften Reiz (z. B. Pinsel oder Watteträger)

Hyperalgesie                 Überschießende Reaktion auf leichten Schmerzreiz (z. B. Pinprick oder scharfer Zahnstocher,
                             Kälte- oder Wärmereiz)
Pinprick = Nadelstich

weitere Anhaltspunkte für das Vorliegen     Für einen Überblick zu Medikamenten           langfristigen reversiblen Defunktionalisie-
einer neuropathischen Schmerzkompo-         und Dosierungen bei neuropathischen           rung nozizeptiver Afferenzen in der Haut
nente durch Bestätigung der Läsionen        Schmerzen siehe Tabelle 3.                    führt16. Das Indikationsspektrum für das
oder Erkrankung, ist der neuropathische                                                   Capsaicin-Pflaster (179 mg) umfasst alle
Schmerz wahrscheinlich oder gesichert       In der Folge werden, unter Bezugnahme         peripheren neuropathischen Schmerz-
(Abb. 3)13. Damit kann eine adäquate The-   auf aktuelle Leitlinien, die Therapieemp-     ätiologien bei Erwachsenen.15
rapie eingeleitet werden.                   fehlungen der Expertengruppe zusam-
                                            mengefasst.                                   Laut aktueller DGN-Leitlinie für Diagnostik
Bei unklarer Diagnose kann eine initia-                                                   und Therapie in der Neurologie kann das
le Therapie eingeleitet werden, zugleich    Topische Therapieoptionen                     Capsaicin-Pflaster (179 mg) zur Thera-
sollte aber, genauso wie bei Nichtan-       Zur topischen Behandlung von periphe-         pie neuropathischer Schmerzen jeglicher
sprechen auf die induzierte Therapie,       ren neuropathischen Schmerzen sind ku-        Ursache empfohlen werden. Es sollte als
eine Überweisung zu Spezialistinnen bzw.    tane Pflaster mit dem Wirkstoff Lidocain      Mittel der zweiten Wahl verwendet wer-
Spezialisten erfolgen (siehe Abb. 4), wo    700 mg (5 %) und Capsaicin 179 mg (8 %)       den, der Effekt sei bei guter Verträglich-
gegebenenfalls weitere Untersuchungen       zugelassen.                                   keit vergleichbar mit etablierten oralen
durchgeführt werden können:                                                               Medikamenten. Bei lokalisierten neuropa-
u Quantitative sensorische Testung          Lidocain unterbindet über eine Blockade       thischen Schmerzen ist auch der primäre
   (QST)                                    der spannungsabhängigen Natriumkanä-          Einsatz zu erwägen, so die DGN-Leitlinie9.
u Hautbiopsie (Standarduntersuchung         le die Entstehung von ektopen Aktions-
   bei einer unklaren Small-Fiber-Erkran-   potenzialen über eine Blockade der Na-        Auch die Expertengruppe unterstreicht,
   kung)                                    triumkanäle16, 17. Das Lidocainpflaster ist   dass bei lokalisierten neuropathischen
u Nervenleitgeschwindigkeit (NLG)           zur Linderung der Symptome neuropathi-        Schmerzen der primäre Einsatz der topi-
u Konfokale korneale Mikroskopie (wird      scher Schmerzen nach einer Herpes-Zos-        schen Therapieoptionen vorteilhaft sein
   in wenigen spezialisierten Zentren an-   ter-Infektion bei Erwachsenen zur Mono-       kann. Aufgrund des geringen Risikos für
   geboten)                                 oder Kombinationstherapie zugelassen14.       systemische und zentrale Nebenwirkun-
                                            Die aktuelle DGN-Leitlinie vom Mai 20199      gen und Medikamentenwechselwirkungen
DIE THERAPIE                                empfiehlt es grundsätzlich als Zweitlinien-   sollte der primäre Einsatz vor allem bei
NEUROPATHISCHER SCHMERZEN                   therapie bei lokalisierten neuropathischen    älteren Patientinnen und Patienten, multi-
Die Palette an Arzneimitteln, die für die   Schmerzen, bei Post-Zoster-Neuralgie sei      morbiden Personen und Menschen unter
Behandlung neuropathischer Schmerzen        der primäre Einsatz zu erwägen.               Polymedikation oder mit eingeschränkter
verfügbar sind, hat sich in den vergange-                                                 Organfunktion erfolgen, wie die Experten-
nen Jahren erweitert. Es kommen topi-       Capsaicin ist ein selektiver Agonist des      gruppe betonte. Auch die Präferenz der
sche und systemische Medikamente zum        TRPV1-Rezeptors (Transienter Rezep-           Patientinnen und Patienten, die Complian-
Einsatz, wobei auch eine Kombination        tor-Potential-Kationenkanal der Unter-        ce sowie die Dringlichkeit einer wirksamen
von Substanzen aus beiden Anwendungs-       familie V Subtyp 1), der nach Applikation     therapeutischen Intervention sollten in die
formen in Betracht kommt.                   eines Hochdosis-Pflasters (8 %) zu einer      Entscheidung für einen möglichen primä-

4   SCHMERZ NACHRICHTEN Nr. 1c | Februar 2020
CHRONISCHE PERIPHERE NEUROPATHISCHE SCHMERZEN: Diagnose und Therapie in der Praxis - Dr. Waltraud Stromer
Tabelle 3: MEDIKAMENTE UND DOSIERUNGEN BEI NEUROPATHISCHEN SCHMERZEN.
Die Tabelle bildet nur eine Auswahl an Substanzen ab. Für eine vollständige Auflistung der Nebenwirkungen und Kontraindikationen, s. jeweilige Fach-
information (Stand 2019). Bitte den jeweiligen Zulassungsstatus der Medikamente beachten.

ARZNEISTOFF STARTDOSIS
   AUFDOSIERUNG       BESONDERHEITEN UND
		 ZIELDOSIS (ZD)     WICHTIGE NEBENWIRKUNGEN
		 Maximaldosis pro
		 Tag (d) (Max)
ANTIKONVULSIVA
Gabapentina    3 x 100 mg bzw. Täglich um 300 mg steigern bis 1.200 mg/d,                              Müdigkeit, Schwindel, Gangunsicherheit, periphere
(Kalziumkanal, 1 x 300 (Beginn dann falls erforderlich wöchentlich um                                  Ödeme, kaum Interaktionen, Dosis an Nierenfunktion
α2δ)           mit abendlicher 600 mg steigern. ZD: 1.200–3.600 mg/d,                                  anpassen, verzögerter Wirkbeginn
               Dosis)          3(–4) Dosen. Max: 3.600 mg/d

Pregabalinb    2 x 50–75 mg    Nach 3–7 Tagen Steigerung um 50–75 mg                                   Müdigkeit, Schwindel, Gangunsicherheit, periphere
(Kalziumkanal, (Beginn mit     auf 150 mg/d, dann falls erforderlich                                   Ödeme, Gewichtszunahme, wirkt anxiolytisch, kaum
α2δ)           abendlicher     wöchentlich um 150 mg steigern                                          Interaktionen, lineare Plasmakonzentration, Dosis an
               Dosis)          ZD: 150–600 mg/d, 2 Dosen. Max: 600 mg/d                                Nierenfunktion anpassen, verzögerter Wirkbeginn

Carbamazepin   100–400 mg      200 mg alle 3–7 Tage                                                    Goldstandardsubstanz bei Trigeminusneuralgie, kog-
retardc        (abends)        ZD: 600 mg/d, 2 Dosen. Max: 1.200 mg/d                                  nitive Beeinträchtigung, Blutbildveränderungen, Leber-
(Natriumkanal)			                                                                                      schäden, Hyponatriämie, Hautausschlag, Medikamenten-
			                                                                                                    interaktionen wegen Enzyminduktion, langsame
			                                                                                                    Aufdosierung notwendig

ANTIDEPRESSIVA
Amitriptylinb  10–25 mg  10–25 mg alle 7 Tage                                                          Müdigkeit, Schwindel, Sedierung (Sturzgefahr!),
(TCA; 5HT, NA) (abends)  ZD: 25–75 mg/d als Einmalgabe unretardiert                                    Miktions- und Akkommodationsstörungen, Hypotonie,
		                       abends, bei begleitender Depression                                           Gewichtszunahme, CYP-Interaktionen, langsame
		                       75–150 mg                                                                     Aufdosierung notwendig, Alter und Gewicht des
		 Max: 150 mg/d                                                                                       Patienten müssen bei der Dosierung berücksichtigt
			                                                                                                    werden, kardiale Nebenwirkungen (EKG-Kontrollen!),
			                                                                                                    Cave: bekannte Herzrhythmusstörungen, Herzinsuffizienz,
			                                                                                                    Glaukom, Prostatahyperplasie

Duloxetind     30–60 mg  30 mg alle 4–7 Tage                                                           Übelkeit, Erbrechen, Mundtrockenheit, Blutdruck-
(sSNRI)        (morgens) ZD: 60 mg/d morgens (evtl. bis 120 mg)                                        anstieg, CYP-Interaktionen, Dosisanpassung bei
		 Max: 120 mg/d                                                                                       Rauchern (Wirkungsverlust), keine Kombination
			                                                                                                    mit Tramadol, Triptanen oder Johanniskrautpräparaten,
			                                                                                                    Einnahme mit dem Essen reduziert Übelkeit

OPIOIDE
Tramadol retardf        2(–3) x 50–             50–100 mg alle 3–4 Tage                                Übelkeit, Hypotonie, Dosisreduktion bei eingeschränkter
                        100 mg                  ZD: 100–200 mg/d, 2(–3) Dosen                          Nierenfunktion. Cave: keine Kombination mit seroto-
                        1 x 150 mg              Max: 600 mg/d                                          nergen Substanzen oder Duloxetin

Oxycodon retardf 2(–3) x 5–10 mg Individuell                                                           Übliche Opioid-NW, Dosisreduktion bei Leber- oder
		 Max bei Tumorpatienten: 400 mg/d                                                                    Niereninsuffizienz

Buprenorphin TTSf 5–20 µg/Stunde Individuell                                                           Übliche Opioid-NW, keine Dosisreduktion bei ein-
(Schmerzpflaster) 35 µg/Stunde		                                                                       geschränkter Nierenfunktion. Cave: Es gibt Pflaster
			                                                                                                    mit Wirkdauer 3 oder 7 Tage

MOR/NRI
Tapentadol 2 x 50 mg 100 mg alle 3–4 Tage           Übliche Opioid-NW bei geringerer Obsti-
retarde, f		         ZD: 100–200 mg/d, 2(–3) Dosen. pation und Absetzproblematik
		 Max: 500 mg/d
TOPISCHE THERAPIEN
Lidocain-Pflasterg      5 % (700 mg);    1–3 Pflaster täglich Erythem und Unverträglichkeitsreaktionen am
(Natriumkanal)          10 x 14 cm; 1 x		                     Applikationsareal, kaum systemische Nebenwirkungen
                        täglich bis zu 		                     oder Medikamentenwechselwirkungen
                        12 Stunden Pause

Capsaicin-
 8 % (179 mg);     1–4 Pflaster pro Anwendung Erythem, Rötung, Brennschmerz und Unverträglich-
Pflastera (TRPV1-
 14 x 20 cm;       alle 3 Monate oder später  keitsreaktionen am Applikationsareal, temporäre
Rezeptor)
 1 x 30 min bzw. 		                           Schmerzzunahme ggf. mit Blutdruckanstieg, keine
 vmin; mind. 90		                             systemischen Nebenwirkungen oder Medikamen-
 Tage Pause		                                 tenwechselwirkungen

CYP = Cytochrom P450; NA = noradrenerg; NW = Nebenwirkungen; sSNRI = selektive Serotonin/-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer; TCA = trizyklische Antidepressi-
va; TRPV1 = Transient Receptor Potential Vanilloid 1; TTC = transdermales therapeutisches System; zugelassen für aperiphere neuropathische Schmerzen; bneuropathische
Schmerzen; cTrigeminusneuralgie; d diabetische Polyneuropathie; elangfristige/chronische Schmerzen; fmäßig starke/starke Schmerzen gPost-Zoster-Neuralgie (PZN).

                                                                                                         SCHMERZ NACHRICHTEN Nr. 1c | Februar 2020                 5
CHRONISCHE PERIPHERE NEUROPATHISCHE SCHMERZEN: Diagnose und Therapie in der Praxis - Dr. Waltraud Stromer
Abbildung 1: SCREENING- UND DIAGNOSETOOLS IM ÜBERBLICK

Zusammenstellung der Hilfsmittel für Screening, Diagnose und Therapie neuropathischer Schmerzen in der Praxis. Alle Elemente
können unter https://www.cme-point.de/fortbildungen-3/schmerztherapie/neuropathische-schmerzen im PDF-Format abgerufen
werden.

TOOL

GPS – General Pain Screener                      Patient und Medizinische Fachkraft                          Der Schmerz 32 (Suppl 1) 2018
u 5 Basisfragen
u Wird vom Patienten im
  Wartezimmer ausgefüllt

DN4-Fragebogen                                   Patient und Medizinische Fachkraft                          Siehe Abb. 2
u 2 Basisfragen an den Patienten
u Körperliche Untersuchung

painDETECT®-Fragebogen                           Patient und Medizinische Fachkraft                          www.pain-detect.de
u Fragen zu Hinweisen auf
  neuropathische Schmerzen
u Wird vom Patienten im
  Wartezimmer ausgefüllt

Diagnose-Algorithmus                             Arzt                                                        Siehe Abb. 4
u Diagnose: Neuropathischer Schmerz
u Abklärung der Schmerzausbreitung
u Wird vom Arzt ausgefüllt

ren Einsatz einfließen. Für den Erfolg der   Als systemische pharmakologische The-                  Die Expertengruppe betont, dass die
topischen Therapie ist ein frühzeitiger      rapie erster Wahl werden Antikonvulsi-                 Auswahl der geeigneten Opioide Mecha-
Start der Anwendung von Vorteil16.           va mit Wirkung auf neuronale Kalzium-                  nismus-orientiert differenziert erfolgen
                                             kanäle (Gabapentin, Pregabalin) sowie                  muss: Eine antineuropathische Wirksam-
Ähnliche Aussagen bezüglich des pri-         tri- und tetrazyklische Antidepressiva                 keit weisen das schwache Opioid Trama-
mären Einsatzes von topischen Thera-         empfohlen.9 Ebenfalls als Therapie ers-                dol sowie die starken Opioide Oxycodon,
pien finden sich auch ein einer aktuellen    ter Wahl gilt der selektive Serotonin-/                Buprenophin und Tapentadol auf.24 Zur
französischen Expertenempfehlung17 und       Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer                      Veminderung einer Opioid-induzierten
deutschen Publikationen18.                   Duloxetin, der allerdings nur zur Be-                  Obstipation kann während der Thera-
                                             handlung der diabetischen Neuropathie                  piedauer die Gabe von Laxanzien oder
Bei Verwendung des 5%igen Lido-              zugelassen ist 19. Das auf neuronale Na-               von peripher wirkenden µ-Opioidrezep-
cain-Pflasters sollte bei nicht zufrieden-   triumkanäle wirkende Antikonvulsivum                   tor-Antagonisten erforderlich sein.25, 26
stellender Schmerzlinderung direkt der       Carbamazepin spielt insbesondere in
Wechsel auf eine systemische Therapie        der Behandlung der Trigeminusneuralgie                 Botulinumtoxin kann zur Therapie neuro-
erfolgen oder zunächst eine topische The-    eine wichtige Rolle9.                                  pathischer Schmerzen in Betracht gezogen
rapie mit 8%igem Capsaicin in Erwägung                                                              werden, allerdings nur als Drittlinienthera-
gezogen werden. Auch eine Kombination        A u c h O p i o i d e b z w . d e r μ- O p i o i d -   pie bei lokal begrenzten Beschwerden.9
aus topischer und systemischer Therapie      Rezeptoragonist/Noradrenalin-Wieder-
kann sinnvoll oder notwendig sein12.         aufnahmehemmer (MOR/NRI) Tapenta-                      Orale Cannabinoide kommen als Dritt-
                                             dol können in der Therapie chronischer                 linien- bzw. Add-on-Therapie nach Aus-
Systemische Therapieoptionen                 neuropathischer Schmerzen eingesetzt                   schöpfung der anderen empfohlenen
Kommt eine systemische Therapie in Be-       werden20, 21, 22, wobei sie nach Ansicht der           Maßnahmen in Betracht27.
tracht, muss die individuell geeignete       interdisziplinären Gruppe von Expertin-
Dosierung in Abhängigkeit von Wirkung        nen und Experten besonders bei starken                 Eine Kombination aus Substanzen mit
und Nebenwirkungen durch sorgfältige         Schmerzen und dem Bedarf für einen ra-                 unterschiedlichen Wirkmechanismen
Titration ermittelt werden. Die Auswahl      schen therapeutischen Effekt ihren Stel-               kann, auch wegen möglicher synergisti-
sollte anhand des zugrundeliegenden          lenwert haben. Bei den meisten Untersu-                scher Effekte, erfolgreich sein28, 29. Aller-
Krankheitsbildes, des Nebenwirkungs-         chungen zum Einsatz von Opioiden bei                   dings muss in einer solchen Konstellation
profils und der Komorbiditäten sowie         peripheren neuropathischen Schmerzen                   besonderes Augenmerk auf potenzielle
unter Berücksichtigung von Komedika-         handelt es sich um eine Kurzzeitanwen-                 Wechselwirkungen gelegt werden, wie
tion und Kontraindikationen erfolgen.        dung23, Langzeitdaten fehlen.                          die Expertengruppe betont.

6   SCHMERZ NACHRICHTEN Nr. 1c | Februar 2020
CHRONISCHE PERIPHERE NEUROPATHISCHE SCHMERZEN: Diagnose und Therapie in der Praxis - Dr. Waltraud Stromer
Abbildung 2: DN4–FRAGEBOGEN (modifiziert nach Bouhassira D. et al. 2005)11        Bei Einleitung einer systemischen
                                                                                  Schmerzbehandlung ist ein systemati-
         Beantworten Sie bitte die folgenden vier Fragen.                         sches Therapiemonitoring erforderlich,
         Kreuzen Sie zu jedem Punkt nur eine Antwort an.                          auch um im Bedarfsfall eine Anpassung
                                                                                  oder Änderung der Therapiestrategie vor-
         BEFRAGUNG DER PATIENTIN/DES PATIENTEN
                                                                                  zunehmen.

         1            Weist der Schmerz eines oder                                In Tabelle 3 finden sich Dosisempfehlun-
                                                                                  gen der gebräuchlichen Substanzen zur
                      mehrere der folgenden Merkmale auf?
                                                                                  Behandlung neuropathischer Schmerzen.

                      Brennen                             Ja          Nein        In Abbildung 4 ist ein von der Experten-
                                                                                  gruppe empfohlener Therapie-Algorith-
                      Gefühl einer                                                mus zusammengefasst, der die praktische
                                                          Ja          Nein        Vorgangsweise bei der Therapie periphe-
                      schmerzhaften Kälte
                                                                                  rer neuropathischer Schmerzen unter-
                                                                                  stützen soll. Bei lokalisierten Schmerzen
                      Elektrische Schläge                 Ja          Nein        kann der primäre Einsatz von topischen
                                                                                  Therapieoptionen vorteilhaft sein (für De-
                                                                                  tails siehe Seite 5 ff.), bei generalisierten
                                                                                  (diffusen) Schmerzen sind bevorzugt sys-
         2            Treten die folgenden Beschwerden zusammen                   temische Therapien einzusetzen.
                      mit den Schmerzen im selben Körperbereich auf?
                                                                                  Weitere Anmerkungen zur Therapie
                      Kribbeln                            Ja          Nein        Die Wirksamkeit einer eingeleiteten
                                                                                  Schmerztherapie sollte bei allen thera-
                                                                                  peutischen Optionen erst nach Ablauf
                      Pieksen                             Ja          Nein
                                                                                  einer entsprechenden Zeit und unter aus-
                                                                                  reichender Dosierung beurteilt werden.
                      Taubheitsgefühl                     Ja          Nein
                                                                                  Zusätzlich zu einer laufenden Pharmako-
                      Juckreiz                            Ja          Nein        therapie ist ein multimodaler schmerzthe-
                                                                                  rapeutischer Ansatz häufig unverzichtbar,
         UNTERSUCHUNG DER PATIENTIN/DES PATIENTEN                                 bei dem in spezialisierten Einrichtungen
                                                                                  die medikamentösen Verfahren durch
                                                                                  nichtmedikamentöse Verfahren aus der
     3              Sind die Schmerzen in einem Bereich lokalisiert, in           Physio-, Sport- und Psychotherapie er-
                    dem die körperliche Untersuchung Folgendes zeigt?             gänzt werden.

                                                                                  Zeigen konventionelle Therapien keine
                    Hypoästhesie bei                                              ausreichende Wirksamkeit, stehen auch
                                                         Ja           Nein
                    Berührung                                                     periphere lokale Nervenblockaden oder
                                                                                  die intrathekale Applikation von Medika-
                                                                                  menten mittels Schmerzpumpen zur Ver-
                    Hypoästhesie bei                                              fügung. Weitere invasive Verfahren sind
                                                         Ja           Nein
                    Nadelreizen                                                   die Spinal Cord Stimulation (SCS) oder
                                                                                  die Dorsal Root Ganglion Stimulation,
                                                                                  die in spezialisierten Zentren zum Einsatz
                                                                                  kommen.

     4              Werden die Schmerzen aufgelöst oder
                                                                                  Ist die Diagnose des peripheren neuro-
                    verschlimmert durch:                                          pathischen Schmerzes nicht eindeutig,
                                                                                  empfiehlt die Expertengruppe eine fach-
                    Reiben                               Ja           Nein        ärztliche Überweisung für eine weitere
                                                                                  Abklärung.

                                                                                  ALLGEMEINE EMPFEHLUNGEN
             Ja: 1 Punkt                    Ergebnis von ≥ 4:                     FÜR DIE PRAXIS
             Nein: 0 Punkte                 Neuropathischer Schmerz               Geduld und eine gute Kommunikation
                                                                                  zwischen Behandelnden und Behandelten
                                                                                  ist wichtig, um die individuell am besten

                                                                             SCHMERZ NACHRICHTEN Nr. 1c | Februar 2020       7
CHRONISCHE PERIPHERE NEUROPATHISCHE SCHMERZEN: Diagnose und Therapie in der Praxis - Dr. Waltraud Stromer
Abbildung 3: DIAGNOSE-ALGORITHMUS FÜR NEUROPATHISCHEN SCHMERZ (modifiziert nach Treede et al. 200813)

                                                   SCHMERZ

    1. Anamnese                                                                                            Neuropathischer
                         Anamnese deutet auf relevante Nervenläsion oder -erkrankung
                                                                                                  Nein        Schmerz
    2. Anatomie             hin und Schmerzausbreitung neuroanatomisch plausibel                           unwahrscheinlich

                                                        Ja

                          Arbeitshypothese: möglicherweise neuropathischer Schmerz

                         a. Negative oder positive sensorische Befunde, begrenzt auf
                                                                                                           Neuropathischer
                            das Innervationsgebiet der geschädigten Nervenstruktur               Weder a
    3. Untersuchung                                                                                            Schmerz
                         b. Diagnostische Tests bestätigen Läsion oder Erkrankung,               noch b     nicht bestätigt
                            auf die der neuropathische Schmerz zurückzuführen ist

                              Neuropathischer Schmerz wahrscheinlich (a oder b)
                                          ODER gesichert (a und b)

                        Peripher: repro-       Peripher: Nicht re-        Peripher: Nicht re-
    4. Beschreibung
                        duzierbare/s und        produzierbare/s            produzierbare/s
      des Schmerz-      umschriebene/s        und umschriebene/s         und umschriebene/s
      areals             Schmerzareal/e         Schmerzareal/e             Schmerzareal/e

                           Lokalisierter              Diffuser            Leitlinie: zentraler
                         neuropathischer          neuropathischer          neuropathischer
                            Schmerz                  Schmerz                    Schmerz

geeignete Therapie zu finden. In die Dia-   gung von sozialen und/oder beruflichen
gnose und insbesondere auch die Wahl        Aktivitäten umfassen.
der Therapie sollten Patientinnen und Pa-
tienten partizipativ miteinbezogen wer-     Bei der pharmakologischen Schmerzbe-
den.                                        handlung sollte bei vergleichbarer Wirk-
                                            samkeit unter Berücksichtigung der Ko-
Um eine langfristige Adhärenz zu unter-     morbiditäten immer die nebenwirkungsär-
stützen und zu hoch gesteckte Ansprüche     mere Therapie gewählt werden und in re-
an die Behandlung zu vermeiden, sollten     gelmäßigen Abständen deren Wirksamkeit
die Therapieziele im Vorfeld ausführlich    und Nebenwirkungen evaluiert werden. Zur
mit Patientinnen und Patienten bespro-      Verbesserung der Compliance sollten Pati-
chen werden.                                entinnen und Patienten vor Therapiebeginn
                                            auch über den Ablauf der Dosisfindung
Therapieziele bei der Behandlung neuro-     oder einen möglichen verzögerten Wirk-
pathischer Schmerzen sollten neben einer    beginn informiert werden. Feste Kontroll-
Schmerzreduktion um ≥30 Prozent auch        termine können die Therapietreue fördern.
die Verbesserung der Lebens- und Schlaf-
                                            Quelle: 3. Qutenza® Expertenmeeting: Diagnose und
qualität, die Verbesserung der Funktiona-   Therapie der schmerzhaften peripheren Neuropathie:
lität und die Erhaltung oder Wiedererlan-   Behandlung in der Praxis, 7. November 2019, Wien

8     SCHMERZ NACHRICHTEN Nr. 1c | Februar 2020
CHRONISCHE PERIPHERE NEUROPATHISCHE SCHMERZEN: Diagnose und Therapie in der Praxis - Dr. Waltraud Stromer
Abbildung 4: ANAMNESE PERIPHERER NEUROPATHISCHER SCHMERZEN

                                  Anamnese ergibt Hinweis
                                auf neuropathische Schmerzen

       Diagnose gesichert                                                          Diagnose unklar

         Therapiebeginn                                                             Therapiebeginn

                                                                                         R
                                                                           Überweisung an Fachmediziner für
        Therapie wirksam
                                                                             weitere diagnostische Schritte

                                      Therapie unwirksam

    Fortsetzung der Therapie
                                Überweisung an Fachmediziner für
                                  weitere diagnostische Schritte

                                                                   SCHMERZ NACHRICHTEN Nr. 1c | Februar 2020   9
CHRONISCHE PERIPHERE NEUROPATHISCHE SCHMERZEN: Diagnose und Therapie in der Praxis - Dr. Waltraud Stromer
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     Neurologie (Hrsg.), Leitlinien für Diagnostik und          Juni 2019                                              side. Lancet Neurol 2013;12(11):1084–1095

10    SCHMERZ NACHRICHTEN Nr. 1c | Februar 2020
Abbildung 5: THERAPIE-ALGORITHMUS FÜR NEUROPATHISCHE SCHMERZEN

                                            KRITERIEN                            PERIPHERE LOKALISIERTE NEUROPATHIEN                                              PERIPHERE GENERALISIERTE NEUROPATHIEN

                                            THERAPIE                                          Topische Therapie erwägen*                                                     Systemische Therapie erwägen*

                                                                       Capsaicin 179 mg (8%) Pflaster            Lidocain 700 mg (5%) Pflaster                        Antikonvulsiva (z. B. Pregabalin, Gabapentin)
                                                                          Einmalige Anwendung                    Anwendung bis zu 1 x täglich,                        Antidepressiva (z. B. Duloxetin, Amitriptylin)
                                                                               alle 3 Monate                               12 Stunden                               Retadierte Opioide (z. B. Tramadol, Buprenorphin)
                                                                                                                                                                                 MOR/NRI (Tapentadol)

                                            ÜBERPRÜFUNG                                    Keine Therapieeinstellung nötig                                                       Therapieeinstellung†
                                            DER RESULTATE                                    Therapiekontrolle** zeitnah                                                      Therapiekontrolle** zeitnah

                                                                      Zufriedenstellende            Nicht zufrieden-            Keine Schmerz-          Zufriedenstellende          Nicht zufrieden-            Keine Schmerz-
                                                                    Schmerzlinderung und          stellende Schmerz-         linderung und/oder       Schmerzlinderung und        stellende Schmerz-         linderung und/oder
                                                                     gute Verträglichkeit         linderung und gute               schlechte           gute Verträglichkeit       linderung und gute               schlechte
                                                                                                     Verträglichkeit            Verträglichkeit                                      Verträglichkeit            Verträglichkeit

                                            ANGEPASSTE                Jeweilige Therapie                                                                Jeweilige Therapie
                                            THERAPIE                     fortsetzen††                                                                      fortsetzen††

                                                                    Capsaicin   Lidocain        Capsaicin     Lidocain     Therapiewechsel:                  Therapie-              Dosissteigerung           Therapiewechsel
                                                                    wieder-     fortsetzen      2. Versuch    Therapie-    Capsaicin  Lidocain           fortsetzung††              und/oder                   und/oder
                                                                    holen ***   (bis zu 1       gerecht-      wechsel:     oder systemische                                         Kombinations-              Kombinations-
                                                                                x tägl., 12     fertigt ***   Capsaicin    Therapie††                                                 therapie††                 therapie††
                                                                                Stunden)        ggf.          oder sys-
                                                                                                Add-on        temische
                                                                                                systemi-      Therapie
                                                                                                sche
                                                                                                Therapie

                                            *) Aktuelle Zulassungsindikationen berücksichtigen; **) Schmerzreduktion, Verträglichkeit, Verbesserung von Schlaf, Funktionalität, Lebensqualität und/oder Compliance; ***) Frühestens

SCHMERZ NACHRICHTEN Nr. 1c | Februar 2020
                                            nach drei Monaten; † ) Intensives Therapiemonitoring über die Einstellungsphase von bis zu vier Wochen; ††) Die Therapie sollte in regelmäßigen Abständen bewertet werden. Außerdem bei

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                                            systemischer Therapie: kritische Reflexion der Therapie nach drei bis sechs Monaten. Die Abbildung bildet nicht exakt die einzelnen Leitlinienstufen ab.
Thinkstock

Gender-Mainstreaming-Policy: Wir sind bemüht, in den Texten Männer wie Frauen in gleicher Weise sichtbar zu machen und verwenden daher an
vielen Stellen sowohl die männliche als auch die weibliche Personen- oder Berufsbezeichnung. Im Interesse der Lesbarkeit wird aber auch immer
wieder nur eine Form verwendet, wobei es sich ausdrücklich um keine Bevorzugung eines Geschlechts handelt.

IMPRESSUM: SCHMERZNACHRICHTEN. Zeitschrift der Österreichischen Schmerzgesellschaft; Herausgeber: Österreichische Schmerzgesellschaft;
Medieninhaber und Verlag: B&K Bettschart&Kofler Kommunikationsberatung GmbH; Medieninhaber-, Verlags- und Redaktionsadresse: 1090 Wien,
Liechtensteinstr. 46a; A-7100 Neusiedl, Untere Hauptstraße 99/3/2; Geschäftsführung und Chefredaktion: Mag. Roland Bettschart, Dr. Birgit Kofler;
Hersteller: Donau Forum Druck; Verlags- und Herstellungsort: Wien; Lektorat: Susanne Hartmann; Projektmanagement: Monica Friedmann, BA;
Grafische Gestaltung: Patricio Handl; Fotos: Anna Rauchenberger
Diese Sondernummer der Schmerznachrichten erscheint mit freundlicher Unterstützung von Grünenthal.                      M-QZA-AT-01-20-0016

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