Auf einen Blick: Burn-out-Syndrom und Depression: Eine oder zwei Seiten einer Medaille? - Krause ...

 
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Auf einen Blick: Burn-out-Syndrom und Depression: Eine oder zwei Seiten einer Medaille? - Krause ...
Journal für

 Neurologie, Neurochirurgie
 und Psychiatrie
             www.kup.at/
 JNeurolNeurochirPsychiatr   Zeitschrift für Erkrankungen des Nervensystems

Auf einen Blick: Burn-out-Syndrom
                                                                               Homepage:
und Depression: Eine oder zwei
                                                                       www.kup.at/
Seiten einer Medaille?                                           JNeurolNeurochirPsychiatr

Akimova E, Kasper S                                                    Online-Datenbank
                                                                         mit Autoren-
Journal für Neurologie
                                                                      und Stichwortsuche
Neurochirurgie und Psychiatrie
2012; 13 (4), 190-193

                                                                                            Indexed in
                                                               EMBASE/Excerpta Medica/BIOBASE/SCOPUS

 Krause & Pachernegg GmbH • Verlag für Medizin und Wirtschaft • A-3003 Gablitz
 P.b.b. 02Z031117M,            Verlagsor t : 3003 Gablitz, Linzerstraße 177A /21           Preis : EUR 10,–
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EINLADUNG ZUM WEBINAR
   MS UND DIE VERBORGENEN
   SYMPTOME DER KOGNITION
                      Freitag, 12. November 2021 | 16.00 bis 18.00 Uhr
  Erkenntnisse zum Thema “MS & Kognition” werden von nationalen und
  internationalen Experten und Expertinnen vorgetragen. Die Vorträge decken
  die wissenschaftliche Perspektive über Diagnose, neuropsychologische
  Aspekte als auch die Patientensicht eines Betroffenen ab.                                                             Hier geht´s zum Programm

  Wissenschaftlicher Vorsitz
                                                                                                REFERENT*INNEN
                                    Univ.-Prof. Dr. Christian Enzinger                                           Univ.-Prof. Dr.                               Prof. Dr. Dipl.-Psych.
                                    MBA, FEAN                                                                    Christian Enzinger                            Iris-Katharina Penner
                                    Uniklinik Graz
                                                                                                                 MBA, FEAN                                     Düsseldorf
                                                                                                                 Uniklinik Graz

                                                                                                                 Prim. Univ.-Prof. Dr.                         Priv.-Doz. Mag. Dr.
                                                                                                                 Elisabeth Fertl                               Daniela Pinter
                                                                                                                 Wien                                          Uniklinik Graz

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   https://medahead-fortbildung.at/event/ms-und-kognition-2021/
                                                                                                                     Entsprechende Vorkehrungen für die Veranstaltung und bei der Veranstaltung werden
                                                                                                                     nach der aktuellen COVIDGesetzgebung bzw. COVID-Verordnung getroffen.
                                                                  Live-Übertragung aus Wien                          Laut Regelwerk der Ärztekammer (Ärztlicher Verhaltenskodex) und Pharmaindustrie
                                                                                                                     (Pharmig Verhaltenskodex) gilt diese Einladung ausschließlich für Ausübende von
                                                                                                                     Gesundheitsberufen und ist nicht übertragbar.

                                                                                                                                                  Novartis Pharma GmbH
                                                                                                                                                  Jakov-Lind-Straße 5 / Top 3.05, 1020 Wien
                                             Mit freundlicher Unterstützung der Novartis Pharma GmbH                                              Tel.: 01-866 57-0, Fax.: 01-866 57 16369, www.novartis.at
                                                                                                                                                  Datum der
                                                                                                                                                        der Erstellung
                                                                                                                                                            Erstellung 10/2021
                                                                                                                                                                       11/2021 AT2110041868
                                                                                                                                                                                AT2111021580

                          Schlaganfall Akademie
                          Fortbildungsreihe zum Thema Stroke

                          ÖGSF Online-Fortbildung
                          Management raumfordernder Hirninfarkte
                          15. November 2021 14.00 bis 15.00 Uhr

                                                                                                                          Referent:
                                                                                               Priv.-Doz. DDr. Simon Fandler-Höfler
                                                                                                             Universitätsklinik für Neurologie
                                                                                                               Medizinische Universität Graz

                                  Jetzt online unter
                                                                                                                   Onlineanmeldung
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                          Die Teilnahme an dieser Fortbildungsveranstaltung ist Angehörigen der Fachkreise
                          gemäß Pharmig VHC Artikel 2.2 vorbehalten und ist nicht übertragbar.

                          Wissenschaftlicher Fortbildungsanbieter:
                          Österreichische Schlaganfall Gesellschaft, 1070 Wien                                                    Mit freundlicher Unterstützung von
Auf einen Blick

                     Burn-out-Syndrom und Depression:
                    Eine oder zwei Seiten einer Medaille?
                                                          E. Akimova, S. Kasper

                            Universitätsklink für Psychiatrie und Psychotherapie, Medizinische Universität Wien

 Einleitung                                                           medialer Darstellung des Phänomens. Zahlreiche seit einem
                                                                       Jahr in Spiegel Online publizierte Beiträge, zuletzt unter dem
Burn-out: Die Entstehung der Begriffs-                                 Titel „Nach dem Burn Out – Es könnte jederzeit wieder pas-
verwendung                                                             sieren“ [9], illustrieren jedoch auf den ersten Blick nur, dass
Der Begriff „Burn-out“ im Zusammenhang mit psychischer                 sich das Thema aus Sicht der Medien verkauft. Wie immer bei
Erschöpfung ist keine Wortschöpfung der Psychologie, Psy-              Modebegriffen ist unklar, ob die mediale Aufmerksamkeit mit
chiatrie oder klinischen Medizin, sondern der Literatur. In sei-       der Zahl der Betroffenheit steigt oder umgekehrt. Schon vor
nem Roman A Burnt-Out Case griff Graham Greene im Jahr                 beinahe einem Jahrzehnt wurde unter dem naheliegenden
1960 den schon im 16. Jahrhundert von Shakespeare gepräg-              Titel „Ist die Burn-out-Forschung ausgebrannt?“ [10] die
ten Begriff des „Ausbrennens“ für Zustände der psychischen             Beliebigkeit des Begriffs und dessen übermäßig häufiger Ge-
Erschöpfung sowie die dazu führenden Prozesse auf. Er cha-             brauch kritisiert. Die Tendenz, Burn-out als inflationär ge-
rakterisierte damit den Lebensweg eines gefeierten Architek-           brauchten Modebegriff ohne klaren Aussagegehalt zu brand-
ten, der vor seinem Erfolg in den Kongo flüchtet und dort              marken, übersieht jedoch, dass Burn-out auch einen Zustand
stirbt [1]. Gegenstand der medizinisch-wissenschaftlichen              schwer erkrankter Patienten beschreibt, der in engem Zusam-
Forschung im Sinne des heute üblichen Begriffsgebrauchs                menhang zur Depression steht und mit erhöhter Suizidalität
wurde die Burn-out-Thematik in den 1970er-Jahren. Der                  vergesellschaftet ist. Nicht übersehen werden dürfen auch die
amerikanische Psychoanalytiker Freudenberger, der den Be-              gesamtgesellschaftlichen Kosten des Phänomens, die wegen
griff bei Graham Greene entlehnt hatte, beobachtete bei Mit-           der unklaren Terminologie nur ungefähr bestimmt werden
arbeitern einer Suchtklinik lang andauernde Erschöpfungszu-            können.
stände und zunehmende Empfindungen der Unzulänglichkeit
im Berufsalltag [2]. Freudenbergers erstes Werk trägt folge-            Begriffsbestimmung
richtig den Titel The High Cost of High Achievement.
                                                                       Unter Burn-out werden insbesondere durch das breite popu-
Die Veränderung der Zielgruppe der Burn-out-                           lärwissenschaftliche Interesse, das die Thematik gefunden
Forschung                                                              hat, unterschiedlichste Zustände verstanden, die von der übli-
Zu den Kosten der Überbeanspruchung gehörte nach den frü-              chen Belastung am Arbeitsplatz bis zur Präsuizidalität reichen
hen Ergebnissen der rasch einsetzenden Erforschung des Phä-            [11]. Wie für den Begriff „Stress“, der oft als Bedingung des
nomens Burn-out auch zunehmende Distanzierung zu den ei-               Entstehens eines Burn-out genannt wird, besteht somit keine
genen Klienten. Maslach, im Jahre 1980 Verfasserin des                 einheitliche Terminologie. Maslach beschrieb Burn-out als
„Maslach Burnout Inventory“ [3], definierte in einer ihrer             Prozess, der verschiedene, sich sukzessive ablösende Zustän-
Veröffentlichungen mit dem Titel The Cost of Caring [4] die            de umfasst [12]:
Richtung der Forschung. Burn-out wurde ganz überwiegend                – Erschöpfung: Das Erleben körperlicher und insbesondere
als Phänomen helfender Berufe verstanden. Dies hat sich                   emotionaler Kraftlosigkeit ist zentraler Aspekt und folgt
inzwischen radikal geändert: Burn-out wird im heutigen                    chronischem Stress im Sinne einer subjektiv als solche
Sprachgebrauch längst als „Krankheit jedes Hedgefonds-                    empfundenen Überbelastung.
Managers und überhaupt jedes durchschnittlich getriebenen              – Depersonalisation: Das Verhältnis zu den Klienten wird
Geschäftsmanns verstanden, der sich unter Erfolgsdruck                    distanzierter und von Abstumpfung und Gefühllosigkeit
sieht“ [5]. Lehrern und Polizisten war schon 1992 eine um-                geprägt. Ausgeprägter Zynismus gegenüber den Bedürf-
fangreiche wissenschaftliche Untersuchung gewidmet, Ärzte                 nissen und Äußerungen der Klienten verstärkt die Distanz.
sind nach mehreren Studien eine besonders gefährdete Grup-             – Verlust des Vertrauens in die eigenen Fähigkeiten. Kraft-
pe. Je nach Fachrichtung soll die Zahl der Ausgebrannten bei              losigkeit und Verhaltensänderung werden subjektiv als
> 50 % liegen [6]. Die Betroffenheit ist aber längst nicht mehr           Versagen empfunden, was die negative Bewertung der
auf Berufstätige eines fordernden Berufs beschränkt: Auch                 eigenen Leistung verstärkt.
Angehörigen chronisch Kranker und Müttern [7] wurde in
wissenschaftlichen Arbeiten attestiert, zur Gruppe der Burn-           Dieses ursprüngliche Konzept wurde auch von Maslach in der
out-Gefährdeten zu zählen; genauso wurden Arbeitslose be-              Folge insofern modifiziert, als dass Burn-out nicht mehr nur
reits als Burn-out-gefährdet beschrieben [8].                          als Phänomen helfender Berufe verstanden wurde. Daher
                                                                       wird die Phase der Distanzierung und des sich gegenüber dem
Der „Medienhype“ um Burn-out                                           Berufsumfeld entwickelnden Zynismus nicht mehr nur auf
Dieser inflationäre Begriffsgebrauch wird angeheizt von um-            Klienten bezogen. In einem Artikel aus dem Jahr 2001 wird
fassender populärwissenschaftlicher Erörterung und breiter             Burn-out als Phänomen jeder Berufsgruppe beschrieben. We-

190   J NEUROL NEUROCHIR PSYCHIATR 2012; 13 (4)

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Auf einen Blick

sentlich ist der Beruf, wenn er das zentrale Element der vom
                                                                     Tabelle 1: Burn-out-Symptomatik. Mod. nach [11].
Patienten sich selbst zugewiesenen Daseinsberechtigung dar-
stellt [13].                                                         Phase                        Symptom

                                                                                    Anfangsphase (Warnsymptome)
 Diagnosestellung                                                   Verstärktes Engagement      Hyperaktivität
                                                                                                 Überzeugung der eigenen Uner-
Als Folge der Uneinheitlichkeit des Begriffsverständnisses                                       setzbarkeit
ergeben sich unverändert Schwierigkeiten bei der Diagnose-                                       Verleugnung eigener Bedürfnisse
stellung. In Gebrauch sind verschiedene Testverfahren, wie                                       Reduktion eigener sozialer Kontak-
das „Maslach Burnout Inventory“ (MBI), dessen aus dem Jahr                                       te auf das berufliche Umfeld
1981 stammendes Konzept im Wesentlichen unverändert                  Erschöpfung                 Gefühl nachlassender Energie
blieb, das „Oldenburg Burnout Inventar“ (OLBI), das „Ham-                                        Chronische Müdigkeit
burger Burnout Inventar“ (HBI) von Burisch, das vergleichs-                       Phase des reduzierten Engagements
weise neue „Copenhagen Burnout Inventory“ (CBI) aus dem                                          Desillusionierung
Jahr 2005 [14], der „Shirom-Melamed Burnout Question-                                            Gefühl, ausgenutzt zu werden
naire“ (SMBQ) und das als SBI bezeichnete „School Burnout                                        Größere Distanz zum beruflichen
                                                                                                 Umfeld
Inventory“ [12]. In Ermangelung standardisierter Diagnose-
                                                                                                 Nachlassende Bereitschaft zu
kriterien erscheint die Validität all dieser Testverfahren jedoch                                unbezahlter Mehrarbeit
fraglich, da unklar bleibt, was genau sie messen. Einen umfas-                                   Zynismus
senden Überblick über Phasen und diesen zuzuordnende                                             Gestörte Kommunikation mit
Symptome gibt die Burn-out-Symptomatik nach Burisch                                              Partner/Kindern
[15], die in Tabelle 1 verkürzt dargestellt wird.                                        Emotionale Reaktionen
                                                                     Schuldzuweisung an sich     Insuffizienzgefühle
Die Uneinigkeit in der Beurteilung des Burn-out-Syndroms             selbst, Depression (!)      Nachlassen der Selbstachtung
als eigenständiges Krankheitsbild oder als prozesshaften Ver-                                    Schwächegefühl
lauf unterschiedlicher pathologischer Zustände, die zur Aus-                                     Pessimismus, Apathie, Selbst-
prägung eines oder mehrerer Krankheitsbilder führen, spie-                                       mordgedanken
                                                                     Schuldzuweisung an andere, Häufige Konflikte, Kompromiss-
gelt sich auch darin, dass im ICD-10 weiterhin eine entspre-         Aggression                  losigkeit in Konflikten
chende Diagnose fehlt [16]. In Kapitel XXI findet sich unter                                     Launenhaftigkeit, Intoleranz
der Bezeichnung „Faktoren, die den Gesundheitszustand be-                                Abbau von Fähigkeiten
einflussen und zur Inanspruchnahme des Gesundheitswesens                                         Konzentrationsschwäche, Abbau
führen“ jedoch unter der Ziffer ICD-10: Z73.0 der Faktor                                         kognitiver wie kreativer Fähigkei-
„Ausgebranntsein: Burn-out, Zustand der totalen Erschöp-                                         ten, Entscheidungsunfähigkeit
fung“. Da das „Burn-out-Syndrom“ eine Vielzahl von Be-               Verflachung und Rückzug     Aus dem emotionalen, sozialen,
                                                                                                 geistigen Leben; Abbruch von
schwerden umfassen bzw. sich zu diesen entwickeln kann,                                          Kontakten, weitgehend fehlende
werden gegebenenfalls diese Krankheitsbilder angegeben                                           Empathie
[17]. In Betracht kommen etwa die depressive Episode (ICD-                            Psychosomatische Reaktion
10: F32) oder Reaktionen auf schwere Belastungen und An-                                         Denkbar an allen Organsystemen
passungsstörungen wie die Akute Belastungsreaktion (ICD-                                     Verzweiflung
10: F43.0), die Anpassungsstörung (ICD-10: F43.2) oder eine                                      Rückzug, Selbstaufgabe, Suizidalität
„sonstige Reaktion auf schwere Belastung“ (ICD-10: F43.8).
Als Diagnose nach ICD-10 herangezogen werden kann bei
Bestehen eines entsprechenden Zusammenhangs gegebenen-              Berücksichtigung somatischer Erkrankungen notwendig ist
falls auch die Diagnose einer Suchterkrankung wie schädli-          [17]. Einen Überblick über psychische sowie somatische Ur-
cher Gebrauch von Alkohol (ICD-10: F10.1) oder Alkohol-             sachen des Burn-out, aber auch darüber, dass nahezu alle Er-
abhängigkeitssyndrom (ICD-10: F10.2).                               krankungen (wie auch psychischen Störungen) zu so genann-
                                                                    ten Burn-out-Symptomen führen können, zeigt Tabelle 2.
Nach einer Empfehlung der Deutschen Psychiatriegesell-
schaft DGPPN sollte bei Patienten, die an einer im ICD-10            Burn-out-Syndrom und Depression
angeführten Krankheit bzw. Störung leiden, zunächst die Ver-
schlüsselung der diagnostizierten Erkrankung bzw. Störung           Das Verhältnis von Burn-out-Syndrom und Depression ist
erfolgen. Bestehen Anhaltspunkte für die Annahme, dass die-         ungeklärt. Die schwere Depression (Major Depression nach
se Erkrankung zumindest teilweise auf chronische Arbeits-           DSM-IV-TR) zeichnet sich durch folgende Symptome aus:
überlastung zurückgeht, sollte die Diagnose zusätzlich mit          depressive Verstimmung, Interesselosigkeit, Gewichtsverlust,
der Codierung Z73.0 versehen werden. Die DGPPN ver-                 vermehrter Schlaf oder Schlaflosigkeit, psychomotorische
spricht sich davon eine angemessene und systematische Be-           Unruhe, Verlangsamung, geringes Selbstwertgefühl, abneh-
rücksichtigung der Ätiologie einer ICD-10-Diagnose, falls           mende Konzentrationsfähigkeit, Müdigkeit und auch suizida-
diese mit Burn-out zu tun hat [17]. Umgekehrt können auch           le Gedanken. Mindestens 5 dieser Symptome müssen für > 2
psychische oder somatische Störungen bzw. Erkrankungen              Wochen vorhanden sein. Auch das Verhältnis zur Minor De-
Ursache eines Burn-out-Syndroms sein, sodass vor der Diag-          pression (DSM-IV-TR) ist ungeklärt. Diese wird diagnosti-
nose des Syndroms eine eingehende Diagnosestellung unter            ziert, wenn < 5, aber mindestens 2 depressive Symptome > 2

                                                                                         J NEUROL NEUROCHIR PSYCHIATR 2012; 13 (4)   191
Auf einen Blick

                                                                  hingewiesen, dass sich Patienten hinter der Diagnose Burn-
 Tabelle 2: Krankheiten/Störungen als Ursache von Burn-
 out-Störungen. Mod. nach [18].                                   out „verstecken“, um sich das Bestehen einer Depression
                                                                  nicht eingestehen zu müssen [21].
 Zuordnung             Bezeichnung der Erkrankung

 Somatische            Anämien, z. B. Eisenmangel                  Prävention
 Erkrankungen          COPD
                       Hypothyreose                               In einer deutschen Metaanalyse aus dem Jahr 2010 wurden 25
                       Infektionskrankheiten (HIV, Tuberkulose,   Studien auf die Überprüfung der Wirkung präventiver Maß-
                       Borreliose)                                nahmen hin untersucht [20]. Überwiegend handelte es sich
                       Degenerative Erkrankungen des ZNS          um persönlichkeitsorientierte Präventionsmaßnahmen; nur
                       Medikamentennebenwirkungen                 2 zielten ausschließlich auf die Organisation, einige berück-
                       Kardiovaskuläre Erkrankungen               sichtigten beide Ansätze. Personenbezogene Ansätze bezie-
 Psychiatrische        Dyssomnien
                                                                  hen sich auf kognitive Maßnahmen der Verhaltensmodifika-
 Erkrankungen          Depressive Störungen
                                                                  tion und die Entwicklung individueller präventiver Coping-
                       Somatisierungsstörungen
                                                                  strategien [22]. Unabhängig vom Ansatz zeigten die meisten
                       Generalisierte Angsterkrankung             Interventionsmaßnahmen zunächst deutliche Erfolge in der
                       Essstörungen                               Reduktion der Burn-out-Fälle, jedoch nur als kurzzeitige
                       Substanzmissbrauch                         Effekte. Die Wirkungsdauer der ganz oder teilweise auf die
                                                                  Organisation gerichteten Präventionsmaßnahmen, wie Ände-
                                                                  rung von Arbeitszeiten und präzise Definition von Aufgaben-
Wochen vorhanden sind. Die Gegenüberstellung der Sympto-          feldern und Verantwortlichkeiten [20], wurde immerhin als
me mit denen unterschiedlicher Phasen des Burn-out-Syn-           durchschnittlich doppelt so lange angegeben wie ausschließ-
droms nach dem in Tabelle 1 zusammengefassten Modell              lich personenbezogene Ansätze. Die Wirkung ließ aber nach
zeigt eine deutliche Überlappung. Beide Störungen bzw. Er-        12 Monaten ebenfalls deutlich nach. Die Autoren ziehen
krankungen können in einer Komorbidität parallel vorhanden        daraus den Schluss, dass Burn-out-Prävention ein dauernder
sein; das Burn-out-Syndrom kann aber auch als Faktor der          Prozess sein sollte, der durch ständige Auffrischungskurse
Genese einer depressiven Störung verstanden werden [18].          verstärkt werden muss [20]. Zum vergleichbaren Ergebnis
Erschöpfung ist das Kernsymptom jeder Burn-out-Diagnos-           gelangte eine Erweiterung dieser Untersuchung, die insge-
tik, aber ebenso ein depressives Kernsymptom, das sich häu-       samt 34 Präventionsprogramme aus unterschiedlichen Staa-
fig in den Erscheinungsformen Niedergeschlagenheit, Freud-        ten mit einem Schwerpunkt in den Niederlanden einbezog
losigkeit, Interessenverlust oder Antriebsminderung manifes-      [23]. Anzunehmen ist, dass bereits die Tatsache der Durchfüh-
tiert. Paralleles Auftreten von Erschöpfung und Depression        rung eines Präventionsprogramms den Betroffenen vermit-
existiert in der Diagnostik und Klassifizierung der Depression    telt, ernst genommen zu werden, und deshalb positive Effekte
seit langer Zeit und wurde in den Begriffen Erschöpfungs-         entfaltet.
depression oder Erschöpfungsreaktion zusammengefasst
[18]. Eine sinnvolle Abgrenzung wird im Schweregrad der            Therapie
depressiven Störung gesehen [18]. Das hat zur Folge, dass ein
schwerer Burn-out-Prozess zur klinisch relevanten Erschöp-        Entsprechend den zahlreichen Zugängen zum Phänomen
fungsdepression wird. Eine finnische Studie hat die Wahr-         Burn-out existiert eine Vielzahl unterschiedlicher Therapie-
scheinlichkeit des Auftretens einer Depression bei zunehmen-      ansätze. Nicht-medikamentöse Konzepte lassen sich grob in
dem Burn-out mit 50 % angegeben [19]. Burn-out und De-            personen- und organisationszentrierte Ansätze differenzieren
pression mögen daher durch die vorherrschende Betonung            [24]. Die Konzepte entsprechen den Herangehensweisen, die
beruflicher Ursachen beim Burn-out-Syndrom auf unter-             unter dem Aspekt der Prävention erörtert wurden.
schiedlichen Konzepten beruhen, münden aber in der identi-
schen Erkrankung. Dementsprechend werden auch Verzweif-           Die medikamentöse Therapie hängt zunächst davon ab, was
lung, Selbstaufgabe und Depression, wie Tabelle 1 zu entneh-      unter Burn-out-Syndrom verstanden wird und was genau the-
men ist, als schwerste Ausprägung eines Burn-out-Syndroms         rapiert werden soll [25]. Die Versorgungsleitlinie S3 „Unipo-
beschrieben. Eine schwere Form des Burn-out-Syndroms und          lare Depression“ der DGPPN enthält den Begriff Burn-out
das Vollbild einer Depression können klinisch nicht differen-     ebenso wenig wie den der Erschöpfung. Somatische sowie
ziert werden [20].                                                psychische Symptome können für kurze Zeit mit Antidepres-
                                                                  siva, Neuroleptika, Analgetika und Sedativa behandelt wer-
Auch insofern herrscht vor allem terminologische Unklarheit       den [21]. Die Liste der diskutierten Substanzen ist umfang-
und oft „unsaubere“ Begriffsverwendung: Nach Beobachtung          reich. Mehrere Untersuchungen weisen darauf hin, dass in
der DGPPN neigen Medien dazu, sozial schwächeren Patien-          Bezug auf die Gesamtbevölkerung nur wenige Patienten, die
ten die Diagnose Depression zuzuweisen, während „Leitfigu-        an einer depressiven Erkrankung leiden, adäquate Behand-
ren“ bei entsprechender Symptomatik angeblich unter dem           lung erfahren [26]. Entsprechendes ist für Patienten anzuneh-
Burn-out-Syndrom leiden. Durch die oft nicht einmal explizi-      men, die an einer schweren Form von Burn-out leiden, die
te Charakterisierung des Burn-out-Syndroms als „Krankheit         klinisch vom Vollbild einer Depression nicht zu unterscheiden
der Starken“ erfolge eine zusätzliche Stigmatisierung der         ist. Nicht selten erweisen sich die zu deren Behandlung einge-
„Schwachen“ und damit auch der Erkrankung Depression              setzten Psychopharmaka zunächst als wirkungslos, sodass
insgesamt [17]. In einer anderen Publikation wurde darauf         von einer therapieresistenten Depression gesprochen wird

192   J NEUROL NEUROCHIR PSYCHIATR 2012; 13 (4)
Auf einen Blick

[27]. In diesen Fällen können mit speziellen Behandlungs-      Literatur:                                       für Psychiatrie, Psychotherapie und Nerven-
                                                                                                                heilkunde (DGPPN) zum Thema Burnout.
verfahren dennoch Erfolge erzielt werden, wobei die Compli-    1. Greene G. A burnt-out case. Vintage Clas-
                                                                                                                07.03.2012. http://www.dgppn.de/publi-
                                                               sics, London, 2001.
ance der Patienten eine bedeutende Rolle spielt [28].                                                           kationen/stellungnahmen/detailansicht/
                                                               2. Freudenberger HJ. Staff burnout. J Soc        article/141/positionspap-1.html [gesehen
                                                               Iss 1974; 30: 159–64.                            13.09.2012].

 Schlussfolgerung                                             3. Maslach C, Jackson S. The measurement
                                                               of experienced burnout. J Occupat Behav
                                                                                                                18. Brühlmann, T. Burnout und Depression –
                                                                                                                Überschneidung und Abgrenzung. Schweiz
                                                               1981; 2: 99–113.                                 Med Forum 2010; 10: 148–51.
Burn-out ist unabhängig von terminologischen Unklarheiten      4. Maslach C. Burnout – the cost of caring.      19. Ahola K, Honkonen T, Isometsä E, et al.
eine von den Betroffenen in unterschiedlichen Phasen oft mit   Prentice Hall, Englewood Cliffs, NJ. 1982.       The relationship between job-related burn-
                                                               5. Senior J. Can’t get no satisfaction. New      out and depressive disorders – results from
schwerem Krankheitswert verbundene Störung und schon           York Times 26.11.2006. http://nymag.com/         the Finnish Health 2000 Study. J Affect
deshalb keine „Modekrankheit“, weil sie bis dato nicht als     news/features/24757/ [gesehen 13.09.2012].       Disord 2005; 88: 55–62.
Krankheit anerkannt ist [29]. „Modisch“ ist hingegen der       6. Kirchner B. Ärzte im Burnout. Teil 1: Aus-    20. Awa W, Plaumann M, Walter U. Burnout
                                                               brennen oder Standhalten? med.ium 4/2012:        prevention: A review of intervention pro-
schon längere Zeit zu beobachtende Trend des inflationären     27–29; http://www.aeksbg.at/documents/           grams. Patient Educ Couns 2010; 243: 184–
Begriffsgebrauchs. Der Begriff wird für beinahe jede Unpäss-   10682/795382/AK_12+medium4_Web.pdf               90.
                                                               [gesehen 13.09.2012].                            21. von Känel R. Das Burnout-Syndrom: eine
lichkeit und Überforderung am Arbeitsplatz verwendet, er
                                                               7. Kolitzus H. Das Anti-Burnout Erfolgspro-      medizinische Perspektive. Praxis 2008; 97:
wird durch eine unübersehbare Flut an populärwissenschaftli-   gramm. 2. Aufl. dtv, München, 2003.              477–87.
cher Literatur ständig weiter ausgedehnt. Die ursprünglichen   8. Heinemann H, Zimmermann C. Kurskon-           22. Leiter MP, Maslach C. Banishing burn-
Konzepte, die eine Überforderung der Angehörigen helfender     zept „Work-Life-Balancing“ zur Prävention        out. Six strategies for improving your rela-
                                                               von Burnout bei berufstätigen Müttern und        tionship with work. Jossey-Bass, San Fran-
Berufe beschrieben, sind längst auf alle denkbaren sozialen    Vätern. Institut für Burnout-Prävention,         cisco, 2005.
Gruppen erweitert worden. Wenig hilfreich für die betroffe-    Hamburg, 2007.                                   23. Walter U, Krugmann C, Plaumann M.
                                                               9. Abé N. Nach dem Burnout. Es könnte            Burn-out wirksam prävenieren? Bundes-
nen Patienten sind von den Medien verbreitete „Fragebögen      jederzeit wieder passieren. Spiegel Online       gesundheitsblatt 2012; 55: 1–11.
zum Selbstcheck“. Ebenso fatal mögen angesichts der immer      08.08.2012. http://www.spiegel.de/karriere/
                                                                                                                24. Büssing A, Glaser J. Four-stage process
                                                               berufsleben/diagnose-burnout-betroffene-be-
wieder festgestellten Verleugnung der Symptome und der da-     richten-von-ihren-erfahrungen-a-842844.html
                                                                                                                model of the core factors of burnout: the
                                                                                                                role of work stressors and work-related re-
mit verknüpften Therapieverweigerung Schlagzeilen wie          [gesehen 13.09.2012].
                                                                                                                sources. Work Stress 2000; 14: 329–46.
„Schluss mit dem ewigen Burnout-Gejammer“ wirken [30].         10. Rösing I. Ist die Burnout-Forschung aus-
                                                                                                                25. Kasper S, Möller HJ, Müller-Spahn F.
                                                               gebrannt? Analyse und Kritik der internatio-
Burn-out-Patienten entwickeln je nach Phase Gesundheits-       nalen Burnout-Forschung. Asanger-Verlag,
                                                                                                                Depression. Diagnose und Pharmakothera-
                                                                                                                pie. 2. Aufl. Thieme, Stuttgart, 2002.
beeinträchtigungen, die im Vollbild zumindest klinisch von     Heidelberg, 2003.
                                                                                                                26. Korczak D, Wastian M, Schneider M.
einer schweren Depression nicht zu unterscheiden sind. Da-     11. Burisch M. Das Burnout-Syndrom. 4.
                                                                                                                Therapie des Burnout-Syndroms. Schriften-
                                                               Aufl. Springer, Heidelberg, 2010.
her entsprechen sich jedenfalls in diesem Stadium auch die                                                      reihe Health Technology Assessment (HTA),
                                                               12. Maslach C. Burned-out. Hum Behav             Köln, 2012.
Therapiekonzepte des Burn-out und der Depression, insbe-       1976; 5: 16–22.
                                                                                                                27. Kasper S, Bach S, Frey R, et al. Thera-
sondere in Hinblick auf die Pharmakotherapie.                  13. Maslach C, Leiter MP. Die Wahrheit über      pieresistente Depression. Klinik und Be-
                                                               Burnout. Stress am Arbeitsplatz und was Sie      handlungsoptionen. CliniCum neuropsy. Son-
                                                               dagegen tun können. Springer, Wien, 2001.        derausgabe November 2011.
  Relevanz für die Praxis                                     14. Kristensen TS, Borritza M, Villadsen E,
                                                               et al. The Copenhagen Burnout Inventory: A
                                                                                                                28. Kasper S, Lehofer M, Anditsch M, et al.
                                                                                                                Depression – Medikamentöse Therapie.
                                                               new tool for the assessment of burnout.          Konsensus-Statement – State of the Art
 Die Therapie des Burn-out-Syndroms bedingt zunächst           Work Stress 2005; 19: 192–207.                   2007. CliniCum psy Sonderausgabe Jänner
 eine umfassende Diagnose im Hinblick auf somatische wie       15. Burisch M. Das Burnout-Syndrom. Theo-        2007.
                                                               rie der inneren Erschöpfung. 1. Aufl. Sprin-
 psychische Erkrankungen. Emotionale Erschöpfung und           ger, Berlin, 1989.
                                                                                                                29. Kaschka W, Korczak D, Broich K. Mode-
                                                                                                                diagnose Burn Out. Dtsch Arztebl Int 2011;
 Hilflosigkeit sind meistens in unterschiedlichen Ausprä-      16. Dilling H, Mombour W, Schmidt MH, et         108: 781–7. http://www.aerzteblatt.de/
 gungen zu beobachtende Hinweise auf ein Burn-out-Syn-         al. (Hrsg). Internationale Klassifikation psy-   archiv/113220 [gesehen 13.09.2012].
                                                               chischer Störungen. ICD-10 Kapitel V (F).        30. Gaubitz U. Schluss mit dem ewigen Burn-
 drom. Das Syndrom ist meistens mit Depression, Angst-         Diagnostische Kriterien für Forschung und        out-Gejammer. Spiegel Online 14.11.2011.
 störung oder einer Suchterkrankung vergesellschaftet.         Praxis. 5. Aufl. Huber, Bern, 2011.              http://www.spiegel.de/karriere/berufsleben/
 Deshalb sind diese psychiatrischen Leiden spezifisch und      17. Berger M, Linden M, Schramm E, et al.        karriere-hilfe-schluss-mit-dem-burnout-ge-
                                                               Positionspapier der Deutschen Gesellschaft       jammer-a-797368.html [gesehen 13.09.2012].
 vorrangig nach den jeweiligen Richtlinien zu behandeln.
 Die Bandbreite somatischer Störungen, die ein Erschöp-
 fungssyndrom auslösen können, ist weit und reicht von
 Stoffwechselstörungen bis zu onkologischen Erkrankun-
 gen. Der Erfolg einer Behandlung ist in besonderem Maße       Korrespondenzadresse:
 von der Compliance abhängig, aber auch von Psychoedu-         O. Univ.-Prof. Dr. h. c. mult. Dr. med. Siegfried Kasper
 kation und Krankheitseinsicht des Patienten. Bagatelli-       Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie
 sierung nützt dem Patienten nichts und birgt die Gefahr der   Medizinische Universität Wien
 Aufrechterhaltung von Mustern, die zum Burn-out geführt       A-1090 Wien, Währinger Gürtel 18–20
 haben.                                                        E-Mail: sci-biolpsy@meduniwien.ac.at

                                                                                                J NEUROL NEUROCHIR PSYCHIATR 2012; 13 (4)             193
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