ClimGrassEco Einfluss zukünftiger Klimabedingungen auf die Produktivität und Biogeochemie des Ökosystems Dauergrünland

 
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ClimGrassEco Einfluss zukünftiger Klimabedingungen auf die Produktivität und Biogeochemie des Ökosystems Dauergrünland
ClimGrassEco
  Einfluss zukünftiger Klimabedingungen auf die Produktivität und
  Biogeochemie des Ökosystems Dauergrünland

Eine Einrichtung des Bundesministeriums
für Nachhaltigkeit und Tourismus
ClimGrassEco Einfluss zukünftiger Klimabedingungen auf die Produktivität und Biogeochemie des Ökosystems Dauergrünland
ClimGrassEco Einfluss zukünftiger Klimabedingungen auf die Produktivität und Biogeochemie des Ökosystems Dauergrünland
Abschlussbericht ClimGrassEco
 Einfluss zukünftiger Klimabedingungen auf die Produktivität und
 Biogeochemie des Ökosystems Dauergrünland

 Impact of future climate conditions on productivity and
 biogeochemistry of grassland ecosystems

 Projektleitung:
 Univ.-Doz. Dr. Erich M. Pötsch, HBLFA Raumberg-Gumpenstein

 Projektmitarbeiter:
 Dr. Markus Herndl, Dr. Andreas Schaumberger, Ing. Reinhard Resch, Matthias Kandolf,
 Martina Schink, Medardus Schweiger, Manuel Adelwöhrer, HBLFA Raumberg-
 Gumpenstein

 Projektpartner:
 Univ.-Prof. Dr. Michael Bahn, Institut für Ökologie, Universität Innsbruck
 Univ.-Prof. Dr. Sophie Zechmeister-Boltenstern, Institut für Bodenforschung, Universität
 für Bodenkultur Wien
 Univ.-Prof. Dr. Andreas Richter, Department für Terrestrische Ökosystemforschung,
 Universität Wien

 Projektlaufzeit:
 2015 – 2019

Irdning-Donnersbachtal, 2019

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ClimGrassEco Einfluss zukünftiger Klimabedingungen auf die Produktivität und Biogeochemie des Ökosystems Dauergrünland
Impressum

Medieninhaber und Herausgeber:
HBLFA Raumberg-Gumpenstein
Landwirtschaft
Raumberg 38, 8952 Irdning-Donnersbachtal
raumberg-gumpenstein.at

Autoren: Erich M. Pötsch, Markus Herndl und Andreas Schaumberger
Gesamtumsetzung: Erich M. Pötsch

Fotonachweis: Erich M. Pötsch (Titelfoto), ClimGrass-Bilderdatenbank

Copyright und Haftung:               Auszugsweiser Abdruck ist nur mit Quellenangabe gestattet, alle sonstigen Rechte sind ohne
schriftliche Zustimmung des Medieninhabers unzulässig. Es wird darauf verwiesen, dass alle Angaben in dieser Publikation trotz
sorgfältiger Bearbeitung ohne Gewähr erfolgen und eine Haftung des Bundeskanzleramtes und der Autorin/des Autors ausgeschlossen
ist. Rechtausführungen stellen die unverbindliche Meinung der Autorin/des Autors dar und können der Rechtssprechung der
unabhängigen Gerichte keinesfalls vorgreifen.

Rückmeldungen zum vorliegenden Abschlussbericht übermitteln Sie bitte an erich.poetsch@raumberg-
gumpenstein.at

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ClimGrassEco Einfluss zukünftiger Klimabedingungen auf die Produktivität und Biogeochemie des Ökosystems Dauergrünland
Inhalt

Zusammenfassung ................................................................................................ 6

Summary ............................................................................................................. 7

1 Einleitung ......................................................................................................... 8

2 Material und Methoden .................................................................................... 11

2.1 Aufbau und Design des Freilandexperiments............................................................. 11

2.2 Erweiterungen und Anlagen-updates ........................................................................ 14

2.3 Einsatz nicht-invasiver Messtechniken und Erhebungen ........................................... 17

2.4 Beprobungslogistik und Dokumentation ................................................................... 21

2.5 ClimGrass-Datenbank................................................................................................ 22

2.6 Anlagenperformance ................................................................................................. 22
    2.6.1 Beheizungsperformance .................................................................................... 24
    2.6.2 Begasungsperformance ..................................................................................... 24

3 Ergebnisse und Diskussion ............................................................................... 27

3.1 Auswirkungen zukünftiger Klimabedingungen auf unterschiedliche Kennwerte der
Vegetationsentwicklung sowie auf Ertrag und Futterqualität im Grünland ...................... 27
    3.1.1 Einfluss auf die Dauer der Vegetationsperiode und auf die Dynamik der
    phänologischen Entwicklung ...................................................................................... 28
    3.1.2 Einfluss auf Wuchshöhe und Blattflächenindex .................................................. 31
    3.1.3 Einfluss auf den Bodenwassergehalt .................................................................. 35
    3.1.4 Einfluss auf den Biomasseertrag im Grünland .................................................... 37
    3.1.5 Einfluss auf die Futterqualität im Grünland ........................................................ 40
    3.1.6 Auswirkungen unterschiedlicher Klimaparameter auf weitere ausgewählte
    Kennwerte in Pflanzenbestand und Boden von Dauergrünland .................................. 41

3.2 Auswirkungen unterschiedlicher Klima- und Vegetationsbedingungen auf
ausgewählte Kennwerte des Bodenwasserhaushaltes ..................................................... 43
    3.2.1 Bodenwasserbilanz ............................................................................................ 43
    3.2.2 Tau und Reif ....................................................................................................... 46
    3.2.3 Schneefall und Sublimation ............................................................................... 47
    3.2.4 Vegetations- und Wurzelparameter ................................................................... 47

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ClimGrassEco Einfluss zukünftiger Klimabedingungen auf die Produktivität und Biogeochemie des Ökosystems Dauergrünland
3.3 Ausgewählte Versuchsergebnisse aus abgeschlossenen Projektkooperationen ........ 48
    3.3.1 Auswirkungen unterschiedlicher Klimabedingungen auf Bodenstick-
    stoffflüsse ................................................................................................................... 48
    3.3.2 Spurengasflüsse und -emissionen im Grünland unter unterschiedlichen
    Klimabedingungen ...................................................................................................... 49
    3.3.3 Auswirkungen erhöhter CO2-Konzentration und Erderwärmung auf Lachgas-
    und Methanflüsse im Grünland ................................................................................... 51
    3.3.4 Auswirkungen des Klimawandels auf den organischen Bodenstickstoff im
    Grünland ..................................................................................................................... 52
    3.3.5 Saisonale Reaktion von mikrobiellem Wachstum und Atmung auf Faktoren des
    Klimawandels.............................................................................................................. 52
    3.3.6 Auswirkungen des Klimawandels auf mikrobielle Gemeinschaften und deren
    Funktionen in Böden ................................................................................................... 54
    3.3.7 Auswirkungen erhöhter CO2-Konzentration und Erderwärmung auf den
    Kohlenstoffkreislauf .................................................................................................... 57
    3.3.8 Auswirkungen erhöhter CO2-Konzentration, Erderwärmung und
    Sommertrockenheit auf Produktivität, Morphologie und C:N-Gehalt von Feinwurzeln
    im Grünland ................................................................................................................ 60

4 Schlussfolgerungen ......................................................................................... 61

5 Literaturverzeichnis ......................................................................................... 62

6 Umsetzungsaktivitäten im ClimGrassEco-Projekt (2015 –2019) ........................... 69

Tabellenverzeichnis............................................................................................. 83

Abbildungsverzeichnis ........................................................................................ 84

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ClimGrassEco Einfluss zukünftiger Klimabedingungen auf die Produktivität und Biogeochemie des Ökosystems Dauergrünland
Zusammenfassung
Die an der HBLFA Raumberg-Gumpenstein installierte ClimGrass-Anlage ist ein weltweit
einzigartiges Freilandexperiment, das sich in Kooperation mit namhaften Projektpartnern mit
dem Einfluss zukünftiger Klimabedingungen auf die Produktivität und Biogeochemie des
Ökosystems Grünland befasst.

Die zahlreichen Experimente, Erhebungen und Analysen leisten einen wichtigen Beitrag zum
Prozessverständnis im System Boden – Pflanze – Atmosphäre sowie zur Entwicklung von
umsetzbaren Maßnahmen und Strategien zur Anpassung an die geänderten Bedingungen für
die praktische Grünlandwirtschaft. Seit Inbetriebnahme der Anlage im Mai 2014 werden auf
insgesamt 54 Versuchsparzellen unterschiedliche Klimabedingungen hinsichtlich Temperatur
und CO2-Konzentration simuliert. Im Sommer 2017 und Frühjahr 2019 wurden auf
ausgewählten treatments umfangreiche Trockenstressexperimente mit einer anschließenden,
kontrollierten Wiederbefeuchtung durchgeführt. Im bisherigen Projektverlauf wurden noch
zahlreiche     infrastrukturelle   und   technische   Ergänzungen   sowie   Verbesserungen
vorgenommen, die zur Steigerung der Anlagen-Performance beitragen und zugleich den
Umfang sowie die Qualität der durchgeführten Erhebungen steigern. Zwischenzeitlich
erfolgten mehrere Publikationen zum Versuchsdesign und dessen statistischer Auswertung,
zur Entwicklung einer multifunktionalen mobilen Messplattform zur zerstörungsfreien
Erhebung von wichtigen pflanzenbaulichen Kenngrößen sowie zu ausgewählten Aspekten des
Bodenwasserhaushalts sowie des Kohlenstoff- und Stickstoffkreislaufs.

Im Rahmen des 21. Alpenländischen Expertenforums wurden 2019 unter dem Generalthema
„Klimawandel im Alpenraum – Auswirkungen auf das Ökosystem Grünland und dessen
Bewirtschaftung“ zentrale Projektergebnisse an der HBLFA Raumberg-Gumpenstein
vorgestellt und diskutiert. Zahlreiche weitere Veröffentlichungen zu den genannten
Themenbereichen sowie zu grünlandwirtschaftlichen Aspekten hinsichtlich Biomasseertrag
und Futterqualität sind noch geplant bzw. bereits in Bearbeitung oder eingereicht. Die
bisherigen Untersuchungen und Ergebnisse aus dem vorliegenden Projekt geben einen ersten
Einblick in die durch den Klimawandel beeinflussten Veränderungen im Grünlandökosystem.
Das komplexe Zusammenwirken von Boden-Pflanze-Atmosphäre mit den zahlreichen
zugrundeliegenden Prozessen, erfordert auch eine komplexe Herangehensweise und einen
vielseitigen, interdisziplinären experimentellen Ansatz. Die bisherigen Projekterfahrungen
bieten in Kombination mit den schrittweise erfolgten, technischen und methodischen
Anlagenerweiterungen eine ideale und erfolgversprechende Basis für weitere Experimente
und Untersuchungsreihen in einem Folgeprojekt.

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ClimGrassEco Einfluss zukünftiger Klimabedingungen auf die Produktivität und Biogeochemie des Ökosystems Dauergrünland
Summary
The worldwide unique ClimGrass-facility, which was developed and built up at AREC
Raumberg-Gumpenstein, is dealing with the impact of future climate conditions. In co-
operation with excellent and notable project partners aspects of productivity and
biogeochemistry of grassland ecosystems are studied. Numerous experiments, surveys and
analysis essentially contribute to i) an advanced understanding of processes within the soil-
plant-atmosphere system and ii) the development of realizable measures and adaptation
strategies for grassland farmers to cope with the challenge of climate change. Since the start
of operation in May 2014, on in total 54 plots different climate conditions concerning
temperature and CO2-concentration have been simulated. In the summer of 2017 and spring
2019 comprehensive drought experiments followed by controlled re-wetting were carried out
on selected treatments. In the previous course of the project numerous supplementary
infrastructural and technical setups resp. improvements have been made to increase the
facility performance and to improve the quality of surveys and analysis. So far several papers
on the experimental design and its statistical evaluation, the development of a multifunctional
mobile platform for non-invasive measurements of plant traits, selected aspects of soil water
balance as well as on the carbon- and nitrogen budget have already been published.

Fundamental project results and findings were presented and discussed at AREC Raumberg-
Gumpenstein during the 21st Alpine Expert Forum in 2019 that was dealing with “Climate
change in alpine areas – impact on the grassland ecosystem and its management”. Following
this initial project phase a series of papers on the mentioned topics and in the field of grassland
management concerning biomass yield and forage quality are planned, respectively in
progress or have already been submitted. Previous analysis and results from the present
project provide a first insight into the effects of climate change on the grassland ecosystem.
The complex interaction of soil, plant and atmosphere with its numerous underlying processes,
also requires a complex approach with a multilateral, interdisciplinary project. In combination
with the stepwise implementation of technical and methodological extensions, the previous
scientific experience provide a promising and ideal basis for a follow-up project with further
experiments and examinations.

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ClimGrassEco Einfluss zukünftiger Klimabedingungen auf die Produktivität und Biogeochemie des Ökosystems Dauergrünland
1 Einleitung
Nur wenige Themen beherrschen seit Jahren die Medien und die öffentliche Diskussion so sehr
wie das Klima und dessen Veränderungen, die durch das vermehrte Auftreten von
Extremereignissen, der steigenden Anzahl von Hitzetagen oder den drastischen Rückgang der
heimischen Gletscher auch bei uns schon jetzt deutlich spür- und sichtbar werden. Der
Klimawandel und dessen Folgen betreffen jeden einzelnen von uns und beeinflusst auch alle
Lebens- und Wirtschaftsbereiche mit enormen finanziellen Schäden für die gesamte
Volkswirtschaft.

Der 1988 gegründete Weltklimarat (IPCC), dem WissenschaftlerInnen aus der ganzen Welt,
195 Staaten sowie BeobachterInnen von mehr als 100 akkreditierten, internationalen
Organisationen angehören, trägt den aktuellen Stand der Klimaforschung zusammen und
bewertet auf Basis anerkannter Veröffentlichungen den jeweils neuesten Stand zum
Klimawandel. Seit 1995 finden dazu alljährlich Klimakonferenzen unter der Schirmherrschaft
der Vereinten Nationen statt. Berlin, Genf und Kyoto waren die ersten Gastgeber - Bonn,
Kattowice und Madrid 2019 die letzten. Bei der 24. UN-Klimakonferenz und zugleich 14.
Treffen zum Kyoto-Protokoll in Kattowice konnten sich insgesamt 196 Vertragsstaaten nach
zähem Ringen wenigstens noch auf ein gemeinsames Regelbuch zur Umsetzung des Pariser
Abkommens einigen. Dabei ging es unter anderem um Regeln und Standards zur Erfassung
der CO2-Emissionen und um die Nachvollzieh- und Vergleichbarkeit der jeweiligen nationalen
Anstrengungen und Maßnahmen zur Zielerreichung, über die ab 2020 in zweijährlichem
Abstand berichtet werden soll. Ab 2023 soll darüber hinaus alle fünf Jahre bilanziert werden,
ob die Anstrengungen der Staaten die fortschreitende Erderwärmung tatsächlich wirksam
begrenzen können. Die aktuell letzte Klimakonferenz in Madrid 2019 endete hingegen ohne
konkrete Ergebnisse – es blieb bei vagen Absichtserklärungen und einig war man sich nur
dabei, dringend notwendige Entscheidungen auf 2020 zu verschieben. Dies erscheint
angesichts der bereits unübersehbaren Folgen, Auswirkungen und Kosten des Klimawandels
mehr als enttäuschend. So mussten 2018 allein in Österreich für dürregeschädigte Bauern
insgesamt 60 Millionen Euro an Direkthilfen, Zuschüssen für Versicherungsprämien und für
Wiederaufforstungen bereitgestellt werden.

Die vom IPCC und auch im österreichischen Sachstandsbericht „Klimawandel 2014“
prognostizierte Erhöhung der Temperatur und der CO2-Konzentration der Atmosphäre sowie
das verstärkte Auftreten von Wetterextremen werden in den nächsten Jahrzehnten massive
Auswirkungen auf alle Gesellschaftsbereiche und unsere gesamte Umwelt verursachen. Die
Land- und Forstwirtschaft wird von den bevorstehenden Veränderungen ganz besonders stark
betroffen sein, zumal viele der wetter- und klimabestimmenden Kenngrößen zugleich

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wichtige Wachstumsfaktoren für Pflanzen sind und sich daher sehr unmittelbar auf die
Produktivität auswirken.

Die Klima- und Klimafolgenforschung beschäftigt sich seit vielen Jahren bereits intensiv mit
den Ursachen, insbesondere aber mit den Auswirkungen des Klimawandels auf
unterschiedliche Lebens- und Wirtschaftsbereiche. Für den Bereich Landwirtschaft stützt sich
die Forschung dabei sowohl auf die Modellierung als auch auf experimentelle Ansätze, wobei
letztere durch die komplexe Materie sehr kosten- und zeitintensiv sind. Klimaexperimente
werden entweder unter Laborbedingungen in Klimakammern und Gewächshäusern (z.B.
Kimball et al. 1997) oder im Freiland durchgeführt, wobei meist nur einzelne Wetter-
/Klimafaktoren wie z.B. Temperatur oder Niederschlag bewusst gesteuert und verändert
werden. Freilandexperimente zur Klimafolgenforschung stellen jedoch eine ganz besondere
Herausforderung dar, insbesondere, wenn dabei gleich mehrere Faktoren zugleich verändert
werden. Wissenschaftlich werden die Auswirkungen des Temperatur- und CO2-Anstiegs auf
Böden und Pflanzen schon seit einigen Jahrzehnten untersucht. Um den CO2-Effekt auch unter
Freilandbedingungen testen zu können, haben sich dazu zwei Methoden durchgesetzt,
nämlich „Open-top chambers“ (OTC) und „Free-Air Carbon Dioxide Enrichment“ (FACE),
wobei letztere in nahezu allen Kulturarten eingesetzt wird (Miglietta et al., 2001; Winkler und
Herbst, 2003; Hovenden et al. 2006; Sánchez-Carillo et al., 2015). Zur Simulation des Einflusses
der Temperaturerhöhung werden unterschiedliche Ansätze verfolgt wie z.B. die
Bodenerwärmung mit Heizschlangen oder eine Erwärmung mittels Abdeckung (Beier et al.
2004, Ineson et al. 1998). Als erfolgversprechendste Methode zur Simulation der
Erderwärmung in Feldversuchen gilt die Erwärmung der Vegetation mittels Infrarotheizung,
die im Idealfall mit einer FACE-Technik kombiniert wird (Parton et al. 2007). Der Heizeffekt der
Infrarotstrahlung verläuft sehr ähnlich der solaren Strahlung, wirkt allerdings im Gegensatz zu
dieser photosynthetisch nicht aktiv.

Weltweit existieren nur sehr wenige mehrfaktorielle Versuche zur Klimafolgenforschung im
Freiland, die meisten davon beschäftigen sich dabei mit unterschiedlichsten Ackerkulturen
oder mit Forstgehölzen (Bahn, 2014) und nur vereinzelt mit Grünland. Bereits im Jahre 2008
fanden daher an der HBLFA Raumberg-Gumpenstein erste Überlegungen und Gespräche zur
Errichtung eines multifaktoriellen Freilandexperimentes statt, mit dessen Hilfe der Einfluss
gezielt veränderter Wetter– resp. Wachstumsparameter auf das Grünlandökosystem
untersucht werden kann. Die ersten Projektideen wurden mit FachkollegINNen aus den USA
(Bruce Kimball und Jeffrey White vom Arid-Land Agricultural Research Center in Maricopa,
Arizona) und Deutschland (Babro Winkler, Helmholtz-Zentrum, München; Hans-Peter Piepho,
Universität Hohenheim; R. Manderscheid und M. Erbs, Johann Heinrich von Thünen-Institut,
Braunschweig sowie Georg v. Unold, Metergroup (vormals UMS), München) ausführlich
diskutiert und weiterentwickelt. Das Versuchsdesign beinhaltete zunächst die Faktoren
Temperatur und CO2-Konzentration der Atmosphäre in jeweils drei Abstufungen, in weiterer

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Folge kam noch der Faktor Niederschlag hinzu, der in der nun bestehenden Anlage für
ausgewählte Faktorkombinationen mit Hilfe von Regendächern zur Simulation von
Trockenstress gezielt gesteuert werden kann. Die an der HBLFA Raumberg-Gumpenstein
entwickelte und dort bestehende ClimGrass-Anlage ist ein weltweit einzigartiges
Freilandexperiment, das sich in Kooperation mit namhaften Projektpartnern mit dem Einfluss
zukünftiger Klimabedingungen auf die Produktivität und Biogeochemie des Ökosystems
Grünland befasst. Dabei geht es nicht nur um neue Erkenntnisse zum Prozessverständnis im
System Boden – Pflanze – Atmosphäre, sondern auch um die Entwicklung von umsetzbaren
Maßnahmen und Strategien zur Anpassung an die geänderten Bedingungen für die praktische
Grünlandwirtschaft. Damit soll letztlich auch ein wichtiger Beitrag zur Sicherung und Erhaltung
der vielfältigen Ökosystemleistungen des Grünlandes geleistet werden. In enger Verbindung
mit dem gegenständlichen Projekt und auf Basis der bestehenden Infrastruktur wurden bisher
bereits folgende Forschungsaktivitäten erfolgreich abgewickelt bzw. sind noch im Gange:

        Effects of climate change and fertilization on productivity and carbon dynamics in
         grassland (finanziert vom BMNT und den Bundesländern Steiermark, Tirol, Vorarlberg
         und Salzburg; 2013-2014), Projektleiter: M. Bahn (Universität Innsbruck), Partner: E. M.
         Pötsch, M. Herndl (HBLFA Raumberg-Gumpenstein)
        Effects of climate change on productivity and climate regulation of grassland
         (finanziert vom BMNT und den Bundesländern Steiermark, Tirol, Vorarlberg, Salzburg
         und Niederösterreich; 2015-2016), Projektleiter: M. Bahn (Universität Innsbruck),
         Partner: E. M. Pötsch, M. Herndl (HBLFA Raumberg-Gumpenstein)
        ClimGrass - Grassland carbon dynamics in a changing climate (finanziert durch den
         FWF; 2016-2019) Projektleiter: M. Bahn (Universität Innsbruck), Partner: A. Richter, W.
         Wanek (Universität Wien), E. M. Pötsch, M. Herndl (HBLFA Raumberg-Gumpenstein)
        ExtremeGrass - Interactive effects of warming, elevated CO2 and weather extremes on
         nitrogen gas fluxes in a managed grassland (finanziert durch den Österreichischen
         Klima- und Energiefonds; 2016-2019), Projektleiterin: S. Zechmeister-Boltenstern
         (Universität für Bodenkultur Wien), Partner: M. Bahn (Universität Innsbruck), M. Gorfer
         (Austrian Institute of Technology), M. Herndl (HBLFA Raumberg-Gumpenstein)
        ClimGrassHydro – Ecohydrology of mountain grassland under global change:
         mechanisms and consequences (finanziert durch die Österreichische Akademie der
         Wissenschaften; 2019-2022), Projektleiter: M. Bahn (Universität Innsbruck), Partner: S.
         Birk (Universität Graz), B. Bednar-Friedl und C. Stumpp (Universität für Bodenkultur
         Wien), C. Werner und A. Kübert (Universität Freiburg), A. Kahmen (Universität Basel),
         A. Zähle (Max-Planck-Institut Jena), M. Stangl (Climate Change Centre Austria), N.
         Brüggemann (Forschungszentrum Jülich), M. Herndl, E.M. Pötsch, A. Schaumberger
         (HBLFA Raumberg-Gumpenstein)

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2 Material und Methoden
2.1 Aufbau und Design des Freilandexperiments

Die technische Konzeption der ClimGrass-Anlage mit ihrer Kombination von wägbaren
Monolithlysimetern, einem Infrarot-Heizungssystem, einem miniFACE-System sowie
Regendächern wurde bereits von Herndl et al. (2010), Herndl et al. (2011), Herndl und v. Unold
(2014), Schaumberger und Schaumberger (2014), Schaumberger u.a. (2014), Pötsch und
Herndl (2014) sowie Pötsch u.a. (2019) ausführlich beschrieben.
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 C1T1                   C2T2             C0T1            C2T0            C2T2              C0T0              C0T0              C2T2

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                                                                                                                                                  45 m
 C1T1                   C0T2             C2T2            C0T0           C2T2               C2T0              C0T2             C2T2

                4              10                 16             #                   27                #            #                 50

 C0T1                   C0T0                             C0T2           C0T0               C0T0              C2T0             C0T0
                                                                                26

                3              9                  15             21                  #                 #            41                #

 C1T0                   C2T0             C2T0            C0T1           C2T2               C0T0              C2T2             C2T2

                2              8                  14             #                   25                #            #                 #

 C0T0                   C0T0             C0T0            C0T0                                                C0T0             C0T0

                1               7                 13             19                                                 #                 47

  Parzellengröße               4m x 4m
  Lysimeteroberfläche          1m²
  Durchmesser Begasungsring    2,20 m           Serviceschacht   Monolith       Regendächer       Mesokosmen             C1    C2     T1   T2
  Behandlungsfläche            3.80 m²           für Lysimeter   lysimeter                        12 pro Parzelle        Begasung     Beheizung
  Erntefläche                  1 m²                                                  Meßrahmen

Abbildung 1: Schematische Darstellung der ClimGrass-Versuchsanlage

Auf insgesamt 54 Versuchsparzellen können nun Erhöhungen von Temperatur und CO2-
Konzentration sowie Trockenperioden in unterschiedlichen Abstufungen und Kombinationen
simuliert werden (Abbildung 1). Für Feldversuche werden üblicherweise klassische
Versuchsdesigns wie etwa lateinische Quadrate, Gitteranlagen oder Blockanlagen verwendet,
um einzelne Versuchsglieder/-varianten randomisiert und in mehrfacher Wiederholung
anzulegen und zu testen. Bei der Anlage des ersten, ursprünglichen Teils des ClimGrass-
Experimentes (Lysi-T-FACE) war bereits klar, dass aufgrund der hohen Anzahl an

ClimGrassEco                                                                                                                                       11
Faktorkombinationen (3 Temperaturstufen * 3 CO2-Stufen) und der zusätzlichen Installation
von Monolythlysimetern auf 6 Parzellen aus Kostengründen kein klassisches Design
verwendet werden kann.

In Kooperation mit Prof. Dr. Hans-Peter Piepho (Fachgruppe Biostatistik, Institut für
Kulturpflanzenwissenschaften der Universität Hohenheim, Stuttgart) wurde daher ein
response-surface-regression-Design und damit ein Ansatz ausgewählt, der ursprünglich für
technische Applikationen entwickelt und eingesetzt wurde. Im Beitrag „Designing an
experiment with quantitative treatment factors to study the effects of climate change“ (Piepho
et al. 2017) wurden die Optimierungskriterien für die Gestaltung von Versuchsdesigns nach
dem response-surface-regression-Konzept sowie die Entwicklungsschritte des ClimGrass/Lysi-
T-FACE-designs dargestellt und an Hand von ausgewählten Ergebnissen einige der damit
möglichen Analysen- und Darstellungsoptionen aufgezeigt und diskutiert (Abbildung 2).

Abbildung 2: Unterschiedliche Analysen- und Darstellungsoptionen am Beispiel von
Bodenfeuchtedaten (Piepho et al., 2017)

Abstract (Piepho et al. 2017): Experiments for studying the effects of climatic change on
ecosystems often involve manipulation of one or several quantitative treatment factors of
interest. Response surface regression is the method of choice for these types of experiment.
Here, we describe the development of a design of a free air CO2 enrichment experiment with
two quantitative treatment factors, that is, elevated temperature and CO2 enrichment. The
design strategy takes account of budget constraints imposing limitations on the number of

ClimGrassEco                                                                                12
plots with elevated temperature and CO2 levels. The approach is based on polynomial
regression models and is focused on an efficient estimation of interaction between the two
treatment factors. Extension to more than two factors is straightforward. An analysis of soil
moisture data demonstrates the overall suitability of the pro-posed design to analyse non-
linear interactions of two (or more) global change factors.

Die Lufttemperatur wird in drei Abstufungen variiert, nämlich ambient (= T0, das entspricht
der jeweils aktuellen Temperatur), + 1,5°C (= T1) und + 3°C (= T2), wobei die Beheizung
ganztägig und ganzjährig erfolgt und nur bei einer durchgehenden Schneedecke ab einer Höhe
von 10 cm ausgesetzt wird. Die Regelung der verwendeten Infrarotstrahler erfolgt auf Basis
von Sensormessungen im Zentrum der Versuchsparzellen und wird über Dimmer von der
Steuerungssoftware „LabView“ (National Instruments) gesteuert. Die CO2-Konzentration der
Atmosphäre wird ebenfalls in drei Abstufungen geprüft und zwar ambient (= C0, das entspricht
der jeweils aktuellen CO2-Konzentration), + 150 ppm (=C1), + 300 ppm (=C2) (ppm bedeutet
parts per million, also ein 1 Millionstel). Die Begasung erfolgt nur tagsüber, sobald eine
Einstrahlungsenergie von 50 W/m² erreicht wird und nur innerhalb der Vegetationsperiode von
März bis Ende November. Ab einer Windgeschwindigkeit von 1,5 m/sec wird die CO2-Zufuhr
unterbrochen. Die Kombination C2T2 (also + 3°C und + 300 ppm CO2) - im internen
Sprachgebrauch des ClimGrass-Projektes auch als „future climate“ bezeichnet - wurde im
Vorfeld des Projektes sehr intensiv mit zahlreichen ExpertInnen diskutiert (darunter auch
Univ.-Prof. Dr. Helga Kromp-Kolb) und entspricht jener Klimaprojektion, deren Eintreffen für
den Alpenraum zum Ende des 21. Jhd. aus heutiger Sicht am wahrscheinlichsten erscheint
(Gobiet et al., 2014).

Die Beheizung der Versuchsparzellen erfolgt mit jeweils sechs, hexagonal angeordneten
Infrarotstrahlern, über einen zentral angeordneten Begasungsring (mini-FACE-System) strömt
die mit CO2 angereicherte Umgebungsluft in den Pflanzenbestand. Die gesamte Beheizungs-,
Begasungs- und zugehörige Sensortechnik ist auf einem höhenverstellbaren Trägergerüst
montiert, das in mehrtägigen Intervallen an die sich im Verlauf der einzelnen Aufwüchse
verändernde Vegetationshöhe angepasst wird. Bei Ernte-, Pflege und Beprobungsaktivitäten
kann das Trägergerüst über die kabelführende Standsäule in die vorhandenen Zwischenwege
ausgeschwenkt werden und ermöglicht damit einen ungehinderten Zugang zu den
Versuchsparzellen. Zur Ausschaltung eines möglichen blower-effects (Pinter Jr. et al., 2000)
sind auch alle unbegasten Parzellen mit einem Begasungsring ausgestattet, durch den nicht
angereicherte, ambiente Umgebungsluft strömt. Ebenso sind alle unbeheizten Parzellen mit
nicht angeschlossenen dummy-heatern bestückt, um allfällige Beschattungseffekte dadurch
zu eliminieren.

Das zugeführte CO2 weist eine gegenüber dem atmosphärischen CO2 unterscheidbare
Isotopensignatur (13C) auf und stammt aus einer speziellen Quelle. Dies erfordert daher

ClimGrassEco                                                                               13
jeweils eine separate Belieferung im Zeitintervall von etwa 8-10 Tagen, nachdem vor Ort aus
Kosten- und Platzgründen zur Lagerung nur ein begrenztes Tankvolumen von 5 t CO2 zur
Verfügung steht. Jede einzelne Charge wird beprobt und sowohl die Qualität des zugesetzten
als auch des ambienten CO2 in Form der 13C-Isotopensignatur an der Universität Wien
überprüft. Da jede Parzelle individuell beheizt und begast wird, erfordert dies einen enormen
Steuerungs- und Regelungsaufwand mit einer entsprechenden Programmierung im
Hintergrund. Die Regelung der CO2-Zufuhr erfolgt auf Basis von Sensormessungen im
Zentrum        der   Begasungsringe     und   wird        über   Proportionalventile      mittels   der
Steuerungssoftware „LabView“ (National Instruments) gesteuert.

Drei sensorgesteuerte Regendächer ermöglichen es, für jeweils vier Versuchsparzellen
niederschlagsfreie Phasen und damit Trockenheitsstress zu simulieren, wobei hier nur die
treatments C0T0 (ambient) und C2T2 (future climate) abgedeckt sind. Der mittels der
Regendächer abgehaltene Niederschlag wird aus dem Versuchsgelände ausgeleitet, damit es
zu keiner Beeinflussung benachbarter Parzellen kommt. Für allfällige re-wetting-Maßnahmen
wird    Niederschlagswasser     in    einem       nahegelegenen,     ehemaligen        Güllelager   aus
Dachrinnenabläufen gesammelt und dieses bei Bedarf mittels Tauchpumpen und
durchflussgesteuerter Gießverteiler händisch in Teilmengen von max. 10 mm auf den
Parzellen ausgebracht.

Die insgesamt 54 Versuchsparzellen umfassende Anlage wurde im Mai 2014 nach einer
mehrjährigen pre-treatment-Phase zur Erhebung der unbeeinflussten Ausgangssituation in
Betrieb genommen und seither in mehreren Schritten hinsichtlich technischer, sensorischer
und infrastruktureller Einrichtungen erweitert.

2.2 Erweiterungen und Anlagen-updates
Die ClimGrass-Anlage unterscheidet sich von allen bisherigen Feldversuchsaktivitäten der
HBLFA Raumberg-Gumpenstein durch ihren Umfang und durch die Komplexität der einzelnen
technischen Systeme. Dies führt zu einem stetigen Bedarf an Weiterentwicklung und
Verbesserung sowohl aus technischer, analytischer als auch infrastruktureller Sicht, um die
hochgesteckten Zielsetzungen des Projektes bestmöglich zu erreichen.

2016 wurden in 8 Versuchsparzellen zu den bestehenden sechs Mesokosmen jeweils sechs
zusätzliche Mesokosmen installiert (Abbildung 3). Dabei handelt es sich um Nirosta-
Stahlröhren mit einem Durchmesser von 30 cm, die jeweils knapp 60 cm tief in den Boden
eingeschlagen        wurden   und     innerhalb     des    jeweiligen   treatments       differenzierte
                                                                                 13
Düngungsbehandlungen oder spezifische Experimente wie etwa ein                        C pulse-labelling
ermöglichen. Insgesamt stehen damit in der Anlage 96 Mesokosmen zur Verfügung, die als
eigene experimental units einer besonderen Pflege, Ernte und Betreuung bedürfen.

ClimGrassEco                                                                                         14
Abbildung 3: Einbau zusätzlicher Mesokosmen in den Versuchsparzellen mittels einer
Schlagplatte und Unterstützung durch einen Kleinbagger

Die Erfassung der Bodenatmung erfolgt über in den Boden eingelassene Kunststoffröhren mit
einem Durchmesser von 10 cm deren Oberfläche mittels einer Abdeckung vegetationsfrei
gehalten wird. Die Messungen der Bodenatmung erfolgt a) automatisiert mittels LI-COR 8100-
Technik und manuell mittels PP-System EGM4. Zur Ermittlung des Netto-Gasaustausches des
Grünlandbestandes (net ecosystem exchange – NEE) wird eine Messkammer über den
Pflanzenbestand gestülpt und auf einen fix im Boden verankerten, quadratischen
Kunststoffrahmen gespannt, mit dem knapp 30 Parzellen ausgestattet sind. Zusätzlich wurden
2015 und 2016 in sechs Versuchsparzellen umfangreiche Bodengasmessstrecken installiert
(Abbildung 4). Mit Hilfe von Membranschläuchen, die allesamt in einen zentralen, begehbaren
Messschacht münden, können nun unmittelbar an der Oberfläche sowie in Bodentiefen von 3,
9, 18 und 36 cm permanente Gasflussmessungen in ausgewählten treatments durchgeführt
werden.

Abbildung 4: Einbau von Gasmessstrecken in unterschiedlichen Bodentiefen (li), Schaltkasten
zur Aufnahme der Pumpen sowie Beprobung und Analyse von Bodengasen (re)

Mittlerweile sind nun insgesamt 15 der 54 Versuchsparzellen mit Sensoren zur automatischen
Erfassung der Bodentemperatur und der Bodenfeuchtigkeit ausgestattet, um diese wichtigen
Parameter über den gesamten Jahresverlauf in den einzelnen treatments erfassen zu können.
All diese Versuchseinrichtungen liefern wichtige Kennwerte, mit deren Hilfe die Auswirkungen
von Begasung, Beheizung und Trockenstress auf das Ökosystem Grünland noch besser und
umfassender dargestellt werden können. Im Herbst 2017 wurden die bisher auf der Anlage
verwendeten CO2-Sensoren durch neue, weniger feuchteempfindliche Sensoren (Vaisala GMP

ClimGrassEco                                                                              15
252) ersetzt, um damit die Anlagenperformance weiter zu erhöhen. Zusätzlich wurden noch
zwei hochauflösende CO2-Sensoren installiert, um damit die Referenzkonzentration als Basis
der CO2-Beaufschlagung noch präziser und zudem ganzjährig bestimmen zu können.

Abbildung 5: Phenocam-Aufnahmen von 9. bis 11. Dezember 2018

Ebenfalls im Herbst 2017 wurden zwei Phenocams installiert – die ClimGrass-Anlage in
Gumpenstein ist damit einer von knapp 600 weltweiten Standorten im internationalen
Phenocam-network, in dem kontinuierlich spektral gut vergleich- und auswertbare Daten
generiert werden. Täglich um 9:30 wird von beiden Kamerapositionen je ein Bild in das
Phenocam-network eingespeist und damit unter anderem die Darstellung von Bildzeitreihen
zur Erfassung phänologischer Erscheinungen sowie unterschiedlicher Witterungsverläufe
ermöglicht (Abbildung 5).

Sechs der Versuchsparzellen sind bereits von Beginn an mit wägbaren Monolithlysimetern
ausgestattet, die umfassende Informationen zum Bodenwasserhaushalt liefern. Die hexagonal
angeordneten Lysimeter mit je 1 m² Oberfläche und 1,5 m Tiefe werden über einen zentralen,
begehbaren Schacht serviert, in dem sich auch die entsprechenden Einrichtungen zur
Sickerwassergewinnung und Datenerfassung befinden. Die Lysimeter sind mit TDR-Trime-
Sonden zur Bodenfeuchtebestimmung, kombinierten Tensiometern T8-30 zur Bestimmung
des Matrixpotentials sowie Saugkerzen ausgestattet (Pütz et al., 2011). Mittels einer
bidirektionalen Pumpe, eines Saugkerzenrechens an der Unterseite des Monolithen und eines
im Freiland in gleicher Tiefe platzierten Tensiometers, kann die untere Randbedingung
feldidentisch nachgeführt werden (von Unold, 2008; Steins, 2008).

Im Rahmen des von der Österreichischen Akademie für Wissenschaften genehmigten
Projektes „ClimGrassHydro“ wurden im Oktober 2019 zusätzlich vier wägbare Smart Field
Lysimeter eingebaut, welche die Varianten C0T0 (=aktuelles Klima) und C2T2 (zukünftiges
Klima) jeweils unter und außerhalb der Regendächer zur Simulation von Dürrephasen
abdecken (Abbildung 6, li und Mitte). Smart Field Lysimeter gelten als modernste und
intelligenteste Lysimeter, mit denen wichtige Kenngrößen des Bodenwasserhaushalts
kontinuierlich erhoben werden können. Darüber hinaus wurden 18 weitere Versuchsparzellen
mit je drei Saugkerzen bestückt, mit denen Sickerwasser aus drei unterschiedlichen
Bodentiefen von 9, 18 und 60 cm entnommen und analysiert werden kann (Abbildung 6, re).

ClimGrassEco                                                                            16
Abbildung 6: Einbau der Smart Field Lysimeter und Saugkerzen

Die ClimGrass-Anlage bietet mit all den aktuell verfügbaren technischen Einrichtungen wie
wohl kaum ein anderes Freilandexperiment sehr viele Erhebungs- und Untersuchungs-
möglichkeiten und ist damit für zahlreiche Projektpartner und Interessenten von hoher
Attraktivität.

2.3 Einsatz nicht-invasiver Messtechniken und Erhebungen
Der Schwerpunkt der Erhebungen seitens der HBLFA Raumberg-Gumpenstein liegt im Bereich
der Grünlandproduktivität, die mittels der Ernte der oberirdischen Biomasse zu den
vorgesehenen Ernteterminen erfasst wird. Die qualitativen Eigenschaften des Erntegutes
werden in weiterer Folge durch nasschemische Analysen, NIRS sowie durch die Bestimmung
der in-vitro-Verdaulichkeit ermittelt. Darüber hinaus erfolgen in wöchentlichen Abständen
umfassende       nicht-invasive   Erhebungen   zur   Darstellung   der   Entwicklungs-   und
Wachstumsdynamik des Grünlandbestandes.

Dies betrifft etwa die Wuchshöhenmessung mittels Zollstock, pasture plate meter und
Ultraschall (Sensorik der Fa. Pepperl & Fuchs), feldspektroskopische Untersuchungen
(HandySpec Field der Fa. Tec5) zur Generierung von unterschiedlichen Vegetationsindices,
Messung des Blattflächenindex (Accurpar LP-80) sowie die Photodokumentation mittels einer
Kamera (GoPro Hero 3+ black edition). Ergänzt werden diese Erhebungen durch regelmäßige
Bestimmung des Entwicklungsstadiums (BBCH-Skala), des Artengruppenanteils an Gräsern,
Kräutern und Leguminosen sowie vollständigen Aufnahmen des Artenspektrums im
Pflanzenbestand nach Schechtner (1958). Mittlerweile wurden auch noch weitere Erhebungen
und ergänzende Messungen am Pflanzenbestand vorgenommen, wie etwa der
Chlorophyllgehalt bei ausgewählten Pflanzenarten mittels Chlorophyll-Meter SPAD 502 Plus
oder die Protein- und Kohlenhydratfraktionierung bei Knaulgras in ausgewählten treatments
in Kombination mit einer objektiven Erfassung des Entwicklungsstadiums mittels der MSC-
(mean stage by count) bzw. MSW- (mean stage by weight) Methode (Salama et al., 2017).

Die im gegenständlichen Forschungsprojekt verstärkt eingesetzten nicht- bzw. minimal
invasiven Erhebungen führten zur Entwicklung der mobilen Messplattform „Spektromobil“,
mit deren Hilfe diverse Messungen unter exakt standardisierten Bedingungen hinsichtlich der

ClimGrassEco                                                                              17
räumlichen Positionierung in hoher Qualität und optimaler Reproduzierbarkeit durchgeführt
werden können (Schweiger, 2017). Im konkreten Fall werden am Spektromobil die
feldspektroskopische Erhebung, die Wuchshöhenmessung mittels Ultraschall sowie die
Fotodokumentation mittels Gopro kombiniert. Die Messplattform trägt die dazu erforderliche
technische Einrichtung samt Stromquelle und einen laptop für die Bedienung der
Messprogramme, der Steuerung der motorbetriebenen Trägerleiste zur exakten Findung der
vorprogrammierten Messpositionen und zur letztlich zur Erfassung der erhobenen Daten
(Abbildungen 7 und 8).

                                                                                       D
                                                                         C                       E

                                                                                 3/G       2/A
                                                                     B                               F
                                                                                 4/E       1/C

                                                                             A                   G
                                                                                    Park-
                                                                                   position

Abbildung 7: Spektromobil im Messeinsatz (li), Schwenkarm mit Spektrometerkopf,
Ultraschallsensor und GoPro (Mitte) sowie schematische Darstellung der Messpositionen (re)
für spektroskopische Messungen (1-4) sowie Wuchshöhenmessungen (A-G)

Abbildung 8: screenshots der Wuchshöhenmessung (li) und der feldspektroskopischen
Erhebung (Mitte) sowie Fotodokumentation mittels GoPro (re)

Die spektroskopischen Messungen erfassen einen Großteil der Erntefläche und ermöglichen
damit auch eine Verknüpfung mit den dort erhobenen Ertrags- und Futterqualitätsdaten.
Ähnliches gilt auch für die Wuchshöhenbestimmung, die auf sieben unterschiedlichen
Positionen insgesamt 11-mal erfolgt. Zusammen mit der Fotodokumentation erfolgt damit
eine sehr umfangreiche und exakt verortete Erhebung von Messdaten innerhalb des
Begasungsringes.

Mit Hilfe der Feldspektroskopie können auf vergleichsweise einfache und berührungslose
Weise biologische Systeme hinsichtlich ihrer Komponenten, Strukturen und molekularer

ClimGrassEco                                                                                             18
Wirkungsweisen analysiert werden (vgl. Schaumberger et al., 2015; Schaumberger et al.,
2019). Die Methodik der Reflektionsspektroskopie, zu der auch die Feldspektroskopie gehört,
misst die Reflektion der elektromagnetischen Strahlung am Pflanzenbestand. Das Ergebnis
dieser Messungen ist eine spektrale Signatur mit einem auf die Beobachtung der Vegetation
abgestimmten Wellenbereich im sichtbaren Licht mit 400 bis 700 nm, im nahen Infrarot (NIR)
mit 700 bis 1400 nm und im kurzwelligen Infrarot (SWIR) mit 1400 bis 1700 nm. Die
Interpretation der Signatur erfolgt durch wellenlängenspezifische Auswertungen und lässt
beispielsweise Rückschlüsse auf Pigmentkonzentration (z.B. Chlorophyll), Nährstoff-
versorgung der Pflanzen, Wassergehalt, Biomasse oder Stressindikatoren zu.

Um zwischen Spektren und (bio)physikalischen Parametern kausale Zusammenhänge
herstellen zu können, müssen neben umfangreichen Spektralmessungen auch intensive
Beprobungen des Pflanzenbestandes erfolgen. Statistisch gesicherte Erkenntnisse bzw.
Modelle aus den Erhebungsdaten können nur dann abgeleitet werden, wenn viele Spektren
über mehrere Vegetationsperioden und gleichzeitig umfangreiche Laboranalysen über die
qualitativen Eigenschaften der gemessenen Pflanzenbestände zur Verfügung stehen. Die
Spektren können dann auf Basis von daraus errechneten Indices den Mess- und Analysendaten
zu Ertrag und Qualität gegenübergestellt werden. Die wichtigste Form der Nutzung spektraler
Daten sind Auswertungen auf Basis von Indizes, wobei dazu Reflexionswerte bestimmter
Wellenlägen gemäß entsprechender Definition miteinander kombiniert werden. Zahlreiche
Untersuchungen zeigen signifikante physikalische Zusammenhänge in den Spektralsignaturen
einzelner Wellen- bzw. Frequenzbereiche, welche für die Bildung von Indizes im Rahmen der
Vegetationsanalyse genutzt werden können. So gibt es beispielsweise einen engen
Zusammenhang im Nahen Infrarotbereich (850-970 nm) mit LAI, Biomasse, Bestandeshöhe,
Feuchte- und Proteingehalt oder im Frequenzbereich des Red-Egde-Bandes eine enge
Verbindung zum Stickstoffstress, zum Chlorophyllgehalt sowie zur Seneszenz und zum
Trockenstress.

Meist werden aus den Spektren Vegetations-, Chlorophyll- und Wasserindizes berechnet, die
auf Kulturarten und Auswertungsschwerpunkte (Biomasseschätzung, Entwicklungsdynamik,
Qualitätsparameter, usw.) angepasst sind. In der Regel werden diese mittels Differenzierung
von Reflexionswerten aus unterschiedlichen Bereichen des Spektrums mit anschließender
Normierung gebildet (Abbildung 9). Der Blatt-Chlorophyll-Index (Leaf Chlorophyll Index, LCI)
wird beispielsweise aus der Differenz eines NIR-Bandes und dem für den Chlorophyllgehalt
maßgeblichen Red-Edge-Band gebildet und anschließend normiert: LCI = 850 - 710 / 850 + 710
(Dorigo, 2008). Die Entwicklung des LCI verhält sich bei jedem Aufwuchs ähnlich und zeigt
damit klar, dass es eine Abhängigkeit zwischen Entwicklungsstadium und Index gibt. Um
daraus in weiterer Folge ein Modell, d. h. einen allgemein gültigen Zusammenhang ableiten zu
können, müssen den Indexwerten weitere Beprobungen und Laboranalysen, wie z. B.
Futterinhaltsstoffe, Biomassegewichte, Bestandeshöhen, Artenzusammensetzung, usw.

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gegenübergestellt und statistisch ausgewertet werden. Erst dadurch können die Ergebnisse
dieser LCI-Auswertung einer sinnvollen Interpretation zugeführt werden.

Abbildung 9: Spektroskopische Messungen von Pflanzenbeständen mit unterschiedlichen
treatments im Trockenstressexperiment 2017 (grüne Spektren ohne Trockenstress, rote
Spektren mit Trockenstress)

Im Projekt SpectroGrass wurden die methodischen Grundlagen geschaffen, um einerseits die
Erhebungen möglichst effizient zu gestalten und die Daten mit größtmöglicher Qualität
erfassen zu können (Schaumberger, 2017). Andererseits musste auch eine geeignete
technische Infrastruktur geschaffen werden, um die Speicherung, Verwaltung und Analyse der
Spektren bestmöglich zu unterstützen. Im Projekt ClimGrassEco werden die hier entwickelten
Workflows und Softwaretools dafür genutzt, möglichst umfangreiche Datensätze über
mehrere Jahre aufzubauen und in weiterer Folge für die Kalibrierung und Validierung von
statistischen Modellen zu verwenden. Der enorme Datenumfang, insbesondere jener der
Spektren, bedarf eines soliden Datenmanagements und einer effizienten Datenaufbereitung.
Die in SpectroGrass entwickelten und im ClimGrassEco-Projekt eingesetzten Softwaretools
und daran angebundene Datenbankmanagementsysteme sind unverzichtbarer Bestandteil
und die Voraussetzung für eine gut organisierte spektrale Datenanalyse.

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2.4 Beprobungslogistik und Dokumentation
Die Einzelparzellengröße von je 16 m² erfordert hinsichtlich des sehr ambitionierten
Erhebungsspektrums eine genau festgelegte räumliche Unterteilung und Vorgangsweise. Die
eigentliche Behandlungsfläche zur Begasung/Beheizung umfasst 3,8 m², also knapp ¼ der
gesamten Versuchsparzelle. Die komplexe Struktur des Freilandexperiments, die limitierten
Areale zur destruktiven Beprobung von Biomasse und Boden sowie die große Anzahl an
unterschiedlichen Projektpartnern bedingen eine vorausschauende Planung bei der
Durchführung der Ernte-, Erhebungs- und Beprobungsarbeiten. Zu den einzelnen
Ernteterminen erfolgen meist nicht nur umfassende Messungen und Erhebungen, sondern
auch Bodenbeprobungen in dem dafür vorgesehenen Areal im Ausmaß von 0,55 m².

Abbildung 10: Bodenbeprobung mittels Gitterraster sowie plot-weise Dokumentation der
Beprobungen

Destruktive Bodenprobenentnahmen werden hinsichtlich ihrer räumlichen Positionierung und
der erforderlichen Probenmengen vorgeplant und auch genauestens dokumentiert. Dies
gewährleistet einerseits eine repräsentative Probennahme innerhalb der treatments und
verhindert andererseits eine zu stark konzentrierte Beprobung in einzelnen Teilarealen.

Logistisch umgesetzt werden diese Probennahmen mittels eines Metallgitterrasters (5 x 5 cm),
welches exakt auf den einzelnen Versuchsparzellen positioniert wird und mit dessen Hilfe die
vorgesehenen Beprobungspunkte markiert sowie in weiterer Folge auch dokumentiert werden
können (Abbildung 10). Für pflanzenphysiologische Untersuchungen, phänologische und
botanische Erhebungen sowie als Erntefläche für die oberirdische Biomasse zur
Ertragsbestimmung und Analyse der Futterqualität ist in jeder Versuchsparzelle eine 1 m²
große Kreisfläche mit einem im Boden verankerten Edelstahlring abgegrenzt. Zur
Ertragsermittlung der insgesamt drei Aufwüchse/Jahr wird zunächst sämtliche Biomasse
außerhalb des Ertragsringes entfernt und abschließend die Vegetation innerhalb des
Ernteringes bei einer Schnitthöhe von 5 cm geerntet, gewogen und zur Analyse vorbereitet.
Nach demselben Schema werden auch die insgesamt 96 Mesokosmen geerntet, womit bei drei
Aufwüchsen jährlich insgesamt 426 Einzelerträge anfallen.

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2.5 ClimGrass-Datenbank
Die umfangreichen Erhebungen und Analysen an Pflanze, Boden, Bodenwasser und
Atmosphäre erfordern ein entsprechend fundiertes Datenmanagement zur Erfassung,
Prüfung, Speicherung, Bereitstellung und Verarbeitung der enormen Datenmengen. Im
Rahmen des DaFNE-Projektes Nr. 100852 „DATALYS“ wurde eine Anwendung entwickelt, die
geeignet       ist,   Daten   aus   verschiedenen     Quellen   wissenschaftlicher      Experimente
(kontinuierliche      Datenströme     aus     Sensoren,   manuelle      Eingabe,    Laborergebnisse,
Computermodelle, usw.) in eine Datenbank mit relationalem Datenmodell zu überführen
(Schaumberger, 2016). Das Datenmodell kann beliebig erweitert werden und passt sich so
unterschiedlichen Fragestellungen bzw. Anwendungsbereichen ohne Mehraufwand an. Die
Flexibilität des Datenmodells erlaubt eine interdisziplinäre Anwendung sowie eine optimale
Anpassung an Veränderungen und Erweiterungen der Forschungsschwerpunkte. Im Rahmen
eines Datenbankmanagementsystems (DBMS) wird die Funktionalität des Datenmodells mit
den Standardfunktionen wie Leistungsfähigkeit, Zugriffsmanagement, Datensicherheit und
Qualitätssicherung kombiniert und bietet auf diese Weise die Grundlage für eine effiziente
wissenschaftliche Auswertung der erfassten Daten. Neben einer automatisierten Migration
von    Sensordaten       ermöglicht    eine     Benutzerschnittstelle    über      Web-Browser   die
benutzergesteuerte Datenein- und Datenausgabe. Diese Datenbankschnittstelle ist
gleichzeitig die Grundlage für die Zusammenarbeit von Projektpartnern, welche Daten verteilt
in das System einspeisen und zentral abfragen können. Werden Daten aus unterschiedlichen
Disziplinen in ein gemeinsames System integriert, ergibt sich daraus die Möglichkeit, mit
geeigneten Analysen und Synthesen explorativ an neuen Fragestellungen zu arbeiten, auch
über einzelne Projektlaufzeiten hinaus. Das System bietet zusätzlich die Möglichkeit,
Zeitreihendaten durch entsprechende Visualisierung zu kontrollieren und Probleme wie
Datenlücken oder Ausreißer zu beseitigen.

Die ClimGrass-Datenbank bietet allen Projektbeteiligten nach Vergabe der entsprechenden
Zugriffsrechte einen externen Zugang zur Dateneingabe als auch zur Datenabfrage und -
auswertung. Aktuell (Stand Jänner 2020) beinhaltet die ClimGrass-Datenbank 76,7 Mio.
Lysimeterdaten, 16,6 Mio. FACE-Daten, 5,7 Mio. Wetterdaten sowie ca. 6 Mio. Messwerte aus
den diversen Feld- und Sensorerhebungen (in Summe fließen Daten von rund 560 Sensoren
ein) mit einem Gesamtdatenvolumen von knapp 20 GB.

2.6 Anlagenperformance
Die HBLFA Raumberg-Gumpenstein betreibt schon seit vielen Jahrzehnten sehr erfolgreich
Freilandversuche zu unterschiedlichsten Frage- und Themenstellungen aus dem Bereich der
Grünlandwirtschaft. Viele dieser Versuche beinhalten unterschiedlichste Gradienten
hinsichtlich Düngung und/oder Nutzung und erfordern viel Erfahrung und entsprechendes
versuchstechnisches know-how zu deren korrekten Durchführung und Anwendung. Die

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Umsetzung und möglichst genaue Erreichung der im ClimGrass-Experiment geplanten
Erhöhung der Temperatur und der CO2-Konzentration stellt jedoch eine ganz besondere
Herausforderung     dar,   nachdem      die   vorgesehene    Beaufschlagung     jeweils   sehr
unterschiedlichen, dynamischen Tages- und Jahresgängen folgen muss. Im Folgenden wird die
Anlagenperformance exemplarisch für ausgewählte Phasen im Zeitraum des 1. Aufwuchses
2018 (04.04.2018 bis 27.05.2018) dargestellt. Diese Evaluierungsphase wurde ausgewählt, da
sie sich sowohl durch heterogene Umweltbedingungen sowie durch eine starke Veränderung
der Parzellenoberflächen auszeichnet.

Abbildung 11: Witterungsverlauf in zwei ausgewählten Testperioden im April und Mai 2018

Um Trends anschaulich darstellen zu können, wurden für Auswertungen über den gesamten
Zeitraum des ersten Aufwuchses die Minutendaten aus Beheizung und Begasung zu
Tageswerten zusammengefasst. Statistische Auswertungen für diesen Zeitraum basieren
hingegen auf Minutendaten. Für die Darstellung von Tagesgängen bestimmter Parameter
wurden zwei Testperioden von jeweils drei Tagen mit gänzlich unterschiedlichen
Rahmenbedingungen ausgewählt und dafür die Minuten- zu Stundendaten zusammengefasst.

Die Testperiode I (Abbildung 11, links) vom 18.04.2018 bis 20.04.2018 fiel in die Anfangsphase
des ersten Aufwuchses. Zu diesem Zeitpunkt befanden sich die Pflanzen im phänologischen
Stadium des Schossens und die Bodenoberfläche war noch nicht vollständig mit Vegetation
bedeckt. Die drei Tage waren niederschlagsfrei, durchgehend sonnig und wiesen
überdurchschnittlich hohe Temperaturen auf. Allerdings gab es an diesen Tagen relativ starken
und anhaltenden Wind, was besonders für die Steuerung der Begasung von großer Relevanz
ist. Die Testperiode II (Abbildung 11, rechts) im Mai (15.05.2018 bis 17.05.2018) unterscheidet
sich grundsätzlich von jener im April. Es handelt sich um eine „Schlechtwetterphase“ mit
Niederschlägen, geringer Sonnenscheindauer und vergleichsweise niedrigen Temperaturen.
Die Windstärke war an diesen Tagen allerdings sehr gering. Der Pflanzenbestand war bereits

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voll entwickelt und befand sich in der Phase des Ähren-/Rispenschiebens. Die beiden
ausgewählten Perioden werden einander gegenübergestellt, sodass die Unterschiede sehr
deutlich wahrzunehmen sind.

2.6.1 Beheizungsperformance
Der Verlauf der Oberflächentemperatur zeigt in Testperiode I drei typische Tagesgänge mit
einer deutlichen Unterscheidung zwischen der kühleren Nacht- und der wärmeren Tagesphase
mit einer Temperaturamplitude von bis zu knapp 30 °C (Abbildung 12 links). In der
niederschlagsreichen Testperiode 2 sind die drei Tagesgänge für die Oberflächentemperatur
recht unterschiedlich ausgeprägt und weisen eine Amplitude von ca. 5 bis max. 15 °C auf
(Abbildung 12 rechts).

Abbildung 12: Verlauf der Globalstrahlung sowie der Oberflächentemperatur für die
Temperaturvarianten T0, T1 und T2 in den beiden je dreitägigen Testperioden

In beiden Testperioden heben sich die Varianten mit Temperaturerhöhung über weite
Strecken klar von der ambienten Referenztemperatur ab, wobei die Differenzierung bei
tieferen Temperaturen deutlicher ausgeprägt ist als bei höheren Temperaturen. Bei sehr
hohen Temperaturen von über 30 °C stoßen die verwendeten Infrarotstrahler technisch an ihre
Leistungsgrenze und es ist dann eine weitere Temperaturbeaufschlagung auch nicht mehr
umsetzbar. Bezogen auf die gesamte Periode des 1. Aufwuchses von 04.04.2018 bis
27.05.2018 wurden knapp 75 % aller erhobenen Messwerte (auf Minutenbasis) der Variante T1
für die Performanceanalyse herangezogen (Steuersignalbereich von 0,1 bis 9,9 innerhalb des
Gesamtbereiches von 0 bis 10 Volt). In Bezug auf den angestrebten Beaufschlagungswert von
+ 1,5°C befanden sich von diesen Messwerten 96,8 % innerhalb eines Bereiches von ±10 % um
den Zielwert. Für die Variante T2 mit der Zielgröße + 3°C flossen knapp 70 % der Messwerte in
die Performanceauswertung ein, wobei hier 96,5 % der Messwerte innerhalb ±10 % des
angepeilten Beaufschlagungswertes lagen.

2.6.2 Begasungsperformance
Die atmosphärische CO2-Konzentration, gemessen in 2 m Höhe schwankt in den beiden
Testperioden zwischen knapp 400 und 470 ppm, wobei die höheren Werte stets in den

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