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Das Jobcenter im Sozialraum - sozialräumliche Kooperationsstrukturen und Arbeitsweisen Referat auf der Fachtagung „Arbeitsmarktpolitik braucht Raum“ am 23. Oktober 2014 in Oberhausen
Gliederung Ziele und Aufgaben der Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) Schlaglichter zur sozialen Struktur der Leistungsberechtigten und zur Arbeitsmarktintegration Sozialen Teilhabe und Existenzsicherung Bedeutung des Sozialraums für Lebenslagen, Verwirklichungschancen und soziale Dienstleistungen Eckpunkte und Elemente einer sozialraumsensiblen Dienstleistungsproduktion des Jobcenters in einem Produktionsnetzwerk Zusammenfassende Thesen 2
Ziele der Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) Die Grundkonstruktion des SGB II ist „hybid“ (Claus Reis), das macht eine komplexe und dauerhafte Zielklärung erforderlich. 1. Ziel: Den Leistungsberechtigten (Erwerbsfähige und ihren Angehörigen) als letztes soziales Netz (BVerfG vom 9.2.10) zu „ermöglichen ein Leben zu führen, das der Würde des Menschen entspricht (SGB II § 1 Abs. 1). → Fürsorgeorientierung in Nachfolge des BSHGs 2. Ziel: Erwerbsfähige Leistungsberechtigte (eLb) müssen durch Erwerbstätigkeit „alle Möglichkeiten zur Beendigung oder Verringerung ihrer Hilfebedürftigkeit ausschöpfen“ (§2 Abs. 1). Das Dienstleistungsangebot des SGB II (§ 16) fokussiert in erster Linie arbeitsmarktliche Eingliederungsleistungen bzw. Leistungen, die die Integration in Erwerbsarbeit unterstützen (§16a). Vorrang haben Maßnahmen, „die die unmittelbare Aufnahme in Erwerbstätigkeit ermöglichen (§ 3 Abs. 1) → Arbeitsmarktzentrierung im Gefolge des Aktivierungsparadigma 3
Governance und Steuerung des SGB II sind arbeitsmarktzentriert und folgen dem Aktivierungsparadigma Zuständigkeit der Bundesagentur für Arbeit Zielvereinbarungen (§ 48a Abs. 3) Verringerung der Hilfebedürftigkeit (op. summarische Ausgaben der JC für Geldleistungen) Integration in Erwerbstätigkeit (op. Neuintegrationen nicht Erwerbsteilhabe) Vermeidung von langfristigem Bezug (op. eLb, die 2 Jahre und länger im Bezug sind) 2011 aufgrund BVerfG gesetzlich (§ 48a Abs. 3 S.2) geforderte „Verbesserung der sozialen Teilhabe“ ist bis heute als Zielvereinbarung nicht umgesetzt. Keine Dienstleistungen – Ausnahme §§ 28ff. BuT, die das Ziel „soziale Teilhabe“ verfolgen, Dienstleistungen müssen „wirtschaftlich und sparsam“ der Eingliederung in Arbeit dienen. 4
Schlaglichter zur soziale Struktur der Leistungsberechtigten im JC Oberhausen (Stand 12 oder 13): Bedarfsgemeinschaften Art der BG Anzahl v.H. Dichte v.H. WBV BG insgesamt 14.380 100 13,5 darunter - Single BG 7.509 52 13,5 - Paar-BG ohne Kinder 1.518 11 4,3 - Paar-BG mit Kinder 2.174 15 13,9 - Alleinerziehende BG 2.729 19 53,2 - BG‘s mit 3+ Kinder (u.15J.) 523 4 5
Schlaglichter zur soziale Struktur der Leistungsberechtigten im JC Oberhausen: Personenkreis Anzahl v.H. Dichte v.H. WBV eLb insgesamt 19.757 100 16 darunter - Langzeitbezieher (2+ Jahre) 13.900 70,4 11 - Langzeitbezieher (4+ Jahre) 9.420 47,7 - u 25 Langzeitbezieher 4.820 24,4 Sozialgeldbezieher u. 15 Jahre 7.620 100 27 6
Schlaglichter zur soziale Struktur der Leistungsberechtigten im JC Oberhausen (Stand 9.13): Erwerbsbeteiligung Personenkreis Anzahl v.H. eLb insgesamt 19.757 100 darunter - s.v. Erwerbstätige 1.580 8,0 - geringfügig Erwerbstätige 2.212 11,2 - Erwerbstätige insgesamt 4.820 24,4 - Erwerbstätige Langzeitbezieher 3.490 17,7 - In Maßnahmen aktiviert ? - Arbeitslose 11.044 55,9 - Arbeitslos ohne Berufsausbildung 7.388 37,4 an allen Arbeitslosen -Langzeitarbeitslose 6.791 ~30,0 7
Schlaglichter zur soziale Struktur der Leistungsberechtigten im JC Oberhausen • Alleinerziehende tragen ein großes Armutsrisiko (> 50 %) • Geringer Anteil von Müttern mit Erwerbseinkommen im SGB II: >22 % • Geringere Anteile weibliche eLb mit Erwerbseinkommen Quote D: 26 %; N-D: 22 % • Niedrige und zurückgehende Arbeitsmarktintegration von Alleinerziehenden: Dez. 13: p.a 12,2 % (Dez. 12:p.a 13,7 %) • Anstieg der Langzeitbezieher 2012 zu 2013: + 3,1 % • Unter den jungen Menschen sind 1.885 2 Jahre und länger im Bezug, dass sind 50 % der 17 – u. 25-Jährigen • 455 der jungen eLb haben keinen Schulabschluss (13 %) 8
Schlaglichter zur soziale Struktur der Leistungsberechtigten im JC Oberhausen (Stand 9.13): Profillagen Personenkreis Anzahl v.H. eLb insgesamt 19.757 100 darunter - Marktnahe Profillagen 4.735 24 (Markt 92, Aktvierung 201, Förder 4.442) - Marktferne Profillagen 8.912 45 (Entwicklung 4203, Stabilisierung 2.788, Unterstützung 1.921) - Integriert, aber hilfebedüftig 1.458 7 - Zuordnung nicht erforderlich 4.447 23 (insbes. SchülerInnen, Mütter mit Ki. u3J) - Integrationen in s.v. Beschäftigung & Ausbildung p.a. 3.457 18 - davon nachhaltig (auch 12 Monate später) 57 - Existenzsichernde Beschäftigungsaufnahmen (>6 Monate) 40 9
Übergangswahrscheinlichkeit SGB II eLb in Erwerbstätigkeit 9 zentrale Risikomerkmale: fehlende Bildungs- bzw. Ausbildungsabschlüsse, gesundheitliche Einschränkungen, eine lange Verweildauer im Grundsicherungsbezug vor dem Untersuchungszeitraum, ein höheres Alter (50+), nach Deutschland zugewandert zu sein wie auch eine begrenzte Beherrschung der deutschen Sprache und die Pflege von Angehörigen sowie die Tatsache, Mutter zu sein 10
Abgangsraten in Beschäftigung am 1. Arbeitsmarkt nach Dauer der Arbeitslosigkeit SGB II eLb 11
Zwischenfazit Das SGB II in Oberhausen wie anderswo ist empirisch ein Leistungsgesetz, welches nicht nur Aktivierungen, Befähigungen und Integrationen von armen (Langzeit)Arbeitslosen in den Arbeitsmarkt „produziert“ sondern insbesondere einkommensarme Menschen in sehr unterschiedlichen sozialen Lagen (Arbeitslose, Erwerbstätige, Erziehende, sich Qualifizierende, Kranke) mit materiellen Existenzsicherungsleistungen fördert Hilfen zur Selbsthilfe durch Aktivierung und Befähigungen leistet mit Sach- und Geldleistung die Bildung und Teilhabe der jungen Menschen fördert (§ 28f). 12
Armut und sozial Teilhabe: empirische Schlaglichter Abbildung 1: Kausaldiagramm zum Zusammenhang prekärer Lebenslagen und sozialer Teilhabe Quelle: Sthamer/Brülle/Opitz 2013: 9 13
Existenzsicherung und Teilhabeempfinden Achtung: Aufstocker = nicht arbeitslos Quelle: Sthamer/Brülle/Opitz 2013: 58 14
Lebenszufriedenheit und Existenzsicherung Abbildung: Geschätzte Werte für die Lebenszufriedenheit unter Kontrolle von persönlichen und Haushaltsmerkmalen Alle U-25 9 9 8 8 7 7 6 6 AL im SGB II Arm ohne SGB II AL im SGB II Arm ohne SGB II Aufstocker Ges. Eink. Aufstocker Ges. Eink. Typ Typ N=11286 N=1408 Geschätzter Wert 95%-Konfidenzintervall Siehe Abbildung 22. Quelle: Sthamer/Brülle/Opitz 2013: 60 15
Fazit der Studie: Welche Faktoren verbessern das Teilhabeempfinden von Menschen im SGB II? Positive Faktoren S.V. Erwerbstätigkeit bzw. Selbständigkeit Arbeitsgelegenheit –“Ein Euro-Job“ aber: nicht u 25 J. Mini-Job aber: nicht u 25 J. Teilnahme Aus- und Weiterbildung Gute und sehr gute subjektive Gesundheit Enge Beziehungen Eigenes Engagement Ein-Eltern-Haushalt im Vergleich zu Single-Haushalt bei u 25 J. auch Paar-HH Quelle: Sthamer/Brülle/Opitz 2013: 71 16
Das Jobcenter ist nicht allein, aber Unterstützungsstrukturen sind stark versäult und schwer zugänglich 17
Beispiel: Jugendhilfe – Grundsicherung für Arbeitsuchende (Schätzungen für OB + amtl. Statistik) SGB VIII auch im SGB II Leistung/Zielgruppe Anteil aus SGB II Hilfe z. Erziehung > 1 Drittel Kindertagesbetreuung > 1 Viertel Alleinerziehende > 1 Hälfte Offene Jugendarbeit 1 Viertel bis 1 Drittel Jugendsozialarbeit/ 1 Viertel bis 1 Drittel Schulsozialarbeit Elternbildung ca. 1 Hälfte „Frühe Hilfen“/§ 8a KWG 1 Viertel bis 1 Drittel 18
Bedeutung des sozialräumlichen Umfeldes Der soziale Raum eines Stadtteils oder Ortsteils bietet eine spezifische Infrastruktur und den sozialen Rahmen für die Lebensführung und Verwirklichungschancen der Menschen. Die physische Struktur (Siedlungsform, Wohnungen, Wohnumfeld, Lärm, Klima etc), sowie die sozialstrukturelle (Alter, Haushaltsformen, Einkommen, Bildung, Stellung im Erwerbsleben) und sozialkulturelle (Ethnien, Lebensstile, etc.) Bevölkerungszusammensetzung eines Stadtteils beeinflusst die Lebenschancen und Unterstützungsbedarfe der Menschen. 19
Der Sozialraum „Stadtteil“ als Lebenswelt und Kooperationsarena Soziale(s) Milieu(s) im Stadtteil: Normen und Werte, Lebensführungsmuster, Wohn- & Wohneigentumsformen, Verkehrskreise, Vereine/Initiativen, informelle soziale Kontrolle, Kommunikationsorte Lebenslagen → Bedarfe Einrichtungen → Angebote • SGB II-eLb • Bildungs- und Beschäftigungsträger • Erwerbsteilhabe/Aktivierung • Soziale Dienste/Beratungsstellen • Bildung & Ausbildung • Elternbildung/frühe Hilfen • Altersgruppen • Kindertagesbetreuung • Haushaltsstrukturen • Grundschulen • Familiale Rollen, Geschlecht • Sekundar I-Schulen • Ethnien, Herkunft • Kinder-, Jugend-, Stadtteilzentren, GWA- • Sozialgeld Kinder nach Projekte • Altersgruppen • Gesundheitsdienste/Selbsthilfegruppen • Schulformbesuch • etc. Stadtteildaten SGB II zur Benennung Einrichtungsdatenbanken/-verzeichnisse, von relevanten Zielgruppen, Bearbeitungs- Stadtteil- bzw. Sozialraumkonferenzen/- feldern und -mengen gremien tauschen sich kontinuierlich aus 20
Sozialplanerische Strategien zur Kooperationsentwicklung der Institutionen und zur Verbesserung der Inanspruchnahme von Leistungen durch besondere Zielräume bzw. Zielgruppen Klare Definition und, Operationalisierung von Zielgruppen und Zielräumen mit der Politik und der Fachpraxis Kontinuierliche Überprüfung der Inanspruchnahme und der Ergebnisse in einem vielfältigen Methodenmix Teilnahmestatistiken, Geschäftsberichte, Monitoring; kontinuierliche Befragungen der Zielgruppen und Nutzer Qualitative Verfahren zur Überprüfung der Inanspruchnahmeschwellen und der Bedürfnisse der Zielgruppen Nicht-Inanspruchnahme ist Hinweis auf konzeptionelle Schwächen, Rückkopplung auf die Fachebene um Organisationslernen zu fördern Stadtteilbezogene Platzierung, Konzipierung und Steuerung der sozialen Dienstleistungen soweit wie möglich Vereinbarung von Zielerreichungswerten (absolute Zielwerte, Teilhabequoten) Verbesserte Förderung der Erreichung von benachteilgten Zielgruppen/-räumen (z. B. Ressourcenzuschläge nach Sozialindex) Kontinuierliche, diskursive und reflexive Überprüfung der vorgenommenen Bedarfs-, Ziel- und Zielgruppenkonstruktionen mit Fachkräften, Wissenschaft, Politik, Betroffenen und der Öffentlichkeit
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Sozialberichterstattung oder Monitoring als kontinuierliches strategisches Controlling- und Reflexionsinstrument Aussagefähige Geschäftsberichte liefern neben der Darstellung der Dimensionen des Dienstleistungsprozesses und der sozialräumlichen Verortung der Dimensionen Leistungsangebot, Leistungsnutzung und eingetretene Wirkungen zwei weitere Analyseebenen, nämlich eine Betrachtung der sozialen Strukturierung der für den Dienstleistungsprozess vorgesehenen Zielgruppe (in der Abbildung „Eingangsqualitäten“ genannt) mit der entsprechenden sozialen Strukturierung der Personen, die die Dienstleistung tatsächlich in Anspruch nehmen eine Betrachtung der Entwicklungen im Kontext des zu berichtenden Dienstleistungsprozesses (in der Abbildung „Kontextveränderungen“ genannt), um auf intervenierende Prozesse und Ergebnisse im Umfeld der Dienstleistung eingehen zu können.
Beispiele sozialräumliches Berichtswesen 1 Aus: Wiesbadener Sozialraumanalyse 2013 24
Beispiele sozialräumliches Berichtswesen 2 Aus: Interaktiver Sozialatlas des Amtes für Soziale Arbeit Wiesbaden 25
Zielgruppenanalysen: Z.B. Erwerbsteilhabe der Mütter im SGB II Aus. Geschäftsbericht SGB II 2012 Wiesbaden
Zielgruppenanalysen: Z.B. „Ausstiegslöhne SGB II“ Berechnete Ausstiegslöhne 51.1/rkh Notwendiges Bruttoarbeitsentgelt + vorrangige Leistungen, um keine Grundsicherungsleistungen gemäß SGB II zu beziehen Wiesbaden, Medianmiete nach Haushaltskonstellation, 2013 Alleinstehend Ehepaar mit 2 Kindern Alleinerziehende mit 1 Kind Bruttoentgelt 1.550 1.750 1.650 Nettoentgelt 1.107 1.395 1.211 + Wohngeld 0 202 77 + Kindergeld 0 368 184 + Kinderzuschlag 0 280 140 - Erwerbstätigenfreibetrag 300 330 330 = anrechenbares Einkommen auf SGB II-Anspruch 807 1.915 1.282 Grundsicherungsbedarf gemäß SGB II-Anspruch 806 1.905 1.286 darunter KdU (inkl. Nebenkosten) 365 614 507 darunter Heizkosten 50 95 80 Quelle: OPEN/Prosoz 11/2013 eigene Auswertungen; Nettolohnrechner 2013; Wohngeldrechner 2014; SGB II-Rechner 2014 zum Vergleich: Empirische Löhne für einschägige Branchen im Bereich der angelernten Tätigkeiten Monatliche Bruttoarbeitsentgelte von sv- pflichtig Vollzeitbeschäftigten (ohne Auszubildende) in Westdeutschland, BA: Entgeltstatistik, 31.12.2012 Wach- und Sicherheitsdienste Gebäudebetreuung/Garten- u. Vermittlung und Überlassung von Einzelhandel (o. Handel mit Kfz) Gastronomie (und Detekteien) Landschaftsbau Arbeitskräften Bruttoarbeitsentgelt je Monat; Grenze zwischen 1. und 2. Quintil 1.651,00 € 1.128,00 € 1.570,00 € 1.498,00 € 1.307,00 € 27
Sozialräumliche Wahrnehmungs- und Handlungsfähigkeit des Jobcenters ist eine notwendige Bedingung zur Kooperation im Sozialraum Elemente der Wahrnehmungsfähigkeit Kooperativ festgelegte Sozialräume Sozialräumliches Berichtswesen (Struktur der Leistungsberechtigten und der Leistungen) Kommunikation des Berichtswesens und der konkreten Erfahrungen und Einschätzungen der Fachkräfte Elemente der Handlungsfähigkeit Regionale Strukturierung (z.B. Sozialraum) der Teams Integrationsfachkräften, Leistung und insbes. Fallmanagement oder verbindliche personelle Zuständigkeit ‚Sozialraumkoordination‘ Mitwirkung in den Sozialraumkonferenzen durch Integrationsfachkräfte, Fallmanagement und ggfls. Leistung Alternativ und/oder als Einstieg Projekte für einzelne Zielgruppen und/oder Sozialräume mit den o.g. Elementen 28
Beispiele für einen „guten“ Einstieg in Kooperationsprojekte im Sozialraum Bildung und Teilhabe Ziel: Verringerung der Schulabgänge ohne Schulabschluss Maßnahmen: Aufbau von Lernförderinfrastruktur der Stadtteilakteure an der Schule und enge Verfahrensabstimmung mit BuT-Stelle Berufliche Orientierung und Übergänge in Ausbildung Ziel: Zielgerichteter BerEB-Einsatz Maßnahme: Jobcenter, Schule und Schulsozialarbeit koordinieren mit AfA Konzept, Auswahl und Einsatz de BerEB-Angebote; Zuweisung der jungen Menschen erfolgt gemeinsam Eltern- und Frühbildung Ziel: frühe Förderung, Ansprache und Teilhabeverbesserung der Mütter Maßnahme: Ansprache und Kursangebot für Mütter mit u 3-Kindern zur familialen, erzieherischen und beruflichen Orientierung aus gemeinsamen Mitteln Jobcenter und Familienbildung bzw. frühe Hilfen & ggfls. BAMF Integrationskurse … 29
Wiesbadener Handlungsprogramm zum Abbau herkunftsbedingter Bildungsbenachteiligung 30
Institutionelle Kooperationen systematisch entwickeln: MAIS-Projekt „Dienstleistungen Hand in Hand“ Reis ISR FHFFM 31
Funktionale Netzwerktypen nach Reis Informelles Informations- Milieubildendes Produktions- Projektnetzwerk Produktionsnetz- netzwerk Netzwerk netzwerk werk Grad der Kooperation Koordination Punktuelle Zusammenwirken Zusammenarbeit Zusammenarb Zusammenarbeit eit Gegenseitige Gemeinsame Die beteiligten Die beteiligten Die beteiligten Unterstützung Aktivitäten, Personen u. Personen arbeiten Personen u. durch intensivere Organisationen sind eng und dauerhaft Organisationen Informationen und Kommunikation, bereit, zeitlich befristet miteinander, ohne sind bereit, Berücksichtigung individuelles und sachlich dass die sachlich klar der jeweiligen Engagement bzgl. eingeschränkt Teile Anstellungsträger definierte Teile Angebote Gemeinsamer ihrer Eigenständigkeit Teile ihrer ihrer Ziele und zugunsten Eigenständigkeit Eigenständigkeit Planungen gemeinsamer Ziele zugunsten zugunsten aufzugeben gemeinsamer Ziele gemeinsamer aufgeben Ziele aufzugeben Dauer der unbestimmt bis zur bis zum Abschluss des dauerhaft dauerhaft Zusammenarb Zielerreichung Projektes eit Formalisierung variabel hoch hoch nicht gegeben hoch sgrad 32
Grundannahmen zum Aufbau eines Produktionsnetzwerkes (nach Reis) 1. Komplexe Problemlagen erfordern komplexe Handlungsstrategien. Diese können nicht nur von einer Organisation (Jobcenter, Jugendamt, freier Träger) entworfen werden, sondern erfordern die gemeinsame Planung und ein koordiniertes Vorgehen mehrerer Akteure. 2. Wenn es bereits institutionalisierte Formen der Handlungskoordination gibt (z. B. bereits vor Ort existierende Netzwerke), stellt das Konzept „Produktionsnetzwerk“ eine bestimmte „Arbeitsweise“ dar, die von den Akteuren im schon bestehenden Netzwerk umgesetzt wird. Gibt es solche Formen noch nicht, ist es Bestandteil der Netzwerkarbeit, die kooperativen Arbeitsstrukturen zu institutionalisieren, ein „Produktionsnetzwerk“ als Form der Zusammenarbeit mehrerer Akteure aufzubauen. 3. Die Problemlagen, mit denen die Zielgruppen im SGB II konfrontiert werden, sind individualisiert, betreffen konkrete Personen und werden von diesen subjektiv verarbeitet und (teilweise auch nicht) bewältigt. Gleichzeitig sind sie „typisch“, gelten auch überindividuell und weisen somit strukturelle Merkmale auf. Dieses Spannungsverhältnis zwischen der „allgemeinen Struktur“ und der Besonderheit des Einzelnen manifestiert sich im „(Einzel-)Fall“. 4. Die gesetzliche Aufgabe von „Helferorganisationen“ (Jobcenter, Jugendamt etc.) ist es, einerseits nach rechtlichen Vorschriften und damit verallgemeinerbar Unterstützung zu gewähren, diese Unterstützung aber an der Besonderheit des Einzelfalles auszurichten (besonders deutlich wird dies im „Individualisierungsprinzip“ des SGB XII). Deshalb ist der Einzelfall besonders gut als Ausgangspunkt der Zusammenarbeit von Akteure im Produktionsnetzwerk geeignet. Es gilt, in einem gemeinsamen Entwicklungsprozess die strukturellen Elemente der Einzelfälle herauszuarbeiten und Bearbeitungsformen zu entwerfen. Diese Formen können dann in der Einzelfallarbeit genutzt werden. 33
Kern eines sozialräumlichen Produktionsnetzwerkes Jobcenter mit Akteuren aus Leistung, Aktivierung und Maßnahmeplanung Jugendamt mit Sozialdienst, Kindertagesbetreuung, frühe Hilfen, Elternbildung, Jugendsozialarbeit Schulsozialarbeitsprojekte GWA-Träger Jugendhilfeträger wie HzE-Anbieter, EB, Jugendhäuser Akteure der Migranten Integration & Selbstorganisation 34
Aufgabenstellung für die Zusammenarbeit „Wissen“ Formelle Arbeits- Arbeits- Formelle Regeln teilung teilung Regeln Personen Personen „Gegen- (mit (mit stand“ „Professions- „Professions- wissen“ wissen“ „Gegen- „Gegen- Instrumente stand“ stand“ Instrumente Organisations- Organisations- kultur kultur Corbett, T. u.a.: 2005, p. 33 Prof. Dr. Claus Reis 35
Zielentwicklung und Wissensproduktion des Produktionsnetzwerkes durch Reflexion von „Fällen“ „Wissensproduktion“ Wissensproduktion – Konstitution und Reflexion von „Fällen“ Organisation Person Strukturen Personal „Fall“ 1 „Fall“ 2 Zugänge „Fall“ 3 Aufgaben Ressourcen Definierte Selbst- Wissen Prozesse verständnis Selbstbe- Ressourcen Professions- Interaktion wusstsein „Wissensproduktion“ Qualifikation wissen Emotionen Prof. Dr. Claus Reis Fallzahlen Handlungs- Handlungs- kompetenz kompetenz Anreize Prof. Dr. Claus Reis 36
Handlungsschritte zum Aufbau eines Produktionsnetzwerkes (nach Reis) : 1. Zusammenstellung des Kernnetzwerks auf der Basis konkreter Fälle 2. Erarbeitung integrierter Fallkonstellationen 3. Feststellung fallübergreifender Themenfelder 4. Entwicklung eines Zielsystems 5. Entwicklung von Leistungsmodulen 6. Entwicklung und Überprüfung von Dienstleistungsketten in der Fallarbeit 7. Verstetigung der Netzwerkarbeit 8. Dokumentation und Evaluation 37
Zusammenfassende Thesen Die Akteure des SGB II (Politik, Bundesagentur, Kommunen, Jobcenter und Wohlfahrtspflege/Bildungsträger) müssen die doppelte Zielbestimmung des SGB II aktiv annehmen und umsetzen. Das SGB II ist eingebettet in den politischen, institutionellen und fachlichen Kontext sozialer Kommunalpolitik und Daseinsfürsorge. Eine Reduzierung der SGB II-Leistungsproduktion auf den Arbeitsmarkt unter- schlägt die zentrale Bedeutung der sozialen Teilhabe der Menschen. Einerseits sichert Arbeit Teilhabe, andererseits ermöglicht Teilhabe Befähigungen und damit Integrationschancen. Der soziale Raum ist die soziale Arena für eine institutionelle Kooperationsentwicklung und die Umsetzung kooperativer Strukturen und Prozesse der sozialen Kommunalpolitik Sozialplanung und JC-Controlling können und müssen die notwendigen Datenstrukturen auch sozialräumlich für Problemanalysen, Geschäftsprozess- und Produktgestaltung und ein Berichtwesen über Inanspruchnahme, Ergebnisse und Wirkungen bereitstellen. Verbindliche Kooperation in Produktionsnetzwerken benötigt die Mitwirkung aller Hierachieebenen und kann systematisch über gemeinsame Fallreflexionen entwickelt und geplant werden. Das MAIS beabsichtigt 2015f. entsprechende Unterstützungsstrukturen anzubieten. 38
Ich bedanke mich für Ihr Interesse ! Literatur: Alle Wiesbadener Sozialberichte unter www.wiesbaden.de/sozialplanung Daten Oberhausen aus SGB II-Portal, Berichte Jobcenter Oberhausen; GIB NRW: Bericht zur Zielsteuerung 2013 (Datenstand 12/13) Sthamer,E./Brülle, J./Opitz, L. Inklusive Gesellschaft – Teilhabe in Deutschland. Soziale Teilhabe von Menschen in prekären Lebenslagen. Herausgegeben vom ISS Frankfurt 2013. Download unter ISS Reis, Claus „Arbeitstitel: zehn Jahre „moderne Dienstleistungen“ im SGB II (unveröffentlichtes Manuskript für FES) Frankfurt 2014 Reis, Claus „Dienstleistungen Hand in Hand“ – Umsetzungshandbuch zur Entwicklung von Produktionsnetzwerken (Entwurf im Auftrag des MAIS) Frankfurt 2014 Brülle,H./Christe,G./Melzer,R./Wende, L. Schulbezogene Unterstützungsnetzwerke. Gestaltungsansätze der Jugendhilfe zur Bildungsförderung armer Jugendlicher im Übergang Schule – Beruf Herausgegeben vom ISS Frankfurt 2011. Download unter ISS Engeström, Y. Entwickelnde Arbeitsforschung. Die Tätigkeitstheorie in der Praxis. Berlin 2008 Bartelheimer, P. Politik der Teilhabe. FES Arbeitspapiere. Berlin 2007 Laubstein, Claudia/Holz, Gerda/Dittmann, Jörg/Sthamer, Evelyn (2012): Von alleine wächst sich nichts aus...Lebenslagen von (armen) Kindern und Jugendlichen und gesellschaftliches Handeln bis zum Ende der Sekundarstufe I. Frankfurt a.M.: Institut für Sozialarbeit und Sozialpädagogik und Berlin: Arbeiterwohlfahrt Dörre, K. u.a. Bewährungsproben für die Unterschicht? Soziale Folgen aktivierender Arbeitsmarktpolitik. Frankfurt 2013 39
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