Das Leben mit Corona - afemdi-projekte Deutschland eV

 
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Das Leben mit Corona - afemdi-projekte Deutschland eV
| Bericht Afemdi |

Das Leben mit Corona
Zehn Mütter und Großmütter bieten der          Der Gemeinschaftsacker konnte gepachtet
Pandemie die Stirn! Auch mit Corona geht       werden für die Saison 2020. Dort arbeiten
das Leben weiter, hier bei uns in Rheinhes-    die Mütter und Großmütter gemeinsam.
sen, dort im Hohen Norden von Kamerun.         Sie gehen zusammen bei Tagesanbruch
Der Verein afemdi-projekte Deutschland         gegen 4 Uhr den langen Weg zum Feld hin
e.V. tut sein Bestes, dem Partnerverein        und um 11 Uhr vor der allergrößten Hitze
ASRB (Aktion Solidarität Rey Bouba) zu         zusammen wieder ins Dorf zurück, jede
helfen, und es gibt Erfolge in der partner-
schaftlichen Zusammenarbeit zu verzeich-
nen.
Unsere Energie geht direkt zu den zehn
Frauen in Kamerun in dem kleinen Dorf
Kongrong in der Nähe von Rey Bouba. Sie
sind die Mütter und Großmütter der von
uns betreuten 18 christlichen Mädchen
und Jungen. Die Gruppe wird von vier Leh-
rern der örtlichen Grundschulen geleitet       Sieben der zehn Mütter und Großmütter bei
und von Madame Marguerite Ikri.                der Arbeit auf dem Gemeinschaftsfeld.
                                               Foto: Sadjo Hamadjan, Rey Bouba
Die zehn Frauen haben sich mit Madame
Ikri entschlossen, dem durch die Pandemie      von ihnen mit ihrer Kurzhalshacke auf der
bedingten Hunger die Stirn zu bieten. Ma-      Schulter. Die Regenzeit hat angefangen.
dame Ikri ist die Ehefrau eines der vier       Am 11. Juli haben die Frauen mit der Saat
männlichen Betreuer. Sie hat dem Verein        begonnen. Madame Ikri hat das Saatgut
afemdi-projekte Deutschland die Idee eines     gekauft, die Frauen haben den Boden be-
Gemeinschaftsackers vorgestellt.               arbeitet und den Samen gesät. Sie warten
                                               nun darauf, dass die Saat aufgeht. Sie hak-
Die zehn Frauen sind Analphabetinnen.
                                               ken den Boden gemeinsam in einer ge-
Was sie seit ihrer Kindheit beherrschen, ist
                                               bückten Haltung, die Beine durchgedrückt
die Arbeit auf einem Feld. Madame Ikri
                                               und den Oberkörper im rechten Winkel
führt eine Dokumentation über jeden Ar-
                                               gehalten mit der Kurzhalshacke, einer Hal-
beitsschritt von der Saat bis zur Ernte. Sie
                                               tung, die wir Europäer nicht lange durch-
wird den rheinhessischen Freunden und
                                               halten würden. Jeden Samstag geht Mada-
Gönnern Bericht erstatten. Eine spannende
                                               me Ikri mit den Frauen auf das Gemein-
Sache also. Auf diese Art erhalten wir Ein-
                                               schaftsfeld, um den Fortschritt der Arbeit
blick in die dortigen Lebensweisen zum
                                               zu sehen und dann dem Verein afemdi-
Überleben und darüber, wie sich die zehn
                                               projekte Deutschland e.V. über den jeweils
Frauen, die 18 Kinder und die fünf Betreu-
                                               nächsten Schritt in der Ackerbearbeitung
erinnen und Betreuer organisieren.
                                               zu berichten.

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Die Frauen haben nachgedacht, sie haben
ihre Situation analysiert, sie haben sich für
diesen Gemeinschaftsacker deswegen ent-
schieden, weil die Nahrung im Hohen Nor-
den von Kamerun seit 2014 rar geworden
ist und extrem teuer dazu. Die Frauen ha-
ben kein Geld, um sich eine Schale Mais
oder Reis zu kaufen und ihre Kinder ord-
nungsgemäß zu ernähren. Jetzt aber zur
Regenzeit können sie das tun, was sie in
ihrer Kindheit haben lernen müssen: ein         Die Ration für Juli 2020 für die zehn Mütter
                                                und Großmütter in Rey Bouba.
Feld zu bearbeiten. Sie wollen außerdem
                                                Foto: Sadjo Hamadjan, Rey Bouba
ihren Anteil dafür leisten, dass ihre Kinder
auch mit ihrer eigenen Hilfe weiter in die      Straßen sind zerstört. Die Frauen lebten
Schule gehen können und nicht abhängig          vom Kleinhandel und Warentausch. Jetzt
von Fremdmitteln sind. Die Frauen sind          können sie dieser Überlebensstrategie
stolz! Der Staat und die örtlichen Landes-      nicht mehr nachkommen und auch nicht
herren helfen ihnen nicht. Sie nehmen ihr       mehr für die eigenen Grundbedürfnisse
Schicksal selbst in die Hand und lassen sich    ihrer Familien auf diese Art Sorge tragen.
von Madame Ikri führen.
                                                In der Tat: die Mütter und Großmütter sind
Madame Ikri finanziert die Aktion vor. Das      aufgestanden, sie haben sich aufgerichtet,
fällt ihr nicht leicht, denn sie selbst hat     sie tun etwas. afemdi-projekte Deutsch-
auch nicht viel mehr als den Teil des Leh-      land e.V. wird diese mutigen und ent-
rergehaltes, den ihr ihr Ehemann, einer der     schlossenen Frauen nicht im Stich lassen
vier männlichen Betreuer, zur Verfügung         und nach Mitteln und Wegen suchen,
stellt. Sie und die zehn Mütter und Groß-       ihnen die nötige finanzielle Unterstützung
mütter haben ein Signal gesetzt, und sie        anzubieten, damit sie trotz ihrer Not den
wollen zeigen, dass sie trotz der Unterdrü-     Mut nicht verlieren.
ckung, in der sie leben, ein Rückgrat haben
                                                Unsere Energie und unsere Gedanken ge-
und dem harten Schicksal durch Aktivität
                                                hen aber ebenso zu den von uns betreuten
trotzen. Der Überlebenswille macht sie
                                                Schülerinnen und Schülern. Eine von
stark.
                                                ihnen, Boné Germaine, hat einen sehr
Die Frauen können sich nicht wehren, we-        schönen Brief in fehlerfreiem Französisch
der gegen den Bürgerkrieg im eigenen            geschrieben. Ich habe die Schülerinnen
Land, noch gegen Boko Haram, noch gegen         gefragt, wie sie sich in Zeiten der Pande-
die Schließung der Nachbargrenzen, u.a.         mie Corona fühlen. Boné Germaine
aus Gründen von Covid-19. Der Handel mit        schreibt in Vertretung für alle 18 Schüle-
den Nachbarländern ist eingestellt. Die         rinnen und Schüler:

                                                                                               21
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Das Leben mit Corona (Fortsetzung)
Hallo, salut, ich heiße Boné Germai-                      Salut, je m’appelle Boné Germaine,
ne. Ich bin 16 Jahre alt und ich                             j’ai 16 ans et je suis élève au
bin Schülerin am techni-
schen Gymnasium von Rey                                         Lycée Technique de Rey-
Bouba. Ich besuche die                                            Bouba, en classe de 2ème
2. Klasse für Wissenschaft                                         Année STT (Sciences et
und Technik in der Mittel-                                         Techniques du Tertiaire)
stufe. Ich vertrete meine
Mitschülerinnen und Mit-                                         Je représente mes cama-
schüler, die von der Aktion                                    rades soutenus par l’ASRB,
Solidarität Rey Bouba unter-
stützt werden.                                             je vais vous parler à propos de
                                                    la maladie Covid-19.
Ich möchte Ihnen ein paar Worte über die
Krankheit Covid-19 schreiben: Covid-19 ist    La Covid-19 est une maladie qui est en train
eine Krankheit, die gerade dabei ist, die     de détruire le monde. Elle se transmet en
Welt zu zerstören. Sie überträgt sich durch
Husten, durch das Händeschütteln, durch       toussant, en se saluant avec les mains, en
das Berühren von Haustieren, wie die Katze    touchant les animaux domestiques comme le
oder den Hund, oder durch das Berühren        chat, le chien… ou en touchant les surfaces
von schmutzigen Oberflächen.                  souillées.
Das Coronavirus manifestiert sich durch
ein starkes Fieber, durch Husten, durch       Le coronavirus se manifeste par une forte
Schmerzen im Hals und durch Schwierig-        fièvre, par la toux, le mal de gorge et des
keiten beim Atmen. Um diese Krankheit zu      difficultés à respirer.
vermeiden, ist es notwendig, die Schutz-
maßnahmen zu beachten, die die staatli-       Pour éviter cette maladie, il faut respecter les
chen Autoritäten herausgegeben haben,         mesures barrières édictées par les autorités
z.B. sich regelmäßig die Hände mit fließen-   par exemple se laver régulièrement les mains
dem Wasser und mit Seife zu waschen,
eine Schutzmaske zu tragen, bevor man         avec de l’eau coulante et du savon, porter un
das Haus verlässt, es zu unterlassen, die     cache-nez avant de sortir, éviter de saluer les
Menschen mit Handschlag zu begrüßen           gens avec les mains, respecter la distance
oder zu umarmen, Abstand von mindestens       d’au moins un mètre avec les gens.
einem Meter zu den Mitmenschen zu hal-
ten.                                          La Covid-19 a causé beaucoup de consé-
Covid-19 hat viele Konsequenzen nach sich     quences: les écoles ont fermé, les lieux de
gezogen: die Schulen sind geschlossen, die    cultes ont fermé, le transport est difficile, les

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Kulturstätten sind geschlossen, der öffent-    frontières sont fermées. Cela a causé l’aug-
liche Transport ist schwierig geworden, die    mentation des prix des marchandises. La vie
Grenzen sind geschlossen. Alles das hat
eine Preissteigerung für die Handelsware       au village est devenue très difficile. Avec le
verursacht. Das Leben im Dorf ist sehr         confinement, nous ne voyons plus nos cama-
schwierig geworden. Mit der Ausgangsbe-        rades de l’école ainsi que nos enseignants.
schränkung sehen wir unsere Schulfreunde       Nous ne mouvons même plus jouer ensemble.
nicht mehr ebenso wenig unsere Lehrer.
Wir verlassen das Haus noch nicht einmal,      Nous disons MERCI à tous ceux qui nous
um zu spielen.                                 soutiennent et particulièrement aux membres
Wir sagen allen Danke, die uns unterstüt-      de l’Association ASRB et à madame Elke,
zen und ganz besonders den Mitgliedern         ainsi qu’à tous les donateurs.
der Vereinigung Aktion Solidarität Rey
Bouba und Madame Elke mit ihren Freun-
den und Gönnern.

Seit Covid 19 ist unsere „afrikanische Fa-     grong an, denn Madame Marguerite Ikri
milie“ in Rey Bouba/Kongrong um die            hat Mundschutzmasken auf der Nähma-
Hälfte angewachsen. Waren es zunächst          schine genäht und Stich für Stich hat sich
„nur“ 18 Kinder und vier Betreuer als Fa-      daraus die Aktion „Frauengemeinschafts-
milie, so wurde „über Nacht“ die Familie       feld“ geschaffen. Jetzt hat sich die Gruppe
wegen Covid-19 plötzlich um die zehn           von 18 Kindern und fünf Betreuern um
Mütter und Großmütter größer. Mit der          zehn Mütter und Großmütter auf 33 Per-
von uns gespendeten Nähmaschine, die           sonen vergrößert. So schnell wachsen ka-
zunächst zum Flicken der Kleidungsstücke       merunische Familien!
der Kinder diente, fing ein neues Kapitel in
                                                                                Elke Scheiner
der Zusammenarbeit mit Rey Bouba / Kon-

                                                                                          23
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