Das Mobilitätspaket der Europäischen Kommission

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Das Mobilitätspaket der Europäischen Kommission

Der BGL hat Bestrebungen der Kommission, mittels des Mobilitätspakets eine stärkere Harmonisierung im
europäischen Straßengüterverkehr zu erreichen, nachhaltig begrüßt.

Besonders positive Aspekte in den Kommissionsvorschlägen:
•	die seit langem geforderte Heimkehrverpflichtung für Lkw-Fahrer binnen drei Wochen (siehe Vorschlag
   Lenk- und Ruhezeiten)
•	eine genauere Standortaufzeichnung mit dem digitalen Kontrollgerät (siehe Vorschlag Tachograf)

Demgegenüber kritisiert der BGL in den Kommissionsvorschlägen
•	eine weitgehende Liberalisierung der EU-Kabotage, die nicht nur zum „Kabotagehopping“, sondern zur
   systematischen Kabotage einlädt (siehe Vorschlag Kabotageverordnung)
•	den Verzicht auf eine Einbeziehung von kleinen Lkw unter 3,5 Tonnen zGM in alle Regelungen des
   Berufszugangs zum gewerblichen Straßengüterverkehr (siehe Vorschlag Lenk- und Ruhezeiten)
•	die Anlastung weiterer Umwelt- und Lärmkosten ausschließlich an den Straßengüterverkehr, ergänzt um
   bereits vom Nutzer getragene so genannte Staukosten (siehe Vorschlag Eurovignettenrichtlinie)

In der Anwendung der Entsendevorschriften im grenzüberschreitenden Verkehr nach 3 Tagen sieht der BGL
einen guten, aber hinsichtlich des Bürokratieaufwands noch verbesserungswürdigen Ansatz (siehe Vorschlag
zur Festlegung sektorspezifischer Regeln im Zusammenhang mit der Entsenderichtlinie)

Kommission schlägt unter dem Titel                     Speziell die Änderungsvorschläge in den Bereichen
„Europa in Bewegung“ Maßnahmen                         • Lenk- und Ruhezeiten/Tachograf
für eine saubere, wettbewerbsfähige
und vernetzte Mobilität vor                            • Markt- und Berufszugang

                                                       • Entsenderecht und
Am letzten Tag im Mai 2017 hat die EU-Kommis-
sion ihr lange angekündigtes Maßnahmenpaket            • Maut
vorgelegt, mit dem nach eigenen Worten der
Kommission „Mobilität und Verkehr in Europa mo-        sind aus Sicht des BGL von grundlegender Bedeu-
dernisiert werden sollen.“ Es umfasst neben einer      tung für die Rolle des mittelständischen deutschen
politischen Mitteilung, wie eine sowohl sozial ge-     Güterkraftverkehrsgewerbes im künftigen europäi-
rechte und wettbewerbsfähige Mobilität als auch        schen Transportmarkt. (Detailliertere Analysen der
eine saubere und nachhaltige Mobilität erreicht        Kommissionsvorschläge können Sie den jeweiligen
werden könne, insgesamt 8 Initiativen zu deren         Fachkapiteln entnehmen.)
Umsetzung.

Der BGL hat das Maßnahmenpaket umfassend
analysiert. Er begrüßt grundsätzlich die Bestre-
bungen der EU-Kommission, mit der Vorlage des
Paketes eine stärkere Harmonisierung des Straßen-
güterverkehrs in Europa herbeizuführen. Dies gilt
insbesondere im Hinblick auf die Binnenmarkt- und
sozialpolitischen Aspekte.

                                                                                                       1
Sozialvorschriftenverordnung                          er dabei nicht die tägliche und die wöchentliche
                                                      Lenkzeitgrenze überschreitet und die erforderliche
                                                      Wochenmindestruhezeit einhält.
Vorschlag 1: Änderung der
Wochenruhezeiten                                      Bewertung BGL: Zustimmung

Zielsetzung Kommission: Einheitliche Interpretation
und Kontrolle von regelmäßigen Wochenruhezei-         Vorschlag 3: Ausweitung der Flexibilität
ten (RWRZ) der Fahrer                                 bei der Anerkennung von Ruhezeiten auf
                                                      Fährschiff oder Zug
Vorgeschlagene Maßnahmen:
                                                      Nicht nur tägliche Ruhezeiten, sondern auch VWRZ
1.	Ausgleich verkürzter Wochenruhezeit (VWRZ)        dürfen zweimal unterbrochen werden.
    nur noch im Anschluss an RWRZ von mind. 45
    Stunden (also bspw. nicht mehr nach Tagesru-      Bewertung BGL: Zustimmung
    hezeit) erlaubt

2.	Verbot des Verbringens der RWRZ im Fahr-          Vorschlag 4: Nichtgewerbliche
    zeug. Der Unternehmer ist verpflichtet, auf       Transporte/Transporte für private
    seine Kosten für eine geeignete Unterkunft mit    Zwecke
    angemessener Schlafgelegenheit und sanitären
    Einrichtungen zu sorgen. Ausnahme: Der Fahrer     Zielsetzung der Kommission: Eindeutige Definiti-
    verbringt die RWRZ zu Hause oder an einem         on des „nichtgewerblichen Transports“ bzw. des
    privaten Ort seiner Wahl.                         „Transports für private Zwecke“ sowie Klarstellung,
                                                      dass in diesen Fällen Lenk- und Ruhezeiten (LuR)
3.	Heimkehr der Fahrer für eine WRZ nach Hause       nicht beachtet werden müssen und keine Pflicht zur
    mindestens einmal innerhalb von 3 Wochen.         Verwendung von Kontrollgeräten besteht.

4.	Mehr Flexibilität bei der Abfolge von RWRZ        Bewertung BGL: Gegen eine Präzisierung der Aus-
    und VWRZ innerhalb von 4 Wochen. So sollen        nahme von Fahrzeugen zur „nichtgewerblichen
    bspw. 2 RWRZ und 2 VWRZ ohne festgelegte          Güterbeförderung“ bestehen keine Bedenken. Dies
    Reihenfolge möglich werden.                       gilt auch für die Ergänzung des Artikels 4 um eine
                                                      Definition des „nichtgewerblichen Transports“. Aus
Bewertung BGL: Eine EU-einheitliche Regelung ist      Gründen der Verkehrssicherheit sollte jedoch dar-
insgesamt positiv zu bewerten. Insbesondere die       auf geachtet werden, dass die Gewichtsgrenze von
Heimkehrverpflichtung innerhalb von drei Wochen       max. 7,5 t zGM für die Anwendung der Ausnahme
ist ein vom BGL seit langem geforderter, wirksa-      erhalten bleibt.
mer Schritt gegen das unsoziale Nomadentum des
Fahrpersonals. Die Formulierung „geeignete Un-
terkunft mit angemessener Schlafgelegenheit und       Vorschlag 5: Aufzeichnungspflichten
sanitären Einrichtungen“ schafft jedoch ein großes    erweitern
Einfalltor für Missbrauch und ist ohne ergänzende
Vorschriften praktisch nicht kontrollierbar.          Zielsetzung Kommission: Verpflichtung des Fah-
                                                      rers, neben der (automatischen) Aufzeichnung der
                                                      Lenkzeit auch für die Aufzeichnung aller sonstigen
Vorschlag 2: Verschiebung WRZ bei                     Arbeits- und Bereitschaftszeiten zu sorgen. Dies be-
unvorhersehbaren Ereignissen                          inhaltet auch das Lenken von Fahrzeugen, die nicht
                                                      unter den Geltungsbereich der VO fallen.
Zielsetzung Kommission: In solchen Fällen kann
der Fahrer den Beginn einer WRZ verschieben,          Bewertung BGL: Volle Unterstützung, (Kontroll)Lü-
um diese zu Hause verbringen zu können, sofern        cke geschlossen

2
Vorschlag 6: Mehrfahrerbesatzung                     1.	Keine Anwendung der Entsenderichtlinie für
                                                         grenzüberschreitende Beförderungen bis zu 3
Zielsetzung Kommission: Ergänzende Klarstellung,         Tagen/Monat in einem Mitgliedsstaat
dass bei einer Mehrfahrerbesatzung eine Pause
des Beifahrers im fahrenden Fahrzeug möglich         2.	Bei Entsendung für mehr als 3 Tage/Monat gilt
ist und von den Kontrollbehörden auch anerkannt          Entsenderichtlinie für den gesamten Entsende-
wird.                                                    zeitraum. Dabei gilt die Entsendung bei einer
                                                         Dauer unter 6 Stunden als halber, bei mehr als
Bewertung BGL: Sinnvolle Regelung, da in den             6 Stunden als ganzer Tag (unter Einschluss von
meisten Mitgliedsstaaten faktisch schon heute der        Pausen, Ruhezeiten und Bereitschaft, die als
Fall.                                                    Arbeitszeit gelten)

                                                     3.	Eine Entsendemeldung kann in englischer Spra-
Verordnung Digitales Kontrollgerät                       che und für Zeitraum von 6 Monaten erfolgen.
                                                         Sie muss zwingend enthalten: Kontaktangaben
Vorschlag Kommission: Genauere Standortauf-              des Verkehrsleiters, Anzahl entsandter Fahrer
zeichnung durch digitalen Tacho bei grenzüber-           und deren Namen, voraussichtliche Dauer, Da-
schreitenden Transporten                                 tum des Beginns und Endes der Entsendung,
                                                         amtliches Fahrzeug-Kennzeichen, Art der
Bewertung BGL: Volle Zustimmung, auch mit Blick          Verkehrsdienstleistung
auf Kabotagekontrollen und Entsendevorschriften
                                                     4.	
                                                        Fahrer muss mitführen: Entsendemeldung,
Vorschlag Kommission: Nach jedem Grenzübertritt         Frachtbrief, Tachografenaufzeichnungen mit
bei Ankunft an erster geeigneter Haltemöglichkeit       Länderkennzeichen, Beschäftigungsnachweis,
müssen die Geo-Daten/Informationen über Zeit-           Vergütungsnachweis der letzten 2 Monate
punkt und Ort des Grenzübertritts im Kontrollgerät
gespeichert werden - entweder durch Eintrag auf      5.	Verpflichtung der Unternehmen, nach Entsen-
dem Schaublatt, durch manuelle Eingabe im Kont-          dung auf Anforderung der Behörden o.g. Un-
rollgerät oder automatisch durch das Kontrollgerät       terlagen zu übermitteln
selbst.
                                                     Bewertung BGL:
Bewertung BGL: Volle Zustimmung, auch mit Blick
auf Kabotagekontrollen und Entsendevorschriften      1.	Bürokratischer Aufwand wird durch einheitliche
                                                         Vorgaben an die Entsendemeldung grundsätz-
Verbesserungsvorschlag BGL: Einheitlich wirksame         lich reduziert (Möglichkeit elektronischer Daten-
Anreize schaffen, den „intelligenten Fahrtschrei-        nutzung und in englischer Sprache, kein Reprä-
ber“ EU-weit vorzeitig einzuführen                       sentant im Zielstaat notwendig, Anwendung ab
                                                         4. Tag)

Sektorspezifische Regelung zur                       2.	Unternehmen, die grenzüberschreitende Rund-
                                                         läufe organisieren, müssten zusätzlichen bü-
Entsendung                                               rokratischen Aufwand leisten, weil sie eine
                                                         Lohnbuchhaltung für alle Länder vorhalten
                                                         müssen, in denen sich der Fahrer mehr als drei
Vorschlag 1: Kontrollierbare                             Tage/Monat aufgehalten hat oder aufhalten
Anwendung der Entsenderichtlinie                         wird.
bei grenzüberschreitenden Fahrten
erst nach mehrtägigem Aufenthalt im                  3.	Der BGL empfiehlt, die gesetzte 3-Tage-Schwel-
Aufnahmestaat, bei Kabotage sofort                       le geringfügig anzuheben. Dies würde Unter-
                                                         nehmen europäische Rundläufe ermöglichen
Vorgeschlagene Maßnahmen:                                und vor überbordender Bürokratie bewahren.

                                                                                                        3
4.	Mit dieser Regelung verknüpft wäre eine Annä-      2.	Verbesserter Informationsaustausch: Verwal-
    herung der Wettbewerbsbedingungen und eine             tungszusammenarbeit der Mitgliedsstaaten
    erschwerte Umflaggungspraxis                           wird auf ArbeitszeitRL und VO 561/2006
                                                           (Lenk- und Ruhezeiten) ausgedehnt.
Offene Fragen:
                                                       Bewertung BGL: Grundsätzlich positiv, offen bleibt
1.	Wie kann die Kontrollierbarkeit gewährleistet      jedoch die Frage nach der praktischen Umsetzung
    werden?                                            straßenseitiger Kontrollen.

2.	Wie kann festgestellt werden, ob ein Fahrer        3.	Kommission wird Formel für einheitliche Berech-
    weniger oder mehr als 6 Std. in einem Mit-             nung der Risikoeinstufung von Unternehmen
    gliedsstaat tätig ist?                                 und die Anforderungen an diese Formel, z.B.
                                                           Nutzung eines intelligenten Fahrtenschreibers,
3.	Müssen Dispositionsänderungen verbindlich              entwickeln.
    mitgeteilt werden? Wenn nein, wie kann ge-
    währleistet werden, dass eine Entsendemeldung      Bewertung BGL: Erst möglich, wenn die Kommissi-
    ein annähernd realistisches Bild über tatsächli-   on ihre Vorschläge präzisiert hat.
    che Transportleistungen liefert?

Verbesserungsvorschläge BGL:                           Marktzugangsverordnung
1.	Schaffung eines Einheitlichen Europäischen Mel-
    desystems über eine elektronische EU-Plattform     Vorschlag: Erleichterungen bei der
    (evtl. Straßenverkehrsagentur). Dieses System      Kabotage
    muss die genauen Zeiten der Grenzübertritte
    erfassen und speichern.                            Vorgeschlagene Maßnahmen:

2.	Änderungen gegenüber der Entsendemeldung           1.	Klarstellung, dass auch der Transport von Leer-
    müssen zwingend mitgeteilt werden.                     containern oder Paletten nur dann gewerblicher
                                                           Güterkraftverkehr ist, wenn dies Gegenstand
3.	Moderate Erhöhung der Anzahl von Tagen, ab             des Frachtvertrags ist
    denen die Entsendevorschriften gelten (s.o.),
    idealerweise Harmonisierung der Anzahl             2.	Kabotage soll in Zukunft mehrere Be- und Ent-
    der Tage mit denen der Vorschriften über die           ladestellen je Frachtbrief umfassen dürfen
    Kabotage
                                                       3.	Keine Begrenzung der Anzahl der Kabotage-
                                                           fahrten im Anschluss an eine grenzüberschrei-
Vorschlag 2: Verbesserte Durchsetzung                      tende Beförderung mehr. Reduzierung der An-
und Kontrollierbarkeit der Arbeits­                        zahl der Tage, an denen im Anschluss an eine
bedingungen u.a. im Rahmen der                             grenzüberschreitende Beförderung Kabotage
Entsendung                                                 durchgeführt werden darf, von 7 auf 5 Tage

Vorgeschlagene Maßnahmen:                              4.	Erleichterung bei der Nachweispflicht zur Ka-
                                                           botage. Ermöglichung elektronischer Nach-
1.	
   Ausdehnung des Anwendungsbereichs der                   weise
   Durchsetzungsrichtlinie 2006/22/EG auf die
   Kontrolle von Arbeitszeiten anstelle Beschrän-      5.	Mitgliedsstaaten müssen ein Minimum an Ka-
   kung auf die Kontrolle von Lenk- und Ruhe-              botagekontrollen durchführen. (2 % der Kabo-
   zeiten wie bisher. Kontrollanforderungen an             tagefahrten ab 2020, 3 % ab 2022. Davon
   die Mitgliedsstaaten gelten wie bei Lenk- und           muss ein bestimmter Anteil Straßenkontrollen
   Ruhezeiten                                              sein.)

4
Außerdem wird eine Haftung für Auftraggeber vor-       Berufszugangsverordnung
geschlagen, wenn diese wissentlich Transporteure
einsetzen, die gegen die Regularien verstoßen.
                                                       Vorschlag 1: Einbeziehung kleiner
Bewertung BGL:                                         Fahrzeuge unter 3,5 t zGM

Vorgeschlagene Änderungen würden zur weitge-           Mitgliedsstaaten können Regeln über Verkehrslei-
henden Liberalisierung der Kabotage führen. Eine       ter, Zuverlässigkeit, Fachkunde und damit zusam-
unbegrenzte Durchführung von Kabotagefahrten           menhängende Pflichten auch auf Nutzfahrzeuge
wäre möglich, wenn der Aufnahmemitglieds-              unter 3,5 t zGM anwenden. Regeln über eine Nie-
staat zum Ende einer Arbeitswoche kurzfristig          derlassung und die finanzielle Leistungsfähigkeit
verlassen und nach dem Wochenende erneut               sollen verpflichtend in der gesamten EU werden.
eingefahren würde. In Verbindung mit der Neu-          Es werden neue, aber im Vergleich weniger harte
regelung der RWRZ und den VWRZ würde sich              Kriterien an die finanzielle Leistungsfähigkeit eines
damit ein weiteres Kontrollproblem für die nati-       Unternehmers mit leichten Nutzfahrzeuge (bisher
onalen Kontrollbehörden ergeben, da z.B. eine          gar keine Kriterien) gestellt. Mitgliedsstaaten sollen
„private Übernachtung“ einfacher zu „fingieren“        in Zukunft die Kommission über die Aktivitäten von
wäre.                                                  leichten NutzFZ informieren.

Auch die Erlaubnis von mehreren Be- und Entla-         Bewertung BGL: Die Einbeziehung kleiner Fahrzeu-
destellen als eine Kabotagefahrt führt zu einer        ge ist dringend geboten, da dort ein rechtsfreier
Ausweitung der Kabotage. Positiv ist aber, dass        Raum besteht, der zulasten der Verkehrssicherheit
in diesem Punkt immerhin endlich Rechtssicher-         und Wettbewerbsfairness immer stärker ausgenutzt
heit in allen Mitgliedsstaaten gegeben wäre. Eine      wird. Kriterien für die finanzielle Leistungsfähigkeit
EU-weite Harmonisierung ist nicht nur im Gesetz,       und die Niederlassung auch für Unternehmen, die
sondern auch in Bezug auf die verwaltungsseitige       Gütertransport mit kleinen Fahrzeugen durchführen,
Umsetzung von großer Wichtigkeit. Bei der Vor-         sollten möglichst detailliert geregelt werden, da nur
schrift über ein Minimum an Kabotagekontrollen         so der Dumpingkonkurrenz mit kleinen Fahrzeugen
sollte eine möglichst hohe Anzahl von Kontrollen       wirksam begegnet werden kann. Sehr sinnvoll ist
angestrebt werden, um die Abschreckungswirkung         der Vorschlag, dass die Aktivität von Unternehmen
zu erhöhen. Es ist fraglich, ob der Vorschlag der      mit kleinen Fahrzeugen in Zukunft statistisch erfasst
EU-Kommission (2% bzw. 3%) ausreicht. Aus Sicht        werden soll. Dies fehlt bisher völlig.
des BGL sind zudem möglichst hohe Anforderun-
gen an die Qualität der Kabotagekontrollen in der      Obligatorische Verpflichtung zur Einhaltung aller
gesamten EU zu stellen.                                Berufszugangskriterien für Unternehmen, die ge-
                                                       werblichen Güterkraftverkehr mit kleinen Fahrzeu-
Verbesserungsvorschläge BGL:                           gen durchführen. D.h. nicht nur Niederlassung und
                                                       finanzielle Leistungsfähigkeit. Wir benötigen eine
Reduktion der Anzahl der aufeinanderfolgenden          umfassende Regulierung.
Tage für Kabotage pro Mitgliedsstaat (z.B. 2 Tage)
und Höchstgrenze pro Monat für die gesamte EU,         Eine gesetzliche Abgrenzung bzw. Einordnung
um „Kabotagehopping“ zwischen den Mitglieds-           von als Lastenfahrräder eingesetzte E-Bikes wäre
staaten zu verhindern. Andernfalls besteht die Ge-     wünschenswert.
fahr, dass der Unternehmer faktisch seine Haupttä-
tigkeit mit Kabotagefahrten verbringt (systematische
Kabotage). Dies ist hingegen nicht Intention der
Verordnung. Nach Erwägungsgrund Nr. 15 der
VO (EU) Nr. 1072/2009 sollen Kabotagefahrten
nur die Ausnahme, nicht die Regel sein.

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Vorschlag 2: Vorgehen gegen                             führen können. Neu ist, dass die Kommission die
Briefkastenfirmen/verbesserte                           Schwere der Verstöße auch nach der von ihnen
Abgrenzung zwischen Dienstleistungs-                    ausgehenden Gefahr von Wettbewerbsverfälschun-
und Niederlassungsfreiheit                              gen definieren kann.

Voraussetzungen an die Niederlassung werden             Bewertung BGL:
näher definiert zur Verhinderung von Briefkasten-
firmen. Neue Regel: Wichtige Dokumente inkl. Ar-        Die Einbeziehung der Gefahr von Wettbewerbs-
beitsverträge müssen in Betriebsstätte aufbewahrt       verfälschungen als Maßstab bei der Einordnung
werden.                                                 der Schwere der Verstöße wird vom BGL befür-
                                                        wortet, da diese für die Kabotagevorschriften von
Bewertung BGL:                                          Relevanz ist.

Diese Änderung verhindert nicht das formelle Um-        Der BGL lehnt aber eine Ausweitung des Katalogs
flaggen von Fuhrparks aus einem Mitgliedsstaat in       an Verstößen ab, die zum Entzug der Zuverlässig-
einen anderen mit niedrigeren Lohn- und Sozial-         keit (und damit der Lizenz) führen können, wenn
kosten bei gleichzeitiger faktischer Stationierung      beim Entzug der Zuverlässigkeit den Behörden kein
des Fuhrparks in den bisherigen Hauptmärkten.           Ermessenspielraum verbleibt. Wichtig aus BGL-
Hierzu müsste konkreter auf den überwiegenden           Sicht: beim Entzug der Lizenz bzw. Aberkennung
Tätigkeitsschwerpunkt abgehoben werden. Klare           der Zuverlässigkeit ist stets die Einräumung eines Er-
Kriterien wären erforderlich, ab wann eine Nie-         messens an die Behörden, damit auf die Spezifika
derlassung in einem Mitgliedstaat zu gründen ist.       des Einzelfalls in ausreichendem Maße Rücksicht
Das würde bedeuten, ab einer bestimmten Anzahl          genommen werden kann. Im Übrigen ist es kritisch
von Fahrten in diesem Land, müsste sich der Trans-      zu sehen, dass die EU-Kommission Änderungen
portunternehmer dort auch niederlassen. In jedem        der VO durch Rechtsakt herbeiführen können soll.
Falle ist sicherzustellen, dass ein Verkehrsunterneh-   Angesichts der Tragweite dieses verkürzten Wegs
men seinen Hauptsitz nicht in einem Mitgliedsstaat      zur Veränderung bindender Rechtsvorschriften in
haben kann, in dem es keinen überwiegenden Tä-          den Mitgliedsstaaten plädiert der BGL dafür, den
tigkeitsschwerpunkt hat. Grundsätzlich sollte die       regulären gesetzgeberischen Weg zu weiteren Ver-
Hauptniederlassung in demjenigen Mitgliedsstaat         änderungen dieser VO beizubehalten.
erfolgen müssen, in dem sich das Verkehrsunterneh-
men überwiegend betätigt. Dies kann aufgrund der
vorgesehenen Änderungen zum Digitalen Tacho-            Gebührenrichtlinie
graphen festgestellt werden. Kann daraus kein
überwiegender Betätigungsschwerpunkt des Un-
ternehmens abgeleitet werden, sollte eine Nieder-       Vorschlag: Erhebliche Mehrbelastung
lassungspflicht in all denjenigen Mitgliedsstaaten      des Straßengüterverkehrs
bestehen, in denen mindestens 30% der Verkehrs-
leistungen erbracht werden.                             Vorgeschlagene Maßnahmen:

                                                        1.	Ausweitung des Anwendungsbereichs: Die
Vorschlag 3: Bessere Harmonisierung                         Richtlinie soll künftig für alle Fahrzeuge gel-
der Kriterien der Zuverlässigkeit und                       ten, einschließlich von Fahrzeugen unter-
Ausweitung des Katalogs von Verstößen,                      halb der 3,5-t-Schwelle (schwere und leichte
die zum Entzug der Lizenz führen                            Lkw, Pkw, Kleinbusse, Kleintransporter und
können. Konkretisierung des Verfahrens                      Kraftomnibusse).
beim Entzug der Lizenz.
                                                        2.	Verbot der Erhebung von zeitbezogenen Be-
Künftig soll die Kommission Rechtsakte erlassen             nutzungsgebühren (zeitabhängige Eurovignet-
können, die neben den in Anhang IV aufgeführten             te), und zwar für Lkw ab 3,5t ab 2024, für
Verstößen zur Aberkennung der Zuverlässigkeit               Pkw ab 2028. Ab 2018 dürfen keine neuen

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(zeitabhängigen) Benutzungsgebühren mehr            9.	Ab 2021 keine Neutralität der Staukosten mehr
    eingeführt werden.                                      in Bezug auf die Gesamtbelastung, sondern
                                                            nur noch als zusätzliches Abgabenelement ne-
3.	Zusammenfassung der externen Kosten für                 ben den reinen Infrastrukturkosten akzeptiert.
    Lärmbelastung und Luftverschmutzung: Ein-               Angesicht der Höhe der zulässigen Staukosten,
    führung eines gemeinsamen Höchstwertes für              die ein Vielfaches der Infrastrukturkosten betra-
    beide externen Kostenbestandteile, und zwar             gen dürften, würde über diesen Vorschlag in
    in Abhängigkeit von Tonnage, Anzahl der Ach-            willkürlichem Ausmaß die marktwirtschaftliche
    sen und Euro-Klassen. (Beispiel: 40 t-Zug, 5            Preisbildung durch staatliche Preisfestsetzung
    Achsen, Euro VI max. 1 C/km außerstädtisch              ersetzt.
    und max. 3,6 C/km in Vorstadt.)
                                                        10.	Einnahmen aus Staugebühren müssen verwen-
4.	Um über die vorgegebenen Höchstwerte hin-               det werden für: ÖPNV, Beseitigung von Engpäs-
    auszugehen, muss Mitgliedsstaat höhere Kos-             sen (TEN), Aufbau alternativer Infrastrukturen
    tenbelastung nachweisen
                                                        11.	Eine Mautdifferenzierung nach Euro-Klassen
5.	Ab 2021 müssen die Mitgliedsstaaten externe             kann nur noch bie Ende 2021 erfolgen, ab
    Kosten, allerdings nur für schwere Nutzfahr-            dann ist eine Differenzierung in Abhängigkeit
    zeuge, auf den am höchsten belasteten Ab-               von CO2-Emissionen zwingend.
    schnitten des Netzes erheben.
                                                        12.	Reduzierung der Mautgebühren um 75% für
6.	Auf Straßenabschnitten, die regelmäßig von              Nullemissionsfahrzeuge.
    Staus betroffen sind oder besonderen Umwelt-
    schäden ausgesetzt sind, kann ein Mitglied-         13.	Verpflichtung der Mitgliedsstaaten, Bericht über
    staat Aufschläge von 15 % bzw. 25 % erhe-               Maut- und Benutzungsgebühren mit Angaben
    ben. Diese würden bis spätestens 2023 mit               über Verwendung der Einnahmen und Qualität
    den externen Kosten verrechnet.                         der Straßen zu veröffentlichen

7.	Anlastung von Staukosten möglich: auf Abschnit-     14.	Die Mindestsätze für die Kfz-Steuer für schwe-
    ten mit regelmäßigen Stausituationen und zu             re Nutzfahrzeuge sollen schrittweise bis auf 0
    Zeiträumen mit Stausituationen. Maximale Höhe           abgesenkt werden.

    a. für „leichte Nutzfahrzeuge“:                     Bewertung BGL:

		     i.	auf Autobahnen: 67 C/km (städtisch)          1.	Trotz mehrmaliger Aufforderung des Europä-
           bzw. 34 C/km (nicht-städtisch)                   ischen hat die EU-Kommission weiterhin die
                                                            externen Kosten nicht für alle Verkehrsträger
		     ii.	auf Hauptverkehrsstraßen: 1,98 €/km             berechnet und nicht in ein alle Verkehrsträger
            (städtisch), 66 C/km (nicht-städtisch)          umfassendes Konzept eingebunden. Stattdes-
                                                            sen würde der Straßengüterverkehr einseitig
    b.	für Sattelkraftfahrzeuge: Multiplikation die-       und willkürlich gegenüber anderen Verkehrs-
        ser Werte mit dem Faktor 2,9.                       nutzern, von denen in der Gesamtheit höhere
                                                            externe Kosten und Staueffekte ausgehen, über
	Eine Notifizierung bei der EU-Kommission wäre             die Anlastung externer Kosten diskriminiert.
  notwendig. Mitgliedsstaaten können entschei-
  den, auch einen Prozentsatz dieser Werte zu           2.	Schwere Nutzfahrzeuge würden gegenüber
  erheben.                                                  anderen Fahrzeugen nicht nur willkürlich und
                                                            einseitig belastet; für sie würde außerdem ein
8.	
   Falls ein Mitgliedsstaat Staukosten anlas-               verbindlicher Einführungstermin (ab 2021) auf
   tet, muss diese Anlastung für alle Fahrzeuge             bestimmten Strecken vorgeschlagen. Neben
   erfolgen.                                                den exorbitanten Belastungsmöglichkeiten einer

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Nutzergruppe ergeben sich daraus Instrumen-
    te für eine marktfremde, planwirtschaftliche
    Ressourcensteuerung. Derartige Eingriffe ver-
    fälschen den Wettbewerb in nicht akzeptabler
    Weise und setzen die Soziale Marktwirtschaft
    im Verkehr außer Kraft.

3.	Der Vorschlag sieht keine Mittelbindung für
    Einnahmen aus Infrastrukturgebühren und für
    externe Kosten (Lärm, Umwelt) vor. Es existiert
    lediglich eine Berichtspflicht der Mitgliedstaaten
    an die EU-Kommission. Der BGL spricht sich für
    eine solche Mittelbindung aus.

4.	Staukosten würden angelastet, obwohl es sich
    dabei nicht um externe Kosten handelt und sie
    von den Nutzern bereits getragen werden.
    Die schrittweise Absenkung der Mindestsätze
    der Kfz-Steuer auf 0 EUR/Jahr nimmt den Mit-
    gliedstaaten den Spielraum, bestehende und
    bewährte klimawirksame Anreizfaktoren, u.a.
    die Steuerung des Modernitätsgrads des zum
    Einsatz kommenden Fuhrparks, zu nutzen.

5.	Daraus, dass zukünftig die Mautgebühren nicht
    mehr über die Euro-Klassen, sondern nach
    CO2-Emissionen differenziert werden sollen,
    ergeben sich wirtschaftliche Risiken für die be-
    troffenen Unternehmen, z. B. durch geringere
    Restwerte ihres Fuhrparks, deutlich verringerte
    Verkaufserlöse auf dem Gebrauchtwagenmarkt
    und als Folge eine verringerte Investitionskraft
    zur Anschaffung von Neufahrzeugen. Aus die-
    sem Grund muss der Umstieg so gestaltet wer-
    den, dass er für die Unternehmer weder zu Ver-
    werfungen in ihren Investitionsplanungen noch
    zu zusätzlichen Belastungen führt. Nur unter
    diesen Bedingungen können die Unternehmer
    eine solche Umstellung der Bemessungskriteri-
    en bei der Maut zum Vorteil der Umwelt aktiv
    nutzen.

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