Europäische Wirtschafts- und Finanzpolitik - Bundesfinanzministerium
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Aktuelle Wirtschafts- und Finanzlage Monatsbericht des BMF Dezember 2021 Europäische Wirtschafts- und Finanzpolitik Rückblick auf die Sitzungen der für nachhaltige Finanzen zur Rückführung der an- gestiegenen Staatsschuldenquote an. Griechenland Eurogruppe und der ECOFIN- verwies in diesem Zusammenhang auf die dynami- Ministerinnen und -Minister sche gesamtwirtschaftliche Wachstumsentwick- am 6. und 7. Dezember 2021 in lung: Eine Vielzahl an Wirtschaftsindikatoren be- Brüssel finde sich bereits wieder auf Vorkrisenniveau. Fortschritte seien zudem bei Privatisierungspro- jekten, bei der Quote der notleidenden Kredite in Eurogruppe den Banken sowie Strukturreformen erkennbar. Ferner kündigte Griechenland an, seine Restschul- Aktuelle Wirtschafts- und Finanzlage Bei der Eurogruppe am 6. Dezember 2021 standen den beim IWF zeitnah vorzeitig tilgen und eine die Nachprogrammüberwachungen zu Griechen- teilweise vorzeitige Rückzahlung der bilateralen land, Zypern, Portugal, Irland und Spanien, das europäischen Kredite des ersten Hilfsprogramms Eurogruppen-Arbeitsprogramm für das 1. Halb- im 1. Quartal 2022 vornehmen zu wollen, um die jahr 2022, die Artikel-IV-Konsultation des Inter- Zinslast zu senken und den Tilgungsplan zu glätten. nationalen Währungsfonds (IWF) zum Euroraum, Der deutsche Sitzungsvertreter brachte den Parla- die Eurozonenempfehlungen sowie die vorläufi- mentsvorbehalt bei der Freigabe der Schuldener- gen Haushaltsplanungen der Mitgliedstaaten auf leichterungen zum Ausdruck und erkundigte sich der Agenda. nach Zahlungsrückständen und dem Insolvenz- rahmen für Haushalte. Die Finanzministerinnen Zunächst erörterte die Eurogruppe den zwölften und Finanzminister waren sich darin einig, dass die Nachprogrammbericht über die verstärkte Über- notwendigen Voraussetzungen für die Freigabe der wachung Griechenlands. Die Europäische Kom- sechsten Tranche konditionierter Schuldenerleich- mission warb für die Freigabe konditionierter terungsmaßnahmen in Höhe von 767 Mio. Euro Schuldenerleichterungen, d. h. eine Zahlung von vorbehaltlich der nationalen Verfahren zur Parla- rund 644 Mio. Euro vom Europäischen Stabilitäts- mentsbeteiligung gegeben seien. Die Eurogruppe mechanismus (ESM)-Sonderkonto an Griechen- hat hierzu eine Erklärung abgegeben. land sowie den Verzicht auf Zinsaufschlag in Höhe von circa 123 Mio. Euro bei der Europäischen Fi- Im Anschluss widmete sich die Eurogruppe den nanzstabilisierungsfazilität. Die Europäische Kom- Nachprogrammberichten zu Zypern, Portugal, Ir- mission bewertete zusammenfassend, dass Grie- land und Spanien. Die Europäische Kommission chenland weitere Fortschritte bei der Erfüllung und die EZB unterrichteten die Eurogruppe über seiner spezifischen Verpflichtungen gemacht habe, die wichtigsten Ergebnisse der Berichte über die obschon es in einigen Bereichen zu Verzögerungen Überwachung nach Abschluss der Anpassungs- gekommen sei, die zum Teil auf die schwierigen programme für Zypern, Portugal, Irland und Spa- Umstände infolge der COVID-19 Pandemie oder nien. Die Überwachung nach Abschluss eines An- der Brände im August 2021 zurückzuführen seien. passungsprogramms beginnt automatisch nach Die Präsidentin der Europäischen Zentralbank dem Ende des Programms und wird fortgesetzt, (EZB) Christine Lagarde unterstützte die Einschät- bis mindestens 75 Prozent der erhaltenen Finanz- zung der Europäischen Kommission und attes- hilfen zurückgezahlt worden sind. Die Berichter- tierte Griechenland ebenso deutliche Fortschritte, stattung erfolgt zweimal jährlich. Die Institutionen wenngleich bekannte strukturelle Probleme, etwa konstatierten, dass die Risiken bezüglich der Rück- beim Insolvenzrahmen, fortbestünden. Der ESM zahlung der Kredite bei allen vier Mitgliedstaaten mahnte zudem eine glaubwürdige Fiskalstrategie gering seien. 59
Aktuelle Wirtschafts- und Finanzlage Monatsbericht des BMF Europäische Wirtschafts- und Finanzpolitik Dezember 2021 Zudem befasste sich die Eurogruppe mit dem Ar- Die Europäische Kommission präsentierte darauf- beitsprogramm der Eurogruppe für das 1. Halb- hin ihren Vorschlag für Empfehlungen an den Eu- jahr 2022. Der Vorsitzende der Eurogruppe Paschal roraum im Rahmen des Europäischen Semesters Donohoe präsentierte die politischen Schwer- für das kommende Jahr, welche sie am 24. Novem- punkte, welche die zentrale Herausforderung für die ber 2021 veröffentlicht hatte. Demnach sollen die wirtschaftliche Erholung nach der COVID-19-Pan- Mitgliedstaaten im Jahr 2022 für den Euroraum demie widerspiegelten: eine Rückkehr auf einen insgesamt einen moderat unterstützenden finanz- nachhaltigen Wachstumspfad unter besonderer politischen Kurs beibehalten, um eine nachhaltige Berücksichtigung der Herausforderungen für die Erholung zu fördern. Die Mitgliedstaaten sollen fle- grüne und digitale Transformation. Politisch be- xibel reagieren können, wenn erneut Pandemieri- deutend seien ferner die Fortsetzung der Diskussi- siken auftreten, und, sobald es die wirtschaftli- onen zur Bankenunion sowie das Projekt des Euros chen Bedingungen zulassen, sich stärker auf die als digitales Zahlungsmittel. Die Finanzministerin- Nachhaltigkeit der öffentlichen Finanzen fokus- nen und Finanzminister nahmen das Arbeitspro- sieren. Die Europäische Kommission forderte fer- gramm ohne Aussprache an. ner weitere Maßnahmen zur Bekämpfung aggres- siver Steuerplanung, Steuerhinterziehung und Die geschäftsführende Direktorin des IWF Kristalina Steuervermeidung sowie die Umsetzung der globa- Georgieva stellte der Eurogruppe die Ergebnisse len Übereinkunft zur Begrenzung des schädlichen der IWF-Mission für den Euroraum vor. Der IWF, Steuerwettbewerbs. Unterstützungsleistungen für die Europäische Kommission, die EZB sowie die Unternehmen sollen laufend evaluiert und auf eine Finanzministerinnen und Finanzminister waren gezieltere Unterstützung der Solvenz rentabler Un- sich einig, dass das Auftreten neuer COVID-Vari- ternehmen ausgerichtet werden. Arbeiten zur Voll- anten ein Risiko für die wirtschaftliche Dynamik endung der Bankenunion, zur Kapitalmarktunion sei und daran erinnere, dass es angesichts der au- sowie zur Stärkung der internationalen Rolle des ßergewöhnlichen Unsicherheit nach wie vor ei- Euros und der Schaffung eines digitalen Euros sol- ner akkommodierenden Geld- und Fiskalpolitik len fortgeführt werden. Die Finanzministerinnen im Euroraum bedürfe und die Entwicklungen wei- und Finanzminister werden im Januar 2022 auf das terhin aufmerksam verfolgt werden müssten. Den- Thema zurückkommen. noch sei die wirtschaftliche Erholung jetzt stark genug, um einen Wechsel von breit angelegten zu Die Eurogruppe verständigte sich im Anschluss auf gezielteren Unterstützungsmaßnahmen zu recht- eine gemeinsame Stellungnahme zu den vorläufi- fertigen. Eine Reihe von Mitgliedstaaten betonte gen Haushaltsplänen der Mitgliedstaaten. In der hierbei die Bedeutung der Aufbau- und Resilienz- Stellungnahme erklären die Finanzministerinnen fazilität (Recovery and Resilience Facility, RRF) für und Finanzminister, dass im Jahr 2022 eine mode- die wirtschaftliche Erholungsphase. Auch der deut- rate fiskalpolitische Unterstützung angemessen sei. sche Sitzungsvertreter verwies auf die hohe Un- Gleichzeitig sollten die Mitgliedstaaten agil bleiben sicherheit sowohl hinsichtlich der weiteren pan- und Maßnahmen beim Übergang von einer gene- demischen Entwicklung als auch hinsichtlich des rellen zu einer zielgerichteten Unterstützung re- Inflationsausblickes im Euroraum angesichts pan- gelmäßig überprüfen. Die Stellungnahme zeigt, demiebedingter Ungleichgewichte bei Angebot dass die Haushaltspläne weitgehend konsistent und Nachfrage sowie möglicher Zweitrundenef- mit der Ratsempfehlung aus dem Sommer ausfal- fekte, ausgelöst durch steigende Energiepreise. Die len. Die Stellungnahme macht auch deutlich, dass Politikkoordinierung habe aber in der Pandemie Mitgliedstaaten mit hohen Schuldenständen, bei funktioniert und der Stabilitäts- und Wachstums denen das geplante Wachstum der national finan- pakt seine Flexibilität unter Beweis gestellt. zierten laufenden Ausgaben nicht hinreichend be- grenzt ist, die notwendigen Maßnahmen ergreifen sollten. 60
Aktuelle Wirtschafts- und Finanzlage Monatsbericht des BMF Europäische Wirtschafts- und Finanzpolitik Dezember 2021 ECOFIN-Rat Kompromisstext aufgehoben werden könnten. Die Europäische Kommission bezeichnete den vorlie- Bei dem Treffen der ECOFIN-Ministerinnen und genden Text als zufriedenstellenden Kompromiss, -Minister am 7. Dezember 2021 standen der Ent- der die Interessen aller Mitgliedstaaten ausreichend wurf einer Richtlinie des Rates zur Überarbeitung berücksichtige. Auch die wortnehmenden Finanz- des Anwendungsbereichs der ermäßigten Mehr- ministerinnen und Finanzminister sprachen ihre wertsteuersätze, die Stärkung der Bankenunion, Unterstützung für den Kompromisstext aus. Der das Gesetzespaket zur Kapitalmarktunion und deutsche Sitzungsvertreter unterstrich, dass der Text das Gesetzespaket zur Verhinderung der Nutzung die Erörterung beim Juni-ECOFIN 2021 berück- des Finanzsystems für Zwecke der Geldwäsche sichtige, insbesondere im Hinblick auf die Sonder- oder der Terrorismusfinanzierung auf der Tages- regelungen für einzelne Mitgliedstaaten sowie die ordnung. Ferner wurden die Themen Implemen- Behandlung umweltschädlicher Güter. Einige Mit- tierung der RRF, das Europäische Semester 2022 gliedstaaten betonten, dass Wettbewerbsgleichheit Aktuelle Wirtschafts- und Finanzlage mit den Themenschwerpunkten Jährliche Strate- geschaffen sowie dem Gleichbehandlungsgrund- gie für nachhaltiges Wachstum 2022, Frühwarnbe- satz durch den Kompromisstext Rechnung getra- richt 2022 und die Empfehlungen zur Wirtschafts- gen werde. Die slowenische Ratspräsidentschaft politik des Euroraums, der Jährliche Bericht des wies abschließend auf die noch ausstehende Stel- Europäischen Fiskalausschusses 2021, die Überar- lungnahme des Europäischen Parlaments hin. Der beitung des Mandats der Gruppe Verhaltenskodex Text könne nach Überprüfung durch die Sprachju- (Unternehmensbesteuerung) und die Billigung des ristinnen und -juristen im Anschluss abschließend Fortschrittsberichts über die Arbeiten der Gruppe im Rat beschlossen werden. im 2. Halbjahr 2021 sowie der ECOFIN-Bericht für den Europäischen Rat zu Steuerfragen behandelt. Die ECOFIN-Ministerinnen und -Minister tausch- ten sich zum Fortschrittsbericht der Ratspräsident- Die ECOFIN-Ministerinnen und -Minister berie- schaft über die Arbeiten zur Stärkung der Banken- ten zunächst über den Entwurf einer Richtlinie union aus. Die Europäische Kommission wies auf des Rats zur Überarbeitung des Anwendungsbe- die Bedeutung der Vollendung der Bankenunion reichs der ermäßigten Mehrwertsteuersätze. Die hin, insbesondere auf den Vertrauensgewinn der slowenische Ratspräsidentschaft betonte, dass es EU-Bürger in das EU-Bankensystem, den Schutz sich bei diesem Dossier um ein wichtiges und po- der Einleger vor potenziellen Bankenkrisen sowie litisch sensibles Thema handele. Einerseits bestehe der Vertiefung des Bankenbinnenmarkts und der durch den Kompromisstext größere Flexibilität für damit einhergehenden Förderung der Realwirt- die Anwendung ermäßigter Sätze, wobei anderer- schaft. Mit Blick auf die bevorstehende französi- seits die weitere Verbreitung ermäßigter Sätze be- sche Ratspräsidentschaft wünsche man sich die schränkt werde. Die bestehenden Sonderregeln für Fortsetzung der Diskussionen zur Europäischen einzelne Mitgliedstaaten würden nun für alle Mit- Einlagensicherung (European Deposit Insurance gliedstaaten geöffnet, wodurch die Gleichbehand- Scheme, EDIS) und insbesondere zum EDIS-Hy- lung sichergestellt werde. Die Liste der Waren und bridmodell. Zudem unterstütze die Europäische Dienstleistungen, für die ermäßigte Sätze Anwen- Kommission das Ziel der Eurogruppe, im kom- dung finden können, sei im Lichte der Digitalisie- menden Jahr einen Arbeitsplan zu etablieren, und rung überarbeitet worden. Der Kompromisstext werde mit der Überarbeitung des Abwicklungs- ermögliche es auch, Sondermaßnahmen in Kri- rahmenwerks für Banken und der Einlagensiche- sensituationen vorzusehen. Weiterhin laufe die rung seinen legislativen Beitrag leisten. Die EZB Möglichkeit, begünstigende Behandlungen für be- begrüßte den Fortschrittsbericht. Zudem artiku- stimmte umweltschädliche Produkte zu gewähren, lierte der Vorsitz der Eurogruppe sein Verständnis, im Sinne des Green Deals aus. Man hoffe, dass die die politischen Diskussionen im kommenden Jahr ausstehenden Vorbehalte mit dem vorliegenden fortzusetzen. Der ECOFIN-Rat nahm daraufhin den 61
Aktuelle Wirtschafts- und Finanzlage Monatsbericht des BMF Europäische Wirtschafts- und Finanzpolitik Dezember 2021 Fortschrittsbericht des Vorsitzes ohne weitere Aus- vor. Den Vorschlag zur Neufassung der Geldtrans- sprache zur Kenntnis. ferverordnung (Regulation on Transfers of Funds, TFR), wonach künftig auch bei der Übertragung Des Weiteren befasste sich der ECOFIN-Rat im Rah- von Kryptowerten Angaben zu Auftraggeber und men eines ersten Meinungsaustauschs mit dem am Begünstigtem zu erheben und zu übermitteln sein 23. November 2021 vorgelegten Gesetzespaket zur werden, habe man aus dem Paket gelöst und vorzei- Vertiefung der Kapitalmarktunion. Die Europäi- tig zum Abschluss gebracht, um im nächsten Schritt sche Kommission stellte zunächst die veröffent- in die Verhandlungen mit dem Europäischen Parla- lichten Legislativvorschläge (Paket zur Stärkung der ment treten zu können. Der ECOFIN-Rat nahm den Kapitalmarktunion (Capital Markets Union, CMU)) Fortschrittsbericht des Vorsitzes zur Kenntnis. In vor, zu welchem der Vorschlag zum sogenann- der Aussprache begrüßten die Europäische Kom- ten European Single Access Point (ESAP) sowie die mission und die EZB die Verhandlungsfortschritte, Überarbeitungen der Alternative Investment Fund genauso wie die wortnehmenden Mitgliedstaaten. Managers Directive, der European Long-Term In- Einige Mitgliedstaaten hießen insbesondere den vestment Funds Regulation und der Markets in Fi- Wegfall jeglicher Schwellenwerte in der TFR gut, nancial Instruments Regulation gehören. Die EZB sodass Transfers von Kryptowerten wertunabhän- sowie die wortnehmenden Mitgliedstaaten wür- gig von den Regelungen erfasst seien. digten in ihren Stellungnahmen das CMU-Paket als einen wichtigen Teil der weiteren Integration Unter dem Tagesordnungspunkt „wirtschaftliche der EU-Kapitalmärkte in der Europäischen Union Erholung in Europa“ tauschten sich die ECOFIN-Mi- (EU) und der Erleichterung grenzüberschreitender nisterinnen und -Minister zum Umsetzungsstand Investitionen. Dies gelte insbesondere für den Vor- der RRF aus. Die Europäische Kommission berich- schlag zu ESAP. Die vorgeschlagenen Maßnahmen tete, dass von den noch ausstehenden Plänen vier wurden weitestgehend begrüßt. Einige Mitglied- Pläne (Schweden, Bulgarien, Ungarn, Polen) wei- staaten merkten an, dass Kosten und Nutzen der terhin durch die Europäische Kommission geprüft Datenerhebung für die Marktteilnehmer und Be- würden. Die Planeinreichung durch die Niederlande hörden im Einklang stehen würden und der Umset- stehe noch aus. Bisher seien über 50 Mrd. Euro an zungszeitplan des Legislativvorschlags angemessen Vorfinanzierung ausgezahlt worden. Operative Ver- ausgestaltet sein müsse. Eine Reihe von Mitglied- einbarungen mit Spanien und Frankreich seien im staaten nutzten die Gelegenheit und forderten die November finalisiert worden, beide Mitgliedstaaten Europäische Kommission auf, schnellstmöglich den hätten Auszahlungsanträge eingereicht. Hinsicht- komplementären Delegierten Rechtsakt zur Taxo- lich des Antrags von Spanien habe die Europäische nomie vorzulegen, wobei die Meinungen über des- Kommission bereits eine positive vorläufige Be- sen Inhalt variierten. Kritisch zeigten sich manche wertung vorgelegt; die verdichtete Prüfung sei je- Mitgliedstaaten zum vorgeschlagenen Verbot der doch kein Präzedenzfall für zukünftige Anträge. Als Rückvergütung von Handelsplätzen an Finanzin- Nächstes sei der Wirtschafts- und Finanzausschuss termediäre für die Zuleitung von Kauforders. Dies aufgerufen, innerhalb von vier Wochen eine Stel- sei zu weitreichend und könne Innovationen be- lungnahme auf Basis der vorläufigen Bewertung hindern. Der deutsche Sitzungsvertreter sprach sich der Europäischen Kommission zu erarbeiten, da- zudem dafür aus, für ESAP eine privatwirtschaftli- nach folge die finale Genehmigung als Durchfüh- che Lösung anzustreben. rungsbeschluss im Komitologieverfahren. Einige Mitgliedstaaten hoben die Bedeutung der Rechts- Anschließend stellte die slowenische Ratspräsi- staatlichkeit für einen effektiven Einsatz europäi- dentschaft den Fortschrittsbericht zu den Verhand- scher Mittel hervor und forderten die Europäische lungen zum Paket der vier Legislativvorschläge zur Kommission auf, weitere Pläne erst anzunehmen, Bekämpfung der Geldwäsche und Terrorismusfi- wenn noch offene Fragen geklärt seien. nanzierung (Anti-Money Laundering(AML)-Paket) 62
Aktuelle Wirtschafts- und Finanzlage Monatsbericht des BMF Europäische Wirtschafts- und Finanzpolitik Dezember 2021 Die slowenische Ratspräsidentschaft eröffnete im Blick auf das Europäische Semester die Rückkehr Anschluss die Diskussion zum Europäischen Se- zu den Kernelementen – Länderberichte und län- mester 2022 und verwies auf die Jährliche Stra- derspezifische Empfehlungen – zu begrüßen. In Be- tegie für nachhaltiges Wachstum 2022 (Annual zug auf die Inflationsentwicklungen führte die EZB Sustainable Growth Survey, ASGS), den Frühwarn- aus, dass derzeit noch keine Zweitrundeneffekte zu bericht 2022 und den Vorschlag für die Eurozo- beobachten seien. Der Vorsitzende des Wirtschafts- nenempfehlungen. Die Europäische Kommission und Finanzausschusses Tuomas Saarenheimo be- erklärte, dass das Europäische Semester das vor- richtete von der Diskussion im vorbereitenden rangige Instrument zur wirtschaftspolitischen Ko- Gremium. Die fiskalpolitischen Schwerpunkte hät- ordinierung in der EU bleibe. Ein wesentliches Ziel ten eine breite Zustimmung gefunden. Ferner un- sei die Integration der RRF in den Semesterprozess, terstütze man die Europäische Kommission da- um Überlappungen zwischen beiden Prozessen hingehend, dass ein enger Austausch und eine zu vermeiden und Synergien zu schaffen. Weiter- gute Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten im Aktuelle Wirtschafts- und Finanzlage hin wird die Europäische Kommission im Früh- Semesterprozess wichtig seien. Seitens der Mit- ling 2022 wieder Vorschläge für länderspezifische gliedstaaten gab es keine weiteren Wortmeldun- Empfehlungen vorlegen. Mit Blick auf die Entwick- gen, sodass die slowenische Ratspräsidentschaft lungen am Arbeitsmarkt führte die Europäische die Debatte mit dem Hinweis schloss, dass zum Kommission aus, dass hier eine Erholung zu ver- ASGS 2022 und dem Frühwarnbericht 2022 Rats- zeichnen sei; allerdings liege das Beschäftigungsni- schlussfolgerungen erarbeitet würden, die voraus- veau noch nicht wieder auf dem Niveau vor Aus- sichtlich auf dem ECOFIN im Januar 2022 zur An- bruch der COVID-19-Pandemie. In Bezug auf die nahme stehen würden. Fiskalpolitik wurde die RRF als Instrument zur Fi- nanzierung zusätzlicher Investitionen hervorgeho- Des Weiteren stellte der Vorsitzende des Europäi- ben. Weiterhin wies die Europäische Kommission schen Fiskalausschusses (European Fiscal Board, darauf hin, dass die allgemeine Ausweichklausel bis EFB) Prof. Niels Thygesen die Kernergebnisse des voraussichtlich zum Jahr 2023 aktiviert bliebe. Für Jährlichen Berichtes des EFB 2021 vor. Der EFB die zwölf im Frühwarnbericht identifizierten Mit- würdigte, dass die Flexibilität der Fiskalregeln in gliedstaaten solle eine vertiefte Überprüfung erfol- der Krise genutzt worden sei, kritisierte jedoch die gen. Die Eurozonenempfehlungen adressieren eine intransparente Entscheidung zur Aktivierung der Vielzahl von Prioritäten für die Mitgliedstaaten, u. a. allgemeinen Ausweichklausel. Hinsichtlich des den moderat unterstützenden finanzpolitischen laufenden Economic Governance Review warb der Kurs beizubehalten, die Unterstützung von Unter- EFB für eine Reform der Fiskalregeln (u. a. länder- nehmen mit Fokus auf wirtschaftlich gesunde be- spezifischer Schuldenabbau, Operationalisierung ziehungsweise überlebensfähige Firmen sowie die durch Ausgabenregel) und bemängelte angesichts Förderung von Stellenwechseln. Insgesamt wür- stetig steigender Schuldenstände einen unzurei- den derzeit erhöhte Unsicherheiten bestehen. We- chenden Aufbau fiskalischer Puffer in guten Zei- sentliche Risiken umfassten u. a. die steigende pri- ten in hochverschuldeten Mitgliedstaaten. Die Eu- vate und öffentliche Verschuldung, die Erhöhung ropäische Kommission begrüßte den Bericht als der Immobilienpreise, den Anstieg der Lohnstück- wichtigen Beitrag im Rahmen des Economic Go- kosten bei gleichzeitigem Arbeitskräftemangel und vernance Review, die EZB insbesondere die Aus- Kostendruck. Der Bankensektor zeige sich zwar wi- sagen des EFB zum Aufbau fiskalischer Puffer in derstandsfähig, dennoch blieben Herausforderun- guten Zeiten. Sie sprach sich zudem für eine EU- gen bestehen, die sich zeitverzögert niederschlagen weite Stabilisierungsfunktion aus. Der Vorsitzende könnten. Die EZB teilte die in der ASGS 2022 darge- des Wirtschafts- und Finanzausschusses Tuomas stellten Kernbotschaften der Europäischen Kom- Saarenheimo berichtete auch hier von der Diskus- mission, um die Krise zu überwinden. Auch sei mit sion im vorbereitenden Gremium und warnte vor 63
Aktuelle Wirtschafts- und Finanzlage Monatsbericht des BMF Europäische Wirtschafts- und Finanzpolitik Dezember 2021 einer Verknüpfung der Debatte über eine Reform Im Nachgang zur formalen Annahme des EU-Haus- der Fiskalregeln mit Fragen zur Vertiefung der halts 2022 Ende November stellte die slowenische Wirtschafts- und Währungsunion, da dies eine Re- Ratspräsidentschaft zudem eine unilaterale Erklä- form verzögern würde. rung des Rats zum Stellenaufwuchs des Europäi- schen Parlaments im kommenden Jahr vor. Seitens Ferner befassten sich die ECOFIN-Ministerin- der Mitgliedstaaten gab es keine Wortmeldungen. nen und -Minister mit der bereits unter deutscher Die Erklärung wird nunmehr dem Protokoll der EU-Ratspräsidentschaft begonnenen Überarbei- Tagung beigefügt. tung des Mandats der Gruppe Verhaltenskodex (Unternehmensbesteuerung). Es konnte aufgrund Unter „Sonstiges“ wurde zum Abschluss der Sit- der Vorbehalte zweier Mitgliedstaaten keine Eini- zung des ECOFIN-Rats mitgeteilt, dass die spani- gung zum aktualisierten Mandat der Gruppe er- sche Wirtschafts- und Finanzministerin Nadia Cal- zielt werden. Die slowenische Ratspräsidentschaft viño als europäische Kandidatin für das Amt der schloss mit dem Hinweis, dass die Arbeiten in der Präsidentin des International Monetary Financial Gruppe weitergehen würden. Committee nominiert worden sei. 64
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