"FIT FOR 55" - DAS VORSCHLAGS- UFOP

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"FIT FOR 55" - DAS VORSCHLAGS- UFOP
U F O P - I N F O R M AT I O N 2 0 21

    „FIT FOR 55“ – DAS VORSCHLAGS-
    PAKET DER EU-KOMMISSION                                                                      (LINK)

    Überblick zu den Vorschlägen und geplanten Kernregelungen
    Die Europäische Kommission hat am 14.07.2021 ein         gewinnen. Die Klimadiplomatie (G 7 / G 20) gewinnt
    im Umfang und in der Wirkung auf alle Wirtschafts-       an Bedeutung und wird ebenfalls eine zentrale Her-
    sektoren und Gesellschaft zukunftsweisendes Paket        ausforderung im Rahmen der 26. UN-Klimakonferenz
    an Vorschlägen zur Änderung bestehender und              vom 31. Oktober bis 12. November 2021 in Glasgow
    neuer Richtlinien vorgelegt. Diese Maßnahmen sind        sein. Dass hierbei globale Wirtschaftsinteressen eine
    grundsätzlich mit Blick auf die Zielvorgaben gemäß       große Rolle spielen werden, ist schon jetzt klar. So
    dem Ende Juni 2021 vom Europäischen Parlament            haben sich neben den BRIC-Staaten bspw. die USA
    und EU-Rat angenommenen EU-Klimagesetz mit               kritisch zur geplanten Einführung einer CO2-Grenz-
    der Erhöhung des EU-Klimaschutzziels von 40 %            steuer positioniert. So will die EU Verlagerungseffekte
    auf 55 % in Kraft getretenen EU-Klimagesetz kon-         in Drittstaaten und Wettbewerbsnachteile für die
    sequent.                                                 EU-Wirtschaft ausschließen. Die „Außenschutzpoli-
                                                             tik“ wird zu einer zentralen Herausforderung mit dem
    Die Vorschläge werden in den kommenden ein               Ziel in der EU Arbeitsplätze, Wohlstand und hiermit
    bis zwei Jahren die politische Agenda nicht nur in       verbunden die erforderliche öffentliche Akzeptanz
    Brüssel, sondern insbesondere in den Mitglieds-          zu erhalten.
    staaten bestimmen, denn alle Vorschläge müssen
    jeweils einzeln das Abstimmungsverfahren zwi-            Die Vorschläge der EU-Kommission:
    schen EU-Parlament und EU-Rat und damit i. d. R.
    ein Trilog-Verfahren und anschließend als Ergeb-         1. Neufassung bestehender Richtlinien/
    nis des nationalen Gesetzgebungsverfahrens für              Verordnungen:
    die Umsetzung ein Notifizierungsverfahren durch-            • EU-Emissionshandelssystem
    laufen.                                                     • Verordnung über Landnutzung und Forstwirt-
                                                                  schaft (LULUCF)
    Ein sehr knapper Faktor ist dabei die Zeit, denn diese      • Verordnung zur Lastenteilung
    Maßnahmen müssen schnellst möglich in nationa-              • Erneuerbare-Energien-Richtlinie – RED III
    les Recht umgesetzt werden als Voraussetzung das            • Energieeffizienzrichtlinie
    EU-Klimaschutzziel in der Verpflichtungsperiode             • Richtlinie über den Aufbau der Infrastruktur
    bis 2030 und schließlich Klimaneutralität spätes-             für alternative Kraftstoffe
    tens 2050 erreichen zu können. Mit Blick auf die            • Richtlinie über Emissionsnormen für Pkw und
    Erfahrungen bei der Reform der GAP sollte sich                leichte Nutzfahrzeuge
    die EU-Kommission deshalb von Beginn an auf ihre            • Energiebesteuerungsrichtlinie
    moderierende Rolle beschränken.
                                                             2. Neue Richtlinienvorschläge/Verordnungen:
    Mit diesen Vorschlägen setzt die EU ihre Ankündigung        • EU-Forststrategie
    um, ambitioniert die Klimaschutzpolitik auch dann           • CO2-Grenzausgleich/Klimazoll
    voranzutreiben, wenn führende Industrienationen             • Klima-Sozialausgleich/-fonds
    diesem Ambitionsniveau nicht folgen sollten. Aller-         • ReFuelEU Aviation (Flugzeugkraftstoffe)
    dings kann die EU nicht allein mit ihren Maßnahmen          • FuelEU Maritime (Kraftstoffe für die Schiff-
    und Anteil von etwa 10 % an den globalen Treibhaus-           fahrt)
    gasemissionen den Kampf gegen den Klimawandel

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DIE WICHTIGSTEN VORSCHLÄGE
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1. EU-Emissionshandelsystems (ETS)
Die Weiterentwicklung des Emissionshandels-             diese Kraftwerke zugeschaltet werden müssen.
systems ist ein zentraler strategischer Ansatz die      Der Bundeswirtschaftsminister ist deshalb kürz-
Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen in Unter-            lich der Forderung nachgekommen die Ergebnisse
nehmen durch Verteuerung der Emissionsrechte            der Prognos-Studie zur Einschätzung des mittelfris-
zu beschleunigen, die die etwa 12.000 in der EU         tigen Nachfrageanstiegs zu veröffentlichen: aktuell
betroffenen Unternehmen (fossile Kraftwerke,            ca. 580 bis 2030: 645 bis 665 Terawattstunden.
Zementindustrie, Düngemittelindustrie, Raffinerien,
Stahlwerke) zukaufen müssen. Bisher waren die Zer-      Die CO2-Bepreisung verteuert entsprechend bspw.
tifikate mit weniger als 10 EUR/t CO2 vergleichsweise   die Stahl- oder auch Düngemittelproduktion in der
preiswert. Zudem wurden kostenlos Zertifikate an        EU und verschlechtert gleichzeitig deren inter-
die betroffenen Industrieunternehmen ausgeteilt.        nationale Wettbewerbsfähigkeit. Der Einsatz von
Diese kostenlose Ausgabe wird zukünftig schritt-        Wasserstoff aus erneuerbaren Strom zur Erfüllung
weise verringert. Wie schnell der Markt reagiert,       der Klimaschutzvorgaben ist eine ebenfalls teure
wenn Zertifikate/Emissionsrechte verknappt wer-         Option. Deshalb ruft die Stahlindustrie nach einer
den, zeigt die aktuelle Entwicklung (EUA-Notierung      „Quotenregelung“ für klimaneutralen Strahl. An die-
vom 01.07.21 – EUA (European Union Allowance =          sem Beispiel wird der Spagat deutlich, der schließlich
Emissionsrecht) des CO2-Preises mit einem Anstieg       dazu führt, dass viele Produkte (Baustahl, Stahl für
auf ca. 57 EUR/t CO2. Diese Kosten werden an die        Autos etc.) oder auch Produktionsmittel (fossile
Kunden durch Einpreisung bspw. in die Preise für        Kraftstoffe infolge der nationalen CO2-Bepreisung)
Stahl- oder Strom (Kohlestrom von Anlagen zur           für die Landwirtschaft teurer werden müssen.
Sicherung der Netzstabilität) weitergereicht.
                                                        Der Vorschlag der EU-Kommission sieht vor den
Ein hoher CO2-Preis beschleunigt das „Aus“ der Koh-     Emissionshandel auf Schifffahrt, Straßenverkehr
lekraftwerke aus betriebswirtschaftlichen Gründen,      und Heizstoffe (Gebäude) auszuweiten, aber in
so die Befürworter dieser Maßnahme. Demge-              getrennten „Systemen“, bedingt durch die unter-
genüber ist zu bedenken, dass dem Anstieg der           schiedlichen Treibhausgasminderungskosten.
Nachfrage infolge der Förderung der E-Mobilität         „Verlagerungseffekte“ der THG-Reduzierung in
(ca. 1 Mio. in 2022), Wärmepumpen (ca. 5 Mio.), Was-    andere Sektoren sollen hierdurch verhindert, son-
serstoff (Elektrolyse) usw. kein adäquater Aufwuchs     dern die Differenzierung nach „Sektoren“ (s. auch
bei Windkraft und Photovoltaik gegenübersteht und       Klimaschutzgesetz) zunächst fortgeführt werden.
deshalb die Bundesnetzagentur Kohlekraftwerke
wegen ihrer Absicherungsfunktion für die Netzsta-       Die Bepreisung belastet die Haushaltseinkommen
bilität nicht aus dem Netz „entlässt“, zumal 2022       und ist deshalb Gegenstand von gleichzeitig zu
die letzten AKWs abgeschaltet werden müssen.            schaffenden Regelungen für einen Sozialausgleich.
Die Sicherung der Netzstabilität, insbesondere im       Die „Gelbwesten-Demonstrationen“ in Frankreich
Falle einer Dunkelflaute, schlägt dann für alle Ver-    bestätigen, wie schnell Maßnahmen für den Klima-
brauchergruppen auf den Strompreis durch, wenn          schutz in öffentliche Kritik einmünden.

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DIE WICHTIGSTEN VORSCHLÄGE
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2. Klima-Sozialausgleich/-fonds
Die beschriebenen negativen Effekte auf die Haus-    Insofern ist die Förderkulisse in Deutschland für die
haltseinkommen sollen durch die Schaffung eines      E-Mobilität kein Maßstab für „ärmere“ Mitgliedsstaa-
Sozialfonds möglichst kompensiert werden. Im         ten. Diese Feststellung lässt sich an der Verteilung
Fokus stehen einkommensschwache Haushalte.           der Ladesäulen in den Mitgliedsstaaten „ablesen“:
Allerdings muss zwischen den Mitgliedsstaaten        70 % der Ladesäulen stehen in nur drei Mitglieds-
nach Wirtschaftskraft differenziert werden. Die      staaten. Es sollen mindestens 50 % der Einnahmen,
Förderung der EU für mehr Klimaschutz muss sich      die durch den Emissionshandel generiert werden,
folglich auch nach diesem Kriterium ausrichten.      in den neuen Sozialfonds fließen.

3. Lastenteilungsverordnung
Infolge der Erhöhung des EU-Klimaschutzziels auf     folgende Länder erfüllen: Luxemburg, Schweden,
55 % muss konsequenterweise ebenfalls die Ver-       Finnland und Dänemark; Frankreich 47,5 %; aber
ordnung zur Lastenteilung ambitioniert angepasst     auch stärker in die Pflicht genommen werden die
werden. Diese betrifft in der nationalen Umset-      osteuropäischen Staaten wie z. B. Ungarn und Polen:
zung die Sektoren: Landwirtschaft, Verkehr,          Erhöhung von 7 % auf 18,7 % bzw. 17,7 %.
Gebäude und Abfall, die für etwa 60 % der euro-
päischen THG-Emissionen stehen. Der Vorschlag        Vor diesem Hintergrund hatte die Bundesregierung
sieht erneut auf Grundlage der bestehenden           im Rahmen der durch das Urteil des Bundesver-
Bewertungskriterien der „Belastbarkeit“ für alle     fassungsgerichtes erzwungenen Nachbesserung
Mitgliedsländer erhöhte verbindliche Ziele vor.      der Klimaschutzziele ab 2030 gleichzeitig die sek-
Wichtigstes Kriterium ist dessen Wirtschaftskraft    torspezifischen Zielvorgaben (Reduzierung der
(Bruttoinlandsprodukt – BIP). Deutschland: von       Jahresemissionshöchstmengen) bis 2030 nachge-
38 % auf 50 %. Diese Zielvorgabe müssen auch         schärft.

4. Verordnung Landnutzung und Forstwirtschaft (LULUCF)
Diese Verordnung schreibt jedem EU-Land ver-         Senkenfunktion zu leisten, das Gegenteil ist mög-
bindlich vor sicherzustellen, dass Emissionen aus    licherweise zukünftig der Fall. Zudem schlägt die
diesen Sektoren durch CO2-Entnahmen kompen-          EU-Kommission vor, die Emissionen aus LULUCF
siert werden müssen (sog. „No Debit“-Regel). Der     und Landwirtschaft ab 2031 gemeinsam zu bilanzie-
Vorschlag sieht bei Kohlenstoffsenken ein Ziel von   ren („AFOLU“: Agriculture, Forestry and Other Land
310 Mio. t CO2 für die gesamte EU ab dem Jahr        Use) verbunden mit der Zielsetzung: ab 2035 soll
2026 vor, für Deutschland folglich das Senkenziel    der AFOLU-Sektor klimaneutral sein und danach
von ca. 25 Mio. t CO2 jährlich. Diese Zielvorgabe    negative Emissionen aufweisen. „Carbon-Farming“
lässt allerdings die schon sichtbaren Folgen des     ist das Schlagwort in diesem Zusammenhang. Wie
Klimawandels außer Acht. Die Trockenheit und der     im Ackerbau nachweislich und dauerhaft Kohlen-
hiermit verbundene großflächige Einschlag ver-       stoff aus der Atmosphäre gebunden werden kann,
trockneter Waldbestände erzwingen eine regional      diese Frage lässt die EU-Kommission unbeantwor-
angepasste Bewirtschaftung bzw. Aufforstung.         tet, obwohl auch mit der „Farm-to-Fork-Strategie“
Der Wald ist nicht in der Lage die erforderliche     dieses Ziel verfolgt wird.

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DIE WICHTIGSTEN VORSCHLÄGE
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5. CO2-Grenzausgleich/Klimazoll
Mit dem Vorschlag für eine CO2-Grenzabgabe (Car-      Regierungen (Brasilien, Südafrika, Indien und China)
bon Border Adjustment Mechanism, CBAM) soll die       als diskriminierend bewertet.
europäische Industrie vor unfairem Wettbewerb
geschützt werden, indem Importe von z. B. Stahl       Ziel dieser Maßnahme ist es Unternehmen in
oder Düngemitteln entsprechend ihres CO2-Fuß-         Drittstaaten zu mehr Klimaschutz in ihren Pro-
abdruckes verteuert (Abgabe) und für den Export       duktionsanlagen zu animieren (Niveauanpassung)
entsprechender Güter eine Entlastung gewährt          und „Carbon Leakage“-Effekte zu verhindern,
wird. Hier wird die schon länger dauernde kritische   indem Fabriken in Drittländer mit weniger strik-
Diskussion zwischen Industrie, EU-Kommission          ten Klimavorschriften verlegt oder dort neue
und EU-Parlament über die Frage fortgeführt bzw.      Investitionen tätigen. Mit dem Klimazoll wird/
intensiviert, ob als Ausgleich weiterhin kostenlos    muss die EU-Kommission Eigeneinnahmen gene-
Emissionszertifikate ausgegeben werden sollen         rieren zur Finanzierung des EU-Sozialfonds und
und wenn ja, bis wann. Diese Ausgleichsmaßnahme       Klimaschutzmaßnahmen sowie zur Tilgung der
ist jedoch nicht mit WTO-Recht (Diskriminierungs-     Schuldenaufnahme infolge der Schaffung des
verbot) vereinbar und wurde deshalb von einigen       „EU-recovery-fonds“.

6. Erneuerbare-Energien-Richtlinie (RED III)
Die Erneuerbare-Energien-Richtlinie erfüllt zwei          (Anhang IX Teil A, Stroh usw.) beträgt mindes-
Hauptaufgaben: sie definiert, welche Energiequellen       tens: 0,2 % in 2022, 0,5 % in 2025, 2,2 % in 2030
als „erneuerbar“ auch im Sinne der Nachhaltigkeit     •   Neu ist die Einführung eines Ziels von 2,6 % für
gelten und legt daher im Falle von Biokraftstoffen        Renewable Fuels Non Biological Origin (RFNBO)
differenziert nach Rohstoffarten die sogenannte           in 2030.
Kappungsgrenzen für Biokraftstoffe aus Anbau-         •   Es bleibt bei der Deckelung von Biokraftstof-
biomasse sowie Reststoffen und verbindliche               fen aus Anbaubiomasse (grunds. max. 7 %)
Ziele für den Anteil erneuerbaren Strom im euro-          auf nationaler Ebene: Verbrauchsmenge in
päischen Strommix fest. Das Ziel der EU, bis 2050         2020 + max. 1 %.
Netto-Null-Emissionen zu erreichen, erfordert         •   Biokraftstoffe mit hohem Landnutzungsän-
demzufolge eine enorme Steigerung der Produk-             derungsrisiko (High iLUC – Palmöl) werden auf
tionskapazitäten für erneuerbare Energie. Im Jahr         das Verbrauchsniveau im Jahr 2019 des jew.
2018 hatte sich die EU das Ziel gesetzt, den Anteil       Mitgliedslandes eingefroren – spätestens Aus-
erneuerbarer Energien am europäischen Energie-            schluss ab 2030.
mix bis 2030 von derzeit rund 20 % auf 32 % zu        •   Neu ist die Option, dass allen Mitgliedsstaa-
erhöhen.                                                  ten die Einführung der THG-Quotenregelung
                                                          und Anrechnung von erneuerbaren Strom für
Die wichtigsten die Biokraftstoffe/                       den Quotenhandel ermöglicht wird. Damit wird
alternative Kraftstoffe betreffenden                      die hierzulande eingeführte Regelung der THG-
Regelungen:                                               Quote übernommen.
• Weitere Anhebung des Ziels für den Anteil
  erneuerbare Energien am Bruttoendener-              Für Biodiesel ist in diesem Zusammenhang von
  gieverbrauch in 2030 von 32 % auf 40 %. Der         Bedeutung, dass ebenfalls die Kraftstoffqualitäts-
  Verkehrssektor wird verpflichtet bis 2030 die       richtlinie dahingehend geändert wird, dass B7 als
  Treibhausgasemissionsintensität um mindes-          Schutzsorte zugelassen wird, so dass erstmals die
  tens 13 % zu reduzieren. Die energetische           Option geschaffen wird, über öffentliche Tankstel-
  Unterquote für fortschrittliche Biokraftstoffe      len B10 zu vertreiben.

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DIE WICHTIGSTEN VORSCHLÄGE
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7. Energiebesteuerungsrichtlinie
Mit diesem Vorschlag zur Revision bzw. Neustruk-         auslaufende Ermächtigung der Mitgliedsstaaten
turierung der Energiebesteuerung wird das Ziel           ablöst „Energieerzeugnisse“ (Kraft- und Brennstoffe)
verfolgt die Energiebesteuerung grundsätzlich            von einer Besteuerung auszunehmen (Steuersatz
alle Energieträger auf Basis des Energiegehaltes         „0“).
(EUR/Gigajoule) zu besteuern. Die bisher volumen-
basierte Besteuerung (EUR/l) wird abgeschafft wie        Kritisch ist zu bemerken ist, dass der „Geist“ des
auch der Unterschied in der Höhe der Besteuerung         Green Deal umweltschädliche „fossile“ Subventio-
auf Basis einer zehnjährigen Angleichungsphase.          nen abzuschaffen spürbar wird. Die EU-Kommission
Für Deutschland bedeutet dies, der Unterschied           hat allerdings nicht ihre Ankündigung umgesetzt
in der Höhe der Besteuerung von Diesel und Ben-          das Abstimmungsverfahren in der EU im Sinne
zin wird abgeschafft.                                    der Beschleunigung anzupassen. Diese Richtli-
                                                         nie muss einstimmig verabschiedet werden. Mit
Der Richtlinienentwurf sieht im Annex I nach Kraft-      Blick auf die Bedeutung dieser Regelungen für die
stoffarten und Verwendungssektor (allgemein              nationalen Haushalte ist ein äußerst schwieriger
und reduziert bspw. Landwirtschaft) differenziert,       Abstimmungsprozess zu erwarten, der allerdings
einen Basiswert für die Mindestbesteuerung vor,          nicht, wie der letzte Vorschlag der EU-Kommission
dem bis 2030 Erhöhungsschritte folgen für den in         im Jahr 2015 (Vorlage Entwurf 2011) in der Schub-
2030 zu erreichenden Mindeststeuersatz (s. Tabel-        lade verschwinden kann. Diese Richtlinie ist eine der
len im Appendix). Wie die Tabelle 2 ausweist, soll       „Herzkammern“ des Green Deal für den Klimaschutz
ein Mindeststeuersatz auf Dieselkraftstoff in der        und wird wohl „blutdrucksenkende“ Begleitmaßnah-
Landwirtschaft eingeführt werden, der die damit          men bei der Kompromissfindung erfordern.

8. Richtlinie über den Aufbau der Infrastruktur für alternative
   Kraftstoffe
Mit der Aktualisierung dieser Richtlinie aus dem Jahr    Der Vorschlag sieht überdies verbindliche nationale
2014 will die EU-Kommission den Ausbau der Inf-          Ziele für den Aufbau einer ausreichenden Infra-
rastruktur für alternative Kraftstoffe (Wasserstoff,     struktur für alternative Kraftstoffe in der Union für
Bio-LNG, alternative Schiffs- u. Flugkraftstoffe usw.)   Straßenfahrzeuge, Schiffe und Flugzeuge vor. Festge-
und der Ladeinfrastruktur, entsprechend ausgelegt        legt werden gemeinsame technische Spezifikationen
(Ladegeschwindigkeit) für Fahrzeuge (Pkw, Nutz-          und Anforderungen an Nutzerinformationen, Daten-
fahrzeuge), beschleunigen. Das Ziel ist bspw. ein        bereitstellung und Zahlungsanforderungen für die
EU-weites Netz an Ladesäulen, denn bisher stehen         Infrastruktur für alternative Kraftstoffe. Der Entwurf
70 % aller Ladesäulen in nur drei Mitgliedsstaaten.      enthält deshalb Regeln für den erforderlichen
Das bremst den Ausbau der E-Mobilität bzw. die           von den Mitgliedstaaten zu beschließenden
Akzeptanz der Verbraucher, die zunehmend auf             nationalen politischen Rahmen und zugleich
Elektrofahrzeuge umsteigen sollen. Die Europäische       wird ein Berichterstattungsmechanismus ein-
Kommission hat bereits angekündigt, dass sie die         geführt, der die Zusammenarbeit fördern und
Zahl der Elektro-Ladestationen bis 2025 auf eine         eine solide Verfolgung der Fortschritte gewähr-
und bis 2030 auf drei Millionen erhöhen will.            leisten soll.

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DIE WICHTIGSTEN VORSCHLÄGE
WERDEN KURZ ERLÄUTERT UND
KOMMENTIERT:
9. Richtlinie über Emissionsnormen für Pkw und leichte
   Nutzfahrzeuge
Der zentrale Vorschlag, der aktuell auch die Stellung-   strie bewertete diesen Entwurf als ein Verbot durch
nahmen der gesamten Fahrzeugindustrie bestimmt,          die „Hintertür“. Angesichts der volkswirtschaftlichen
ist die Regelung, dass ab 2035 nur noch „emissions-      Bedeutung dieses Sektors (Einkommen, Arbeitsplätze
freie“ Pkw zugelassen werden dürfen. Damit setzt         u. Steuereinnahmen) und der Tatsache, dass global
die EU-Kommission ein Ausstiegsdatum für den Ver-        weiterhin Verbrennungsmotoren eine große Rolle
brennungsmotor fest. In diesem Zusammenhang              spielen werden, ist zu hinterfragen, ob die EU-Kom-
ist ebenfalls der EU-Kommissionsentwurf für eine         mission den bei anderen Vorschlägen diskutierten
Emissionsnorm Euro 7 zu sehen. Die Automobilindu-        Verlagerungseffekt bewusst herbeiführen will.

10. ReFuelEU Aviation – nachhaltige Flugzeugkraftstoffe
Der Vorschlag zielt darauf ab, die Emissionen von        bewertet der Vorschlag den Umweltvorteil von
Flugzeugen durch den verstärkten Einsatz nach-           Biokraftstoffen aus Anbaubiomasse als „begrenzt“.
haltiger Flugkraftstoffe (Sustainable Aviation Fuels     Dem Vorschlag zufolge müssen alle Flugzeuge, die
– SAF) schrittweise verpflichtend zu reduzieren          von einem Flughafen innerhalb der EU abfliegen,
durch die Erhöhung des Beimischungsanteils von           mit einer Mischung aus Kerosin und SAF betankt
SAF in Kerosin: mindestens 2 % bzw. 5 % in 2025          werden. Demzufolge steigt der Ticketpreis infolge
bzw. 2030 und schließlich 63 % in 2050. Der Vor-         höherer Kosten für den SAF-Anteil, denn das Kero-
schlag fördert die Verwendung von synthetischem          sin macht etwa 25 % der Betriebskosten aus. Die
Kerosin aus erneuerbaren Strom sowie von Bio-            EU-Kommission erwartet demgegenüber infolge
kerosin aus Rohstoffen aus dem Anhang IX Teil            der schrittweisen Erhöhung Skalierungseffekte,
A (fortschrittliche Biokraftstoffe aus Stroh usw.)       wenn die Produktion in der Menge hochgefah-
und B (Biokraftstoffe aus Abfallöle und tierische        ren wird. Eine Herausforderung wir die praktische
Abfallfette). Rohstoffe aus Anbaubiomasse werden         Umsetzung der Kontrolle und Nachweise über die
ausdrücklich ausgeschlossen, um den Wettbewerb           physische Verwendung und Nachhaltigkeit sein.
im Nahrungs- bzw. Futtermittelmarkt nicht wei-           Diese Fragen wurden im Rahmen des Konsultati-
ter zu verschärfen. In diesem Zusammenhang               onsverfahrens intensiv diskutiert.

11. FuelEU Maritime – nachhaltige Kraftstoffe für die Schifffahrt
Dieser Vorschlag für eine Verordnung legt ein-           nicht überschreiten. Basis ist ein Referenzwert, der
heitliche Regeln fest für die Begrenzung der             um den folgenden Prozentsatz zu verringern ist:
Treibhausgasintensität der Energie (Kraftstoffe und      -2 % ab dem 1. Januar 2025; -6 % ab dem 1. Januar
Landstrom), die an Bord eines Schiffes (Fracht-          2030; -13 % ab dem 1. Januar 2035; -26 % ab dem
schiffe bzw. Passagierschiffe) verwendet wird,           1. Januar 2040; -59 % ab 1. Januar 2045; -75 % ab
die Häfen in Mitgliedstaats einlaufen, sich dort         1. Januar 2050. Grundlage ist ein umfassendes
aufhalten und wieder auslaufen. Der Vorschlag            Überwachungs- und Monitoringsystem, das die
sieht die Verpflichtung vor im Hafen die Land-           Schiffseigener umsetzen müssen. Im Falle der
stromversorgung (verpflichtend ab 01/2030) oder          Verwendung von Biokraftstoffen sind die Emis-
„Nullemissions-Technologien“ bei der Stromgewin-         sionsfaktoren und die Berechnung gemäß der
nung an Bord zu verwenden. Die durchschnittliche         Erneuerbare-Energien-Richtlinie (RED II) anzu-
jährliche Treibhausgasintensität der an Bord eines       wenden, allerdings werden Biokraftstoffe aus
Schiffes verbrauchten Energie darf bestimmte             Anbaubiomasse (Futter- und Lebensmittelpflan-
Grenzwerte während eines Berichtszeitraums               zen) nicht angerechnet.

                                                                                                           6|9
DIE WICHTIGSTEN VORSCHLÄGE
WERDEN KURZ ERLÄUTERT UND
KOMMENTIERT:
12. Energieeffizienzrichtlinie
 Der Richtlinienvorschlag sieht ehrgeizigere Ziele       tens 3 % seines Gebäudebestands energetisch
 zur Senkung des Energieverbrauchs auf EU-Ebene          renovieren zu müssen. Die EU-Kommission erwar-
 vor. Die Verpflichtung der Mitgliedstaten zur Ener-     tet hiermit einhergehend, dass Arbeitsplätze
 gieeinsparung wird um das Doppelte erhöht, der          geschaffen und mit dem sinkenden Energiever-
 öffentliche Sektor wird verstärkt in die Pflicht        brauch auch die Kosten für den Steuerzahler
 genommen mit der Anforderung jährlich mindes-           sinken.

BEWERTUNG DER UFOP:
Die EU-Kommission legt mit ihrem Vorschlagspaket         Regelungen das Abstimmungsverfahren von Einstim-
das Drehbuch für die Klimapolitik der nächsten Jahre     migkeit auf eine qualifizierte Mehrheit anzupassen.
vor. Die Rollenverteilung der Institutionen ist zwar     Dies betrifft insbesondere die steuerlichen Regelun-
grundsätzlich klar, der Abstimmungsprozess wird          gen und insbesondere den Vorschlag der Richtlinie
sich in seiner Geschwindigkeit daran messen las-         zur Änderung der Energiebesteuerung.
sen, ob auf nationaler Ebene ein analoger politischer
Wille besteht die neuen Regelungen anzunehmen            Die Verbraucherakzeptanz blendet die EU-Kom-
und schnellstmöglich umzusetzen. Das hier durchaus       mission komplett aus. Die EU-Kommission macht
Zweifel bestehen ist bereits ablesbar an der Umset-      keine Vorschläge, wie die Öffentlichkeit auf diesen
zung der Erneuerbaren-Energien-Richtlinie (RED II).      an Geschwindigkeit zunehmenden Transformati-
Nur die wenigsten Mitgliedstaaten haben die Fristset-    onspfad mitgenommen werden soll. Dieser „Mangel“
zung bis Ende Juni 2021 eingehalten. Mit Blick auf die   ist nicht nur hierzulande zu beobachten und nicht
Vorschläge müssen die Ende 2020 von den Mitglied-        nur an den Bürgerprotesten bspw. gegen Windkraft-
staaten der EU-Kommission vorgelegten nationalen         anlagen ablesbar, sondern zukünftig daran, wenn
Energie- und Klimapläne umgehend angepasst wer-          die inflationstreibende Wirkung dieser Vorschläge in
den.                                                     den Portemonnaies jedes einzelnen ankommt. Die
                                                         hierzu im Vergleich „niederschwelligen“ Gelbwes-
Die EU-Kommission hat allerdings ihre Ankündi-           tendemonstrationen in Frankreich sollten in diesem
gung nicht wahr gemacht, bei wichtigen gesetzlichen      Sinne eine „Warnung“ sein.

Kontakt UFOP:
Union zur Förderung von Oel- und Proteinpflanzen e.V. (UFOP)
Claire-Waldoff-Str. 7
10117 Berlin
Telefon:       0 30 / 31 90 42 02
Telefax:       0 30 / 31 90 44 85
E-mail: 		     info@ufop.de

Redaktion:     Dieter Bockey

                                                                                                         7|9
ANHANG – AUS COM(2021) 563 FINAL, ANNEX 1
Tabelle A.– Mindeststeuersätze für Motorkraftstoffe (allgemein)
in EUR/Gigajoule                                                  Start der     Endpreis nach
                                                             Übergangszeit          Ablauf der
                                                               (01.01.2023)     Übergangszeit
                                                                              (01.01.2033) vor
                                                                               der Indizierung
Benzin                                                               10,75              10,75
Diesel                                                               10,75              10,75
Kerosin                                                              10,75              10,75
Nicht nachhaltige Biokraftstoffe                                     10,75              10,75
Nicht erneuerbare Kraftstoffe nicht biologischen Ursprungs             7,17             10,75
Nachhaltige Biokraftstoffe aus Nahrungs- und
                                                                      5,38              10,75
Futtermittelpflanzen
Nachhaltiges Biogas aus Nahrungs- und Futtermittelpflanzen            5,38              10,75
Nachhaltige Biokraftstoffe                                            5,38               5,38
Nachhaltiges Biogas                                                   5,38               5,38
Kohlenstoffarme Kraftstoffe                                            0,15              5,38
Erneuerbare Kraftstoffe nicht biologischen Ursprungs                   0,15              0,15

Fortschrittlich nachhaltige Biokraftstoffe und Biogas                  0,15              0,15

Tabelle B. – Ermäßigte Mindeststeuersätze
für Motorkraftstoffe u.a. für die Landwirtschaft
in EUR/Gigajoule                                                  Start der     Endpreis nach
                                                             Übergangszeit          Ablauf der
                                                               (01.01.2023)     Übergangszeit
                                                                              (01.01.2033) vor
                                                                               der Indizierung
Gasöl                                                                   0,9               0,9
Schweröl                                                                0,9               0,9
Kerosin                                                                 0,9               0,9
Nicht nachhaltige Biokraftstoffe                                        0,9               0,9
Flüssiggas (LPG)                                                        0,6               0,9
Nicht erneuerbare Kraftstoffe nicht biologischen Ursprungs              0,6               0,9
Nachhaltige Biokraftstoffe aus Nahrungs- und
                                                                      0,45                0,9
Futtermittelpflanzen
Nachhaltiges Biogas aus Nahrungs- und Futtermittelpflanzen            0,45                0,9
Nachhaltige Biokraftstoffe                                            0,45               0,45
Nachhaltiges Biogas                                                   0,45               0,45
Kohlenstoffarme Kraftstoffe                                            0,15              0,45

Erneuerbare Kraftstoffe nicht biologischen Ursprungs                   0,15              0,15

Fortschrittlich nachhaltige Biokraftstoffe und Biogas                 0,15               0,15

                                                                                           8|9
Quellen/Links Vorschläge der EU-Kommission „fit-for-55“:
(Hinweis: unter den untenstehenden Links werden die Vorschläge auch in Deutsch bzw. allen Amtsspra-
chen veröffentlicht)

Delivering the European Green Deal | European Commission (europa.eu)

  • Chapeau Communication: fit for 55 delivering EU’s 2030 climate targets https://ec.europa.eu/info/
    files/communication-fit-55-delivering-eus-2030-climate-target-way-climate-neutrality_en

  • Revision of the EU Emission Trading System: https://ec.europa.eu/info/files/revision-eu-emission-tra-
    ding-system_en

  • Revision of the EU Emission Trading System for Aviation: https://ec.europa.eu/info/files/revisi-
    on-eu-emission-trading-system-aviation_en

  • Notification on the Carbon Offsetting and Reduction Scheme for International Aviation (CORSIA):
    https://ec.europa.eu/info/files/notification-carbon-offsetting-and-reduction-scheme-internatio-
    nal-aviation-corsia_en

  • Revision of the Market Stability Reserve: https://ec.europa.eu/info/files/revision-market-stability-re-
    serve_en

  • Social Climate Fund: https://ec.europa.eu/info/files/social-climate-fund_en

  • Revision of the Land, Forestry and Agriculture Regulation: https://ec.europa.eu/info/files/
    revision-regulation-inclusion-greenhouse-gas-emissions-and-removals-land-use-land-use-chan-
    ge-and-forestry_en

  • Revision of the Effort Sharing Regulation: https://ec.europa.eu/info/files/effort-sharing-regulation_en

  • Revision of the Renewable Energy Directive: https://ec.europa.eu/info/files/amendment-renewab-
    le-energy-directive-implement-ambition-new-2030-climate-target_en

  • •Revision of the Energy Efficiency Directive: https://ec.europa.eu/info/files/amendment-energy-effi-
    ciency-directive-implement-ambition-new-2030-climate-target_en

  • ReFuel EU Aviation: https://ec.europa.eu/info/files/refueleu-aviation-sustainable-aviation-fuels_en

  • Fuel EU maritime: https://ec.europa.eu/info/files/fueleu-maritime-green-european-maritime-space_
    en

  • Revision Alternative Fuels Regulation https://ec.europa.eu/info/files/revision-directive-deployment-al-
    ternative-fuels-infrastructure_en

  • Revision CO2 standards for cars: https://ec.europa.eu/info/files/amendment-regulation-set-
    ting-co2-emission-standards-cars-and-vans_en

  • Regulation on Carbon Border Adjustment Mechanism: https://ec.europa.eu/info/files/carbon-bor-
    der-adjustment-mechanism_en

  • Revision Energy Taxation Directive: https://ec.europa.eu/info/files/revision-energy-tax-directive_en

      Stand: 26.07.2021

Bildnachweis Titel: © jorisvo/Shutterstock.com                                                            9|9
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