Das Motiv des Traumes in Christopher Nolans "Inception" - Immanuel-Kant-Gymnasium Schuljahr 2011/12 GK Deutsch Q1.2 (Frau Clever) - Facharbeit von

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Das Motiv des Traumes in Christopher Nolans "Inception" - Immanuel-Kant-Gymnasium Schuljahr 2011/12 GK Deutsch Q1.2 (Frau Clever) - Facharbeit von
Immanuel-Kant-Gymnasium
          Schuljahr 2011/12
    GK Deutsch Q1.2 (Frau Clever)

     Das Motiv des Traumes
in Christopher Nolans „Inception“

             Facharbeit
                von
            Max Leißing

              Münster
             März 2012

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Das Motiv des Traumes in Christopher Nolans "Inception" - Immanuel-Kant-Gymnasium Schuljahr 2011/12 GK Deutsch Q1.2 (Frau Clever) - Facharbeit von
Inhaltsverzeichnis:

1     Einleitung..............................................................................................3

2     Inhaltsangabe des Filmes „Inception“...................................................3

3     Darstellung des Traumes in der Literatur..............................................4

4     Das Motiv des Traumes in „Inception“.................................................7
4.1   Traumgeschehen....................................................................................7
4.2   Funktion von Träumen in der Literatur und im Film...................... ..9

5     Fazit......................................................................................................12

6     Literaturverzeichnis..............................................................................14

7     Anhang.................................................................................................15

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Das Motiv des Traumes in Christopher Nolans "Inception" - Immanuel-Kant-Gymnasium Schuljahr 2011/12 GK Deutsch Q1.2 (Frau Clever) - Facharbeit von
1.Einleitung
„Träume haben seit jeher etwas Faszinierendes an sich“1. Dies ist der erste Satz aus dem
Vorwort des Buches über Traumtexte, das ich in meiner Facharbeit mit dem Film „Inception“
vergleichen werde. Im Sommer des Jahres 2010 sah ich den Film das erste Mal und war direkt
sehr begeistert. „Inception“ ist nicht wie jeder Film, in dem es um Träume geht und besonders
nach dem Schauen ist mir persönlich aufgefallen, wie sehr das eben genannte Zitat meine
eigenen Gedanken zu dem Thema Träume widerspiegelt.
Als Konsequenz stellte ich mir selbst die Frage, wie Christopher Nolan, der Regisseur des
Filmes, es geschafft hat, das Thema Träume so interessant und kompakt darzustellen, wie es
in dem Film „Inception“ geschieht. Sind seine Darstellungen von Träumen realistisch und
vorstellbar?
Bei meinen Untersuchungen benötigte ich zunächst literarische Werke, die sich mit Träumen
beschäftigen, um Vergleiche zu „Inception“ ziehen zu können und meinen Fragen nachzu-
gehen. Nach längerer Suche fand ich interessante und sehr informative Literatur über Träume,
wo bereits interessante Aspekte über Träume zusammengefasst wurden. Als Nächstes musste
ich mich entscheiden, nach welchen Kriterien ich den Film untersuchen werde. Ich habe mich
für die Aspekte „Traumgeschehen“ und „Funktion des Traumes in der Literatur und im Film“
entschieden. Infolgedessen gliedere ich meine Facharbeit in zwei Hauptaspekte. Zuerst fasse
ich die Informationen, die ich in dem Buch über die eben genannten Kriterien erfahre zusam-
men. Anschließend werde ich die genannten Punkte mit „Inception“ vergleichen, um mög-
liche Parallelen oder Diskrepanzen sichtbar zu machen, sodass ich am Ende begründet Stel-
lung zu den oben gestellten Fragen nehmen kann. Anzumerken bleibt, dass in dem Film
„Inception“ noch eine Vielzahl mehr Informationen über Träume gegeben werden, die jedoch
nicht alle genannt werden können, um den Umfang der Facharbeit nicht zu übersteigen.

2. Inhaltsangabe des Filmes „Inception“
Dominick Cobb (Leonardo DiCaprio) ist eine Art beauftragbarer Spion. Er führt sogenannte
Extractions durch, bei denen er Infomationen über Personen aus ihren Träumen stiehlt. Diese
besondere Art des Diebstahls ist natürlich illegal und nicht leicht, sodass Cobb und sein Team
bei dem Versuch einer Extraction auffliegen. Das Opfer, Saito, unterbreitet derweil Cobb ein
weitaus lukrativeres Angebot. Er soll eine Inception ausführen. Dies bedeutet, dass er einem

1 Eicher 1997, S.9.

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reichen Firmenerben einen Gedanken einpflanzt, dessen Folge zu der Auflösung der eigenen
Firma führen soll. Eine Inception hat Cobb erst einmal vorher durchgeführt und zwar bei
seiner Frau Mal, die sich anschließend, aufgrund von den Folgen der Einpflanzung, das Leben
genommen hat. Eine Inception hat Cobb erst einmal vorher durchgeführt und zwar bei seiner
Frau Mal, die sich anschließend, aufgrund von den Folgen der Einpflanzung, das Leben
genommen hat.
Als Belohnung für diese schwierige Aufgabe soll es Cobb ermöglicht werden nach Hause flie-
gen zu können, um seine Kinder zu sehen, was ihm aufgrund von strafrechtlichen Gründen
nicht möglich ist. Dies gibt ihm die nötige Motivation.
Für die Einpflanzung des Gedankens muss Cobb zunächst sein Team neu zusammenstellen.
Hierfür stellt er die Architekturstudentin Ariadne, den Chemiker Yusuf, den Fälscher Eames
und seinen alten Freund Arhtur an. Gemeinsam planen sie die Inception und führen sie durch.
So geschieht es, dass bereits am Anfang des Eingriffes Komplikationen auftreten. Das Opfer,
also der reiche Firmenerbe hat sein Bewusstsein gegen solche Diebstahle im Vorhinein trai-
niert, sodass es der Gruppe umso schwerer gemacht wird, in das Innerste des Opfers einzu-
dringen. Hinzu kommen die erschwerten Bedingungen, dass die Gruppe im Traum nicht ster-
ben darf, weil sie sonst in den sogenannten „Limbus“, einen leeren Traumraum, gelangen.
Dies führt normalerweise dazu, dass man nicht mehr aus dem Traum erwacht.
Am Ende des Films jedoch gelingt es der Gruppe, unter schwersten Bemühungen, den
Gedanken einzupflanzen. Cobb bekommt seine hart erkämpfte Belohnung. Er sieht seine
Kinder wieder und darf in seinem Heimatland, Amerika, gefahrlos leben.

3. Darstellung des Traumes in der Literatur
Das Buch „Nur geträumt“ von Thomas Eicher und anderen Autoren befasst sich mit Traum-
texten aus der deutschsprachigen Literatur seit der Aufklärung. In dem Vorwort werden aus-
führliche Informationen zu der Funktion des Traumes in der Literatur, aber auch zu dem
Traumgeschehen aufgeführt.
Allgemein lasse sich über den Traum sagen, dass er ein unbewusster Vorgang im nächtlichen
Schlaf darstelle. Er könne auf eigenen Erfahrungen beruhen, doch komme es auch häufig vor,
dass man von Sachen träume, die man niemals erlebt habe und somit jenseits unserer eigenen
Erfahrung liegen würden. In diesem Zusammenhang ist in dem Buch von „Übergänge[n] zur

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Transzendenz“2 die Rede, die in unseren üblichen Träumen deutlich werden3.
Das Traumgeschehen finde in einer Welt statt, die in unseren Köpfen erzeugt werde. Die
Naturgesetze, die jedem bekannt sind, wie zum Beispiel, dass wir Menschen mit technische
Mittel fliegen können, oder dass wir nicht mit Tieren sprechen können, könnten in Träumen
vernachlässigt werden. Man spreche hier von den sogenannten „traumtypischen Motiven“4.
Hinzu komme, dass natürliche, logische Zusammenhänge in Träumen verändert, beziehungs-
weise auf den Kopf gestellt werden könnten5. Sinneseindrücke, also ganz reale Empfind-
ungen, wie das Spüren von Druck oder das Frieren aufgrund von Kälte könne außerdem in
dem Traum simuliert werden. Möglich wäre es beispielsweise, dass wir in Träumen unglaub-
liche Schmerzen erleiden müssen, die sich beim Träumen wie echt anfühlen würden6.
Zusätzlich zu diesen genannten Punkten wird in dem vorliegenden Buch erwähnt, dass der
Traum und somit auch das Traumgeschehen „nicht vorsätzlich zu beeinflussen[...]“7 sei. In
den darauffolgenden Seiten des Buches werden einige Ausnahmen aufgeführt, in denen der
Traum sehr wohl beeinflussbar sei. Unwillentlich geschehe die Beeinflussung beispielsweise
bei hohem Fieber. Jeder Mensch kenne, dass man sehr verrückte Dinge träumt, wenn man
hohes Fieber hatte, sodass man schlussfolgern kann, dass Fieber, als Schutzreaktion des Kör-
pers, in irgendeiner Art und Weise die Träume beeinflusst. Sehr ähnlich sei dies bei Drogen
oder anderen berauschenden Mitteln, die ebenfalls Einfluss auf unsere Träume nehmen und
Halluzinationen und Tagträume verursachen können würden8.
Träume sind auf der einen Seite so, wie wir Menschen sie in den Nächten erleben, doch auf
der anderen Seite machen sich, laut Verfasser, jede Menge Autoren die eben genannten Eigen-
schaften des Traumes zu Nutze, sodass es nicht selten vorkommt, dass der Traum in den
Mittelpunkt literarischer Werke rückt9.
Diese in der Literatur vorkommenden Träume würden immer auch eine bestimmte Funktion
haben. So sagt zum Beispiel auch Elisabeth Frenzel; „Träume haben in der Dichtung immer
Bedeutung“10. Der Traum in literarischen Werken verschaffe dem Autor eine Vielzahl von
Möglichkeiten. Beispielsweise könne der Autor Sprünge oder Brüche in die Handlung ein-

2    Eicher 1997, S.9.
3    Vgl. Ebd. S.9.
4    Ebd. 1997, S.15.
5    Vgl. Ebd. S.9.
6    Vgl. Ebd. S.10.
7    Ebd. S.9.
8    Vgl. Ebd. S.10
9    Vgl. Ebd. S.9.
10   Frenzel 1992, S.804.

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bauen11, denn wie eben bereits angedeutet gäbe es im Traum keine Grenzen. Er könne wieder-
um Gefühle oder innere, unausgesprochene Erfahrungen oder Konflikte des Träumers dar-
legen, sodass der Leser mehr Wissen über den Träumer erlange und somit spätere Handlungs-
motivationen besser verstanden werden könnten12. Ein Beispiel aus dem Buch ist, dass im
Traum „Unsagbares [...] sagbar“13 wird. Hierfür müsse allerdings gewährleistet sein, dass der
Traum ein „Spiegelbild der augenblicklichen inneren Situation des Träumers[...]“14 darstelle.
Ein weiterer Vorteil dieser Tatsache sei, dass der Leser sich besser mit dem Träumenden
identifizieren könne, wenn er viele Informationen über den Charakter und die Gefühlslage
erfahre15.
Zudem erfährt man, dass der Leser von Träumen in die Irre geführt werden kann16. Die
Darstellung des Traumes in der Literatur, bei der der Leser direkt das Geschehen aus der
Innenperspektive des Träumers verfolgen kann, wird im Buch „Traumerlebnis“ genannt. Es
verlaufe meistens nach einem bestimmten Schema. Der Träumer schlafe ein, der Leser sehe
den Traum und der Träumer wache auf17. Wenn dieses idealtypische Schema nun aber
verändert werden würde, sodass zum Beispiel der Aufwachmoment fehle und der Leser
immer noch denke, der Träumer befinde sich in dem Traum, obwohl er bereits aufgewacht sei,
kann dies, laut Verfasser eine, wie eben genannte Irreführung zur Folge haben, die in jedem
Fall spannungssteigernd sei. Eine weitere Konsequenz könne sein, dass der Leser verwirrt
wird18.
Als Nächstes würden Autoren sich den Fakt zu Nutze machen, dass es Träume mit prophet-
ischen Charakter gebe. In der Literatur gebe es den sogenannten „[...] prophetischen
Traum“19, der meistens am Anfangs eines Werkes stehe. In diesem Traum erfahren die Leser
Andeu-tungen über den Ausgang oder den Handlungsverlauf des Werkes. Genauso gut könne
dieser Traum eine Ankündigung für ein Geschehen sein, welches sich im Laufe des Werkes
abspiele und somit von großer Wichtigkeit für das gesamte Stück sei20. Die Funktion dieser
Art von Träumen sei es, den Leser auf die Fortsetzung oder das Ende neugierig zu machen

11   Vgl. Eicher 1997, S.15.
12   Vgl. Ebd. S.15.
13   Ebd. S.15.
14   Frenzel 1992, S.804.
15   Daemmrich 1995, S.352f.
16   Vgl. Ebd. S.16.
17   Schönau 1983, S.44f.
18   Vgl. Eicher 1997, S.11.
19   Schönau 1983, S.44f.
20   Vgl. Eicher 1997, S.12.

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und bestimmte, wichtige Stelle hervorzuheben.
Abschließend ist es wichtig zu sagen, dass alle genannten Punkte zur Funktion des Traumes in
der Literatur ein weiteres Kriterium als Grundlage haben müssen. Der Traum, der in der
Literatur dargestellt wird, müsse nachvollziehbar und „authentisch“21 sein, damit die Dar-
stellungsmöglichkeiten des Autors von den Lesern angenommen werden würde. Diese Be-
hauptung leitet zu der nächsten Überschrift über.

4.Das Motiv des Traumes in „Inception“
Im Folgenden werden verschiedene Szenen des Films „Inception“ von Christopher Nolan
daraufhin überprüft, ob sie mit den Aspekten der „Darstellung des Traumes in der Literatur“
übereinstimmen.

4.1 Traumgeschehen
Das Buch „Nur geträumt“ berichtet davon, dass in Träumen die Naturgesetze auf der Erde
keine Rolle spielen würden, und sie somit folglich problemlos verändert werden könnten. Zu
diesem genannten Punkt lassen sich in „Inception“ viele Parallelen finden. Ein Beispiel findet
sich in der Szene, in der Dom Cobb seiner neuen Architektin Ariadne von der Welt des
Traums berichtet, die sie selbst erschaffen soll und später auch erschaffen muss. Der Verstand
könne laut Cobb alles im Traum bewältigen, denn der Mensch befinde sich auf dem Höchst-
punkt seiner Inspiration. Ariadne zeigt sich sehr fasziniert und nimmt die Informationen auf.
Im Folgenden passiert nun das eigentliche Ereignis, denn Cobb erzählt seiner Architektin,
dass sie beide in Wirklichkeit gerade träumen würden. Eine Reaktion erfolgt prompt, denn die
gesamte Häuserzeile und das Restaurant, in dem sich die beiden befinden, fliegen in die Luft
und explodieren, ohne dass Passanten, die sich gerade ebenfalls in dem Viertel befinden,
etwas davon mitbekommen22. In dieser Szene wird somit bestätigt, dass in Träumen die
Natur-gesetze beeinflusst werden können, denn normalerweise ist es nicht möglich, dass eine
Häu-serzeile, wie aus dem Nichts, ohne Fremdeinwirkung, in die Luft gesprengt werden
kann23. Ein weiteres Beispiel findet sich in einer Szene im späteren Verlauf des Films wieder.
Cobb und sein Team führen gerade die „Inception“ durch. Arthur, ein Freund von Cobb,
befindet sich in einem Hochhaus in der zweiten Traumebene und Yusuf, der Chemiker, lenkt

21 Eicher 1997, S.15.
22 Kapitel 03, 00:26.
23 s.Anhang „Explosion“.

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den Transporter in der ersten Ebene24. Als es nun dazu kommt, dass Yusuf das Auto die
Brücke herunterfallen lässt und der Van sich noch in der Luft befindet, wird gleichzeitig
Arthur mit einem Ruck nach vorne geworfen. In dem Hochhaus, in dem er sich in dem
Moment befindet, scheint es keine Anziehungskraft mehr zu geben, denn es ist ihm möglich
durch die einzelnen Flure zu schweben25. Auch hier wird deutlich, dass beispielsweise die
Schwerkraft in Träumen außer Kraft gesetzt werden kann.
Der nächste zu vergleichende Punkt ist, dass logische Zusammenhänge in Träumen keine
Rolle spielen können, wie es in dem vorliegenden Buch erläutert wird.
In einem weiteren Besuch der Traumwelt versucht Arthur Ariadne einige Tricks zum Kon-
struieren der Träume beizubringen. Hierfür erklärt er ihr, dass im Traum die Architektur über-
listet werden könne, um zum Beispiel unlogische Formen anzunehmen. Im gleichen Augen-
blick sieht der Zuschauer, dass die beiden eine Treppe hochsteigen, die nicht wie alle Treppen
auf eine zweite Etage leitet, sondern mehr oder weniger im Kreis führt26. Es handele sich hier
um die sogenannten „Penrose-Stufen“27, also eine surreale Treppe, die in unsere Wirklichkeit,
unter normalen Umständen, nicht existieren kann. Diese Demonstration von Arthur verdeut-
licht die These, dass paradoxe Dinge im Traum auftauchen können.
Eine weitere Übereinstimmung zwischen den Informationen aus dem Buch von Thomas
Eicher und dem Film „Inception“ findet sich in dem Punkt wieder, dass in Träumen Sinnes-
eindrücke wahrgenommen werden können. In einer Szene legt Cobb diesen Punkt mit seinen
eigenen Worten dar. Sie knüpft direkt an die Szene an, in der die Häuserzeile explodiert. Wie
bereits gesagt, sitzen Ariadne und Cobb in dem Traum in einem Restaurant und alles um sie
herum zersplittert und wird zerstört. In dem gleichen Moment wachen beide auf und die junge
Architektin ist sichtlich mitgenommen, denn sie fühlte kurzzeitig stechende Schmerzen bei
dem Kontakt mit den explodierten Gegenständen. Dom Cobb, der erfahrene Traumextractor,
erklärt ihr, dass es nicht immer einfach nur ein Traum sei. Ein Gesicht voller Scherben tue
unglaublich weh im Traum, obwohl es nicht real passiere, sondern lediglich eine Vorstellung
des Schmerzes sei28.
Der letzte Punkt zu dem Aspekt „Traumgeschehen“ findet sich lediglich eingeschränkt in
„Inception“ wieder. Ansätze zu der Beeinflussung der Träume, also der Behauptung, dass es

24   Kapitel 11, 01.39.
25   Kapitel 11, 01:41.
26   Kapitel 04, 00:38.
27   s. Anhang „Penrose Stufen“.
28   Vgl. Kapitel 03, 00:26.

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durch Drogen oder Fieber ermöglicht werden kann, den Traum und somit auch das Traum-
geschehen unwillentlich beeinflussen zu können, finden sich an mehreren Stellen des Films
wieder. Den Grundgedanken hierfür übernimmt Yusuf in dem Film. Yusuf ist Chemiker und er
mischt bestimmte Medikamente und Sedative, um das Träumen zu erleichtern. Aus diesem
Grund wird er von Dom Cobb in das Team aufgenommen. Die Beeinflussung der Träume
erfolgt hier nach dem Muster, dass das Sedativ, welches von Cobb ausgesucht worden ist,
besseres und längeres Träumen ermöglichen soll29. Man kann diese Form der Beeinflussung
mit einer Droge oder einem Schlafmittel vergleichen, wie sie im Buch aufgeführt sind. Einen
weiteren Ansatz zu der Beeinflussung und Stimulierung der Träume liefert das sogenannte
Traumsharing. Dieses Produkt wird in dem Film vorgestellt, als eine Art Maschine in Form
eines Koffers30. Mit bestimmten Kabeln werden die Personen miteinander an die Maschine
gekoppelt und auf Knopfdruck schlafen sie ein und träumen. Funktion dieser Art von Techno-
logie ist es, dass mehrere Personen den gleichen Traum träumen und sie beim Träumen
direkten Einfluss auf die Traumwelt nehmen können31. Bei dieser Methode zu der
Beeinflussung der Träume handelt es sich also um eine freiwillige und nicht wie im Buch
erwähnt, durch Drogen und Hypnosen, unfreiwillige Beeinflussung der Träume. Klar ist aber
auch, dass das Traumsharing in unserer heutigen Gesellschaft nicht existiert und so lediglich
einen fiktiven Charakter besitzt.

4.2 Funktion von Träumen in der Literatur und im Film
Laut dem Buch „Nur geträumt“ verschafft der Traum eine Vielzahl von Darstellungsmög-
lichkeiten für den Autor beziehungsweise für den Regisseur.
Die erste der Möglichkeiten sei es Gefühle, innere Konflikte und unausgesprochene Erfah-
rungen des Träumers in Träumen darzulegen, sodass der Zuschauer beispielsweise ein bes-
seres Verständnis für Handlungsmotivationen der Hauptpersonen bekomme. In „Inception“
wird diese Möglichkeit eindeutig ausgeführt. Am Anfang, wie auch im Verlauf des gesamten
Filmes taucht immer wieder eine Frau in den dargestellten Träumen auf. Der Zuschauer
versteht vorerst nicht, wer diese Frau ist und warum sie dem Team um Cobb immer wieder
Schwierigkeiten bereitet. Gleich in einer der ersten Szenen sabotiert sie zum Beispiel den

29 Kapitel 05, 00:39.
30 s. Anhang „Traumsharing“.
31 Kapitel 03, 00.:28.

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Versuch einer Extraction32, indem sie das Team verrät. Da Cobb sie jedoch zu kennen scheint,
wird dem Zuschauer bewusst, dass es eine bestimmte Beziehung zwischen den beiden geben
muss. Diese Beziehung wird erst im späteren Verlauf des Filmes erklärt. Ariadne betritt in
einer Szene die Traumwelt von Cobb, während er gerade schläft33. Sie befindet sich in einer
Art Haus mit verschiedenen Etagen. Auf jeder Etage laufen Erinnerungen von Cobb ab,
sodass hier der Zuschauer schon erste Einblicke in sein Inneres bekommt. Sehr auffällig ist,
dass auf jeder Etage auch die eben erwähnte Frau zu sehen ist, die bereits im Verlauf des
gesamten Films aufgetaucht ist.
Ariadne erfährt später, dass es sich um Cobbs verstorbene Frau, Mal, handelt, die sich bei
dem Versuch einer Inception das Leben genommen hat34. Cobb kann nur beim Träumen mit
ihr zusammen sein und dies ist der Grund, warum sie immer auftaucht. Eine weitere
Erinnerung, die Ariadne in Cobbs Traum mitbekommt ist die, in der er das letzte Mal seine
Kinder sieht, da er das Land verlassen muss. Diese Szene ermöglicht es dem Zuschauer sich
besser mit der Hauptperson zu identifizieren, denn es wird verstanden, warum Cobb die
ganzen Gefahren auf sich nimmt. Er möchte mit aller Kraft seine Kinder wiedersehen35.
Funktion des Traumes ist hier also, genau wie im Buch erwähnt, das Innere der Hauptperson
darzulegen, aber auch Mitgefühl und Verständnis, seitens der Zuschauer, für seine
Handlungsmotivationen zu schaffen.
Der nächste wichtige Punkt ist die Behauptung, dass es Träume mit prophetischem Charakter
gebe. Ferner gibt es, laut Schönau, den sogenannten „prophetischen Traum“, der meist zu
Beginn eines Werkes stehe und viele Funktionen besitze. Beim Schauen des Films
„Inception“ wird genau diese Art von Traum dargestellt, jedoch ist es unmöglich die gegebene
Szene ohne Vorwissen über den Film zu verstehen. Es handelt sich um die allererste Szene.
Cobb wacht an einem Strand auf und mehrere Soldaten bringen ihn in einen Raum. Dort
begutachtet ein älterer Herr Cobbs Gegenstände, bis er den Kreisel von ihm erblickt, den
Cobb dazu ver-wendet, um festzustellen, ob er sich im Traum oder in der Realität befindet. In
einem Gespräch erfährt der Zuschauer, dass der ältere Herr bereits auf Cobb gewartet habe.
Diesen Zusammenhang kann man, wie eben bereits gesagt ohne den Film komplett gesehen
zu haben, nicht verstehen. Mit gegebenen Wissen aber wird es ermöglicht, die Szene zu

32   Kapitel 01, 00:08.
33   Kapitel 06, 00:53.
34   Kapitel 08, 01:15.
35   Kapitel 06, 00:55.

                                              10
reflektieren und es wird deutlich, dass der komplette Film als Rückblende erzählt wird. Der
Film geht so aus, dass Seito sich im Traum für das gesamte Team opfert und so in den
Limbus, eine leere Traumebene, gelangt. Cobb wiederum verspricht, Seito zu suchen und ihn
mit nach Hause zu bringen. Er scheint erfolgreich gewesen zu sein, denn der Zuschauer
erfährt, dass Cobb aus dem Traum erwacht.
Nun lässt sich auch der Anfang des Films verstehen, denn bei dem älteren Mann handelt es
sich um Seito und es wird genau jener Rettungsversuch von Cobb dargestellt, Seito aus dem
Limbus zu befreien. Möglicherweise hat Nolan hiermit beabsichtigt, den Zuschauer in der
Ahnungslosigkeit beziehungsweise im Nichtwissen zu halten, um eine Art Verwirrspiel mit
ihm zu treiben.
Damit lässt sich bereits zur nächsten Funktion des Traums überleiten, die im vorliegenden
Buch dargestellt wird. Durch Sprünge oder Brüche in der Handlung werde das klar definierte
Schema des Traumerlebnisses, also Einschlafmoment-Traum und Aufwachmoment, unter-
brochen, indem bestimmte Momente weggelassen werden würden. Dies habe eine Irreführung
bei den Zuschauern zur Folge. Vergleicht man diesen Aspekt mit „Inception“ fällt auf, dass
der eben angesprochene Punkt von enormer Wichtigkeit für den Film ist. Eine Beispielszene
findet man am Anfang des Filmes. Die Szene setzt in einem Raum mit einem großen Tisch
ein. Cobb und Arthur stellen Seito, ihrem späteren Auftragsgeber, das Prinzip der Extraction
vor36. Nach dem Gespräch sieht der Zuschauer einen Ausschnitt aus einem anderen Raum im
Ausland, in der die beiden Protagonisten schlafen. Beim Schauen dieser Szene wird den
Zuschauern also klar, dass Arthur, Cobb und Seito während ihres Gespräches in Wirklichkeit
träumen37. Folge dieses Ausschnittes ist, dass der Leser glaubt die Irreführung verstanden zu
haben. Dies ist jedoch nicht der Fall, denn im weiteren Verlauf des Filmes wird klar, dass
Arthur, Cobb und Seito in dem Raum im Ausland immer noch träumen und sich in Wirklich-
keit in einem Zugabteil befinden38. Es handelt sich um einen Trick von Cobb, einen Traum in
einem anderen Traum stattfinden zu lassen, um einem Opfer, in diesem Fall Seito, bestimmte
Informationen zu entlocken. Dieser Trick hat also nicht nur Seito in die Irre geführt, sondern
auch die gesamten Zuschauer.
Wichtig ist anzumerken, dass diese Szene wirklich nur eine Beispielszene ist, denn innerhalb
des gesamten Filmes findet diese Art von Irreführung immer wieder statt und der Zuschauer

36 Kapitel 01, 00:03.
37 Kapitel 01, 00:05.
38 Kapitel 02, 00:12.

                                              11
fällt auch immer wieder darauf rein. Dies liegt daran, dass jegliche Einschlafmomente durch
Sprünge umgangen werden und die Erfindung der verschiedenen Traumebenen das Verstehen
des Systems schon fast unmöglich machen.
Die Schlüsselszene, in der dem Zuschauer bewusst wird, dass er endgültig nicht mehr sicher
sein kann, ob Cobb sich in der Wirklichkeit oder im Traum befindet, ist die letzte Szene. Dom
Cobb dreht seinen Kreisel und der Zuschauer weiß, wenn er fällt, befindet Cobb sich in der
Realität und wenn er nicht fällt, träumt er noch. Diese Erkenntnis bleibt dem Zuschauer
jedoch verwehrt, denn der Abspann setzt ein.

5. Fazit
Nach meinen Untersuchungen komme ich schließlich zu der Beantwortung der Frage: Ist die
Darstellung von Träumen in Christopher Nolans Film realistisch und vorstellbar?
Meine Nachforschungen zu der Frage haben ergeben, dass die Darstellung der Träume in
„Inception“ durchaus realistisch ist. So stellte sich in dem Vergleich mit der Literatur heraus,
dass Christopher Nolan die meisten Darstellungsweisen über Träume eingehalten hat. Wie
bereits erwähnt können in Träumen beispielsweise reale Sinneseindrücke wahrgenommen
oder die einfachsten Naturgesetze vernachlässigt werden. Diese angesprochene Authentizität
der Träume bewirkt, dass der Zuschauer beim Schauen des Filmes immer wieder Aspekte
über Träume wiederfindet, die er bereits aus eigenen Erfahrungen kennt. Dies macht meiner
Meinung nach das Thema des Films besonders interessant und in gewisser Weise faszinierend.
Ferner findet sich der Aspekt in „Inception“ wieder, dass Träume auch die intensive
Identifikation mit den Hauptpersonen in „Inception“ begünstigen. Der Zuschauer lernt durch
die dargestellten Träume das Innere der handelnden Personen besser kennen. Dies erzeugt
eine Art emotionale Bindung zwischen den Zuschauern und den Hauptpersonen und führt
dazu, dass der Zuschauer mit der Handlung mitfiebert und stärker in der Welt von „Inception“
gefangen ist.
Anzumerken bleibt jedoch, dass der Film „Inception“, genauso wie die meisten Filme, nicht
ohne eigene Inspirationen, seitens des Regisseurs realisiert werden konnten. Elemente des
Films, wie zum Beispiel das sogenannte „Traumsharing“ sind frei erfunden.

Meines Erachtens jedoch machen aber auch diese genannten Punkte allein den Film noch
nicht zu einem Meisterwerk. Erst in Verbindung mit der im folgenden genannten Technik von

                                               12
Christopher Nolan wird der Film zu einem künstlerischen Geniestreich.
Christopher Nolan treibt während des gesamtem Films eine Art Verwirrspiel mit dem
Zuschauer. Es beginnt damit, dass der Zuschauer den Film nicht versteht und endet damit,
dass er sich absolut nicht mehr sicher sein kann, ob sich die Hauptpersonen in der Realität
oder im Traum befinden. Zwischendurch wird er immer wieder, durch das Weglassen von
wichtigen Szenen, in die Irre geführt.
So wird der Film zu einem Auf und Ab von Gefühlen, was einerseits durch die Identifikation
mit den Hauptpersonen bedingt ist. Zudem muss der Zuschauer durch die immer
wiederkehrenden Momente, in denen er denkt, er habe den Film verstanden und doch wieder
Rückschläge einstecken muss, feststellen, dass „Inception“ ihn in die Irre geleitet hat.
Ich kann abschließend sagen, dass sich auch nach meinen Untersuchungen eine Faszination
bei mir eingestellt hat, die selten ein Film hervorrufen konnte.

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6. Literaturverzeichnis

Grundlage:
Nolan, Christopher: Inception. 2010.

Sekundärliteratur:
Daemmrich, Horst S. und Ingrid: Themen und Motive der Literatur. Tübingen: 1995.

Eicher, Thomas u.a.: Nur geträumt. Traumtexte der deutschsprachigen Literatur seit der
Aufklärung. Dortmund: Projektverlag, 1997.

Frenzel, Elisabeth: Weissagung, Vision, vorausdeutender Traum. Motive der Weltliteratur.
Stuttgart: 1992.

Schönau, Walter: Erdichtete Träume. Zu ihrer Produktion, Interpretation und Rezeption.
Literaturpsychologische Studien und Analysen. Amsterdam: 1983.

Internetquellen:
www.wikipedia.org (14.03.2012). Inception.
http://de.wikipedia.org/wiki/Inception

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7. Anhang

Screenshots:
„Explosion“:

„Penrose Stufen“:

(aus Film: Inception)

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„Traumsharing“:

(aus Film: Inception)

Informationen über „Inception“:
- Veröffentlichung: Sommer 2010
- Drehbuch/Regie: Christopher Nolan
- Produktion: Emma Thomas, Christopher Nolan (Warner Bros.)
- Filmmusik: Hans Zimer
- Besondere Auszeichnungen:
         Oscar 2011
         → Beste Kamera
         → Bester Ton
         → Bester Tonschnitt
         → Beste visuelle Effekte
         → Nominierungen für: Bester Film, Bestes Orginaldrehbuch, Beste Filmmusik,
             Bestes Szenenbild

         Deutsche Film- und Medienbewertung
         → „Prädikat besonders wertvoll“

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Erklärung:
Ich versichere hiermit, dass ich diese Arbeit selbstständig angefertigt und keine anderen als
die von mir angegebenen Quellen und Hilfsmittel verwendet habe. Die den benutzten Werken
wörtlich oder inhaltlich entstammenden Stellen sind als solche gekennzeichnet.

Hiltrup, 17.03.2012, Unterschrift:__________________________

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