DAS RAUMSCHIFF DER BRÜDER WAGNER - asset bauen wohnen gmbh
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16. Jahrgang – Sonderheft der edition:schwaben 2021 – Euro 10,00 Das besondere Magazin für die erfolgreichen Seiten einer Region architektur:schwaben 2021 DAS RAUMSCHIFF DER BRÜDER WAGNER Die neue Kreativwerkstatt von „Wagner Living“ und „Topstar“ hat das Zeug zur Architektur-Ikone
edition:schwaben | Altersgerechtes Wohnen Bernhard Jakob: „Wir müssen dem Thema ´Altersgerechtes Wohnen´ mehr Aufmerksamkeit schenken!“ Seite 74
Bernhard Jakob, der geschäftsführende Gesellschafter des Augsburger Wohnungsbauunternehmens as- set bauen wohnen gmbh, hat die Entwicklung seiner Branche in den vergangenen Jahren stets mit wachem Auge und kritischem Blick begleitet. Eine seiner Schlussfolgerungen lässt aufhorchen: Der private und der öffentliche Sektor der Wohnungswirtschaft - so Jakob - hätten dem Thema „Wohnen im Alter“ in der Vergangenheit zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Der neuen Generation der Alten, der Generation 65+, müsse künftig mehr Aufmerksamkeit als bisher geschenkt werden, was ihre Wünsche und die Qualität, die Lage und den Komfort ihrer Wohnungen betrifft. Die Lösungen, die seine Branche für die stän- dig größer werdende, durchaus kaufkräftige D Antennen ausfahren, um die Bedürfnisse dieser Menschen zu erkennen und hinterher auch zu- bei Bedarf mit Offerten für ein reichhaltiges Freizeit- und Kulturprogramm sowie Hilfsan- Zielgruppe bieten müsse, bedürfen jetzt einer friedenzustellen.“ Das sei ein Muss, wenn man geboten mit Pflege*. sehr intensiven Auseinandersetzung mit den sich wirtschaftlich auf diesem sehr speziellen Erfordernissen und Ansprüchen der älteren Sektor des Wohnungsbau bewähren wolle. Die Deutschen scheinen sich bisher nur Menschen, ist Bernhard Jakob überzeugt. Seine halbherzig mit diesem sensiblen, aber gesell- asset kommt demnächst gleich mit vier unter- Jakob scheint ein ausgeprägtes Sensorium für schaftspolitisch wichtigen Thema auseinan- schiedlichen Projekten „Zeitgemäßes Wohnen die ältere Klientel zu haben. Mehrfach kommt derzusetzen. Die Politik sendet gar keine rich- im Alter“ auf den Markt. Die Vorhaben werden er bei seinen rhetorischen Ausflügen auf den tungsweisenden Signale aus, und die deutsche sich nicht nur durch ihre Standorte, ihre Grö- Begriff „Respekt vor der Lebensleistung“ zu- Wohnungswirtschaft hält sich noch vornehm ße und ihre Ausstattung, sondern auch durch rück, der einer Generation zu zollen sei, die zurück, welchen Angeboten sie künftig in der ihre Architektursprache unterscheiden. Die reichlich für allgemeinen Wohlstand und ein Breite den Vorzug einräumen soll: etwa ver- bekannten Augsburger Architekten Titus Bern- gesellschaftliches Miteinander gearbeitet habe. stärkt Mehrgenerationen-Projekte auflegen hard und Christian Moosbichler sollen mit Diese Wertschätzung müsse in der Wohnungs- oder den Bau von Wohngemeinschaften für ihren Senioren-Wohnraum-Konzepten für die wirtschaft und in der Architektur für die Alten die Generation 65+ forcieren. Das übliche asset die gestalterischen Akzente setzen. Die in der Gesellschaft wiederzufinden sein. architektonische Standardprogramm für Zwei- Qualität der Architektur – so Jakob – müsse oder Dreizimmerwohnungen abzuspulen, sich in der Wohn- und Aufenthaltsqualität wi- Aber noch scheint die Wohnungswirtschaft reicht jedenfalls bei weitem nicht aus, wenn der derspiegeln: „Sie muss für die Menschen, die nicht zu wissen, wie sie mit einer stetig Wohnbau den zeitgemäßen Vorstellungen und uns vertrauen, erleb- und spürbar sein“. wachsenden Zielgruppe umgehen soll, die durchaus gestiegenen Ansprüchen der Senioren möglichst lange in den eigenen vier Wänden gerecht werden will. Thematisch gibt der Unternehmer für seine In- bleiben will und die Frage nach alternativen, al- itiative „Seniorenwohnen“ ohnehin leise, aber terskonformen Wohnformaten eher verdrängt. Das für die Wohnungswirtschaft so vielschich- bestimmt die Richtung vor: Vor allem Freude „Die Bandbreite der Angebote ist eigentlich tige Thema treibt Bernhard Jakob, seit mehr am Leben sollen seine Wohnungen und das un- groß“, gibt Jakob zu bedenken. Sie reiche vom als drei Jahrzehnten im Baugeschäft, schon mittelbare Umfeld seiner älteren Klientel ver- Mehrgenerationenhaus mit Alten-WG und seit längerem um: „Unsere Gesellschaft wird mitteln. Jakob scheint kompromisslos zu sein, Familien-Maisonetten über genossenschaftlich immer älter. Im Alter ändern sich zwangsläufig wenn es um die Aufenthalts- und Lebensquali- organisierte Hausgemeinschaften sowie Wohn- unsere Bedürfnisse. Wir müssen bereits heute tät seiner Kundschaft geht: „Wir müssen unsere anlagen für ein selbstbestimmtes Wohnen – und nicht erst, wenn es wirtschaftlich oder *) Auf Pflegeheime und Einrichtungen für Demenzpatienten wird in diesem Bericht nicht eingegangen. Seite 75
edition:schwaben | Altersgerechtes Wohnen 26,0% 26,3% 27,4% 22,8% 19,0% 19,1% 19,5% 18,7% 14,3% 13,0% 12,6% 11,1% 1970 1980 1990 2000 2010 2017 2018 2020 2030 2040 2050 2060 Laut Statistischem Bundesamt ist die demografische Alterung in Deutschland längst kein Zukunftsthema mehr, sondern bereits weit vorangeschritten. Der Anteil der Altersgruppe, 67 Jahre und älter, nimmt seit 1970 ständig zu. In knapp 40 Jahren wird – so die Prognosen der Statistiker - mehr als ein Viertel aller Menschen (27,4 Prozent) in Deutschland älter als 66 Jahre sein. Quelle/Copyright: Bundeszentrale für politische Bildung, asset, Eckhart Matthäus spekulativ interessant wird, im Wohnungsbau ist. Wer nämlich in den „Gated Communities“ Die Spanne bis zum Ableben ist damit in etwa altersgerechte und architektonisch überzeu- ein Haus kaufen will, muss meist älter als 55 so lang wie jene von Mittvierzigern bis zum gende Lösungen anbieten“. Jahre sein. Kinder sind auf dem Gelände in der Austritt aus dem Berufsleben und dem Beginn Regel unerwünscht, ja verboten. Sie dürfen nur des vermeintlichen Ruhestands. Wer heute in Das Durchschnittsalter in den westlichen Ge- nach Voranmeldung höchstens für vier Wochen Rente geht, hat bedeutend mehr Lebenszeit sellschaften steigt stetig, bisweilen schneller als im Jahr zu Besuch kommen. Jeder, der in diese vor sich, als sich unsere Großeltern ausmalen das gefühlte Alter des Einzelnen. Die vielfäl- Sonderzonen für Senioren einfahren will, wird konnten. tigen Lebensentwürfe – vor allem der vitalen registriert. Wer übernachten will, braucht so- Senioren - verlangen nach einem immer dif- gar einen Gästepass. Für Bernhard Jakob wäre Die meisten Senioren führen ein aktives Leben: ferenzierteren Angebot altersgerechter Woh- in Deutschland eine solche Entwicklung ein Sie verbringen zum Beispiel viel Zeit mit ihren nungen und damit einhergehend nach einem Unding, weil es ein erschreckendes Zeugnis Hobbys sowie mit ihren Kindern und Enkeln. Umfeld, das die Wünsche von jungen und alten dafür wäre, dass eine ganze Gesellschaft auf die Im Durchschnitt sind sie an fünf Tagen der Menschen harmonisiert. Jakob sieht an diesem Lebenserfahrung von älteren Menschen ver- Woche unterwegs. Außerdem sind rund 45 Pro- Punkt die Politik in der Pflicht: „Wichtig ist, zichtet, wenn man sie ins Abseits schiebt. Öko- zent der Befragten für vier bis fünf Stunden pro dass im Alter Freude und Spaß nicht zu kurz nomen haben im Übrigen in der Vergangenheit Woche ehrenamtlich tätig. Viele betrachten das kommen, sich keine Langeweile breit macht.“ schon mehrfach darauf hingewiesen, dass es Alter als einen Lebensabschnitt, in dem man Es wäre deshalb schon hilfreich, wenn künftig unabhängig von der gesellschaftlichen Herab- sich selbst verwirklichen kann. Man ist ausge- bei der Ausweisung von neuen Baugebieten würdigung eine Vergeudung von Ressourcen glichener. Gesundheitliche Probleme mögen gezielt Seniorenwohnanlagen oder andere Ein- ist, wenn man die Alten isoliert. auftreten, aber trotzdem ist es vielen möglich, richtungen für betreutes Wohnen vorgesehen aktiv zu sein. Die Mehrheit der Senioren ist würden und dadurch in den Wohnquartieren Aufgrund der hohen Lebenserwartung und des überzeugt, man könne bis ins hohe Alter Neues eine bunte, soziale Vielfalt entstehe, argumen- guten Gesundheitszustandes vieler Senioren lernen. Viele machen im Ruhestand die Erfah- tiert der asset-Geschäftsführer. fühlen sich 67 Prozent der 65- bis 74-Jährigen rung, dass es die lebendigen, sozialen Kontakte laut einer Altersstudie der Generali-Versi- im Familien- oder Freundeskreis sind, die das Die Alten in abgeschottete Komfortzonen cherung nicht als „alte Menschen“. Wer 65 Leben bereichern. Bei den meisten Senioren abzuschieben, wie es in den „Gated Commu- Jahre alt wird, hat statistisch gesehen noch eine sorgt die Freiheit des Alters für Wohlbefinden nities“ in den USA der Fall ist, ist für Deutsch- beachtliche Lebensstrecke vor sich: Nach der und Zufriedenheit. Insbesondere dann, wenn land keine Lösung, weil es hierzulande nicht letztgültigen Sterbetafel kann ein 65-jähriger man ihnen attraktive, kulturelle, ihrem Alter den gesellschaftlichen Werten und Verhaltens- Mann damit rechnen, noch 17,5 Jahre zu leben, angemessene sportliche Angebote in unmittel- mustern entspricht und die Kluft zwischen den also gut 82 Jahre alt zu werden. Bei den Frauen barer Wohnungsnähe bietet. sozialen Schichten, aber auch zwischen der ist die Lebenserwartung im Alter noch höher. jüngeren und älteren Generation noch weiter Heute 65-Jährige werden nach den statisti- Die eigene Wohnung ist und bleibt für ältere vertiefen würde, als es ohnehin bereits der Fall schen Werten im Durchschnitt fast 86 Jahre alt. Menschen also der Lebensmittelpunkt. Des- Seite 76
edition:schwaben | Altersgerechtes Wohnen Visualisierung der Seniorenwohnanlage REESE27 in Augsburg, Entwurf und Planung von Titus Bernhard Architekten. Die 2- und 3-Zimmerwohnungen, 64 bis 99 Quadratmeter groß, verfügen alle über eine Terrasse. Grafik: www.designstudio-reiter.de halb ist die Qualität und der Zuschnitt von problemlos in den Griff zu bekommen sind: Jakob kann sich durchaus vorstellen, dass sich Seniorenwohnungen ein wesentliches Kriteri- „Wir müssen Wohnungen nur so bauen, dass für diese Aufgaben in naher Zukunft ein neues um für ihr gesundheitliches und emotionales sie nicht überhitzen, weil die ältere Generation Berufsbild ergibt. Ob ein privates Wohnbau- Befinden, auch wenn sich mit zunehmendem mit hohen Temperaturen nicht klarkommt.“ unternehmen, das sich auf dem Geschäftsfeld Alter der Platzbedarf meist verringert. Dafür Seniorenwohnanlagen brauchen zudem eine „Seniorenwohnen“ stärker engagiert, dieses spielen Bequemlichkeit und Barrierefreiheit Mindestanzahl von Gemeinschaftsräumen. Wer personalintensive Dienstleistungsangebot mit eine wichtigere Rolle. Im Laufe des Lebens Gymnastik machen will, sollte einen kleinen im Portefeuille hat oder Fremdfirmen die Auf- verändern sich daher die Anforderungen an Turnsaal vorfinden. Eine Bibliothek, ein Emp- gabe übernehmen, wird nicht entscheidend die Wohnung und ihr Ambiente. Das müssen fangsraum oder ein multifunktionaler Saal für sein. Entscheidend ist jedoch, dass die Struk- die Architektur und der Wohnungsbau stärker Veranstaltungen sind wichtige Einrichtungen, turen dafür bereits bei Konzeption und beim als in der Vergangenheit berücksichtigen. Die um das gesellschaftliche Zusammenleben zu Bau von altersgerechtem Wohnraum geschaffen Generation 65+ hat zudem öfter als die Jungen bereichern. Auch eine Gästewohnung macht werden. Es wird – dafür wird der Markt schon das Bedürfnis, sich jederzeit in den eigenen Sinn, damit Freunde oder Familienangehö- sorgen – künftig eine Vielzahl von Formaten vier Wänden zurückziehen und vor allem dort rige auf Besuch nicht für ein, zwei Tage eine geben, um jeder Seniorenklasse einen ihren sicher fühlen zu können. Trotzdem muss ihre Unterkunft in einem Hotel finden müssen. persönlichen Bedürfnissen entsprechenden Wohnung weiterhin ein einladender Ort der Die Infrastruktur einer Anlage – sei es für Wohnraum anbieten zu können. Was die Qua- Begegnung bleiben, um Kinder, Freunde und betreutes Wohnen oder eine Alten-WG – mag lität der Angebote betrifft, dürften die Abwei- Bekannte empfangen zu können. hilfreich für das Zusammenleben sein, doch chungen von der Norm allerdings viel stärker viel entscheidender ist, wer für die Kommuni- ausfallen als im klassischen Wohnungsmarkt. Auf alle diese Gegebenheiten und Notwendig- kation und das gesellschaftliche Miteinander Altersgerechtes Wohnen verkaufen zu wollen, keiten muss der Wohnbau eine überzeugende verantwortlich ist. Jakob: „Wir werden wohl als ist kein schnelles Geschäft. Es braucht ein Antwort finden. Bernhard Jakob will die Anbieter von altersgerechtem Wohnen künftig hohes Maß an Sachkenntnis, Verantwortungs- Zuständigkeit und die Verantwortung dafür noch einen Schritt weitergehen müssen. Es gefühl, Problembewusstsein und Erfahrung. nicht abschieben: „Es liegt an uns, Konzepte wird einen sogenannten Kümmerer brauchen, Bernhard Jakob ist sich seiner Sache sicher, zu entwickeln und die Rahmenbedingungen der sich der Anliegen einzelner oder meh- dass allein diese vier Kriterien der Schlüssel zu schaffen, dass ältere Menschen weiterhin rerer Bewohner annimmt, das Leben in der zum Erfolg sind. Freude und Lust am Leben haben.“ Es können Gemeinschaft bei Bedarf organisiert, wenn es auch Banalitäten sein, die Älteren zu schaffen gewünscht wird.“ machen, aber durch eine richtige Haustechnik Seite 78
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