DAS SÜNDENREGISTER VON SPÖ UND ÖVP

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DAS SÜNDENREGISTER VON SPÖ UND ÖVP
JUNGE GRÜNE
                                                                               Rooseveltplatz 4–5/Top 5
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DAS SÜNDENREGISTER VON
SPÖ UND ÖVP

Politik gegen Schwächere, Rassismus, Kürzungen bei den Armen, mehr Geld für die eigenen
Taschen, hunderte Millionen für einen Luxus-Schi-Zirkus - das ist Politik von SPÖ und ÖVP.
Würdelose Politik gegen junge Leute, Menschen mit Behinderung und massive Angriffe auf die
solidarische Gesundheitsversorgung sind nur ein Teil der Bilanz der letzte Jahre. Die
sogenannten Reformpartner ähneln auf vielen Ebenen eher zwei Halbstarken, die sich gut
vorkommen, wenn sie Schwächere in den Schwitzkasten nehmen. Die Politik von SPÖ und ÖVP
ist nicht nur aus einer sozialen, bildungspolitischen Perspektive ein totales Fiasko, sondern
auch das Gegenteil von dem, wie wir uns eine soziale und liberale Politik vorstellen, die
Menschen im Mittelpunkt ihres Handelns sieht.

Es ist tatsächlich eine „eindrucksvolle Bilanz“1, die SPÖ und ÖVP vorlegen. Ihr Sparwahn hat sich
in jenen Bereichen entladen, die unter das von der Regierung so vielbemühte Label der

1
    http://www.stvp.at/4225-steirische-reformpartner-ziehen-positive-bilanz/
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„Zukunftsinvestition“2 fallen – Gesundheit, Soziales, Bildung, Kinder. Ein Widerspruch? Nicht für
selbsternannte „Reformpartner“. Bereits im Regierungsabkommen wird diesen Sektoren
bestenfalls eine Statistenrolle zuerkannt („Neben der sozialen Absicherung und einer qualitativ
hochwertigen Gesundheitsversorgung...“), während einem diffusen „Sicherheitsbedürfnis“ als
eines der Hauptaugenmerke große Aufmerksamkeit gezollt wird. Wasser auf die Mühlen der FPÖ,
vor allem, da man durch die getätigten Sparmaßnahmen tatsächlich massive Verunsicherung
produziert und damit erfolgreich den Boden für rechte Hetze bereitet. Doch dazu trägt man lieber
gleich selbst bei, etwa wenn Voves wiederholt von „Parallelgesellschaften“ redet, strafrechtliche
„Sanktionen“ für „Integrationsunwilligkeit“ fordert und damit versucht, die FPÖ rechts zu
überholen, jedoch die gegenteilige Wirkung erzielt.

Aber alles der Reihe nach. Eruieren wir doch einmal, welche konkreten Folgen diese Vielzahl
sogenannter Reformen im Laufe des Lebens so haben und beginnen doch gleich am Anfang.

Arme Kinder!

Die Auswirkungen beginnen schon in jüngsten Jahren. In der Steiermark leben über 40.000
Kinder an oder unter der Armutsgrenze. Doch gerade sie zählen zu den größten VerliererInnen der
Rot-Schwarzen „Reformen“. Die Mindestsicherung für Kinder ist geringer als in anderen
Bundesländern, mit ihrer Einführung gingen massive Leistungskürzungen für sozial schwache
Familien einher. So wurde der Kinderzuschuss über 145,35 Euro, ausbezahlt ein Jahr lang nach
der Geburt, wenn das Einkommen unter 793,40 Euro lag, abgeschafft. Damit trifft man die
Ärmsten der Armen. Weiters ist der Rechtsanspruch auf Beihilfe zu Kindererholungsaktionen
gefallen. In Anbetracht der Tatsache, dass Kinder aus armen Familien unter vielfachen physischen
und psychischen Belastungen zu leiden haben und ein Viertel aus Geldmangel nie (!) auf Urlaub
fährt, obwohl gerade sie Erholung am dringendsten nötig hätten, erscheinen solche
Einsparungen durch eine Koalition unter federführender Beteiligung einer sozialdemokratischen
Partei besonders zynisch.
Dem entspricht auch das neue Kinder- und Jugendhilfegesetz. 1500 Kinder verloren durch die
Streichung der Sozial- und Lernbetreuung dringend benötigte Unterstützung und mit ihnen 500
Beschäftigte ihren Arbeitsplatz. Angesichts der Rekordarbeitslosigkeit in der Steiermark ist das
gleich mehrfach ein Schlag gegen die Bevölkerung. Drastisch gekürzt wurde bei der
Frühförderung von Kindern, obwohl sich der diesbezügliche Bedarf seit den 1990er Jahren
kontinuierlich erweitert hat. Waren es damals in erster Linie Kinder mit Behinderung, die
entsprechende Förderung benötigten, sind es mittlerweile immer mehr Familien, die, betroffen
von     Armut,     Gewalt,     Arbeitslosigkeit  oder    Migration,    Hilfe    benötigen,   um
Entwicklungsverzögerungen von Kindern rechtzeitig zu erkennen und diesen entgegen zu wirken.
Doch statt sich dieser Entwicklung bewusst zu machen und ihren Ursachen entgegenzuwirken,
wird mit Sparmaßnahmen reagiert und Betreuungszeiten um die Hälfte gekürzt. Die individuellen
und gesellschaftlichen Auswirkungen werden sich in den kommenden Jahren bemerkbar
machen.

2
    http://steiermark.spoe.at/service/standpunkte/reformpartnerschaft

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Recht auf Kritik?

Für die Infragestellung der eigenen Beschlüsse hat man hingegen wenig übrig. So wurde ohne
viel Federlesens die Kinder- und Jugendanwältin Brigitte Pörsch, die immer wieder Kritik, vor allem
an der Sozialpolitik der Landesregierung, geäußert hatte, ausgetauscht statt ihren Vertrag zu
verlängern. An ihre Stelle tritt nun Denise Schiffrer-Barac aus den Reihen der, welche
Überraschung, Wirtschaftsförderung Steiermark. Doch auch die Kompetenzen der Kinder- und
Jugendanwaltschaft wurden beschnitten.3 So darf diese seit Jahresbeginn 2014 nur mehr bei
hoheitsrechtlichen Verfahren Akteneinsicht nehmen. Die Gesetzesänderung bedeutet eine
massive Einschränkung zulasten jener, die sich hilfesuchend an die Institution wenden, die sich
wiederum vornehmlich in Behördenverfahren für sie einsetzt. Deren Allmacht wird somit weiter
gestärkt.
Mit permanenten Attacken von VP-Wirtschaftslandesrat Buchmann ist auch die weisungsfreie
Umweltanwältin Ute Pöllinger permanent konfrontiert.

Bildung? Geklaut!

Wieder eingeführt wurde hingegen die Kindergartengebühr. Ein Rückschritt für die Kinder, aber
auch ein frauenpolitischer Backlash. Denn nach wie vor sind es in erster Linie Frauen, die den
Großteil der unbezahlten häuslichen Betreuungsarbeit leisten und durch Entscheidungen wie
diese noch massiver eben dorthin gedrängt werden.

Aber da es den „Reformern“ doch so sehr um die Zukunft geht: Der Fakt, dass Armut und Bildung
gleichermaßen vererbt werden, ist mittlerweile hinlänglich bekannt. Kinder aus armen oder
armutsgefährdeten Familien bleibt ein höherer Schulabschluss allzu oft verwehrt, ohne dass
dieser Bildungsklau öffentlich groß thematisiert würde. Die neueste Studie der Volkshilfe belegt,
dass 71% der Kinder aus armutsgefährdeten Haushalten in die Hauptschule gehen, nur 29%
hingegen aufs Gymnasium.4 Einen Hochschulabschluss machen gar nur 6,6% von Kindern aus
„bildungsfernen Schichten“, d.h. wenn der höchste Bildungsabschluss der Eltern die Pflichtschule
ist. Wo also die „Zukunftsinvestitionen, insbesondere im Bereich von Bildung“ liegen, wenn
gerade hier bei der Unterstützung (s.o.) eingespart wird, ist wohl mehr als fraglich.5
Getroffen hat es auch die Musikschulen. Deren Budgets wurden von 40 auf 34 Millionen Euro
gekürzt. Musikunterricht muss man sich künftig also auch vermehrt privat leisten können.

Bekannt ist weiters das Bildungsgefälle zwischen Stadt und Land. Die von Abwanderung und
kaum noch vorhandener Infrastruktur ohnehin gebeutelten Regionen leiden nun besonders unter
dem bildungspolitischen Kahlschlag. Seit 2012 sind in der Steiermark 34 Klein- und

3
  http://www.kommunikation.steiermark.at/cms/beitrag/11886555/29771102
4
  https://www.volkshilfe.at/images/content/files/kinderarmut/Pressemappe-
    Kampagnenpr%C3%A4sentation_Faktensammlung.pdf
5
  http://steiermark.spoe.at/service/standpunkte/reformpartnerschaft

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Kleinstschulen geschlossen worden, seit 2008 gibt es 61 Pflichtschulstandorte weniger. Harte
Verluste für die betroffenen Gemeinden und ihre BewohnerInnen. Die Folgen sind weite
Schulwege für die Kinder und zusätzlicher Autoverkehr, denn das Netz öffentlicher Verkehrsmittel
wird ja auch nicht verdichtet, im Gegenteil. Darüber hinaus werden die betreffenden Orte als
Lebensmittelpunkt noch weniger attraktiv. Das scheint jedoch den schwarzen LH-Stv. Hermann
Schützenhöfer, der permanent betont, „die Regionen stärken“ zu müssen, kaum zu stören.

Wie man einen Ort zu Tode reformiert

Eine 180-Grad-Drehung der parteieigenen Position ist gerade in diesem Bereich unleugbar
dokumentiert. So betonte 2005 die damalige und auch nach 2010 im Amt befindliche ÖVP-
Landesrätin Kristina Edlinger-Ploder: „Hinter den dafür anfallenden Kosten darf man die
gesellschaftlichen und kulturellen Faktoren nicht vergessen. Schulen sind ein fixer Bestandteil im
Leben einer Gemeinde. Als Bildungslandesrätin bekenne ich mich auch weiterhin zur Wichtigkeit
der Kleinschulen.“6 Anlass für dieses Bekenntnis war ein öffentliches Gespräch in der Volksschule
Bretstein im Murtal, die die OrtsbewohnerInnen unter allen Umständen zu erhalten versuchten.
Ein paar Jahre später wollten davon weder sie noch Schützenhöfer etwas wissen. Stattdessen
favorisiert der steirische Bildungsplan eine Mindestgröße für Schulen von 160 bis 320
SchülerInnen. Edlinger-Ploder einst in Bretstein: „Regionale Bildungspläne sollen auch weiterhin
möglichst viele dezentrale Schulstandorte erhalten und sich gleichzeitig mit der Vielfalt des
Unterrichtsangebotes auseinandersetzen. Damit soll die Breite des steirischen Bildungsangebotes
in alle Regionen ausstrahlen.“ Die Volksschule Bretstein wurde wie viele andere inzwischen
geschlossen und der Ort selbst ist zum oft zitierten Paradebeispiel des aussterbenden Dorfes
geworden.7 „Zu Tode reformiert“ nennt es ÖVP-Bürgermeister Hermann Beren. Es ist also Achtung
geboten, wenn Schützenhöfer & Co. Bekenntnisse zu Zukunftsperspektiven ablegen...

Gegen Kultur

In jenen Bereichen, die für eine funktionierende demokratische Reflexions- und Diskussionskultur
besonders ausschlaggebend sind, wird die Sparkeule am heftigsten geschwungen – klar, hier
räumt man auch gleich mit den unbequemsten BürgerInnen auf. Vom Wert der Kultur als
Lebensmittel jedenfalls will die selbsternannte „Zukunftspartnerschaft“ nichts wissen. Seit 2010
sind die Förderungen in diesem Bereich um über 20 % zurück gegangen, bei den
Projektförderungen, also jenen FördernehmerInnen, die den kleinsten Anteil der Gelder erhalten,
beträgt die Budgetkürzung gar 55%. Womit das genaue Gegenteil des vom zuständigen LR
Buchmann so vollmundig gepriesenen Prinzips „Große retten Kleine“ praktiziert wird.8 Zwischen
2012 und 2017 veranschlagt Buchmann Budgetkürzungen von insgesamt über 7 Millionen Euro.
Dabei ist die Steiermark ohnehin österreichweites Schlusslicht bei der Förderung von Kunst und

6
  http://www.politik.steiermark.at/cms/beitrag/10164644/2494255/ sowie:
    https://www.yumpu.com/de/document/view/31731270/zum-herunterladen-hier-klicken-bretstein/3
7
  http://derstandard.at/1336698066475/Landflucht-Ein-Ort-stirbt-schneller-als-man-glaubt
8
  http://igkultur.mur.at/aktuell/zahlenklarstellung-einsparungen-im-kulturbereich/

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Kultur – lediglich 1% (!) des Landesbudgets wird darauf verwandt. Somit ignoriert Buchmann, der
gleichzeitig Wirtschaftslandesrat ist und dem zusätzlich die Europa-Agenden des Landes
unterstehen, auch gänzlich den Standortfaktor innovativer Kulturproduktion.9 Das zeugt sowohl
von wirtschaftlicher als auch kultureller Inkompetenz...

My Generation?

Auch dem Ziel, das Bundesland „enkelfit“ zu machen, wie Rot-Schwarz immer wieder ihre
Absichten erklären, rückt man so wohl kaum näher. Damit sind wir auch schon bei der
Generationenfrage angelangt, und zwar in mehrfacher Hinsicht.
Massive Kürzungen gab es unter Rot-Schwarz nämlich auch im Gesundheitssektor, also jenem
Bereich, der für das Leben jeder/s Einzelne/n, egal welchen Alters oder Geschlechts von
unmittelbarer Wichtigkeit ist. Statt sich jedoch für die bestmögliche gesundheitliche Versorgung,
und zwar unabhängig vom Einkommen, einzusetzen, macht der in den letzten Jahren auf diesem
Gebiet erfolgte Sparwahn seitens der „Reformpartner“ die Betroffenen vor allem eines: krank.
Konnte die Privatisierung des LKH West durch breiten Widerstand von ÄrztInnen, PatientInnen und
Opposition gerade noch verhindert werden (wobei es inzwischen mit der LSF-Landesnervenklinik
Sigmund Freud zusammengelegt wurde), gelang dies im Falle der Geburtenstation des LKH
Voitsberg nicht. Gegen den breiten Protest der Bevölkerung und der GemeindevertreterInnen
wurde die Station aufgelassen, wie schon zuvor die selben Abteilungen des LKH Bruck (2011) und
des LKH Wagna (2012). Insgesamt wurden in neun Krankenhäusern Abteilungen geschlossen.

Was krank macht

Dabei fuhr man selbst über die eigenen ParteifunktionärInnen drüber. So erklärte Voitsbergs SPÖ-
Bürgermeister Ernst Meixner bei der Bürgermeisterkonferenz mit dem zuständigen VP-Landesrat
Christopher Drexler 2014, als die zwei Jahre zuvor erfolgte Schließung noch einmal zur
Diskussion gestellt wurde, er fühle sich „veräppelt“ und: "Im Grunde hat man anscheinend schon
immer gewusst, dass hier nichts mehr geht. Eine echte Sauerei.“ Auch VP-Vize-Bürgermeister
Walter Gaich war enttäuscht: „Ich hatte mir mehr erhofft, denn es gab gute Argumente für die
Geburtenstation.“ Aber Argumente zählen nicht im Spardiktat der Reformbilanz, genauso wenig
wie die Bedürfnisse der Menschen.
Nichts an dem Beschluss geändert hatte selbst der tragische Tod eines Babys, dessen Mutter es
nicht mehr rechtzeitig ins wesentlich weiter entfernte LKH Deutschlandsberg schaffte, nachdem
die Wehen eingesetzt und sich die Plazenta abgelöst hatte. Bei rascherer Behandlung wären die
Chancen auf ein Überleben des Kindes weit besser gestanden. Während dieser Fall Schlagzeilen
machte, sprechen Gerüchte gar von einem ähnlichen zweiten, der aber verschwiegen wurde. Als
sicher gilt jedoch, dass es drei Tage vor der Schließung im Dezember 2012 zu einer ebenfalls
riskanten Situation kam, die ob der schnellen medizinischen Versorgung gerade noch gut
ausging. Wäre die Geburtenstation zu diesem Zeitpunkt bereits zu gewesen, hätte für Mutter und

9
    https://www.change.org/p/die-steiermaerkische-landesregierung-petition-zur-rettung-des-kulturraums-steiermark

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Kind Lebensgefahr bestanden.10 „Nach den Worten von Drexler, dass er in Rücksprache mit dem
Koalitionspartner gehandelt hat, muss ich mich fragen: Wie weit hat sich die SPÖ schon vom Volk
entfernt“11, so jedenfalls Bürgermeister Meixner verbittert in Richtung der eigenen Parteispitze.

Welche Konsequenzen Kritik hat, musste laut einer Voitsberger Resolution auch jene Kages-
Vorständin erfahren, die nachdrücklich auf die Probleme aufmerksam gemacht hatte – ihr Vertrag
wurde nicht verlängert. Weiters wird auf ein Kages-internes Schreiben verwiesen, wonach sich die
Gebärstationen der LKH Graz und Deutschlandsberg in einer bereits bestehenden
Versorgungsnotlage befänden, die sich durch den Zulauf weiterer Patientinnen noch
verschlimmern würde. Wie zynisch mutet das Rot-Schwarze Argument der Qualitätsverbesserung
durch größere Stationen da an? Bei einem sich daraus notwendig ergebenden Ausbau sowie
zusätzlichen Dienstposten kann auch nicht von einer Einsparung gesprochen werden, wohl aber
von einer eklatanten Verschlechterung der Versorgungsqualität.

Gut verkauft? Ist doch normal.

Wie schwer sich dermaßen massive Einschnitte der Bevölkerung als unvermeidlich verkaufen
lassen, dürfte man zu diesem Zeitpunkt bereits begriffen haben. Entsprechend nahe schien es
offenbar zu liegen, für positive mediale Stimmungsmache zu sorgen statt vom Kurs abzurücken.
Außerdem müssen die eingesparten Gelder doch sowieso gewinnbringend angelegt werden.
Warum also nicht in gefällige Berichterstattung investieren? Vor allem, da die steirische
Presselandschaft bekanntlich sowenig als vierte Macht im Sinne einer Kontrollinstanz agiert wie
die Verantwortlichen den Begriff Transparenz buchstabieren können oder wollen. Dass im März
2013 dummerweise ein interner Aktenvermerk einer Kages-Vorstandssitzung ans Licht der
Öffentlichkeit gelangte, in dem Kages-Vorstandsvorsitzender Werner Leodolter darüber berichtet,
dass „es Zeitungsartikel geben wird, die positiv über die Kages und die Landesrätin [Kristina
Edlinger-Ploder] berichten“, war eben ein peinliches Versehen. Weniger versehentlich fiel in
diesem Schreiben die Angabe der dafür reservierten Gelder aus: „Dafür werden der Kleinen
Zeitung 130.000 Euro und der Kronen Zeitung 50.000 Euro zur Verfügung gestellt." Bezahlen
sollte die Kages, konkret aus dem Budgetposten „Beratungsaufwand“. Der Deal kam, im
Gegensatz zu anderen „Informationskampagnen“ laut Kages und Kleine Zeitung nicht zustande.
Die Panik vor der eigenen Bevölkerung ist nachvollziehbar. Hatte man doch noch vor Augen, wie
2011 an die 15.000 Menschen bei der größten Demonstration in der Steiermark seit 1945 gegen
die menschenverachtende Sparpolitik der Rot-Schwarzen Regierung auf die Straße gingen. Am
massivsten wehrten sich die Leute gegen die radikalen Einschnitte im Sozialbereich und den
Kürzungen im Behindertensektor.

10
     http://www.voitsberg.at/uploads/media/Resolution_zur_Reaktivierung_der_Geburtenstation_im_LKH_Voitsberg.pdf
11
     http://www.meinbezirk.at/voitsberg/politik/die-geburtenstation-bleibt-zugesperrt-d1015888.html

                                                                                                               6
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Neues Behindertengesetz: passgenau ausgrenzend

Trotzdem wurde im Juni 2014 die Novelle des Behindertengesetzes beschlossen. Im Zuge dessen
erfolgte die Streichung des Lohnkostenzuschusses für ArbeitnehmerInnen mit Behinderung, über
700 Menschen waren dadurch vom Verlust des Arbeitsplatzes bedroht bzw. betroffen, an die 4
Millionen Euro wurden bei der beruflichen Integration eingespart. Darin offenbart sich sowohl ein
gänzlich fehlendes Verantwortungsbewusstsein für Arbeitsplätze und Menschen, als auch ein
fataler Mangel an wirtschaftspolitischer Kompetenz. Denn gehen die Arbeitsplätze verloren,
werden die Menschen in die Mindestsicherung gedrängt – die wiederum ebenfalls vom Land
finanziert wird. Die Betroffenen selbst bekommen jedenfalls tagtäglich zu spüren, was es
bedeutet, dass ab sofort „entsprechende Leistungen inklusiver und passgenauer“ gestaltet
werden.12 Mehrfach wurde in dieser „Passgenauigkeit“ schon ein Verstoß gegen die UN-
Konvention über die Rechte der Menschen mit Behinderung geortet. Diese, bereits 2008 von
Österreich ratifiziert, ist trotz völkerrechtlicher Verpflichtung bis heute nicht umgesetzt. Hier
herrscht tatsächlich Reformbedarf – und die regierenden „Reformpartner“ setzten konsequent
einen Schritt nach dem anderen: in die Gegenrichtung. Das dafür einmal mehr durchgehend und
von Anfang an. Denn auch die Entwicklungsförderung für Kinder und Jugendliche mit
Behinderung wurde ersatzlos gestrichen, massive Einschnitte gab es bei persönlichen und
mobilen Assistenzleistungen sowie jenen in der Freizeit. Sie sind jedoch essentiell für ein Leben,
das auf freier Entscheidung und vollwertiger gesellschaftlicher Teilhabe basiert und auf das jeder
Mensch einen verbrieften Anspruch hat.

Wohnen muss man sich leisten können

Davon sind grundlegende Bereiche wie Unterstützung in der Ausbildung oder die Wahl der
Wohnform betroffen. Auf letzteres hat auch Auswirkungen, was dreist als Beitrag zu leistbarem
Wohnen verkauft wird. Die Lifteinbaupflicht bei Gebäuden mit weniger als drei Stockwerken wurde
abgeschafft. Klar, die Häuslbauer oder Immobilienkonzerne können drauf verzichten und Kosten
sparen, wir sind so frei, aber welche Einschränkung das für Menschen mit Behinderung bedeutet,
wird geflissentlich ignoriert.
Auf das Konto der „Reformer“ gehen weiters massive Einschnitte in der Wohnbeihilfe. Trotz
kontinuierlich steigenden Bedarfs kam es zu einem Rückgang im geförderten und gemeinnützigen
Wohnbau. SPÖ-Soziallandesrat Siegfried Schrittwieser tönte 2013: „Hände weg von der
Wohnbeihilfe. Für zigtausende Steirerinnen und Steirer ist das Wohnen ohne Wohnbeihilfe nicht
leistbar, hier stehen Existenzen auf dem Spiel."13 Diese Existenzen sind ihm jedoch offenbar
herzlich egal. Bereits 2011 wurde die Betriebskostenpauschale halbiert. Die maximale
Wohnbeihilfe betrug seitdem nur mehr 143 € für Einzelpersonen statt wie bisher 182 €, sowie
174,40 € für zwei Personen. Mindestpensionspaare, die bisher 103 € erhalten konnten, bekamen
nun gar keine Wohnbeihilfe mehr, alleinstehende AusgleichszulagenbezieherInnen lediglich etwa
92 € statt den bisher möglichen 182 €. 5.000 Menschen verloren durch diese, ausgerechnet von

12
     http://www.landtag.steiermark.at/cms/beitrag/11409811/58064506/
13
     http://derstandard.at/1363706322572/Disput-um-steirische-Wohnbeihilfe

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einem sozialdemokratischen Landesrat durchgepeitschten Kürzungen, ihren Anspruch auf
Wohnbeihilfe, weitere folgten! Die heurige Anhebung der Einkommensgrenze14 für den Anspruch
auf Beihilfe wiegt diese Verluste kaum auf. Das gilt auch für die geringfügige Erhöhung der
Wohnbeihilfe für MindestpensionistInnen – ganze 12 Euro mehr sind Almosen, statt adäquate
Unterstützung. Gerade hier sind jene Bevölkerungsgruppen, die in oder am Rande der Armut
leben, die Leidtragenden – von neoliberalen „Reformen“, die in Wirklichkeit nichts anderes als
massive sozialpolitische Rückschritte darstellen.

Gepflegte Profite

Dass Widerstand keineswegs zwecklos ist, zeigte sich im vergangenen Jahr, als der von
Zivilgesellschaft und Opposition heftig bekämpfte Pflegeregress nach seiner Wiedereinführung
2011 endgültig abgeschafft wurde. In der Steiermark hatte man als einzigem Bundesland noch
an dessen vermeintlicher Unverzichtbarkeit festgehalten.
Für alle, die diesen jedoch noch zu berappen hatten und die Rückzahlung einer zustehenden
Sozialleistung mühsam in Monatsraten abstottern, kam dieser Erfolg zu spät – sie müssen nach
wie vor weiterzahlen. Wie zutiefst menschenverachtend dabei die Rot-Schwarze Regierungsriege
agierte, offenbarte sich wohl am deutlichsten in der Erklärung der zuständigen ÖVP-Landesrätin
Edlinger-Ploder, die die Rückersatzpflicht wörtlich als „pädagogische Maßnahme“ bezeichnete.
Diese habe man eingeführt, damit Betroffene und Angehörige sich auch gut überlegen, ob sie
einen Heimplatz beanspruchen. Klar, damit bleiben diese frei für die Angehörigen jener Eliten, die
sich einen solchen dann noch leisten können. Besonders betroffen waren und sind einmal mehr
Frauen, die nach wie vor den Gros der häuslichen Pflegearbeit leisten. Sie sollten von der
schwarzen Landesrätin also dazu erzogen werden, diese physisch und psychisch enorm
belastende Arbeit rund um die Uhr und unbezahlt zu übernehmen. Wobei das naturgemäß nur für
jene Frauen gilt, für die der Heimplatz oder die Anstellung eines/r Pflegers/Pflegerin zuhause eben
unerschwinglich (geworden) sind. Arme Frauen sollten also zu massiver Selbstausbeutung, zu
unbezahlter Schufterei, zum Stillhalten und Ertragen genötigt werden. Bravo!

Davon hat man sich nach wie vor noch nicht ganz verabschiedet, denn immer noch ist die
Steiermark Schlusslicht im Bereich der mobilen Dienste, die eine Betreuung zuhause wesentlich
erleichtern und eine große Unterstützung für pflegende Angehörige darstellen. Nebenbei bemerkt
sind sie auch die ökonomisch sinnvollste Variante für den Landeshaushalt. Die Kostenbeiträge
sind jedoch nach wie vor so hoch, dass sich diese viele Menschen nicht leisten können.
Profitabel ist die ganzen Misere hingegen für gewinnorientierte HeimbetreiberInnen. Sie werden
weiterhin gefördert und zwar mehr als in jedem anderen Bundesland, mit kolportierten 30 bis 60
Millionen Euro jährlich. Gleichzeitig ist die vorgegebene Personalzahl weiterhin niedrig, darunter
leiden sowohl die Angestellten als auch die zu Pflegenden enorm. Die Hauskrankenhilfe und die
Heimhilfe hingegen wurden trotz des ständig wachsenden Bedarfs nicht ausgebaut. Profit mit
Zwei-Klassen-Pflege lautet also die politische Devise unter einem roten Landeshauptmann.

14
     vgl. http://derstandard.at/2000007225921/Einkommensgrenze-fuer-steirische-Wohnbeihilfe-wird-erhoeht

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Wem die Einsparungen zugute kommen: Konzernen, Mega-Events, Parteien

Während dringend benötigte Sozialleistungen gekürzt, Ausgaben für Gesundheit und Bildung
massiv eingeschränkt wurden und angeblich kein Geld für Kultur vorhanden ist, war und ist es an
anderer Stelle sehr wohl und in erklecklichem Ausmaß zur Hand. Ganz schnell und unbürokratisch
vor allem dann, wenn es sich um Mega-Events unter der Beteiligung großer Konzerne handelt
oder Unternehmen aus der Patsche geholfen werden soll. Ein kleiner Überblick:

      •    Die Militärflugshow Airpower wurde 2011 und 2013 mit sage und schreibe je 800.000
           Euro vom Land Steiermark gefördert.15 Sie dauerte jeweils einen einzigen Tag und
           verursacht massive Umweltbelastungen durch Lärm und Abgase. Erst für 2015 konnte
           eine Absage der Veranstaltung erreicht werden.
      •    In die Schi-WM in Schladming 2013 flossen über 140 Millionen Euro! Der Großteil ging
           an den ÖSV sowie an Bau, Abwicklung etc. beteiligte Unternehmen. Eine Endabrechnung
           gibt es bis heute nicht, dafür eine Reihe „geschwärzter Verträge“. LH Voves macht jedoch
           in seiner Begründung für die Förderung sehr deutlich, was ihm wichtig ist: „Durch
           verantwortungsvolle Reformen sollen Gestaltungsspielräume für die Zukunft geschaffen
           werden, wobei auf die Ausgewogenheit aller Bereiche geachtet wurde.“16 Ja, für wen hier
           Zukunft gestaltet wird, ist wohl unmissverständlich.
      •    Voves und Red Bull-Chef Dieter Mateschitz behaupten gern das Gegenteil, aber
           öffentliche Subventionen für die Formel 1 werden auch weiterhin ausbezahlt. Der Red-
           Bull-Ring erhält 2,1 Millionen Euro pro Jahr – vertraglich zugesichert auf 60 Jahre! Das
           nennt man nachhaltig. Nun wird auch klar, was man darunter zu verstehen hat, wenn ein
           Unternehmer medial wiederholt verbreiten lässt, er würde auf öffentliche Gelder
           verzichten.
      •    Ein noch nicht endgültig bezifferbarer, dreistelliger Millionenbetrag an Steuergeldern ist
           von der Eröffnung 2011 bis zur Schließung 2014 mit dem Gaskraftwerk Mellach verpufft.
           Dem Verbund und der Investitionsbereitschaft der Regierung sei's gedankt.
      •    In der Therme Bad Gleichenberg wurden über 13 Millionen Euro öffentliche Gelder
           entspannt versenkt, um sie dann um 500.000 Euro zu verscherbeln.
      •    Damit man bei all dem schönen Geldsegen auch selbst nicht zu kurz kommt, wurde die
           ohnehin bereits üppige Parteienförderung ebenfalls erhöht – über 5 Millionen Euro
           zusätzlich lukrieren Rot und Schwarz aus den Gemeindebudgets – nichtsdestotrotz ist
           sich die ÖVP nicht zu dreist, in ihrer Bilanz der Legislaturperiode tatsächlich eine
           Reduktion der Parteienförderung im Rahmen eines „Demokratiepaketes“ zu behaupten.17
      •    Vielleicht hat ihnen das alles aber auch einer ihrer teuren BeraterInnen eingeredet, für
           die die Kosten ebenso kontinuierlich explodieren – um die 25 Millionen jährlich sind es,
           obwohl es genügend kompetente landeseigene BeamtInnen für die betreffenden Bereiche
           gibt und obwohl die Landeshauptleute Voves und Schützenhöfer mehr MitarbeiterInnen

15
     http://www.landtag.steiermark.at/cms/dokumente/ltpdf.11402704/na/11402704.pdf
16
     http://www.landtag.steiermark.at/cms/beitrag/11404954/58064506/
17
     http://www.stvp.at/4225-steirische-reformpartner-ziehen-positive-bilanz/

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       als Bundeskanzler und Vize-Kanzler haben. Das bedeutet nichts anderes, als dass man
       landeseigene Aufgaben an Privatunternehmen auslagert – und die SteuerzahlerInnen
       doppelt dafür zur Kasse gebeten werden. Trotzdem finden sich dann beispielsweise
       Zahlungen über 400.000 Euro von ÖVP-LR Christian Buchmann an die Firma eines
       ehemaligen ÖVP-Werbefachmanns, die unter „Fachberatung Wirtschaftspolitik/-strategie"
       verbucht wurden. Alles klar, PR erklärt Wirtschaftspolitik.
   •   Doch auch die eigenen FunktionärInnen wollen ihr Stück vom öffentlichen Kuchen, von
       dem über all die Jahre die Bevölkerung doch viel zu viel gegessen hat, in erster Linie jene,
       die am wenigsten haben. Ex-BürgermeisterInnen, die durch die reformatorisch
       erzwungenen Gemeindefusionen ihr Amt verloren haben, wurden zu
       OrtsteilbürgermeisterInnen ohne Kompetenzen – dafür mit mindestens 640 Euro
       monatlich „ruhig gestellt“. In manchen Orten gibt es derer auch mehrere, in Gnas etwa
       hat man gleich zehn davon.

Gegen die Armut in der Steiermark müsse man stärker ankämpfen, so Voves am 1. Mai 2015,
doch: „Es geht nicht ums Geld, wir müssen uns viel persönlicher um die Menschen kümmern.“
Was er unter „persönlich kümmern“ versteht, dürfte mittlerweile klar geworden sein. Doch „ums
Geld“ hat es dabei scheinbar nur den Armen nicht zu gehen. Warum auch, sie haben es ja
ohnehin nicht.

Es lässt sich also festhalten, dass Rot und Schwarz in den vergangenen fünf Jahren ihren
unsozialen Kurs auf dem Rücken der Schwächeren wirklich durchgezogen haben. Daher sollten
sie am Wahltag, dem 31. Mai 2015, auch tatsächlich nach ihren Leistungen, und nur danach,
beurteilt werden.

Dieser Artikel wurde am 15.5.2015 auf der Website der Jungen Grünen erstmals veröffentlicht:
http://junge-gruene.at/blog/2015/05/15/das-suendenregister-von-spoe-und-oevp/.

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