Denkmal an Beton! HISTORISCH UND ARCHITEKTONISCH - "ein Kamin aus Stahlbeton, neben der Residenz meines Elektrikers"

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Denkmal an Beton! HISTORISCH UND ARCHITEKTONISCH - "ein Kamin aus Stahlbeton, neben der Residenz meines Elektrikers"
Denkmal an Beton!
HISTORISCH UND ARCHITEKTONISCH

„ein Kamin aus Stahlbeton, neben der Residenz meines Elektrikers“

                        Insbesondere Frankreich pflegte man um die Jahrhundertwende
                        die Kunst des “Jardin au naturel“, d.h. eine kreative Mischung aus
                        Natur, und – häufig – Beton.
                        Beton, deshalb, weil er sich verhältnismäßig einfach per Abformung
                        in die so beliebten organischen Formen gießen ließ.

                        Der in Frankreich lebende U.S.-Amerikaner Edward Tuck (1842 –
                        1938) errichtete 1899 im Park seines Schlosses in La Malmaison
                        bei Paris den hier abgebildeten Kamin aus Stahlbeton in Baumform.
                        In der Zeitschrift „Cement Age“ erwähnt Tuck mit unverhohlener
                        Freude und beträchtlichem Stolz, dass seine Besucher den inzwi-
                        schen von echten Kletterpflanzen überwucherten Kamin selbst aus
                        nächster Nähe nicht zu enttarnen vermochten.
      Abb. 1
                        Ein zeitgenössischer Architekturkritiker geißelte den Baummimikry-
                        Schornstein allerdings schlichtweg als „Geschmacklosigkeit“. Aus
                        heutiger Warte sind wir uns nicht mehr ganz so sicher. Vielleicht ist
                        es lediglich eine Frage des Humors?

                        Abb. 1
                        Historische Aufnahme des Stahlbeton-„Baumkamins“ im Park des Bankiers Edward Tuck,
                        La Malmaison Frankreich, Baujahr 1899.

                        Abb. 2
                        Heutiges Aussehen des Stahlbeton-Baumkamins.

      Abb. 2            Abb. 3
                        Der Betongarten ist, obwohl in Form von Einzelelementen auch in Deutschland gelegent-
                        lich anzutreffen, eine französische Spezialität geblieben.
                        Die Abbildung zeigt das Cover eines aktuellen Bildbandes von Michel Racine: Jardins „au
                        naturel“ (2001), ebenfalls mit einem Betonbaum, der sogar begehbar ist.

      Abb. 3            FÜR DIE VEREINIGUNG DER LANDESDENKMALPFLEGER
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Kann Beton Kunst sein?

                         Beton ist nicht nur Baustoff. Ein besonderes Beispiel für die Ver-
                         wendung von Kunststein befindet sich an der Giebichensteinbrü-
                         cke in Halle (Saale).
                         An den Uferseiten stehen zwei überlebensgroße Tierplastiken des
                         Künstlers Gerhard Marcks – ein Rind auf der Landseite und ein
                         Pferd auf der Stadtseite. Gerhard Marcks (1889 – 1981) war einer
                         der bedeutendsten deutschen Bildhauer des 20. Jahrhunderts und
                         schuf die Plastiken nach seiner Berufung vom Bauhaus zum Lehrer
                         an die Kunstgewerbeschule der Burg Giebichenstein.

Abb. 1

                         Abb. 1
                         Die Giebichensteinbrücke in Halle (Saale), hier in der Ansicht von Westen, überquert die
                         Saale unterhalb der Burg Giebichenstein und verbindet die Stadtteile Giebichenstein und
                         Kröllwitz. Die Skulpturen wurden mit dem Bau der Brücke 1927/28 vor den Auflagern des
                         Hauptbogens errichtet. Sie sind ca. 7 m lang, 3 m hoch und 2 m breit.

                         Abb.2
                         Die Tierskulpturen Pferd und Kuh (Hintergrund) in der Ansicht von Süden. Es sind nur
                         sehr wenige Informationen über die Herstellung der Figuren vorhanden. Überliefert ist,
                         dass die Figuren massiv aus Stampfbeton mit einem sehr geringen Anteil an Bewehrung
                         hergestellt wurden. Dafür wurde in eine Schalung erdfeuchter Beton eingebracht und
                         verdichtet. Die Details der Figuren, wie Augen, Ohren und Steigbügel wurden offensicht-
                         lich steinmetzmäßig nach dem Ausschalen aus dem Stampfbeton herausgearbeitet.
                         Der Kopf der Plastik Pferd aus unmittelbarer Nähe mit beeindruckend vielen naturgetreu-
                         en Details.
Abb. 2

                         Abb. 3
                         Detailaufnahme der scharrierten Oberflächenstruktur am Sockel der Figuren.

                         Abb. 4
                         Für Kinder ein Suchbild - das Auge des Pferdes in der Nahaufnahme.

Abb. 3

                         FÜR DIE VEREINIGUNG DER LANDESDENKMALPFLEGER

                         Dipl.-Ing. Stefan Weise
                         Institut für Diagnostik und Konservierung an Denkmalen
                         in Sachsen und Sachsen-Anhalt e.V., Schlossplatz 1, 01067 Dresden
Abb. 4
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Deutsche Hennebique-Premiere in Leipzig – vom Abriss bedroht

                             Für die Notendruckerei C. G. Röder entstand an der Perthesstras-
                             se 3 in Leipzig-Reudnitz ein Erweiterungsbau. Dem Bauantrag vom
                             28. Februar 1898 folgen Tekturpläne am 26. April mit einem Bau
                             nach dem „sich gut bewährenden System Hennebique“. Der Bau-
                             genehmigung am 7. Mai 1898 folgen Rohbauprüfung am 24. Sep-
                             tember und Schlussabnahme am 23. Dezember 1898; Arbeitsbe-
                             ginn in den neuen Räumen war der 7. Januar 1899.
                             Damit ist dieser Bau der älteste Deutschlands mit vollständiger
                             mehrgeschossiger Stahlbeton-Konstruktion nach dem System von
                             François Hennebique und ein Jahr vor dem Lager- und Silokom-
                             plex am Straßburger Hafen (Eduard Züblin 1899) entstanden, der
                             bisher als ältester galt. Die statische Berechnung lieferte das Büro
Abb. 1
                             Martenstein & Josseaux als deutscher Hauptlizenznehmer Henne-
                             biques, der Unterlizenzen, u. a. an Max Pommer vergab.
                             Ein Abrissbegehren wurde von der Stadt Leipzig abgelehnt, aber
                             im Widerspruchsverfahren genehmigt; dieser Bescheid ist nun zu-
                             rückgenommen worden, und es bleibt zu hoffen, dass die Erhal-
                             tung und dauerhafte Sicherung dieser Inkunabel gelingt.
                             Abb. 1
                             Der Flügel übernahm die Gliederung des älteren Gebäudes, an das er angebaut war und
                             das nach Kriegszerstörung abgebrochen wurde. Der Putzbau mit Ziegelbögen lässt die
                             Konstruktion im Innern nicht erkennen. Das Mansarddach ist im Krieg zerstört worden,
Abb. 2
                             durch mangelhaften Bauunterhalt der TLG seit 1990 ist auch das Notdach nun undicht
                             und lässt Wasser in die Konstruktion eindringen.

                             Abb. 2
                             Historische Innenaufnahme
                             Historische Innenaufnahme der Notendruckerei C. G. Röder in Leipzig. Vom 7. Januar
                             1899 bis 1990 wurden hier Noten gedruckt.

                             Abb. 3
                             Innenansicht (Istzutsand)
                             Innen ist das System François Hennebiques in seiner ältesten Form zu erkennen: Stützen
                             mit Unterzügen, Balken und Platten, alles erstmals in Deutschland als einheitliche, also
Abb. 3            Abb. 4     monolithische Konstruktion. Die Verbindung der Bewehrungsstäbe untereinander erfolgt
                             noch mit gelochten Blechstreifen in den Stützen und gebogenen in den Unterzügen wie
                             in Hennebiques Patentzeichnungen.

                             Abb. 4
                             Konstruktionsdetails
                             Detail der Konstruktion, die noch von der Tektonik des Holzbaus mit Decke, Träger und
                             Stützen geprägt ist.

                             Abb. 5
                             Prinzipskizze des Systems von Hennebique.

                             Abb. 6
Abb. 5                       Porträt Max Pommer
                             Max Pommer (1847–1915) nach Zimmermannslehre und Studium bei Conrad Wilhelm
                             Hase in Hannover seit 1871 in Leipzig als vielseitiger Architekt tätig. Da er 1898 keine
                             Baufirma fand, die die neuartige Konstruktion ausführen wollte, wurde er selbst zum
                             Bauunternehmer, übernahm die Lizenz für das Hennebique-System für Sachsen und
                             führte schon im folgenden Jahr fünf weitere Bauten mit Hennebique-Konstruktionen aus.

                             Ergänzende Literatur:
                             Stefan W. Krieg: Sozialreform und Stahlbeton. Max Pommer – ein Pionier auf vielen Gebieten. In: Leipziger Blätter Heft 47, Herbst
                             2005, 71–73.
                             Stefan W. Krieg: Deutschlands ältester Stahlbetonbau steht in Leipzig. In: Denkmalschutz-Informationen 30. 2006, Heft 2, 55–57.

Abb. 6                       FÜR DIE VEREINIGUNG DER LANDESDENKMALPFLEGER

                             DR. STEFAN W. KRIEG, LEIPZIG
                             Stadt Leipzig
                             Amt für Bauordnung und Denkmalpflege
                             Abteilung Denkmalpflege
                             04092 Leipzig
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Betonschalenbauten in der ehemaligen
Versuchsanstalt für Luftfahrt
                            Für die Deutsche Versuchsanstalt für Luftfahrt (DVL) entstand ab
                            1931 in Berlin-Adlershof unter der Leitung von Hermann Brenner
                            ein umfangreiches Bauprogramm nach streng funktionalen Krite-
                            rien. Nach eigenem Bekunden galten seine Bestrebungen einem
                            der „wissenschaftlich-technischen Arbeit der DVL gemäßen eige-
Abb. 1                      nen Stil ohne falsche Repräsentation“. Entstanden sind Bauten von
                            größtmöglicher ingenieurtechnischer Rationalität in Konstruktion
                            und Ausführung, insbesondere die Betonschalenkonstruktionen
                            von Trudelturm, Motorenprüfstand und Windkanal in ihren eigen-
                            willigen ausschließlich auf die Funktion ausgerichteten Formen.
                            Diese Betonschalenbauten sind weitgehend unverändert erhalten
                            geblieben und bilden heute, nach der Instandsetzung einen zentra-
                            len Platz auf dem Gelände der Naturwissenschaftlichen Fakultäten
                            der Humboldtuniversität Berlin.Bildunterschriften:

                            Abb. 1
                            Berlin Adlerhof, Aerodynamischer Park: Historische Aufnahme des Versuchsfeldes mit
                            Blick vom Windkanal zum Trudelturm und Motorenprüfstand, um 1935

                            Abb. 2
Abb. 2     Abb. 3
                            Trudelturm, senkrechter Windkanal zur Untersuchung von Strömungsabrissen („Trudeln“)
                            an Tragflächen, Zustand 2008

                            Abb. 3
                            Schnitt durch den Trudelturm

                            Abb. 4
                            Schalldämpfender Motorenprüfstand zur Prüfung von Flugzeugtriebwerken im Dauerlauf:
                            Die eigenartige Bauform ist dem Zweck, einer größtmöglichen Geräuschdämpfung, ge-
           Abb. 5           schuldet. Im Inneren der senkrechten Türme wurde die Schalung belassen und sorgte für
                            einen zusätzlichen Schalldämmungseffekt.

                            Abb. 5
                            Großer Windkanal und schalldämpfender Motorprüfstand:
Abb. 4
                            Der Windkanal ist auch im Inneren von beeindruckender Präzision und Glätte. Der Kom-
                            pensation von Temperaturspannungen dienen bewegliche Auflager und ein reflektieren-
                            der Schutzanstrich auf der Oberfläche

                            Abb. 6
                            Großer Windkanal, Grundriss

                            Abb. 7
Abb. 6     Abb. 7           Großer Windkanal: Detail der Oberfläche mit Abdrücken der Schalung und Resten des ori-
                            ginalen, metallisch glänzenden, reflektierenden Schutzanstriches

                            Abbildungsnachweis:
                            Abb.1 aus: Festschrift 25 Jahre DVL 1912 - 1937, Berlin 1937
                            Abb. 2, 4, 5, 7 M. Dunger, 2008
                            Abb. 3 aus: Thiel und Huffschmid, Der Trudelwindkanal der DVL, in: Jahrbuch 1942 der Deutschen Akademie der Luftfahrtforschung,
                            Bericht der Deutschen Versuchsanstalt für Luftfahrt e.V. Berlin-Adlershof, Institut für Aerodynamik
                            Abb. 6 aus: Der 5x7m Windkanal der DVL, in Luftfahrtforschung Bd. 12, 1935, Nr. 6

                            FÜR DIE VEREINIGUNG DER LANDESDENKMALPFLEGER

                            Matthias Dunger
                            Landesdenkmalamt Berlin
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Abb. 1

Abb. 2

Abb. 3

Abb. 4
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Alles aus Beton

                    Bei Beton als Baumaterial denkt man unwillkürlich an eintönige
                    Plattenbauten. In der Tat hatte man schon früh erkannt dass man
                    mit Fertigteilen aus Beton schnell und billig bauen konnte. Gleich-
                    zeitig ermöglichen die Eigenschaften des Materials technisch inno-
                    vative und gestalterisch faszinierende Bauten. Heute stehen Ver-
                    treter beider Gruppen unter Denkmalschutz.

                    Abb 1: Dresden Kreuzkirche
                    Das Gewölbe der Dresdner Kreuzkirche, hier eine historische Aufnahme der Jugendsti-
                    lausstattung vor 1945, ist eine Stahlbetonkonstruktion. Nachdem die Kirche 1897, nur 3
                    Jahre nach einer umfassenden Instandsetzung, abbrannte, beschlossen die Architek-
                    ten Schilling & Gräbner beim Wiederaufbau das Gewölbe aus Brandschutzgründen in Ei-
                    senbeton auszuführen, eine damals sehr moderne Lösung und wahrscheinlich auch der
                    Grund dafür, die Kirche beim Bombennagriff 1945 zwar ausbrannte aber nicht einstürzte.

                    Abb. 2: Burgstädt, Taurasteinturm
                    Aus Stahlbeton entstanden anfangs vor allem technische Bauten und kühne Brückenkon-
                    struktionen. 1913 wurde in Burgstädt der Taurasteinturm als Aussichts- und Wasserturm
                    eingeweiht. Dieser 39m hohe Turm aus Stahlbeton ersetzte einen hölzernen Aussichts-
                    turm und diente noch bis 1996 der Wasserversorgung.

                    Abb. 3: Köln, Tankstelle
                    Diese Tankstelle in Köln-Deutz, erbaut im Jahr 1959, steht seit 1983 unter Denkmal-
                    schutz. Ungewöhnlich ist die schalenartige Dachkonstruktion von fast 20 m Spannweite,
                    die nur von jeweils einer Stahlstütze in den Ecken des Kassenraumes getragen wird. Die-
                    se waghalsige wirkende Konstruktion verarbeitet avantgardistische Tendenzen der zeitge-
                    nössischen Architektur. Bei einer umfassenden Sanierung wurde der Zustand der Erbau-
                    ungszeit weitgehend erhalten und durch moderne Zutaten (zwei separate Glasdächer)
                    ergänzt.

                    Abb,4 und 4a-d: Dresden, Andreas-Schubert-Bau, Technischen Universität
                    Der Andreas-Schubert-Bau, 1959–60 für das Institut für Kern- und Teilchenphysik der TU
                    Dresden errichtet, ist ein wichtiges Dokument für die Hinwendung der DDR-Architektur
                    zur zeitgemäßen Bauweise, der modernen Nachkriegsarchitektur Westeuropas vergleich-
                    bar. Die Stahlskelettkonstruktion wird an der Fassade durch das Raster von Stützen und
                    Träger sichtbar gemacht. Diese Elemente bestehen aus materialsichtigem, mit Ziegel-
                    mehl rötlich gefärbtem Beton, dazwischen liegen weiß gestrichene Gasbetonelemente
                    mit senkrecht strukturierter Oberfläche. Farbige Profile an den Fenstern und farbige Mar-
                    kisen setzen zusätzlich Akzente.
                    4a, 4b Detail der Fassade
                    4c, ad. Innenaufnahmen der Treppenhäuser

                    Abb. 5: Leipzig
                    Leipzig, Wohnblock, Lene-Voigt-Straße 2–8,
                    Dieser vermutlich längste Wohnblock in Deutschland entstand 1967-68 aus industriell
                    vorgefertigten Elementen. Die klare Trennung von Wohnbereich und Treppenhauszone
                    ergibt einen gelungenen Ausgleich zwischen vertikaler und horizontaler Gliederung. Das
                    Gebäude steht wegen seiner gestalterischen und städtebaulichen Qualitäten unter Denk-
                    malschutz.

                    Abbildungsnachweis:
                    1,2,5 LfD Sachsen
                    3 Jan Höfer
                    4, 4a-d:1 Architekturbüro Wagner, Dresden
Denkmal an Beton! HISTORISCH UND ARCHITEKTONISCH - "ein Kamin aus Stahlbeton, neben der Residenz meines Elektrikers"
Denkmal an Beton!
HISTORISCH UND ARCHITEKTONISCH

Frankreich in Sachsen

                        Beispiele von den in Frankreich so beliebten „Jardin au naturel“
                        finden sich auch im sächsischen Erzgebirge. 1915 ließ sich zum
                        Beispiel der Holzwarenfabrikant Richard Ahnert neben seine Villa
                        einen Gartenpavillon setzen. Der Pavillon ist eine Betonkonstrukti-
                        on, er steht auf gemauerten Punktfundamenten und hat ein Blech-
                        dach. Das besondere ist jedoch das äußerst naturalistisch nachge-
                        bildete Astwerk.
                        Auch in den Gärten anderer Fabrikanten finden sich Beispiele des
                        Rocaille-Beton, vor allem als Geländer der meist am Hang gele-
Abb. 1
                        genen Gärten. In Regel handelt es sich um Eisenarmierungen als
                        Grundkonstruktion, auf die Betonmasse aufgetragen und an der
                        Oberfläche modelliert wurde. Ein Teil dieser Geländer und Grotten
                        dürften Arbeiten des Bildhauers Johannes Sucker sein, der 1909
                        von Franken nach Sachsen übersiedelte und diese Arbeiten in den
                        Parks wohlhabender Fabrikanten ausführte.

                        Abb. 1
                        Dieser Gartenpavillon aus in Beton nachgebildetem Astwerk steht in Pobershau neben
Abb. 2                  einer Fabrikantenvilla.

                        Abb 2
                        Detail des Gartenpavillons in Pobershau: In der Brüstung sind die Initialen des Bauherren
                        Richard Ahnert (R A) eingearbeitet

                        Abb 3
                        Detail des Gartenpavillons in Pobershau mit Datierung und Signatur

                        Abb 4
                        Solchen Geländer aus Astwerk begegnet man nicht nur in Frankreich. In einem Villengar-
                        ten Borstendorf gibt es zahlreiche Geländer, eine Pergola und sogar eine Bank aus „Be-
                        tonastwerk“ Teilweise sind Pflanztöpfe in die Geländer integriert. Unterhalb der Terrasse
                        befindet sich auch eine künstliche Grotte aus Beton. Die Fotos zeigen aber auch die Pro-
                        bleme durch Rostsprengung wenn die Eisenteile nicht ausreichend mit Betonüberdeckt
                        sind.

         Abb. 3
                        Abbildungsnachweis:
                        Abb. 1,2,3 Caroline Rolka;
                        Abb.4 LfD Sachsen

         Abb. 4
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