DER ISTGH: EINE AKTUELLE ANALYSE DER PROBLEMATISCHEN BEZIEHUNG ZU AFRIKA

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Der IStGH: Eine aktuelle Analyse der problematischen
                  Beziehung zu Afrika

                        Diplomarbeit

          zur Erlangung des akademischen Grades einer
                            Mag. iur.
            an der rechtswissenschaftlichen Fakultät
           der Leopold-Franzens-Universität Innsbruck

                         Eingereicht bei
             ao. Univ.-Prof. MMag. Dr. Peter Hilpold

                              von
                         Hanna Loretz

                 Innsbruck, im November 2020
Eidesstattliche Erklärung

Ich erkläre hiermit an Eides statt durch meine eigenhändige Unterschrift, dass ich die vorlie-
gende Arbeit selbständig verfasst und keine anderen als die angegebenen Quellen und Hilfs-
mittel verwendet habe. Alle Stellen, die wörtlich oder inhaltlich den angegebenen Quellen ent-
nommen wurden, sind als solche kenntlich gemacht.

Die vorliegende Arbeit wurde bisher in gleicher oder ähnlicher Form noch nicht als Magister-
/Master-/Diplomarbeit/Dissertation eingereicht.

________________________________                     ________________________________
                 Datum                                             Unterschrift

                                                                                            2
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis ............................................................................................................................ 5
1.     Einleitung .............................................................................................................................. 6
2.     Der IStGH - Allgemein ............................................................................................................. 8
2.1       Gründung ..................................................................................................................................... 8
2.2       Die ursprüngliche (optimistische) Erwartung an den IStGH ......................................................... 9
2.3       Gesetzliche Grundlage ............................................................................................................... 10
2.4       Zuständigkeit ............................................................................................................................. 11
2.5       Tatbestände, welche die Zuständigkeit des IStGH begründen ................................................... 13
2.5.1 Völkermord – Art. 6 Röm. Statut................................................................................................ 14
2.5.2 Verbrechen gegen die Menschlichkeit – Art. 7 Röm. Statut ...................................................... 14
2.5.3 Kriegsverbrechen – Art. 8 Röm. Statut....................................................................................... 15
2.5.4 Verbrechen der Aggression – Art. 8bis Röm. Statut................................................................... 15
2.6       Aufbau des IStGH ....................................................................................................................... 16
2.6.1 Exkurs: Steckbrief Fatou Bensouda ............................................................................................ 17
2.7       Verfahren ................................................................................................................................... 17
2.8       Aufgaben und Zweck des IStGH ................................................................................................. 18
2.9       Opferschutz und Opferentschädigung ....................................................................................... 19
3.     Die Vertragsstaaten .............................................................................................................. 20
3.1       Aufgaben und Pflichten der Vertragsstaaten ............................................................................. 20
3.2       Bedeutung staatlicher Gerichte ................................................................................................. 22
3.3       Bedeutung/Stellung des Sicherheitsrates der UNO ................................................................... 22
3.4       Verhältnis zu Drittstaaten .......................................................................................................... 22
4.     Geschichte des IStGH – ein Auf und Ab ................................................................................... 24
4.1       Behandelte Fälle des IStGH ........................................................................................................ 24
4.2       Übersicht und chronologische Aufstellung der behandelten Situationen ................................. 24
4.2.1 Haftbefehle ................................................................................................................................ 25
4.2.2 Investigation/Offene Verfahren ................................................................................................. 26
4.2.3 Pre-Trial/Vorverfahren............................................................................................................... 27
4.2.4 Hauptverfahren ......................................................................................................................... 28
4.2.5 Berufungsverfahren ................................................................................................................... 28
4.2.6 Reparation/Kompensation ......................................................................................................... 28
4.2.7 Closed Case/(Ab)geschlossene Verfahren ................................................................................. 29
5.     Ausgesuchte Fälle als bedeutende Wendepunkte der internationalen Strafgerichtsbarkeit .......... 30
5.1       Die Situation in Uganda - ICC-02/04 .......................................................................................... 30
5.2       Die Situation in der Demokratische Republik Kongo - ICC-01/04............................................... 31
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5.3       Die Situation in der Zentralafrikanische Republik - ICC-01/05 ................................................... 33
5.4       Die Situation in Kenia - ICC-01/09 .............................................................................................. 34
5.5       Die Situation in der Elfenbeinküste - ICC-02/11 ......................................................................... 38
5.6       Die Situation im Sudan - ICC-02/05 ............................................................................................ 44
5.7       Fälle außerhalb Afrikas............................................................................................................... 50
6.     Kritik am IStGH ..................................................................................................................... 52
6.1       Zuständigkeitsbegründung durch den Sicherheitsrat ................................................................ 52
6.1.1 Großteil der ständigen Mitglieder des Sicherheitsrates ist gegen den IStGH ............................ 53
6.2       Fokus des IStGH auf afrikanische Staaten .................................................................................. 57
6.2.1 Vorwurf der Diskriminierung, des Rassismus und des Post-Kolonialismus ................................ 58
6.2.1.1       Entstehung und Entwicklung dieser Vorwürfe ....................................................................... 58
6.2.1.2       Rassismus............................................................................................................................... 60
6.2.1.3       Post-Kolonialwirkung ............................................................................................................. 60
6.2.1.3.1         Post-Kolonialismus wird ausgenutzt .................................................................................. 61
6.3       Einmischung des IStGH ist kontraproduktiv für die Konfliktlösung ............................................ 62
6.4       Schwache Anklage ..................................................................................................................... 63
6.5       Siegerjustiz ................................................................................................................................. 64
6.6       Globalisierung, interne und externe Manipulationen ................................................................ 66
6.7       Interview mit Carla del Ponte .................................................................................................... 66
6.8       Immunität der Staatsorgane ...................................................................................................... 69
7.     Aufforderung der Afrikanischen Union eines kollektiven Austritts.............................................. 71
7.1.1 Burundi ...................................................................................................................................... 71
7.1.2 Südafrika .................................................................................................................................... 72
7.1.3 Gambia....................................................................................................................................... 73
7.2       Folgen der drei Rücktrittserklärungen ....................................................................................... 74
7.3       Suche nach einer Alternative für den IStGH .............................................................................. 75
7.3.1 Der Afrikanische Gerichtshof ..................................................................................................... 75
8.     Was spricht für den IStGH?.................................................................................................... 78
8.1       Befürworter des IStGH: Kofi Annan und Desmond Tutu ............................................................ 79
8.2       Stellungnahme des IStGH zu der Kritik....................................................................................... 81
9.     Zukunft des IStGH................................................................................................................. 83
10.       Conclusio ......................................................................................................................... 85
Literaturverzeichnis ............................................................................................................................... 88

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Abkürzungsverzeichnis
Abs.            Absatz
Anm.            Anmerkung
Art.            Artikel
AU              Afrikanische Union
azH             aus zweiter Hand
bspw.           beispielsweise
bzw.            beziehungsweise
d.h.            das heißt
DRK             Demokratische Republik Kongo
EU              Europäische Union
grds.           grundsätzlich
ICC             International Criminal Court
ILC             International Law Commission
IStGH           Internationaler Strafgerichtshof
mE              meines Erachtens
NGO             Non Government Organisation
OTP             Office of the Prosecution
Röm. Statut     Römisches Statut
UNCh            Charta der Vereinten Nationen
UNO             United Nations Organisation
USA             United States of America
vgl.            vergleiche
WVK             Wiener Übereinkommen über das Recht der Verträge
z.B.            zum Beispiel

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1. Einleitung
Seit seiner Gründung 19981 und dem Inkrafttreten des Römischen Statuts 20022 hat der Inter-
nationalen Strafgerichtshofs in Den Haag viele Höhen und Tiefen erlebt und versucht nun, eine
nicht zu unterschätzende Krise zu überwältigen. Seine in den Gründungstagen einst größten
Befürworter und Unterstützer befinden sich nun in den Reihen seiner lautesten Kritiker und
Gegner. Diese Arbeit erörtert die Beziehung des Internationalen Strafgerichtshofs (im Folgen-
den IStGH) zu Afrika. Dabei werden die möglichen Ursachen und Hintergründe der Unzufrie-
denheit der afrikanischen Staaten behandelt.

Beginnend wird im Kapitel Der IStGH – Allgemein auf die Gründungsgeschichte des IStGH und,
zum besseren Verständnis der später behandelten Kapitel, grob auf seine allgemeinen Merk-
male eingegangen. Dies beinhaltet seine gesetzliche Grundlage, die Zuständigkeit in sämtlichen
Aspekten, seinen Aufbau bis hin zum – im Laufe der Zeit entwickelten – Opferschutz.

Im Kapitel Die Vertragsstaaten soll veranschaulicht werden, wie der IStGH in die Staatenge-
meinschaft eingebunden ist, sprich welche Aufgaben und Pflichten die einzelnen Mitgliedsstaa-
ten haben und, in diesem Zusammenhang, wie „unabhängig“ der IStGH tatsächlich ist. Außer-
dem wird das Verhältnis zu Drittstaaten, also Staaten die sich nicht dem Römischen Statut (im
Folgenden Röm. Statut) unterworfen haben behandelt.

Das anschließende Kapitel Geschichte des IStGH veranschaulicht, wo und wie der IStGH bereits
in den letzten beinahe 20 Jahren tätig war. Es wird gezeigt, wie oft es wirklich zu einer Anklage
und schließlich zu einem Urteil bzw. Freispruch kam.

Das Kernstück dieser Arbeit ab dem 5. Kapitel beleuchtet zunächst einige Schlüsselmomente
des IStGH. Bei diesen handelt es sich um die Verfahren in Uganda, der Demokratischen Republik
Kongo (im Folgenden DRK), der Zentralafrikanische Republik, der Elfenbeinküste und dem Su-
dan. Es wird sich zeigen, dass sich diese Prozesse durch politische Schachzüge, Abkommen und
innere Unruhen als langwierig und äußerst kompliziert charakterisierten.

1
  Vgl. United Nations Treaty Collection.
https://treaties.un.org/Pages/ViewDetails.aspx?src=TREATY&mtdsg_no=XVIII-10&chapter=18&clang=_en
(abgefragt am 16. 5. 2020).
2
  Siehe Ratifikationstext, Erklärung der Republik Österreich gemäß Art. 87 Abs. 2 des Römischen Statuts.
                                                                                                           6
Anschließend werden im Kapitel 6. Kritik am IStGH die einzelnen Kritikpunkte erörtert. Dabei
handelt es sich um die Vorwürfe der Voreingenommenheit gegenüber afrikanischen Staaten,
der Diskriminierung, des Rassismus und des Post-Kolonialismus. Auch die Rolle der United Na-
tions Organisation (deutsch: Vereinigte Nationen; im Folgenden UNO) und insbesondere die
des Sicherheitsrates (Organ der UNO) wird behandelt. Dies vor allem aufgrund der Kontroverse,
dass zwar der Sicherheitsrat die Befugnis besitzt, dem IStGH Fälle zu unterbreiten (auch in Staa-
ten, die sich nicht dem Röm. Statut unterworfen haben), jedoch drei der fünf ständigen Mit-
glieder des Sicherheitsrates, nämlich die USA, Russland und China, sich nicht dem Römischen
Statut unterworfen haben und jeder der ständigen Mitglieder ein absolutes Vetorecht besitzt.
Ein weiterer, nicht außer Acht zu lassender Faktor stellt das Office of the Prosecution (deutsch:
Anklagebehörde; im Folgenden OTP) des IStGH dar. Der erstamtierende Chefankläger Luis Mo-
reno Ocampo aus Argentinien sieht sich schweren Vorwürfen und Beschuldigungen konfron-
tiert. Seine Nachfolgerin, Fatou Bensouda aus Gambia, muss neben juristischen auch große po-
litische Herausforderungen meistern. Der IStGH als Ganzes hat mit dem Vorwurf einer fehlen-
den Vertrauenswürdigkeit, Autorität und Zuverlässigkeit zu kämpfen.

All diese Kritik gipfelte darin, dass die AU ihre Vertragsstaaten aufforderte, den IStGH zu verlas-
sen. Im Kapitel Aufforderung der Afrikanischen Unionen eines kollektiven Austritts werden die
Folgen dieser Anweisung behandelt.

Im letzten Teil geht es darum, die Vorteile des IStGH herauszuheben, die Probleme zu ordnen
und verschiedenste Lösungsansätze zusammenzuführen.

                                                                                                 7
2. Der IStGH - Allgemein
    2.1 Gründung
Die Gründung des IStGH lässt sich auf eine langjährige Entwicklung zurückführen und entstand
durch eine Reihe von geschichtlichen Verkettungen. Als Geburtsstunde des internationalen
Strafrechts gelten die Nürnberger Prozesse3 und die Tokioter Prozesse4, bei denen die Haupt-
täter für Völkermord zur Rechenschaft gezogen wurden.5 Bis heute wirkt die Botschaft der
Nürnberger Prozesse nach.6 Seitdem kann sich niemand mehr zur Rechtfertigung von interna-
tionalen Völkerrechtsverbrechen auf staatliche Immunität berufen.7 Aufgrund des danach fol-
genden Kalten Krieges (1947-1989) konnte jedoch jahrzehntelang kein internationales Gericht
für Völkerstrafrecht eingerichtet werden.8 Bevor es schlussendlich zur Gründung des IStGH
kam, gab es in den 1990 Jahren die ad hoc eingerichteten Internationalen Kriegstribunale für
das ehemalige Jugoslawien9 (ICTY10) und Ruanda11 (ICTR12).13
Auf der Staatenkonferenz in Rom am 17. Juli 199814 wurde somit das Römische Statut, welches
auch die Rechtsgrundlage für den IStGH bildet, entwickelt. Dies baut auf einem Entwurf der
International Law Commission (im Folgenden ILC) auf.15 An dieser Staatenkonferenz waren 160
Regierungsdelegationen und 200 Vertreterinnen und Vertreter von Non Government Organi-
sations (im Folgenden NGO), welchen eine beratende Funktion zukam, beteiligt.16 120 Staaten

3
  20.11.1945-01.10.1946.
4
  03.05.1946-12.11.1948; Vgl. Arnauld, Völkerrecht3 (2016) 577.
5
  Vgl. Müller, Internationaler Strafgerichtshof - Auf Zusammenarbeit angewiesen, https://www.faz.net/aktu-
ell/politik/ausland/internationaler-strafgerichtshof-auf-zusammenarbeit-angewiesen-16155896.html (abge-
fragt am 2. 9. 2020).
6
  Vgl. Müller, Internationaler Strafgerichtshof - Auf Zusammenarbeit angewiesen, https://www.faz.net/aktu-
ell/politik/ausland/internationaler-strafgerichtshof-auf-zusammenarbeit-angewiesen-16155896.html (abge-
fragt am 2. 9. 2020).
7
  Principles of International Law recognized in the Charter of the Nürnberg Tribunal and in the Judgment of the
Tribunal, with commentaries, 1950 Vol. II.
8
  Vgl. Arnauld, Völkerrecht3 590.
9
  Resolution 827 des UNO-Sicherheitsrats vom 25. Mai 1993.
10
   UN-Kriegsverbrechertribunale für Ex-Jugoslawien.
11
   Resolution 955 des UNO-Sicherheitsrats vom 8. November 1994.
12
   UN-Kriegsverbrechertribunale für Ruanda.
13
   Vgl. Agwu, Africa and International Criminal Justice. Radical Evils and the International Criminal Court (2019)
67.
14
   Vgl. United Nations Treaty Collection, https://trea-
ties.un.org/Pages/ViewDetails.aspx?src=TREATY&mtdsg_no=XVIII-10&chapter=18&clang=_en (abgefragt am
16. 5. 2020).
15
   Vgl. Arnauld, Völkerrecht3 577.
16
   Vgl. The Coalition for the International Criminal Court, History of the ICC, http://iccnow.org/?mod=icchistory
(Stand 2. 10. 2020).
                                                                                                                8
stimmten für die Einführung des Römischen Statuts, die afrikanischen Staaten und insbeson-
dere die Afrikanische Union17 (im Folgenden AU) gehörten zu den größten Befürwortern.18 21
Staaten enthielten sich der Stimme und sieben Gegenstimmen wurden verzeichnet (unter
ihnen auch die USA).19
Es war das erste Mal in der Geschichte, dass ein internationaler Ankläger von einer ständig
wachsenden Zahl von Staaten das Mandat erhielt, unabhängig und unparteiisch Völkerrechts-
verbrechen zu verfolgen.20

     2.2 Die ursprüngliche (optimistische) Erwartung an den IStGH
Die Stimmung war zu Beginn durchaus euphorisch und man hatte sehr hohe Erwartungen an
den IStGH,21 da dessen Gründung auch eine große Veränderung im internationalen Strafrecht
darstellte. 22 Bei der Gründung des IStGH war die Grundidee, der Straflosigkeit hochrangiger
Staatsführer, die vielerorts herrscht, ein Ende zu setzen und den Opfern Unterstützung zu bie-
ten.23 Es gab die übertriebene Erwartung an den IStGH, dass dieser sich dem Unrecht der ge-
samten Welt widmen kann – was jedoch faktisch unmöglich ist.24 Hauptsächlich wurde erwar-
tet, dass Staatsführer unter der IStGH Jurisdiktion für die massenhaft autokratische Gewalt ge-
gen die eigenen Bürger verantwortlich gemacht werden können.25 Des Weiteren um die Straf-
losigkeit, welche schon viel zu lange andauert, zu stoppen.26
Nigerias Präsident Muhammadu Buhari sagte beispielsweise, dass „das Römische Statut mehr
als nur ein Gericht schuf; es schuf den Rahmen für ein Justizsystem für schreckliche Verbrechen,

17
   Die AU ist eine internationale Organisation und wurde 2002, nachfolgend der Organisation für Afrikanische
Einheit, gegründet. Sie ist die größte Pan-afrikanische Organisation, welche darauf ausgerichtet ist, eine grö-
ßere Vereinigung, Solidarität, politische Kooperation und sozioökologische Integration für afrikanische Men-
schen zu erreichen und besteht aus 55 Mitgliedsstaaten. Siehe auch Vgl. About the African Union,
https://au.int/en/overview (abgefragt am 17. 9. 2020).
18
   Vgl. Arnauld, Völkerrecht3 578.
19
   Vgl. The Coalition for the International Criminal Court, History of the ICC, http://iccnow.org/?mod=icchistory
(Stand 2. 10. 2020).
20
   Vgl. International Criminal Court, Office of the Prosecutor, https://www.icc-cpi.int/about/otp (abgefragt am
15. 5. 2020).
21
   Vgl. Arnauld, Völkerrecht3 578.
22
   Vgl. Agwu, Africa and International Criminal Justice 69.
23
   Vgl. Clarke, Affective Justice. The International Criminal Court and the Pan-Africanist Pushback (2019) 1.
24
   Vgl. Arnauld, Völkerrecht3 578.
25
   Vgl. Clarke, Affective Justice 1.
26
   Vgl. Clarke, Affective Justice 1; vgl. auch: Röm. Statut, Präambel, Paragraph 6.
                                                                                                               9
das zunächst in nationalen Gerichten verwurzelt ist, die ihre Arbeit tun, und wenn sie dies nicht
tun, springt der IStGH als Gericht der letzten Instanz ein“.27

     2.3 Gesetzliche Grundlage
Der IStGH besitzt über eine eigene Völkerrechtspersönlichkeit und ist kein Organ der UNO aber
mit dieser über ein relationship agreement (deutsch: Kooperationsabkommen) verbunden.28
Für den IStGH gilt als Rechtsgrundlage das Römische Statut.29 Die Vertragsstaatenversamm-
lung30 hat zusätzlich noch zwei weitere Vereinbarungen getroffen, welche das Römische Statut
konkretisieren. Auf materieller Ebene die sogenannten Verbrechenselemente31 und auf formel-
ler Ebene die Verfahrens- und Beweisregeln des IStGH.32 Des Weiteren spielen die allgemeinen
Rechtsgrundsätze des Völkerstrafrechts33 eine erhebliche Rolle.34
Gemäß dem Territorialitätsprinzip verfügen grds. die nationalen Staaten die Strafgewalt über
Taten, welche auf ihrem Hoheitsgebiet begangen werden.35 Seit der Gründung des IStGH ist
dies nun anders. Die internationale Gemeinschaft ist Träger des Strafanspruchs – die Legitima-
tion ergibt sich aus dem Konsens der Staaten, die verbotenen Handlungen zu internationalen
Verbrechen zu erklären.36 Mit anderen Worten, bestimmte Rechtsgüter sind für die internatio-
nale Völkerrechtsgemeinschaft so bedeutend, dass ihre Verletzung von Völkerrechts wegen
strafrechtlich zu verfolgen ist.37 Die Besonderheit besteht darin, dass bei Taten, die gegen die

27
   Vgl. Ugwuanyi, Full text of Buhari's address at International Criminal Court event, https://daily-
post.ng/2018/07/17/full-text-buharis-address-international-criminal-court-event/ (abgefragt am 13. 5. 2020).
28
   Art. 2, 4 Röm-Statut.
29
   Art. 1 Röm-Statut.
30
   Die Vertragsstaatenversammlung ist das leitende Aufsichts- und Gesetzgebungsorgan des Gerichtshofs und
setzt sich aus Vertretern der Staaten zusammen, die das Römische Statut ratifiziert haben oder ihm beigetreten
sind; Vgl. Secretariat of the Assembly of States Parties, Assembly of States Parties, https://www.icc-
cpi.int/Publications/aspENG.pdf (abgefragt am 1. 10. 2020).
31
   Art. 9 Röm-Statut.
32
   Art. 51 Röm-Statut.
33
   Siehe Teil 3 Röm-Statut: nullum crimen sine lege, nulla poena sine lege, Rückwirkungsverbot ratione per-
sonae, ne bis in idem, etc.
34
   Vgl. Arnauld, Völkerrecht3 579.
35
   Vgl. Arnauld, Völkerrecht3 579.
36
   Vgl. Arnauld, Völkerrecht3 575.
37
   Vgl. Arnauld, Völkerrecht3 575.
                                                                                                           10
Grundwerte der Völkerrechtsgemeinschaft38 verstoßen,39 die internationale Strafgerichtsbar-
keit direkt durch den IStGH durchgesetzt wird.40 Durch diese Änderung können (Anm.: theore-
tisch) Ungleichheiten zwischen den verschiedenen Staaten ausgeglichen werden.41
Neben den Möglichkeiten, völkerstrafrechtliche Verbrechen durch den IStGH oder durch
ad hoc Kriegstribunale (z.B. ICTY, ICTR) zu verfolgen, gibt es auch die Möglichkeit der „Hybrid-
Gerichte“ (gemischt-internationale Tribunale), wie bspw. der 2002 eingerichtete Spezialge-
richtshof für Sierra Leone (SCSL42).43 Solche Gerichte setzten sich teils aus lokalen und teils in-
ternationalen Richtern zusammen.44

     2.4 Zuständigkeit
Der IStGH besitzt keine universelle Jurisdiktion, er ist nur zuständig, wenn unter anderem die
Voraussetzungen des Art. 12 Röm. Statut geben sind. Durch die Unterzeichnung des Römischen
Statuts haben die Mitgliedsstaaten ihre eigene Souveränität hinsichtlich der Jurisprudenz über
bestimmte internationale Verbrechen aufgegeben und stattdessen diese Verantwortung dem
IStGH übertragen.45 Der IStGH besitzt aktuell die Jurisdiktion für Völkerrechtsverbrechen in 123
Staaten.46 Die Verbrechen müssen von einem Staatsangehörigen eines Vertragsstaats oder im
Hoheitsgebiet eines Vertragsstaats begangen worden sein. 47 Ausnahmsweise können Staaten
die Gerichtsbarkeit auch auf einer ad hoc Basis anerkennen, indem sie eine Erklärung nach Art.
12 Abs. 3 Röm. Statut abgeben.48
Er ist sachlich für die völkerrechtlichen Kernverbrechen49, Völkermord, Verbrechen gegen die
Menschlichkeit oder Kriegsverbrechen zuständig, welche nach dem 1. Juli 200250 (nach dem

38
   Anm.: Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Kriegsverbrechen und das Verbrechen der Aggres-
sion.
39
   Vgl. Arnauld, Völkerrecht3 574.
40
   Vgl. Arnauld, Völkerrecht3 576.
41
   Vgl. Arnauld, Völkerrecht3 576.
42
   Special Court for Sierra Leone.
43
   Vgl. Arnauld, Völkerrecht3 590.
44
   Vgl. Arnauld, Völkerrecht3 590.
45
   Vgl. Clarke, Affective Justice 1.
46
   Vgl. The States Parties to the Rome Statute, https://asp.icc-cpi.int/en_menus/asp/states%20par-
ties/Pages/the%20states%20parties%20to%20the%20rome%20statute.aspx (abgefragt am 15. 5. 2020).
47
    Vgl. International Criminal Court, How the Court works, https://www.icc-cpi.int/about/how-the-court-
works/Pages/default.aspx#legalProcess (abgefragt am 15. 5. 2020).
48
   Vgl. International Criminal Court, Office of the Prosecutor, https://www.icc-cpi.int/about/otp (abgefragt am
15. 5. 2020).
49
   Art. 5 ff Röm-Statut.
50
   Art. 126 Röm-Statut; Vgl. Clarke, Affective Justice 1.
                                                                                                            11
Inkrafttreten des Römischen Statuts) begangen wurden.51 Seit dem 17. Juli 2018 kann eine Si-
tuation, in der ein Angriffsakt (Verbrechen der Aggression) stattgefunden zu haben scheint,
vom Sicherheitsrat gem. Kapitel VII der Charta der UNO an den IStGH verwiesen werden, unab-
hängig davon, ob es sich um Vertragsstaaten oder Drittstaaten handelt.52 Des Weiteren können
nur natürliche Personen, welche das 18. Lebensjahr vollendet haben, verfolgt werden.53 Der
IStGH beschäftigt sich aber nicht nur mit „internationalen“ Verbrechen. Betreffend den Verbre-
chen des Völkermordes, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen ist der
IStGH auch zuständig, wenn sich diese Verbrechen territorial nur innerstaatlich abspielen.54
Beim Verbrechen der Aggression muss jedoch eine internationale Komponente gegeben sein.55

Gem. Art. 13 des Römischen Statuts kann das Verfahren – wenn die anderen vorher genannten
Kriterien zutreffen – auf drei verschiedene Arten eingeleitet werden. Erstens jeder Vertrags-
staat des Römischen Statuts kann das Office of the Prosecutor (deutsch: Anklagebehörde des
IStGH; im Folgenden OTP) ersuchen, eine Untersuchung durchzuführen.56 Dies war in der DRK,
in Uganda, bei zwei Gelegenheiten in der Zentralafrikanischen Republik und in Mali der Fall.57
Die zweite Möglichkeit ist, wenn das OTP nach Genehmigung der Richter von Amts wegen,
proprio motu, eine Untersuchung einleitet.58 Dies war bspw. in Kenia, der Elfenbeinküste, Ge-
orgien und Bangladesch/Myanmar der Fall.59 Das OTP kann von sich aus keine Ermittlungen in
Bezug auf Drittstaaten/Nichtvertragsstaaten des Römischen Statuts einleiten, es sei denn, die
Angelegenheit betrifft Staatsangehörige von Vertragsstaaten, die angeblich an der Begehung
von Verbrechen nach dem Römischen Statut im Hoheitsgebiet des betreffenden Nichtvertrags-
staates beteiligt sind.60

51
   Vgl. International Criminal Court, How the Court works, https://www.icc-cpi.int/about/how-the-court-
works/Pages/default.aspx#legalProcess (abgefragt am 15. 5. 2020).
52
    Vgl. International Criminal Court, How the Court works, https://www.icc-cpi.int/about/how-the-court-
works/Pages/default.aspx#legalProcess (abgefragt am 15. 5. 2020).
53
   Vgl. Arnauld, Völkerrecht3 592.
54
   Vgl. Agwu, Africa and International Criminal Justice 71.
55
   Vgl. Agwu, Africa and International Criminal Justice 71.
56
   Art. 13 lit. a, 14 Röm-Statut.
57
   Vgl. International Criminal Court, Office of the Prosecutor, https://www.icc-cpi.int/about/otp (abgefragt am
15. 5. 2020).
58
   Art. 13 lit. c Röm-Statut.
59
   Vgl. International Criminal Court, Office of the Prosecutor, https://www.icc-cpi.int/about/otp (abgefragt am
15. 5. 2020).
60
   Vgl. International Criminal Court, Office of the Prosecutor, https://www.icc-cpi.int/about/otp (abgefragt am
15. 5. 2020).
                                                                                                            12
Die dritte Möglichkeit stellt zudem auch die drastischste Maßnahme dar. Der Sicherheitsrat der
UNO kann dem OTP eine Situation überweisen, die so genannte Third Party Jurisdiction.61 Dies
ist auch dann möglich, wenn die Situation nicht in die Zuständigkeit des Gerichtshofs fällt, d.h.
er kann dem IStGH auch die Zuständigkeit für Drittstaaten des Römischen Statuts übertragen.
Bisher hat sich diese Möglichkeit im Hinblick auf die Situationen in Darfur (Sudan) und Libyen
ergeben.62 Diese Variante wird jedoch vielfach kritisiert und stellt politisch ein großes, sensibles
Problem dar. Auf diese Probleme und Kritikpunkte wird in den folgenden Kapiteln eingegangen.

Der IStGH übt gem. Art. 17 Röm. Statut seine Gerichtsbarkeit nur komplementär zu den staat-
lichen Gerichten aus. Das heißt, er darf nur tätig werden, wenn der Staat der eigentlich zustän-
dig wäre, nicht Willens oder nicht in der Lage ist, die Straftat zu verfolgen. Ist dies nicht der Fall,
ist ein Verfahren vor dem IStGH unzulässig. Bereits ernsthafte Ermittlungen der staatlichen Be-
hörden reichen aus, um die Zuständigkeit des IStGH zu verneinen, Scheinverfahren schließen
die Zuständigkeit des IStGH jedoch nicht aus.63
Durch den Grundsatz der Komplementarität wird es jedoch immer unterschiedliche Verfahren
geben, denn jeder souveräne Staat hat seine eigenen Gesetze und Verfahren und dies führt
dazu, dass die Verfolgung der Straftaten unterschiedlich erfolgt.64
Außerdem gilt gem. Art. 20 Röm. Statut ein strenges Doppelbestrafungsverbot, ne bis in idem.
Der IStGH darf niemanden verurteilen, der sich bereits wegen derselben Tat vor irgendeinem
Gericht verantworten musste – unabhängig davon, ob die Entscheidung ein Urteil oder einen
Freispruch darstellt.

     2.5 Tatbestände, welche die Zuständigkeit des IStGH begründen
Im Folgenden wird für das bessere Verständnis auf die bereits angesprochenen völkerrechtli-
chen Kernverbrechen eingegangen. Das Römische Statut überträgt dem IStGH die Gerichtsbar-
keit für die vier völkerrechtlichen Kernverbrechen Völkermord, Verbrechen gegen die Mensch-
lichkeit, Kriegsverbrechen und das Verbrechen der Aggression.65

61
   Art. 13 lit. b Röm-Statut.
62
   Vgl. International Criminal Court, Office of the Prosecutor, https://www.icc-cpi.int/about/otp (abgefragt am
15. 5. 2020).
63
   Art. 17 Abs. 2 lit. a-c Röm-Statut; Vgl. Arnauld, Völkerrecht3 594.
64
   Vgl. Arnauld, Völkerrecht3 598.
65
   Vgl. International Criminal Court, How the Court works, https://www.icc-cpi.int/about/how-the-court-
works/Pages/default.aspx#legalProcess (abgefragt am 15. 5. 2020).
                                                                                                              13
2.5.1   Völkermord – Art. 6 Röm. Statut
Dieser Tatbestand kennzeichnet die spezifische, diskriminierende Absicht, eine bestimmte (na-
tionale, ethnische, rassische oder religiöse) Gruppe durch die Tötung ihrer Mitglieder oder auf
andere Weise ganz oder teilweise zu zerstören.66 Dies erfolgt durch die Zufügung schwerer kör-
perlicher oder geistiger Schäden an Mitgliedern der Gruppe.67 Darunter fällt die absichtliche
Zufügung von Lebensbedingungen, welche die physische Zerstörung der Gruppe ganz oder teil-
weise herbeiführt oder auch die Verhängung von Maßnahmen, die beabsichtigt, Geburten in-
nerhalb der Gruppe zu verhindern oder die gewaltsame Überführung von Kindern der Gruppe
in eine andere Gruppe.68
Die Vertreibung allein reicht für diesen Tatbestand nicht aus.69 Dieses Merkmal stellt den Un-
terschied zu den anderen völkerrechtlichen Kernverbrechen, nämlich Verbrechen gegen die
Menschlichkeit und Kriegsverbrechen, dar.

     2.5.2      Verbrechen gegen die Menschlichkeit – Art. 7 Röm. Statut
Hierbei handelt es sich um schwere Verstöße, die im Rahmen eines groß angelegten Angriffs
gegen die Zivilbevölkerung begangen werden.70 Zu den 15 Formen von Verbrechen gegen die
Menschlichkeit, gehören Straftaten wie Mord, Vergewaltigung, Inhaftierung, gewaltsames Ver-
schwindenlassen, Ausrottung, Versklavung, sexuelle Sklaverei, Folter, Zufügung sonstiger
schwerer physischer oder psychischer Leiden, Apartheid und Deportation.71
Dieses Verbrechen richtet sich nicht gegen eine bestimmte, geschlossene Gruppe, sondern ge-
gen eine beliebige Zivilbevölkerung.72 Die Tathandlungen überschneiden sich jedoch mit denen
des Völkermordes.73

66
   Vgl. International Criminal Court, How the Court works, https://www.icc-cpi.int/about/how-the-court-
works/Pages/default.aspx#legalProcess (abgefragt am 15. 5. 2020).
67
   Vgl. International Criminal Court, How the Court works, https://www.icc-cpi.int/about/how-the-court-
works/Pages/default.aspx#legalProcess (abgefragt am 15. 5. 2020).
68
    Vgl. International Criminal Court, How the Court works, https://www.icc-cpi.int/about/how-the-court-
works/Pages/default.aspx#legalProcess (abgefragt am 15. 5. 2020).
69
   Vgl. Arnauld, Völkerrecht3 586.
70
    Vgl. International Criminal Court, How the Court works, https://www.icc-cpi.int/about/how-the-court-
works/Pages/default.aspx#legalProcess (abgefragt am 15. 5. 2020).
71
    Vgl. International Criminal Court, How the Court works, https://www.icc-cpi.int/about/how-the-court-
works/Pages/default.aspx#legalProcess (abgefragt am 15. 5. 2020).
72
   Vgl. Arnauld, Völkerrecht3 587.
73
   Vgl. Arnauld, Völkerrecht3 587.
                                                                                                     14
2.5.3       Kriegsverbrechen – Art. 8 Röm. Statut
Dieser Tatbestand stellt eine schwere Verletzung der Genfer Konventionen im Zusammenhang
mit bewaffneten Konflikten74 und somit schwere Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht
dar.75 Dazu zählen bspw. der Einsatz von Kindersoldaten, die Tötung oder Folter von Zivilisten
oder Kriegsgefangenen, vorsätzliche Angriffe auf Krankenhäuser, historische Denkmäler oder
Gebäude, die der Religion, Bildung, Kunst, Wissenschaft oder karitativen Zwecken dienen.76 Das
Besondere an diesem Tatbestand ist, dass das IStGH-Statut einen Katalog mit über 500 genau
definierten Einzelstraftatbeständen enthält.77

     2.5.4       Verbrechen der Aggression – Art. 8bis Röm. Statut
Das vierte Verbrechen, welches in die Zuständigkeit des IStGH fällt, ist das Verbrechen der Ag-
gression78 und bedeutet eigentlich Verbrechen gegen den Frieden.79 Es stellt ein Sonderstraf-
recht gegen politische und militärische Führung dar,80 also die Anwendung von Waffengewalt
durch einen Staat gegen die Souveränität, Integrität oder Unabhängigkeit eines anderen Staa-
tes.81 Es wird somit die Souveränität der einzelnen Staaten geschützt.82
Am 15. Dezember 2017 verabschiedete die Vertragsstaatenversammlung eine Resolution über
die Aktivierung der Zuständigkeit des IStGH für das Verbrechen der Aggression.83 Somit werden
diejenigen bestraft, die einen Angriffskrieg bzw. eine Angriffshandlung mit dem Stichtag 17. Juli
2018 führen.84

74
    Vgl. International Criminal Court, How the Court works, https://www.icc-cpi.int/about/how-the-court-
works/Pages/default.aspx#legalProcess (abgefragt am 15. 5. 2020).
75
   Vgl. Arnauld, Völkerrecht3 587.
76
   Vgl. International Criminal Court, How the Court works, https://www.icc-cpi.int/about/how-the-court-
works/Pages/default.aspx#legalProcess (abgefragt am 15. 5. 2020).
77
   Vgl. Arnauld, Völkerrecht3 587.
78
    Vgl. International Criminal Court, How the Court works, https://www.icc-cpi.int/about/how-the-court-
works/Pages/default.aspx#legalProcess (abgefragt am 15. 5. 2020).
79
   Vgl. Arnauld, Völkerrecht3 586.
80
   Art. 8bis Abs. 1 Röm-Statut; Vgl. Arnauld, Völkerrecht3 588.
81
   Anhaltspunkt ist die Aggressionsdefinition der UN Generalversammlung; Vgl. Arnauld, Völkerrecht3 588.
82
   Vgl. Arnauld, Völkerrecht3 588.
83
   Siehe Resolution ICC-ASP/16/Res.5.
84
    Vgl. International Criminal Court, How the Court works, https://www.icc-cpi.int/about/how-the-court-
works/Pages/default.aspx#legalProcess (abgefragt am 15. 5. 2020).
                                                                                                     15
2.6 Aufbau des IStGH
Der IStGH besteht aus folgenden Organen: dem Präsidium, den drei richterlichen Abteilungen
(Vorverfahren, Hauptverhandlung, Berufung), dem OTP (Anklagebehörde) und der Kanzlei.85 In
der Anklagebehörde gibt es wiederum die drei Abteilungen „Jurisdiktion, Komplementarität
und Kooperation“, „Untersuchungsabteilung“ und die „Anklageabteilung“.86
Die 18 Richter des IStGH werden von der Vertragsstaatenversammlung aufgrund ihrer Qualifi-
kation, Unparteilichkeit und Integrität gewählt und haben eine neunjährige, nicht verlänger-
bare Amtszeit.87
Das OTP ist ein unabhängiges Organ des Gerichtshofs.88 Es ist zuständig für die Untersuchung
von Situationen, die in den Zuständigkeitsbereich des Gerichts fallen, sowie für die Durchfüh-
rung von Ermittlungen und Strafverfolgung der Personen, die für Völkerrechtsverbrechen an-
geblich am meisten verantwortlich sind.89 Wie die Richter des Gerichtshofs, werden die Chef-
anklägerin bzw. der Chefankläger und die stellvertretende Anklägerin bzw. der stellvertretende
Ankläger von der Vertragsstaatenversammlung für ein nicht verlängerbares Mandat von neun
Jahren gewählt.90 Das OTP wird seit 2012 von der Chefanklägerin, Fatou Bensouda aus Gambia,
gem. Art. 42 Röm. Statut geleitet. Ihr Stellvertreter ist James Stewart aus Kanada.91 Dem OTP
kommt eine äußerst wichtige Funktion zu, da dieses auch mitentscheidet, welche Verfahren
vor dem IStGH prozessiert werden.

85
   Vgl. International Criminal Court, In the Courtroom, https://www.icc-cpi.int/about/Pages/in-the-court-
room.aspx# (abgefragt am 15. 5. 2020).
86
   Vgl. International Criminal Court, Office of the Prosecutor, https://www.icc-cpi.int/about/otp (abgefragt am
15. 5. 2020).
87
   Vgl. International Criminal Court, Judicial Divisions, https://www.icc-cpi.int/about/judicial-divisions
(abgefragt am 15.5.2020).
88
   Vgl. International Criminal Court, Office of the Prosecutor, https://www.icc-cpi.int/about/otp (abgefragt am
15. 5. 2020).
89
   Vgl. International Criminal Court, Office of the Prosecutor, https://www.icc-cpi.int/about/otp (abgefragt am
15. 5. 2020).
90
   Vgl. International Criminal Court, Office of the Prosecutor, https://www.icc-cpi.int/about/otp (abgefragt am
15. 5. 2020).
91
   Vgl. International Criminal Court, Office of the Prosecutor, https://www.icc-cpi.int/about/otp (abgefragt am
15. 5. 2020).
                                                                                                            16
2.6.1   Exkurs: Steckbrief Fatou Bensouda
Am 12. Dezember 2011 wurde Fatou Bensouda aus Gambia von der Versammlung der Ver-
tragsstaaten im Konsens zur Chefanklägerin des IStGH gewählt und am 15. Juni 2012 verei-
digt.92 Ihre Amtsperiode geht bis zum 15. Juni 2021. Zuvor hatte Bensouda das Amt der stell-
vertretenden Anklägerin des Internationalen Strafgerichtshofs inne, nachdem sie am 8. August
2004 von der Versammlung der Vertragsstaaten gewählt wurde und als solche bis Mai 2012
tätig war.93 Vor ihrer Tätigkeit beim IStGH war Bensouda als Rechtsberaterin und Prozessan-
wältin beim Internationalen Strafgerichtshof für Ruanda (ICTR) in Arusha, Tansania, tätig, wo
sie zur leitenden Rechtsberaterin und Leiterin der Rechtsberatungseinheit aufstieg.94 Bensouda
diente auch als Delegierte bei den Konferenzen der UNO zur Verbrechensverhütung, bei den
Ministertagungen der Organisation für Afrikanische Einheit über Menschenrechte und als De-
legierte Gambias bei den Sitzungen der Vorbereitungskommission für den IStGH.95

     2.7 Verfahren
Das Verfahren wird durch die Anklage eingeleitet, wenn dafür eine vernünftige Grundlage be-
steht und der Grundsatz der Komplementarität und sonstige Erwägungen – wie bereits in den
oberen Kapiteln erwähnt – dafür nicht im Wege stehen.96 Die in Art. 53 Abs. 1 lit. a bis c
Röm. Statut genannten Faktoren bilden den rechtlichen Rahmen für eine Voruntersuchung.97
Dieser Artikel sieht vor, dass der Ankläger, um festzustellen, ob es eine angemessene Grundlage
für die Untersuchung der Situation gibt, Folgendes prüft: die Zuständigkeit (zeitliche, territori-
ale oder persönliche und materielle), die Zulässigkeit (Komplementarität und Schwere) und die
Interessen der Justiz.98 Einige Maßnahmen kann das OTP während den Ermittlungen selbst vor-

92
   Vgl. International Criminal Court, Fatou Bensouda, https://www.icc-cpi.int/about/otp/who-s-who/Pa-
ges/Fatou-Bensouda.aspx (Stand 1. 9. 2020).
93
   Vgl. International Criminal Court, Fatou Bensouda, https://www.icc-cpi.int/about/otp/who-s-who/Pa-
ges/Fatou-Bensouda.aspx (Stand 1. 9. 2020).
94
   Vgl. International Criminal Court, Fatou Bensouda, https://www.icc-cpi.int/about/otp/who-s-who/Pa-
ges/Fatou-Bensouda.aspx (Stand 1. 9. 2020).
95
   Vgl. International Criminal Court, Fatou Bensouda, https://www.icc-cpi.int/about/otp/who-s-who/Pa-
ges/Fatou-Bensouda.aspx (Stand 1. 9. 2020).
96
   Art. 53 Röm-Statut.
97
   Vgl. International Criminal Court, Preliminary examinations, https://www.icc-cpi.int/pages/pe.aspx (abgefragt
am 15. 5. 2020).
98
   Vgl. International Criminal Court, Preliminary examinations, https://www.icc-cpi.int/pages/pe.aspx (abgefragt
am 15. 5. 2020).
                                                                                                             17
nehmen, für andere, bspw. einen Haftbefehl, braucht sie die Genehmigung der Vorverfahrens-
kammer.99 Das OTP ersucht Staaten und internationale Organisationen um Zusammenarbeit
und Unterstützung.100 Die Ermittler müssen darauf achten, keine Gefahr für die Opfer und Zeu-
gen zu schaffen.101 Das OTP muss belastende und entlastende Umstände gleichermaßen unter-
suchen.102
Als nächster Schritt kommt das Vorverfahren, welches in Form einer mündlichen Verhandlung
über die Eröffnung des Hauptverfahrens entscheidet.103 Die Hauptverfahrenskammer urteilt
dann über den Angeklagten und kann auch Opferentschädigungen aussprechen.104 Gegen die-
ses Urteil ist schlussendlich noch die Berufung möglich.105

     2.8 Aufgaben und Zweck des IStGH
Die Arbeit des IStGH ist weitreichend und vielfältig und geht nach Kamari Maxine Clarke106 weit
über das Römische Statut hinaus.107 Dadurch soll gewährleistet werden, dass die Bestrafung
von Straftaten welche insbesondere die Prinzipien der Humanität verletzten, unabhängig von
politischen Kalkulationen und Entscheidungen, erfolgt.108 Mit dem IStGH obliegt die Strafge-
richtsbarkeit nicht mehr irgendwelchen ad hoc Tribunalen oder sonstigen nationalen Gerich-
ten109 – somit wird die Wichtigkeit einer solchen Einrichtung unterstrichen.110
Fatou Bensouda betonte auf einem öffentlichen Forum in Albany, New York im April 2012, als
sie zur leitenden Chefanklägerin des IStGH wurde, dass das Mandat des Gerichts für Gerechtig-
keit sich darauf konzentriere, den Opfern durch rechtliche Rechenschaftspflicht zu dienen. Wei-
ters sagte sie: „Wir sollten uns nicht von den Worten und der Propaganda einiger einflussreicher
Personen leiten lassen, deren einziges Ziel es ist, sich der Gerechtigkeit zu entziehen, sondern

99
   Art. 57 Abs. 3 Röm-Statut.
100
    Vgl. International Criminal Court, Situations under investigation, https://www.icc-cpi.int/pages/situation.aspx
(abgefragt am 15. 5. 2020).
101
    Vgl. International Criminal Court, Situations under investigation, https://www.icc-cpi.int/pages/situation.aspx
(abgefragt am 15. 5. 2020).
102
    Vgl. International Criminal Court, Situations under investigation, https://www.icc-cpi.int/pages/situation.aspx
(abgefragt am 15. 5. 2020).
103
    Art. 61 Röm-Statut.
104
    Art. 74f Röm-Statut.
105
    Teil 8 Röm-Statut.
106
    Professor für Anthropologie an der University of California, Los Angeles.
107
    Vgl. Clarke, Affective Justice 25.
108
    Vgl. Agwu, Africa and International Criminal Justice 70.
109
    Vgl. Agwu, Africa and International Criminal Justice 70.
110
    Vgl. Agwu, Africa and International Criminal Justice 70.
                                                                                                                18
wir sollten uns vielmehr auf die Millionen von Opfern konzentrieren und ihnen zuhören, die wei-
terhin unter massiven Verbrechen leiden.“111

  2.9 Opferschutz und Opferentschädigung
Seit den Nürnbergern Prozessen hat sich der Umgang mit Opfern von Völkerrechtsverbrechen
grundlegend verändert.112 War es ursprünglich das Ziel, die Täter „nur“ zur Rechenschaft zu
ziehen, ist es im Laufe der Zeit immer mehr in den Fokus gerückt, auch den Opfern Gehör und
Beachtung zu verschaffen.113 So wurde 2004 der Trust fund for Victims (Treuhandfonds für Op-
fer) von der Vertragsstaatenversammlung in Übereinstimmung mit Art. 79 Röm. Statut einge-
richtet.114 Die Aufgabe des Fonds besteht darin, Programme zu unterstützen und umzusetzen,
die sich mit den Schäden aus Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsver-
brechen befassen.115 Um dieses Ziel zu erreichen, hat der Trust fund for Victims ein zweifaches
Mandat:
(i) gerichtlich angeordnete Wiedergutmachungen durchzuführen und
(ii) den Opfern und ihren Familien physische, psychologische und materielle Unterstützung zu
gewähren.116
Mit dem Fall Lubanga aus der DRK wurden 2012 zum ersten Mal den Opfern Reparationsleis-
tungen zugesprochen. 117 Die Stellung der Opfer gewann durch diesen Fall beachtlich an Bedeu-
tung.118

111
    Vgl. Bensouda, Africa and International Law: Taking Stock and Moving Forward, Albany Law School, New
York (2015).
112
    Vgl. Clarke, Affective Justice 85.
113
    Vgl. Clarke, Affective Justice 85.
114
     Vgl. International Criminal Court, How the Court works, https://www.icc-cpi.int/about/how-the-court-
works/Pages/default.aspx#legalProcess (abgefragt am 15. 5. 2020).
115
     Vgl. International Criminal Court, How the Court works, https://www.icc-cpi.int/about/how-the-court-
works/Pages/default.aspx#legalProcess (abgefragt am 15. 5. 2020).
116
     Vgl. International Criminal Court, How the Court works, https://www.icc-cpi.int/about/how-the-court-
works/Pages/default.aspx#legalProcess (abgefragt am 15. 5. 2020).
117
    Vgl. Stahn, Daedalus or Icarus? Footprints of international criminal justice over a quarter of a century, Zeit-
schrift für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht: ZaöRV 2017, 371 (390).
118
    Vgl. Stahn, Zeitschrift für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht: ZaöRV 2017, 371 (390).
                                                                                                                19
3. Die Vertragsstaaten

       The States Parties to the Rome Statute, https://asp.icc-cpi.int/en_menus/asp/states%20par-
       ties/Pages/the%20states%20parties%20to%20the%20rome%20statute.aspx (abgefragt am 15. 5. 2020).

123 Länder haben sich dem Römischen Statut unterworfen und sind somit Vertragsstaaten des
IStGH.119 Davon sind 33 afrikanische Staaten, 19 asiatisch-pazifische Staaten, 18 osteuropäische
Staaten, 28 lateinamerikanische und karibische Staaten sowie 25 westeuropäische und andere
Staaten.120 Die Teilnahme am Vertragssystem des Römischen Statuts ist freiwillig.121

  3.1 Aufgaben und Pflichten der Vertragsstaaten
Wenn die Staaten das Römische Statut unterzeichnen und ratifizieren, dann übernehmen sie
die Verantwortung den IStGH bei der Verfolgung von Verbrechen, die der Gerichtsbarkeit des
Gerichts unterliegen, zu unterstützen.122 Die Vertragsstaaten akzeptieren somit dessen Ge-
richtsbarkeit und arbeiten daran, die im Römischen Statut festgelegten Regeln in ihr eigenes

119
    Vgl. The States Parties to the Rome Statute, https://asp.icc-cpi.int/en_menus/asp/states%20parties/Pa-
ges/the%20states%20parties%20to%20the%20rome%20statute.aspx (abgefragt am 15. 5. 2020).
120
    Vgl. The States Parties to the Rome Statute, https://asp.icc-cpi.int/en_menus/asp/states%20parties/Pa-
ges/the%20states%20parties%20to%20the%20rome%20statute.aspx (abgefragt am 15. 5. 2020).
121
    Vgl. Yang, "On the Principle of Complementarity in the Rome Statute of the International Criminal Court.",
Chinese Journal of International Law Juni 2005, 121 (122).
122
    Vgl. Yang, Chinese Journal of International Law Juni 2005, 121 (122).
                                                                                                           20
Rechtssystem zu übernehmen.123 Auf diese Weise soll erreicht werden, dass jedes Land, wel-
ches Vertragsstaat wird, die Welt einem universellen Schutz durch IStGH etwas näher bringt.124

Die Vertragsstaaten kommen mindestens einmal im Jahr zu Tagungen der Vertragsstaatenver-
sammlung zusammen, um die Aufsicht der Geschäftsführung des Gerichtshofs zu gewährleis-
ten, z.B. durch die Aufstellung des Haushalts, die Bereitstellung von Finanzmitteln und auch
durch die Wahl der Richter und Ankläger des Gerichtshofs.125 Die Ausgaben des IStGH werden
in erster Linie von den Vertragsstaaten finanziert, er kann aber auch freiwillige Beiträge von
Regierungen, internationalen Organisationen, Einzelpersonen, Unternehmen und anderen Ein-
richtungen entgegennehmen.126 Während die Vertragsstaaten zur Zusammenarbeit mit dem
Gerichtshof verpflichtet sind, können auch Staaten, die noch keine Vertragsstaaten sind, eine
freiwillige ad hoc Zusammenarbeit leisten.127

Auch wenn der IStGH mit dem ursprünglichen Gedanken errichtet wurde, als unabhängiges
Gericht die schwersten Verbrecher zu verfolgen, ist er doch von den einzelnen Staaten abhän-
gig.128 Der neunte Teil des Römischen Statuts (Art. 86-102 Röm. Statut) verpflichtet die Mit-
gliedsstaaten zur Zusammenarbeit. Als eine reine Justizinstitution verfügt der IStGH über keine
eigenen Exekutions- oder Vollstreckungsorgane und ist daher auf die Zusammenarbeit von Ver-
tragsstaaten als auch von Drittstaaten angewiesen, dies insbesondere bei Verhaftungen, der
Überstellung festgenommener Personen in das IStGH-Gefangenenlager in Den Haag, dem Ein-
frieren von Vermögen und der Vollstreckung von Urteilen.129

123
    Vgl. International Criminal Court, How the Court works, https://www.icc-cpi.int/about/how-the-court-
works/Pages/default.aspx#legalProcess (abgefragt am 15. 5. 2020).
124
     Vgl. International Criminal Court, How the Court works, https://www.icc-cpi.int/about/how-the-court-
works/Pages/default.aspx#legalProcess (abgefragt am 15. 5. 2020).
125
     Vgl. International Criminal Court, How the Court works, https://www.icc-cpi.int/about/how-the-court-
works/Pages/default.aspx#legalProcess (abgefragt am 15. 5. 2020).
126
     Vgl. International Criminal Court, How the Court works, https://www.icc-cpi.int/about/how-the-court-
works/Pages/default.aspx#legalProcess (abgefragt am 15. 5. 2020).
127
     Vgl. International Criminal Court, How the Court works, https://www.icc-cpi.int/about/how-the-court-
works/Pages/default.aspx#legalProcess (abgefragt am 15. 5. 2020).
128
    Vgl. Arnauld, Völkerrecht3 597.
129
     Vgl. International Criminal Court, How the Court works, https://www.icc-cpi.int/about/how-the-court-
works/Pages/default.aspx#legalProcess (abgefragt am 15. 5. 2020).
                                                                                                      21
3.2 Bedeutung staatlicher Gerichte
Die einzelnen staatlichen Gerichte haben aufgrund der Komplementarität grds. die Aufgabe,
das Völkerstrafrecht selbst durchzusetzen.130 Der IStGH hat jedoch die Möglichkeit, gem. Art.
17 Röm. Statut – der Staat ist nicht Willens oder nicht in der Lage eine Strafverfolgung aufzu-
nehmen – die staatliche Strafverfolgungsmaßnahmen zu überwachen und wenn möglich
dadurch disziplinierende Maßnahmen setzten.131

    3.3 Bedeutung/Stellung des Sicherheitsrates der UNO
Dem Sicherheitsrat kommt eine besondere Stellung zu, da dieser gem. Art. 13 lit. b Röm. Statut
auch Verfahren gegen Drittstaaten – also Staaten, die sich nie dem Römischen Statut unter-
worfen haben – mittels einer Resolution nach Kapitel VII UNCh einleiten kann. Resolutionen
des Sicherheitsrates nach Kapitel VII UNCh sind gem. Art. 25 UNCh für alle Vertragsstaaten der
UNO und somit für alle Mitgliedsstaaten des IStGH verbindlich. Resolutionen nach Kapitel VII
UNCh haben gem. Art. 103 UNCh Vorrang vor allen anderen völkerrechtlichen Verpflichtungen.

Aus einer anderen Perspektive ist die Position des Sicherheitsrates genau so bedeutend, be-
achtet man, welche Staaten zu den ständigen Mitgliedern des Sicherheitsrates gehören und
somit ein absolutes Vetorecht besitzen.132 Die ständigen Mitglieder des Sicherheitsrates sind
China, Frankreich, Russland, USA und das Vereinigte Königreich.133 Das bedeutet, dass der
IStGH unmöglich ein Verfahren gegen einen Drittstaat einleiten kann, wenn einer dieser fünf
Staaten dagegen ist – unabhängig davon, wie schwerwiegend die Völkerrechtsverbrechen auch
sein mögen. Wie sich noch in dieser Arbeit zeigen wird, ist genau diese Konstellation ein großes
Problem des IStGH und lässt an seiner Objektivität zweifeln.
.
    3.4 Verhältnis zu Drittstaaten
Es gilt der Grundsatz, Verträge besitzen keine Geltung für oder gegen unbeteiligte Dritte (pacta
tertiis nec nocent nec prosunt; vgl Art. 34 WVK). Staaten, die sich nicht dem Römischen Statut
unterworfen haben, wie bspw. der Sudan, die USA und China134, sind nicht zur Zusammenarbeit

130
    Vgl. Arnauld, Völkerrecht3 597.
131
    Vgl. Arnauld, Völkerrecht3 598.
132
    Art. 27 Abs. 2 und 3 UNCh.
133
    Art. 23 Abs. 1 UNCh.
134
    Vgl. The States Parties to the Rome Statute, https://asp.icc-cpi.int/en_menus/asp/states%20parties/Pa-
ges/the%20states%20parties%20to%20the%20rome%20statute.aspx (abgefragt am 15. 5. 2020).
                                                                                                             22
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