Der Weg zu normenkonform und durchgängig sicher automa-tisierten Thermoprozessanlagen - Digital Asset Management

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Der Weg zu normenkonform und durchgängig sicher automa-tisierten Thermoprozessanlagen - Digital Asset Management
Sonderdruck
                                                                                                 Brennertechnologie | FACHBERICHT
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                                                                                                                                     ISSN 2567-3742

Der Weg zu normenkonform
und durchgängig sicher automa-
tisierten Thermoprozessanlagen
von Ulf Weißhuhn, Hermann Wübbels

Nach EN 298 zertifizierte Feuerungsautomaten gelten in sich als fehlersicher und sind Voraussetzung, um die Anforder-
ungen der EN 746-2 an industrielle Thermoprozessanlagen zu erfüllen. Was aber ist, wenn mehrere Feuerungsautomaten
von einer zentralen Steuerung zu koordinieren sind? Wenn dazu separate Sensorik und damit durchgängig sichere
Kommunikation erforderlich ist und die Gesamtanlage einer Sicherheitsbetrachtung nach der EG Maschinenrichtlinie
genügen muss? Ist sicher dann wirklich immer sicher?

The path to standard compliant and consistently safe
automated thermoprocessing equipment
Automatic burner control systems which are certified according EN 298 are the precondition to fulfil the requirements
of the EN 746-2 for industrial thermoprocessing equipment. But what if several automatic burner control systems need
to be coordinated by a central controller? If additional sensors, consistent fail-safe communication is required and the
complete system needs to fulfil the safety requirements under the EU Machinery Directive. Is safe then really always safe?

S
        icherheitsanforderungen an Produkte werden in der        Wie ist nun vorzugehen, wenn sich A-, B- und C-Normen in
        Europäischen Gemeinschaft durch EU-Richtlinien           bestimmten Punkten widersprechen oder gar gegensätz-
        geregelt, die Umsetzung dieser EU-Richtlinien sind in    liche Anforderungen an die Produkte stellen? So fordern
spezifischen Normen beschrieben. Diese Normen gliedern           beispielsweise die EN 62061 und die EN ISO 13849-1, dass
sich dabei in (Typ) A-, B- und C-Normen, wobei es sich bei       die Sicherheit von Sicherheitsfunktionen (beispielsweise
Typ A um Sicherheits-Grundnormen, bei Typ B um Sicher-           eines Flammenwächters) lückenlos vom Sensor über den
heitsfachgrund- oder Sicherheits-Gruppennormen (z. B.            Controller bis zum Aktor nachzuweisen ist. Und je nach
EN 62061 oder ISO 13849-1) und bei Typ C um Maschinen-           Gefährdungspotenzial einen Safety Integrity Level SIL1
sicherheits-Normen (z. B. EN 746-2 oder ISO 13577) handelt.      bis SIL3 bzw. einen Performance Level PLa bis PLe erfüllt.
     Für steuerungsbasierte Sicherheitslösungen sind in der EU   Die EN 746-2 besagt dagegen, dass die Sicherheit einer
die EN 62061 und die EN ISO 13849-1 unter der EG Maschinen-      Brennersteuerung nach EN 62061 (oder EN ISO 13849-1)
richtlinie 2006/42/EG harmonisiert. Dies bedeutet, dass wenn     nur für diejenigen Teile nachzuweisen ist, die nicht einer
die Sicherheitsfunktionen nach den o. g. B-Normen konzipiert     Produktzertifizierung nach Normen für industrielle Ther-
sind, die (CE)-Konformität zu den EU-Richtlinien dadurch nach-   moprozessanlagen (z. B. nach EN 298) unterliegen. Ein Bei-
gewiesen werden kann. Für industrielle Thermoprozessanlagen      spiel für eine solche Komponente wäre eine fehlersichere
ist in der EU die C-Norm EN 746 unter der Maschinenrichtlinie    Steuerung (F-CPU).
harmonisiert. Was wiederum bedeutet, dass die Konformität            In der Praxis führt das zu einem Konflikt: Ist die Anlagen-
zu den EU-Richtlinien dadurch nachgewiesen werden sollte,        sicherheit nun nach EN 62061 bzw. EN ISO 13849-1 oder
dass die Brennerlösung dieser C-Norm entspricht.                 nach EN 746-2 nachzuweisen?

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              Bild 1: Normenpyramide (Quelle: Siemens AG)

                 Die Norm, EN 13611, welche die Basis weiterer Nor-          eine „SIL-Anspruchsgrenze“ (oder einer „Kategorie“). Ein
              men für industrielle Thermoprozessanlagen ist, wie z. B.       durchgängiger Nachweis lässt sich damit nur sehr schwer
              die Produktnorm EN 298 stellt eine Verfahrensweise zur         führen. Dies führt zu der absurden Situation, dass nach
              Überführung der Bewertung der Hardware in SIL/PL zur           branchenspezifischen Normen entwickelte Produkte mit
              Verfügung. Jedoch ist dieser ermittelte SIL/PL trotz dersel-   einem SIL/PL-Level ausgeliefert werden, der aber für den
              ben normativen Grundlage, wegen der unterschiedlichen          Nachweis der Anlagensicherheit nicht genutzt werden soll.
              Zielsetzungen, nicht gleich.                                      Es stellt sich aufgrund dieser besonderen Situation also
                 Der Grund hierfür ist, dass die EN 13611 die Anforderun-    die Frage, wie überhaupt zu verfahren ist?
              gen an die Hardwareauslegung über eine „Klasse“ definiert,        Eine Antwort darauf gibt die Norm EN ISO 12100, in
              und nicht wie die EN 62061 (oder EN ISO 13849-1), über         der die hierarchische Gliederung der Normen geregelt ist

              Bild 2: Sicherheitsbetrachtung (Quelle: Siemens AG)

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     Bild 3: Schematischer Aufbau einer Thermoprozessanlage als Teil einer Maschine (Quelle: Siemens AG)

(Bild 1). Danach sind die Anforderungen an Maschinen und             ausgeführt werden muss? Wo endet die Anforderung
Anlagen umso höher einzustufen, je applikationsbezogener             der EN 746-2 – direkt am Feuerungsautomat oder erst
eine Norm ist. Das bedeutet in diesem Fall, dass die Anforde-        an der Eingabebaugruppe der Steuerung?
rungen der EN 746-2 am höchsten einzustufen sind. Im Detail      ■   Wie weiß die Steuerung mit ausreichender Robustheit,
heißt das, dass bei der Berechnung von PFH und MTTF der              ob ein angesteuerter Feuerungsautomat tatsächlich
Sicherheitsfunktionen nach Produktnormen für industrielle            arbeitet, und ist der Feuerungsautomat mit SIL3/PLe
Thermoprozessanlagen zertifizierte Produkte entsprechend             anzusteuern und der Betriebszustand mit SIL3/PLe
den Anforderungen der EN 746-2 nicht betrachtet werden.              auszulesen? Wie lässt sich nachweisen, dass mehrere
Das kommt einem Fehlerausschluss gleich – und die Produk-            Feuerungsautomaten mit SIL3/PLe zuverlässig koordi-
te fließen nicht in die Berechnung der Ausfallwahrschein-            niert werden, wenn diese keine ausreichenden Rück-
lichkeit der gesamten Sicherheitsfunktion mit ein (Bild 2).          meldungen geben?
                                                                 ■   Wie verhält es sich bei einer via Zentralsteuerung aus-
Das ist normenkonform und zulässig –                                 geführten Gasdichtheitskontrolle, wenn die dafür not-
aber sind Thermoprozessanlagen dann in                               wendigen Ventile von einem lokalen Feuerungsauto-
jedem Fall durchgängig sicher?                                       maten gesteuert werden? Muss der Feuerungsautomat
Die Ausklammerung bestimmter Teilsysteme aus der                     in diesem Fall SIL3/PLe entsprechend abgeschaltet und
Sicherheitsbetrachtung hat zur Folge, dass dafür keine               erst nach erfolgreicher Dichtheitskontrolle wieder ein-
Parameter wie Mehrkanaligkeit oder Diagnosefähigkeit                 geschaltet werden?
berücksichtigt werden.                                           ■   Wie initiiert man eine SIL3/PLe-Störabschaltung einer
    Und gerade hier liegt das Risikopotenzial der Anforde-           Ofensteuerung (mit mehreren Einzelbrennern), wenn die
rungen der EN 746-2: Klammert man Teilsysteme der Sicher-            überlagerte Steuerung die Temperatur zentral erfasst,
heitskette aus der Gesamtbetrachtung aus, vernachlässigt             die Kontrolle der Sicherheitsabsperrventile jedes einzel-
man Schnittstellen mit all den daraus folgenden Konse-               nen Brenners aber einem Feuerungsautomaten obliegt?
quenzen. Unabhängig von der Frage, welche normativen             ■   Oder generell: Gilt die Zertifizierung eines Flammen-
Anforderungen höher einzustufen sind, ist also viel relevan-         wächters nach einschlägigen Produktnormen noch,
ter, wie die Sicherheit durchgängig bewertet werden kann.            wenn Teile der sicherheitsgerichteten Funktionalität des
■ Was ist beispielsweise zu tun, wenn ein EN 298-kon-                Feuerungsautomaten in eine Zentralsteuerung verlagert
     former Feuerungsautomat zwar für sich genommen                  werden und der Automat nur als deren „verlängerter
     als sicher zertifiziert ist, die Signalerfassung aufgrund       Arm“ fungiert? Wie kann dies im konkreten Fall auch
     der Anforderung der EN 746-2 an das Steuerungssys-              nachgewiesen werden? Gilt überhaupt die Zertifizie-
     tem aber „ausreichend robust“ entsprechend SIL3/PLe             rung des Feuerungsautomaten selbst noch?

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              Wenn auch nur eine dieser Fragen nicht eindeutig posi-           weisführung aufgrund der homogenen Normenanforde-
              tiv beantwortet werden kann, ist wohl ein Teilaspekt des         rungen um vieles einfacher. Insbesondere dann, wenn
              Sicherheitskonzeptes fragwürdig und durchgängige Sicher-         sämtliche Sicherheitsfunktionen
              heit möglicherweise nicht gewährleistet.                         1. standardisiert sind,
                  Darüber hinaus ergeben sich weitere spezifische und          2. in dem SPS Softwareprogramm abgebildet und
              allgemeine Fragen zur technischen, wirtschaftlichen und/         3. flexibel steuerungsintern umgesetzt werden können.
              oder normenkonformen Machbarkeit bestimmter Dinge.
                                                                               Wie dies im Detail funktioniert, wird in Teil 2 des Beitrags
              Durchgängige Sicherheit ist möglich                              präsentiert.
              Sicher bedeutet also NICHT wirklich immer sicher.
                 Um die genannten Diskrepanzen und Unsicherheiten                              AUTOREN
              ausschließen zu können, müssen alle relevanten System-
              komponenten in die Sicherheitsbetrachtung einbezogen                             Ulf Weißhuhn
              werden. Das setzt jedoch durchweg EN 61508-konforme                              Siemens AG
              Komponenten mit standardisierten Schnittstellen (z. B.                           Digital Industries
              Profisafe) voraus. Eine Alternative wäre die zusätzliche                         Nürnberg
              Anbindung per Festverdrahtung, die aber an komplexe-                             ulf.weisshuhn@siemens.com
              ren Anlagen sehr aufwändig ist, dazu sehr unflexibel und
              somit nicht zukunftsgerichtet.
                 Einfacher, effizienter, komfortabler – ergo kostengünsti-                     Hermann Wübbels
              ger – lässt sich durchgängige Sicherheit durch die Integra-                      Siemens AG
              tion der brennerspezifischen Sicherheitsfunktionen in die                        Digital Industries
              ohnehin vorhandene fehlersichere Maschinensteuerung                              Köln
              realisieren (Bild 3). Zusätzlich ist der Aufwand für die Nach-                   hermann.wuebbels@siemens.com

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                                                                                                                              ISSN 2567-3742
    FACHBERICHT | Brennertechnologie

              Integrierte Sicherheit für
              Thermoprozessanlagen
              von Ulf Weißhuhn, Hermann Wübbels

              Wie in Teil 1 unserer zweiteiligen Artikelserie vorgestellt („Der Weg zu normenkonform und durchgängig sicher automa-
              tisierten Thermoprozessanlagen“, PW 5/2020), kann es bei der Betrachtung der Sicherheit von Thermoprozessanlagen
              und ihren Teilsystemen zu undefinierten Bereichen in der sicherheitstechnischen Bewertung kommen. Ein Weg zu
              normenkonform und durchgängig sicher automatisierten Thermoprozessanlagen, der diese Herausforderung löst, ist
              die Integration der brennerspezifischen Sicherheitsfunktionen in die fehlersichere Maschinensteuerung. Diese Lösung
              erfüllt nicht nur die Anforderungen gemäß EN 746 und ISO 13577, sondern bietet für Anlagenbauer und -betreiber noch
              weitere Vorteile.

              Integrated safety for thermoprocessing equipment
              As presented in part 1 of our two-part article series (“The path to standard compliant and consistently safe automated
              thermoprocessing equipment“, PW 5/2020), the safety assessment of the complete system including the subsystems
              could result in some undefined areas in regards to the safety evaluation. A way to standard compliant and consistently
              safe automated thermoprocessing equipment, which solves this challenge, is the integration of burner-specific safety
              functions into the fail-safe machine control system. This solution not only fulfils the requirements of EN 746 and ISO 13577,
              but offers even more advantages for plant manufacturers and operators.

              K
                     onventionell werden Schutzsysteme von Brenneran-         Anlagenbetreibern zunehmend zu schaffen: Zum einen ist
                     lagen mit einer Reihe von Komponenten gesteuert          zu erwarten, dass die Schwankungen in der Zusammen-
                     und überwacht, die alle eigenen Produktnormen            setzung beim Energieträger Erdgas weiter zunehmen. Dies
              entsprechen (Bild 1): So kann zum Beispiel ein Feuerungs-       kann gerade für industrielle Brennersysteme im produzie-
              automat den Anforderungen der EN 298 genügen und                renden Gewerbe und in der Industrie problematisch sein,
              ein Sicherheitsabsperrventil kann entsprechend der Norm         da sich Schwankungen der Gasbeschaffenheit negativ auf
              EN 161 ausgelegt sein. Das Gesamtsystem wiederum muss           Schadstoffemissionen, Produktqualität, Energieeffizienz
              die Anforderungen der für industrielle Thermoprozessan-         und die Lebensdauer von Anlagen oder Komponenten
              lagen relevanten Norm EN 746-2 erfüllen. Diese beschreibt       auswirken können. Das allein erhöht bereits den Bedarf
              einen solchen Aufbau als „Festverdrahtetes System“, bei         nach besser regelbaren Brennersystemen. Zum anderen
              dem alle Komponenten ohne zwischengeschaltete SPS fest          kommen gesteigerte Anforderungen an die Prozessfüh-
              miteinander verbunden sind. Die betriebliche Praxis zeigt       rung hinzu, wenn z. B. die Anlagen mit unterschiedlichen
              durchaus, dass solche Konfigurationen sicher sind. Aller-       Temperaturen gefahren werden sollen und der generelle
              dings betrachtet diese Variante nicht die Verwendung einer      Bedarf der Anlagenbauer steigt, die Bediener- und War-
              übergeordneten Steuerung und deren Verdrahtung zu dem           tungsfreundlichkeit ihrer Anlagen zu verbessern.
              Feuerungsautomaten bezüglich der Diagnose im Fehlerfall.
              Ein weiterer Punkt ist, dass diese Variante nur wenig flexi-    SPS-basierte, integrierte Sicherheitslösung
              bel im Hinblick auf Änderungen oder die Umsetzung von           gemäß EN 746 und EN 62061
              neuen oder spezifischen Aufgaben ist. Gerade die man-           Als Alternative zu den klassischen Sicherheitssystemen
              gelnde Flexibilität macht sowohl Anlagenbauern als auch         bietet es sich an, die Safety-/Sicherheitsfunktionen in die

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Brennertechnologie | FACHBERICHT

    Bild 1: Sicherheitsbetrachtung bei konventionellen Schutzsystemen für Brenneranlagen (Quelle: Siemens AG)

fehlersichere Automatisierung/Steuerung der Anlage zu         zweikanalig an fehlersichere Digitaleingänge (F-DI). Die
integrieren. In den allermeisten Fällen sind die Prozessan-   fehlersichere Steuerung/SPS (F-CPU) wertet das Signal aus
lagen bereits mit einer entsprechenden übergeordneten         und steuert über das fehlersichere digitale Ausgabemodul
Steuerung ausgerüstet, welche Aktoren und Sensoren,           (F-DO) das Sicherheitsabsperrventil, welches im Falle eines
wie z. B. Ventile, Druckschalter, Lüfter, sowie die Sicher-   Flammenabrisses die Brennstoffzuführung unterbricht.
heitseinrichtungen, wie z. B. einen Not-Halt-Schalter,           Gemäß der Gliederung einer Sicherheitsfunktion nach
adressiert. Eine solche SPS-basierte Lösung ist auch nach     EN 62061 in die drei Teilsysteme Erfassen, Auswerten und
EN 746-2 zulässig, insofern das System durchgängig SIL3       Reagieren stellt sich das System so dar: Die Erfassung des
erfüllt.                                                      Flammenzustandes geschieht durch die Kombination aus
   Wie eine solche Lösung aussehen kann, zeigt Bild 2         Flammenwächter und F-DI, die Auswertung übernimmt die
anhand eines Schutzsystems bei einer Flammenüberwa-           F-CPU, die Reaktion findet im Zusammenspiel von F-DO
chung. In dieser Konfiguration überwacht der Flammen-         und Ventil statt. Um die Sicherheit nach der EN 62061 oder
wächter per Sonde die Flamme und meldet den Zustand           der EN ISO 13849-1 bewerten zu können, muss dement-

    Bild 2: Bewertung einer SPS-basierten Brennerlösung gemäß EN 746 (Quelle: Siemens AG)

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              Bild 3: Bewertung einer Sicherheitsfunktion im TIA-Selection-Tool (Quelle: Siemens AG)

              sprechend das gesamte System betrachtet werden. Dazu          SPS-basierte Lösung die EN 62061 erfüllt und damit auch die
              kann man nach Kapitel 5.7.2 Teil d) der EN 746-2 die Vor-     Anforderungen aus EN 746.
              gaben der EN 62061 bzw. der EN ISO 13849-1 heranziehen.
                 Siemens unterstützt die darin geforderte Bewertung der     Industriegerechte Komponenten
              Sicherheitsfunktionen des Gesamtsystems mit der Safety        erleichtern den praktischen Einsatz
              Evaluierungs-Funktion im TIA Selection Tool (TST) (www.       Bleibt jedoch die Frage, inwieweit sich solche SPS-basierten
              siemens.de/safety-evaluation) für die Normen IEC 62061        Lösungen in vorhandene Brennerkonzepte integrieren
              und ISO 13849-1. Dieses Werkzeug liefert als Ergebnis einen   lassen. Gerade bei Durchlauföfen muss eine Vielzahl von
              normenkonformen Bericht, der als Sicherheitsnachweis in die   Brennersteuerungen auf sehr beengtem Platz unterge-
              Maschinendokumentation integriert werden kann (Bild 3).       bracht werden, sodass die Komponenten der SPS-basierten
              Dadurch können Anlagenbauer einfach nachweisen, dass die      Lösung entsprechend kompakt sein müssen.

              Bild 4: Sicherheitsgerechte Automatisierung einer Brennersteuerung auf SPS-Basis (Quelle: Siemens AG)

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Brennertechnologie | FACHBERICHT

   Durch die Auswahl geeigneter Komponenten lassen              tierungsumgebung für das Siemens-Automatisierungssystem
sich diese Herausforderungen jedoch meistern, wie Bild 4        erstellt werden, wodurch der Engineeringaufwand reduziert
zeigt. Anstatt der üblichen Feuerungsautomaten, die             und der Umstieg auf eine durchgängige SPS-basierte Sicher-
jeweils nur einen Brennerkopf steuern und überwachen,           heitslösung erleichtert wird.
wird in diesem Beispiel eine dezentrale Simatic ET 200SP-           Ein weiterer Vorteil für den Anlagenbauer ist, dass wei-
Station zusammen mit entsprechend zertifizierten Flam-          tere Funktionen zu einem späteren Zeitpunkt nachgerüs-
menwächtern und Zündtransformatoren eingesetzt. Die             tet werden können und kundenspezifische Funktionen
dezentralen SIMATIC ET 200SP Stationen sind in vielen           umgesetzt werden können. Auch bei der Regelqualität
Varianten verfügbar und benötigen nicht mehr Platz als ein      bringt die SPS-basierte Lösung deutliche Vorteile bei der
konventioneller Feuerungsautomat, bieten dabei jedoch           Realisierung folgender Brennerfunktionen:
mehr Funktionalität, da noch weitere Komponenten ein-           ■ Realisierung eines elektronischen Verbundes selbst,
fach in die Automatisierung eingebunden werden können.              z. B. über ein fest definiertes Luft/Brennstoff-Verhältnis
Beispiele sind Sensoren für die Druck- und Temperaturüber-      ■ Temperaturregelung
wachung. So können mehrere Feuerungszonen und Brenner           ■ Sauerstoffregelung anhand des Restsauerstoffes in den
über eine ET 200SP Station angesteuert werden, was den              Abgasen.
Hardwareaufwand reduziert.
   Weitere Vorteile bringt ein HMI-Bedienpanel. Der Anla-       Insgesamt können dadurch die Brenner besser mit
genfahrer kann die Anlage damit lokal überwachen. Auf-          schwankenden Gasbeschaffenheiten umgehen, sodass
grund der durchgängigen Sicherheitslösung ist eine kom-         der Anlagenbetreiber nicht nur zusätzliche Emissionen
plette, detaillierte Systemdiagnose angefangen von der          und Qualitätseinbußen durch Prozessschwankungen ver-
Verdrahtung bis hin zu Programmabläufen möglich. Dies           meidet, sondern auch die Energieeffizienz seiner Anlagen
unterstützt eine effiziente Wartung und Fehlerbehebung.         optimieren kann.
Die Bedienerfreundlichkeit und die Flexibilität steigen nicht      Eine SPS-basierte Sicherheitslösung bietet in vielen Fäl-
nur durch grafische Oberflächen, sondern auch durch die         len Vorteile, da sie oft ohnehin vorhandene Systeme nutzt,
Möglichkeit Prozessparameter komfortabel und fehlersicher       wie z. B. eine übergeordnete Steuerung. Durch den Einsatz
(bis SIL 3) an die fehlersichere SIMATIC-Steuerung über das     einer geeigneten Systemkonfiguration können all diese
HMI zu übermitteln, um zum Beispiel eine gewünschte             Vorteile genutzt und die lückenlose Anlagensicherheit
Prozessvariante einzustellen.                                   gewährleistet werden – auch entsprechend der weltweit
   Das gesamte System wird durch eine fehlersichere Steu-       gültigen Norm ISO 13577.
erung gesteuert.

Flexibel durch Software                                                         AUTOREN
Um die von der EN 746-2 geforderten Sicherheitsfunktionen
in diesem System zu implementieren, stellt Siemens dem                          Ulf Weißhuhn
Anwender eine Bausteinbibliothek für die Projektierung im                       Siemens AG
Engineering Tool (STEP 7 Professional TIA Portal) zur Verfü-                    Digital Industries
gung. Diese kostenlose Bausteinbibliothek für Brenner enthält                   Nürnberg
mehrere Bausteine für Funktionen wie Steuerung und Über-                        ulf.weisshuhn@siemens.com
wachung eines Gas- oder Ölbrenners, die Durchführung von
Gasdichtetests und weitere Brenner-Funktionen (support.                         Hermann Wübbels
industry.siemens.com, Beitrags-ID 109477036). Die einzel-                       Siemens AG
nen Funktionen sind modular aufgebaut und können nach                           Digital Industries
Bedarf verschaltet werden. Auf diese Weise können die Sicher-                   Köln
heitsfunktionen für Brenner einfach in der gewohnten Projek-                    hermann.wuebbels@siemens.com

www.prozesswaerme.net                                                                                                              4
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