TSUNAMIS in Binnenseen der Alpen? - schadenprisma

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                       NAT U R G E FA H R E N

      Bild 1 / Ausschnitt des Vierwaldstättersees mit seinen Seebecken. In der Karte sind alle im Text vorkommenden Ortsbezeichnungen aufgeführt.
      Die gestrichelten Pfeile markieren stark vereinfacht die Herkunftsgebiete der größten Unterwasserrutschungen der Jahre 1601 (blau) und 1687 (rot).
      Die Karte basiert auf den DHM25 digitalen Höhendaten sowie den swissBATHY3D bathymetrischen Reliefdaten, deren Verwendung mit freundlicher
      Genehmigung des Bundesamtes für Landestopografie der Schweiz erfolgt (siehe auch www.geo.admin.ch).

     TSUNAMIS
     in Binnenseen der Alpen?
      Eine Einschätzung der Gefährdung infolge Unterwasserhangrut-
      schungen: Während Tsunamis entlang vieler Meeresküsten als eine
      Gefahr mit hohem Schadenspotenzial betrachtet werden, werden Tsu-
      namis in Binnenseen des Alpenraums von der Bevölkerung kaum als                                                                               Bild 2 / Darstellung von
                                                                                                                                                    Unterwasserrutschun-
      eine Naturgefahr wahrgenommen. Dabei zeigen historische Aufzeich-                                                                             gen im Zürichsee. Beide
                                                                                                                                                    Rutschungen haben eine
      nungen, dass Tsunamis auch in Binnenseen auftreten können und sogar                                                                           Ausdehnung von mehre-

      Menschenleben gefordert haben. Obwohl diese Ereignisse selten sind,                                                                           ren 100 m. Es ist gut zu
                                                                                                                                                    erkennen, wo sich das
      bleibt dennoch die Frage, inwieweit sich ähnliche Ereignisse heute                                                                            Sediment am Hang ab-
                                                                                                                                                    gelöst hat und in tiefere
      auswirken würden. Denn heutzutage sind die Uferbereiche vieler Seen                                                                           Bereich des Seebeckens
                                                                                                                                                    abgeglitten ist. Als Gleit-
      in den Alpen viel dichter besiedelt als in der Vergangenheit, sodass                                                                          fläche wird der Bereich
                                                                                                                                                    bezeichnet, auf dem die
      die Konzentration von Menschen, Gebäuden und Infrastruktur an den                                                                             Rutschung mobilisiert
                                                                                                                                                    wird (Quelle: Strupler
      Seeufern ein deutlich höheres Schadenspotenzial mit sich bringt.                                                                              et al., 2017b).

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Historische Tsunamis                        (Hilbe & Anselmetti, 2014), sodass der                   (MARUM) der Universität Bremen sowie
in der Schweiz                              Wirt des Gasthauses zu Treib im ersten                   dem Schweizerischen Bundesamt für
                                            Stock seines Gebäudes „von einer Welle                   Umwelt (BAFU) Untersuchungen durch-
Unter den historischen Tsunamis ist         zu Boden“ geworfen wurde. Im Gegen-                      geführt, die die Thematik von Tsuna-
das Ereignis vom 16. September 1601         satz zum Ereignis 1601 wurde die Rut-                    mis in Binnenseen erfassen sollen. Die
im Vierwaldstättersee vermutlich das        schung am Muota-Delta nicht durch ein                    gewonnenen Erkenntnisse sollen einem
bekannteste, bei dem eine bis zu 4  m       Erdbeben ausgelöst. Es gibt verschiede-                  zukünftigen Risikomanagement dienen.
hohe Flutwelle weite Bereiche des           ne Erklärungsansätze, aber der genaue                    Von den insgesamt fünf Projektgruppen
Seeufers, u. a. auch die Stadt Luzern,      Auslösemechanismus ist bisher unklar.                    analysiert beispielsweise die Arbeits-
überflutete (Schnellmann et al., 2002).                                                              gruppe „Hazard“ die Gefährdung durch
Der damalige Stadtscheiber von Luzern,      Untersuchungen von Tsunamis                              Tsunamis für Schweizer Seen mit einer
Renward Cysat (1545–1614), notierte,        in Binnenseen                                            Oberfläche größer als 1 km2 mit dem
dass die Flutwelle Schwemmgut bis                                                                    langfristigen Ziel, eine Gefahrenhinweis-
zu 4 m über dem normalen Seespiegel         Doch nicht nur die Grundlagen der                        karte für die Öffentlichkeit zu erstellen.
angeschwemmt hatte und die Überflu-         Auslösemechanismen von Unterwasser-
tungen im besonders flachen Uferbe-         rutschungen sind noch nicht vollständig                  Um die Gefährdung durch Tsunamis
reich zwischen Buochs und Ennetbürgen       verstanden, auch die Ausbreitung und                     an Binnenseen zu erfassen, sind zu-
mehrere 100 m in das Landesinnere           Auswirkung von Tsunami-Flutwellen in                     nächst grundsätzliche Informationen
hineinreichten (Bild 1). Weitere Augen-     Seen werfen bisher noch viele Fragen                     und Arbeitsschritte notwendig (Bild 3).
zeugen berichteten, dass die Reuss,         auf, die noch nicht untersucht worden                    Dazu gehören 1 die Identifikation von
die normalerweise den See in Luzern         sind. Dabei ist das grundlegende Ver-                    rutschgefährdeten Hängen, 2 die Ab-
entwässert, zeitweise ihre Fließrichtung    ständnis über Entstehung, Ausbreitung                    schätzung von Wellenhöhen, die durch
umkehrte und in den Vierwaldstättersee      und Häufigkeiten von Unterwasserhang-                    die potenziellen Rutschungen zu er-
hineinfloss und alle 10 Minuten trocken     rutschungen und Tsunamis wichtig, um                     warten sind sowie 3 die Abschätzung
fiel, sodass die Leute „trockenen Fu-       das Risikopotenzial solcher Ereignisse                   von Wellenausbreitung auf dem See und
ßes“ das Flussbett überqueren konnten.      besser einschätzen zu können. Seit                       das Auflaufen der Flutwelle an Land. Die
                                            mehr als 20 Jahren forscht die Arbeits-                  Wellenhöhe eines rutschungsinduzierten
Die Ursache des Tsunami waren Unter-        gruppe von Prof Dr. Flavio Anselmetti                    Tsunamis ist u. a. vom Volumen der Rut-
wasserrutschungen an den Hängen             an der Universität Bern zusammen mit                     schung und der Neigung der Gleitfläche
    des Seebeckens, welche durch ein        KollegInnen an der Tsunamithematik                       des Hangrutsches abhängig und kann für
        Erdbeben in der Zentralschweiz,     im Vierwaldstättersee und Zürichsee.                     eine erste Einschätzung — wie auch die
          etwa 10 km südlich vom Vier-      Im Rahmen eines großen Forschungs-                       Hangstabilität — vereinfacht berechnet
            waldstättersee, ausgelöst       projektes (http://tsunami.ethz.ch/de/                    werden. Dafür werden Angaben zum
             wurden (Bild 2). Die Tsuna-    home/) werden derzeit in Zusammen-                       Ausmaß, zur mittleren Hangneigung
               miwelle entsteht durch das   arbeit zwischen der Universität Bern,                    und Mächtigkeit einer potenziellen
               Abgleiten von auf den Hän-   dem Schweizerischen Erdbebendienst                       Rutschung sowie zur Wassertiefe im
               gen abgelagerten Seesedi-    und der Versuchsanstalt für Wasser-                      Zentrum der Rutschung benötigt. Mit
               menten. Dabei senkt sich     bau, Hydrologie und Glaziologie (VAW)                    Hilfe von geophysikalischen Methoden
               die Wassersäule dort, wo     an der Eidgenössischen Technischen                       können hochauflösende bathymetrische
               die Rutschungen abgehen,     Hochschule (ETH) Zürich, dem Zent-                       Daten des Seebeckens erstellt werden
             und sie hebt sich dort, wo     rum für Marine Umweltwissenschaften                      (Bild 1) sowie Informationen über
            die Rutschmassen abgelagert
          werden. Durch diese vertikale
        Verlagerung der Wassersäule
     entsteht die Flutwelle, die sich
lateral (seitlich) im See ausbreitet.

Am 23. September 1687 kam es zu ei-
nem weiteren Tsunami-Ereignis im Vier-
waldstättersee, bei dem insbesondere
der östliche Teil des Sees nahe dem
Dorf Brunnen betroffen war (Bild 1). Bei
dem Ereignis rutschte ein Teil des Muo-
ta-Deltas in tiefere Bereiche des Sees
ab und löste daraufhin die Flutwelle aus.
                                            Bild 3 / Ablauf der Arbeitsschritte bei der Analyse und Abschätzung der potenziellen Gefährdung durch Tsuna-
Die Chronik beschreibt, dass die Tsu-       mis. Der schwarze Pfeil in der Grafik zeigt die Bewegungsrichtung der Rutschung an, die blauen Pfeile markieren
namiwelle eine Höhe von 5 m erreichte       die Wellenausbreitung und den Wellenauflauf im Uferbereich (Quelle: VAW ETH Zürich, Strupler et al., 2020).

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                      NAT U R G E FA H R E N

      die Lagerung der Sedimente im Unter-               höhe maßgeblich beeinflussen und nicht       muss, um eine signifikante Wellenhöhe
      grund gewonnen werden. Zusätzlich                  mehr über eine einfache empirische Glei-     zu erreichen. Bei den Ereignissen von
      geben Messungen aus mehreren Meter                 chung erfasst werden können. Um für          1601 und 1687 hatten die Rutschungen
      langen Sedimentkernen des Seebodens                mehrere Rutschungen eine Berechnung          etwa ein Volumen zwischen 20 und
      Aufschluss über die Mächtigkeit von                der Wellenhöhen und der Auflaufhöhen         30 Mio. m3. Das numerische Modell
      einzelnen Schichten und deren geo-                 an Land zu erhalten, werden numerische       errechnete, dass die Ausbreitungsge-
      technischen Eigenschaften. Letztere, zu            Modellierungen benötigt, die die kom-        schwindigkeit der Flutwellen so schnell
      denen z. B. die Dichte und Scherfestig-            plexen Zusammenhänge simulieren und          ist, dass die Wellen den See in wenigen
      keit des Seeschlamms gehören, werden               die Auswirkungen von Hangrutschungen         Minuten durchqueren und besonders in
      wie auch die Bodenbeschleunigung als               auf die Entstehung und Ausbreitung           den flachen Uferbereichen zu erheb-
      Parameter der Erdbebenlast für eine                von Tsunamis quantifizieren können.          lichen Überflutungen führen. Laut den
      grobe Abschätzung der Hangstabilität                                                            Ergebnissen der Computersimulation
      benötigt. Allein über die Berechnung               Beispiel: Untersuchungen                     für das Ereignis von 1601 erreichte die
      der Hangstabilität ist es bereits mög-             am Vierwaldstättersee                        Flutwelle eine Höhe von mindestens
      lich, Hangabschnitte zu identifizieren,                                                         4 Metern an den Ufern des Gersauer
      die hinsichtlich der Rutschungsgefähr-             Aufgrund der besonders guten Daten-          Beckens sowie eine Auflaufdistanz —
      dung kritisch sein können (Bild 3).                grundlagen sind verschiedene Compu-          ausgehend von der Seeuferkante — in
                                                         ter-basierte Berechnungen bisher für         der Ebene zwischen Buochs und Ennet-
                                                         den Vierwaldstättersee und Zürichsee         bürgen von etwa 700 m (Bild 1 und 4).
                                                         durchgeführt worden (Hilbe & Ansel-
                                                         metti, 2015; Strupler et al., 2017a,         In einer weiteren Simulation wurde ein
                                                         2017b). Der Vierwaldstättersee eignet        extremes Szenario für den Vierwald-
                                                         sich besonders gut, da die historischen      stättersee unter der Erdbebenlast eines
                                                         Tsunami-Ereignisse im numerischen            1000-jährlichen Bebens (Erdbebenlast
                                                         Modell rekonstruiert und die Ergebnisse      >1601) modelliert (Anselmetti & Hilbe,
                                                         mit den Augenzeugenberichten abgegli-        2016). Das Modell geht von der heutigen
                                                         chen werden können. Basierend auf den        Seemorphologie und Sedimentmächtig-
                                                         historischen Rekonstruktionen können         keit auf den Hängen aus. Es wurden
                                                         dann auch zukünftige Szenarien model-        insgesamt 27 Rutschungsbereiche in
                                                         liert und hinsichtlich ihres Gefährdungs-    den Seebecken des Vierwaldstättersees
                                                         potenzials beurteilt werden. Denn das        identifiziert, die unter der angenom-
      Bild 4 / Foto des Vierwaldstättersees mit Blick    numerische Modell berechnet nicht nur        menen Erdbebenlast instabil werden
      nach Osten über das Gersauer Becken. Die
      Farben zeigen die berechneten Wasserhöhen der      die Wellenhöhe, sondern auch die Aus-        könnten und beim Abgleiten zu einem
      numerischen Modellierung Szenario „Rutschung       dehnung der Überflutungsgebiete              komplexen Muster sich überlagernder
      1601“ zum Zeitpunkt der maximalen Überflutung.
                                                         an den Ufern und die Überflutungstiefen.     Tsunami-Wellen führen würden. Die
      Rot — Wasserhöhe oberhalb des heutigen mittleren
      Wasserstandes, blau — Wasserhöhe unterhalb des     Für die Risikoanalyse sind insbesondere      simulierten Wellenhöhen fallen jedoch
      heutigen mittleren Wasserstandes. Deutlich zu      die Ausdehnung der Überflutungsgebie-        deutlich geringer aus als bei dem mo-
      sehen ist, dass weite Gebiete der heute bebauten
      Flächen in Ennetbürgen und Buochs überflutet       te und die zu erwartenden Wassertiefen       dellierten Szenario aus dem Jahr 1601
      wären. (Quelle: Anselmetti & Hilbe, 2016)          von großer Bedeutung. Die Ergebnisse         (Bild 5). Das gilt ebenso für das Aus-
                                                         der Untersuchung am Vierwaldstät-            maß der Überflutungen in der Ebene
                                                         tersee zeigen, dass Hangrutschungen          zwischen Buochs und Ennetbürgen.
      Liegen Informationen zu kritischen                 hauptsächlich an Hängen mit einem            Die Ursache liegt darin, dass viele der
      Hangabschnitten vor, können für diese              Gefälle zwischen 10 und 25° (Strasser        potenziell gefährdeten Hänge beim Erd-
      Bereiche gezielt Berechnungen durch-               et al., 2011; Strupler et al., 2017a) vor-   beben 1601 bereits „bereinigt“ wurden
      geführt werden, die die Wellenhöhe für             kommen. Das liegt vor allem daran, dass      und die Sedimente damals abgeglitten
      jede potenzielle Rutschung individuell             3 bis 10 m mächtige Sedimentpakete           sind. Die aktuelle Mächtigkeit der seit-
      ermitteln. Sobald diese Ergebnisse                 einer Schwachschicht an den Hangflä-         her abgelagerten Schichten ist deutlich
      vorliegen, kann abgeschätzt werden,                chen auflagern, und diese potenziell ab-     geringer als 1601. Da die Wellenhöhe
      welche Gebiete von einer auflaufenden              gleiten können. Ist die Hangneigung zu       über das Volumen der Rutschung u. a.
      Welle überflutet werden könnten. Dieser            flach, kann die Schicht kaum mobilisiert     von der Mächtigkeit abhängt, bedeu-
      Ansatz der schnellen Abschätzung von               werden. Ist die Neigung zu steil, kann       tet eine geringere Mächtigkeit auch
      potenziellen Wellenhöhen ist jedoch                sich keine ausreichend mächtige Schicht      eine niedrigere Wellenhöhe und damit
      limitiert auf einen einzelnen Hangrutsch.          ablagern, die bei einer Rutschung eine       einhergehend eine geringe Auflauf-
      Sobald mehrere Rutschmassen abglei-                bedeutende Wellenhöhe auslöst. Bis-          distanz in flachen Uferbereichen. Der
      ten, z. B. ausgelöst durch ein Erdbeben,           herige Ergebnisse gehen davon aus,           Grad der Instabilität hängt neben der
      kommt es zu Interferenzen zwischen                 dass mindestens ein Rutschungsvolu-          Erdbebenlast auch von der Mächtigkeit
      den ausgelösten Wellen, die die Wellen-            men von 1 Mio. m3 übertroffen werden         der potenziell instabilen Sediment-

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                                                                                                                         N AT U RG E FAH RE N

                                                                                                                    Die Vorhersage von tsunamiauslösen-
                                                                                                                    den Hangrutschungen ist bisher kaum
                                                                                                                    möglich. Was sicher ist, ist jedoch, dass
                                                                                                                    die Magnitude des nächsten See-Tsu-
                                                                                                                    namis auch davon abhängen wird, wann
                                                                                                                    die nächste Rutschung ausgelöst wird.
                                                                                                                    Je länger die stabile Phase andauert,
                                                                                                                    desto mächtiger sind die Ablagerungen
                                                                                                                    auf rutschungsgefährdeten Hängen
Bild 5 / Vergleich der berechneten Wasserhöhen aus den numerischen Modellierungen für das Szenario                  der Seebecken, die die Wellenhöhe
„Szenario 1601“ und für ein zukünftiges Szenario „27 Rutschungen“, ausgelöst durch ein Erdbeben mit                 kontrollieren. Auch wenn das Wieder-
einer statistischen Wiederkehrperiode von 1000 Jahren. Es ist deutlich zu sehen, dass die Überflutungen
im Uferbereich deutlich geringer ausfallen als in der Simulation des Ereignisses von 1601.
                                                                                                                    kehrintervall von größeren Seetsunamis
(Quelle: Anselmetti & Hilbe, 2016)                                                                                  bei mehreren 100 oder 1000 Jahren
                                                                                                                    liegt, sollte die Gefahr, die von einem
ablagerungen an den Hängen ab. Es ist                       Risikobewertung von Tsunamis                            solchen Ereignis ausgeht, nicht unter-
zu vermuten, dass Hänge, die 1601 und                       in Binnenseen                                           schätzt werden. Im Fall des Falles gibt
1687 von Rutschungen betroffen waren,                                                                               es nahezu keine Vorwarnzeit, die den
heute auch unter Erdbebenlast relativ                       Aufgrund der geringen Anzahl an                         Menschen ermöglicht, sich selbst und
stabil sind und nur kleinere Rutschungen                    historisch dokumentierten schweren                      ihr Eigentum zu schützen. Die Sensi-
produzieren. Daher wäre somit auch die                      Tsunami-Ereignissen in der Schweiz und                  bilisierung der Menschen in potenziell
maximale Höhe einer Tsunamiflutwelle                        der langen Wiederkehrzeiten sowie dem                   betroffenen Gebieten für eine Naturge-
limitiert. Je länger die Hänge nicht von                    bisher unzureichenden Verständnis der                   fahr, die bisher kaum Beachtung findet,
Rutschungen erfasst werden, je mäch-                        Auslösemechanismen ist es schwierig,                    ist somit ein wichtiger Schritt eines
tiger lagern sich die Sedimente dort an.                    Aussagen zu statistischen Häufigkeiten                  erfolgreichen Risikomanagements.
Die Gefahr eines Tsunami erhöht sich                        von Ereignissen bestimmter Magnitude
im Laufe der Zeit. Am Vierwaldstätter-                      zu treffen. Daher ist es umso wichtiger,
see liegt ein kritischer Bereich heute                      dass diese Thematik auch in anderen
auf der westlichen Seite der Chindli-                       Regionen der Alpen untersucht wird, um                  Danksagung
Moräne (Bild 1), die bei den Erdbeben                       einen besseren Einblick in die Häufigkeit
1601 und 1774 nicht betroffen war. Die                      von See-Tsunamis zu erhalten. Ausge-                    Ein großes Dankeschön geht an Prof.
simulierte Flutwelle würde eine Auflauf-                    hend von der Universität Innsbruck                      Dr. Flavio Anselmetti (Universität Bern),
höhe von mehr als 5 m Höhe im Bereich                       werden mittlerweile auch in Österreich                  Prof. Dr. Michael Strasser (Universität
der Deltas von Gersau und Beckenried                        verschiedene Seen hinsichtlich ihrer                    Innsbruck) und Dr. Michael Strupler
erreichen. Ein solches Ereignis hätte                       „Tsunami-Geschichte“ untersucht.                        (Schweizerischer Erdbebendienst, ETH
verheerende Folgen für das dicht besie-                                                                             Zürich) für ihre Unterstützung und die
delte Gebiet (Hilbe & Anselmetti, 2015).                    So berichtet eine historische Quelle                    Bereitstellung von Abbildungen. Ein
                                                            aus dem Jahr 1761 von einem Flutwellen-                 großer Dank gilt auch dem Bundesamt
  Was bedeuten diese Erkenntnisse                           Ereignis im Hechtsee in Tirol, und die                  für Landestopografie der Schweiz und
  für die Zukunft?                                          ersten sedimentologischen Auswertun-                    der Versuchsanstalt für Wasserbau,
  Tsunamis in Binnenseen werden                             gen der Universität Innsbruck scheinen                  Hydrologie und Glaziologie (VAW) der
  auch in Zukunft auftreten — das ist                       dieses Ereignis zu bestätigen (Strasser                 ETH Zürich für die Genehmigungen
  sicher.                                                   et al., 2017).                                          zur Verwendung der Abbildungen. 

LITERATUR

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Strasser, M. et al., 2017. Seesedimente als geologische Zeugen vergangener                                                                    Risikoanalyse und -beratung
extremer Naturereignisse. Arbeitstagung “Angewandte Geowissenschaften an                                                                     Versicherungskammer Bayern
der GBA”, 19.-22. Juni 2017. Bad Ischl, Hallstatt, Gmunden.                                                                                                       München

                                                                                                                                               www.schadenprisma.de 3 / 20
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