DGN-Ehrenpreis für das Lebenswerk 2021: Die DGN ehrt Prof. Angela Vincent, Pionierin der Neuroimmunologie
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Mitteilungen der Deutschen Gesellschaft für Neurologie gnosen“ (am 5. November) sowie zu „Bewegungsstörungen“ (am ses Subtyps oft nur wenig Wirkung hatten [2] und es anderer 6. November). Therapien bedurfte. U. a. wird nun die Behandlung mit dem Wichtiger Hinweis: Die Videoforen werden nur live ausge- B-Zell-depletierenden Antikörper Rituximab bei MuSK-posi- strahlt. Sie stehen später nicht als Webcast zur Verfügung! tiver Myasthenia gravis untersucht [3]. Im vergangenen Jahr konnte die Arbeitsgruppe von Angela Vincent in einer wegwei- senden Publikation [4] zeigen, dass ein SHP2 („SRC homolo- gy 2 domain-containing phosphotyrosine phosphatase 2“)-In- hibitor einen vielversprechenden Ansatz für die zielgerichtete DGN-Ehrenpreis für das Therapie der M uSK-MG darstellen könnte. Lebenswerk 2021: Die DGN 3. Die Erkenntnis, dass neurologische Symptome wie Gedächt- nisverlust, epileptische Anfälle, Bewegungsstörungen und ehrt Prof. Angela Vincent, psychiatrische Störungen von Antikörpern gegen Rezeptoren, Ionenkanäle und assoziierte Proteine verursacht werden kön- Pionierin der nen, also Ausdruck einer Autoimmunenzephalitis sind. Dank Prof. Vincent ist heute mehr über die Rolle der gegen ZNS- Neuroimmunologie Membranproteine gerichteten Antikörper bei der Entstehung Immuntherapie-responsiver neuropsychiatrischer Syndrome Die DGN ehrt Prof. Angela bekannt. Viele Krankheiten, wie z. B. die Anti-NMDA-Rezep- Vincent mit dem Ehrenpreis tor-Enzephalitis konnten erst aufgrund dieser wegweisenden für ihr Lebenswerk. Prof. Erkenntnisse beschrieben werden. Die Forschungsarbeiten Vincent kann ohne Frage als von Angela Vincent trugen maßgeblich dazu bei, dass inzwi- Pionierin auf dem Gebiet der schen die Suche nach antineuronalen Antikörpern zum diag- Neuroimmunologie bezeichnet nostischen Standard gehört, wenn sich Patientinnen/Patienten werden. Ihr spezielles wissen- mit einem entsprechenden klinischen Bild vorstellen. In den schaftliches Interesse galt und vergangenen Jahren war Prof. Vincent auch an Therapiestu- gilt der Erforschung antikör- dien zur Anti-NMDA-Rezeptor-Enzephalitis beteiligt. 2018 pervermittelter Erkrankungen. untersuchte sie z. B. den Einsatz von Bortezomib als Behand- Dank ihrer unermüdlichen lungsalternative bei Betroffenen, die gegenüber den bekann- Forschungstätigkeit und ihrer ten Therapien (Steroide, intravenöse Gaben von Immunoglo- Beiträge auf diesem Gebiet bulinen, Plasmaaustausch, Cyclophosphamid oder Rituximab) sind heute zahlreiche autoim- refraktär sind [5]. mune Syndrome bekannt, können von anderen neurologischen Erkrankungen klar abgegrenzt und zumeist bereits zielgerichtet Die Exzellenz ihrer Forschungsarbeiten und die Bandbreite ihrer behandelt werden. Den Betroffenen wird dadurch viel Leid Forschungsthemen machen Angela Vincent zu einer herausra- erspart. Viele Menschen, die vorher als unheilbar krank galten, genden Neurowissenschaftlerin, deren hohe Zahl an Publikatio- können heute dank der herausragenden Forschungsleistung von nen auch ihr unermüdliches Schaffen bezeugt. Die heute 78-jäh- Prof. Vincent einer kurativen Therapie zugeführt werden. rige Wissenschaftlerin ist nach wie vor aktiv und kann auf ein reiches und bedeutsames Lebenswerk blicken. Dabei beschreibt Im wissenschaftlichen Lebenswerk von Prof. Vincent sind insbe- sie selbst ihre Laufbahn bescheiden als einen „Mix aus Wissen- sondere drei Meilensteine hervorzuheben, von denen jeder ein- schaft und Zufall“. zelne bereits die Verleihung des D GN-Ehrenpreises für das Le- Auf Wunsch ihrer Eltern schloss sie 1966 ihr Medizinstudium benswerk rechtfertigen würde: ab und arbeitete für kurze Zeit in der Klinik. Doch die Arbeit be- 1. Die Entdeckung, dass maternale Antikörper gegen unter- friedigte ihren Forschergeist nicht: „Der klinischen Medizin der schiedliche fetale Proteine seltene neuromuskuläre Erkran- 60er-Jahre fehlte der wissenschaftliche Background. Die wenigs- kungen verursachen können. Als erste Forscherin zeigte An- ten Klinikerinnen und Kliniker waren daran interessiert, Krank- gela Vincent, dass mütterliche Antikörper, die während einer heitsmechanismen zu erforschen“, sagt sie rückblickend. Angela Schwangerschaft auf den Embryo übertragen werden, neuro- Vincent beschloss daraufhin, Biochemie zu studieren und sich logische Entwicklungsstörungen auslösen können und auch auf Grundlagenwissenschaften zu spezialisieren. bei einigen Autismusformen beteiligt sind. Aktuell erforscht Mit dem Neurologen John Newsom-Davis gründete sie 1977 sie tierexperimentell, ob der maternal-fetale Transfer von IgG- eine neurowissenschaftliche Forschergruppe, die zehn Jahre spä- Antikörpern durch die Blockade des neonatalen Fc-Rezeptors ter an das Weatherall Institute der Oxford University wechselte, (FcRn) unterbunden werden kann [1]. das sie ab 1998 leitete. 1992 folgte Angela Vincent dem Ruf der 2. Die Definition und Beschreibung eines Subtyps der Myas- Oxford University auf eine Professur für Klinische Neuroimmu- thenia gravis (MG), der bei etwa 5–8 % der Betroffenen vor- nologie, sie war zudem Fellow am Somerville College und Ho- liegt. Bei diesem Subtyp liegen Auto-Antikörper (in der Regel nory Consultant für Immunologie. 25 Jahre lang leitete sie den IgG4-Antikörper) gegen die muskelspezifische Kinase (MuSK) „Oxford Neuroimmunology Service“, der Tests für neuronale An- vor. Diese Entdeckung hat eine große Praxisrelevanz, denn es tikörper in Großbritannien und anderen Ländern etablierte, die zeigte sich, dass die bei Myasthenia gravis eingesetzten Ace- heute vielfach in der Klinik eingesetzt werden. tylcholinesterase-Blocker bei Patientinnen und Patienten die- DGNeurologie
Mitteilungen der Deutschen Gesellschaft für Neurologie Angela Vincent war zudem Präsidentin der International So- zellenzclusters SyNergy. Liesz ciety of Neuroimmunology, Leiterin der Abteilung für Klinische erhält den Preis für heraus- Neurologie an der Oxford University und Mitherausgeberin der ragende experimentelle und Zeitschrift „Brain“. Obwohl sie keine Neurologin ist, erhielt sie translationale Schlaganfall- die Association of British Neurologists Medal und die World Fe- Forschung. „Arthur Liesz ist deration of Neurology Medal für wissenschaftliche Beiträge zur ohne Zweifel einer der in- Neurologie. 2002 wurde sie zum Fellow der Academy of Medi- ternational herausragenden cal Sciences und 2011 zum Fellow der Royal Society gewählt. Wissenschaftler auf diesem 2018 teilte sie sich den Internationalen Preis für Translationale Gebiet“, urteilt das Preisku- Neurowissenschaften der Gertrud Reemtsma Stiftung mit Jerome ratorium. Und weiter: „Liesz Posner und Josep Dalmau und 2019 bekam sie den American publiziert konstant auf exzel- Epilepsy Society Clinical Science Research Award, ebenfalls zu- lentem Niveau. Neben hervor- © LMU sammen mit Josep Dalmau. 2020 erhielt sie den Inaugural Dis- ragender grundlagenwissen- tinguished Alumni Award des Imperial College London. Prof. Dr. Arthur Liesz, München, schaftlicher Arbeit hat er auch Es ist mir eine große Freude, Prof. Angela Vincent auf dem erhält den Wissenschaftspreis der hochkarätige klinisch-transla- 94. Kongress unserer Fachgesellschaft den DGN-Ehrenpreis für DGN 2020 tionale Arbeiten vorgelegt. Er das Lebenswerk 2021 überreichen zu können. Es gibt nur weni- verkörpert in herausragender ge Forscherpersönlichkeiten, die mit so viel Leidenschaft und Weise den klinisch tätigen Wissenschaftler, der schnell wissen- Enthusiasmus ihre wissenschaftlichen Arbeiten vorangetrieben schaftliche Unabhängigkeit erlangt, ein beeindruckend starkes und so viel erreicht haben – für die Neurologie und Neuroim- Team aufgebaut und mehrere hochambitionierte und originelle munologie, aber vor allem für die Tausenden Patientinnen und Projekte produktiv umgesetzt hat.“ Der Wissenschaftspreis der Patienten, denen dank ihrer Forschung geholfen werden konnte! DGN 2020 wird auf dem diesjährigen Online-Kongress der D GN (3. bis 6. November 2021) verliehen. Prof. Dr. Christian Gerloff Liesz hat als Leiter einer Arbeitsgruppe am Institut für Schlag- Präsident der D GN anfall- und Demenzforschung maßgeblich dazu beigetragen, die Rolle des Immunsystems in der Regenerationsphase nach einem Literatur Schlaganfall zu entschlüsseln. So charakterisierte er die Rolle re- 1. Coutinho E, Jacobson L, Shock A, Smith B, Vernon A, Vincent A (2021) Inhibition of gulatorischer T-Zellen bei der Modulation der neuroinflamm- Maternal-to-Fetal Transfer of IgG Antibodies by FcRn Blockade in a Mouse Model atorischen Reaktion nach Schlaganfall und hat die Verwendung of Arthrogryposis Multiplex Congenita. Neurol Neuroimmunol Neuroinflamm regulatorischer T-Zellen als therapeutisches Target bei Hirn 8(4):e1011. https://doi.org/10.1212/NXI.0000000000001011 ischämie beschrieben. Eine weitere wichtige Arbeit von Arthur 2. El-Salem K, Yassin A, Al-Hayk K et al (2014) Treatment of MuSK-Associated Liesz hat die Mechanismen und die Wirksamkeit der Blockie- Myasthenia Gravis. Curr Treat Options Neurol 16(4):283. https://doi.org/10.1007/ rung der Leukozytenmigration nach experimenteller Hirnisch- s11940-014-0283-8. ämie untersucht. Darauf aufbauend, führte Liesz den ersten prä- 3. Litchman T, Roy B, Kumar A et al (2020) Differential response to rituximab in klinischen RCT zur Validierung dieses therapeutischen Ansatzes anti-AChR and anti-MuSK positive myasthenia gravis patients: a single-center durch. Diese experimentellen Arbeiten waren die Grundlage für retrospective study. J Neurol Sci 411:116690. https://doi.org/10.1016/j.jns.2020. die klinischen ACTION-Phase-II-Studien zur Erprobung von 116690 Natalizumab bei Schlaganfall-Patienten und -Patientinnen. 4. Huda S, Cao M, De Rosa A, Woodhall M, Rodriguez Cruz P M, Cossins J, Maestri M, Der 39-jährige Clinician Scientist hat zudem mehrere wichti- Ricciardi R, Evoli A, Beeson D, Vincent A (2020) SHP2 inhibitor protects AChRs from ge Publikationen über immunsystemische Veränderungen nach effects of myasthenia gravis MuSK antibody. Neurol Neuroimmunol Neuroin- akuten Hirnverletzungen veröffentlicht, die das Verständnis flamm 7(1):e645. https://doi.org/10.1212/NXI.0000000000000645 dieses aufstrebenden Forschungsbereichs wesentlich vorange- 5. Keddie S, Crisp SJ, Blackaby J, Cox A, Coles A, Hart M, Church AJ, Vincent A, Zan- bracht haben. In einer 2015 erschienenen Studie charakterisier- di M, Lunn MP (2018) Plasma cell depletion with bortezomib in the treatment of te er Hirn-sezernierte Alarmine als Mediatoren der Immunver- refractory N-methyl-d-aspartate (NMDA) receptor antibody encephalitis. Rational änderungen nach Schlaganfall. In einer Folgestudie konnte er developments in neuroimmunological treatment. Euro J Neurol 25(11):1384– eine Exazerbation der Atherosklerose nach Schlaganfall sowie 8813. https://doi.org/10.1111/ene.13759 die zugrunde liegenden Mechanismen aufdecken. Diese Befun- de haben weitreichende Implikationen für das mechanistische Verständnis inflammatorischer Komorbiditäten nach Schlagan- fall – mit möglichen Konsequenzen für die künftige Behandlung von Schlaganfall-Patientinnen und -Patienten. DGN-Wissenschaftspreis 2020 Arthur Liesz konnte außerdem zahlreiche innovative Metho- für Arthur Liesz den in die translationale Schlaganfall-Forschung integrieren. So hat er erstmals immunologische Methoden, optogenetische Bildgebung und neurowissenschaftliche sowie zellbiologische Der Wissenschaftspreis der DGN 2020 geht an Prof. Dr. Arthur Verfahren kombiniert und beim Schlaganfall angewendet. Die- Liesz. Arthur Liesz ist seit 2020 Professor für Schlaganfall-Im- se Methoden werden aktuell von verschiedenen internationalen munologie am Institut für Schlaganfall- und Demenzforschung, Arbeitsgruppen aufgegriffen. Klinikum der L MU München, und Mitglied des Münchner Ex- DGNeurologie
Mitteilungen der Deutschen Gesellschaft für Neurologie Der Wissenschaftspreis der DGN ist mit 10.000 € dotiert und zu Hörste Mechanismen sowohl der Multiplen Sklerose als auch wird für wissenschaftliche Arbeiten verliehen, die sich mit der neurologischer Manifestationen von C OVID-19-Infektionen Pathogenese, Diagnostik und Therapie oder der pathologischen aufklären. Ferner etablierte der Neurologe eine Vielzahl von lo- Anatomie der Krankheiten des Nervensystems befassen. Das kalen Kooperationen zur Einzelzell-Transkriptomik. In heraus- Preiskuratorium setzt sich aus einem international renommier- ragender Weise entwickelte und lebte er dabei die Verbindung ten Komitee von Vertreterinnen und Vertretern der systemphy- grundlagenwissenschaftlicher mit klinisch-translationaler For- siologischen Forschung und Bildgebung, der Neuroimmunolo- schung. gischen und Entzündungsforschung, der D FG, des vorjährigen Eine weitere Komponente der wissenschaftlichen Arbeit von Preisträgers sowie dem Präsidenten der D GN zusammen. Bis Meyer zu Hörste ist die hochauflösende Charakterisierung von 2019 firmierte der Preis als „Heinrich Pette-Preis“. Leukozyten in Grenzkompartimenten des Nervensystems. Die entsprechenden Studien wurden auf hohem internationalem Ni- veau publiziert. Sie unterstreichen einmal mehr, dass Herr Meyer zu Hörste wie wenige andere Clinician Scientists in der Neuro- logie anspruchsvolle grundlagenwissenschaftliche Konzepte be- Wissenschaftspreis 2021 gleitend zu seiner klinischen Tätigkeit verfolgt. Dies ist auch der für Gerd Meyer zu Hörste Grund für die Aufnahme von Gerd Meyer zu Hörste in das Hei- senberg-Programm der DFG. Er hat rezent einen Ruf auf die W2- Stiftungsprofessur Neuroimmunologie am Universitätsklinikum Privatdozent Dr. Gerd Meyer zu Hörste erhält den Wissenschafts- Essen erhalten. Ein Ruf auf eine neu eingerichtete Heisenberg- preis der D GN 2021 für wegweisende Erkenntnisse zur Entste- Professur in Münster ist ebenfalls ergangen. Die entsprechende hung autoimmun-entzündlicher Erkrankungen des Nervensys- eigenständige Position will Dr. Meyer zu Hörste nutzen, um die tems. Gerd Meyer zu Hörste ist als geschäftsführender Oberarzt grundlagenwissenschaftliche und translationale Forschung noch und medizinischer Leiter des Liquorlabors und des neuromus- besser miteinander zu verzahnen. kulären Zentrums an der Klinik für Neurologie mit Institut für Translationale Neurologie des Universitätsklinikums Münster tätig und wurde 2021 in das Heisenberg-Programm der DFG aufgenommen. Es ist Gerd Meyer zu Hörste in herausragender Weise gelungen, wegweisende pathophysiologische Erkenntnis- Deutscher Medienpreis se zur Entstehung autoimmun-entzündlicher Erkrankungen zu liefern. Dazu nutzt er ein anspruchsvolles und breites Spektrum Neurologie 2021: Karin grundlagenwissenschaftlicher Methoden mit dem übergeordne- ten Ziel, human-translationale und klinisch relevante Ergebnisse Ewert („Planet Wissen“/ zu erzielen und so die bestehende Kluft zwischen präklinischer WDR) und Dr. Astrid Viciano und klinischer Forschung zu reduzieren. („Süddeutsche Zeitung“) Mechanismen der Multiplen Sklerose und von neuro- logischen Manifestationen von C OVID-19-Infektionen wurden ausgezeichnet aufgeklärt Das Labor von Gerd Meyer zu Hörste arbeitet an der Schnittstelle Seit dem Jahr 2008 schreibt die Deutsche Gesellschaft für von Neurologie, Neurobiologie und Immunologie, um zu klären, Neurologie einmal jährlich den Deutschen Medienpreis Neuro- wie das Immunsystem mit dem Nervensystem wechselwirkt und logie aus. Mit dem Preis werden jährlich zwei Medienschaffende wie dies neuroimmunologische Erkrankungen beeinflusst. In ausgezeichnet, die medizinisch, gesellschaftlich und gesund- geschickter Kombination von heitspolitisch relevante, laienverständliche und aufklärende präklinisch experimentellen Beiträge aus dem Gebiet der Neurologie verfasst haben. In diesem Methoden, human-translati- Jahr hatten sich 31 Medienschaffende um den Preis (Dotation: onalen Ansätzen und moder- 2 × 2500 €) beworben. Erhalten haben ihn zwei Journalistinnen, nen transkriptionellen Me- deren Beiträge ganz unterschiedliche „Genres“ abdecken. thoden ist es dem 43-Jährigen gelungen, am Universitätskli- Seit dem Jahr 2008 schreibt die Deutsche Gesellschaft für Neu- nikum Münster ein eigenes rologie einmal jährlich den Deutschen Medienpreis Neurolo- Forschungsfeld zu begrün- gie aus. Eine Unterteilung des Preises in die Kategorien „Wort“ den. Als einer der ersten Wis- und „elektronische Medien“ wie in den Vorjahren wurde 2021 senschaftler weltweit konnte erstmals nicht vorgenommen. „Publizistisches Arbeiten hat sich Meyer zu Hörste mit seinem stark verändert und wir möchten, dass Journalistinnen und Jour- Team Methoden der Einzel- nalisten, die sich mit Blogs, Podcasts und ähnlichen Formaten © privat zell-Transkriptomik (single bewerben, ebenso hohe Chancen haben wie jene mit klassischen PD Dr. Gerd zu Hörste, Münster, cell R NA-seq) auf Zellen des Medienbeiträgen. Die einzige Richtschnur ist die Qualität der erhält den Wissenschaftspreis der Liquor cerebrospinalis an- Beiträge. Wenn beispielsweise zwei herausragende Textbeiträge DGN 2021 wenden. Damit konnte Meyer aus allen Bewerbungen herausstechen, möchten wir die Freiheit DGNeurologie
Mitteilungen der Deutschen Gesellschaft für Neurologie Zu den Preisträgerinnen von einer Operation profitieren. Aber auch die Alltagsfragen von Betroffenen werden in den Fokus genommen: Wie lebt es sich Karin Ewert mit der Erkrankung? Was ist erlaubt, was nicht? Darf ich z. B. Karin Ewert produziert als freie Alkohol trinken, wie gehe ich mit Stress um? Wichtige Fragen Wissenschaftsjournalistin regel- rund um Kinderwunsch und Verhütung werden beantwortet. mäßig Online- und Multimedia- Beiträge für den Westdeutschen Teil 3 beschäftigt sich dann umfassend mit Epilepsie bei Kindern. Rundfunk (v. a. „Quarks“ und „Uns hat begeistert, wie Frau Ewert den Leserinnen und Le- „Planet Wissen“). Sie hat Wis- sern ein schwieriges neurologisches Krankheitsbild verständlich, senschaftsjournalismus mit dem aber mit allen relevanten Details und Informationen nahebringt“, Schwerpunkt Biowissenschaften/ erklärt Prof. Diener. „Der Artikel ist eine Blaupause für Gesund- Medizin in Dortmund und Pue- heitsinformation und Aufklärung auf höchstem wissenschafts- bla (Mexiko) studiert und beim journalistischem Niveau.“ Magazin „Focus Gesundheit“ Die zweite Preisträgerin, Dr. Astrid Viciano, hat ein Thema © Hernán Martín volontiert. Schwerpunktmäßig befasst sie sich mit Medizin, bearbeitet, das vor allem gesundheitspolitische und ethische Fra- Psychologie und Neurowissen- gen aufwirft. Unter dem Titel „Der Wert des Lebens“ beschreibt schaften. sie den Segen der Gentherapie für Kinder, die an spinaler Mus- Karin Ewert erhält den Deutschen kelatrophie (SMA) erkrankt sind, und ihre Familien. Das Medi- Medienpreis Neurologie 2021 kament Zolgensma bremst den Muskelschwund der Patientinnen und Patienten, verbessert die motorische Entwicklung und ver- Dr. Astrid Viciano längert das Leben. Es könnte den Gendefekt, der die Krankheit Dr. Astrid Viciano arbeitet als freiberufliche Medizinjournalistin, auslöst, beheben. Doch der Preis ist hoch: Es handelt sich um die war zuvor viele Jahre als Redak- teuerste Therapie der Welt, eine Gabe des Medikaments kostet in teurin u. a. bei „Die Zeit“, „stern“ den USA 2,1 Mio. Dollar. Dabei gibt es keine Langzeitdaten, die und „Süddeutsche Zeitung“ einen dauerhaften Therapieerfolg bestätigen. Auch das seit 2017 tätig. Aktuell ist sie auch leitende zugelassene Nusinersen, ein S MN-Antisense-Oligonukleotid Redakteurin des Medien-Doktors (ASO), schlägt mit Jahrestherapiekosten von einer halben Mil- Gesundheit, eines Forschungspro- lion Euro zu Buche – wird aber dennoch als wissenschaftlicher jekts zur Qualität medizinjourna- Durchbruch gefeiert. Es gibt kaum ein anderes Fach, in dem so listischer Berichterstattung der TU Dortmund. Dr. Viciano hat Medi- viele innovative Therapien zur Marktreife gebracht wurden wie zin in Deutschland, Spanien und in der Neurologie. Allerdings eröffnet das auch ein Spannungs- Frankreich studiert und an der feld zwischen Innovation und Finanzierbarkeit – und Dr. Vici- Annenberg School of Journalism ano beleuchtet in ihrem Artikel nicht zuletzt die Tabufrage, wie in Los Angeles, U SA, das Master- viel die Rettung eines Menschenlebens kosten darf. „Der Preis- © privat studium „Specialized Journalism“ trägerin ist es gelungen, dieses Spannungsfeld abzubilden und die absolviert. Sie arbeitet vor allem Dr. Astrid Viciano erhält den verschiedenen Perspektiven zusammenzuführen“, so Prof. Die- in EU-weiten Journalistenteams Deutschen Medienpreis Neurolo- zu medizinischen und gesell- ner. „Es ist nun Aufgabe der Gesundheitspolitik, hier Lösungen gie 2021 schaftlich-ethischen Themen. herbeizuführen, damit Therapieinnovationen auch in den klini- schen Alltag Eingang erhalten können.“ haben, beide prämieren zu dürfen und nicht nur einen, weil pro Kategorie nur ein Preis vergeben werden darf “, erklärte Prof. Dr. Hans-Christoph Diener, Pressesprecher der D GN, Anfang des Jahres das neue Ausschreibungsformat. Und genauso kam es dann auch: Das Preiskuratorium des Deutschen Medienpreises Neurologie, bestehend aus dem Prä- sidenten der DGN, Prof. Christian Gerloff, Hamburg, dem DGN- Generalsekretär, Prof. Peter Berlit, Berlin, und dem D GN-Pres- sesprecher, Prof. Hans Christoph Diener, Essen, prämierte zwei Wortbeiträge, die sich in herausragender Weise mit neurologi- schen Themen beschäftigt hatten. Karin Ewert hatte für die Sendung „Planet Wissen“, eine In- formations- und Bildungssendung, die vom W DR und vom S WR in Zusammenarbeit mit ARD-alpha in wöchentlichem Wechsel produziert wird, einen dreiteiligen Hintergrundtext zum Thema Epilepsie eingereicht, der auf der Internetseite der Sendung ab- rufbar ist. Teil 1 beleuchtet die Krankheit in ihren Facetten und erklärt, wie sie diagnostiziert wird. Teil 2, „Leben mit Epilep- sie“, thematisiert bei der Therapie sowohl die medikamentöse Be- handlung als auch die Frage, welche Patientinnen und Patienten DGNeurologie
Sie können auch lesen