Das G.I.F.-Drittmittelprojekt über die Arbeit des Menschenrechtsaus-schusses der Vereinten Nationen

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Kaspers/Ludewig: G.I.F.-Drittmittelprojekt Menschenrechtsausschuss                        83

Das G.I.F.-Drittmittelprojekt über die Arbeit des Menschenrechtsaus-
schusses der Vereinten Nationen
Birte Kaspers/Manuela Ludewig

Inhaltsübersicht                              technologische und wissenschaftliche Zu-
I.   Einführung                               sammenarbeit     zwischen    Israel   und
II. Der Drittmittelgeber G.I.F.               Deutschland zu stärken. Von der gegensei-
III. Die Projektleiter und ihre Mitarbeiter   tigen Kooperation im wissenschaftlichen
IV. Der Menschenrechtsausschuss               Bereich sollen sowohl das freundschaftli-
                                              che Verständnis zwischen dem deutschen
V. Projekttätigkeiten
                                              und israelischen Volk als auch Wissen-
VI. Ausblick
                                              schaft und Forschung in beiden Staaten
                                              profitieren. Die Besonderheit der G.I.F.-
                                              Idee besteht darin, dass beide Ministerien
I.   Einführung                               in Bezug auf Finanzen, Management und
Seit Januar 2009 wird im MenschenRechts-      Entscheidungsprozesse gemeinsam betei-
Zentrum der Universität Potsdam (MRZ)         ligt und gleichberechtigt verantwortlich
ein auf drei Jahre angelegtes internationa-   sind. Die Forschungsvorhaben müssen den
les Forschungsprojekt mit dem Titel „The      wissenschaftlichen und administrativen
UN Human Rights Committee. Its Role in        Vorgaben der Stiftung entsprechen. Insbe-
the German and Israeli Legal Systems and      sondere ist es das Ziel der G.I.F., For-
in International Protection of Human          schungsprojekte zu fördern, die einen
Rights” bearbeitet. Bei diesem Projekt han-   friedlichen Zweck in beiden Ländern ver-
delt es sich um ein Drittmittelprojekt.       folgen.1
Drittmittelprojekte sind Forschungs- und
Entwicklungsvorhaben, die von Mitglie-
                                              III. Die Projektleiter und ihre Mitarbeiter
dern der Hochschule im Rahmen ihrer
dienstlichen Aufgaben durchgeführt und        Das Projekt beschäftigt sich mit der Arbeit
nicht aus Haushaltsmitteln, sondern mit       des Menschenrechtsausschusses der Ver-
Beiträgen Dritter finanziert werden. Vor-     einten Nationen (Ausschuss, MRA). Die
liegend handelt es sich um ein deutsch-       beiden Leiter des Projekts, Prof. Eckart
israelisches Kooperationsprojekt zwischen     Klein und Prof. David Kretzmer, waren lang-
dem MRZ und dem Minerva-Zentrum für           jährige Mitglieder dieses bedeutenden
Menschenrechte der Hebräischen Universi-      Gremiums des universellen Menschen-
tät Jerusalem.                                rechtsschutzes. Ihre gemeinsame Aus-
                                              schusszeit war in der Zeit von 1995 bis
                                              2002. Überdies war Prof. Kretzmer von 2001
II. Der Drittmittelgeber G.I.F.               bis 2002 stellvertretender Vorsitzender und
Das Forschungsprojekt wird von der Ger-       Prof. Klein Rapporteur des Ausschusses.
man-Israeli Foundation for Scientific Re-     Die akademischen Biographien der beiden
search and Development (G.I.F.) finanziert.   Projektleiter sind geprägt von gemeinsa-
Die Stiftung wurde 1986 vom Bundesmi-         men Arbeitsbereichen und Interessengebie-
nisterium für Bildung und Forschung und
dem israelischen Wissenschafts- und Tech-
                                              1   http://www.gifres.org.il/index_files/
nikministerium ins Leben gerufen, um die
                                                  pae0001.htm.
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ten. So gehören die Perspektiven des inter-       Exekutivausschusses der HaMoked – dem
nationalen Menschenrechtsschutzes genau-          Zentrum für die Verteidigung des Indivi-
so wie Frieden und Sicherheit durch inter-        duums.3
nationale Zusammenarbeit zu den gemein-
                                                  Unterstützt wird das Projekt auf deutscher
samen Forschungsschwerpunkten der Pro-
                                                  Seite von Frau Ass. iur. Birte Kaspers und
fessoren.
                                                  Frau Manuela Ludewig. Den beiden Mitar-
Prof. Eckart Klein war von 1981 bis 1994 an       beiterinnen obliegen die Recherchearbeiten
der Universität Mainz und von 1994 bis            für die einzelnen Buchkapitel, und sie hel-
2008 an der Universität Potsdam Inhaber           fen bei der Organisation der übrigen Pro-
des Lehrstuhls für Staatsrecht, Völkerrecht       jekttätigkeiten. Birte Kaspers ist Volljuristin.
und Europarecht. Er ist Gründungsdirektor         Sie hat an der Universität Potsdam und an
des seit 1994 bestehenden MRZ. Außerdem           der Universität von Nijmegen in den Nie-
liest Prof. Klein regelmäßig an der St. Tho-      derlanden Rechtswissenschaften studiert
mas University School of Law in Miami,            und ist seit Projektbeginn dabei. Darüber
Florida im Rahmen des LL.M. Programms             hinaus promoviert sie zum Thema „Die
"Intercultural Human Rights." Darüber             Auslegungsmethoden         des      Menschen-
hinaus ist Prof. Klein vielfältig im internati-   rechtsausschusses im Vergleich mit denen
onalen Bereich tätig. Von 1995 bis 2002 war       des Europäischen Gerichtshofs für Men-
er Mitglied des VN-politischen Beirats des        schenrechte“. Ihr Dissertationsvorhaben
Auswärtigen Amtes und seit 1997 ist er            wird von Prof. Klein betreut.4 Manuela Lu-
Mitglied des Rats der Deutschen Gesell-           dewig unterstützt seit Oktober 2010 als wis-
schaft für Völkerrecht (DGVR). Zudem ist          senschaftliche Hilfskraft das G.I.F.-Projekt.
Prof. Klein seit 1998 mehrmals als Ad-hoc-        Sie hat an der Universität Potsdam und an
Richter am Europäischen Gerichtshof für           der Universität von Newcastle in Australi-
Menschenrechte tätig gewesen.2                    en Rechtswissenschaften studiert und 2010
                                                  ihre Erste Juristische Prüfung abgelegt.
Prof. David Kretzmer ist emeritierter Profes-
                                                  Auch ihre Dissertation wird von Prof. Klein
sor für internationales Recht an der Hebrä-
                                                  betreut.5
ischen Universität Jerusalem und war Pro-
fessor für Rechtswissenschaften am                Auf israelischer Seite wird das Projekt von
Transitional Justice Institute der Universi-      Frau Michal Netanyahu unterstützt. Frau
tät von Ulster. 1993 gründete er das Miner-       Netanyahu kommt aus Haifa und studiert
va-Zentrum für Menschenrechte der Heb-            seit drei Jahren Rechtswissenschaften an
räischen Universität Jerusalem und war in         der Hebräischen Universität in Jerusalem.
der Zeit von 1997 bis 2000 der erste aka-         Ein Semester studierte sie am Center for
demische Direktor dieses Gemeinschafts-           Transnational Legal Studies in London.
zentrums der Hebräischen Universität von          Außerdem schreibt Frau Netanyahu für das
Jerusalem und der Universität von Tel             Hukim Law Journal, welches von der juris-
Aviv. Neben seinen akademischen Tätig-            tischen Fakultät der Hebräischen Universi-
keiten ist Prof. Kretzmer aktiv in mehreren       tät herausgegeben wird und ist teaching
Nichtregierungsorganisationen (NGOs). Er          assistant für Jüdisches Recht.
war Gründungmitglied der Gesellschaft
für Bürgerrechte in Israel und deren Vor-
standsvorsitzender in der Zeit von 1985 bis
1996 und 1988 bis 1989. Er war im Grün-
dungsrat der B'Tselem – dem israelischen          3   http://www.icj.org/getStaffDetails.asp?
Informationszentrum für Menschenrechte                usersID=61;
                                                      http://transitionaljustice.ulster.ac.uk/staff_pro
in den besetzten Gebieten. Außerdem
                                                      files/david_kretzmer.html.
stand Prof. Kretzmer im Dienste des ersten        4   http://www.uni-potsdam.de/mrz/mitarbeiter-
                                                      innen/ass-iur-birte-kaspers.html.
2    http://www.uni-potsdam.de/ls-                5   http://www.uni-potsdam.de/mrz/mitarbeiter-
     zimmermann/klein/cv.html.                        innen/manuela-ludewig.html.
Kaspers/Ludewig: G.I.F.-Drittmittelprojekt Menschenrechtsausschuss                             85

IV. Der Menschenrechtsausschuss                     stimmungen, so dass es auch nach ihrer
                                                    Ausschusszeit im Jahre 2005 zu einem ge-
Der Menschenrechtsausschuss (Ausschuss,
                                                    meinsamen Treffen im Max-Planck-Institut
MRA) der Vereinten Nationen ist eines der
                                                    für ausländisches öffentliches Recht und
acht Vertragsüberwachungsorgane der
                                                    Völkerrecht in Heidelberg kam. Die beiden
Vereinten Nationen.6 Er ist ein aus 18 un-
                                                    Projektleiter arbeiteten während ihres Tref-
abhängigen Experten mit hohen morali-
                                                    fens an einem Aufsatz über das Staatenbe-
schen Standards und anerkannten Kompe-
                                                    richtverfahren gem. Art. 40 IPbpR und
tenzen auf dem Gebiet der Menschenrechte
                                                    stellten fest, dass sie sich ausführlicher mit
bestehendes Quasi-Justizorgan, welches
                                                    der Arbeit des Ausschusses befassen wol-
die Überwachung der Einhaltung des In-
                                                    len. Zunächst fehlte jedoch die Zeit dafür.
ternationalen Pakts über bürgerliche und
                                                    Die Idee, die Arbeit des Ausschusses, seine
politische Rechte (IPbpR, Zivilpakt) wahr-
                                                    Rolle im deutschen und israelischen
nimmt. Er trifft sich dreimal pro Jahr für je
                                                    Rechtssystem sowie im internationalen
drei Wochen in Genf oder New York. Eine
                                                    Menschenrechtsschutz im Rahmen eines
seiner Aufgaben besteht in der Prüfung der
                                                    Buchprojektes zu untersuchen und zu be-
Staatenberichte der Vertragsstaaten, welche
                                                    leuchten, sollte jedoch einige Jahre später
diese dem Ausschuss periodisch vorzule-
                                                    umgesetzt werden können.
gen haben. In Bezug auf Staaten, die das
Zusatzprotokoll vom 16. Dezember 1966
unterzeichnet haben, ist der Ausschuss
                                                    V. Projekttätigkeiten
auch befugt, Individualbeschwerden von
Bürgern des jeweiligen Staates zu verhan-           Zu den Hauptkapiteln über die General
deln, die sich in ihren bürgerlichen oder           Comments, die Individual Communicati-
politischen Rechten verletzt sehen. Bis heu-        ons und das Staatenberichtsverfahren lie-
te sind weit über 1000 Beschwerden regis-           gen bereits ausführliche Ausarbeitungen
triert worden. Der Ausschuss veröffentlicht         vor. Der folgende Abschnitt erläutert nun
ebenfalls General Comments. In diesen               einzelne Teile der Projektarbeit. Hierbei
Allgemeinen Bemerkungen setzt er sich mit           sollen beispielhaft positive Aspekte, aber
konkreten Themen wie den Inhalten von               auch im Laufe der bisherigen Arbeit aufge-
Menschenrechtsgarantien oder seinen ei-             tretene Schwierigkeiten dargestellt werden.
genen Arbeitsmethoden auseinander.7
Aufgrund der Anfangsbuchstaben ihrer                1.   Workshop 2009 in Jerusalem
Nachnamen saßen die beiden Projektleiter
im Rahmen ihrer Tätigkeit für den Aus-              In dem G.I.F.-Projekt soll kritisch unter-
schuss nebeneinander. Über die Jahre ent-           sucht werden, welche Rolle der MRA im
wickelte sich eine Freundschaft geprägt             internationalen Menschenrechtsschutzsys-
von persönlichen und fachlichen Überein-            tem spielt oder spielen sollte.
                                                    Damit die Projektmitarbeiter in dieser Fra-
6   Die anderen Vertragsorgane sind der Ausschuss   ge einen Eindruck von unterschiedlichen
    zur Überwachung des Internationalen Paktes      Standpunkten zu Grundlage und Grenzen
    über wirtschaftliche, soziale und kulturelle    der Ausschussarbeit aus wissenschaftlicher
    Rechte (ICESCR), der Ausschuss zur Beseiti-
                                                    und praktischer Perspektive erhalten, ent-
    gung jeder Form von Rassendiskriminierung
    (CERD), der Ausschuss für die Beseitigung der   schlossen sie sich, mit unterschiedlichen
    Diskriminierung der Frau (CEDAW), der Aus-      Menschenrechtsexperten über verschiede-
    schuss gegen Folter (CAT), der Ausschuss für    ne Aspekte der Ausschussarbeit zu disku-
    die Rechte des Kindes (CRC), der Ausschuss      tieren. Das Minerva-Zentrum für Men-
    zum Schutz der Rechte aller Wanderarbeitneh-
    mer und ihrer Familienangehörigen (CMW),
                                                    schenrechte der Hebräischen Universität
    der Ausschuss für die Rechte von Menschen mit   Jerusalem sowie die dortige Juristische Fa-
    Behinderung (CRPD).                             kultät führten in Kooperation mit dem
7   http://www2.ohchr.org/english/bodies/hrc/       MRZ am 13. und 14. Dezember 2009 in Je-
    index.htm.                                      rusalem einen Expertenworkshop durch.
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Beteiligte Fachkräfte waren unter anderem                 besserungsvorschläge für die Erfüllung
Dr. Almut Wittling-Vogel8 und Prof. Chris-                sämtlicher Ziele und Aufgaben des MRA
tian Tomuschat9 auf deutscher Seite, Prof.                zu machen, wo dies sinnvoll und notwen-
Frances Raday,10 Prof. Ruth Halperin-                     dig erscheint. Allerdings sollen sich diese
Kaddari11 und Prof. Ruth Gavison12 auf israe-             Vorschläge im realisierbaren Rahmen hal-
lischer Seite und Dr. Markus Schmidt13 aus                ten, also zum Beispiel verfahrenstechnische
Genf. Die Fachkräfte berichteten unter an-                Veränderungen anregen, aber weniger
derem von ihren persönlichen Erfahrungen                  Überlegungen zur Veränderung des Zivil-
mit dem MRA sowie weiteren Fachaus-                       paktes selbst beinhalten, die schwer um-
schüssen und debattierten rege die weit                   setzbar wären.
gefächerten Workshopthemen. Es wurden
                                                          Durch den Gedankenaustausch zwischen
grundsätzliche Fragen zu Hauptaufgaben
                                                          Wissenschaft und Praxis konnte das gegen-
des MRA (Concluding Observations, Gene-
                                                          seitige Verständnis für die jeweiligen Ver-
ral Comments, Views) diskutiert, aber auch
                                                          haltensweisen verbessert werden, was sich
speziellere Themen wie das Verhältnis des
                                                          zum Beispiel bei der Debatte über Sinn und
MRA zu anderen UN-Organen, insbeson-
                                                          Zweck des ‘constructive dialogue’15 zeigte.
dere dem Menschenrechtsrat untersucht.
                                                          So erhielten nicht nur die Mitarbeiter des
So stellte Markus Schmidt unter anderem
                                                          Projektes zahlreiche Anregungen für ihre
fest, dass seit Etablierung des UPR-
                                                          Arbeit.
Verfahrens14 vor dem Menschenrechtsrat
die Anzahl der Berichtseingänge im Rah-
men des Staatenberichtsverfahrens vor                     2.   Questionnaires
dem MRA gestiegen sei. Auch die Rolle der
NGOs im Berichtsverfahren war Thema                       Die Ziele des Zivilpaktes können nur er-
wie verschiedene Ideen für Veränderun-                    reicht werden, wenn der Ausschuss juristi-
gen, zum Beispiel Änderungen bezüglich                    sche und politische Entscheidungen auf
des Formats und Umfangs der Staatenbe-                    nationaler Ebene beeinflussen kann. Um
richte. Hierbei wurde stets im Blick behal-               seinen Einfluss bewerten zu können, ist es
ten, dass das Projekt zwar bezweckt, Ver-                 notwendig      zu    untersuchen,     wie
                                                          Concluding Observations, Views und Ge-
                                                          neral Comments von den verschiedenen
8    Almut Wittling-Vogel ist Beauftragte der Bun-        Organen und Institutionen der Vertrags-
     desregierung für Menschenrechtsfragen im
                                                          parteien wahrgenommen und behandelt
     Bundesministerium der Justiz.
                                                          werden.
9    Christian Tomuschat ist emeritierter Professor für
     Öffentliches Recht, Völker- und Europarecht an       Wir entwickelten entsprechende Fragebö-
     der Humboldt-Universität zu Berlin, zudem u.         gen, die über den Einfluss der Ausschuss-
     a. ehemaliges Mitglied des MRA.
                                                          arbeit auf die nationale Menschenrechts-
10   Frances Raday ist emeritierte Professorin der
     Hebräischen Universität Jerusalem und ehema-
                                                          praxis der einzelnen Vertragsstaaten Auf-
     liges Mitglied des Frauenrechtsausschusses.          schluss geben sollten. Aufgrund mangeln-
11   Ruth Halperin-Kaddari ist derzeitiges Mitglied       der Kapazitäten stand eine umfangreiche
     des Frauenrechtsausschusses.                         persönliche/telefonische Befragung außer
12   Ruth Gavison ist Professorin für Menschenrechte      Frage. Diese Questionnaires – je einer für
     an der Hebräischen Universität Jerusalem.            Staatenvertreter, NGOs und nationale
13   Markus Schmidt, damals Leiter des Petition           Menschenrechtsinstitute (NHRI/s) – muss-
     Teams im Büro des Hochkommissariats für
     Menschenrechte, seit 1. Januar 2010 im Büro der
     Vereinten Nationen in Genf tätig. Zu seinen
                                                          15   Als ‘constructive dialogue’ bezeichnet man den
     Veröffentlichungen zählt Individual Human                 mehrstündigen Austausch der Ausschussmit-
     Rights Complaints Procedures Based On United              glieder mit den einzelnen Staatendelegationen,
     Nations Treaties And The Need For Reform, in:             in dem über einzelne Aspekte des aktuellen
     The International And Comparative Law Quar-               Staatenberichts gesprochen und zum Beispiel
     terly, 1992, S. 645-659.                                  Fragen gestellt, Unklarheiten beseitigt und die
                                                               jeweiligen Standpunkte deutlich gemacht wer-
14   UPR steht für Universal Periodic Review.                  den.
Kaspers/Ludewig: G.I.F.-Drittmittelprojekt Menschenrechtsausschuss                               87

ten individuell zugeschnitten werden, weil               lediglich 15 ausgefüllt und an uns zurück-
wir den genannten Organen und Instituti-                 geschickt wurden. Hierbei erfolgte eine
onen mit ihren unterschiedlichen Funktio-                gleichmäßige Verteilung zwischen Antwor-
nen im System gerecht werden und ein                     ten von Ministerien, NGOs und NHRIs.
umfassendes Bild erhalten wollten. So                    Eine Handvoll weiterer Adressaten, insbe-
wurden beispielsweise      die Kenntnisse                sondere NGOs, hat zumindest reagiert und
über die Ausschussarbeit, das interne Pro-               mangelnde Zeit oder Kapazitäten sowie
zedere zur Erstellung des Staatenberichts                fehlende (spezifische) Befassung mit der
oder auch der Umgang mit den Entschei-                   Ausschussarbeit als Gründe angegeben,
dungen des Ausschusses abgefragt.                        nicht weiterhelfen zu können. So hat zum
                                                         Beispiel eine internationale NGO, die Glo-
Anstatt die Unterlagen an sämtliche Ver-
                                                         bal Initiative to End All Corporal
tragsstaaten16 zu schicken, entschieden wir
                                                         Punishment of Children, lediglich einen
uns, eine repräsentative Anzahl von 34
                                                         allgemein gehaltenen Kommentar abgege-
Staaten auszuwählen, in der Aspekte wie
                                                         ben. Auch die Antworten der Internationa-
die geographische Lage, Größe, Religion
                                                         len Gesellschaft für Menschenrechte
etc. berücksichtigt wurden und gleichmä-
                                                         (IGFM) - Deutsche Sektion e.V. waren be-
ßig verteilt waren. Deutschland und Israel
                                                         dingt hilfreich, da sie nicht auf deutsche
waren ebenso Teil der Liste wie die ständi-
                                                         Fragen fokussiert sind und daher keine
gen Mitglieder des UN-Sicherheitsrates
                                                         spezifischeren Informationen liefern konn-
(ausgenommen China, das keine Vertrags-
                                                         ten.
partei des Zivilpaktes ist). Weitere Beispie-
le sind Chile, Kroatien, Senegal und Un-                 Gleichwohl war die Aktion insofern erfolg-
garn.     Anschließend        wurden      die            reich als einige Antworten sehr ausführlich
Questionnaires in jedem ausgewählten                     waren und die jeweilige Sichtweise zu Fra-
Staat an das zuständige Ministerium,17 eine              gestellungen hinsichtlich der Ausschussar-
Handvoll NGOs, die ihren Arbeitsschwer-                  beit deutlich machten. Hervorzuheben sind
punkt im Bereich der bürgerlichen und                    an dieser Stelle besonders die Ausführun-
politischen Rechte haben, sowie an das                   gen der deutschen und israelischen Staa-
jeweilige NHRI geschickt, falls dieses die               tenvertreter sowie die mexikanische NGO‚
Pariser Prinzipien erfüllt.18                            Centro de Derechos Humanos Miguel
                                                         Agustín Pro Juárez‘ (Centro Prodh).
In der Hoffnung, möglichst viele Adressa-
ten zu erreichen, wurden die Fragebögen                  Doch soll nicht unerwähnt bleiben, dass
vom englischen Original zudem ins Fran-                  der Lernprozess ein gegenseitiger war. So
zösische und Spanische übersetzt.                        schrieb zum Beispiel der Vertreter einer
                                                         nigerianischen NGO, dass er nun Kenntnis
Leider mussten wir die Erfahrung machen,
                                                         von den General Comments habe, welche
dass von den 270 verschickten Fragebögen
                                                         er sich im Rahmen der Beantwortung unse-
                                                         rer Fragen verschafft hatte. Eventuell wird
16   Derzeit gehören dem Zivilpakt 167 Staaten an
     (Stand: 31. Januar 2011).                           diese NGO in Zukunft die General Com-
17   Ob das Justiz- oder Außenministerium primär
                                                         ments als Argumentationshilfe für ihre
     zuständig ist, ist in den einzelnen Vertragsstaa-   Ansichten verwenden. Auch ist es möglich,
     ten unterschiedlich geregelt.                       dass diejenigen NGOs, die sich mit dem
18   Die 1993 von der UN-Generalversammlung              Fragebogen befasst haben, versuchen wer-
     verabschiedeten Pariser Prinzipien enthalten ei-    den, zukünftig mehr Einfluss auf den Pro-
     ne Reihe von Grundsätzen für die Ausgestal-
                                                         zess bei der Erstellung des Staatenberichts
     tung von NHRIs. Diese sollen über eine juristi-
     sche Grundlage, einen klaren Auftrag sowie ei-      oder der anschließenden Umsetzung der
     ne ausreichende Infrastruktur und Finanzie-         Ausschussempfehlungen zu nehmen und
     rung verfügen, gegenüber der Regierung unab-        den Staatenvertretern und/oder dem Aus-
     hängig sowie pluralistisch zusammengesetzt          schuss ihre Perspektive der nationalen
     und für besonders schwache Gruppen zugäng-
     lich sein. Nähere Informationen unter
                                                         Menschenrechtslage darzulegen.
     www.nhri.net.
88                                                       MRM —MenschenRechtsMagazin Heft 1/2011

VI. Ausblick                                             Gerichtsverfahren die General Comments
                                                         als Auslegungshilfe herangezogen werden.
In den vergangenen Projektjahren 2009 und
                                                         Aufgrund der besonderen Fachkenntnisse
2010 wurden bereits wesentliche Aspekte
                                                         als Staatsrechtler des jeweiligen Vertrags-
der Arbeit des MRA untersucht, erläutert
                                                         staates, dessen Staatsangehörigkeit sie be-
und kommentiert. Es erfolgte ein histori-
                                                         sitzen, fokussieren sich die Projektleiter
scher Blick auf die Ausschusstätigkeiten.
                                                         hierbei auf die Vertragsstaaten Deutsch-
Hierbei wurden sowohl Aufbau als auch
                                                         land und Israel. Dies ändert nichts daran,
Struktur und Arbeitsweisen des Ausschus-
                                                         dass der Erkenntnisgewinn aus den Ergeb-
ses unter die Lupe genommen. So wurde
                                                         nissen des vorgestellten Projektes nicht
beispielsweise untersucht, wie sich die
                                                         ausschließlich bei den Vertragsstaaten
Funktion der General Comments oder das
                                                         Deutschland und Israel liegen dürfte. Das
Consensus-Prinzip entwickelt haben und
                                                         im Rahmen des Projektes entstehende Buch
welchen beruflichen Hintergrund die bis-
                                                         wird hoffentlich zahlreiche Leser aus Wis-
herigen und derzeitigen Ausschussmit-
                                                         senschaft und Praxis finden.
glieder hatten beziehungsweise haben.
Jedoch blieb es nicht dabei. Vielmehr wur-
den auch die aktuellen Entwicklungen auf-
gegriffen und diskutiert, beispielsweise der
Entstehungsprozess der Allgemeinen Be-
merkung Nr. 3419 zur Meinungsäußerungs-
freiheit und die neue Form des Staatenbe-
richtsverfahrens.20
Worauf wird nun im letzten Projektjahr der
Schwerpunkt gelegt? Auch wenn die Pro-
jektleiter in ihrer Untersuchung eine uni-
verselle Sicht auf die Grundlagen und
Grenzen der Ausschussarbeit haben und
diese stets im Blick behalten werden, kon-
zentrieren sie sich im abschließenden Pro-
jektjahr vor allem auf die Frage, welche
Rolle der MRA in den nationalen Rechts-
systemen der einzelnen Vertragsstaaten
spielt. Hierbei wird unter anderem in Au-
genschein genommen, in welchen Verfah-
ren auf Entscheidungen des MRA Bezug
genommen wird, ob also zum Beispiel in

19   Siehe Draft General Comment No. 34 (upon
     completion of the first reading by the Human
     Rights Committee), UN-Dok. CCPR/C/GC/
     34/CRP.5 vom 25. November 2010.
20   Der einzelne Vertragsstaat hat die Möglichkeit,
     sich durch eine Zusatzerklärung für das neue
     Berichtsverfahren zu entscheiden, nachdem der
     Bericht im Wesentlichen auf den Antworten auf
     die in der „List of issues“ gestellten Fragen ba-
     siert und sich somit auf aktuelle Kernprobleme
     des jeweiligen Vertragsstaates fokussiert. Siehe
     dazu Focused reports based on replies to lists of
     issues prior to reporting (LOIPR): Implementa-
     tion of the new optional reporting procedure
     (LOIPR procedure), UN-Dok. CCPR/C/99/4
     vom 29. September 2010.
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