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BEMMA-Schema Version 10-2020 Die emissionsarme Vitrine im Fokus Beschreibung des Untersuchungs- und Bewertungsverfahrens nach BEMMA BEMMA ist die Kurzbezeichnung für ein Verfahren zur Bewertung von Emissionen aus Materialien für Museumsausstattungen. Mit diesem Verfahren lassen sich flüchtige organische Verbindungen aus modernen Werkstoffen, die in mittelbarem Kontakt mit historischen oder modernen Materialien des Kunst- und Kulturgutes stehen, untersuchen und bewerten. Nicht die Vitrine oder der Magazinschrank selbst, sondern die entsprechenden Baumaterialien werden im Hinblick auf ihre Emissionen bewertet (Im weiteren Text wird die Vitrine synonym für Vitrine und Magazinschrank verwendet). Einführung Museumsvitrinen sollen Kunst- und Kulturgut nicht nur vor Diebstahl und Vandalismus, sondern auch vor Schmutz und Staub schützen. Zahlreiche Beispiele verdeutlichen jedoch eindringlich, dass Kunst- werke nicht nur außerhalb, sondern auch innerhalb von Museen, Archiven, etc. zuweilen ungünstigen Umwelteinflüssen ausgesetzt sind. So können Einbauten bzw. Dekorationen in Ausstellungsräumen, Aufbewahrungsbehältnisse in Depoträumen oder Ausstellungsvitrinen flüchtige Substanzen freiset- zen, die zu irreversiblen Veränderungen an den aufbewahrten oder ausgestellten Objekten führen und diese unter Umständen sogar schädigen. Hierzu zählen beispielsweise organische Säuren, wie Amei- sen- oder Essigsäure, aber auch Verbindungen, die Sulfide enthalten. Als Reaktion darauf werden von Museen und Archiven bei der Neukonzeption von Ausstellungen immer häufiger sogenannte schad- stoff- bzw. emissionsfreie Vitrinen bzw. Konstruktions- und Baumaterialien gefordert. Abb. 1: Hofstaat zu Delhi am Geburtstag des Großmoguls Aureng-Zeb, 1701-1708, Johann Melchior Dinglinger Neues Grünes Gewölbe, Dresden; links: Gesamtaufnahme; rechts: Detail, Schädigung des Emails (Photo: SKD) Seite 1 von 11
Beschreibung des Untersuchungs- und Bewertungsverfahrens nach BEMMA Abb. 2: Probenahme auf Tenax®, anschließend: Thermodesorption und Identifikation, Quantifizierung durch GC/MS: Schädi- gung des Emails durch Säuren (Graphik: BAM) Neben der Abwesenheit jeglicher Fremd- bzw. Schadstoffe umfassen heutige Anforderungen zugleich eine hohe Dichtigkeit zur Gewährleistung von Klimakonstanz. Diese Anforderungen sind synchron nur sehr schwierig zu erfüllen, da es DAS emissionsfreie Material nicht gibt und so fast jede auch noch so kleine Abgabe von Stoffen zu einer Anreicherung innerhalb der Vitrine führt. Somit stellte sich die Frage, wie ein Bewertungsschema etabliert werden kann, welches es ermöglicht, Museumsvitrinen qualitativ und quantitativ hinsichtlich eines Schädigungspotenzials für das ausgestellte Kulturgut ein- zuschätzen. Abb. 3: Vitrine mit VOC-Probenahme (Photo: BAM) Das BEMMA-Schema Bevor auf das BEMMA-Schema detailliert eingegangen wird, sollte noch einmal deutlich gemacht wer- den, dass die erfolgreiche Bewertung durch Prüfer und Fachbewerter / Fachauditoren nach dem BEMMA-Schema keine Gewähr und keine Garantie für eine emissionsarme Vitrine sind. Vielmehr schafft das Verfahren Voraussetzungen für die Auswahl geeigneter Materialien zur Herstellung mög- lichst emissionsarmer Vitrinen. Sie ist gleichzeitig eine notwendige, aber nicht die einzige Vorausset- zung für die Hersteller von Vitrinen, ihre Produkte als konform zu BEMMA auszuweisen. Zusätzlich sind für die Hersteller, die ein Zertifikat für die emissionsarme Vitrine haben, die Anforderungen der BAM- Zertifizierungsstelle (BZS) hinsichtlich der Herstellerbetreuung, der Kontrolle der Einhaltung von Zu- liefervereinbarungen und die Übereinstimmung mit den Grundsätzen des QMH der BZS nachzuweisen. Seite 2 von 11
Beschreibung des Untersuchungs- und Bewertungsverfahrens nach BEMMA Konkrete handwerkliche Durchführungen beim Bau, Dichtheitsanforderungen, wie auch die Aufstellbe- dingungen (Umgebung der Vitrine) beeinflussen die Emissionscharakteristik der fertigen Vitrine in der Praxis. Eine saubere Vitrine hilft nichts in einer belasteten Umgebung, bei nachträglichen Veränderun- gen mit nicht überprüften Materialien oder auch emittierenden Exponaten. Die Bewertungskriterien des BEMMA Schemas beziehen sich auf die durchzuführende Messmethodik (dynamische Konzentrationsbestimmung in der Mikrokammer). Diese Werte lassen sich nicht auf fer- tige Vitrinen anwenden, da diese nach dem Verschließen in einen statischen Zustand übergehen, in dem üblicherweise eine starke Stoff-Anreicherung stattfindet. Dies ließe sich durch ein definiertes Klima mit geringem Luftwechsel und Filterung weitgehend vermeiden. Weiterhin wurden diese Bewertungskriterien (Grenzwerte) nicht nach experimentellen Vorgaben be- stimmt, wie sie beispielsweise aus der Medizin (z.B. MAK-Werte) bekannt sind. Derartige Grenzwerte lassen sich für den Bereich Kunst- und Kulturgut nicht bestimmen. Ausschlaggebend für die Definition von zwei grundlegenden Kriterien war einerseits die Kenntnis über das Schädigungspotential einiger Substanzen (Säuren, Oxime, etc.); andererseits die statistische Er- hebung der Summenwerte flüchtiger organischer Verbindungen (VVOC: Very Volatile Organic Com- pounds, VOC: Volatile Organic Compounds; SVOC: Semi Volatile Organic Compounds) aus einer Vielzahl von Emissionsmessungen. * Kernstück des BEMMA-Schemas ist die Bewertung aller Messergebnisse gemäß den im Folgenden dargestellten Untersuchungs- und Bewertungskriterien. Von allen untersuchten Materialien wird im- mer eine Doppelbestimmung durchgeführt und daraus der Mittelwert für alle Ergebnisse einzeln gebil- det. Sollten diese Ergebnisse für mehr als 25 % der Komponenten um mehr als 20 % voneinander ab- weichen, muss eine dritte Bestimmung wegen möglicher Inhomogenität der Probe durchgeführt wer- den. Bei Abweichungen über 50 % muss die Herangehensweise in Absprache mit dem jeweiligen Auf- traggeber neu festgelegt werden, Probeninhomogenitäten sollten möglichst vermieden werden. * Schwefelwasserstoff (H2S), Schwefeldioxid (SO2) und Ammoniak (NH3) können grundsätzlich auch Kunstge- genstände schädigen. Diese Verbindungen werden jedoch aus üblichen Materialien für den Vitrinenbau nicht emittiert (s. Produktgruppen für die Anwendung der BEMMA-Prüfung / Seite 4). In den anfänglichen Überle- gungen zum BEMMA-Schema waren diese Stoffe benannt, sind aber wegen unnötiger Messungen und folglich Kosten nicht in die Bewertung mit aufgenommen worden. Seite 3 von 11
Beschreibung des Untersuchungs- und Bewertungsverfahrens nach BEMMA Die BEMMA-Prüfung kann auf folgende Produkte angewendet werden. Beschichtungen: - Pulverlacke (Einbrennlacke) - Flüssiglacke z. B. für die Beschichtung von Glas- oder Metallflächen Dichtmaterialien: - Fugendichtungsmassen (spritzfähige, plastisch verarbeitbare Dichtstoffe ge- mäß DIN EN 26 927 (Fugendichtstoffe): Produkte, die in Fugen eingebracht werden und diese abdichten, indem das Material an den Fugenflanken haf- tet.) Unterteilt in: - Silikondichtmassen und - Polymerklebstoffe - Dichtprofile (fertigkonfektionierte Dichtbänder z. B. aus Silikon oder Kaut- schuk, die üblicherweise als Meterware gehandelt werden; mit und ohne selbstklebende Rückseiten) - UV Klebstoffe (Reaktionsklebstoffe) / Acrylharze Kunststoffe: - Plattenförmige Kunststoffe (z. Rückwände, Regalflächen, Acrylgläser etc.) - Kunststoff-Formteile Textilien: - Bespannungsstoffe für Vitrineneinbauten Sonstiges: - z. B. Alu-Kompositplatten, Karton-Schaum-Kompositplatten u.a. Holz- und Holzwerkstoffe können nach dem gleichen Verfahren getestet werden, für das BAM-Zerti- fikat „Emissionsarme Materialien für den Bau von Museumsvitrinen“ sind sie aber grundsätzlich aus- genommen. Diese Produkte können eine hohe Inhomogenität aufweisen. Holzwerkstoffe enthalten außerdem sehr häufig Carbonsäuren und Formaldehyd, so dass mit einem Einhalten der BEMMA-An- forderungen nicht zu rechnen ist. Von allen untersuchten Materialien wird immer eine Doppelbestimmung durchgeführt, das heißt, dass zwei der Kammern der Mikrokammer mit dem gleichen Material beladen werden. Daraus wird jeweils der Mittelwert für alle Ergebnisse gebildet. Probenpräparation Die Emissionsbestimmung für die BEMMA-Bewertung wird in Mikrokammern (µ-CTE / µ-Chamber, Fa. Markes) durchgeführt. Ein wesentlicher Parameter für Emissionsprüfungen ist die flächenspezifische Luftdurchflussrate q, die das Verhältnis von Luftwechsel (n) zu Raumbeladung (L) angibt (q = n/L). Dimensionen und Messparameter für die Untersuchungen sind folgende Werte: Volumen der Kammer 0,044 L bzw. 0,000044 m3, Luftdurchsatz je Kammer ca. 28 mL/min bzw. je 1,7 L/h; n: Luftaus- tauschrate (Luftwechsel /Stunde) 38 1/h. Tabelle 1 ergänzt diese allgemeinen Werte um probenspezi- fische Vorgaben: Seite 4 von 11
Beschreibung des Untersuchungs- und Bewertungsverfahrens nach BEMMA Tab. 1: Parameter für die Probenvorbereitung und Probenahme an der Mikrokammer bei einem Volumenstrom von 28 ml/min (bestehend aus je 6 kleinen Kammern) flächige Pro- Parameter / Bsp. für Dichtmassen Dichtprofil Einheit ben Oberfläche der Probe 15,2 4 cm2 Oberfläche der Probe 0,00152 0,0004 m2 L: Oberfläche/Volumen 34,6 9,09 m2/m3 q = n/L 1,1 4,2 m3/(m2*h) Länge der Probe 4 cm Länge der Probe 0,04 m LL: Länge/Volumen 909 m/m3 qL = n/LL 0,042 m3/(m*h) Für die Gewinnung von Prüfstücken ist die DIN ISO 16000-11 zugrunde zu legen. Holzwerkstoffe, Texti- lien, beschichtete Metalle, Kunststoffe werden durch Ausschneiden, Stanzen, Bohren usw. für die Mikrokammer vorbereitet. Die kreisförmigen Proben sollen einen Durchmesser von 44 mm haben, dafür kann z. B. ein entsprechendes Stanzeisen, eine geeignete Bandsäge oder ein passender Hohlbohrer angewendet werden. Die Schmal- bzw. Schnittflächen der Muster werden für die Untersuchungen nicht abgeklebt. Abb. 4: Mikrokammer der Firma Markes, links: Einbringen der Proben; rechts: Luftprobenahme mit Tenax® (Photos: BAM) Für Dichtungsmassen erfolgt die Probenpräparation mit einer Fläche von 4 cm² bei 6 mm Betttiefe z. B. in einem 4 cm langen U-Profil aus Aluminium, das eine Kantenhöhe von 7 mm und eine Breite von 12 mm hat bei Wandstärke 1 mm†. Dabei wird die Dichtungsmasse in dieses U-Profil z. B. mit einer Kartuschenpistole hineingedrückt und an den Kanten glattgestrichen, an den Schnittkanten wird das Profil mit selbstklebendem emissionsarmen Aluklebeband (vor der Befüllung) abgedichtet. Im An- schluss an die Herstellung wird in Absprach mit dem Vitrinenbauer eine Ablüftzeit vereinbart. Diese soll die übliche Zeitspanne umfasst, nach der die Vitrine nach Verklebung verschlossen wird. Wenn mehrere Dimensionen von Dichtungsmaterialien für die Untersuchung zur Verfügung stehen, soll jenes mit dem höchsten Materialeinsatz pro Längeneinheit gewählt werden. Von diesen Profilen werden 4 cm lange Stücke abgeschnitten (unabhängig von der Breite, die üblicherweise geringer als 4 † z.B. Alfer Profile Seite 5 von 11
Beschreibung des Untersuchungs- und Bewertungsverfahrens nach BEMMA cm ist; die Schnittkanten und Schmalflächen werden nicht abgeklebt) und in die Mikrokammer einge- bracht. Dünnflüssige Klebstoffe oder Beschichtungen werden auf einer runden Glasplatte oder Metallplatte mit einem Durchmesser von d = 44 mm gleichmäßig nach Herstellerangaben aufgetragen und nach einer entsprechenden Trockenzeit (z. B. 7 Tage bei 23°C und 50% relative Feuchte) in der Mikrokammer untersucht. Alternativ können auch flächige Materialien oder Folien eingesetzt werden, sofern deren Inertheit überprüft wurde. Es können auch aus größeren beschichteten Flächen die Muster entspre- chender Größe ausgeschnitten werden. Dabei sollte auf hohe Reinheit beim Schneiden geachtet wer- den, um das Material nicht unnötig zu kontaminieren. Durchführung und Analysenmethoden: • Beladung der Mikrokammer mit den zu untersuchenden Proben mit folgenden Parametern: Fluss: ca. 28 ml/min (genaue Werte notieren); 23 °C ± 2 K, ≈ 0 % relative Luftfeuchtigkeit, syn- thetische Luft, flächenspezifische Luftdurchflussrate: siehe Tabelle 1 bzw. aus den oben be- schriebenen Dimensionen abgeleitete Werte. Mit den hier genannten Flüssen und den entspre- chenden Probenahmezeiten für die Analysen können anschließend die Konzentrationen‡ be- rechnet werden. Vor der Beladung ist für jede Kammer zumindest ein Tenax®-Blindwert zu neh- men, es empfiehlt sich auch regelmäßig eine unbeladene Kammer dem kompletten Analysen- procedere zu unterziehen. • Probenahme mit Tenax® für VOCs (volatile organic compounds), SVOCs (semi volatile organic compound) (gemäß ISO 16000-6) mit folgenden Parametern: 0,25 Liter Probenahmevolumen, 10 min Probenahmedauer. Die Quantifizierung wird mit einer GC-MS-Kombination durchge- führt, die mit den Scanparametern amu: 28 bis 550 detektiert. Die Auswertung der Einzelpeaks erfolgt über das Totalionenchromatogramm welches über eine Toluolkalibrierung quantifiziert wird. Zur Qualitätssicherung sollte vor der Probenahme ein interner Standard aufs Tenaxrohr gegeben werden. Dabei wird zum einen ein VOC- und SVOC-Summenwert ermittelt, der aus der Summe der Einzelkomponenten resultiert§ . Die Summierung erfolgt für alle Komponenten, die bei Quantifizierung über Toluoläquivalente gleich oder mehr als 5 µg/m³ (Berücksichtigungs- grenze) ergeben. Diese daraus resultierenden Hauptkomponenten (≥ 5 µg/m³) werden separat gelistet. Lediglich die Oxime** und Piperidin-Derivate†† werden mit einem zweiten Probenahme- rohr mit 40 min Probenahmedauer entsprechend ca. 1 Liter Probenahmevolumen gesammelt und anschließend substanzspezifisch mit einem massenselektiven Analysenlauf quantifiziert und separat angegeben. ‡ Alternativ könnten die flächenspezifischen Emissionsraten verwendet werden, dann müssen aber die Werte für die festgelegten Summenwerte entsprechend korrigiert werden. § Für VOC im Elutionsbereich von n-Hexan bis n-Hexadecan und für SVOC im Elutionsbereich von n-Hexadecan bis Docosan auf einer schwach polaren GC-Säule z. B. DB-5 ** Z. B. 5-Methyl-2-hexanoneoxime, 4-Methyl-2-pentanoneoxime, 2-Butanonoxim, soll leichtflüchtige Oxime umfassen. †† z. B. 2,2,6,6-Tetramethyl-4-Piperidinol; Lit Newman and Hatchfield, 2015 und 1,2,2,6,6-pentamethyl-4-piperidinol; Diehl, 2016 Seite 6 von 11
Beschreibung des Untersuchungs- und Bewertungsverfahrens nach BEMMA • Probenahme mit DNPH (2,4-Dinitrophenylhydrazin)-Kartuschen für Aldehyde und Ketone (ge- mäß ISO 16000-3) mit folgenden Parametern: ca. 33 Liter Probenahmevolumen; 20 h Probe- nahmedauer. Zumindest Formaldehyd und Acetaldehyd sollten separat angegeben werden. Weitere Aldehyde sind ab einer Konzentration von 5 µg/m³ anzugeben. • Probenahme für flüchtige, kurzkettige, organische Säuren, wie Ameisen- und Essigsäure auf Silikagel-Kartuschen mit ca. 33 Liter Probenahmevolumen, was einer Probenahmedauer von ca. 20 Stunden entspricht. Die mit ca. 100 ml Reinstwasser vorgereinigten Silikagel-Kartuschen werden nach der Beprobung mit 1,5 mL Wasser eluiert und ionenchromatographisch quantifi- ziert. Dieses Verfahren wird in Anlehnung an die VDI 4301 Blatt 7 durchgeführt. • Auf Isocyanate wird nicht standardmäßig getestet. ‡‡ Anorganische Gase (H2S, SO2 oder NOx etc.) sind aus Bauprodukten nicht zu erwarten. Untersuchungsablauf Da der konkrete und zeitlich eng getaktete Zeitablauf der Untersuchungen für die Vergleichbarkeit der Ergebnisse sehr wichtig ist, muss dieser unbedingt befolgt werden. Die Einsätze der Mikrokammern müssen gut gereinigt sein, vor der Beladung ist ein Blindwert der Mikrokammer zu bestimmen. Der Ablauf einer Prüfung nach BEMMA sieht wie folgt aus: 1. Einstellen des Flusses an der Mikrokammer (Warmlaufphase ca. 2 Stunden) 2. Beladen der Mikrokammer 3. Probenahme der flüchtigen, kurzkettigen, organischen Säuren: Beginn/Dauer der Probenahme ca. 1 Stunde nach der Beladung für ca. 20 Stunden, ca. 33 Liter Probenahmevolumen 4. Im Anschluss: Probenahme der VOCs mit Tenax®: Dauer der Probenahme ca. 10 Minuten, 0,25 Liter Probenahmevolumen 5. Im Anschluss: Probenahme Oxime und Piperidin-Derivate†† mit Tenax®: Dauer der Probenahme ca. 40 Minuten, ca. 1,0 Liter Probenahmevolumen 6. Im Anschluss: Probenahme der Aldehyde und Ketone: Beginn/Dauer der Probenahme der VOCs für ca. 20 Stunden, ca. 33 Liter Probenahmevolumen Bewertungskriterien: Substanzen mit hohem Belastungspotenzial, wie Ameisensäure, Essigsäure, Formaldehyd, (Isocya- nate s.o.), Oxime und Piperidin-Derivate dürfen nicht nachweisbar sein. Das bedeutet, dass Substanzen mit einem bekannten und bereits in der Literatur mehrfach beschrie- benen, hohen Schädigungspotenzial, wie Essigsäure, Ameisensäure und Formaldehyd nicht aus den Materialien, die für den Vitrinenbau später eingesetzt werden, emittieren dürfen. Oxime und Isocya- nate‡‡ sind hochreaktive Substanzen. Deshalb geht von ihnen ebenfalls ein Schädigungspotenzial aus. ‡‡ Auf Iso-Cyanate wird nur getestet, wenn sich im Vorfeld ein spezifischer Verdacht ergibt. Übliche Vitrinenbau- materialien und die mit der Verarbeitung einhergehenden Ablüftzeiten haben keine Anhaltspunkte für deren Vorkommen ergeben (Wirts 2003 und Wolff 2000). In besonderen Fällen könnten die Iso-Cyanate: Toluol-2,6- diisocyanat (2,6-TDI), Hexamethylendiisocyanat (HDI), Toluol-2,4-diisocyanat (2,4-TDI), gemäß OSHA Methode Nummer 42 für Diisocyanate überprüft werden (Derivatisierung, HPLC; 33 Liter Probenahmevolumen; 20 h Pro- benahmedauer). Diese Untersuchungen müssten sodann als erstes nach der Beladung erfolgen und anschlie- ßend eine zweite Beladung mit dem üblichen Untersuchungsablauf. Seite 7 von 11
Beschreibung des Untersuchungs- und Bewertungsverfahrens nach BEMMA Ein Piperidin-Derivat†† (Lichtschutzmittel etc.) hat in einem Schadensfall zu einem weißen Nieder- schlag auf gewachsten Kunstobjekten in einer Vitrine geführt. Diese Substanzen dürfen ebenfalls nicht aus den Materialien emittieren. Grundsätzlich gilt gemäß BEMMA für die hier genannten Komponenten ein Ausschluss des Nachwei- ses, d.h. die jeweilige Substanz darf analytisch nicht nachweisbar sein. Da dieses laborspezifisch zu unterschiedlichen Bewertungen führen kann, werden auch für diese Komponenten Grenzwerte einge- führt, die sich mit den genannten Methoden sicher erreichen lassen. Für diese Grenzwerte muss aller- dings auch eine Messunsicherheit (MU) angenommen werden, so dass leichte Überschreitungen, die sich innerhalb des MU-Intervalls befinden, tolerabel sind. Damit wird sichergestellt, dass nach dem neuesten Stand der Technik diese Substanzen aus Vitrinenbauwerkstoffen nur in dem z. Zt. techni- schen nicht vermeidbaren Umfang emittieren dürfen, dies bezieht sich sowohl auf die Bestimmungs- grenzen der analytischen Verfahren als auch auf die derzeit üblichen Werkstoffe. Tab. 2: Mindestbestimmungsgrenzen einiger flüchtiger organischer Verbindungen Komponente Mindest-Bestimmungsgrenze in µg/m³ Formaldehyd 5 Ameisensäure 15 Essigsäure 15 Piperidinderivate 10 Tab. 3: Mindestbestimmungsgrenzen für einige potentielle Oxime Mindest-Bestimmungsgrenze Komponente in µg/m3 Acetonoxim 25 2-Butanonoxim 10 4-Methyl-2-pentanonoxim 10 Cyclopentanonoxim 10 5-Methyl-2hexanonoxim 10 Cyclohexanonoxim 10 3-Methylbenzamidoxim 25 Benzaldehydoxim 10 Tetramethyl-4-piperidinol 10 Für die hier berücksichtigten VOC sind entsprechende Summenemissionswerte einzuhaltenden. Diese lauten wie folgt: ▪ ∑ VVOCs 100 μg/m3 ▪ ∑ VOCs 500 μg/m3 (2000 µg/m³ s. u.) ▪ ∑ SVOCs 100 μg/m3 Seite 8 von 11
Beschreibung des Untersuchungs- und Bewertungsverfahrens nach BEMMA ▪ Für Dichtungsmaterialien (pastöse Silikone und Polymermassen) gilt abweichend ein Wert von 2000 μg/m3 für ∑ VOCs, wegen der deutlich geringeren Einsatzoberfläche bzw. Kontaktoberflä- che zum Innenraum der Vitrinen. UV-Kleber und Dichtbänder lassen die Anwendung der üblichen Summenwerte zu. Berechnung der Summenemissionswerte aus den Messergebnissen der obigen Messverfahren: Für die Berechnung der obigen Summenwerte gelten die nachfolgenden Festlegungen: • Die VVOC-Summe (∑ VVOC) wird aus den Konzentrationen von Ameisensäure, Formaldehyd, Acetaldehyd, Aceton und Propanal (aus der Bestimmung der Aldehyde und Ketone mittels DNPH sowie der organischen Säuren mittels IC) und VOCs, die vor n-Hexan (C6) auf einer schwach pola- ren Säule (Definition siehe DIN EN 16516) detektiert werden und mittels Tenax® (ausgewertet unter Verwendung von Toluoläquivalenten) bestimmt werden, berechnet. • Die VOC-Summe (∑ VOC) wird aus den Konzentrationen (ausgewertet unter Verwendung von To- luoläquivalenten) aller Substanzen, deren Retentionszeiten zwischen der von n-Hexan (C6) und n-Hexadecan (C16) auf einer schwach polaren Säule (Definition siehe DIN EN 16516) liegen (s.o.), zuzüglich der DNPH-Aldehyde und Ketone ab Crotonaldehyd bis Undecanal und zuzüglich der Konzentration von Essigsäure gebildet, die jeweils substanzspezifisch nachgewiesen werden. Zu berücksichtigen ist, dass die entsprechenden Werte dieser Komponenten im VOC-Analysenlauf mit Tenax® dann entsprechend abgezogen werden. • Die SVOC-Summe (∑ SVOC) wird aus den Konzentrationen aller Substanzen gebildet, deren Re- tentionszeit bei der Tenax®-Rohranalytik auf einer schwach polaren Säule größer als n-Hexade- can (C16) und kleiner gleich Docosan (C22) ist§§. Qualitätssicherung Die Standardabweichungen sind für die unterschiedlichen Bestimmungsverfahren gemäß BEMMA- Schema dargestellt. In den Tabellen 4 bis 6 sind die relativen Standardabweichungen und dazugehöri- gen relativen Messunsicherheiten nach Bestimmungsverfahren und Konzentrationsbereichen zusam- mengestellt. Die BGs sind jeweils unterhalb der kleinsten dort angegebenen Konzentration anzusetzen. Tab. 4: Konzentrationsbereiche, relative Standardabweichungen und Messunsicherheit für die Bestimmung von Ameisen- und Essigsäure Ameisensäure Essigsäure Konzentra- Mess- Konzentra- Standard- Mess- tionsbereich Standardabwei- unsicherheit [%] tionsbereich abweichung unsicherheit [%] [µg/m3] chung [%] für k=2 [µg/m3] [%] für k=2 10-50 15 30 10-50 15 30 50-140 10 20 50-400 10 20 §§ Evtl. muss hier die Summe der Iso-Cyanate addiert werden. Seite 9 von 11
Beschreibung des Untersuchungs- und Bewertungsverfahrens nach BEMMA Tab. 5: Konzentrationsbereiche, relative Standardabweichungen und Messunsicherheit für die VOC-Bestimmung mit Tenax® als Adsorbens gemäß ISO 16000-6 Messunsicher-heit Konzentrations- Standard-abwei- [%] für k=2 bereich [µg/m3] chung [%] 5-20 20 40 20-100 10 20 100-400 5 10 400-1000 10 20 1000-1500 15 30 Tab. 6: Konzentrationsbereiche, relative Standardabweichungen und Messunsicherheit für das DNPH-Verfahren gemäß ISO 16000-3 Konzentrationsbe- Standardabwei- Messunsicherheit reich [µg/m3] chung [%] [%] für k=2 5-1500 10 20 Eine Berechnung der Gesamtmessunsicherheit ist erst bei Materialien notwendig, die die Kriterien des BEMMA-Schemas nicht eindeutig erfüllen würden. Die Materialien erfüllen die Kriterien des BEMMA-Schemas nicht, wenn die ermittelten Messwerte ab- züglich der Messunsicherheit höher als die in den Kriterien angegebenen Werte sind. Literatur: DIN ISO 16000-3, Innenraumluftverunreinigungen - Teil 3: Messen von Formaldehyd und anderen Car- bonylverbindungen in der Innenraumluft und in Prüfkammern - Probenahme mit einer Pumpe, Berlin: Beuth-Verlag, 2013. DIN ISO 16000-6, Innenraumluftverunreinigungen - Teil 6: Bestimmung von VOC in der Innenraumluft und in Prüfkammern, Probenahme auf Tenax TA®, thermische Desorption und Gaschromatographie mit MS oder MS-FID, Berlin: Beuth-Verlag, 2012. DIN EN ISO 16000-9, Bestimmung der Emission von flüchtigen organischen Verbindungen aus Baupro- dukten und Einrichtungsgegenständen - Emissionsprüfkammer-Verfahren, Berlin: Beuth-Verlag, 2008. DIN EN ISO 16000-11, Bestimmung der Emission von flüchtigen organischen Verbindungen aus Baupro- dukten und Einrichtungsgegenständen - Probenahme, Lagerung der Proben und Vorbereitung der Prüf- stücke, Berlin: Beuth-Verlag, 2006. DIN EN 16516, Bauprodukte - Bewertung der Freisetzung von gefährlichen Stoffen - Bestimmung von Emissionen in die Innenraumluft, Berlin: Beuth-Verlag, 2018 VDI 4301 Blatt 7- Entwurf, Messen von Innenraumluftverunreinigungen - Messung von Carbonsäuren, Berlin: Beuth-Verlag, 2017 Wirts, M. et al. 2003 Time course of isocyanate emission from curing polyurethane adhesives. Atmo- spheric Environment 37, 5467-5475 Wolff, T., Stirn, H., 2000. Richtwerte für die Innenraumluft: Diisocyanate. Bundesgesundheitsblatt 43, 505–512. Seite 10 von 11
Beschreibung des Untersuchungs- und Bewertungsverfahrens nach BEMMA Newman, R., Derrick, M., Byrne, E., Tan, M., Chiantore, O., Poli, T. and Riedo, C., Strange Events Inside Display Cases at the Museum of Fine Arts, Boston, and Lessons To Be Learned From Them – Part 1, in Conservation and Exhibition Planning: Material Testing for Design, Display, and Packing, Lunder Con- servation Center Nov. 2015 Hatchfield, P., Goppion, S., M., Chiantore, O., Poli, T., Riedo, C., Suslick, K. and Abraham, M., Strange Events Inside Display Cases at the Museum of Fine Arts, Boston, and Lessons To Be Learned From Them – Part 2 Beyond the Oddy Test – the way forward, in Conservation and Exhibition Planning: Ma- terial Testing for Design, Display, and Packing, Lunder Conservation Center Nov. 2015 Diehl, J., Stanek, S., Hanzer, H., Griesser, M., Goldmann, B. und Pitthard, V., 2016, Preventive conserva- tion strategies in the reopened collection of the Kunstkammer of the Kunsthistorisches Museum Vi- enna: Theory versus Practice, IAQ 2016; Heritage Research to Conservation Practice; 12th Conference Indoor Air Quality – in heritage and historic environment, Birmingham Seite 11 von 11
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