Die Kögler-Orgel in der Pfarrkirche St. Laurentius in Neustadt an der Donau

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Die Kögler-Orgel in der Pfarrkirche St. Laurentius in Neustadt an der Donau
Zum „Jahr der Orgel“:
Interessante Orgeln im Bistum Regensburg – Teil 1

Die Kögler–Orgel in der Pfarrkirche
St. Laurentius in Neustadt an der Donau
(Dekanat Abensberg-Mainburg)

                 Die Orgel wurde 2008 durch die Firma „Orgelbau Kögler“
                         aus St. Florian in Oberösterreich gebaut.
                Betreut wurde das Projekt durch den Orgelsachverständigen
                               Professor Kunibert Schäfer,
           geweiht wurde das Instrument am 14. Dezember (Sonntag Gaudete) 2008
               durch den emeritierten Erzbischof von Bamberg, Dr. Karl Braun,
      im Jahr der 1750. Wiederkehr des Todes des hl. Diakons und Märtyrers Laurentius.
Die Kögler-Orgel in der Pfarrkirche St. Laurentius in Neustadt an der Donau
Die Firma Kögler geht auf den berühmten Orgelbauer Josef Brein-
                                 bauer zurück, der 1832 seinen Orgelbau begründete. Im Verlauf der
                                 Firmengeschichte entstanden auch Orgeln in Zusammenarbeit mit
                                 dem österreichischen Komponisten und Organisten Anton Bruck-
                                 ner. Instrumente, die heute noch vorbildlich funktionieren. Kögler
                                 betreibt konsequent ausschließlich klassischen Orgelbau, wie er in
                                 der Blütezeit des 17. und 18. Jahrhunderts verbreitet war. Die tradi-
                                 tionsreiche Firma wirbt u. a. mit seiner grundsoliden Handwerks-
                                 kunst, besten Materialien und genauester Planung in jedem Detail.
                                     Die ganze Orgel wird ohne Schrauben und Nägel gebaut, die meisten
                                     Verbindungen werden leimlos gesteckt, oder die Teile liegen span-
                                     nungsfrei übereinander. Das Eichenholz dafür wurde lange gelagert,
                                     sodass es sich nicht mehr verzieht. Die Oberfläche wird nur handge-
                                     hobelt, ist völlig glatt und bedarf keiner speziellen Pflege. Auch die
                                     Anfertigung der Pfeifen entsteht in konsequenter Handarbeit. Für
Liebe zum Detail:
„Nri. Cantionum“                     den Bau von Metallpfeifen wird zunächst aus einer Zinn-Blei-Legie-
– die Schublade für den Liedanzeiger rung eine Platte gegossen. Aus dieser werden die Pfeifen geformt
                                     und abschließend jede einzelne Naht handverlötet, nicht anders als
vor 400 Jahren. Nicht alle der insgesamt 2030 Pfeifen sind aus Metall, manche wurden auch aus
Holz gefertigt. Aufgrund dieser Bauweise liefert die Firma Kögler weltweit langlebige Instrumente.

Natürlich ist auch die Orgel in Neustadt ein rein mecha-
nisches Schleifladeninstrument. Der damalige Stadtpfarrer
und Regionaldekan Msgr. Johannes Hofmann war bei der
Planung dieser Orgel maßgeblich beteiligt. Zunächst stell-
te sich für den Kirchengemeinderat die Frage: Wie bringen
wir auf dieser Empore eine dem großen Kirchenraum an-
gemessenen Orgel unter? Die Deckenhöhe von der Empore
aus bietet nicht genügend Platz für ein größeres Instrument.
Schließlich hatte einer die Idee: Wir tragen den Mittelteil der
Empore ab und bauen die Orgel auf einem niederen Podest
vom Boden aus. Was zunächst wie ein Scherz klang wur-
de Wirklichkeit und hat sich als phänomenale Lösung ent-
puppt. Die Orgel steht nun quasi mittig auf dem Grund an
der Westfront des Mittelschiffs. Die beiden Emporenhälften
links und rechts sind erhalten geblieben. Sie beherbergen
die Keilbälge und bieten Zugang zur Orgel. Das wunder-
schöne Gehäuse wurde so gestaltet, dass das einströmen-
de Licht aus dem Oculus des Westgiebels zur Geltung
kommt, ein schöner Blickfang. Der Sockel, auf dem die Or-
gel steht, beinhaltet eine ausziehbare Empore für den Chor.

Künstlerische Leiter dieser größeren Umbauaktion war
Professor Franz Bernhard Weißhaar, auch die äußere Ge-
stalt der Orgel trägt seine Handschrift.

                                                                                    Keine Schrauben und Nägel
Die Kögler-Orgel in der Pfarrkirche St. Laurentius in Neustadt an der Donau
2003: Blick auf die alte Orgel vor dem Abbruch                               Nach dem Einbau eines Bodenpodestes
der Mittelempore                                                                               für Orgel und Chor

DISPOSITION

I Hauptwerk C- g3                          II Schwellwerk C-g3             Pedal C- f1
1. Bourdon        16‘                      13. Principal              8‘   25.   Subbass                     16‘
2. Principal       8‘                      14. Salicional             8‘   26.   Oktavbass                    8‘
3. Gedeckt         8‘                      15. Vox coelestis          8‘   27.   Gedecktbass                  8‘
4. Spitzflöte      8‘                      16. Copel                  8‘   28.   Choralbass                   4‘
5. Gamba           8‘                      17. Octave                 4‘   29.   Mixtur                      IV
6. Oktave          4‘                      18. Flauto Dolce           4‘   30.   Posaune                     16‘
7. Spitzflöt       4‘                      19. Nasard            2 2/3‘    31.   Trompete                     8‘
8. Quinte      2 2/3‘                      20. Oktave                 2‘
9. Superoktave     2‘                      21. Flöte                  2‘
10. Terz       1 3/5‘                      22. Terz              1 3/5‘
11. Mixtur         V                       23. Mixtur                IV
12. Trompete       8‘                      24 Oboe                    8‘
			                                        Tremulant
Spielhilfen
Koppeln II-I, I-Ped, II-Ped
Cymbelstern

Hauptwerk und Schwellwerk weisen einen fast identischen Prinzi-
pal-Chor auf. Auch das ist eine Besonderheit dieser Orgel. Klan-
glich sind die Prinzipalregister 8‘+4‘+2‘ auf beiden Werken quasi
identisch. Lediglich die Mixtur ist im Hauptwerk 5-fach bestückt, im
Schwellwerk nur 4-fach.
Orgelstücke, die zwei möglichst gleiche Klangebenen fordern, las-
sen sich somit optimal darstellen.
Auch Echoeffekte, die man in der barocken Literatur zuhauf findet,
lassen sich dadurch besonders gut realisieren. (Hörbeispiel 1)
Die Kögler-Orgel in der Pfarrkirche St. Laurentius in Neustadt an der Donau
HÖRBEISPIELE

Hörbeispiel 1
Dritter Satz „Allegro“ aus dem „Concerto in G“ von Georg Wolfgang Druckenmüller (1628-1675).
Registrierung: Prinzipale 8‘-4‘-2‘ auf
beiden Manualen, im Pedal Subbass 16‘
und Oktavbass 8‘,
Schweller fast zu.
Die Kögler-Orgel besitzt neben schönen
Flötenstimmen (Hörbeispiel 2) auch ei-
nen Bourdon 16‘ im HW. Bei einer Con-
tiuno-Begleitung kann man mit diesem
Register in der linken Hand einen schö-
nen Kontrabass-Effekt erzeugen.
(Hörbeispiel 3)

Hörbeispiel 2
Improvisiertes Bicinium über GL 329 - „Das ist der Tag, den Gott gemacht“,
linke Hand HW mit Spitzflöte 8‘ + 4‘, rechte Hand SW mit Copelflöte 8‘ + Flöte 2‘.

Hörbeispiel 3
Continuo-Spiel, linke Hand HW, Bourdon 16‘, Spitzflöte 8‘+4‘,
rechte Hand SW, Copelflöte 8‘ und Flauto dolce 4‘

Hörbeispiel 4
Bei diesem improvisierten Trio über „Wer nur den lieben Gott lässt walten“ (GL 424) wird für die
Melodie in der linken Hand im SW die Oboe 8‘ verwendet in Verbindung mit dem Principal 8‘,
in der rechten Hand im HW Spitzflöte 8‘+4‘, Quinte 2 2/3‘ und Terz 1 3/5‘, und im Pedal Subbass 16‘
und Oktavbass 8‘.

Hörbeispiel 5
Bei der „Fanfare“ von Guillaume Lasceux (1740-1831) erklingen die Zungenregister Trompete 8‘ im
HW (+ Spitzflöte 8‘+4‘) und Oboe 8‘ im SW (+ Copel 8‘ + Flöte 2‘)

Hörbeispiel 6
„Prière à Notre Dame“ aus der Suite Gothique von L. Boëllmann gehört zu den bekanntesten langsa-
men Sätzen der romantischen Orgelliteratur und fordert ein Schwellwerk und eine weiche 8‘-Regist-
rierung auf den Manualen. Auch diese Musik lässt sich auf der Kögler-Orgel gut darstellen:
Salicional 8‘ + Vox coelestis 8‘ + Copelflöte 8‘ auf dem SW, Gedeckt 8‘ + Spitzflöte 8‘ + Gamba 8‘ auf
dem HW, Subbass 16‘ + Gedecktbass 8‘ im Pedal.
Koppel SW/HW und SW/Ped.

Hörbeispiel 7
Viele, die zum ersten Mal an dieser Orgel sitzen, sind begeistert vom Klang der Orgel, beklagen aber
auch manchmal die fehlenden Setzerkombinationen. Zugegeben, wer nicht gewohnt ist, ohne Kombi-
nationen zu spielen, tut sich etwas schwer, und so manches Literaturstück kann man nicht
ohne Registrant spielen. Mit der abschließenden Improvisation über „Großer Gott, wir loben dich“
(GL 380) möchte ich demonstrieren, dass man als Spieler
durchaus auch alleine von einem piano aus ein fortissimo erreichen kann, indem man während des
Spielens immer wieder Register hinzu zieht. Zum Abschluss ist das Instrument im Tutti-Klang zu hö-
ren, somit kommen auch die kräftigen Zungen im Pedal zur Geltung.

                                                                          Regionalkantor Joachim Schreiber
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