Die Paläodiät - zurück in die Zukunft!?

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Die Paläodiät - zurück in die Zukunft!?
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Die Paläodiät – zurück in die Zukunft!?

                                          Alexander Ströhle und Andreas Hahn1

                                          Die Steinzeiternährung, auch als «Paleo-Diet» oder «paläolithische Ernährung» bezeichnet,
                                          stösst in den letzten Jahren auf wachsende Resonanz. Inzwischen ernährt sich auch in den
                                          D-A-CH-Ländern eine wachsende Zahl von Menschen nach dem «Steinzeitprinzip». Zu dieser
                                          Entwicklung hat die Veröffentlichung einer Reihe von populärwissenschaftlichen Büchern
                                          beigetragen (1–4), die geradezu einen «Paläohype» (5) ausgelöst haben. Anhänger der Ernäh-
                                          rung nach dem Steinzeitprinzip postulieren, dass nur so der menschliche Organismus ernährt
     Alexander Ströhle                    wird, wie es seiner evolutionär-genetischen Anlage entspricht. Wie eine moderne Ernährung
                                          nach dem Steinzeitprinzip aus ernährungsphysiologischer und -medizinischer Sicht zu bewer-
                                          ten ist, wird im Beitrag untersucht.

                                          Grundsätze und Lebensmittelauswahl                       Nicht verzehrt werden sollten hingegen Hülsen-
                                                                                                   früchte, Getreide und Milch von Säugetieren (Kuh-,
                                          Das Konzept der Steinzeiternährung geht davon aus,       Ziegen und Schafsmilch) sowie alle daraus hergestell-
                                          dass sich die für die Absorption und den Stoffwechsel    ten Erzeugnisse wie Backwaren und Milchprodukte.
                                          relevanten Körpermerkmale im Verlauf der Mensch-         Auch wird empfohlen, auf Süsswaren, Limonade und
                                          werdung (Hominisation) als Anpassung an eine prä-        ähnlich stark verarbeitete «Industrielebensmittel» zu
                                          historische Nahrungsumwelt, nämlich die der Alt-         verzichten (1, 14, 15).
                                          steinzeit (Paläolithikum; archäologische Epoche im       Meist sind die Ernährungsempfehlungen eingebun-
       Andreas Hahn                       Zeitraum von 2,4 Millionen bis 10 000 Jahre vor          den in ein umfassendes «Paläo-Lifestyle-Konzept».
                                          heute), ausgebildet haben. Da Evolution im Allgemei-     Neben der «richtigen» Ernährung werden regelmäs-
                                          nen und komplexe Anpassungsprozesse im Besonde-          sige körperliche Aktivität (Ausdauer- und Kraftsport
                                          ren sehr lange Zeiträume in Anspruch nehmen, sind        im Wechsel), Aufenthalt in der Natur mit Besonnung
                                          die Stoffwechselfunktionen des modernen Menschen,        sowie ausreichenden Ruhe- und Schlafphasen emp-
                                          so die These, noch immer genetisch auf die Ernäh-        fohlen (3, 14).
                                          rungsweise des Paläolithikums «programmiert». Nur
                                          eine Kost, die sich an der ursprünglichen Ernährung      Ernährungsphysiologische Bewertung
                                          der Menschen in der Altsteinzeit orientiert, so das
Insgesamt ist das                         Credo, ist «artgerecht» und also gesund, weil nur sie    Eine moderne Steinzeiternährung, wie sie in Indus-
Nährstoffprofil                           mit den genetisch determinierten Nahrungsbedürf-         trieländern empfohlen und praktiziert wird, ist eine
einer modernen                            nissen des Menschen übereinstimme. Bei genauer           omnivore Kostform, meist mit einem hohen Fleisch-
                                          Analyse ist die Annahme allerdings nicht stichhaltig     und Fischanteil, ergänzt um Gemüse, Obst und Nüsse
Paläoernährung
                                          (zur biotheoretischen Kritik siehe [6–13]).              (16).
als günstig                               Der Theorie entsprechend wird bei einer Ernährung        Je nach Ausrichtung – hoher Anteil pflanzlicher
zu beurteilen.                            nach dem Steinzeitprinzip empfohlen, ausschliesslich     Lebensmittel wie stärkereiche Knollenfrüchte, Ge-
                                          «artgerechte» Lebensmittel zu verzehren, also Pro-       müse und Nüsse von etwa 70 Prozent der Nahrungs-
                                          dukte, die bereits in der Altsteinzeit konsumiert wur-   menge versus hoher Anteil vom Tier stammender
                                          den. Dazu zählen Frucht- und Knollengewächse sowie       Lebensmittel (Fleisch, Fisch, Innereien, Eier; bis etwa
                                          Blattgemüse, Beeren, Nüsse und Samen, Insekten,          70% der Nahrung) – kann die Aufnahme der Haupt-
                                          Vogeleier, Fisch und (Wild-)Fleisch sowie Innereien      nährstoffe stark variieren. Üblicherweise handelt es
                                          (Leber, Herz, Niere, Hirn) und – in geringen Mengen      sich bei der Steinzeiternährung um eine proteinreiche
                                          – Honig. Teilweise gibt es prozentuale Empfehlungen      (19–35 Energie%) Kost mit niedrigen bis moderaten
                                          zur Aufnahme von Fleisch und Fisch in Relation zu        Anteilen an Kohlenhydraten (20–40 Energie%) und
                                          pflanzlichen Lebensmitteln im Mengenverhältnis von       vergleichsweise hohen Anteilen an Fetten (etwa
1
                                          1:1 (1), wenngleich nur wenig über die tatsächliche      40 Energie%). Die Zufuhr an einfach ungesättigten
  Gottfried-Wilhelm-Leibniz Universität
Hannover, Institut für Lebensmittelwis-   und zudem höchst variable Relation der verschiede-       Fettsäuren, langkettigen Omega-3-Fettsäuren ist im
senschaft und Humanernährung              nen Lebensmittel in der Steinzeit bekannt ist.           Vergleich zu den Empfehlungen von Fachgesellschaf-

16 Schweizer Zeitschrift für Ernährungsmedizin 2|2019
E R N Ä H R U N G ST R E N D S

ten hoch, ebenso der Omega-3: Omega-6-Quotient
(etwa 2:1); die Zufuhr an gesättigten Fettsäuren mit
etwa 7,5 Energieprozent hingegen relativ gering. Be-
dingt durch den reichlichen Verzehr von Gemüse,
werden mit der Steinzeitkost üblicherweise ver-
gleichsweise hohe Mengen an Ballaststoffen (> 30 g/
Tag) zugeführt, vorwiegend in löslicher Form. Durch
das Meiden von konzentrierten, hoch verarbeiteten
Kohlenhydratträgern wie isoliertem Zucker und Ge-
treideprodukten aus niedrig ausgemahlenen Mehlen,
wird eine geringe glykämische Last von 60 bis 70 er-
zielt (17).
Gleichzeitig weist eine moderne Steinzeitkost eine
hohe Nährstoffdichte für die meisten Mineralstoffe
und Vitamine auf. Dies betrifft die Mehrzahl der zur
Gruppe der B-Vitamine (B1, B2, B6, B12 und Niacin)
zählenden Mikronährstoffe, die Mengenelemente
Kalium und Magnesium sowie die Spurenelemente
Eisen, Zink, und Selen. Demgegenüber werden nur
geringe, aber ausreichende Mengen an Natrium und         Abbildung: Zufuhr an ausgewählten Vitaminen und Mineralstoffen bei einer Ernährung nach dem Paläoprinzip
Chlorid zugeführt (Abbildung). Gemessen an den           (17), basierend auf Daten von (16). RDA: Recommended Dietary Allowance
Ernährungsempfehlungen der Fachgesellschaften
können sich Versorgungslücken bei Kalzium (berech-
nete Ist-Zufuhr: 360–600 mg/Tag) (18–20) und Jod         drom. Mit Ausnahme von einer Studie (28) wies die
(20, 21) ergeben. Bei ausreichender Zufuhr von grü-      Paläodiät einen geringeren Kohlenhydrat- und einen
nen Blattgemüsen und Konsum von «hartem», das            höheren Proteinanteil auf als die Kontrolldiät (Ener-
heisst kalziumreichem Trink- und Mineralwasser, ist      gie% Paläo: 32–40 Kohlenhydrate und 22–30 Protein;
Kalzium jedoch kein kritischer Nährstoff (17). Zur       Energie% Kontrolle: 42–52 Kohlenhydrate und 17–
Sicherstellung einer ausreichenden Versorgung mit        20); entsprechend war auch die glykämische Last
Jod wird die Einnahme eines Jodsupplements emp-          unter «Paläo» nur etwa halb so hoch wie in der Kon-
fohlen (21). Weitere ernährungsphysiologische Merk-      trollgruppe (26).
male einer Paläoernährung sind in Tabelle 1 zusam-       Wie Tabelle 2 zeigt, sind die Ergebnisse der Einzelstu-
mengefasst.                                              dien uneinheitlich. Bei der Gewichtsabnahme und
Insgesamt ist das Nährstoffprofil einer modernen         Reduktion des Taillen- beziehungsweise Bauchum-
Paläoernährung als günstig zu beurteilen. Kritisch zu    fangs schneidet die Paläoernährung zwar tendenziell
werten hinsichtlich des Risikos für kolorektale Tumo-    etwas besser ab als die Kontrolldiät; die Unterschiede
ren ist allerdings die hohe Fleischzufuhr («rotes»       sind jedoch nicht immer signifikant. Dies trifft auch
Fleisch) und eine damit verbundene Aufnahme an
Hämeisen, heterocyclischen Aminen und polycycli-
schen Aromaten, die beim Braten und Grillen entste-
                                                          Tabelle 1:
hen. In einer Fall-Kontroll-Studie war ein Paläoernäh-
                                                          Ausgewählte ernährungsphysiologische Charakteristika einer Ernährung
rungsmuster jedoch nicht mit einem erhöhten,
                                                          nach dem Paläoprinzip (17)
sondern einer nicht signifikant verminderten Inzi-
denz für kolorektale Adenome assoziiert (Q5 vs. Q1:
                                                          Säurelast
OR 0,71; 95%-KI: 0,50–1,02) (22). Auch gibt es keine
                                                          • Bedingt durch die hohe Zufuhr an Basenäquivalenten wie Magnesium und Kalium bei gleichzeitig ge-
überzeugenden Belege, dass der Verzehr von naturbe-
                                                            ringer Zufuhr des Säureäquivalents Chlorid, ist die Steinzeitkost meist durch eine negative potenzielle
lassenem rotem Fleisch das Dickdarmkrebsrisiko er-
                                                            Säurelast gekennzeichnet, das heisst, sie wirkt im Organismus alkalisierend. Voraussetzung hierfür
höht – im Gegensatz zu verarbeiteten Fleischwaren
                                                            ist der reichliche Verzehr von Obst, Blatt- und Wurzelgemüse bei gleichzeitiger Begrenzung des Fleisch-
(23, 24).
                                                            und Fischkonsums auf etwa maximal 40 Prozent der Gesamtnahrung.
                                                          • Wird die Säurelast einer Paläodiät allerdings via Urinparameter ermittelt und nicht auf Basis der Nähr-
Ernährungsmedizinische Bewertung                            stoffzufuhr berechnet, dann zeigt sich ein leicht azidifizierender Effekt.

Bislang existieren sieben kleinere kontrollierte (18–     Bioaktive Substanzen
20, 25–28) und eine unkontrollierte Stoffwechselstu-      • Mit einer Steinzeiternährung werden – bedingt durch die hohe Zufuhr an Gemüse, Obst und Nüssen
die (29), in der die gesundheitlichen Effekte einer         – reichlich sekundäre Pflanzenstoffe, insbesondere Carotinoide, Polyphenole und Phytosterine zuge-
Steinzeitkost überprüft wurden (Tabelle 2). Die Inter-      führt.
ventionsdauer in den Einzelstudien variierte zwischen     • Mit dem reichlichen Verzehr von Fisch, Muskelfleisch, Eiern und Innereien erfolgt eine hohe Zufuhr
zehn Tagen und zwei Jahren. Eingeschlossen in die           an bioaktiven Stoffen wie L-Carnitin, Taurin, Cholin, Creatin und Carnosin.
Studien wurden übergewichtige Personen und/oder           • Durch das Meiden von Hülsenfrüchten und Getreiden liegt die Aufnahme an Lektinen, Proteoaseinhi-
Patienten mit Typ-2-Diabetes beziehungsweise ge-            bitoren und Phytoestrogenen vergleichsweise niedrig.
störter Nüchternglukose oder metabolischem Syn-

                                                                                                  Schweizer Zeitschrift für Ernährungsmedizin 2|2019 17
Tabelle 2:
Interventionsstudien zum Effekt einer Paläodiät bei Personen mit Übergewicht, gestörter Glukosetoleranz beziehungsweise metabolischem Syndrom –
Charakteristika und Kernergebnisse

Autor und Land            Studienteilnehmer                                   Intervention                  Nährstoffrelation der Diäten                                 Kernergebnisse
Lindeberg et al. (2007)   38 Männer (mittleres Alter: 65 Jahre [Gruppe A];    12 Wochen; Gruppe A:          Gruppe A (nach 12 Wochen):                                   • Mittlerer Gewichtsverlust in beiden Gruppen um 5 kg
Schweden (26)             57 Jahre [Gruppe B]; 29 ausgewertet) mit            Paläodiät vs. Gruppe B:       • Energiezufuhr: 1344 kcal/Tag                                   (Gruppe A vs. B -3,8 kg; A vs. B p-Wert=0,3)
                          ischämischer Herzkrankheit und Hüftumfang > 94 cm   Mediterrane Ernährung;        • Relation Kohlenhydrate/Protein/Fett: 40:28:27 Energie%     • Mittlere Reduktion Taillenumfang in Gruppe A -6,6 cm und
                          sowie gestörter Glukosetoleranz oder                jeweils ad libitum            • Alkohol: 4 Energie%; Ballaststoffe 21 g/Tag; GL: 65/Tag        in Gruppe B -2,9 cm; (Gruppe A vs. B p-Wert=0,03).
                          manifestem Diabetes mellitus                                                      Gruppe B (nach 12 Wochen):                                   • Mittlerer Reduktion des 120-Minuten-Plasmawerts in Gruppe A:
                                                                                                            • Energiezufuhr: 1795 kcal/Tag                                   –3,3 mmol und in Gruppe B -0,9 mmol/l (Gruppe A vs. B,
                                                                                                            • Relation Kohlenhydrate/Protein/Fett: 52:20:25 Energie%         p-Wert = 0,003).
                                                                                                            • Alkohol: 2 Energie%; Ballaststoffe 27 g/Tag; GL: 122/Tag   • Keine signifikanten Gruppenunterschiede bei Nüchternglukose
                                                                                                                                                                             und -insulin, HbA1C-Wert, HOMA-Index
Jönsson et al. (2009)     17 Erwachsene (mittleres Alter: 66 Jahre [Gruppe A]; 6 Monate;                    Gruppe A (nach 6 Monaten):                                   Verglichen mit Gruppe B resultierte die Paläodiät nach 3 Monaten
Schweden (19)             63 Jahre [Gruppe B] mit Typ-2-Diabetes               Gruppe A: Paläodiät vs.      • Energiezufuhr: 1581 kcal/Tag                               in signifikant stärkerer Reduktion
                                                                               Gruppe B: Ernährung nach     • Relation Kohlenhydrate/Protein/Fett:                       • des HbA1c-Wertes (–0,4%; p = 0,01)
                                                                               den ADA-Leitlinien;            32:24:39 Energie%                                          • der Triglyzeridwerte (–0,4 mmol/l; p = 0,003)
                                                                               jeweils ad libitum           • Alkohol: 3 Energie%; Ballaststoffe 22 g/Tag; GL: 63/Tag    • des diastolischen Blutdrucks (–4 mmHG; p = 0,03)
                                                                                                            Gruppe B (nach 6 Monaten):                                   • des Körpergewichts (–3,0 kg; p = 0,01) und
                                                                                                            • Energiezufuhr: 1878 kcal/Tag                                   BMI (–1 kg/m2; p = 0,04)
                                                                                                            • Relation Kohlenhydrate/Protein/Fett: 42:20:34 Energie%     • signifikant höheren HDL-Werten (+0,08 mmol/l; p = 0,03).
                                                                                                            • Alkohol: 1 Energie%; Ballaststoffe 27 g/Tag; GL: 111/Tag   • keine signifikanten Gruppenunterschiede bei Gesamt- und
                                                                                                                                                                             LDL-Cholesterol, CRP, systolischer Blutdruck, Nüchternglukose
                                                                                                                                                                             und -insulin, Homa-Index und AUC-Glucose0–120min sowie
                                                                                                                                                                             AUC-Insulin0–120min
Frassetto et al. (2009)   9 Erwachsene (mittleres Alter: 38) mit              10 Tage, vorab 3 Tage         Normale Ernährung:                                           Unter der Paläodiät signifikante Reduktion
USA (29)                  einen mittleren BMI von 27,8 kg/m2                  normale Ernährung             • Energiezufuhr: k.A.                                        • des systolischen (–2,6 mmHG) und diastolischen (–3,4 mmHg)
                                                                              (Tag –2 bis 0), gefolgt von   • Relation Kohlenhydrate/Protein/Fett:                           Blutdrucks (p = 0,01) mit verbesserter Dehnungsfähigkeit
                                                                              Erhöhung der Kalium- und        44:18:38 Energie%                                              (4,35 mm) der Blutgefässe (p = 0,05)
                                                                              Ballaststoffzufuhr über       Paläodiät:                                                   • der Plasma-Insulinspiegel nach OGTT (Insulin AUC –39 %;
                                                                              7 Tage, dann Paläodiät        • Energiezufuhr: k.A.                                            (p = 0,006)
                                                                              für 10 Tage                   • Relation Kohlenhydrate/Protein/Fett:                       • des Gesamt-Cholesterols (–16%; p = 0,007), des LDL (–22%;
                                                                                                              38:30:32 Energie%                                              p = 0,003) und des VLDL-Cholesterols (–35%; p = 0,01) und
                                                                                                                                                                             der Triglyceride (–35%; p = 0,01)
                                                                                                                                                                         • Keine signifikanten Effekte bei HDL-Cholesterol,
                                                                                                                                                                             Nüchternglukose und HOMA-Index
Mellberg et al. (2014)      70 übergewichtige, postmenopausale Frauen   2 Jahre;                     Gruppe A (nach 24 Monaten):                                • Mittlerer Verlust an Fettmasse in Gruppen A um –4,6 kg und
Schweden (27);              (mittleres Alter: 59 Jahre [Gruppe A];      Gruppe A: Paläodiät vs.      • Energiezufuhr: 1600 kcal/Tag                                in Gruppe B um –2,9 kg (A vs. B p-Wert = 0,095), begleitet von
Nachauswertungen:           60 Jahre [Gruppe B])                        Gruppe B: Ernährung nach     • Relation Kohlenhydrate/Protein/Fett:                        einem Abfall lipogeneseassoziierter Metaboliten
Otten et al. (2016) (53)                                                den Vorgaben des NNR           34:22:40 Energie%                                           (u.a. Expression von Lipoproteinlipase (LPL), Fettsäuresynthase
und Blomquist et al. (54)                                               (Nordic Nutrition            Gruppe B (nach 24 Monaten):                                   und Diglycerid-Acyltransferase 2)
                                                                        Recommendations),            • Energiezufuhr: 1768 kcal/Tag                             • Mittlere Reduktion des BMI in Gruppe A um 2,5 kg/m2 und
                                                                        jeweils ad libitum           • Relation Kohlenhydrate/Protein/Fett:                        in Gruppe B um 1,4 kg/m2 (A vs. B p-Wert = 0,059)
                                                                                                       43:17:34 Energie%                                        • Mittlere Reduktion der Triglyzeridspiegel in Gruppe A um
                                                                                                                                                                   –0,23 mmol/ und in Gruppe B um –001 mmol/l
                                                                                                                                                                   (A vs. B p-Wert = 0,004)
                                                                                                                                                                • Mittlere Reduktion des Fettgehalts der Leber in Gruppe A um
                                                                                                                                                                   50% und um 49% in Gruppe B (A vs. B > 0,05)
                                                                                                                                                                • Keine signifikanten Gruppenunterschiede bei Taillenumfang,
                                                                                                                                                                   Nüchterninsulin und -glukose, systolischer und diastolischer
                                                                                                                                                                   Blutdruck, Herzfrequenz, hsCRP, Gesamt-, LDL- und HDL-Choles-
                                                                                                                                                                   terol, Nüchternglukose und HOMA-Index und der mittleren
                                                                                                                                                                   renalen Stickstoffausscheidung
Boers et al. (2014)         34 Erwachsene (mittleres Alter 52 Jahre     •2 Wochen; Gruppe A:         Gruppe A:                                                  Verglichen mit Gruppe B kam es unter der Paläodiät zu einer
Niederlande (18)            [Gruppe A]; 55 Jahre Gruppe B]) mit           Paläodiät vs. Gruppe B:    • Energiezufuhr: 2072 kcal/Tag                             signifikant stärkeren Reduktion
                            ≥ 2 Merkmalen des metabolischen Syndroms      Ernährung gemäss           • Relation Kohlenhydrate/Protein/Fett: 32:24:41 Energie%   • des Körpergewichts (–1,3 kg; A vs. B p = 0,001)
                                                                          Vorgaben des DHC           • Ballaststoffe: 34 g/Tag                                     und BMI (–0,5 kg/m2; A vs. B p = 0,01)
                                                                        • Ausgabe von isokalori-     Gruppe B:                                                  • des systolischen (–9,1 mmHG; p = 0,02) und diastolischen
                                                                          schen Mahlzeiten zu        • Energiezufuhr: 2069 kcal/Tag                                Blutdrucks (–5,2 mmHG; p = 0,04)
                                                                          Beginn mit zusätzlichen    • Relation Kohlenhydrate/Protein/Fett: 50:17:29 Energie%   • der Triglyzeridwerte (–0,9 mmol/l; p = 0,00) und des Quotienten
                                                                          Snacks für Personen, die   • Ballaststoffe: 28 g/Tag                                     aus Triglyzeriden und HDL (–12; p = 0,00)
                                                                          > 2 kg Gewicht verloren                                                               • keine signifikanten Gruppenunterschiede bei Bauchumfang,
                                                                          haben ohne zu hungern                                                                    Nüchternglukose und -insulin, HOMA-Index, LDL-Cholesterol,
                                                                          (Gruppe A: n = 7;                                                                        hsCRP, TNFa, und der intestinalen Permeabilität
                                                                          Gruppe B: n = 2)                                                                         (Laktulose-Mannitol-Test)
Masharani et al. (2015)     24 Erwachsene (50–69 Jahre                  21 Tage (3 Tage Anlaufs-     Gruppe A:                                                  • Signifikanter Abfall von Fructosamin in Gruppe A
USA (28)                    mit Typ-2-Diabetes mellitus                 zeiternährung, dann 14       • Energiezufuhr: 3001,5 kcal/Tag                              (–1,3 mmol/l) vs. +0,6 mmol/l in Gruppe B (p = 0,06)
                                                                        Tage Testdiät) Gruppe A:     • Relation Kohlenhydrate/Protein/Fett: 58:19:27 Energie%   • Keine signifikanten Gruppenunterschiede bei Körpergewicht,
                                                                        Paläodiät vs. Gruppe B:      Gruppe B:                                                     systolischem und diastolischem Blutdruck, HbA1c,
                                                                        Ernährung nach den ADA-      • Energiezufuhr: 3000,5 kcal/Tag                              Nüchternglukose, Insulinsensitivität (gemessen via
                                                                        Leitlinien                   • Relation Kohlenhydrate/Protein/Fett: 54:20:29 Energie%      euglykämischem Hyperinsulin-Clamp), Gesamt-, LDL- und
                                                                                                                                                                   HDL-Cholesterol und Triglyzeride
Genoni et al. (2016)   39 Frauen (mittleres Alter 47 Jahre)     4 Wochen; Gruppe A:           Gruppe A (nach 4 Wochen):                                  Verglichen mit Gruppe B kam es unter der Paläodiät zu einer
Australien (20)        mit einen mittleren BMI von 27,0 kg/m2   Paläodiät vs. Gruppe B:       • Energiezufuhr: 1400 kcal/Tag                             signifikant stärkeren Reduktion von
                                                                Ernährung nach Vorgaben       • Relation Kohlenhydrate/Protein/Fett: 28:27:40 Energie%   • Körpergewicht absolut (–2,0 kg; A vs. B p = 0,01) und
                                                                der australischen             Gruppe B (nach 4 Wochen):                                     relativ (–2,63%; A vs. B p = 0,01)
                                                                Ernährungsempfehlungen        • Energiezufuhr: 1591 kcal/Tag                             • Fettmasse absolut (–1,68 kg; A vs. B < 0,01) und
                                                                (AGHE) jeweils ad libitum     • Relation Kohlenhydrate/Protein/Fett: 41:22:33 Energie%      relativ (–1,34%; A vs. B p < 0,05)
                                                                                                                                                         • Bauchumfang –1,9 cm (A vs. B p = 0,01)
                                                                                                                                                         • Keine signifikanten Unterschiede bei fettfreier Körpermasse,
                                                                                                                                                            systolischem und diastolischem Blutdruck, Plasmagesamt,
                                                                                                                                                            LDL- und HDL-Cholesterol, Nüchternglukose und -insulin,
                                                                                                                                                            Konzentration an C-reaktivem Protein und Serum-Triglyzeride
Otten et al. (2018)    32 Erwachsene (mittleres Alter: 60)      12 Wochen; Gruppe A:          Gruppe A (nach 12 Wochen):                                 • Mittlere Reduktion des BMI in beiden Gruppen um 2,3 kg/m2
Schweden (25)          mit einen mittleren BMI von 31 kg/m2     Paläodiät mit Empfehlung      • Energiezufuhr: 1655 kcal/Tag                                (p < 0,001) und der Fettmasse um 5,7–6,5 kg (p < 0,001)
                       und Typ 2 Diabetes                       zur körperlichen Aktivität    • Relation Kohlenhydrate/Protein/Fett: 31:24:46 Energie%   • Mittlere Reduktion des HbA1c-Werts in beiden Gruppen um 1%
                                                                vs. Gruppe B: Paleodiät mit   Gruppe B (nach 12 Wochen):                                    (p < 0,01)
                                                                begleitetem Bewegungs-        • Energiezufuhr: 1676 kcal/Tag                             • Mittlere Absenkung der Nüchtern-Glukose und der peripheren
                                                                programm. Ernährung           • Relation Kohlenhydrate/Protein/Fett: 31:24:41 Energie%      Insulinsensitivität in Gruppe A um 0,9 mmol/l bzw.
                                                                jeweils ad libitum                                                                          2,05 mg × kg–1 × min–1 (p < 0,05) und in Gruppe B um 2,0 mmol/l
                                                                                                                                                            bzw. 1,15 mg × kg–1 × min-1 (p < 0,01)
                                                                                                                                                         • Mittlerer Verlust an Leberfett um 74% (p < 0,001) in Gruppe A
                                                                                                                                                            und um 32% (nicht signifikant) in Gruppe B
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                                 für Surrogatmarker des kardiovaskulären Risikos wie        sterblichkeit assoziiert (22). Auf der anderen Seite gibt
                                 Lipidprofil, Parameter des Insulin- und Glukosestoff-      es keine Hinweise, dass entsprechend zubereitete
                                 wechsels sowie den arteriellen Blutdruck zu.               «neolithische» Lebensmittel wie Hülsenfrüchte, Voll-
                                 Eine Metaanalyse von vier der in Tabelle 2 aufgeführ-      korn- und Milchprodukte per se gesundheitsschädlich
                                 ten Studien konnte nur für zwei Kenngrössen – Tail-        sind. Vielmehr wächst die Zahl der Befunde, die für
                                 lenumfang und Plasmatriglyzeride – einen signifikan-       Milch- und Vollkornprodukte vorteilhafte Effekte auf
                                 ten Vorteil für die Paläoernährung nachweisen,             Stoffwechsel und Gesundheit dokumentieren (47–50).
                                 verglichen mit der Kontrollgruppe (30).                    Eine «postmoderne», liberalisierte Steinzeitkost, die
                                 Insgesamt schneiden Paläodiäten in puncto Lipid-           die Vorteile der «klassischen» Steinzeiternährung
                                 profil, Blutdruck und Parameter des Glukosestoff-          (energiearme und wenig verarbeitete Lebensmittel)
                                 wechsels im Schnitt nicht besser ab, als dies für andere   mit den Vorteilen eines massvollen Konsums von
                                 Kostformen mit geringer glykämischer Last unter            Milchprodukten, insbesondere Sauermilcherzeugnisse
                                 Einbezug von Hülsenfrüchten, pflanzlichen Ölen,            und traditionell verarbeitete Vollkornprodukte (Sau-
                                 Milchprodukten und Vollkorn nachgewiesen wurde             erteigbrote; Hafererzeugnisse), kombiniert, scheint so-
                                 (31–42).                                                   mit für die meisten Menschen die empfehlenswertere
                                 Beachtenswert sind ferner die Stoffwechseleffekte          Variante zu sein. Bei Unverträglichkeiten, zum Beispiel
                                 unter einer vegetarischen Kost – gewissermassen das        Milchallergie und Glutensensitivitäten, sind die ent-
                                 nutritive Gegenstück zur Paläoernährung (kein              sprechenden Lebensmittel selbstverständlich zu mei-
                                 Fleisch und Fisch, dafür Hülsenfrüchte, Vollkorn und       den. Die für die Paläoernährung charakteristische
                                 ggf. Milch). Metaanalysen von Interventionsstudien         strikte und generelle Ablehnung von Getreideproduk-
                                 dokumentieren für die vegetarischen Ernährungs-            ten, Milch und Hülsenfrüchten ist ernährungsphysio-
                                 muster einen signifikant stärkeren Blutdruckabfall         logisch dagegen nicht zu begründen.
                                 (–4,8 mmHg systolisch und –2,2 mmHg diastolisch)           Unabhängig von den präventiven Effekten einer
                                 (43) und eine deutlichere Senkung des HbA1C-Wertes         Paläoernährung stellt diese für Patienten mit metabo-
                                 (–0,39 %) (44) im Vergleich zur Kontrollgruppe.            lischem Syndrom eine geeignete therapeutische Diät-
                                 Besonders vorteilhafte Veränderungen auf das Kör-          variante dar (51), aber nicht die einzige. Ähnliche
                                 pergewicht und das Lipidprofil wurden unter einer          oder noch bessere Effekte lassen sich mit einer koh-
                                 kohlenhydratreduzierten veganen Ernährung («Öko-           lenhydratreduzierten, mediterranen Ernährung oder
                                 Atkins-Diät») mit hohem Fett- und Proteinanteil auf        einer Ernährung nach dem OmniHeart-Prinzip mit
                                 der Basis von Nüssen, pflanzlichen Ölen und Soja- so-      reichlich Gemüse, Obst, Hülsenfrüchten, Nüssen so-
                                 wie Getreideprotein beobachtet (45, 46).                   wie Milchprodukten, qualitativ hochwertigen Speise-
                                                                                            ölen (Oliven- und Rapsöl) Fisch, Geflügel und Voll-
                                 Fazit                                                      korn erzielen (52).

                                 Zusammenfassend ist eine Ernährungsweise nach dem          Korrespondenzautor:
                                 Steinzeitprinzip mit moderatem Fleischverzehr als          Dr. Alexander Ströhle
                                                                                            Gottfried-Wilhelm-Leibniz Universität (LUH) Hannover
                                 Dauerkost geeignet, weil Getreide, Hülsenfrüchte und
                                                                                            Institut für Lebensmittelwissenschaft und Humanernährung
                                 Milchprodukte keine für den Menschen «essenziellen         Am Kleinen Felde 30
                                 Lebensmittel» sind. Auch war ein paläoähnliches            D-30167 Hannover
                                 Ernährungsmuster in einer Beobachtungsstudie mit           E-Mail: stroehle@nutrition.uni-hannover.de
                                 einer Follow-up-Periode von im Mittel sechs Jahren
                                                                                            IU: Internationale Einheiten; RE: Retinol-Äquivalenten; mg: Milligramm
                                 mit einer reduzierten kardiovaskulären und tumorbe-
                                 dingten Mortalität sowie einer verminderten Gesamt-

18 Schweizer Zeitschrift für Ernährungsmedizin 2|2019
E R N Ä H R U N G ST R E N D S

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20 Schweizer Zeitschrift für Ernährungsmedizin 2|2019
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