Die polnische Rezeption der deutschen Pädagogik in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts

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PR 2020, 74. Jahrgang, S. 499-512
                         © 2020 Jan Wnęk - DOI https://doi.org/10.3726/PR052020.0051

                                                  Jan Wnęk

        Die polnische Rezeption der deutschen
        Pädagogik in der ersten Hälfte des 19.
                     Jahrhunderts

1. Aufnahmebedingungen                                     auf hohem fachlichen und erzieherischen
    der Pädagogik                                           Niveau statt. Die Universität genoss An-
                                                            sehen und weckte Interesse in russischen
1795 haben Preußen, Österreich und                          Wissenschaftskreisen. Sie wurde als eine
Russland die dritte Teilung Polens durch-                   der führende Hochschulen im Zarenreich
geführt. Der Verlust der Souveränität be-                   angesehen. Sie besaß eine weitreichende
hinderte auf dem ehemals polnischen                         Autonomie. Neben Wilna war Krzemieniec
Gebiet gemäß der polnischen Ideale und                      ein florierendes wissenschaftliches Zent-
Prinzipien sowohl die Entwicklung des                       rum, wo 1805 auf Anregung von Tadeusz
Bildungswesens als auch die Erziehung                       Czacki, der mit Hugo Kołłątaj zusammen-
selbst. Jene fremden Staats- und Kultur-                    gearbeitet hatte, ein Gymnasium entstand.
formen, in welche die einzelnen Landes-                     Es wurde einige Jahre später in „Lyzeum“
teile einbezogen wurden, betrieben eine                     umbenannt.
Politik, die jedes Anzeichen von Polentum                       Im preußischen Teilungsgebiet hatte
zu unterdrücken dachte.                                     die Germanisierungspolitik sowohl die Vor-
     Nach einer Periode einer allgemeinen                   beugung von separatistischen nationalen
Niedergeschlagenheit regten sich auf                        Tendenzen als auch die Verstärkung der
dem polnischsprachigen Gebiet intensive                     preußischen Macht in jenem Gebiet, das in-
Reformen, insbesondere im Bereich der                       folge der Teilung Polens gewonnen wurde,
Wissenschaften. Die politische Bedingun-                    zum Ziel (Die preußischen Behörden verab-
gen, unterschiedlich für jeden Landesteil,                  schiedeten Erlässe, kraft deren die Kinder
determinierten die mannigfaltigen Aus-                      neben Polnisch auch auf Deutsch lernen
formungen im Bildungswesen. Im russi-                       mussten). Es sollte folglich zur Assimilation
schen Teilungsgebiet übernahm Alexander                     des unterdrückten Volkes mit der Kultur und
I. 1801 die Macht. Der Zar milderte die                     mit der Zivilisation des preußischen Staates
Russifizierung mit dem Kalkül, dadurch                      führen. Unmittelbar nach der dritten Teilung
die Polen zum Kampf gegen Napoleon zu                       Polens legte die Regierung keinen größe-
gewinnen. Nach dem Erlass vom 4. April                      ren Wert auf das polnische Schulwesen.
1803 wurde die Wilnaer Hauptschule                          Erst Anfang 19. Jahrhundert besichtigten
in die Kaiserliche Universität Vilnius um-                  die preußischen Pädagogen H. L. Meierot-
gewandelt. In Wilna fand die Ausbildung                     to und F. Gedicke die polnischen Schulen

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und stellten einen - im Allgemeinen - guten                 müsse jedoch die Kinder, deren Eltern
Zustand fest. Den Bericht über die Bezie-                   schon die deutsche Sprache beherrschen,
hungen im oberschlesischen Schulwesen                       zum Deutschlernen „antreiben“.
nach der dritten Teilung Polens überreichte                     Als Basis für den Unterricht diente das
Regehly, ein eher unbekannter evangeli-                     so genannte „Lesebuch“ mit dem „das
scher Pastor, der preußischen Regierung.                    wichtigsten Wissen“. Im preußischen Tei-
Er eröffnete seinen Bericht mit der Be-                     lungsgebiet wurde 1804 das Königlich-
schreibung des wirtschaftlichen Elends                      Preußische      Lyzeum     zu    Warschau
unter der polnischen Bevölkerung. Diese                     gegründet. Diese Schule war für deutsche
erbärmlichen wirtschaftlichen Verhältnis-                   und polnische Jugendliche bestimmt, die
se behinderten den regelmäßigen Schul-                      sich auf ein Universitätsstudium vorberei-
besuch erheblich. Der Schule ist es auch                    ten wollten. In den oberen Klassen wurde
nicht gelungen, den polnischen Kindern                      auf Deutsch unterrichtet. Die Lehrer waren
Deutsch beizubringen. Regehly schrieb:                      Deutsche und Polen. Rektor des König-
                                                            lich-Preußischen Lyzeums zu Warschau
   Die Kinder lernen zwar unter Andro-
                                                            wurde Samuel Gottlieb Linde, u.a. der
   hung von Strafe Deutsch lesen, aber
                                                            Autor des Polnischen Wörterbuchs. Das
   ich erkläre feierlich, dass unter den zehn
                                                            Lyzeum wurde einem Aufsichtsrat unter-
   Kindern, die in dieser Hinsicht sogar et-
                                                            stellt, dem sogenannten Eforat. Zu ihm
   liche Fertigkeiten haben, es schlechthin
                                                            gehörten Polen unter der Leitung von Sta-
   kein Kind gibt ohne mindestens einen
                                                            nisław Potocki.
   deutschen Elternteil, das bewusst
                                                                Nach einigen Jahren änderte sich
   wäre, worüber es liest oder schreibt.
                                                            jedoch die politische Situation. Kraft des
   Indem ich die Schulen besichtigt habe,
                                                            Friedensvertrags von Tilsit, der 1807 zwi-
   habe ich Kinder gefunden, die fließend
                                                            schen Napoleon Bonaparte und dem Zaren
   lasen, die auswendig auf Deutsch den
                                                            geschlossen worden war, wurde das Her-
   Katechismus und Abschnitte aus der
                                                            zogtum Warschau gegründet (zu ihm ge-
   Heiligen Schrift konnten, jedoch, als
                                                            hörten Gebiete der 2. und 3. polnischen
   ich mit denen Deutsch sprechen wollte,
                                                            Teilung, ohne Danzig und dem Bialystoker
   verstanden sie meine Frage nicht und
                                                            Kreis). Die regierende Kommission des
   konnten die Frage weder bejahen noch
                                                            Herzogtums hat eine Schulbehörde - die
   verneinen. [...] Welche Nutzen ziehen
                                                            Bildungskammer - ins Leben gerufen. Im
   die Kinder aus der deutschen Spra-
                                                            neugegründeten Staat wurden Grund-
   che? Die Zeit für das Deutschlernen
                                                            schulen eingerichtet2 und Ministerial-
   war vergeblich [...] 1
                                                            sowie Abteilungsschulen eröffnet.
Regehly verlangte, dass man jenen                               Die widrigsten Umstände für die Ent-
Kindern, die polnische Eltern haben und                     wicklung des Bildungswesens herrschten
in ihrer Umgebung mit dem Deutschen                         in jenen polnischen Gebieten, die nach
nichts zu tun haben, erlaubt, die ganze                     der Teilung Polens unter österreichischer
Ausbildung in ihrer Muttersprache zu ab-                    Herrschaft standen. In Österreich wurde
solvieren. Unter solchen Umständen wür-                     Anfang 19. Jahrhundert eine neue Reform
den sie Nutzen aus dem Unterricht ziehen,                   der Volksschule durchgeführt. 1805 wurde
und Deutsch lernten sie auch mit der Zeit                   die Politische Schulverfassung erlassen.
unter der stets zunehmenden Zahl der                        Das Gesetz galt bis 1873. Es prägte sich
deutschen Bevölkerung. Dagegen müsse                        im ganzen Volksschulwesen in Galizien
man mehr Zeit dem Schreiben, der Re-                        aus. Seine Schöpfer beabsichtigten eine
ligion und dem Rechnen widmen. Man                          Stärkung des Absolutismus.

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Das Gesetz war eine Reaktion auf die                    und relativ komplett umgesetzt. In diesem
Angst und das Misstrauens gegenüber                         Gebiet konnte sich, dank einer gewissen
der Wirksamkeit der Schulreformen des                       Freiheit, das polnische Geistesleben kon-
18. Jahrhunderts. Es senkte das Unter-                      zentrieren. Die Erfahrungen im Bildungs-
richtsniveau und begrenzte seinen Umfang                    bereich im Herzogtum Posen waren zu
in der Volksschule. Der Schwerpunkt lag                     dieser Zeit vielfältig. Es wurden öffentliche
auf Auswendiglernen und dem Beherr-                         Vorlesungen unter Mitwirkung der damals
schen der deutschen Sprache. Infolge                        hervorragendsten Wissenschaftler ver-
des Gesetzes von 1805 befand sich das                       anstaltet. Zu diesen Vorlesungen kamen
primäre Schulwesen in Galizien auf einem                    zahlreiche Zuhörer aus der intellektuellen
sehr niedrigen Niveau. Es kam häufiger                      Elite. Man überlegte die Gründung einer
vor, dass Schüler, die diese Bildungsstufe                  Universität. Das hohe Niveau der wissen-
absolviert haben, nicht einmal lesen konn-                  schaftlichen Periodika auf diesem Gebiet,
ten. Sowohl das Schulgesetz von 1805,                       zeugt von intensiver, aber auch populär-
als auch der österreichische Gymnasial-                     wissenschaftlicher Arbeit. Ein Teil der Ge-
codex von 1808 haben detailliert Ziele,                     sellschaft hat sich in Vereinen organisiert.
Inhalte und Unterrichts- und Erziehungs-                    Als Beispiel mag die Gesellschaft zur wis-
verfahren festgelegt. Man begrenzte die                     senschaftlichen Unterstützung dienen [To-
Kreativität des Lehrers und bevorzugte                      warzystwo Pomocy Naukowej]. Sie wurde
die bedingungslose Unterordnung der                         1841 von Karol Marcinkowski gegründet
Schüler unter einen Verhaltenskodex in                      und 1848 in Posen die Polnische Pädago-
und außerhalb der Schule. In der Didaktik                   gische Gesellschaft.
spielten immer noch verpflichtende, aber                        In der ersten Hälfte des 19. Jahrhun-
veraltete Lehrwerke eine große Rolle.                       derts haben sich also die Bedingungen
    Ein erheblicher Schicksalsschlag war                    für die Bildungstätigkeit und die Ent-
die Niederlage des Novemberaufstands                        wicklung der Pädagogik in den drei Tei-
(1830) gegen das zaristische Russland.                      lungsgebieten unterschiedlich gestaltet.
Jene Verfassung, die den Polen politische                   Zwischen den einzelnen Teilungsgebieten
Unabhängigkeit und ein eigenes Parlament                    sind manchmal erhebliche Unterschiede
und Militär zusicherte, wurde aufgehoben.                   aufgetreten.
Die Hochschulen wurden geschlossen
und die Tätigkeit der Mittelschulen wurde
ebenfalls begrenzt.                                         2. Das Interesse an der
    In den dreißiger Jahren des 19. Jahr-                       deutschen Pädagogik am
hunderts entwickelten sich im preußi-                           Anfang des 19. Jahrhunderts
schen Teilungsgebiet - im Vergleich zum
russischen - gute Bedingungen zur Ent-                      Anfang des 19. Jhds. wuchs in den polni-
wicklung des Bildungswesens und der                         schen Gebieten das Interesse am Schaf-
Wissenschaft. Die Veränderungen began-                      fen von Joachim Heinrich Campe – eines
nen 1840 mit der Thronbesteigung Fried-                     deutschen Pädagogen, Schriftstellers und
rich Wilhelms IV. Für die Grundschulen                      Philanthropen. Der Hauslehrer von Wil-
war die Anweisung der Regierung vom                         helm und Alexander von Humboldt, Mit-
24. Mai 1842 für den Regierungsbezirk                       arbeiter J. B. Basedows und Leiter der
und die provinziellen Kollegs von großer                    Erziehungsanstalt in Dessau war für die
Bedeutung. Sie verstärkte das Polni-                        Polen vor allem als Autor für Kinder und
sche im Lehrplan. Im Herzogtum Posen                        Jugendliteratur interessant. Diese Werke
wurde die Bildungsarbeit systematisch                       wurden oft ins Polnische übersetzt. 1805

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wurden seine Reisebeschreibungen [Zbiór                         Die polnischen Pädagogen wussten
podróży po wszystkich częściach świata]                     den Wert von Campes Opus zu schätzen
herausgegeben. Im Vorwort erklärte der                      und empfahlen es als Lektüre für Kinder
Herausgeber, dass der deutsche Autor                        und Jugendliche; so u.a. Wojciech Izydor
eine Lücke in der Reiseliteratur fülle. Er                  Chojnacki, der Autor von Zasady pierwi-
stellte fest, dass seine Werke in einem kla-                astkowe pedagogiki i metodyki (1815)
rem und verständlichen Stil verfasst seien,                 [Die Grundprinzipien der Pädagogik und
es dort zwar keinerlei wissenschaftliche                    Methodik]. Außer Józef Bychowiec war
Einzelheiten gäbe, aber diese Erzählungen                   Teodozy Sierociński als Übersetzer von
voller religiöser und moralischer Bemer-                    Campe ins Polnische bekannt, z.B. der
kungen seien, die jeweils als Abwechslung                   Väterliche Rath für meine Tochter (und äu-
für den Verstand bzw. eine gründliche Auf-                  ßerte die Hoffnung, die Leserinnen mögen
klärung geeignet seien. Die polnische Aus-                  Gefallen an diesem Buch finden). Er selbst
gabe wurde ansprechend illustriert.                         verfasste Pedagogika, czyli nauka wycho-
    Von den polnischen Jugendlichen                         wania. [Pädagogik oder die Kunst der
wurden die Bücher von Campe über die                        Erziehung].
Abenteuer des Robinson gern gelesen. Ins                        Anfang das 19. Jhds. verbreiteten
Polnische wurde auch Theophron oder der                     polnische Pädagogen die Ideen August
erfahrene Ratgeber für die unerfahrene Ju-                  Niemeyers – eines protestantischen Theo-
gend übersetzt. Übersetzer und Verfechter                   logen, des letzten Vertreters des Pietismus
der Bücher des deutschen Schriftstellers                    in der Pädagogik und Autors von Grund-
war der polnische Philosoph Józef Bycho-                    sätze der Erziehung u. des Unterrichts
wiec, ein fundierter Kenner der deutschen                   (1796). Seine Ansichten hatten durchaus
Literatur. Während seines Aufenthaltes in                   Einfluss auf die polnische Pädagogik. In
Königsberg hörte er die Vorlesungen von                     Polen war der Piarist Edward Czarnecki
Immanuel Kant. 1812 nahm er am franzö-                      der größte Kenner der Niemeyerschen
sisch-russischen Krieg als Adjutant des                     Theorien. Nach dem Fall Polens wurde er
Königs von Neapel, Joachim Murat, teil.                     nach Berlin geschickt, um dort griechische
Nach dem Krieg ließ er sich als Privatge-                   und deutsche Literatur sowie Pädagogik
lehrter in Wilna nieder. Er übersetzte u.a.                 zu studieren. Er lernte dort eingehend pä-
die Werke von Immanuel Kant und Johann                      dagogische Ideale anderer Länder, insbe-
Gottfried von Herder ins Polnische. 1821                    sondere aber Deutschlands, kennen. Nach
wies er im Vorwort des Theophron darauf                     seiner Rückkehr begann er mit der Orga-
hin, dass nur wenige Werke der jungen Ge-                   nisation des Schulwesens im Herzogtum
neration moralische Werte übermittelten,                    Warschau. 1808 las er in der Warschauer
aus denen junge Leute Wissen über das                       Gesellschaft der Freunde der Wissen-
Leben schöpfen könnten. Das Werk von                        schaften seinen Aufsatz O przymiotach i
Campe zählte er zu den besonders wert-                      usposobieniu się do stanu nauczycielski-
vollen Werken. Bychowice schrieb, dass                      ego [Zu den Eigenschaften und der Vorbe-
der Name und die Verdienste des Autors                      reitung auf den Lehrstand]. Dieses Werk
in der Gelehrtenwelt bekannt seien, was                     verband er mit einer Umarbeitung von
insbesondere für den Bereich der Pädago-                    Niemeyer und veröffentlichte es unter dem
gik gälte. In diesem Werk gäbe es keine                     Titel Zasady edukacji i instrukcji [Prinzipi-
Information, die der Probe des Verstan-                     en des Unterrichts und der Unterweisung]
des und der Erfahrung nicht standhalten                     in zwei Bänden im Jahre 1808. Czarnecki
könne. Davon könne sich der Leser durch                     stellte hohe Anforderungen an Person und
aufmerksame Lektüre selber überzeugen.                      Beruf. Er war der Meinung, dass sich ein

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vorbildlicher Lehrer durch einige Stärken                   der Schulbehörden ging er 1803 dahin, wo
hervortun muss. Indem er sich auf den                       er die Organisation und Unterrichtsmetho-
bekannten preußischen Neuhumanisten                         den der deutschen Schulen kennenlernte
Friedrich Gedike berief, schrieb Czarne-                    und die deutsche Sprache und Literatur
cki, dass beim Lehrer zahlreiche Vorteile                   studierte. Die Frucht seiner Arbeit war ein
des Gemüts und des Herzens erforderlich                     Buch mit dem Titel Uwagi nad wyższymi
seien, die angeboren sein sollten.                          szkołami polskimi w porównaniu do nie-
                                                            mieckich [Bemerkungen zu polnischen
   Diese Lebhaftigkeit, verbunden mit
                                                            höheren Lehranstalten im Vergleich zu den
   Ausdauer, die ihre Vorhaben niemals
                                                            deutschen], das 1808 in Warschau er-
   aufgibt, dieser scharfsinnige Geist,
                                                            schien. Der Autor schätzte das deutsche
   der den ganzen Umfang der Fertigkei-
                                                            Bildungssystem und betonte, dass die
   ten umfasst sowie deren kleinste Ein-
                                                            Deutschen nach der Perfektion des Schul-
   zelheiten und Bestandteile [...] dieses
                                                            wesens streben. Szweykowski analysierte
   ehrwürdige Talent zum Lesen aus den
                                                            die an deutschen Schulen verwendeten
   Augen und dem Gesichtsausdruck,
                                                            Unterrichtsmethoden. Er pries die Anwen-
   welche Eigenschaften die Seele eines
                                                            dung der sog. sokratischen Methode im
   jungen Menschen auszeichnen, oder
                                                            Unterricht.
   mit was für einem Verlangen und Ge-
   heimnis sein Herz überschattet ist                           Die deutschen Schulen sind mit Recht
   – diese Vorgehensweise gegenüber                             stolz auf die Verbreitung dieser Metho-
   den Schülern, die die Milde mit dem                          de, sie ist die gründlichste und natür-
   Ernst verbindet, versperrt dem Jungen                        lichste. So lehrt uns doch die Natur
   nicht den vertraulichen Zugang bei                           selbst, indem sie erlaubt, dass uns
   allen Ereignissen, aber sie lässt den                        die Erfahrung von Fehlern zur Wahr-
   gebührenden Respekt gegenüber dem                            heit führt. Diese Methode bringt den
   Lehrer nicht vergessen3.                                     jungen Menschen allmählich bei, wie
                                                                und wo sie nach Lösungen für ihre
Neu bei Czarnecki war die Forderung
                                                                Zweifel suchen sollen und sich selbst
nach einem Hochschulabschluss für Leh-
                                                                Führer sein können. Sie entwickelt die
rer. Bei der Übersetzung von den Grund-
                                                                stärksten und stabilsten Vorstellungen,
sätzen der Erziehung und des Unterrichts
                                                                beziehungsweise kann so das Erwor-
von Niemeyer griff Czarnecki in den Text
                                                                bene sich fruchtbar vermehren (wie
des deutschen Pädagogen ein. Er passte
                                                                Sokrates selbst sagte)4.
Probleme unter anderem an die polnischen
Realien an: Privatunterricht, Unterricht an                 Schlecht fand er dagegen die Disziplin der
öffentlichen Schulen, Unterricht an städ-                   Schüler an deutschen Schulen und mein-
tischen bzw. Dorfschulen, Unterricht für                    te, dass die dortigen Lehrer nicht genug
Mädchen, Militärschulen oder kaufmänni-                     Wert darauf legen. Szweykowski erinnerte
scher Unterricht. Im Buch wurden auch                       sich, dass er in Deutschland Lehrer sah,
solche Fragen, wie Fremdsprachendi-                         „die von den Schülern ausgepfiffen wur-
daktik, Naturgeschichte, Moral, Religion,                   den, wie Schauspieler in einem Theater.
Leibeserziehung, Gymnastik und gutes                        Möglich, dass sie ihre schulische Rolle
Benehmen aufgegriffen.                                      nicht besonders gut spielten. Es steht aber
    Wie Czarnecki komplementierte auch                      fest, dass nicht ausreichend strenge Stra-
der Piarist Wojciech Szweykowski sein pä-                   fen die Frechheit der Schüler fördert“5.
dagogisches Wissen während eines Auf-                           Der polnische Pädagoge war kein
enthaltes in Deutschland. Auf Anweisung                     Anhänger strenger Strafen (z.B. der

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körperlichen Züchtigung). Er behaupte-                      Unterrichtsprogramm aufgenommen und
te aber, dass mangelnde Kontrolle des                       einige Male neu aufgelegt wurde.
Schülerverhaltens seitens des Lehrers                            Die polnischen Pädagogen griffen auch
zu negativen Verhaltensweisen bei jun-                      auf Immanuel Kant zurück, der als Klassi-
gen Menschen führen könne. Einen                            ker der Pädagogik (der Aufklärung) gilt
erheblichen Beitrag zum polnischen päda-                    und von dem es zahlreiche Abhandlungen
gogischen Gedankengut leistete der Lite-                    zum Thema gibt. 1819 erschien die polni-
raturhistoriker Jan Feliks Bentkowski, der                  sche Übersetzung des Werkes mit dem
in seinen Werken die polnischen Leser mit                   Titel Über die Pädagogik (O pedagogice),
deutschen Perspektiven zum Schulwesen                       die in Wilna von Jan Bobrowski angefer-
und zur Erziehung vertraut machte. Nach                     tigt wurde. Kenner der historischen Päd-
Lehrjahren an Piaristen- und Jesuitenschu-                  agogik vertreten die Ansicht, dass dieses
len ging er 1800 nach Züllichau an der                      Werk keinen Einfluss auf die damalige pol-
Oder, wo er am Pädagogium unterrichtet                      nische pädagogische Literatur hatte. Das
wurde. Seit 1802 studierte er an der Uni-                   Original erschien erstmals 1803 in Königs-
versität Halle in Sachsen, wo er u.a. die                   berg, kurz vor Kants Tod. Dieses am Ende
Vorlesungen von August Hermann Nie-                         seines Lebens verfasste Werk war die
meyer hörte. Unter der Leitung dieses Pä-                   Quintessenz seiner Betrachtungen.
dagogen arbeitete er am Pädagogischen                       Gleichzeitig mit der Übersetzung von Kant
Institut und war da gleichzeitig Lektor für                 erschien im „Pamiętnik Warszawski” ein
polnische Sprache und Literatur für polni-                  Fragment unter dem Titel Die deutsche
sche Studenten. Im Jahre 1805 wurde er                      Nation und ihre Schicksale des deutschen
Lehrer für alte Sprachen und Deutsch am                     Historikers Nicolaus Vogt (1756-1836). Die
damals neugegründeten Lyzeum zu War-                        Übersetzung fertigte der polnische Dichter
schau, nahm auch am wissenschaftlichen                      Kazimierz Brodziński an und versah sie
Leben teil und unterrichtete an der War-                    mit eigenen Anmerkungen. Der Autor be-
schauer Universität Literatur. Bentkowski                   handelte in seinem Werk die Notwendig-
veröffentlichte in der in Gotha erschei-                    keit zur moralischen Vervollkommnung der
nenden „Pädagogischen Bibliothek” seine                     Jugend. Seine Ansichten stimmten mit so
erste Arbeit in deutscher Sprache, die ei-                  manchem polnischen Pädagogen überein,
nige Jahre später ins Polnische übersetzt                   der die religiöse und moralische Erziehung
wurde: W jaki sposób nauczyciel powinien                    der Jugend höher bewertete als intellek-
budzić i podtrzymywać w uczniach zaję cie                   tuelle Bildung. Vogt versuchte zu bewei-
przy wykładzie w ogóle, a w szczegól-                       sen, dass Bildung u.a. von drei Faktoren
ności przy nauczaniu matematyki, historii i                 abhängig sei, nämlich dem Elternhaus, der
ję zyków. [Auf welche Weise der Lehrer die                  (öffentlichen) Schule und dem Zeitgeist.
Aufmerksamkeit der Schüler während der                      Den geringsten pädagogischen Wert
Vorlesung im Allgemeinen aufrechterhal-                     hätte die Schule, weil sie nur bestimmte
ten soll und insbesondere im Mathematik-,                   Fertigkeiten und Begabungen entwickelt.
Geschichte- und Fremdsprachenunter-                         Das Elternhaus sei dagegen Anfang bzw.
richt]. Für die Schüler veröffentlichte                     Ende der Welt für die gesamte Formung
Bentkowski 1806 eine Überarbeitung des                      zum Menschen. Vogt schrieb, dass sich
Werkes von Friedrich Gedike Lateinisches                    die erzieherische Wirkung der Schule, in
Lesebuch für die ersten Anfänger unter                      der die Schüler mit Vokabeln und Theorien
dem polnischen Titel Wypisy dla poczy-                      gequält werden, ohne dass man ihre Auf-
nają cych się uczyć ję zyka łacińskiego do                  merksamkeit auf den praktischen Einsatz
uż ycia Polaków zastosowane, das ins                        des erworbenen Wissens lenkt, in einem

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geringen Umfang gegeben sei. Die mo-                        3. Die Aufnahme der deutschen
ralischen Werte würden ihnen ebenfalls                          Pädagogik in den 1830er
nicht beigebracht. Davon stamme die
                                                                und 1840er Jahren
Unsicherheit und Unstimmigkeit in den
Ansichten, Gefühlen und Angelegenhei-
                                                            Andere Umstände für die Aufnahme der
ten der Menschen. Vogt bedauerte, dass
                                                            deutschen Pädagogik in Polen erfolgten
auch die deutschen Universitäten nicht zur
                                                            nach der Niederlage des Novemberauf-
moralischen Erziehung der jungen Men-
                                                            stands. Die Entwicklung des Schulwesens
schen beitrage. Unter den Übersetzungen
                                                            und einer eigenen polnischen Pädago-
aus dem Deutschen konzentriert sich ein
                                                            gik waren gehemmt. Dies war beson-
Buch von Adolf Knigge auf das Problem
                                                            ders schmerzlich im Königreich Polen
der moralischen Erziehung. Der Autor war
                                                            zu verspüren, wo vor 1830 einige für die
Verfechter der aufklärerischen Ideen und
                                                            polnische Pädagogik grundlegende Ab-
schrieb für den Durchschnittsleser Bü-
                                                            handlungen entstanden. Im Zeitraum
cher, die am Schnittpunkt von Philosophie,
                                                            zwischen den Aufständen evolvierten die
Didaktik und Belletristik standen.
                                                            besten Voraussetzungen für die Entwick-
     In den ersten drei Jahrzehnten des
                                                            lung der Pädagogik sowohl in Großpolen
19. Jhds. waren die Übersetzungen
                                                            als auch in manchen Exilantenkreisen. In
der deutschen pädagogischen Literatur
                                                            den 1830 und 40igern verbreitete sich
eine wichtige Ergänzung der polnischen
                                                            eine neue ideologische Strömung, die Ro-
Schriften über Unterricht und Erziehung.
                                                            mantik. Charakteristisch war der Vorzug
Die übersetzten Werke standen im Geist
                                                            von Gefühlen, Intuition und Glauben vor
der Aufklärung und sie fielen in Polen auf
                                                            dem Verstand. Das stand im Gegensatz
fruchtbaren Boden. Nach dem Verlust der
                                                            zum Rationalismus der Aufklärung. In der
staatlichen Souveränität fingen aufgeklärte
                                                            Erziehung wurden das religiöse und natio-
Männer eine intensive Arbeit zur Verbes-
                                                            nale Element immer wichtiger. Das noch in
serung und Verbreitung des polnischen
                                                            den ersten Jahren nach dem Verlust der
Unterrichtswesens an. Man betonte, dass
                                                            Unabhängigkeit so allgemeingültige Nütz-
der Einzelne nicht seiner selbst willen,
                                                            lichkeitsprinzip spielte in der Pädagogik
sondern für den Nutzen von Vaterland und
                                                            nicht mehr die führende Rolle und auch
Nation erzogen wird. Die Aufklärung wollte
                                                            auf konkretes Wissen und auf naturwis-
einen neuen, besseren Menschen formen.
                                                            senschaftliche Bildung wurde nicht mehr
Im aufklärerischen Erziehungsideal waren
                                                            soviel Wert gelegt.
solche Elemente, wie die Frage der Ent-
                                                                Bronisław Ferdynand Trentowski wird
wicklung von edlen Gefühlen bei den Zög-
                                                            meistens als der hervorragendste Vertre-
lingen, von moralischen Prinzipien, des
                                                            ter der polnischen Pädagogik sowie Philo-
Pflichtgefühls, des Fleißes und der Be-
                                                            sophie während der Romantik bezeichnet.
ständigkeit dominant. Man legte Wert auf
                                                            Er wurde 1808 in Opole bei Włodawa in
die Einhaltung von geltenden Prinzipien,
                                                            Podlachien geboren, besuchte eine sech-
Kritizismus und selbständigen Ansichten.
                                                            sklassige Grundschule in Łuków, die von
All das, was entfernt unter die Kategorie
                                                            Piaristen unterhalten wurde. Die höheren
Verstand fiel, wurde hoch geschätzt und
                                                            Klassen hat er am Warschauer Lyzeum ab-
nicht wenige polnische Autoren schöpften
                                                            solviert. Trentowski bekannte sich zum Kal-
ihre Inspiration zu eigenen Werken und
                                                            vinismus. Er studierte an der Warschauer
Studien über Unterricht und Erziehung aus
                                                            Universität, in Heidelberg und in Freiburg,
der inhaltsreichen deutschen pädagogi-
                                                            wo er sich habilitierte. An der Königlichen
schen Literatur.

5 / 2020                                 Pädagogische Rundschau                                                 505

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                             wiederverwendbar. http://creativecommons.org/licenses/by/4.0
Universität hörte er den Philosophen und                    auf seine Quellen. Den ersten Teil seiner
Pädagogen Johann Friedrich Herbart. Er                      Didaktik (d.h. den Abschnitt über den
bemühte sich in Freiburg um eine Profes-                    Lehrer) stützt er auf Informationen aus den
sur (aus unterschiedlichen Gründen, vor                     Werken von Niemeyer:
allem wegen des Einspruchs des Klerus
                                                                Der erste Teil der Didaktik, der sich
hat er die Stelle nicht bekommen). An
                                                                laut Trentowski mit dem Habitus des
dieser Universität hielt er 1838-1842 als
                                                                Lehrers befasst, d.h. mit seinem Ver-
Privatdozent Vorlesungen zur Logik, Pä-
                                                                hältnis zur sozialen Welt, mit den
dagogik, Naturphilosophie und zur spe-
                                                                Pflichten seiner Berufung usw., ist
kulativen Theologie. 1839 wurde er zum
                                                                von den deutschen Pädagogen insbe-
korrespondierenden Mitglied der Gesell-
                                                                sondere von Niemeyer, so vollständig
schaft für Geschichte und Literatur in Paris
                                                                bearbeitet worden, dass fast nichts an-
berufen. Sein wichtigstes pädagogisches
                                                                deres zu tun bleibt, als das Material zu
Werk war ein Studium u.d.T. Chowanna,
                                                                sichten und etwas besser zu ordnen.
d.h. ein System der nationalen Pädagogik,
                                                                Der Verdienst des Autors wird hier die
als Fertigkeit der Erziehung, Lehre und
                                                                Komposition sein. Man macht also die
Bildung, kurzum der Erziehung unserer Ju-
                                                                Kompilation und bittet den polnischen
gend. Diese Abhandlung erschien 1842 in
                                                                Leser, dass er es dem Autor nicht übel
Posen in zwei Bänden (in vier Faszikeln)
                                                                nimmt, weil er hier nur sein Bestes im
und zählte fast 2000 gedruckte Seiten. Die
                                                                Auge hat. In dieser Hinsicht ist es nicht
Verlagskosten deckte vor allem Edward
                                                                so wichtig, wer als Erster diese oder
Graf Raczyński. Das Werk umfasste zum
                                                                jene Bemerkung gemacht hat, es soll
ersten Mal in der polnischen Fachliteratur
                                                                reichen, dass man sie anführt6.
eine Gesamtlehre der Erziehung auf dem
aktuellen Wissensstand. Es war zugleich                     Auch beim Schreiben des dritten Teils des
eine klassische Abhandlung zur Geschich-                    Kapitels über Didaktik, das dem Lehrer
te der Erziehung. Die Studie wurde trotzt                   Unterrichtshinweise geben soll, basierte
der strengen Zensurbedingungen in allen                     der polnische Autor auf dem Wissen aus
drei Teilungsgebieten. Sie besteht aus                      der deutschen Literatur.
drei Teilen: „Nepiotik“ – die Lehre über die                     Trentowski hielt in der ersten Periode
körperliche und psychische Entwicklung                      seiner literarischen Tätigkeit Deutsch-
des Kindes, „Didaktik“- ist der Grundlage                   land für das aufgeklärteste Volk Euro-
der Bildung und Erziehung gewidmet und                      pas. Er schätzte die deutsche Pädagogik
„Epik“- der Geschichte und Schulorgani-                     und Philosophie hoch. Er verspottete die
sation. Der Autor stellte seine Hypothesen                  Polen, die sich kritisch zum deutschen
auf eine philosophische Basis. Er behaup-                   Werk geäußert hatten. Dies brachte er
tete, dass Philosophie der Schlüssel in                     in einem Brief (im November 1839) an
den „Tempel der Pädagogik“ sei.                             Antoni Wojkowski, einen Redakteur der
    Trentowski war auf diese Abhandlung                     in Posen erscheinenden Wochenzeitung
recht stolz und verlieh seiner Überzeugung                  „Tygodnik Powszechny“ zum Ausdruck. Er
Ausdruck, dass weder Deutschland, noch                      nahm auch im Brief Stellung zu jenen The-
Frankreich oder England ein so hervorra-                    sen, die in einer Abhandlung des bekann-
gendes Werk aus dem Bereich der Päda-                       ten Philosophen Karol Libelt „Filologia,
gogik besitzt, wie Polen es in „Chowanna“                   filozofia i matematyka“ beinhaltet waren.
habe. Er bediente sich beim Verfassen                       Trentowski behauptete, dass in dieser Ab-
seiner Studie der deutschen pädagogi-                       handlung manche Ideen dem Werk von
schen Fachliteratur und beruft sich auch                    Kant entnommen wurden.

506                                      Pädagogische Rundschau                                           5 / 2020

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Er wunderte sich, dass Libelt die deut-                     Bildungswesens sogar die Ränder
sche Philosophie attackierte, wenn er sich                      der Zügel bis zum menschlichen „Ich“
gleichzeitig ihrer bediente. Er stimmte                         durchdringt, bis zu der Stelle im hei-
auch nicht mit den Ansichten des Autors                         ligen Element des Menschen, und
der Studie „Filozofia i matematyka“ über-                       gelangt in die Tiefe des toten Meeres
ein, der die Degeneration der deutschen                         und legt dort Eier, die gefährlich für die
Zivilisation vorhersagt:                                        widerlichen Alleinherrscher der Welt
                                                                sind8.
   Die Idee, dass Deutschland zusam-
   menfällt wie ein uraltes Wirtshaus in
                                                            Trentowski betrachtete die Deutschen als
   einem podlachischen Kaff und dass
                                                            das Volk, welches an der Spitze der euro-
   einzig der Pole, jener Jüngling inmitten
                                                            päischen Wissenschaft und Bildung steht,
   einer von grauen Haaren und Falten
                                                            das in jeder Hinsicht in seiner Entwicklung
   durchzogenen Welt imstande ist, das
                                                            andere Länder überholt. „Das Polen von
   schwere Joch des Bildungswesens zu
                                                            damals“ - schrieb er zu Anfang 1840iger -
   tragen - dieser Gedanke, der aus dem
                                                            „steht in punkto Aufklärung fast drei Jahr-
   Exil bis nach Polen durchdrungen ist -
                                                            hunderte hinter Deutschland, es muss also
   ist voll jugendlicher Frische, deswegen
                                                            Schritt für Schritt dreihundert Jahre wan-
   voller Liebe und Verständnis. Deutsch-
                                                            dern, bis es dem heutigen Deutschland
   land ist nicht vergreist, im Gegenteil
                                                            nahekommt“9. Der Autor von Chowanna
   jung, straff wie der Pole, steht aber
                                                            hat den polnischen Lesern das Wissen
   näher dem Tor der Zukunft7.
                                                            über deutsche pädagogische Bibliothe-
Trentowski schrieb dem Deutschland der                      ken, periodisch erscheinende Zeitschrif-
Reformation eine große Rolle in der zivi-                   ten, Entwicklung des Bildungswesens und
lisatorischen Entwicklung zu, indem er                      Erziehung in diesem Lande übermittelt. Er
bewies, dass sie das Angesicht des deut-                    behauptete, dass die Deutschen ihre Kin-
schen Volkes veränderte und zu seiner                       der mit einer bestimmten Originalität und
dynamischen intellektuellen Entwicklung                     Kenntnis der Sache erziehen. Er riet den
beitrug:                                                    Polen, dass sie den Kindern die deutsche
                                                            Sprache beibringen sollten, die unerhört
   Seit den Zeiten der großen, allgemein                    reich sei, wie auch ihre Literatur. Der Phi-
   segenswerten Reformation lebt der                        losoph argumentierte, dass jeder, der die
   Deutsche wie im wachen Zustand und                       deutsche Sprache kenne, sich mehr er-
   wacht über die Menschheit und ver-                       lesen könne als mit fünftausend anderen
   breitet Licht, wie ein Kopf, der vom                     Sprachen. Die Deutschen besäßen eine
   Heiligenschein umgeben ist. Das Mit-                     originale Philosophie und Poesie, bei
   telalter wird nie wieder zurückkehren,                   ihnen habe jede Wissenschaft, sogar die
   weil es sich an den Mauern im Leben                      kleinste, eine eigene Bibliothek.
   der Nationen der vergangenen oder                            In Chowanna schrieb Trentowski
   aufgehenden deutschen Philosophie                        über Vertreter der deutschen Pädagogik,
   zerschlägt; kein barbarischer Tamerlan                   indem er ihr Werk kritisch bewertete.
   ist imstande, ihr für die eigene Poli-                   Von den Schriftstellern, die zu seiner Zeit
   tik des Volkes, über das er mit dem                      nicht mehr am Leben waren, schätzte er
   Schwert herrscht, Zügel seiner ver-                      Joachim Heinrich Campe hoch, indem er
   fluchten Herrscher anzulegen und sie                     darauf hinwies, dass in seinen Werken ein
   im toten Meer der Dunkelheit zu er-                      außergewöhnliches pädagogisches Talent
   tränken, weil die Sonne des deutschen                    und vornehme Denkweise sichtbar würde.

5 / 2020                                 Pädagogische Rundschau                                                 507

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Sein wertvollstes Geschenk ist die für                       Philosophie. Bis dahin ist sie etwa eine
   Jugendliche angenehmste Sprache.                             Kunst oder empirische Wissenschaft
   Als er schon ein Greis war, hat er mit                       gewesen, nun ist sie eine Disziplin. Das
   jugendlichem Enthusiasmus schreiben                          empfohlene und so erhabene Ziel der
   können, die Seele des Lesers überwäl-                        Erziehung ist, die Jugendlichen zu ihrer
   tigen und sie zu einem bestimmten Ziel                       Bestimmung zu führen und über ihre
   bewegen. Zum Schreiben für die reife-                        Bestimmung einen weiteren Schritt zur
   re Jugend bewog ihn die Bemerkung,                           endgültigen Bestimmung der Mensch-
   dass jene Knaben, welche die Schule                          heit zu machen. Die Pädagogik kann
   besuchen, gerne etwas lesen, aber                            sich nur durch die Einverleibung der
   wenn sie nichts Entsprechendes be-                           gesamten bisherigen Pädagogik entwi-
   kommen, befriedigen sie ihre Begier-                         ckeln. Der junge Mensch soll densel-
   de, indem sie Romanzen und andere                            ben Weg der Entwicklung schreiten,
   schädliche Bücher lesen. Er beschloss                        den die bisherige Menschheit gegan-
   deswegen, eine Literatur für Kinder                          gen ist. Was für Gedanken! Jeder
   und Jugendliche zu begründen und                             Vater, Hofmeister und Lehrer soll sie
   dieses Vorhaben gelang ihm vortreff-                         sich in sein Gedächtnis einprägen und
   lich. Der Industrie die Hand zu reichen                      sie in Praxis umsetzen11.
   hielt er für eine Pflicht des Pädagogen.
   Aus diesem Grund schätzte er denjeni-                    Trentowski behauptete, dass Kant einen
   gen höher, der in Europa die Kartoffel                   Durchbruch in den bisherigen Ansichten
   einführte und das Webrad erfand, als                     zu Unterricht und Erziehung vollbrachte,
   den genialen Autor der Illias und Odys-                  indem er empfiehlt, die Jugendlichen für
   see. Man sieht dem Mann an, dass er                      die Zukunft zu idealen Menschen zu er-
   aus der Schule von Locke, Rousseau                       ziehen.
   und Basedow, der Philanthropen also,                         Für einen hervorragenden deutschen
   stammt10.                                                Pädagogen hielt Trentowski Jean Paul
                                                            Richter. Er nannte ihn ein Genie und sein
    In Chowanna von Trentowski findet man
                                                            Buch Levana ein großes Werk, „Eine Pä-
auch Informationen zur pädagogischen
                                                            dagogik, wenn nicht die beste in Deutsch-
Theorie von Immanuel Kant und Jean Paul
                                                            land, dann zumindest eine lesenswerte“12.
Richter. Indem der polnische Philosoph
                                                            Der polnische Autor schrieb Jean Paul eine
über den Ersteren schrieb, deutete er auf
                                                            hervorragende Menschenkenntnis zu. Von
die Unterschiede zwischen den Anschau-
                                                            seinen Zeitgenossen schätzte er jedoch
ungen von Kant und Rousseau über die Er-
                                                            Johann Friedrich Herbart am höchsten. In
ziehung hin und hob den überwältigenden
                                                            dessen Pädagogik bemerkte er die Gründ-
Einfluss der Philosophie auf die Pädagogik
                                                            lichkeit der Anlage und die Berufung auf
hervor. Nach Trentowski hat Kant auf eine
                                                            philosophische Grundlagen13.
hervorragende Weise das deutsche päda-
                                                                Eine Wende in den Anschauungen
gogische Gedankengut bereichert.
                                                            Trentowskis zum deutschen pädagogi-
   Er erhob den menschlichen Geist zu                       schen und wissenschaftlichen Gedanken-
   den Sternen, der bis dahin am Boden                      gut vollzog sich nach den Ereignissen des
   kroch und ihm den wonnlichen Him-                        Jahres 1846. Damals schlugen galizische
   mel seiner Idee zeigte. Die Pädagogik                    Bauern einen versuchten Aufstand des
   macht hier einen riesigen Fortschritt.                   Adels gegen die Österreicher blutig nie-
      Die Erziehung gelangt unter das                       der und gingen dann zu einer generellen
   Zepter der Philosophie, wird selbst zur                  Auseinandersetzung mit dem galizischen

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                             wiederverwendbar. http://creativecommons.org/licenses/by/4.0
Adel über. Die Bauern plünderten Herren-                    Nach 1846 war für Trentowski Frankreich
häuser und ermordeten ihre Grundherren.                     das höchstentwickelte Land. Der polni-
Das feudale System in den Dörfern, das                      sche Philosoph lobte die französische
von Missernten, Überschwemmungen                            Geisteshaltung in der Politik. Sehr negativ
und Hungersnot begleitet wurde, machte                      äußerte er sich zur deutschen Belletristik,
das Leben der Bauern unerträglich. Diese                    die bloß Werke hervorbrächte, die Biblio-
Verbitterung wollten die Österreicher aus-                  theken für Leseratten füllten:
nützen und verbreiteten das Gerücht,
                                                                [...] Das ist das deutsche Unterrichts-
dass der Krakauer Aufstand eine militäri-
                                                                wesen, das ist die deutsche Zivilisa-
sche Aktion des verhassten Adels gegen
                                                                tion. Und sie hat die Frechheit, den
die Bauern war. Trentowski war über die
                                                                Polen gegenüber, wichtig zu tun? Ach,
Hinterhältigkeit Österreichs bei den Ereig-
                                                                der polnische Kopernikus hat mehr
nissen in Galizien empört und wechselte
                                                                für die Wissenschaft getan und mehr
zu einer profranzösischen Haltung. Seit
                                                                Aberglauben in Europa beseitigt als
dieser Zeit verachtete er die Deutschen
                                                                die ganze germanische Scholastik![...]
und schilderte in seinen Schriften, dass
                                                                Wo doch die Polen seit Jahrhunderten
sie eine rückständige Nation seien. In
                                                                ein eigenes, heimisches Schulwesen
der 1847 in Paris herausgegeben Studie
                                                                hatten, geht ihnen ein fremdes, das
mit dem Titel Wizerunki duszy narodowej
                                                                nicht zur polnischen Seele passt, nicht
z końca ostatniego szesnastolecia [An-
                                                                ab“15.
sichten der Nationalseele aus den letzten
sechzehn Jahren] schrieb er:                                Trentowski warf der deutschen Pädagogik
                                                            Verlogenheit vor. Er regte sich darüber
   [...] die Deutschen prahlen mit ihrem                    auf, dass den polnischen Studenten an
   Unterrichtswesen und ihrer Zivilisation,                 den deutschen Universitäten Anschauun-
   die sie so großzügig zu den Polen und                    gen beigebracht wurden, die sie nach der
   anderen Slawen tragen, indem sie immer                   Rückkehr in die Heimat praktisch nicht um-
   wieder brüllen: Kant, Fichte, Schelling,                 setzen konnten. Die polnische Jugend hört –
   Hegel! Diesen Unsinn ohne Lächeln zu                     so Trentowski – in Berlin von berühm-
   hören ist unmöglich, ohne dass einem                     ten Professoren für Philosophie und Jura
   die Galle überlaufe. Die Berliner Eulen,                 solche Lehren wie:
   sollen aber ehrlich mal sagen, wer im
   Grunde die religiöse Freiheit geschaf-                       Jeder Mensch ist, als verstehendes
   fen hat – die deutsche Reformation                           Wesen, für sich selber ein Ziel. Er soll
   oder die französische Revolution? Wer                        nicht zulassen, dass ihn jemand für
   hat die politische Freiheit eingeführt –                     sein Mittel hält, denn dann wird er zu
   die Schriften der französischen Philo-                       einem Tier oder leblosen Klumpen und
   sophen des vorigen Jahrhunderts oder                         erniedrigt die menschliche Würde in
   die Schriften deutscher Philosophen?                         sich. Die Freiheit ist ein Talisman aus
   Welche tiefen, unverwischbaren Spu-                          dem Himmel für jeden verständigen
   ren hinterließ die Weisheit Kants? Hat                       und selbstbewussten Menschen. Wer
   sie etwa die Gesetzgebung geändert?                          sie verloren hat, der erniedrigt sich zur
   Hat sie, auch auf Deutschland, einen                         Sache, welche von äußeren Notwen-
   sozialen Einfluss gehabt? Nein! Die                          digkeiten geregelt wird. Für die Frei-
   germanischen Völker leben bis dahin                          heit der Nation kämpfen, das Vaterland
   von den Krümmeln [vom] französischen                         lieben, Patriot sein, sind hochheilige
   geistigen Tische!14                                          Pflichten für jeden aufrechten Bürger.

5 / 2020                                 Pädagogische Rundschau                                                 509

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                             wiederverwendbar. http://creativecommons.org/licenses/by/4.0
Die polnische Jugend kehrt nach                      Edward Dembowski. 1843 veröffentlichte
   Posen zurück und will das im Leben                       er in der wissenschaftlichen Zeitschrift
   ausüben, was man in Berlin lehrt. Aber                   „Przegląd Naukowy” einen Artikel mit dem
   bald wird sie verhaftet und verliert das                 Titel Rzuty o wychowaniu osób pojedync-
   väterliche Vermögen. Nach einer so                       zych i ludów [Skizzen zur Erziehung von
   traurigen Lektion überzeugt sie sich,                    Individuen und Völkern], in dem er, ähnlich
   dass die Berliner Theorie und Praktik                    wie Diesterweg, die Rolle der Selbständig-
   zwei verschiedene Sachen sind. Das,                      keit des Zöglings im Erziehungsprozess
   was für die Preußen Wahrheit ist, ist                    und die Notwendigkeit der Herausbildung
   für die Polen Lüge. Der Pole ist im Her-                 einer aktiven Haltung des jungen Men-
   zogtum Posen kein Ziel für sich selber.                  schen gegenüber den Phänomenen des
   Das preußische, fremde Ziel soll sein                    Lebens hervorhob.
   Ziel sein16.                                                 Lehrer aus dem Herzogtum Posen
                                                            übertrugen die pädagogischen Grundge-
    Wie aus den obigen Aussagen ersicht-
                                                            danken Diesterwegs, die nach einer Ele-
lich, geizte Trentowski nicht mit kritischen
                                                            mentarschulreform im Geiste der Ideale
Bemerkungen gegenüber dem deutschen
                                                            des deutschen Pädagogen strebten, auf
Unterrichtswesen. Es unterliegt keinem
                                                            polnischsprachigen Boden. Unter jenen,
Zweifel, dass er bis 1846 einer der glü-
                                                            welche die didaktisch-erzieherischen
hendsten polnischen Verfechter des deut-
                                                            Theorien Diesterwegs in pädagogische
schen pädagogischen Gedankengutes
                                                            Praxis umsetzten, ist Ewaryst Estkow-
war und die Überzeugung äußerte, dass
                                                            ski zu nennen. Dieser Pädagoge äußerte
das deutsche Bildungssystem das beste in
                                                            seine Ansichten in Büchern, Broschüren
Europa sei.
                                                            sowie in der ersten polnischen pädagogi-
    Am Ende der besprochenen Perio-
                                                            schen Zeitschrift „Szkoła Polska”, die seit
de fanden die polnischen Pädagogen In-
                                                            1849 als Organ der Polskie Towarzystwo
teresse an den Ansichten von Friedrich
                                                            Pedagogiczne [Polnische Pädagogische
Adolph Wilhelm Diesterweg, eines her-
                                                            Gesellschaft] bestand. Er äußerte sich zu
vorragenden deutschen Pädagogen und
                                                            Problemstellungen der Theorie, Didaktik
Grundschulreformers in der ersten Hälfte
                                                            und Methodik. Estkowski orientierte sich
des 19. Jhds.. Die pädagogischen Theo-
                                                            dabei an Johann Heinrich Pestalozzi sowie
rien Diesterwegs (Notwendigkeit zur Ein-
                                                            Diesterweg. In der von ihm herausgegebe-
führung von Volksschulen, Aufklärung der
                                                            nen „Szkoła Polska” knüpften die Autoren
ärmsten Sozialschichten, Erziehung der
                                                            über das Unterrichtswesen und die Erzie-
Kinder und Jugendlichen zum Patriotis-
                                                            hung an die Pädagogik Diesterwegs an.
mus) fielen im polnischen Raum auf frucht-
                                                            Manche Autoren zitierten ihn zum Beweis
baren Boden. Die Schriften Diesterwegs
                                                            der Richtigkeit ihrer Hypothesen. 1849
wurden im Original gelesen. Zu dieser Zeit
                                                            behauptete der Autor des Artikels Uwagi
wurde keine Übersetzung seiner wichtige-
                                                            nad począ tkową nauką czytania, pisania
ren Werke ins Polnische angefertigt. Die
                                                            i rachunków [Bemerkungen zur Anfangs-
polnischen Pädagogen machten sich auch
                                                            phase des Lesen-, Schreiben- und Rech-
durch persönliche Kontakte mit den An-
                                                            nenunterrichts], dass
sichten des deutschen Denkers vertraut.
Während des Studiums an der philosophi-                         die Kinder mit besten Leistungen
schen Fakultät der Universität Berlin war                       und mit größter Freude lernen, wenn
Antoni Celichowski sein Schüler.                                dem Schreiben das Drucklesen
    Für die Werke Diesterwegs interessier-                      vorausgeht. Die besten Pädagogen
te sich auch der polnische Freiheitskämpfer                     und Lehrer haben sich für dieses

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Unterrichtsverfahren ausgesprochen.                      in den polnischen Gebieten die führende
   Dr. Diesterweg, der Direktor der Leh-                    deutsche Pädagogik verbreitet. Polnische
   rerseminars in Berlin, einer der theo-                   Pädagogen reisten nach Deutschland,
   retisch und praktisch am höchsten                        lernten die Tätigkeit der Institutionen
   gebildeten deutschen Pädagogen, gibt                     vor Ort kennen und versuchten, fremde
   solche Gründe an, indem er sich dafür                    Arbeitsmethoden auf Polen zu übertragen.
   ausspricht, dass das Anfangslesen mit                    Die beste Form zur Verbreitung der deut-
   dem Schreiben zu beginnen hat17.                         schen Pädagogik waren Übersetzungen.
                                                            In der ersten Hälfte des 19. Jhds. wurden
    Es unterliegt keinem Zweifel, dass die
                                                            die damals meistgelesenen Werke von
Rezeption der deutschen Erkenntnisse zu
                                                            Campe, Niemeyer oder Kant ins Polnische
Unterricht und Erziehung zur Bereiche-
                                                            übertragen. Zum Teil erschienen Über-
rung der polnischen Pädagogik mit neuen
                                                            setzungen auch in Zeitschriften, manche
Inhalten beigetragen hat. Die ins Polnische
                                                            wurden mit Kommentaren versehen, aber
übersetzten Werke der deutschen Autoren
                                                            nicht alle Werke wurden vollständig über-
vervollständigten das polnische pädago-
                                                            setzt und herausgegeben. Die polnischen
gische Wissen und waren eine wertvolle
                                                            Pädagogen waren aber gegenüber der
Informationsquelle zum Stand des Schul-
                                                            deutschen pädagogischen Literatur nicht
und Erziehungswesens in Deutschland.
                                                            unkritisch und passten die Anschauungen
Zur Verbreitung der deutschen Erzie-
                                                            der deutschen Autoren an die polnischen
hungstheorie trugen auch Zeitschrif-
                                                            Bedingungen an.
tenartikel bei. So manches deutsches
Erziehungsideal fand viele Anhänger unter
den polnischen Lehrern (z.B. die Heraus-
bildung eines starken Charakters beim                       Anmerkungen
jungen Menschen, Übermittlung eines
entsprechenden Wissensvorrats, Vorbe-                       1     A. Karbowiak: Historiografia pruska o szkołach
reitung auf´s Erwachsenenleben). Manche                           na ziemiach polskich, Abzug aus der Zeit-
betonten, dass die deutschen Erziehungs-                          schrift „Muzeum” [Juni] 1912, S. 4 - 6.
                                                            2     K. Dutkowa: Z problematyki szkolnictwa ele-
ideale eine wichtige Rolle bei der morali-                        mentarnego w Polsce w czasach Księ stwa
schen Formung und Wissensvermittlung                              Warszawskiego, in: „Studia i Materiały z Dzie-
spielen können. Es ist anzumerken, dass                           jów Nauki Polskiej”, 1968, Reihe A, Heft 12.
die polnischen Erziehungstheoretiker die                    3     E. Czarnecki: Rozprawa o przymiotach i uspo-
deutschen Ideen nicht blind oder passiv                           sobieniu się do stanu nauczycielskiego, Czy-
rezipierten, sondern versuchten, diese an                         tana przez…, na posiedzeniu publicznem
                                                                  Towarzystwa Królewsko – Warszawskiego
die polnische Realien anzupassen und ver-
                                                                  Przyjaciół Nauk. Dnia 14 Maia 1808 roku, in:
warfen, was mit den polnischen Traditionen                        Zasady edukacji i instrukcji podług Niemeye-
und Überzeugungen nicht übereinstimmte.                           ra, Bd. 1, Warszawa 1808.
                                                            4     a. a. O., S. 78f.
                                                            5     a.a.O., S. 101.
Zusammenfassung                                             6     B. F. Trentowski: Chowanna, czyli system pe-
                                                                  dagogiki narodowej…, Bd. 1, S. 8.
                                                            7     Listy Bronisława Trentowskiego (1836 –
Das Verschwinden des polnischen Staa-
                                                                  1869), Hrsg. S. Pigoń, Kraków 1937, S. 24.
tes vereitelte einen nachhaltigen Einfluss                  8     a.a.O.
der Polen auf das offizielle Schulwesen.                    9     B. F. Trentowski: Chowanna, czyli system pe-
Dieses wurde zu einem Instrument der Tei-                         dagogiki narodowej…, Bd. 1, S. 116.
lungsmächte. Während dieser schwierigen                     10    a.a.O., S. 724.
Periode der nationalen Unfreiheit wurden                    11    a.a. O., S. 712f.

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                             wiederverwendbar. http://creativecommons.org/licenses/by/4.0
12    a.a.O., S. 739.                                      15    a.a.O., S.21.
13    a.a.O., S. 776.                                      16    a.a.O., S. 22f.
14    [B. F. Trentowski], Wizerunki duszy narodo-          17    Uwagi nad począ tkową nauką czytania, pisa-
      wej z końca ostatniego szesnastolecia, przez               nia i rachunków, in: „Szkoła Polska”, Bd. 1,
      Ojczyźniana, Paryż 1847, S. 20.                            1849, S. 237.

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