FRANKENSTEIN - Schauspielhaus Zürich AG Zeltweg 5 8032 Zürich - Schauspielhaus Zürich
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Infomappe für Lehrpersonen FRANKENSTEIN von Dietmar Dath, inspiriert von Mary Shelley Regie Stefan Pucher Uraufführung 10. Januar 2019 Schauspielhaus Zürich, Pfauen Schauspielhaus Zürich AG Zeltweg 5 Tel +41 44 258 70 70 8032 Zürich www.schauspielhaus.ch
2 Infomappe zu FRANKENSTEIN – Schauspielhaus Zürich Liebe Lehrerinnen und Lehrer Wie entsteht Leben, Sprache und Bewusstsein? Wohin führt es, wenn der Mensch mit den heutigen Errungenschaften der For- schung und den technischen Möglichkeiten in die göttliche Schöpfung eingreift? An welchen ethischen und moralischen Werten soll sich die Forschung in Zukunft orientieren? Die Frankenstein-Adaption am Schauspielhaus Zürich von Dietmar Dath und Stefan Pucher ist inspiriert von Mary Shelleys Roman aus den Anfängen des 19. Jahrhun- derts und wirft – ausgehend vom heutigen Entwicklungsstand der Forschung – ei- nen anregenden Ausblick auf die Zukunft. Diese Infomappe enthält eine Schwerpunktsetzung der Inszenierungsthemen, die sich für die Vertiefung im Unterricht als Einstimmung oder Nachbereitung anbieten. Sie finden darin auch eine Auswahl an Zugängen zum digitalen Netzwerk des Wis- sens. Als Lehrpersonen können Sie zu ermässigtem Ticketpreis von 15 CHF die Vorstel- lung visionieren. Dieses Angebot können Sie ausschliesslich bei vorheriger Anmel- dung unter junges@schauspielhaus.ch beanspruchen. Ich wünsche Ihnen anregende Entdeckungen in Frankensteins Labor. Katrin Sauter Stückinformationen: https://www.schauspielhaus.ch/de/play/1041-Frankenstein Pressebilder Download: https://www.schauspielhaus.ch/uploads/media/default/0001/08/Frankenstein_Pr essebilder.zip
3 Infomappe zu FRANKENSTEIN – Schauspielhaus Zürich BESETZUNG Viktor Frankenstein Edmund Telgenkämper Geschöpf Robert Hunger-Bühler Totoschka, Viktors Gehilfe, Programmierer Fritz Fenne Prof. Anna Waldman, Inga Busch Viktors ehemalige Forschungspartnerin Elisabeth Lavenza, Physikerin Lena Schwarz Robert Walton Julia Kreusch Echos (Video- und Gameanimationen): Kalte Frau, Kalter Mann, Viktors Vater, Mädchen, Junge Erwähnte Personen: William und Ernest (Viktors kleine Brüder), Patienten, Prometheus Regie Stefan Pucher Bühne Barbara Ehnes Kostüme Annabelle Witt Video Chris Kondek Mitarbeit Video Ruth Stofer Gamedesign Victor Morales Musik Christopher Uhe Dramaturgie Andreas Karlaganis Licht Frank Bittermann Regieassistenz Maximilian Enderle Bühnenbildassistenz Marie Hartung Kostümassistenz Annina Gull Inspizienz Michael Durrer Soufflage János Stefan Buchwardt Theaterpädagogik Katrin Sauter
4 Infomappe zu FRANKENSTEIN – Schauspielhaus Zürich INSZENIERUNG VON STEFAN PUCHER Der Regisseur Stefan Pucher hat mit Dietmar Dath am Schauspielhaus Zürich be- reits Henrik Ibsens „Ein Volksfeind“ aufsehenerregend aktualisiert. Nun erarbeitet er mit seinem Team zum 200-jährigen Geburtstag des Romans „Frankenstein oder Der moderne Prometheus“ Daths Bühnenadaption. Sie nähern sich dem romanti- schen Stoff vor dem heutigen Hintergrund des Wissensstands über die Erzeugung von künstlichem Leben und der Entstehung von Bewusstsein. Zusammen erschaf- fen sie eine futuristische Apokalypse, in welcher Realität, Fiktion und Erinnerungen in einem bildgewaltigen Vexierspiel sich überlagern und verschmelzen. Die Bühnenbildnerin Barbara Ehnes und der Videodesigner Chris Kondek haben sich für die Szenenbilder und Projektionen u.a. von (Zell-)Strukturen der Natur, Ap- paraturen aus der Forschung und Technik, Laborgebäuden und Beschreibungen aus Mary Shelleys Roman inspirieren lassen. In der Zusammenarbeit mit dem New Yorker Gamedesigner Victor Morales ist eine eigene Bildästhetik entwickelt worden. Zudem lotet das Team die digitalen Gestal- tungsmöglichkeiten fürs Theater aus.
5 Infomappe zu FRANKENSTEIN – Schauspielhaus Zürich LABOR . FRAGEN ANS LEBEN Die nachstehende Sammlung von FRAGEN ANS LEBEN greift die Themenkomplexe der Frankenstein-Adaption im Schauspielhaus auf. Diese eignen sich auch für die Auseinandersetzung im Unterricht. * besonders geeignet für die Einstimmung ** besonders geeignet für die Nachbereitung (**) Empfehlung zur Weiterführung nach dem Vorstellungsbesuch *** eignet sich sowohl als auch Präsentationsform en von Projektarbeiten in Bezug zur Inszenierung und dem Theater * (**) In der Arbeit mit jungen Menschen bewährt sich, sie bei der konkreten Auswahl aus der Fülle an Zugängen zu beteiligen, z.B. dass sie in Gruppen je ein Thema oder eine Fragenstellung vertiefen und ihre Ergebnisse den Kolleg/innen präsentie- ren. Die Vorschläge für Präsentationsformen stehen in Bezug zur Frankenstein- Produktion und des Theaters. Bericht für die Schulzeitung oder Arbeit der Dramaturgie, der Autor/innen, Jour- den Schulblog nalismus, Marketing: Welche Inhalte sollen vermittelt werden? Briefwechsel Literarische Form, die im Roman enthalten ist Radiobeitrag einer Wissen- Einsatz von Sprachaufnahmen in der Inszenie- schafts-, Forschungs- oder Kul- rung, Sprachgestus einer Figur tursendung Interview mit einer Figur oder Schauspiel: Sich als andere Figur ausgeben Persönlichkeit, schriftlich oder als Hörinstallation Filmreportage, Erklärvideo einer Einsatz von Filmeinspielungen und Wissens- Wissenschafts-, Forschungs- vermittlung in der Inszenierung oder Kultursendung Kurzfilm-Story, die die Thematik Film und Storytelling als erzählerisches Mittel, aufgreift Bildsprache, Blickwinkel in die Szene, Kostüm- wahl, Ortswahl, Sprachgestus der Figur, Mu- sikeinsatz Fotoreportage, analog als gros- Fotos als visualisierendes Mittel, Romanvorlage ses Buch zum Blättern oder digi- tal Foto-Story, die die Thematik Fotos als erzählerisches Mittel, Bildsprache, aufgreift, analog als grosses Romanvorlage Buch zum Blättern oder digital Installative Ausstellung im Kommunikation: Welche Bild- und Textart wird Schulhaus mit Bildern, Texten, gewählt? Objekten (Projekt-)Tagebuch Persönliche Reflexion und Beschreibungen, Be- zug zur Romanform
6 Infomappe zu FRANKENSTEIN – Schauspielhaus Zürich LABOR I . ENTSTEHUNG DES LEBENS *** WALDMAN: (zum Geschöpf) ... Wir alle, die dabei waren, wir spielen Erinnerun- gen, wir spielen die Zeit in Ingolstadt, als Viktor dich aufgeweckt hat, als seine Braut und er ständig über Wissenschaft und Ethik diskutiert haben, wir sind in einer Schleife, nicht Pausentaste, nicht Stoptaste. Wiederholung. ... Echos. Nachspiele. Wir spielen alles immer wieder nach, bis du es beendest. Wie entsteht Leben? Auf welchem Stand war die Wissenschaft bei der Erforschung des Lebens zu Mary Shelleys Zeit um 1800 rum in den Bereichen der Alchimie, Physik, Bio- logie, Chemie und Medizin? Welche Bedeutung messen heute Wissenschaftler den Mikrosphären bei der Evolution des Lebens bei? Welches sind bedeutende Errungenschaften in den Forschungsbereichen der Neurowissenschaft/Hirnforschung, Genetik/Eugenik, Biotechnologie, Nano- technologie, Kryonik, Informatik und Robotik, die für lebensverlängernde Massnahmen und die Erschaffung des „perfekten“ Menschen zum Einsatz kommen können? Welche Macht soll der Mensch zukünftig bei der Entwicklung des Lebens haben? LABOR II . SCHÖPFUNGEN * / ** Robert Hunger-Bühler – Geschöpf Mary Shelley hat auch die Sage von Prometheus in ihren Roman aufgenommen. Im Anhang befin- det sich eine Kurzversion. Welche Schöpfungsgeschichten in verschie- denen Kulturkreisen gibt es? Was ist das Gemeinsame daran? Inwiefern ist Frankenstein eine moderne Schöpfungsgeschichte? Wo taucht auch bei Dietmar Daths Adaption die Prometheus-Sage auf? Im Roman stehen die Männerfiguren im Zentrum. Dietmar Dath übernimmt lediglich Elisabeth La- venza und transformiert zwei Figuren (Walton und
7 Infomappe zu FRANKENSTEIN – Schauspielhaus Zürich Waldman) zu Frauenpersönlichkeiten. Am Anfang dieser Mappe befindet sich die Besetzungsliste, mit welcher sich Vergleiche zum Roman herstellen lassen. Warum hat Dath sich auf diese sechs Figuren fokussiert? In welche Realität setzt Dath die Figuren? Welche Ziele verfolgen die Figuren? Welche Strategien wenden sie dazu an? Wo verlieren sie die Kontrolle und läuft ihnen ihr Werk aus dem Ruder? LABOR III . ANFÄNGE * Mary Shelleys Roman beginnt mit Robert Waltons Briefen an seine Schwester Margarete Saville und berichtet von den Reisevorbereitungen für seine Entde- ckungsreise zum Nordpol. Dietmar Daths erste Szene spielt in einer „Kältehalle“. Welche Parallelen bezüglich Ort, Temperatur, Atmosphäre, Grundsituation, auftretenden Figuren lassen sich erkennen? Rom ananfang Auf Gutenberg Online befindet sich die Fassung von 1831 in einer Übersetzung von Heinz Widt- mann: http://gutenberg.spiegel.de/buch/frankenstein- oder-der-moderne-prometheus-5870/1. Stückbeginn Szene I. Küss die kalte, blasse, zyanotische Haut (Kältehalle) (Walton, dann Waldman, auf dem Tisch das Ge- schöpf, später Viktor dazu) WALTON: Hier! Professor Waldman? Ich bin hier drüben! Julia Kreusch – Robert Walton WALDMAN: Ah. Komplizierter Bau hier. Die vie- len Türen und Passwörter. WALTON: Sie haben hergefunden, das ist die Hauptsache. Die Anlage hat ihre Tücken. Wir mussten evakuieren. Ich hätte Ihnen geholfen, wenn der Kontrollraum nicht versperrt wäre. Da sind die Bildschirme, Sprech- anlagen, Herr Frankenstein hat… Ich habe nur das Signal gehört, als Sie ins Gebäude kamen. Dann hat es so lange gedauert, bis Sie hier waren, ich habe schon befürchtet…
8 Infomappe zu FRANKENSTEIN – Schauspielhaus Zürich WALDMAN: Ich bin zuerst in andere Räume am Korridor. Da liegen Menschen... WALTON: Ich kann nicht wissen, was er noch anrichtet. Ärztliches Personal, Pflege… ich bin für die Sicherheit der Leute verantwortlich, der Kapi- tän verlässt das Schiff zuletzt. Die Patientinnen und Patienten konnte ich nicht wegschicken. Wir versetzen Sie hier in Starre, Kälte, um ihnen zu helfen. Er hat sie in der Hand. Gut, Sie sind jetzt da. Er wird auf Sie hören. Er sagt, er hat bei Ihnen alles gelernt. WALDMAN: Schreckliche Sache. Er ist sehr begabt. Ist das die Leiche? WALTON: Den Mann hat er mitgebracht. Sein Geschöpf, sagt er. Eine wirre Geschichte. Frankenstein behauptet, er habe den da, der tot gewe- sen sein soll, lebendig gemacht, aber anders, als wir hier die schla- fenden Leute aus der Kälte zurückholen. Dann, sagt er, hat dieser angeblich Auferweckte Franken- steins kleinen Bruder getötet, und Frankensteins Braut Elisabeth. Da hat er den Auferweckten gejagt, ge- fangen, und dann hat er… na, er sagt: die Pausentaste gedrückt. Er sagt, töten konnte er ihn nicht, das künstliche Leben sei zu stark. Auf mich wirkt er tot, der angebliche Mörder. Keine Vitalzeichen, aber auch keine Verfallszeichen. Fran- kenstein hat ihn hergebracht, damit wir mit unseren Mitteln der Ge- schichte ein Ende machen – er sucht einen zweiten Tod für diese Leiche. Stoptaste, sagt er, statt nur Pausentaste. Inga Busch – Anna Waldman LABOR IV . ENTSTEHUNG VON SPRACHE UND BEW USSTSEIN * (**) Wie erlernt ein Kind Sprache? Wie entsteht eine neue Sprache, z.B. unter Jugendlichen? Woran lässt sich erkennen, dass jemand bewusst etwas wahrnimmt oder ei- gene Gedanken formuliert? Was braucht es, um eigene Entscheidungen fällen zu können? In letzter Zeit beschäftigen sich Forscher insbesondere in den Disziplinen der Bio- logie, Anthropologie, der Psychologie, Linguistik und Philosophie intensiviert mit der Frage, wie die menschliche Sprache entsteht und sich weiterentwickelt. Luc
9 Infomappe zu FRANKENSTEIN – Schauspielhaus Zürich Steels, Dr. Professor der Informatik und einer der Pioniere der KI-Forschung, legt seinen Experimenten zwei Hypothesen zugrunde: 1. Sprache ist ein „lebendes", komplexes und anpassungsfähiges System, das durch einen Prozess kultureller Evolution entsteht und sich entwickelt. 2. Dieser kulturelle Evolutionsprozess ist zyklisch und endlos. Über „Die Ursprünge von Sprache und Bedeutung“ von Luc Steels: https://www.wiko-berlin.de/fellows/fellowfinder/detail/2008-steels-luc/ Das Talking-Head-Experiment von Luc Steels erklärt der Autor Dietmar Dath an- schaulich in seinem Gespräch mit dem Dramaturg Andreas Karlaganis. Der Text ist im Anhang zu finden oder als Download erhältlich: „Wissen – Können – Dürfen“, erschienen im Schauspielhaus-Journal Januar 2019. Aus dem Experimentfeld der KI-Forschung der grossen Tech-Giganten (zu denen u.a. das Militär gehört) sind regelmässig auch nachdenklich stimmende Ergebnisse zu vernehmen: Das Chatbot-Experiment von Facebook: https://www.berliner- zeitung.de/digital/facebook-experiment-computer-entwickeln-eigene-sprache- 28101812, https://www.zeit.de/digital/internet/2017- 08/kuenstliche-intelligenz-sprache-lernen- facebook-chatbot/komplettansicht Das Chatbot-Experiment von Microsoft: https://de.wikipedia.org/wiki/Tay_(Bot) Die Digitalisierung beeinflusst unseren Sprachge- brauch, sobald wir mit Maschinen und KIs kom- munizieren. Den Wandel unseres Sprachgebrau- ches verfolgt Prof. Henning Lobin von der Justus- Liebig-Universität Giessen. Thomas Westphal fasst diese Beobachtungen in verständlicher Sprache zusammen: http://blog.wirtschaftsfoerderung- dortmund.de/2018-06/talking-heads-0 Edmund Telgenkämper – Viktor Frankenstein LABOR V . KÜNSTLICHE INTELLIGENZ * (**) Was macht einen Menschen und seine Intelligenz aus? Wie unterscheidet er sich von intelligenter, autonomer Technik, einer „Maschine“? Was ist Künstliche Intelligenz? Wie funktioniert maschinelles Lernen (Deep Learning)? Kann KI ein Bewusstsein haben?
10 Infomappe zu FRANKENSTEIN – Schauspielhaus Zürich Kann man Ethik programmieren? Welche Bedeutung haben Daten für die KI? Wie beeinflussen KIs unser Verhalten, unsere Sprache? Was erhoffen sich Enthusiasten und Optimisten von KI? Was wird an KI kriti- siert – und ist Angst vor KI berechtigt? Wie autonom dürfen künstliche Intelligenzen sein? Was machen wir mit unserem Leben, wenn KIs all unsere Arbeiten und Ent- scheidungen übernommen haben? Einfache und verständliche Zugänge finden sich hier: https://www.kas.de/kuenstliche-intelligenz-und-robotik, http://www.spiegel.de/netzwelt/gadgets/kuenstliche-intelligenz-turing-test- chatbots-neuronale-netzwerke-a-1126718.html#sponfakt=1 Künstliche Intelligenz in 5 Minuten erklärt: https://www.youtube.com/watch?v=3RsmRMqX2IY Künstliche Intelligenz – Sind die Maschinen bald schlauer als wir? ARTE: https://www.youtube.com/watch?v=_oHl906WypE Künstliche Intelligenz – unsere letzte Erfindung? NuoStory: https://www.youtube.com/watch?v=0Xbpb-AvISc Wie gefährlich ist künstliche Intelligenz? ARD Tagesschau: https://www.youtube.com/watch?v=i5D1jHQ-vNk Was macht uns künftig noch einzigartig? Antworten von sieben Experten in DIE ZEIT: https://www.zeit.de/2018/14/kuenstliche-intelligenz-menschen-maschine- verhaeltnis LABOR VI . PRÄGUNG UND INSPIRATIONSQUELLEN *** Welche Umstände prägen einen Menschen? Was prägt den Unhold, das Ge- schöpf? Welche moralischen und ethischen Werte werden in (d)einer Familie gelebt? In welchem Umfeld wachsen Mary Shelley und Dietmar Dath auf? Wie sieht die Welt aus, in der die Autoren leben? Wer und was beeinflusst, prägt, in- spiriert sie? Für welche Themen interessieren sie sich? Wie beeinflusst dies Mary Shelleys und Dietmar Daths Blick in die Zukunft und die Geschichten, die daraus entstehen?
11 Infomappe zu FRANKENSTEIN – Schauspielhaus Zürich Im Anhang befindet sich je ein kurzer Text „Inspirationsquellen“ zu den beiden Au- toren. Darin werden ein paar Aspekte aus deren Leben aufgegriffen, die in ihren literarischen Texten wiederzufinden sind. LABOR VII . M ENSCH ODER M ASCHINE *** Wie lässt sich erkennen, ob das Gegenüber ein Mensch oder eine Maschine ist? Mit welchen Fähigkeiten ist der Mensch der Maschine überlegen? Was passiert, wenn Maschinen die menschlichen Vorteile auch beherr- schen? Turing-Test Alan Turing entwickelte 1950 den nach ihm benannten Turing-Test, um herauszu- finden, ob die Intelligenz eines Systems mit der eines Menschen zu vergleichen ist. https://jaai.de/mensch-oder-maschine-der-turing-test-einfach-erklaert-1385/, https://de.wikipedia.org/wiki/Turing-Test Fritz Fenne – Totoschka Lovelace-Test Der Lovelace-Test erfordert, dass eine künstliche Intelligenz Kreativität beweist und originäre Leis- tungen erbringt, zu denen sie nicht programmiert wurde. http://kryten.mm.rpi.edu/lovelace.pdf Die britische Mathematikerin Ada Lovelace habe – so einige Historiker – mit ihren Notizen zu Charles Babbages Analytic Engine die Grundstrukturen für heutige Computerprogramme (Algorithmen) ange- legt. Sie wird deshalb als erste Programmiererin angesehen. Nach ihr ist die Programmiersprache Ada benannt. M etzinger-Test Zum Bestehen muss eine künstliche Intelligenz proaktiv in einer Diskussion um künstliches Bewusstsein agieren und überzeugend für ihre eigene Theorie von Be- wusstsein argumentieren. http://www.philosophie.uni- mainz.de/metzinger/publikationen/Postbiotisches_Bewusstsein.pdf
12 Infomappe zu FRANKENSTEIN – Schauspielhaus Zürich LABOR VIII . ÜBERW INDUNG DES TODES – M ENSCH UND M ASCHINE *** Welche Ziele verfolgen die Transhumanisten? Was erträumen sich die Transhumanisten von den Errungenschaften und Möglichkeiten der Digitalisierung, Technologisierung, künstlichen Intelligenz und genetischen Optimierung? An welcher ethischen Grundlage orientieren sie sich? Soll heute alles Machbare realisiert werden oder gibt es (noch) Grenzen? Worin bestehen die Vor- und Nachteile (Risiken) für die Gesellschaft? Die Digitalisierung stellt uns mit ihrer Entwicklung autonomer Systeme auch vor Herausforderungen anthropologischer Natur. Die transhumanistische Idee der Ver- schmelzung von Mensch und Maschine, die über den Ansatz der Künstlichen Intel- ligenz hinausgeht, hat Folgen für die Bestimmung dessen, was als Menschsein wahrgenommen wird. Die wichtigsten Technologien des Transhumanismus sind: 1.) Gentechnik, Stammzellentherapie 2.) Prothetik (Robotik) 3.) Neuronale Implantate, künstliche Intelligenz (Neurobiologie, Nanotechnologie, Computertechnologie) 4.) Upload (Computertechnologie) 5.) Kryonik Zugänge: https://transhumanismus.wordpress.com/auf-dem-weg-zum-transhumanismus/ https://www.sueddeutsche.de/wissen/2.220/verbesserte-menschen-die-vielleicht- gefaehrlichste-idee-der-welt-1.1691220 https://www.heise.de/tp/features/Cyborgs-Katastrophen-und-Visionen- 3441983.html?view=print http://www.spiegel.tv/videos/145714-der-mensch-20 http://www.spektrum.de/alias/pdf/sdw-06-01-s101-pdf/833247?file https://de.wikipedia.org/wiki/Kryonik
13 Infomappe zu FRANKENSTEIN – Schauspielhaus Zürich LABOR IX . ETHISCHE UND M ORALISCHE ARGUM ENTATIONEN – W ER- TE UND VERANTW ORTUNG IM W AN DEL *** GESCHÖPF: Ich war gütig und gut. Nur das Elend liess mich böse werden. Ich war gutartig. Mein Herz glühte vor Liebe und Menschlichkeit. Aber bin ich nicht einsam, entsetzlich einsam? Welche Werte sind dir persönlich wichtig? Welche Lebensumstände lassen Menschen moralisch verwerflich handeln? Warum verlieren moralische Werte heute ihre Bedeutung? In unserer Welt des wissenschaftlichen Auf- schwungs, des Machbarkeitsglaubens und des Op- timierungsstrebens durchlaufen die Bedeutungen Lena Schwarz – Elisabeth Lavenza von Gottesfurcht, moralischen und ethischen Wer- ten einen Wandel und müssen neu überdacht wer- den. „Kennzeichen von Ethik ist es, sich in Verantwor- tung verschiedenen Instanzen gegenüber verpflich- tet zu wissen, den Instanzen des Selbst, der Welt sowie den Voraussetzungen von Selbst und Welt. Zu dieser Verantwortung des Menschen gehört auch die Technik. ... Sie kann ein sinnvolles Hilfsmittel sein, sie kann aber auch missbraucht werden. ... Indem ethische Gestaltung selbst nur noch nach technischen Massstäben erfolgt, ohne den Blick auf die Dienlichkeit des Lebens aufrecht zu erhalten, hat sie ihr Eigenrecht verspielt. ... Jetzt steht Auto- nomie nicht mehr für Selbstgesetzgebung, sondern allein für die Steuerung eines Prinzips der Machbar- keit.“1 Was verstehst du unter gut und böse? Welche Gefahren zeigen sich, wenn der Mensch in die göttliche Schöpfung eingreift? Welches sind die schlimmsten Befürchtungen, wenn der Mensch seine Schöpfungen nicht mehr unter Kontrolle hat? Was passiert, wenn ohne vorausschauendes Denken (Prometheus bedeutet „der Vorausdenkende") gehandelt wird? 1 Quelle: Ethische Überlegungen zum Begriff der Autonomie angesichts der Entwicklung autonomer Systeme: https://www.kas.de/analysen-und-argumente/detail/- /content/zwischen-system-und-verantwortung
14 Infomappe zu FRANKENSTEIN – Schauspielhaus Zürich Was passiert, wenn unreflektierter Wissensdrang ohne moralische Bedenken einfach ausgelebt wird? Welche Verantwortung geben wir Menschen in Zukunft den Maschinen ab? Was soll in der Forschung in Zukunft erlaubt sein? Welche moralischen und ethischen Werte sollen berücksichtigt werden? Welche ethischen Regeln werden diskutiert, um Richtlinien für die Weiter- entwicklung von KIs und Transhumanen Wesen zu entwickeln? Zugänge: Brauchen wir eine gesellschaftliche Ethik-Debatte?: https://www.kas.de/kurzum/detail/-/content/kunstliche-intelligenz Robotergesetze: https://de.wikipedia.org/wiki/Robotergesetze Roboterethik: https://de.wikipedia.org/wiki/Roboterethik LABOR X . W IEDERHOLUNGEN UND ÜBERLAGERUNGEN ** Im Theaterstück werden einige Schlüsselszenen des Romans aufgegriffen, u.a. auch die Begegnung zwischen Frankenstein und dem Geschöpf/Unhold im Gebir- ge. Welche Kernaussagen behalten auch in Dietmar Daths Adaption ihre Bedeu- tung vor dem Hintergrund des aktuellen Forschungsstandes? Welche neuen Deutungen macht Dath mit seinem Blick in die Zukunft? Wie überlagern sich Roman- und Theatertext? Mit welchen Mitteln inszeniert Stefan Pucher die Thematik von sich wieder- holenden und überlagernden Erinnerungen und Erfahrungen? LABOR XI . GENRE DES SCIENCE-FICTION *** Mary Shelley erfindet im «Jahr ohne Sommer»2 am Genfersee die Geschichte von Dr. Frankenstein und seinem namenlosen Geschöpf – und begründet damit das Genre des Science-Fiction. 2 1816 ist das „Jahr ohne Sommer“. Die Natur ist nach dem Ausbruch des Vulkans Tambo- ra in Indonesien ein Jahr zuvor völlig aus den Fugen. Das durch die Eruption ausgeworfene Material bewirkt globale Klimaveränderungen. Es kommt zu schweren Unwettern und in
15 Infomappe zu FRANKENSTEIN – Schauspielhaus Zürich „Science-Fiction ... – wenn sie gelungen ist – ... fördert Strukturen unserer Gegen- wart zutage, indem sie das Jetzt ins Morgen oder in eine andere Welt hinüberzieht. ... Das Interessante ist immer: Was passiert eigentlich mit unserer Form des Zu- sammenlebens – Science-Fiction ist eine Gesellschaftsgattung – wenn eine funda- mentale Neuerung eintrifft? Wie formiert sich dann Gesellschaft neu, wie definiert sie ihre Ethik neu, wie definiert sie ihr Wirtschaftsleben? Wie geht sie um mit Un- gleichheit in gesellschaftlichen, politischen Konstellationen? Was verändert sich da überhaupt? ... Science-Fiction hat durchaus ein Erkenntnisinteresse.“3 Die Phantastik, zu der Science-Fiction als Subgenre gehört, wird nicht zu den drei Gattungen der Literatur – der Epik, der Dramatik und der Lyrik – gezählt. Sie steht als schwer zu definierendes Genre etwas abseits, obwohl die Regallaufmeter in Buchläden permanent wachsen. Sie gilt in dem Zusammenhang als Oberbegriff für alles, was abgehoben, unrealistisch, unglaublich, versponnen, grotesk, absurd, unheimlich und wunderbar ist. Der Science-Fiction-Autor Dietmar Dath sagt über seine Texte: „Ich schreibe Texte, die nicht davon handeln, wie es ist, sondern davon, wie es sein sollte, wie es hof- fentlich nicht sein wird oder wie es ganz neutral sein könnte. Und das sind nun mal spekulative oder phantastische Texte.“ Welches sind die Merkmale der Phantastik-Subgenres der Mythologie (Sa- gen, Märchen), Schauer- (Gothic Novels, Gothic Fiction), Fantasy-, Horror- und Science-Fiction-Literatur? Wodurch grenzen sich die Genres voneinander ab? Welches sind gemeinsame Merkmale dieser Genres? Warum haben diese literarischen Genres einen schweren Stand neben den drei Gattungen der Literatur? Zugänge: https://de.wikipedia.org/wiki/Phantastik, https://de.wikipedia.org/wiki/Portal:Phantastik https://de.wikipedia.org/wiki/Schauerliteratur https://de.wikipedia.org/wiki/Horrorliteratur https://de.wikipedia.org/wiki/Fantasy https://de.wikipedia.org/wiki/Science-Fiction https://by-arp.de/liste-aller-genres-und-subgenres/ Folge von niedrigen Temperaturen zu katastrophalen Missernten, die schliesslich zur schlimmsten Hungersnot des 19. Jahrhunderts führt. https://www.nzz.ch/schweiz/frankenstein-und-vampir-ausgeburten-eines-klimawandels- ld.87113 3 Zitat von Philipp Theisohn, Professor für deutsche Literaturwissenschaft, Universität Zü- rich. Aus dem Interview-Transkript, August 2018, Strauhof.
16 Infomappe zu FRANKENSTEIN – Schauspielhaus Zürich ANHÄNGE Adaption von Dietmar Dath, mit fachspezifischem Vokabular aus dem Stück Dietmar Dath, Inspirationsquelle Romanvorlage von Mary Shelley Mary Shelley, Kurzbiografie und Inspirationsquelle Literatur Filme Wollen – Können – Dürfen: Andreas Karlaganis im Gespräch mit Dietmar Dath, SHZ-Journal Januar 2019, mit Kurzbiografie Erklär-Leporello zu Frankenstein, SHZ
17 Infomappe zu FRANKENSTEIN – Schauspielhaus Zürich ADAPTION VON DIETMAR DATH In seiner „Überschreibung“ von Mary Shelleys Roman geht der Science-Fiction- Autor Dietmar Dath vom aktuellen Stand der Forschung und deren möglichen Ent- wicklung aus. Sein „Frankenstein“ in zehn Szenen beschäftigt sich u.a. mit Fragen nach der Entstehung des Lebens, von Sprache und Bewusstsein, der Reproduktion des Menschen und der Überwindung des Todes sowie ethischen und moralischen Argumentationen, an welchen sich die Forschung in Zukunft orientieren könnte. Der Literaturprofessor Philipp Theisohn hat Dietmar Dath in der Frankenstein- Ausstellung im Strauhof Zürich gefragt, was das Besondere an seiner Fassung ist. Seine Antworten kurz vor der Premiere: https://www.instagram.com/p/BsTK6vWinrc/ FACHSPEZIFISCHES VOKABULAR AUS DEM STÜCK * Dietmar Daths Stück enthält eine Vielzahl von Fachbegriffen, die den Schüler/innen allenfalls nicht geläufig sind. Als Vorbereitung eignet sich die Beschäftigung damit. Was bedeuten die Wörter? Aus welchem Forschungsbereich stammen sie? Chromatograph Clustered Regularly Interspaced Short Palindromic Repeats Elution Endozytose Hirnparenchymsonden hydrophil, hydrophob Hypothermie Intersubjektiv Genom Mikrosphären, Mikrosphärenarchitektur, Mikrosphärenschwarm, thermoresponsive Mik- rosphären, magnetische Polymermikrosphären Nekrose Organophosphor Oxyhämoglobingehalt Peptidsample Perfluorcarbon Polymerschale Pulmonalarterie Rastertunnelmikroskop Spiegelfechterei Spinales Trauma Subarachnoidalblutung Subroutine Tympanon Ventrikeldrainage
18 Infomappe zu FRANKENSTEIN – Schauspielhaus Zürich DIETMAR DATH KURZBIOGRAFIE Eine Kurzbiografie ist im Anhang SHZ-Journal Januar 2019 zu finden. Zugänge: https://de.wikipedia.org/wiki/Dietmar_Dath https://www.faz.net/redaktion/dietmar-dath-12931511.html INSPIRATIONSQUELLEN Dietmar Dath hat Physik und Literaturwissenschaften studiert. Als freier Autor verfasst Dietmar Dath Romane und Theaterstücke, die von „Dar- win, Marx, Fantasy, Heavy Metal, Zombies und Gentechnik“ handeln, sowie Es- says und Sachbücher, die sich mit Wissenschaft, neuen Technologien, Politik, So- ziologie und Sozialismus befassen. In Bezug zur Frankenstein-Adaption sei hier der Roman „Die Abschaffung der Ar- ten“ erwähnt, der 2008 auf der Shortlist des Deutschen Buchpreis war. Er spielt in einer Welt, in der das transhumanistische Projekt verwirklicht wurde, indem ein Teil der Menschheit sich durch gesteuerte Evolution in die „Gente“ verwandelt hat. Sie sind eine Art umfassendes, auf den heute bekannten Tieren beruhendes Ge- schlecht, welches zur Informationsübermittlung auf ein Duftstoffnetz zurückgreift. Im Gespräch4 mit dem Dramaturgen Andreas Karlaganis unterhält sich Dath über Science-Fiction, künstliche Intelligenz und wichtige Aspekte seiner Adaption. Darin zeigt sich auch seine kommunistisch-marxistische Haltung: Er steht ein für die „Beseitigung des kapitalistischen Systems“ und erhofft sich danach „ein System der gemeinschaftlichen, arbeitsteiligen, demokratischen Produktion auf dem Stand der höchstentwickelten Technik“. Dath vertritt zudem die These, dass sozialer Fortschritt von der Beseitigung von Herrschaft abhänge. 4 Siehe Anhang, Gespräch veröffentlicht im SHZ-Journal Januar 2019.
19 Infomappe zu FRANKENSTEIN – Schauspielhaus Zürich ROMANVORLAGE VON MARY SHELLEY „If I cannot inspire love, I will cause fear“, ruft das gedemütigte namenlose Mon- ster in Mary Shelleys „gothic novel“. Die 1818 erst 19-jährige Autorin findet in „Frankenstein oder Der moderne Prometheus“ kraftvolle Bilder für den grössten menschlichen Tabubruch: Der Naturwissenschaftler Victor Frankenstein verschiebt eigenmächtig die Grenze zwischen Leben und Tod, indem er aus Leichenteilen ein neuartiges Wesen montiert und mit einem Stromstoss zum Leben erweckt. Er will ein „Licht über die finstere Welt giessen“, dem Menschen einen guten Gefährten schaffen und die Sterblichkeit überlisten. Die Kreatur soll lernen, lesen, sogar lie- ben. Doch die Schöpfung misslingt und wird zur Bedrohung für ihren Schöpfer. Frankenstein kann seiner Kreatur weder entfliehen, noch sich vor ihren Ansprü- chen schützen, denn das Wesen lernt tatsächlich blitzschnell. Es will geliebt wer- den und fordert ein weibliches Pendant. Auf die Ablehnung seiner Person und sei- ner Wünsche reagiert es bösartig und begeht einen ersten Mord. Frankensteins Bruder, seine Braut, sein bester Freund, sein Vater, alle kommen schliesslich durch die Gewalt des Monsters ums Leben. Viel zu spät geht Victor Frankenstein auf die Jagd und verfolgt sein Geschöpf bis zum Nordpol – wo es in der eisigen Nacht verschwindet.5 5 https://www.schauspielhaus.ch/uploads/media/default/0001/07/SHZ_Saison_2018_19.pdf
20 Infomappe zu FRANKENSTEIN – Schauspielhaus Zürich MARY SHELLEY KURZBIOGRAFIE Mary Shelley, 1797 in London geboren, stammt aus einer Familie streitbarer Ge- nies: Ihre Mutter Mary Wollstonecraft ist eine bekannte Frauenrechtlerin, ihr Vater William Godwin ein einflussreicher Autor, ein von den Ideen der französischen Re- volution inspirierter Gesellschaftskritiker. Mit zehn Jahren schreibt Mary ihre ersten Geschichten. Mit 16 brennt sie mit dem Genie-Dichter Percy Shelley durch und begibt sich mit ihm auf eine Reise durch Europa. Bei ihrer Rückkehr bekommt sie mit 17 ihr erstes Kind, eine Frühgeburt, es stirbt nach wenigen Wochen. Während der ersten zwei Jahre ist das unverheira- tete Paar wegen seiner damals unkonventionellen Lebensweise, heute vergleichbar mit Patchwork-Familien, einer gesellschaftlichen Ächtung ausgesetzt. Ihr zweites Kind William kommt im Januar 1816 zur Welt. Schliesslich heiratet sie 1816 Percy Shelley, nachdem seine erste Frau Harriet Selbstmord beging. Das junge Paar reist an den Genfersee, um dort den Dichter Lord Byron6, Byrons Leibarzt John Polidori7 und Marys Stiefschwester Claire Clair- mont zu treffen, alles Geistesgrössen ihrer Zeit. Mary Shelley beschreibt im Roman-Vorwort den Sommer 1816 («Jahr ohne Som- mer») so: „Ein feuchter, unfreundlicher Sommer fesselte uns viel ans Haus. Da fielen uns gelegentlich einige Bände deutscher Gespenstergeschichten in die Hän- de. «Wir wollen alle eine Gespenstergeschichte schreiben« schlug da Lord Byron vor, und alle stimmten wir diesem Vorschlage bei. (...) Ich selbst gab mir Mühe, eine Geschichte zu erdenken, die es mit den von uns gelesenen aufnehmen könne. Eine Geschichte, die das tiefste Entsetzen im Leser hervorrufen, das Blut stocken und das Herz heftiger klopfen lassen sollte. (...) Oft und lange diskutierten Lord Byron und Percy Shelley, während ich als bescheidene aber aufmerksame Zuhöre- rin dabeisass. Eine der philosophischen Hauptfragen, die diskutiert wurden, war die nach dem Ursprünge des Lebens und ob es je möglich sei, ihm auf den Grund zu kommen.“ Im Ersterscheinungsjahr 1818 ihres Romanes lässt sich das junge Ehepaar für län- gere Zeit in Italien nieder und Mary bringt ihre Tochter Clara zur Welt. Sie verliert jedoch ihre beiden ersten Kinder kurz nacheinander und versinkt darauf in einer Depression. Mit 22 bringt sie den Sohn Percy William zur Welt. Mit 24 ertrinkt ihr Mann Percy Shelley während einer Segeltour im Golf von La Spezia. Ein Jahr spä- ter kehrt Mary Shelley mit ihrem dritten und einzigen überlebenden Kind Florence nach England zurück, wo sie erfolgreich ihre Karriere als Schriftstellerin fortsetzt. 6 Anm.: Lord Byron ist der Vater von Ada Lovelace. Siehe Lovelace-Test im Labor VII – Mensch oder Maschine. 7 Anm.: John Polidori gilt als Erfinder des modernen Vampirromans. Sein Roman „The Vampyre“ wird erstmals 1819 als Lord Byrons Werk veröffentlicht. Polidori begeht 25-jährig Suizid.
21 Infomappe zu FRANKENSTEIN – Schauspielhaus Zürich Mary Shelleys letztes Lebensjahrzehnt ist von Krankheiten gezeichnet. Sie stirbt 1851 im Alter von 53 Jahren vermutlich an einem Gehirntumor.8 INSPIRATIONSQUELLEN Beeinflusst durch ihre familiäre Herkunft vertritt Mary Shelley bis an ihr Lebens- ende radikale politische Ideen und setzt sich für die Gleichberechtigung der Frau- en ein. In ihren Arbeiten findet sich häufig die Ansicht, dass eine gesellschaftli- che Reform durch ein kooperatives und verständnisvolles Verhalten seitens der Frauen angestossen werden könne. In ihrem Leben ist sie immer wieder direkt mit dem Tod konfrontiert: Familienan- gehörige, Freund/innen und Bekannte begehen Selbstmord, verunfallen tödlich oder scheiden viel zu früh aus dem Leben. Die Auseinandersetzung mit dem Tod und im Gegensatz dazu der Beginn des Lebens prägt bereits ihren ersten Roman. In einer belesenen Familie aufgewachsen, war sie auch vertraut mit der griechi- schen Mythologie. Für Frankenstein hat sie die Sage von Prometheus aufgegriffen. Marys Ehemann Percy Shelley ist als Schüler häufig beim schottischen Arzt James Lind, der sich im Gefolge von Luigi Galvani mit „Froschschenkel-Experimenten“ beschäftigt – wie auch viele andere Anfangs des 19. Jahrhunderts. Vorausgegan- gen ist bereits im Jahr 1800 die Erfindung der weltweit ersten elektrischen Batte- rie, das Zeitalter der Elektrizität hat begonnen. Mit der Apparatur des italienischen Physikers Alessandro Voltas, die etwa einen halben Meter hoch ist, können Span- nungen bis zu 100 Volt erzeugt werden, was völlig ausreicht, um damit an toten Tierkörpern ebenso wie an menschlichen Leichen Muskelbewegungen auszulösen. Mary ist ebenso fasziniert von der Naturphilosophie, von Erasmus Darwin9, der angeblich mit toter Materie experimentiert, von Elektrizität und Galvanismus und der Möglichkeit, künstliches Leben zu erschaffen. Die Elektrizität spielt angesichts ihrer Entdeckung zu Anfang des 19. Jahrhunderts schliesslich eine zentrale Rolle im Marys Roman, wo sie als Instrument der Wiederbelebung genutzt wird. Inspiriert durch den aufklärerischen Forschungsdrang ihrer Zeit (sie stellt den Menschen als das dar, was er sein kann, wenn er keinen Gott mehr hat) und Blit- zen als schöpferische wie zerstörerische Energie setzt sich Shelley mit ihrer Zeit auseinander, die sich im wissenschaftlichen Umbruch befindet und deren Konflikte bis in die Gegenwart strahlen: der unreflektierte Fortschrittsglaube, die Entfrem- dung zwischen Mensch und Kreatur und die Überwindung des Todes. Sie lässt all diese Themen in ihre Gruselgeschichte einfliessen. Nachdem die Sommer- Gesellschaft am Genfersee dem schlechten Wetter entflieht und auseinander geht, formt sie ihre Ideen zum Roman über „Frankenstein“, den sie schliesslich 1818 herausgibt, zuerst allerdings anonym. 1831 erscheint eine überarbeitete Fassung. 8 Quellen: https://www.nzz.ch/articleENOGA-1.77674, https://de.wikipedia.org/wiki/Frankenstein_(Roman), https://de.wikipedia.org/wiki/Mary_Shelley 9 Anm.: Charles Darwins Grossvater
22 Infomappe zu FRANKENSTEIN – Schauspielhaus Zürich PROMETHEUS Prometheús (griechisch) bedeutet „der Vorausdenkende“, „der Vorbedenker“ und ist eine Gestalt der griechischen Mythologie. Die Prometheussage gehört zu den bekann- testen literarischen Stoffen. Prometheus gehört dem Göttergeschlecht der Titanen an. Wie alle Wesen ist er der Herrschaft des Göttervaters Zeus unterworfen. Bei einem Tieropfer greift er zu einer List, um Zeus zu täuschen; er überlässt ihm nur die wertlosen Teile des Opfertiers und behält das geniessbare Fleisch für die Menschen, da sie seine Schützlinge sind. Zur Strafe dafür verweigert der erzürnte Zeus den Sterblichen den Besitz des Feuers. Darauf entwendet Prometheus den Göttern das Feuer und bringt es den Menschen. Deswegen wird er auf Befehl des Göttervaters gefesselt und in der Einöde des Kaukasusgebirges festgeschmiedet. Dort sucht ihn regelmässig ein Adler auf und frisst von seiner Leber, die sich danach stets erneuert. Erst nach langer Zeit erlöst der Held Herakles den Titanen von dieser Qual, indem er den Adler mit einem Pfeil erlegt. Schliesslich wird Prometheus von Zeus begnadigt und erlangt seine Freiheit zurück. Als Feuerbringer und Lehrmeister ist Prometheus der Urheber der menschlichen Zivilisation. Einer Variante des Mythos zufolge hat er als Demiurg die ersten Men- schen aus Lehm gestaltet und mit Eigenschaften ausgestattet. Dabei kam es aller- dings zu Fehlern, deren Folgen Unzulänglichkeiten sind, unter denen die Mensch- heit seither leidet. Für diese Mängel wird in der mythischen Überlieferung auch ein am Schöpfungswerk beteiligter Bruder des Prometheus, der unkluge „Nachherbe- denker“ Epimetheus, verantwortlich gemacht. Grosses Unheil verursacht Epime- theus, indem er sich gegen den Rat seines voraussichtigen Bruders auf die von Zeus entsandte Verführerin Pandora einlässt. In der ältesten antiken Überlieferung bei Hesiod ist Prometheus ein listiger und hochmütiger Betrüger, der zu Recht für seinen Frevel bestraft wird. Ein sehr vor- teilhaftes Bild des Titanen zeichnet hingegen die dem Dichter Aischylos zuge- schriebene Tragödie „Der gefesselte Prometheus“. Der Dramatiker verherrlicht Prometheus als Wohltäter der Menschheit und Gegenspieler des tyrannischen Zeus. Aus religionskritischer Sicht ist Prometheus das Urbild des mutigen Rebellen, der die Befreiung von Unwissenheit und religiös fundierter Unterdrückung einleitet. In der Moderne steht er als Symbolfigur für den wissenschaftlichen und technischen Fortschritt und die zunehmende Herrschaft des Menschen über die Natur. Daher wird er je nach geschichtsphilosophischem Standort unterschiedlich beurteilt: Für Fortschrittsoptimisten stellt er eine Allegorie der sich emanzipierenden Menschheit dar; Zivilisationskritiker hingegen halten den „prometheischen“ Impuls für zwiespäl- tig oder fragwürdig und problematisieren den Drang des Menschen zu möglichst schrankenloser, gottähnlicher Macht.10 10 Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Prometheus
23 Infomappe zu FRANKENSTEIN – Schauspielhaus Zürich LITERATUR Mary Wollstonecraft Shelley: Frankenstein oder Der moderne Prometheus. Fassung von 1831, übersetzt von Heinz Widtmann, Fischer Taschenbuch, Frankfurt am Main 2009, ISBN 978-3-596-90187-6. Oder auf http://gutenberg.spiegel.de/buch/frankenstein-oder-der-moderne-prometheus- 5870/1. Urfassung von 1818, übersetzt und in neuer Überarbeitung herausgegeben von Alexander Pechmann, mit einem Nachwort von Georg Klein, Manesse Verlag, München 2017, ISBN 978-3-7175-2370-3. Ungekürzte originalsprachliche (englische) Ausgabe von 1831 mit Nachwort des Herausgebers Andreas Gaile. Reclam Verlag, Ditzingen 2013, ISBN 978-3-15- 019838-4. Barbara Sichtermann: Mary Shelley. Leben und Leidenschaften der Schöpferin des Frankenstein. Romanbiografie, Herder Verlag, 2017, ISBN-10: 345180879X, ISBN- 13: 9783451808791. Alexander Pechmann: Mary Shelley - Leben und Werk, Biographie. Patmos Verlag, Artemis & Winkler, Düsseldorf 2006, ISBN 3-538-07239-6. Yuval Noah Harari: Homo Deus, Eine Geschichte von Morgen. C. H. Beck Verlag, München 2018, ISBN 978-3-406-72786-3. Stephen Cave: Unsterblich. Die Sehnsucht nach dem ewigen Leben als Triebkraft unserer Zivilisation. S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2012, ISBN 978-3-10- 010235-5. FILME Frankenstein: Erste Stummfilmadaption, Regie James Searle Dawley, 1910, 13 Min. Frankenstein: Erste Tonverfilmung, Regie James Whale, 1931, 71 Min, FSK 16. Ex Machina: Spielfilm, Regie Alex Garland, 2015, 108 Min, FSK 12. Westworld: Spielfilm, Regie Michael Crichton, 1973, 89 Min. Science-Fiction-Serie, Produzenten: Athena Wickham, Bryan Burk und Jerry Weintraub, aktuell 2 Staffeln seit 2016. FSK 16.
Mary Shelley, 1831 Artist: Stump, Samuel John (1778–1863). (Photo by Fine Art Images/Heritage Images/Getty Images) Wissen – Können – Dürfen Mit ihrer aufsehenerregenden Aktualisierung von Ibsens „Ein Volksfeind“ wurden Stefan Pucher und Dietmar Dath zum Berliner Theatertreffen eingeladen. Zum 200-jährigen Geburtstag des Romans „Frankenstein“ erarbeitet das Team eine Bühnenadaption dieses romantischen Stoffs. Ein Gespräch des Dramaturgen Andreas Karlaganis mit dem Autor und Journalisten Dietmar Dath über Science Fiction, künstliche Intelligenz und darüber, wie alles mit Mary Shelleys „Frankenstein“ begann. 14
„Nature, to be commanded, must be obeyed.“ Francis Bacon Andreas Karlaganis: Mary Shelley Shelley uns gibt, finde ich nicht so komischen Vorstellung der „Herr- verfasste „Frankenstein“ im Alter von wichtig wie die Frage, die sie auf- schaft über die Natur“. Und die ist 19 Jahren am Genfersee. Du deutest wirft, weil sich die Frage als vitaler eigentlich falsch. Wenn jemand den Roman als Gründungstext der erwiesen hat als die Antwort. sagt: „Hol mir das und das“, ist das Science-Fiction-Literatur. Warum? Antworten gibt es in der Science Herrschaft. Ein Wille wird einem Dietmar Dath: Shelley erfand die Fiction verschiedene. Huxley sagt: anderen Willen aufgezwungen. Aber moderne Fantastik. Im Vorwort zur zu viel Technik macht den Tod wenn ich eine Mühle baue, die überarbeiteten Ausgabe von 1831 kaputt und der ist doch so wertvoll. mit Wasser läuft, zwinge ich das erklärt sie, dass es weder eine Umgekehrt gibt es technokratische Rad nicht, sich zu drehen, oder das Gespenstergeschichte noch ein Geschichten, zum Beispiel viele von Wasser, darüberzulaufen. Das Märchen ist. Man redet heute von H. G. Wells. An dem Buch von geschieht, weil die Naturgesetze so drei Genres in der modernen Shelley ist toll, dass die Frage des sind. Die Vorstellung, „Ich habe Fantastik: Science Fiction, Fantasy Verhältnisses von Wissen, Können Herrschaft über die Natur, indem ich und übernatürlicher Horror. Wenn und Dürfen noch roh drinsteht. Und eine Mühle baue“, ist eigentlich Shelley sagt, es ist kein übernatür- dass ich sie auf die Gegenwart Quatsch. Im Stück geht es mir um licher Horror (keine Gespenster- übertrage, heisst nur, man kann sie die Zweideutigkeit des emanzipa- geschichte) und keine Fantasy (kein mit unserem heutigen Apparat torischen Verhältnisses von Wissen- Märchen), ist es Science Fiction. genauso „red in tooth and claw“, so schaft und Technik gegenüber dem Zur Zeit Shelleys hatten die Kunst- blutig, wie man sie damals gestellt Sozialen. Francis Bacon sagte: schaffenden die alten Kunstzwecke hat, noch mal stellen. „Nature, to be commanded, must be verloren: Kunst verherrlichte bis obeyed.“ Das Geschöpf, das im zur Revolution der BürgerInnen AK: Wie geht der Wissenschaftler Stück durch die Wissenschaft entweder das Herrscherhaus oder Frankenstein bei dir konkret vor? entsteht, ist eigentlich nicht dem die Religion – also die Stände- DD: Er arbeitet an einem Geschöpf, Menschen untergeordnet. Doktor ordnung oder Gott. Auf einmal indem er Denkspuren, Sprache Frankenstein merkt, dass etwas malten KünstlerInnen nicht mehr von zwei Leuten ins Hirn des toten nicht stimmt. Doch er kann sich für den Abt das Gemälde mit Jesu Wesens, bei dem das Selbst- nicht anders ausdrücken, weil er die Grablegung und auch nicht mehr gespräch aufgehört hat, einspeist. Sozialverhältnisse nur als Über- und das Porträt für den König – sondern Am Leben interessiert mich das Unterordnung kennt. Der Begriff der alles für den Markt. Die Kunst stand Bewusstsein; Frankenstein hat ja Herrschaft greift nicht. Was dann? vor der Frage, wozu sie gut ist. keinen Frosch elektrisiert, er wollte Der Begriff, der sich an dessen Eine Möglichkeit war, sich mit dem etwas, das weiss, dass es lebt. Stelle setzt, ist der des Stoff- Verhältnis von Wissen, Können und Dieses Wissen ist nur als Gespalten- wechsels oder Austauschs mit der Dürfen auseinanderzusetzen. So sein zu haben, als Dialog. Natur. Wenn wir einen Sonnen- entstand die Science Fiction. Die kollektor bauen, bedeutet das nicht, Wörter Utopie und Dystopie mag ich AK: Die Idee von Frankenstein ist, das dass wir die Sonne beherrschen, in diesem Zusammenhang nicht, Gott-Mensch-Verhältnis abzuschaffen. sondern wir machen einen Aus- weil sie Science Fiction auf Angst- Dennoch steht er in einem hierarchi- tausch von Energieformen. Das affekte und Hoffnungen reduzieren. schen Verhältnis zu seinem Geschöpf. Stück beschreibt Technik als ein Es geht weniger darum, gleich eine DD: Unser Eingreifen in die Natur Kommunikationsmittel für den Antwort zu erhalten, sondern die durch Wissenschaft und Technik Austausch und nicht als reines Herr- Frage, wie sich Wissen, Können und entstand im Absolutismus mit schaftsinstrument über die Natur. Dürfen zueinander verhalten, ist an Galileo Galilei und anderen. Wir Die Diskussion über Gentechnik, sich interessant. Die Antwort, die agieren bis heute mit dieser Informationsgesellschaft und Klima- 15
Dietmar Dath studierte Literaturwissenschaft und Physik, war verantwortlicher Redakteur des Magazins spex und schreibt im Feuilleton der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Zuletzt erschienen die 100-Seiten-Essays „Karl Marx“ und „Superhelden“ beim Reclam Verlag sowie zahlreiche Science-Fiction-Romane, zuletzt „Der Schnitt durch die Sonne“ (Suhrkamp). Foto: Hanke Wilsmann wandel, die wir heute führen, Behauptung, die ich darin mit ver- und die Konstellation zwischen den steckt da drin. Frankenstein ist stecke, ist die, dass Bewusstsein beiden in sich aufnimmt – und der Bürger, der die Wissenschaft für eine künstliche Intelligenz, wenn dadurch wird er erst wirklich der entdeckt. Die bürgerliche Klasse es jemals dazu kommen sollte, Rechner A, weil er dann erst ist nicht weit genug gegangen. schneller zum Problem wird als für kapiert, wo er, wo der andere und Sie bleibt im Herrschaftsbild. einen Menschen. Das ist auch in wo die Aussenwelt ist. Genauso allen Geschichten, die wir darüber macht es der Rechner B. Und jetzt AK: Bei Shelley besteht das Geschöpf erzählen, so. Wir können offenbar kannst du einen Rechner C haben, aus vielen Leichenteilen. keine KI-Geschichte erzählen, in der der dann wieder die beiden nimmt DD: Es wird zu einer Persönlichkeit, das Geschöpf oder der Roboter und so weiter. Die These ist: der lebend in einem Körper aus vielen nicht fragt: Wer bin ich? Was wollt Schöpfungsakt hört nicht auf. Wann Stücken. Bei mir ist das Geschöpf ihr von mir? Hast du mich gemacht? ist die russische Revolution? Nicht ein Hybrid, zusammengesetzt aus beim Sturm auf den Winterpalast, vielen Persönlichkeiten, lebend in AK: Du greifst in deiner Bearbeitung sondern diese Revolution dauert bis einem unversehrten Körper. Luc Steels’ Methode zur Entwicklung 1989. Alles ist russische Revolution von künstlicher Intelligenz von bis zur Konterrevolution. Und wir AK: Warum hat Frankenstein ein Robotern auf, die in der Interaktion hier leben eigentlich noch in der Problem mit seinem Geschöpf? eine eigene Sprache ausbilden. französischen Revolution. Man kann DD: Es ist der Selbsthass Franken- DD: Ich will auf eine Kettenreaktion den Stopp-Punkt nicht benennen. steins. Man findet bei Shelley das hinaus. Der Trick von Luc Steels ist, Man kann nur sagen, wo es anfängt. Thema der Gottesebenbildlichkeit. dass der Rechner A den Rechner B Was wäre, wenn der Gott sich selbst nicht leiden kann? Franken- stein rechtfertigt den Hass auf das Geschöpf mit dem Mord des Frankenstein Geschöpfs an seinen Familien- von Dietmar Dath, inspiriert von Mary Shelley / Regie Stefan Pucher mitgliedern. Ich wollte aber zeigen, Uraufführung dass Frankenstein das Geschöpf Mit Inga Busch, Fritz Fenne, Robert Hunger-Bühler, Julia Kreusch, sofort als hässlich beschreibt, Lena Schwarz, Edmund Telgenkämper obwohl es noch gar nichts getan hat. Premiere 10. Januar, Pfauen AK: Wie entwickelt das Geschöpf menschliche Züge? Backstage-Pass für Studios und ProjektleiterInnen aus den Bereichen DD: Es hat Identitäten in sich, die Gamedesign, virtuelle Realität und digitale Stadtentwicklung 14. Januar, 18:00, Pfauen zusammen ein Bewusstsein ergeben. Theater im Gespräch zu „Frankenstein“ & „44 Harmonies from Doch zum Bewusstsein gehört Apartment House 1776“ immer ein Bruch. Zwei widerstrei- 18. Januar, 19:00–20:30, Treffpunkt Schiffbau/Foyer tende Motive sind in mir, dann Early Birds „Schöpfung II – Frankensteins Schöpfung“ muss ich darüber nachdenken. Die 22. Februar, 9:00–11:00, Treffpunkt Schiffbau/Foyer 16
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