Die psychischen Folgen von COVID-19 (Post-COVID) Gesundheitskonferenz am 06.10.2021 - PD Dr. med. Kristina Adorjan, Klinik für Psychiatrie und ...
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Die psychischen Folgen von COVID-19 (Post-COVID) Gesundheitskonferenz am 06.10.2021 PD Dr. med. Kristina Adorjan, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, LMU Klinikum
Übersicht 1. Psychische Folgen von COVID-19 (Post-COVID) 2. Auswirkungen der COVID-19-Pandemie auf die Versorgungssituation in psychiatrischen Kliniken in Deutschland – Versorgung von Patienten mit einem schweren Post-COVID-Syndrom 2
1. Post-COVID Unklares aber Aktuelle Problemstellung komplexes Krankheitsbild Fehlen von ganzheitlichen Relevantes Versorgungs- Gesundheitsproblem strukturen und • Genaue Zahl der Betroffenen unbekannt Therapieformen Folgen • Schätzungen gehen von etwa 65.000 Betroffenen in Bayern aus Beeinträchtigungen im Alltag • Krankheitsschwere sehr unterschiedlich Verminderte soziale Teilhabe Vermehrte Arbeitsausfälle • Langwierige und schwere Arbeitsunfähigkeit Krankheitsverläufe beeinträchtigen Verminderte Lebensqualität Patienten erheblich Abgrenzung zu Volkswirtschaftliche Relevanz • Post-Covid auch nach leichten Definition, Ursachen, anderen Verlaufsformen, Erkrankungen mit Infektionen zu beobachten nicht ausreichend ähnlichen präzisiert Symptomen NeuarJge und schwierig komplexe Symptome – Anwendbarkeit bereits etablierter Therapieansätze fraglich 3
1. Post-COVID (Neuro-)Psychiatrische KomplikaConen Ø Verschiedene Coronaviren verfügen über neuroinvasives Potenzial, darunter das SARS-Virus und das MERS-Virus. Ø Auch SARS-CoV-2 gehört zu dieser Gruppe. Ø Pathogene Prozesse könnten im Zuge von COVID-19 sowohl durch direkte virale Infektion des zentralen Nervensystems als auch indirekt als überschießende Immunreaktion entstehen. Ø Neuroinflammatorische Prozesse wurden bereits als Auslöser neuropsychiatrischer Folgen beschrieben. Ø Zusätzlich könnte die psychosoziale Belastung durch die Erkrankung – soziale Isolation, Ungewissheit bezüglich des langen Verlaufs, intensivmedizinische Maßnahmen etc. – zur Entwicklung psychischer Symptome beitragen bzw. diese verstärken. Jebrini T, […], Adorjan K 2021: Fortschr Med; 163 (9) 5
1. Post-COVID (Neuro-)Psychiatrische Komplikationen Ø Die psychiatrische Manifestation von Post-COVID ist vielseitig. Ø Häufige Symptome sind Angststörungen, depressive Erkrankungen, Kopfschmerzen und Schlafstörungen. Ø Anosmie und Ageusie werden bei Post-COVID ebenso wie auch Fatigue häufig berichtet. Ø Neurokognitive Defizite und Palpitationen, aber auch unspezifische neuropsychiatrische Symptome wie Schwindel und „Nebel im Kopf“ treten auf. Ø Als weitere, seltene Komplikationen werden Enzephalopathien, transitorische ischämische Attacken und Suizidalität berichtet. Ø Die Ausprägung der neurologischen Symptome ist nicht assoziiert mit der Schwere der Erkrankung und der Höhe der Serum-Antikörpertiter. Ø Das Potenzial für neurodegenerative Folgeschäden ist zum aktuellen Zeitpunkt noch unklar. Jebrini T, […], Adorjan K 2021: Fortschr Med; 163 (9) 6
(Neuro-)Psychiatrische KomplikaHonen von COVID-19 Nalleballe K, Reddy Onteddu S, Sharma R et al. 2020: Brain Behav Immun; 88:71–4 7
1. Post-COVID (Neuro-)Psychiatrische Komplikationen Ø Hospitalisierte COVID-19 Patienten (N=238) Ø Ergebnisse: Bei der psychiatrischen Beurteilung zeigten 32,9 % der Teilnehmer Angst- bzw. depressive Symptome. Bei 31,2 % der Patienten traten Veränderungen des Appetits und des Schlafverhaltens auf. Den selbst ausgefüllten Fragebögen zufolge wiesen 7,1 % der Teilnehmer mäßig-schwere Angstzustände (BAI) auf, während 10,5 % leichte bis schwere Depressionen (BDI- II) zeigten. 11 % der Teilnehmer wurden zu einer weiteren psychiatrischen Beratung überwiesen. Ø Angstzustände und depressive Symptome bei der Nachbeobachtung korrelierten nicht mit dem Schweregrad der akuten COVID-19-Manifestationen, sondern eher mit anhaltenden und persistierenden körperlichen Symptomen. Gramaglia C, Gambaro E, Bellan M, et al. Mid-term Psychiatric Outcomes of Patients Recovered From COVID-19 From an Italian Cohort of Hospitalized Patients. Front Psychiatry. 2021 Jun 10;12:667385. 8
1. Post-COVID (Neuro-)Psychiatrische KomplikaConen - Depression Ø Organisch affektive Erkrankung (F06.3): organische Erkrankung, häufig ZNS Beteiligung Ø EXOGENE Depression Ø Depressive Episode (F32 und F33): rezidivierend, Antriebstörungen, Durchschlafstörungen, affektive Komponente, psychotische Symptome Ø ENDOGENE Depression Ø Anpassungsreaktion mit depressiven Symptomen (F43.2): nach Belastung wie schwere körperliche Erkrankung, soziale Isolation, psychosoziale Belastungsfaktoren Ø REAKTIVE Depression 9
1. Post-COVID (Neuro-)Psychiatrische Komplikationen - Depression: Behandlung Ø Abhängig von der Ursache: Behandlung der zugrundeliegenden organischen Erkrankung Ø Abhängig vom Schweregrad: Leichtgradig watchful wai/ng, Psychotherapie Mittelgradig Psychotherapie, medikamentöse Behandlung Schwer Medikamentöse Behandlung, Psychotherapie 10
1. Post-COVID (Neuro-)Psychiatrische Komplikationen - Depression vs. Fatigue Depression (F32/33) Fatigue (G93.3) Ø Affekt Ø Aktivität Ø Antrieb Ø Erschöpfung Ø Aktivität Ø Schlaf Ø Interesse Ø Gedächtnis, Konzentration, Aufmerksamkeit Ø Konzentration Ø Schwindel Ø Schlaf, Appetit Ø Somatische Symptome Ø Schuldgefühle Gemeinsamkeiten: ggf. Reakbon auf immunologische Ø Insuffizienzgefühle Erkrankungen Ø Psychotische Symptome 11
1. Post-COVID (Neuro-)Psychiatrische Komplikationen - Depression biologische Grundlage COVID-19 Depression Ø ACE2 ist ein Rezeptor für verschiedene Ø Polymorphismen des ACE-Gens sind auch mit dem Coronaviren, einschließlich SARS-CoV- Risiko assoziiert sind, an einer Depression zu 2, um in Zellen zu gelangen erkranken. Ni W, et al. Role of angiotensin-converting enzyme 2 (ACE2) in Baghai TC et al. Polymorphismen des Angiotensin-ConverQng-Enzym-Gens COVID-19. Crit Care. 2020 Jul 13;24(1):422. beeinflussen depressive Störungen und kardiovaskuläre Erkrankungen. J NeurolNeurochirPsychiatr. 2009 10 (4), 24-33. 12
1. Post-COVID TherapeuCsche ImplikaConen Ø Neben der Möglichkeit einer psychopharmakologischen Behandlung sollten insbesondere psychopsychotherapeutische Interventionen zur Anwendung kommen, die ressourcenaktivierend und supportiv auf die Bewältigung der Symptomatik abzielen. Ø Infrage kommen z. B. Achtsamkeits- und Entspannungsübungen oder Anti-Grübel-Strategien. Ø Bei stark ausgeprägter Symptomatik wird eine frühzeitige interdisziplinäre Zusammenarbeit mit Psychiatern und Psychotherapeuten empfohlen. Jebrini T, […], Adorjan K 2021: Fortschr Med; 163 (9) 13
1. Post-COVID TherapeuCsche ImplikaConen – FluoxeCn Eingriff in die Proteinexpression – Verhindert die Vermehrung von SARS-CoV-2 Ø Fluoxecn hemmt die Proteinexpression in dem Virus und hindert das Virus daran, die Bausteine zu bilden, die es für seine Vermehrung in der menschlichen Zelle benöbgt. Ø Die anbvirale Wirkung hängt also nicht mit dem Serotonin-Wiederaufnahme-Rezeptor zusammen: andere Medikamente aus der Gruppe der SSRI wie Paroxebn und Escitalopram behinderten die Vermehrung von SARS-CoV-2 nicht. Ø Fluoxebn wirkt sehr speziell auf Viren vom Typ SARS-CoV-2. Bei anderen Viren, wie dem Tollwutvirus oder dem Herpes-simplex-Virus Typ 1, konnten keine Effekte beobachten werden. Ø Fluoxebn wirkt also virusspezifisch Zimniak M et al. The serotonin reuptake inhibitor Fluoxetine inhibits SARS-CoV-2 in human lung tissue. Sci Rep. 2021 Mar 15;11(1):5890. 14
1. Post-COVID ZukunNsperspekCve Ø Post-COVID könnte zu einer substanziellen Morbidität mit relevanten Konsequenzen für das Gesundheitssystem führen. Ø Ein tieferes Verständnis über die genauen Pathomechanismen ist wesentlich, um adäquate Behandlungen aus bestehenden oder neuen Therapieverfahren zu etablieren. Ø Niedergelassene Ärzte, Kliniker und Gesundheitsorganisationen sollten dabei eng zusammenarbeiten, um ein adäquates Therapiekonzept zu etablieren. Ø Dieses sollte neben der Aufklärung über das mögliche Auftreten von (neuro)psychiatrischen Komplikationen auch ein Monitoring-Verfahren (digitale Technologien) zur Erkennung von Post- COVID-Patienten enthalten. Ø Zu Prävalenz und Risikofaktoren (neuro)psychiatrischer Symptome ist weitere Forschung ebenso dringend notwendig wie zu wirksamen therapeutischen Interventionen und Präventionsmaßnahmen. Jebrini T, […], Adorjan K 2021: Fortschr Med; 163 (9) 15
2. Auswirkungen der COVID-19-Pandemie auf die VersorgungssituaHon in psychiatrischen Kliniken Deutschlandweite Umfrage: LMU - Universitätsmedizin Mainz - DGPPN Ø Erste Welle der Pandemie: 38 Kliniken Ø Datenerhebung • Anpassung der Versorgungsstrukturen • Versorgungsmöglichkeiten für Menschen mit psychischen Erkrankungen und einer SARS-CoV-2- Infektion • Rechtsgrundlage bei nicht- einwilligungsfähigen Patient*innen u.a. Ø Stationäre Behandlungskapazität psychiatrischer Kliniken verringerte sich um 40% im Vergleich zu Zeiten vor der Pandemie Ø Tagklinische und ambulante Angebote nur noch in eingeschränkter Form vorgehalten oder komplett eingestellt Ø Spezialbereiche in 84% der Einrichtungen für SARS-CoV-2 infizierte Patient*innen Adorjan K, Pogarell O, Pröbst L, Rüb M, Wiegand HF, Tüscher O, Lieb L, Wassiliwizky M, Gerlinger G, Heinz A, und Falkai P. Nervenarzt, eingereicht 16
2. Auswirkungen der COVID-19-Pandemie auf die VersorgungssituaHon in psychiatrischen Kliniken Nachsorgeangebote Adorjan K, Pogarell O, Pröbst L, Rüb M, Wiegand HF, Tüscher O, Lieb L, Wassiliwizky M, Gerlinger G, Heinz A, und Falkai P. Nervenarzt, eingereicht 17
2. Auswirkungen der COVID-19-Pandemie auf die VersorgungssituaHon in psychiatrischen Kliniken Stufenprogramme 18
2. Auswirkungen der COVID-19-Pandemie auf die Versorgungssituation in psychiatrischen Kliniken Änderung der Therapieangebote Ø Telemedizinische Angebote Ø Patienten / Mitarbeiter Hotline Ø Psychosoziale Unterstützung Ø Unterstützung der Angehörige Ø Anpassung der Therapieinhalte 19
2. Post-COVIDLMU Ziele der Post-COVID Ambulanz am LMU Klinikum Post-CovidLMU Klinische Versorgungs- Integration Grund- Versorgung forschung lagenforschung Wissenschaftliche Implementierung eines Evaluierung des interdisziplinären und Vernetzung von Versorgungsnetzwerks Grundlagenforschung sektorenübergreifenden für schwere Post- Versorgungsnetzwerks und klinischer Therapie COVID Fälle für eine Schneller evidenzgeleitete Verbesserung der Wissenstransfer in die Behandlung von Behandlungskonzepte klinische Versorgung schweren Post-COVID Nutzung neuer digitaler Fällen Technologien und Telemedizin Kliniken und Forschungsgruppen des LMU Klinikums 20
Vielen Dank für Ihr Interesse
Sie können auch lesen