Die Staufer und Italien - Drei Innovationsregionen im mittelalterlichen Europa Reiss-Engelhorn-Museen Mannheim 9. 9. 2010 2. 2011
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Die Staufer und Italien Drei Innovationsregionen im mittelalterlichen Europa Reiss-Engelhorn-Museen Mannheim 9. 9. 2010 - 20. 2. 2011 Vom 19. September 2010 bis 20. Februar 2011 widmen die Reiss- Engelhorn-Museen in Mannheim dem bedeutendsten Herrschergeschlecht des hohen Mittelalters die große Geschichtsschau „Die Staufer und Italien – Drei Innovationsregionen im mittelalterlichen Europa“ und nehmen damit bedeutende Zentrallandschaften staufischer Herrschaft, die Rhein- Main-Neckar-Region, Oberitalien und Süditalien, näher in den Blick. Die Ausstellung präsentiert die von diesen historischen Regionen aus- gehenden, epochemachenden Errungenschaften in den Bereichen Kunst, Kultur, Wissenschaft, Recht, Wirtschaft und Religion. Mit bedeu- tenden Kunstwerken, von denen viele noch nie in Deutschland ausgestellt waren, wird in Mannheim an die Kunst und Kultur der Stauferzeit und an die Vernetzungen mit Italien erinnert. Im „staufischen Jahrhundert“, zwischen 1138 und 1268, vollzogen sich in ganz Europa weitgreifende Veränderungs- und Umschichtungsprozesse, die zu einem gewandelten Weltbild führten: Neue künstlerische Aktivitäten und Ausdrucksformen entwickelten sich, eine blühende Wissenskultur entstand, höfisches Leben entfaltete sich in un- geahnter Pracht und Größe, kirchliche Strukturen wurden erneuert. Radikal 3
veränderten sich auch die wirtschaft- Reiss-Engelhorn-Museen, Zeughaus, lichen Bedingungen. Die neun staufi- C5, 68159 Mannheim schen Herrscher Konrad III., Friedrich Infohotline: +49(0)621-293.3150 / Fax: Barbarossa, Philipp von Schwaben, +49-(0)621-293.9539 Friedrich II., Heinrich VI., Heinrich (VII.), Konrad IV., Konradin und Manfred, hat- reiss-engelhorn-museen@mannheim. ten hieran maßgeblichen Anteil. de - www.staufer2010.de Begleitend zur Ausstellung feiern 41 historische Stätten in Baden- Württemberg, Rheinland- Pfalz, Augustalis Kaiser Friedrichs II. Hessen, Bayern und dem Elsass das Messina, nach 1231. Gold; Gewicht: 5,27 g / Stauferjahr 2010 und laden dazu ein, Durchmesser: 20 mm die Geschichte der Staufer vor Ort wie- derzuentdecken. Vs. IMP(ERATOR) ROM(ANORVM) CESAR AVG(VSTVS).– Rs. + FRIDERICVS Öffnungszeiten der Ausstellung „Die Berlin, Staatliche Museen zu Berlin, Staufer und Italien“ in Mannheim: Münzkabinett, 1861. Friedländer, Objektnr. 19.09.2010 – 20.02.2011, täg- 18218875 lich (Mo – So, auch an © Berlin, Staatliche Feiertagen, außer Museen zu Berlin 24. und 31. – Preußischer 12.) 11 – Kulturbesitz, 18 Uhr Münzkabinett, Fotograf: Reinhard Saczewski 4
Rundgang durch die I. Auftakt: Staufermythen Ausstellung Am Anfang des Ausstellungsrundgangs, Auf insgesamt drei Stockwerken ent- der sich in insgesamt sechs Themen- faltet sich dem Ausstellungsbesucher abschnitte gliedert, stehen die „Stau- die Welt der Stauferzeit. Die Ausstel- fermythen“. Das Erbe der Staufer in lungsmacher entführen ihn auf eine unserer heutigen Zeit spielt hier eine spannende Zeitreise in die europäische wichtige Rolle. Schlaglichtartig wer- Vergangenheit. Dabei begegnet er an- den die geläufigsten Mythen und hand kostbarer Exponate den kulturel- Meistererzählungen um die bekann- len Errungenschaften, die während der teste Herrscherfamilie des Mittelalters staufischen Herrschaft die europäische beleuchtet. Dazu zählen der schla- Gesellschaft prägten. Im Mittelpunkt fende Barbarossa im Kyffhäuser stehen die drei Regionen Rhein-Main- ebenso wie die Verherrlichung des Neckar-Gebiet, Oberitalien und Sizilien, Jünglings aus Apulien, Friedrich II. Die die sogenannten Innovationsregionen Bandbreite erstreckt sich von nationalen im mittelalterlichen Europa. Hier fanden Instrumentalisierungen der letzten bei- wesentliche gesellschaftliche und kultu- den Jahrhunderte in Deutschland wie in relle Entwicklungen statt, die weit über Italien hin zu populären Aufarbeitungen, die Regionen hinausweisen und die wie sie den erfolgreichen Ausstellungen abendländische Epoche des 12. und 13. Jahrhunderts prägen sollten. Barbarossa am Kyffhäuserdenkmal. Bild: Wikimedia Commons/IjonTichy 5
zu diesem Thema (1977 in Stuttgart, Königreichs Jerusalem bisweilen wei- 1995/1996 in Bari und Rom und te Teile des christlichen Abendlandes. Palermo) geboten wurden. Dieser Themeneinheit spürt den Wurzeln der Familie nach, deren Ursprünge im Dunkeln liegen. Anhand II. Die Staufer: Aufstieg einer Familie von Siegelbildnissen wird der Aufstieg in den höchsten Rang des Reiches nach- Die neun staufischen Herrscher von gezeichnet. Ambitioniertes Auftreten, Konrad III. (1138-1152) bis Konradin politisches Durchsetzungsvermögen (1262-1268) prägten die europäische und historisches Legitimationsbedürfnis Geschichte des Hochmittelalters ent- fanden ihren Ausdruck in zahlreichen scheidend. Eingesetzt als schwäbi- zeitgenössischen Text- und Bildquellen, sche Herzöge, gewählt zu römischen so zum Beispiel in der Weingartener Königen und erhoben in den Rang römi- Welfenchronik, die ein facettenreiches scher Kaiser standen die Staufer an der Bild der staufischen Familie und ihrer Spitze der mittelalterlichen Hierarchie Mitglieder zeichnen. Eine Inszenierung und regierten darüber hinaus auch als der Grabmalanlage von Palermo lei- normannische Könige und Erben des tet als Schlusspunkt dieser Abteilung über zur nächsten Sequenz „Italien: Vorbild und Faszination“. III. Italien: Vorbild und Faszination Eine der spannendsten Fragen früh- und hochmit- telalterlicher Herrschaft ist die nach der Bedeutung Roms. Seit Karl dem Großen sind Romzüge zur Kaiserkrönung nicht aus dem Herrschaftsverständnis mittelalterlicher Herrscher wegzudenken. Daher ge- wann Italien zunehmend an Bedeutung für die nach- folgenden Herrscher bis hin zu den Staufern – für Friedrich I. Barbarossa als Kreuzfahrer; Miniatur aus einer Handschrift von 1188, Biblioteca Apostolica Vaticana, Rom 6
ren Herrschaftszeichen sowie Bau- und Kunstwerke der Antike in den Blick. Die Ausstellung wird diese beiden Facetten exemplarisch aufzeigen: Übersichten zu Aufenthalten und Residenzorten der Staufer in Italien, Herrschaftszeichen wie Augustalen stehen neben der Herrscherreihe, in der ein Anschluss an Augustus gesucht wird. Außerdem werden höfische Sammlungen kost- barer Dinge, die nach antikem Vorbild gefertigt wurden, gezeigt. Dazu gehören beispielsweise kostbare Gemmensammlungen. Jupiter oder Silvanus, Capua, 1234 –1239 Kalkstein, H: 78 cm. Capua, Museo Campano di Capua, Inv.- Nr. 4p © Capua, Museo Campano di Capua, Inv.-Nr. 4p, Foto: Beniamino Ricci manche Regenten wurde die Herrschaft in Italien sogar wichtiger, als die Geschicke des Reiches nördlich der Alpen zu lenken. Mit Rom rückten antike Regenten als Vorbilder und mit ihnen de- Bärengruppe. Worms, Dom St. Peter, um 1150 (Abguss: Hamm, 2009). Gips nach rotem Sandsteinoriginal; H: 91 cm . Worms, Dompfarramt St. Peter zu Worms, o. Inv.-Nr. © Dompfarramt St. Peter zu Worms, Foto: Jean Christen 7
IV. Beschleunigung: Drei Ausstellung, der „Thronende König“ aus Kraftregionen in Stauferreich dem New Yorker Metropolitan Museum. Ursprünglich stand die Steinskulptur Innerhalb des weiträumigen Herr- wohl in Italien. Wissenschaftler vermu- schaftsbereiches der Staufer lassen ten, dass sie ursprünglich in der Nähe sich bestimmte regionale Schwerpunkte eines öffentlichen Gebäudes, beispiels- erkennen. Bischofsstädte, Pfalzen und weise einem Stadttor oder Gerichtshof, Kastelle waren wichtige materielle und aufgestellt wurde. personelle Stützen der hochmittelalter- lichen Politik und ihr Stellenwert für die Herrschaftspraxis wurde bereits von V. Gelebte Vielfalt den Zeitgenossen erkannt. Regionen an Rhein-Main- Neckar, am Po und Die Begegnung mit vergangenen das Königreich Sizilien mit Apulien Lebenswelten prägt den weiteren und Kalabrien lassen sich auch als Verlauf des Ausstellungsrundgangs. Kernregionen staufischer Herrschaft Als Herrscher über weite Teile Mittel- bezeichnen. Einzelne Orte, wie Mainz und Südeuropas regierten die staufi- und Wimpfen, Mailand oder Palermo schen Könige und Kaiser zweifelsoh- wurden zu Schauplätzen glänzen- ne eine hohe Bevölkerungszahl und der Hoffeste und Hoftage oder zum vereinten eine Vielzahl unterschied- erbitterten Gegner in kriegerischen lichster Lebensordnungen unter ih- Auseinandersetzungen, aber auch zum rer herrschenden Hand. Ungleiche Hort des Wissens und Zentrum künstle- Voraussetzungen führten nördlich wie rischer Aktivität. südlich der Alpen zu verschiedenen Ausprägungen der Lebensverhältnisse. Der Austellungsbesucher „durchwan- Die nun folgende Themeneinheit dert“ im Folgenden die drei Regionen „Gelebte Vielfalt“ hat es sich zum Ziel von Nord nach Süd. Symbolischen gesetzt, diese Lebenswelten historisch Eingang in jede Region bietet jeweils erfahrbar zu machen und miteinander eine inszenierte Toranlage als Sinnbild zu vergleichen. vergangener Toranlagen aus der jewei- ligen Region. Unter den hier präsentier- Wie hat man sich die mittelalterli- ten architektonischen Kunstschätzen che Lebenswelt vorzustellen? Die befindet sich auch das eindrucksvolle Sachkultur des Mittelalters bietet vie- Ensemble der Brückenfiguren aus le Hinweise, den „Alltag“ des 12. und Capua. Die Geschichte ausgewähl- 13. Jahrhunderts wieder erstehen zu ter Orte entfaltet sich dem Besucher lassen. Archäologische Befunde do- in dieser Themeneinheit auf einzig- kumentieren die Wohn- und Esskultur artig erlebbare Weise: Neuartige und geben spannende Einblicke in die Filminszenierungen erwecken die mit- Lebensverhältnisse eines Wohnhauses telalterlichen Städte Worms, Mailand in der Rhein-Main- Neckar-Region und Palermo anhand detailreicher oder eines königlichen Kastells in Rekonstruktionen erstmalig zum Leben. Süditalien. Erhaltene Inschriften In diesem Ausstellungsbereich erwar- und Schriftzeugnisse berichten vom tet den Besucher das Titelmotiv der Nebeneinander unterschiedlichster 8
Bevölkerungsgruppen multiethni- stehen daher auch im Mittelpunkt des scher Prägung, die in einer städti- Interesses dieser Abteilung, die frühe schen Gemeinschaft ein friedliches mittelhochdeutsche Dichtung und adeli- Auskommen miteinander suchten, wie ge Repräsentationsobjekte zeigt. beispielsweise die Araber in Messina, die jüdischen Gemeinschaften in Parma oder in den rheinischen Bischofsstädten VI. Verwandlungen des Stauferreichs Worms und Speyer. Schriftliche und künstlerische Zeugnisse ermöglichen Der nun folgende Themenbereich interessante Einsichten in Denkweise „Verwandlungen des Stauferreichs“ und Mentalität der Menschen unter- will Aspekte des Wandels, wie ein schiedlichen Standes. Wissensstand verändertes Herrschaftsverständnis, und Wissensvermittlung der Menschen die neuen kirchlichen Strukturen und des Hochmittelalters werden exempla- Heiligkeitsideale, die aufblühende risch an den Schriften der Hildegard Wissenskultur und der Aufstieg der von Bingen nachvollziehbar. Das stau- Universitäten, die gesellschaftlichen fische Jahrhundert gilt als Hochblüte Umbrüche, die neuen künstlerischen der höfisch-ritterlichen Kultur. Jagd und Aktivitäten und die veränderten wirt- Minne als Formen adeligen Zeitvertreibs schaftlichen Bedingungen in ihren Emailplatte mit Krönung Rogers II. Süditalien, zweites Viertel 12. Jh. Email; H: 44 cm / B: 21,2 cm Bari, Museo del- la Basilica di San Nicola © Bari, Museo del- la Basilica di San Nicola , Foto: Beppe Gernone 9
Grundlagen und Auswirkungen für die Neue Ordnung drei ausgewählten Regionen untersu- Die größte gesellschaftliche chen. Die Frage nach dem Wandel der Veränderung lag in der Entstehung der Welt in den drei Regionen steht jetzt im städtischen Kultur, die an Rhein, Main Mittelpunkt. und Neckar um 1190 fassbar wird, in Oberitalien bereits zuvor. In Oberitalien Neue Herrschaft lag mit Mailand, das zum Jahr 1285 Als Kaiser und König von Sizilien 200 000 Einwohner zählte, die Stadt erhebt Friedrich II. ganz neue mit der höchsten Einwohnerzahl. Herrschaftsansprüche, die in einem Kommunen dieser Größenordnung neuen Gesetzeswerk (Liber Augustalis) konnten nur durch eine wohl durch- und neuen Herrschafts-zeichen sicht- dachte und organisierte schriftliche baren Ausdruck finden. Der speziell für Verwaltung gesteuert werden. Welch die Ausstellung restaurierte sogenannte hoch entwickelte Verwaltungs- Mantel Karls des Großen, den Friedrich instrumentaria in Oberitalien damals II. anlässlich seiner Krönung getragen entstanden, zeigt die Ausstellung hat, ist hier ausgestellt und sicherlich anhand früher Verwaltungscodices eines der Glanzstücke der Schau. auf. Sozialer und wirtschaftlicher Wandel riefen die Entstehung neu- er Frömmigkeitsbewegungen, wie den Bettelorden der Franziskaner, hervor. Die heilige Elisabeth von Thüringen gilt als Vorreiterin dieser Armutsbewegung im Reich nördlich Türzieher. Bad Wimpfen im Tal, zwei- te Hälfte 13. Jh. Bronze; Durch- messer: 16,6 cm / T: 6,8 cm. Hamburg, Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg, © Hamburg, Museum für Kunst und Gewerbe 10
der Alpen. Ihr Gewand, das in diesem Rhein-Main-Neckar-Region und wich- Ausstellungsbereich zu sehen ist, wur- tigen europäischen Messeplatz. Der de in der Rhein- Main-Neckar Region Aufbau weiter Handelssysteme wur- früh als Reliquie verehrt. de durch ausgedehnte Geldwirtschaft gefördert. Messeprivilegien und Neues Wissen Handelprodukte aus dieser Zeit, sind Das stauferzeitliche Italien ist der Ort bis heute erhalten geblieben und ver- epochemachender Neuerungen im deutlichen in der Ausstellung die her- Bereich der Wissenskultur. Das führen- ausragende Rolle Frankfurts. Aus den de Zentrum medizinischen Wissens lag gesellschaftlichen, wirtschaftlichen im Königreich Sizilien, in Salerno. Die und religiösen Wandlungsprozessen medizinische Ausbildung an diesem resultierten neue Bedingungen der Zentrum erfuhr durch Kaiser Friedrich II. Kunst, deren Veränderungen wie neue (1212-1250) Unterstützung, während im Materialien, eine neue Situation in den Rechtswesen sich Bologna bereits un- Werkstätten, eine neue soziale Stellung ter Friedrich Barbarossa (1152-1190) zu der Künstler und in ihrer Folge z.B. der dem Ort entwickelte, der Studenten aus Künstlersignatur oder ein neuer Umlauf ganz Europa anzog. der Artefakte mit Exponaten aus den drei Regionen vorgestellt werden. Nicht zufällig ist mit Bologna die Gründung der ersten Universität zu Am Ende des Rundgangs – wie auch verbinden. Die Innovationen des 13. der staufischen Geschichte – steht Jahrhunderts schlechthin gehen jedoch Karl von Anjou (1226 – 1285), der auf den Kreis der Gelehrten am Hofe der französischen Herrscherdynastie Friedrichs II. wie den Herrscher selbst der Kapetinger entstammte. Der zurück. Die prächtig ausgestatteten Ausstellungsbesucher begegnet ei- Wissenschaftscodices spielen in die- ner imposanten Steinskulptur, die sem Ausstellungsbereich eine zentrale Karl von Anjou als Garant für Recht Rolle. und Frieden darstellt. Karl von Anjou besiegte Manfred von Sizilien, den Neuer Glanz Sohn Friedrichs II., in der Schlacht bei Eng verbunden mit der Bildung kom- Benevent und ließ den letzten Staufer munaler Zentren war die wirtschaftliche in männlicher Abstammung, den erst Entwicklung der einzelnen Regionen. sechzehnjährigen Konradin, 1268 Unter herrschaftlichem Schutz der öffentlich hinrichten. Damit fand die Staufer entwickelte sich Frankfurt staufische Herrschaft, die im Heiligen zum führenden Handelszentrum der Römischen Reich schon zuvor unterge- gangen war, auch in Sizilien ein Ende. Alle Bilder in Farbe auf unserer Internetseite www. landeskunde-online-de 11
Höhepunkte der Ausstellung des hohen Ranges die Reste eines Zepters in der linken Hand. Die inzwi- Thronender König aus New York schen beschädigte rechte Hand war Erstmals überhaupt in einer europä- vermutlich in mahnender Geste erho- ischen Ausstellung wird die berühmte ben. Kein konkreter Herrscher sollte Skulptur des Thronenden Königs aus mit der Skulptur abgebildet werden. New York gezeigt. Das Bild der fast le- Vielmehr ging es dem Künstler um eine bensgroßen, steinernen Sitzfigur aus Darstellung der Idee von Königtum der Stauferzeit ziert als Hauptmotiv das und Gerechtigkeit, um ein Idealbild von Ausstellungsplakat und den Katalog. Herrschaft. Für die Wissenschaftler stellt sich deshalb bis heute die span- Das in Norditalien zwischen 1230 nende Frage, wer die Skulptur aufge- und 1235 entstandene Kunstwerk stellt hat, die in Oberitalien vermutlich war Anfang des 20. Jahrhunderts an einem öffentlichen Gebäude, etwa über den Kunsthandel in die USA einem Stadttor oder einem Gerichtshof gekommen, wo es seither zu den angebracht war. Schätzen des Metropolitan Museums zählt. Monumentale dreidimensio- Krönungsmantel Kaiser Friedrichs II. nale Steindarstellungen thronender (sog. Mantel Karls des Großen) Könige waren im hohen Mittelalter äu- Unmittelbar in Verbindung mit Kaiser ßerst selten. Die aus einem einzigen Friedrich II. steht der prachtvolle Steinblock gehauene, kunstvoll gear- Herrschermantel, der im Kirchenschatz beitete Herrscherfigur hält als Zeichen der Metzer Kathedrale als „sogenann- 12
ter „Mantel Karls des Großen“ bewahrt wird und ausnahmsweise in einer Ausstellung in Deutschland präsentiert werden kann. Der Mantel ist in den staufischen Hofwerkstätten auf Sizilien entstanden und wurde vermutlich ex- tra zur Königskrönung 1215 in Aachen oder zur anschließenden Kaiserkrönung in Rom 1220 für Friedrich II. angefer- tigt. Auf dem Seidenmantel sind in Goldstickerei als Herrschaftssymbol Adler dargestellt, zu deren Füßen, als Zeichen der Unterwerfung, Schlangen liegen. Da sich in der Stauferzeit der Titel „Heiliges Römisches Reich“ für das Herrschaftsgebiet durchsetzt, tragen die Adler, als Symboltier des Reiches, Heiligenscheine. In den Besitz der Metzer Kathedrale kam der Mantel ver- mutlich als Geschenk des Kaisers an den Bischof von Speyer und Metz, Konrad von Scharfenberg. In Metz wurde der Mantel wohl im 16. Jahrhundert zu einem liturgi- Thronender König. Norditalien (Veneto?), schen Gewand umgearbeitet. ca. 1230 –1235. Stein (Pietra d’Aurisina); H: 109,2 cm. New York, The Metropolitan Dass der Krönungsmantel den Metzer Museum of Art, Inv.-Nr. 22.31.2 (Mrs. Stephen Kirchenschatz verlassen konnte, ist V. Harkness Fund) © 2004 The Metropolitan eine Ausnahme, da er im Vorfeld Museum of Art der Staufer-Ausstellung in den Forschungsstellen und Texilwerkstätten der Reiss-Engelhorn-Museen restaura- torisch aufgearbeitet wurde. 13
Krönungsmantel Friedrichs II., luviale, sog. Mantel Karls des Großen. Mantel: Sizilien, Anfang 13. Jh.; Schild und Stab: Niederrhein, 16. Jh.; Grundgewebe: Seide, Seiden- und Goldstickerei in Anlegetechnik; Schild und Stab: Seiden- und Metallstickerei in Anlegetechnik, Flach- und Reliefstickerei; L: 304 cm (gerade Kante) / H: 142 cm Metz, Conseil de fabrique de la cathédrale de Metz, Trésor de la Cathédrale Saint- Etienne de Metz, CI. M.H. 20 mai 1975. © Foto: Jean Christen, rem Kaiser Friedrich Barbarossa zwischen seinen Söhnen. Darstellung aus der Weingartener Welfenchronik. Weingarten, zwischen 1185 – 1191. Pergament; 152 Bll.; farbig lavierte Federzeichnung; Buchmalerei in Deckfarben; H: 32,4 cm / B: 22 cm Bildnachweis: Fulda, Hochschule Fulda, Hochschul- und Landesbibliothek, Cod. D 11, fol. 13v-14r 14
Weingartener Welfenchronik Barbarossakopf aus Cappenberg Mit der Welfenchronik aus der Als einzigartiges Denkmal sei- Hochschul- und Landesbibliothek ner Zeit repräsentiert der Fulda wird eine der berühmtesten Cappenberger Barbarossakopf Handschriften der Stauferzeit überhaupt die Herrscherpersönlichkeit Kaiser in der Ausstellung gezeigt. In dem Friedrichs I. Barbarossa. Die kost- Codex aus dem Kloster Weingarten ste- bare Goldschmiedearbeit aus dem hen sich eine Stammtafel der Dynastie dritten Viertel des 12. Jahrhunderts der Welfen und ein Herrscherbild des stammte aus dem Besitz Graf Ottos Stauferkaisers Friedrich Barbarossa von Cappenberg, des Taufpaten zwischen seinen Söhnen, dem späteren Barbarossas, der die Büste seiner Kaiser Heinrich VI. und dem schwäbi- Stiftskirche übergab. Im Schenkungs- schen Herzog Friedrich, gegenüber. brief wird berichtet, dass der Kopf nach Friedrich Barbarossa war mütterlicher- seits mit den Welfen verwandt und väterlicherseits Staufer. Nach dem Aussterben des welfischen Zweiges in Süddeutschland konnte er hier des- sen Erbe antreten. Die Darstellung des Kaisers und seiner Nachfolger steht in enger Beziehung zu den Geschehnissen am Mainzer Hoffest von 1184, auf dem sich Barbarossa im Kreise seiner Familie prachtvoll prä- sentierte und seine beiden Söhne zu Rittern schlug. Die farbenprächtige Miniatur gilt als eines der frühesten weltlichen Herrscherbilder der Buchmalerei ohne sakralen Charakter oder kirchliche Funktion. Mit dem Familienbildnis wird die Wende zu einem neuen Herrschaftsverständnis greifbar, die sich in der staufischen Zeit voll- zog und bei der der Herrscher be- anspruchte, die Macht an seine Nachkommen weitergeben zu können Cappenberger Barbarossakopf. – ohne hierzu die Vermittlung durch die Westdeutschland, um 1160. Bronze; H: Kirche zu benötigen. 31,4 cm / Gewicht: 4605 g. Selm, Kath. Kirchengemeinde St. Johannes Ev., Schloss Cappenberg. © Münster, Bischöfliches Generalvikariat, Kunstpflege, Foto: Stephan Kube Gräven 15
dem Aussehen des Kaisers geschaffen Skulpturen vom Brückentor aus worden sei. Der Kopf trug ursprüng- Capua lich ein Diadem nach Art spätantiker Kaiser Friedrich II. ließ zwischen Imperatoren, das Friedrich Barbarossa 1234 und 1239 am Volturno, dem als Nachfolger des Kaisers Konstantins Grenzfluss seines Königreichs Sizilien auswies. Im kirchlichen Besitz wurde zum Kirchenstaat, das berühmte die Büste zu einem Reliquiengefäß Brückentor von Capua errichten. Von umgearbeitet, in dem seither die re- dem Monumentalbauwerk haben ligiös verehrten Partikel hochrangi- sich zwölf Skulpturen erhalten, die ger Heiliger, wie des Evangelisten zum Bestand des Museo Provinciale Johannes oder des Heiligen Nikolaus Campagno in Capua gehören. In der bewahrt werden. Der Einschluss von Mannheimer Ausstellung werden erst- Reliquien verlieh dem Memorialbildnis mals in Deutschland alle Teile des Barbarossas eine zusätzliche, hei- Ensembles gemeinsam gezeigt. Dazu lige Aura. Im Vorfeld der Staufer- zählen Darstellungen der einflussrei- Ausstellung wurden die ursprünglich im chen Diplomaten Thaddaeus von Kopf verwahrten Reliquienbehältnisse Suessa und Petrus von Vinea am Hofe an den Forschungsstellen der Reiss- Friedrichs II., der Kopf des Jupiter und Engelhorn- Museen untersucht und sind das, in Kopf und Torso getrennte, Abbild nun erstmals öffentlich zu sehen. des Kaisers. Bei der Büste handelt es sich um eine im 18. Jahrhundert ent- standene Kopie. Der Figurenschmuck des Capuaner Brückentors gibt einen Eindruck von den kulturellen Interessen Skulpturenköpfe vom Brückentor in Capua. Foto: Jean Christen,. rem Friedrichs II. und seiner Wertschätzung der 16
Kunst der Antike. Zahlreiche Quellen schichtlich herausragenden Dokument überliefern die Faszination, die das eine veränderte Herrschaftsordnung im skulpturengeschmückte Bauwerk auf Reich sichtbar. die Betrachter zu Zeiten Friedrichs II. Text: rem ausübte. Im Jahr 1557 musste das Brückentor einem neuen Mauerring um die Stadt Capua weichen. Erst Ende des 19. Jahrhunderts wurden einige täglich, Mo – So, auch an Teile des abgebrochenen Bauwerks Feiertagen (außer 24. und 31. 12.) und des Skulpturenschmucks wieder- 11 – 18 Uhr entdeckt. Erwachsene 12 €, ermäßigt 8 €, Schulklassen 3 € je Person. Statutum in favorum principum weitere Preise siehe (Privileg zugunsten der Fürsten) www.staufer2010.de Zu den herausragenden Dokumenten, die den Wandel im Verhältnis zwischen dem Kaiser und den Fürsten des Stauferreichs zeigen, zählt das sogenannte statutum in favor- um principum. Die kaiserliche Urkunde von 1232 listet in 23 Artikeln Verbote zur Gründung von neuen Städten und Burgen, zur Errichtung von Märkten, Münzen und Straßen sowie Regelungen zur Ausübung der Gerichtsbarkeit auf. Die spätere Bezeichnung als statutum in favorem principum betont den fürstlichen Vorrang, der auch inhaltlich durch die Übertragung königlicher Rechte deutlich zum Ausdruck kommt. Das Privileg von 1232 dokumentiert den zu- nehmenden Verlust der könig- lichen Herrschaftsgrundlagen in spätstaufischer Zeit und den Beginn des Statutum in favorem principum. Udine, Mai Aufbaus landesfürstlicher 1232. Pergament, an- gehängte Goldbulle; H: Herrschaftsstrukturen. Zum 48,5 cm / B: 40,5 cm. Halle (Saale), Stadtarchiv, Ende der staufischen Ära Urkundensammlung U1, Nr. 1. Bild: Halle (Saale), wird in dem verfassungsge- Stadtarchiv: VI.A.3 17
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