DIE ZEILE - Philipp Probst
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DIE ZEILE Nr. 1 / 2020 orte FormatOst Appenzeller Verlag Toggenburger Verlag edition punktuell a g azin s M Das agshause e s Verl r u nn d el l b Schw Philipp Probst schreibt jetzt Heimat-Liebesromane Hans Hürlemann kennt die Appen- zeller Mundart wie kein Zweiter Ruth Monstein bringt das Thema Achtsamkeit in die Schulzimmer
L u s t auf at H e i m Abonnieren Sie das Appenzeller Magazin für nur Fr. 84.– (12 Ausgaben im Jahr). Bestellen: Tel. 071 353 77 55 www.appenzellermagazin.ch verlag@appenzellerverlag.ch
Selma Inhalt bekommt 5 Wer liest da? Kontur 6 Christine König Königlich unterwegs in zwei Welten Philipp Probst hat nicht einfach ein Buch geschrieben, er hat eine Figur zum Leben erweckt: Selma Legrand-Hedlund heisst 8 Philipp Probst Liebe, Abenteuer, Drama die Hauptdarstellerin seines neuen Ro mans, und mit Trailer, Podcasts, Profilen auf Facebook und Instagram sowie Blog- 10 Peter Eggenberger Eintauchen in eine Gegend voller Geschichten posts auf seiner Website gibt er ihr mehr und mehr Kontur. Man spürt die Freude des Basler Autors beim Erschaffen und Weiterentwickeln seiner Protagonistin. 12 Hans Hürlemann Der Mundartkenner Ihr Gesicht zeigt er dennoch nur silhouet- tenhaft. So kann sich jede Leserin und je- der Leser ein eigenes Bild von Selma ma- 14 Peter K. Wehrli PKW und das Merkwürdige chen – und genau darum geht es doch beim Lesen. Falls Liebesromane Sie weniger an- 16 Ruth Monstein Jeden Tag mindestens eine Stilleminute sprechen, bietet unser Frühlingspro- gramm genügend Abwechslung. Wie wär’s mit Appenzeller Mundart, St. Galler 20 Hans-Peter Studer Hundert Jahre Heiltätigkeit – der Berufs- verband feiert Kunstschaffen, Sprachfotografie für den Alltag, Rezepten aus aller Welt oder Ge- danken eines pensionierten Pfarrers über Gott und die Welt? 22 Arman Weidenmann, Clemens Müller Das menschliche Streben nach Status 24 Erika Pertzel Von Rüebli-Wurscht bis Brottorte Christine König, Lektorin 26 Hermann Hungerbühler Religion und Glaube aus einem anderen Blickwinkel 29 Sabine Hügli-Vass Wer ist denn hier ein Narr? 30 DIE ZEILE Notizen aus dem Verlagshaus 31 Wer liest da? – Auflösung © 2020, Appenzeller Verlag AG Im Rank 83, CH-9103 Schwellbrunn Tel. +41 71 353 77 55 verlag@appenzellerverlag.ch www.verlagshaus-schwellbrunn.ch DIE ZEILE ist das Kundenmagazin des Verlagshauses Schwellbrunn. Redaktion Christine König Gedruckt auf Terra Print, 70g/m2 Titelbild: Philipp Probst Bild: Carmen Wueest
4 // DIE ZEILE N e u e s n t d e c k e n e n i e re n S ie das Abon r M agazin u rg e Toggenb r. 43.– für nur F i m Jahr). b e n (6 Ausga : Bestellen 53 77 55 Tel. 071 3 rmagazin .ch g e n b u rg e www.tog verlag.ch g @ t o g g enburger verla
Bild: caw Religion, Philosophie und Edelpilze Ein hübsches Minimuseum ist dieses diese drei Buchstaben IND: Endlich ist Und dieses Trüffelbuch! oberste Regal! Bestückt mit Exponaten aus mein Latein wieder zu etwas nütze: in no- Manche deutsche Literaturklassiker (Hei- der Lebensgeschichte des Besitzers, der Be- mine dei oder domini, in Gottes Namen! ne, Fontane, Hesse, Thomas Mann) ste- sitzerin. Von Zeit zu Zeit wird wohl etwas hen hier, auch Gesamtausgaben von Dos- neu arrangiert, symmetrisch, mit Gespür Aber ein Landsgemeinde-Degen? tojewski und C. G.Jung. Ja und dann: Ende für Ausgewogenheit und Symbolik. Der inhaltliche Schwerpunkt ist offen- 2019 hat Peter Handke, der sehr Umstrit- Für die Schreibende ist es elementar, sichtlich: verschiedene Bibeln im zweit tene, den Nobelpreis für Literatur erhal- dass sie das Bild vergrössern und etliche obersten Regal rechts, neben Religion viel ten; kein Wunder wird mein Blick von den Buchtitel entziffern kann. Aber genau so Philosophie und Psychologie. Da Luthers entsprechenden Buchrücken angezogen, aufschlussreich ist auch, was zwischen Schriften in zwölf Bänden dabei sind, und fällt darauf rasch auf den leicht vor- den Büchern steht: Taschenuhren, Fotos, tendiere ich zu evangelisch-reformierter stehenden Band «Trüffel und andere eine Emailtafel aus der DDR. Ist oben Theologie deutscher Herkunft. Nicht un- Edelpilze» – Handke pflegt in seinen In- links eine Orgelpfeife ausgestellt? Dann terstützt wird diese Annahme durch den terviews von Pilzen zu schwärmen … Landsgemeinde-Degen und die vielen Ich riskiere jetzt einen Namen: Syring, Appenzellensia, zum Beispiel Franziska Lars, reformierter Pfarrer in Bühler und Schläpfers «Auftritt Appenzell», erschie- Gamp Syring, Regula, Kirchenrätin der nen 2018. Nun ja, so simpel sind Lebens- evangelisch-reformierten Landeskirche läufe halt nicht. Für nichtschweizerische beider Appenzell. Dass Pfarrpersonen Wurzeln sprechen vielleicht gerade das eine Schwäche für Krimis haben, ist be- Wer liest da? offensichtliche Interesse an Volkskund kannt – siehe die überwiegend skandina- Bücher prägen den Menschen, Bücher lichem («Volksfrömmigkeit in der vischen zuunterst links. im Regal können etwas über uns aus- Schweiz», Offizin Verlag); da will jemand Dank an Kathrin Grieder Klauser in sagen. In unserer Rubrik «Wer liest da?» schicken wir Autorin Gabriele die hiesige Bevölkerung ernsthaft verste- Bühler, die meine Vermutung am Telefon Barbey, langjährige Leiterin der Biblio- hen: ein Pfarrer, eine Pfarrerin, sicher eine bestärkt, mich aber gleichzeitig verunsi- thek Herisau, kommentarlos ein Foto Persönlichkeit, die sich beruflich mit Reli- chert hat … Gabriele Barbey eines Bücherregals per Mail. Sie kann gion im Appenzellerland befasst. Über- das Foto am Computer vergrössern, haupt kennt man sich aus in der Literatur Auflösung auf Seite 31 um Details besser zu sehen – mehr der deutschen Schweiz: Sonst gäbe es da aber nicht. Sie analysiert, interpretiert nicht Meinrad Inglins «Schweizerspiegel» und vermutet vom heimischen Schreibtisch aus, wem das Regal ge- und Gerhard Meiers Romane im Schuber. hören könnte. Die Auflösungen fin- den Sie weiter hinten in diesem Heft. Die Zeile, März 2020 5
Königlich unterwegs in zwei Welten Das Verlagshaus Schwellbrunn stellt sich vor. Diesmal: Lektorin und Redaktorin Christine König, die gern herausgefordert wird von zwei kleinen Kindern und im Beruf. Ihre Strubbelfrisur fällt überall auf. Chris- tine König hat im Büro gerade ein Mail geöffnet, in dem sie als «die Frau mit dem Lockenkopf» angesprochen wird. Wenn morgens um sechs Uhr ihr fünfjähriger Sohn Vito aufstehen will, dann denkt die Redaktorin aber nicht ans Zähmen ihrer Locken. Dann nutzt sie die Gelegenheit Jede nM zum Lesen, und Vito spielt selbstverges- Gast ittwoch sen neben ihr am Boden. «Ja, endlich wie- von stub ist 14 –1 e zur Li die der lesen», sagt Christine König, blickt 7 Uh n d r geö e zum Himmel und klatscht in die Hände. ffnet Mit der zweiten Schwangerschaft und der Geburt von Alma vor zweieinhalb Jahren Öffnungszeiten: sei es mit dem Lesen vorbei gewesen. «Es Montag bis Freitag, 14 bis 17 Uhr war nicht nur eine Zeitfrage. Mein Gehirn Parkplätze vor dem Verlagshaus hatte keinerlei freie Kapazitäten.» Das eigene Leben reflektieren Jetzt schätzt die 38-jährige Herisauerin Bücher wieder umso mehr. Der Titel ihrer Im Rank 83 aktuellen Lektüre: «Wir sind das Klima» CH-9103 Schwellbrunn von Jonathan Safran Foer. Nachhaltigkeit ist ein Thema, das sie beschäftigt. Ein we- Tel. +41 71 353 77 55 nig stolz ist sie, dass Vito kürzlich in ei- verlag@appenzellerverlag.ch verlagshaus-schwellbrunn.ch
Zwischen spielenden Kindern lesen: Das geht (meistens) wunderbar, findet Christine König. Bild: kni nem Laden ein Sandwich ablehnte, weil es begleitende Diplomaus- «Dank meiner Arbeit bin in Plastik verpackt war. Sie liest viele El- bildung am Medienaus- tern-Ratgeber, gern wissenschaftlich hin- bildungszentrum MAZ in ich für meine Kinder eine terlegte, und ist überzeugt: «Man reflek- Luzern. Viel profitiert ausgeglichenere Mutter.» tiert so das eigene Leben und lernt am habe sie als junge Journa- meisten über sich selbst.» listin bei der Appenzeller Schon in der Primarschule erklärte Zeitung vom Wissen, den Christine König ihrem Umfeld, sie wolle Erfahrungen und dem Netzwerk der älte- Fünfzig-Prozent-Pensum im Verlagshaus Journalistin werden. «Obwohl ich keine ren Kollegen. Mit der Zeit überwand sie Schwellbrunn, stimmt für sie der Mix an Ahnung hatte, was das heisst.» Damals auch ihre Schüchternheit, lernte auf Men- Aufgaben. Sie verantwortet das Verlags- liebte sie Ausflüge in die St. Galler Buch- schen zuzugehen. Später, bei der Einfüh- magazin Die Zeile mit den Autorenport- handlung Rösslitor, vor allem wegen den rung des Redaktionssystems und anderer räts, betreut Buchprojekte, verfasst News- Abenteuerromanen von Federica de Ces- technischer Neuerungen war sie es, die letter und schreibt aufwendige Repor - co. Spannend erzählte Geschichten fesseln den älteren Kollegen helfen konnte. Ein tagen. Für Letzteres stand sie kürzlich die Journalistin immer noch. Gleichzeitig schönes Gefühl. tagelang auf Abruf bereit. Es ging um eine sei sie ein «Newsjunkie» und Netflix-Seri- Dann bekam Christine König das An- Hausgeburt, die sie journalistisch beglei- enfan. Beides entspannt sie nach einem gebot, die Redaktion des Appenzeller Ma- ten durfte. «Ein unvergessliches Erlebnis, durchgetakteten Arbeitstag. Wann immer gazins zu übernehmen. Bis Ende 2013, das mich tief berührt hat.» möglich verbringt sie mit Partner und vier Jahre lang, recherchierte sie und Partner, Mutter, Kita, Nachbarn und Kindern viel Zeit in der Natur, am liebsten schrieb etliche Porträts und Reportagen klare Alltags-Strukturen ermöglichen es mit Wandern. über Land und Leute. Der folgende Abste- Christine König, Familie und Beruf gut zu cher in die Werbebranche und zum On- vereinen. Sie ist überzeugt: «Dank meiner Von den Älteren gelernt line-Journalismus dauerte nur kurz: Sie Arbeit bin ich für meine Kinder eine aus- Nach der Handelsschule und Berufsma vermisste die vertiefte Auseinanderset- geglichenere Mutter.» Und zwar auch tura in Trogen absolvierte sie die berufs- zung mit einem Thema. Heute, mit einem gern morgens um sechs. kni Die Zeile, März 2020 7
Liebe, Abenteuer, Drama Philipp Probst schreibt jetzt Liebesromane anstatt Thriller. Und hat selbst so grosse Freude daran, dass nach «Alpsegen» weitere Romane mit Reporterin Selma Legrand in der Hauptrolle folgen sollen. Philipp Probst hat genug von Krimis und Thrillern. Sonntags läuft bei ihm ein Film der ZDF-Reihe «Herzkino». «Ich schaue die Filme nicht wegen der schönen Land- schaft, sondern wegen der Liebesge- schichte. Das gebe ich gern zu.» Und er vermutet wohl nicht zu Unrecht: Liebes- geschichten finden ein grösseres Publi- kum als angenommen. Das ist mit ein Grund, weshalb sich Philipp Probst – bis- Philipp Probst fährt haupt her Autor vor allem von Krimis und beruflich Bus. Bild: caw Thrillern – für dieses Genre entschieden hat. Was würde Selma tun? Er habe sich überlegt, was auf dem auf der Alp mithilft. Eine Frohna- Schweizer Markt fehle und festgestellt: tur, die gern aufs Gaspedal des Lokalkrimis gibt es genug, Liebesge- hellblauen Jeeps drückt. Nur hat schichten, die im Lokalen spielen, aber sie sich in jenen Sohn der Älpler- kaum. «Liebe, Abenteuer, Drama, das familie verliebt, den Selma in jun- könnte funktionieren», fand er und be- gen Jahren unter dem Baum der gann, Selma Legrand-Hedlund, seine Liebe auch schon geküsst hatte. Hauptfigur, zu formen. «Es ist herausfor- Als sich die beiden erneut küssen, führt das zu dramatischen Miss- dernd, eine Frauenfigur zu kreieren. Aber verständnissen, während man es macht mir unheimlich viel Spass, mich doch eigentlich zusammen ein in eine Frau hineinzuversetzen», sagt der Alp-Paradies erschaffen wollte. Derweil macht Der Auftrag für eine Alpreportage führt die 54-Jährige Basler. Mittlerweile ist Selma Reporterin Selma von Basel in die Berge hoch Chefredaktor Jonas Haberer bei Selma Druck. zu einem wichtigen Bestandteil seines Le- über dem Lauenensee. Die Älplerfamilie, über Schliesslich wütet in der Region um Gstaad ein bens geworden. «Sie lebt mit mir. Manch- die sie berichten soll, ist ihr nicht unbekannt. Baumfrevler, den es zu finden gilt. mal überlege ich, wie Selma in der einen Selma traf die Familie früher während ihrer oder anderen Situation reagieren würde.» Ferien in Gstaad. Bei der Ankunft auf der Alp Philipp Probst zeigt sich schnell: Nichts ist mehr wie früher. Alpsegen – Die Reporterin am Lauenensee Eine charismatische und sympathische Der Vater und die beiden Söhne der Älplerfa- orte Verlag Protagonistin ist das eine, ein Schauplatz 240 Seiten, Fr. 34.– milie wirken verbittert. Was ist passiert? Ganz mit Ausstrahlung und Wiedererken- anders die Sennerin Martina, die als Käserin ISBN 978-3-85830-266-3 nungswert das andere. Selmas erster Ein- 8 Die Zeile, März 2020
abenteuerliche Eine Eine Reise Puschlaver vom Appenzellerland nach Frankreich bis ins Morgenland Familiensaga lage 2. Auf 360 Seiten, Fr. 38.– ISBN 978-3-85830-253-3 Vom einfachen Leben der Weberbauern lage 3. Auf 226 Seiten, Fr. 38.– 412 Seiten, ill., Fr. 38.– ISBN 978-3-85882-807-1 ISBN 978-3-85830-240-3 satz spielt in der Bergwelt beim Lauenen- Seit einem Jahr ist er festangestellt bei see im Saanenland. Den Ort suchte er den Basler Verkehrs-Betrieben. Die Ideen Thriller bewusst aus: Schön musste er sein und für seine Bücher kommen ihm während von Philipp Probst Ausstrahlung weit übers Lokale hinaus des Fahrens. «Es muss an der Vorwärts- haben. «Ein bisschen Heidi-Schweiz bewegung liegen», sagt er. In langen Pau- eben», sagt der Autor. sen – die je nach Einsatzplan mehrere Stunden dauern können – und in der Die Ideen kommen beim Busfahren Freizeit schreibt er und erledigt alle anfal- 380 Seiten, Fr. 39.80 ISBN 978-3-85882-728-9 Noch nie habe er sich so professionell an lenden Zusatzarbeiten. Neunmal hat er ein Buchprojekt gemacht wie dieses Mal, «Alpsegen» überarbeitet und dabei die sagt Philipp Probst. Dabei ist er kein Profile seiner Darsteller geschärft. Er hat Laie: Er war über zwanzig Jahre als Re- Erstleser engagiert, einen Filmtrailer ge- porter, Nachrichten- und Politikjourna- dreht, bewirtschaftet Website, Blog und list bei verschiedenen Zeitungen und Facebook – ziemlich viel Arbeit nebst ei- Zeitschriften tätig; heute schreibt er noch nem Hundertprozent-Job. Und es wird 436 Seiten, Fr. 39.80 regelmässig Kolumnen. Er hat in den Ver- noch mehr: Philipp Probst hat die Ge- ISBN 978-3-85882-659-6 lagen des Verlagshauses Schwellbrunn schichte so aufgebaut, dass Fortsetzungen drei Bücher herausgegeben, die in der möglich sind. Der zweite Band ist fast Medienlandschaft spielen. Hauptberuf- fertiggestellt und erscheint im Herbst lich ist er heute Busfahrer. Schon seit vie- 2020. Dann reist Selma nach Engelberg. len Jahren war er zwischendurch als Last- Und auch für einen dritten Teil schwirren wagen- und Carchauffeur in Europa und Philipp Probst bereits Ideen im Kopf he als Busfahrer in der Schweiz unterwegs. rum. ckö 448 Seiten, Fr. 39.80 ISBN 978-3-85882-565-0 Die Zeile, März 2020 9
Eintauchen in eine Gegend voller Geschichten Zum elften Mal nimmt Peter Eggenberger Es ist eine Symbiose par excellence: Peter das Publikum mit vergnüglichen Eggenberger und seine Kurzgeschichten. Kurzgeschichten mit auf einen Streifzug 1989 entstand der erste Band, mittlerweile folgt der elfte: «D Hebamm vo Walzehuu- durch das Appenzeller Vorderland. se». Köstliche Episoden, verblüffende Zwi- Oft hätten die Menschen das Gefühl, jetzt schenfälle, originelle Begebenheiten oder falle ihm dann nichts mehr Neues ein, auch rekordverdächtige Tatsachen über sagt der 81-Jährige. «Doch das Gegenteil die Menschen im Vorderland verpackt der ist der Fall.» Autor erneut in vergnügliche Kurzge- schichten. Erzählt werden sie im Kurzen- Auch mit 81 Jahren gehen Peter Eggenberger die berger Dialekt, einem vom Rheintal mitge- Ideen für neue Geschichten nicht aus. Bild: caw prägten Dialekt der Bewohnerinnen und Bewohner im Appenzeller Vorderland. «Das Vorderland ist eine Gegend voller Geschichten», begründet Peter Eggenber- ger seine Ausdauer. «Es ist eine Arbeit, die nie endet.» Dabei muss er sich nicht selbst auf die Suche nach Geschichten machen, sondern diese finden den Weg zu ihm. Immer wenn er ein neues Buch herausge- geben habe, seien Rückmeldungen ge- kommen. Er werde oft gefragt, ob er die- ses schon gesehen oder jenes schon gehört habe. «Die Leserschaft hat mich stets mo- tiviert weiterzumachen.» 45 neue Ge- schichten sind seit dem letzten Buch zu- sammengekommen, 35 werden in den elften Band aufgenommen. «Es ist ein gu- tes Gefühl, wenn man als Autor die besten auswählen kann.» Schlagfertig bis naiv Häufig dringt in den Geschichten des neuesten Bands die Schlagfertigkeit der Appenzeller durch. In weiteren Erzählun- gen wie «E Frau us em Internet» und «Moderni Komunikaziostechnik» wird hingegen naiv agiert. Gereimte Texte wie «S Aalter» und «Üsers Bähnli» gehören
E i n C om i c zur Gleichstellung Mit seinem elften Kurzgeschichtenbuch streift Peter Eggenberger erneut vergnüg- lich durchs Appenzellerland. Verblüffende Zwischenfälle und schier unglaubliche Be- gebenheiten, aber auch rekordverdächtige von Frau/Mann Tatsachen lassen staunen, schmunzeln und lachen. Begebenheiten, in deren Mittel- punkt originelle, teils weitherum bekannte Leute stehen, wie der dänische Prinz Aage, der im Weissbad Kurferien verbringt; köstli- che Episoden rund um die «Hochschule» auf dem St. Anton; die Walzenhauser Heb- amme, die mit einem Magnetopathen die Geburtswehen einer Schwangeren an den Briefträger delegiert. Immer wieder kommt die Schlagfertigkeit der Appenzellerinnen und Appenzeller zum Zuge. In weiteren Geschichten wie etwa «E Frau us em Internet» und «Moderni Komu- nikaziostechnik» hingegen wird naiv agiert. Gereimte Texte wie «S Aalter» und «Üsers Bähnli» gehören ebenso zum Inhalt wie der vergessene Liedtext «Appezeller Rund- schau», der von Reute bis Schönengrund jeder Gemeinde die Reverenz erweist. Peter Eggenberger D Hebamm vo Walzehuuse Appenzeller Verlag 76 Seiten, ill., Fr. 25.– 128 Seiten, ill., Fr. 22.– ISBN 978-3-85882-832-3 ISBN 978-3-85882-834-7 68 MARIO ANDREOTTI ebenso zum Inhalt wie der vergessene kommener Ausgleich zu seiner freien GEHT DEM Liedtext «Appezeller Rundschau», der von Reute bis Schönengrund jeder Ge- Journalistentätigkeit. Bei den Geschich- ten könne er mehr in die Tiefe gehen, KULTURELLEN meinde die Reverenz erweist. dürfe seine Fantasie walten lassen und VERLUST IN Peter Eggenberger ist überzeugt, dass auch ein wenig fabulieren. Damit deutet nicht nur das Vorderland einen reichhalti- er an, dass sich nicht alle Begebenheiten SPRACHE, SCHULE gen Schatz an Geschichten bietet. In jeder in den Geschichten wirklich so abgespielt anderen Region liesse sich, wenn man an haben, wie er sie erzählt. «Dort, wo sich UND BILDUNG der Oberfläche kratze, Vergleichbares rea- lisieren. «Aber es braucht jemanden, der Jahreszahlen finden, kann man aber da- von ausgehen, dass der Wahrheitsgehalt AUF DEN GRUND die Geschichten aufschreibt.» Allerdings, gross ist», meint er schmunzelnd. Diese so Peter Eggenberger, werden seine Quel- Ungewissheit sorgt bei den Lesungen re- len allmählich weniger. Menschen, die in gelmässig für Gesprächsstoff und Span- eine Zeit des Umbruchs hineingeboren nung. wurden und den Zweiten Weltkrieg miter- Auch mit dem neuesten Band will er lebt haben, sind alt geworden. Der Autor wieder auf Tournee gehen und für spricht von einer Generation, die un- kurzweilige Stunden bei den Zuhörenden glaublich viel weiss und noch nicht durch sorgen.Über zwanzig Termine habe er be- steten Medienkonsum abgelenkt war. reits eingefädelt: Vereinsanlässe, Alters- nachmittage, Geburtstagsfeiern, Matinées Wahr oder unwahr? oder Bibliotheksveranstaltungen. Peter Für Eggenberger ist das Schreiben von Eggenberger liebt es, Menschen mit sei- Kurzgeschichten immer auch ein will- nen Geschichten zu erfreuen. rf 120 Seiten, Fr. 28.– Die Zeile, März 2020 11 ISBN 978-3-03895-013-4
Hans Hürlemann schnappt se, die Mundartwörter und Schnöch öne, -ausdrücke in Gesprächen Der schlö auf. Bild: caw tocke Mundartkenner Hädämpfig ond blöösc htig rg a rte i s c h uel de ke l Die Schweizer Mundart verändert sich ständig. Chen oder Töc Hans Hürlemann gräbt gern alte Ausdrücke aus und erforscht ihre Herkunft. Seine Kolumnen über die Appenzeller Dialekte aus dem Appen- Fööfliiber zeller Magazin sind nun in Buchform erschienen. ond Backnasli Hans Hürlemann spricht einen schönen Hans Hürlemann besonders Freude. «Ein ven und Büchern holt er sich Inspiratio- Hinterländer Dialekt. Er kann aber eben- sehr hilfreiches Buch», sagt er. nen für seine Kolumne. Die besten Wörter so gut einen Innerrhoder glaubhaft inter- und Ausdrücke schnappt er aber in Ge- pretieren. Und er weiss fast alles über die Hungregeli sprächen auf, etwa, wenn er als Musiker hiesigen Dialekte und die Herkunft un- Seit 2013 schreibt Hans Hürlemann mo- – er spielt Hackbrett und Cello – oder als zähliger Worte – oder er weiss, wo er natlich einen Beitrag im Appenzeller Ma- Beobachter von Brauchtumsanlässen un- nachschlagen muss. Daheim auf dem gazin über die Appenzeller Mundart und terwegs war und ist. Eines der schönsten Tisch in Urnäsch liegen Bücher über die ihre Eigenheiten. Dabei kommen ihm sei- Worte für ihn: «Hungregeli» – Honigre- Appenzeller Mundart, Nachschlagewerke ne früheren Tätigkeiten als Sekundarleh- gen. «Das sagte einst ein Bauer, der sich und Belletristik. Eines davon, «Appenzel- rer und Redaktor der Appenzeller Zeitung Regen für die trockenen Wiesen wünsch- ler Sprachschatz», stammt aus dem Jahr sowie sein Interesse für Volkskunde und te», erinnert er sich. Geblieben ist ihm 1837. Geschrieben hat es der Arzt und Di- Musik zugute. Hans Hürlemann ist Ver- auch der Spruch: «Isch nütz ase veschide alektforscher Titus Tobler. Daran hat fasser etlicher Publikationen. Aus Archi- wie oogliich. – Eine schöne Art, etwas zu 12 Die Zeile, März 2020
Einzigartige Volkskunst: Entwicklung Die Sprache gilt als Schlüssel zum Verständnis und zeitliche der appenzellischen Kultur und Lebensart. Nicht immer erschliesst sich einem die Bedeu- Einordnung der tung sofort. Das Büchlein «Helewie» erklärt und unterhält zugleich. Seit 2013 schreibt Bauernmalerei Hans Hürlemann Kolumnen zur Appenzeller Mundart für das Appenzeller Magazin. Die Feinheiten der appenzellischen Sprache zeigen sich bereits im Buchtitel. «Helewie» schillert in verschiedenen Bedeutungen. Einerseits drückt es Erstaunen und Überraschung aus. Anderer- seits aber, vor allem mit der Betonung auf der ersten Silbe, soll es aufmuntern zum Weiter- machen. Genau so ist auch der Titel zu verste- hen: als Aufmunterung, sich für die Sprache des Appenzellerlands zu interessieren. Natürlich hat sich Hans Hürlemann auch in verschiedenen Publikationen umgeschaut – vor allem im Sprachschatz von Titus Tobler von 1837, in Joe Mansers Innerrhoder Sprachbuch, in Stefan Sondereggers Appenzeller Sprach- buch und in den Werken von Emmi Mühle- mann-Messmer. ig Elend Hans Hürlemann S zaur Helewie Appenzeller Verlag 112 Seiten, Fr. 24.– Hofe li, ISBN 978-3-85882-833-0 hosa tosam m, sagen, ohne Stellung zu beziehen», findet Zeit gerade von Jungen mehrmals gehört. Hans Hürlemann. Aktiv etwas gegen den Verlust der Mundart tun könne man nicht, sagt Hans Hürle- Dialekte verändern sich mann. Die Veränderungen haben mehrere Als Primarschüler zog Hans Hürlemann Gründe: Einfluss der Dialekte der umlie- mit seiner Familie von Herisau nach genden Kantone, die Mobilität, die elektro- St. Gallen. Nach den Ferien sollten die nische Entwicklung, die veränderten Le- Schülerinnen und Schüler reihum erzäh- bensumstände. Viele Fachbegriffe sind len, wo sie die Zeit verbracht hatten. «De- nicht mehr in Gebrauch und werden ver- hee», sagte Hans Hürlemann, und niemand gessen, weil es die Tätigkeit so nicht mehr wusste, wo das war. Also passte er seine gibt. Aussprache fortan etwas an. Zu jenen Pes- Im Mai wird Hans Hürlemann achtzig simisten, die die Dialekte sterben sehen, Jahre alt. Dann wird seine letzte Kolumne gehört er nicht. «Schon Mitte des 19. Jahr- im Appenzeller Magazin erscheinen. Sein hunderts befürchtete man, die Dialekte Interesse an Sprache und Volkskunde gingen verloren. Und heute gibt es sie im- wird darüber hinaus erhalten bleiben. Er mer noch, unterschiedlich und vielfältig.» hat schon ein neues Projekt im Auge: Er Doch auch er beobachtet Veränderungen, möchte die Pfarrbesuchsbücher der Ge- aktuell vor allem in Appenzell Innerrhoden meinde Urnäsch studieren. Und da wird bei der Aussprache der Vokale: Aus «Zwää» er wohl den einen oder anderen spannen- (Zwei) wird «Zwee» – das habe er in letzter den Ausdruck finden. ckö 64 Seiten, Fr. 24 Die Zeile, März 2020 13 ISBN 978-3-85882-225-3
Wer ist verant- wortlich für Lucas Tod? PKW und das Merkwürdige 272 Seiten, Fr. 26.– Seit über 50 Jahren schreibt der ISBN 978-3-85830-252-6 Zürcher Autor Peter K. Wehrli an einem Buch. An einem Buch, das bereits in veschiedenen Ausgaben erschienen ist und doch nie fertig wird: am «Katalog von Allem». Im orte Verlag ist mit der «Agenda für Immer» eine neue Version hinzugekommen. Zwei Morde im Toggenburg Wir haben mit Peter K. Wehrli – oder PKW, wie sein zur Marke gewordenes 176 Seiten, Fr. 26.– Kürzel lautet – in seinem «Sitzungszim- ISBN 978-3-85830-237-3 mer» in der Bodega Española mitten im Zürcher Niederdorf zum Interview abge- macht. In dem katalanischen Restaurant ist um 15 Uhr nicht mehr viel los, ein ide- aler Ort für ein Gespräch und eine der Lieblingsbeizen von Peter K. Wehrli, der allem Südländischen, insbesondere dem Spanischen, Portugiesischen und Brasilia- nischen zugetan ist. Und schon sind wir mitten drin in den Geschichten und in der Geschichte von Peter K. Wehrli, der diesen Sommer sei- nen 81. Geburtstag feiern kann. Geschich- Zwei mysteriöse ten, die er in den letzten fünfzig Jahren wohl ungezählte Male in der ihm eigenen Todesfälle Diktion erzählt hat und die ihm stets auf- merksame Zuhörerinnen und Zuhörer garantieren. So erzählt er dem Schreiben- lage den und der diesen begleitenden Fotogra- 2. Auf 312 Seiten, Fr. 26.– fin vom Beginn im Jahr 1968, als er auf ISBN 978-3-85830-261-8 einer Reise mit dem Orientexpress den Fotoapparat zu Hause vergessen hatte und alles, was er nun nicht fotografieren konn- te, notierte. So entstand der «Katalolg der 134 wichtigsten Beobachtungen während einer langen Eisenbahnfahrt», der bald einmal zum «Katalog von Allem» wurde.
Peter K. Wehrli an der Trittligasse in Zürich. Bild: caw Unterwegs im Orient-Express zwischen Zü- Es gibt nicht viele Bücher, rich und Beirut merkte Peter K. Wehrli im deren literarische Haltbarkeit Jahr 1968, dass er seinen Fotoapparat zu Hause vergessen hatte. Er wusste sich zu man voraussagen kann. helfen: Er fasste alles, was ihm bemerkens- Der «Katalog von Allem» wert schien, in Worte. Und so entstand ein Katalog all jener Dinge, die er fotografiert ist eins von ihnen. Die Welt hätte, wenn er die Kamera bei sich gehabt hätte. Diesem Festhalten seiner Beobach- tungen in kurzen Notizen oder Nummern blieb er treu, und die Sammlung aller Num- mern wurde zu seinem «Katalog von Al- Um seine Liebe zum Reisen zu erklären, sen, am liebsten in Südamerika. Und bis lem», den er nunmehr seit über fünfzig Jah- blendet Peter K. Wehrli noch weiter zu- heute notiert er alles, was er bemerkens- ren pflegt und fortsetzt. Aus dem auf 2222 rück. In seiner Jugend sei er mit Frido wert findet. Die Zahl der Notate, die er als Katalognummern angewachsenen «Work in Mann, dem Enkel von Thomas Mann, be- Nummern bezeichnet, ist am Datum un- Progress» hat Wehrli einen Jahreskalender freundet gewesen. Und dessen Tante, die seres Gesprächs auf 2219 angewachsen von 366 Nummern erstellt, die «Agenda für Journalistin Elisabeth Mann Borgese habe und wächst weiter. Immer». Dabei hat er die meisten seiner 1964 den Auftrag erhalten, Jawaharlal Peter K. Wehrli ist ein scharfer, zuweilen «geschriebenen Fotografien» jenen Tagen Nehru, den ersten Ministerpräsidenten listiger Beobachter. Seine Nummern sind im Jahr zugeordnet, an denen sich das Ge- schilderte zugetragen hatte. Der «Katalog Indiens, zu interviewen. Diese habe ihn, von aphoristischer Qualität, haben Wort- von Allem» ist mittlerweile in vielerlei Ge- den damals 25-Jährigen, eingeladen, sie witz, sind aber nie anbiedernd oder ver- stalt und in mehreren Ausgaben als Buch auf der langen Autofahrt nach Indien und letzend. Eine Auswahl dieser Nummern und Hörbuch erschienen, zuletzt in ameri- zurück zu belgeiten. Diese Indienreise sei liegt nun in der «Agenda für Immer» vor. kanischer Fassung als «Catalog of Every- es gewesen, die in ihm das Bedürfnis ge- Damit ist Peter K. Wehrlis Werk um eine thing and Other Stories» im Verlag der Uni- weckt habe, die Welt zu erkunden. Facette reicher. Ein Werk, das Schriftstel- versity of California Berkeley. lerkollege Martin R. Dean in seiner Lau- Ein listiger Beobachter datio zur Verleihung der Goldenen Ehren- Peter K. Wehrli Dieses Erkunden hat Peter K. Wehrli noch medaille des Kantons Zürich an Peter K. Agenda für Immer nicht abgeschlossen, bis heute ist er, der Wehrli im vergangenen Sommer voller orte Verlag sein Brot als Kulturredaktor beim Schwei- Respekt als eines der merkwürdigsten li- 376 Seiten, Fr. 28.– zer Fernsehen verdient hat, gerne auf Rei- terarischen Werke bezeichnete. mst ISBN 978-3-85830-264-9 Die Zeile, März 2020 15
Jeden Tag mindestens eine Stillezeit Mit Emotionen muss man umgehen können. Deshalb ist für Ruth Monstein Achtsamkeitstraining eines der wich- tigsten Schulfächer. Ihr Unterrichts material liefert die Grundlagen dazu. Seit zwei Jahren ist Ruth Monstein mit ih- rem Achtsamkeitstraining bei Fortbildun- Ruth Monstein bringt das Thema gen für Lehrkräfte und in Schulklassen Achtsamkeit in die Schulzimmer. Bild: caw unterwegs. Wenn sie vor eine Klasse oder die Kursteilnehmenden trete, brauche sie jedes Mal Mut, weil es schnell um sehr Persönliches gehe, sagt die Sechzigjähri- ge. «Aber ich bin immer überrascht, mit verbreitet. Denn Lehrkräfte lassen sich ning sei Bewusstseinsarbeit, und der welcher Natürlichkeit sich vor allem Kin- gern in Buchhandlungen davon inspirie- Achtsamkeitsmuskel müsse – genauso der öffnen.» Gefühle und Verhaltenswei- ren, was sie im Unterricht aufnehmen wie im Sport – regelmässig trainiert wer- sen erhalten Raum und werden benannt wollen. Das Bedürfnis nach Stille liegt seit den. Sie meine damit nicht, dass man – und allein diese Tatsache habe oft etwas jeher in uns. Das Binja-Lehrmittel liefert «Om»-summend durchs Leben spaziere. Entlastendes. die Grundlagen dazu und vor allem: Es «Das entspricht nicht der Realität. Aber Knapp zwei Jahre nachdem Ruth Mon- liefert eine Sprache für Gefühle. «Mit man soll spüren, wenn man an den An- steins Bilderbuch «Binja – achtsame Reise Emotionen muss man umgehen können. schlag kommt und dann eine Lösung fin- durch die Welt Gefühle» erschienen ist, Und deshalb scheint mir das Achtsam- den, um in den gesunden Ausgleich zu legt die St. Galler Pädagogin und Psycho keitstraining eines der wichtigsten Schul- kommen.» In die Stille zu gehen und acht- traumatologin ein Lehrmittel nach. Acht- fächer. Es fördert die Sozialkompetenz der sam zu atmen, gehört für sie morgens und samkeit soll Schule machen, findet sie. Kinder und gibt ihnen viel für ein kons abends dazu. Aber nein, auch ihr gelinge Eine – oder mehrere – Stillezeiten täglich truktives Miteinander mit.» Kinder wür- es nicht immer gleich gut, achtsam mit während des Unterrichts, das wäre es. den sich in h erausfordernden Situationen sich umzugehen. «Ich bin eine ganz nor- «Ich wünsche mir, dass Lehrpersonen zu- erstaunlich schnell an die Übungen aus male Frau, ich habe viel zu tun mit Beruf sammen mit ihren Schülerinnen und dem Achtsamkeitstraining erinnern, ans und Familie.» Zwölf-Stunden-Tage wäh- Schülern immer wieder in den Raum der ruhige Atmen etwa oder an die Selbsthilfe rend des Schreibens des nun erschiene- Stille eintauchen.» mit den fünf Fingern aus dem Jin Shin nen Lehrmittels waren zum Beispiel keine Jyutsu. Seltenheit. Gerade anspruchsvolle Zeiten Sozialkompetenz fördern verlangen einen besonders achtsamen Das Lehrmittel in Buchform ist das Kon- Den Achtsamkeitsmuskel trainieren Umgang mit sich selbst. «Ich habe gelernt, zentrat aus Ruth Monsteins langjähriger Mit einem Lehrmittel und einem mehr- dass ich Pausen einschalten muss. Atmen, Erfahrung mit dem Achtsamkeitstrai- wöchigen Training, wie es das Lehrmittel Stille und ein Spaziergang in der Natur ning. Damit hofft sie, dass sich das Thema vorschlägt, ist es aber nicht getan. Das be- unterstützen einen gesunden Ausgleich Achtsamkeit in der Schule noch weiter tont Ruth Monstein. Achtsamkeitstrai- und sorgen für neue Inspirationen.» ckö 16 Die Zeile, März 2020
Drache Froos’ abenteuerliche Geisskraut-Suche 2. Aufl age 24 Seiten, Fr. 25.– ISBN 978-3-908166-28-3 Das Binja-Achtsamkeitstraining führt Primar- GOLDI, WOLKENPICKER schulkinder (1. bis 6. Klasse) lustvoll zu einem achtsamen Umgang mit sich selbst und an- UND SCHLARPI ERLEBEN DIE deren. Basierend auf dem Bilderbuch «Binja WUNDER DES WINTERS – achtsame Reise durch die Welt der Gefüh- le», lernen die Kinder, wie sie mit Stress um- gehen können. Sie erhalten Impulse und Übungen zur Selbstregulierung. Den Lehr- personen werden mit dem vorliegenden Lehrmittel umfangreiche, erprobte Materiali- en und fertige Unterrichtseinheiten zur Ver- fügung gestellt, so dass es ihnen gelingt, im Schulzimmer eine nachhaltige Achtsamkeits praxis zu pflegen: mit Achtsamkeit zu mehr Selbstverantwortung, Konfliktfähigkeit und Aufmerksamkeit. Dies fördert ein gutes Lernklima und führt zu mehr Freude im Schulalltag. 40 Seiten, ill., Fr. 29.80 ISBN 978-3-85882-825-5 Ruth Monstein Binja – Achtsamkeit edition punktuell 144 Seiten, ill., Fr. 48.– ISBN 978-3-905724-69-1 line e B ü c her on h E REISE Ihr .c M en Sie llbrunn Bestell haus-schwe h E INE ACH TSA N GEFÜHLEN s verlag der telefonis c D E o 5 5 ZU 7 1 3 5 3 77 0 52 Seiten, ill., Fr. 29.80 ISBN 978-3-905724-60-8
Standardwerk Spannende über den Alpstein Ostschweiz Appenzeller Bräuche und Traditionen im Jahreslauf 364 Seiten, ill., Fr. 89.– ISBN 978-3-85882-700-5 Ein ausführliches 128 Seiten, ill., Fr. 28.– ISBN 978-3-85882-809-5 Porträt aller 130 Alpen im Kanton Appenzell Die ursprüngliche Ausserrhoden Form der Landwirtschaft 136 Seiten, ill., Fr. 34.– ISBN 978-3-85882-737-1 392 Seiten, ill., Fr. 48.– ISBN 978-3-85882-724-1
BEKANNTES UND UNBEKANNTES IM APPENZELLERLAND ENTDECKEN Bestelle nS 304 Seiten, Fr. 38.– verlagsh ie Ihre Bücher ISBN 978-3-85882-808-8 aus-sch online oder tele w e l l b r u nn.ch fo 071 353 nisch 77 55 EINE DER DIE KARTE MIT SCHÖNSTEN KULTSTATUS FÜR WANDERREGIONEN WANDERPROFIS DER SCHWEIZ ENTDECKEN Fr. 38.– ISBN 978-3-85882-821-7 FÜR JEDE WOCHE 256 Seiten, Fr. 38.– DES JAHRES ISBN 978-3-908166-23-8 EINE WANDERUNG 336 Seiten, Fr. 38.– ISBN 978-3-85882-594-0
Hundert Jahre Heiltätigkeit – der Berufsverband feiert Naturheilpraktiker und Komplementärtherapeuten sind heute anerkannte Gesundheitsfachpersonen. Die Naturärzte Vereinigung Schweiz (NVS), die heuer ihr Hundert-Jahr-Jubiläum feiert, hat einen wesentlichen Beitrag zur Professionalisierung der Heiltätigkeit in der Schweiz geleistet. Die Vorgängerinnen und Vorgänger ha- len der Regierung den Grundsatz der frei- ben Weitblick gezeigt: Fein säuberlich ha- en Heiltätigkeit in der Kantonsverfassung ben sie Protokolle, Fotos, Zeitungsberich- verankerte. Bis heute zieht die immer te, Kassabücher, Karikaturen und andere noch liberale Praxis Naturheilpraktiker Dokumente sowie Fläschli, Mikroskope und Komplementärtherapeuten ins Ap- und sogar grössere Geräte, die sie für ihre Heiltätigkeit brauchten, gesammelt und Caroline Büchel, Autor Hans-Peter Studer aufbewahrt. «Wir wussten zwar von die- und Othmar Gisler (von links). Bild: caw sem umfassenden Archiv, aber lange hat niemand die Sachen gesichtet», sagt Caro- line Büchel, die mit Othmar Gisler die Naturärzte Vereinigung Schweiz (NVS) präsidiert. Zum Glück stand das Hun- dert-Jahr-Jubiläum des Berufsverbands bevor. So kamen die historisch interessan- ten Dokumente und Objekte ans Tages- licht. Auch die heutigen Verantwortlichen schauen voraus: Nach den Jubiläumsfeier- lichkeiten werden sie das Archivmaterial dem Ausserrhoder Staatsarchiv übergeben, damit es fachgerecht aufbewahrt und der Öffentlichkeit erhalten wird. Ausserrhoder Hochburg Die Vergangenheit der NVS zusammenge- fasst hat Gesundheitsökonom Hans-Peter Studer, der seit vielen Jahren für die Verei- nigung schreibt. Die Geschichte der Verei- nigung ist eng mit dem Kanton Appenzell Ausserrhoden verknüpft. Hier wurde die Vereinigung gegründet, hier – in Herisau – befindet sich noch heute die Geschäfts- stelle mit acht Mitarbeitenden. In Aus- serrhoden geniesst die Naturheilkunde seit jeher einen besonderen Stellenwert. Den Weg dafür geebnet hatte die Landsge- meinde 1871, als das Volk gegen den Wil- 20 Die Zeile, März 2020
Wer heilt, hat Recht! Ein Plädoyer für ganzheitliches Das Buch nimmt Sie mit auf eine Zeitreise an- Denken und Heilen lässlich des 100-Jahr-Jubiläums der Naturärzte Vereinigung Schweiz (NVS). Eindrückliche und amüsante Episoden illustrieren die Verbands- geschichte und die Entwicklung der freien Heiltätigkeit. Im Zentrum steht Appenzell Aus- serrhoden. Hier beschlossen die Stimmbürger 1871 an der Landsgemeinde gegen den Willen der Obrigkeit die Einführung der Kurierfreiheit. Fortan durften auch nichtpatentierte Heilkun- dige Patienten legal behandeln. Je mehr Ausserrhoden zu einer Hochburg der freien Heiltätigkeit wurde, desto massiver fein- dete die etablierte Medizin die frei Praktizie- renden an und versuchte, sie als Scharlatane und Kurpfuscher abzutun. Ohne die NVS, ge- gründet 1920, wäre die Therapiefreiheit wohl 272 Seiten, ill., Fr. 42.– massiv eingeschränkt worden oder ganz ver- ISBN 978-3-85882-408-0 schwunden. So aber breitete sie sich im gan- zen Land aus. Heute ist die Naturärzte Vereini- gung Schweiz der grösste Verband der nichtärztlichen Naturheilkunde und Komple- mentärtherapie. 50 Tipps, wie man Hans-Peter Studer Mehr als Medizin gesund leben kann Appenzeller Verlag 272 Seiten, ill., Fr. 44.– ISBN 978-3-85882-835-4 penzellerland, weshalb die Dichte hier etwas von seiner Mystik verloren», heisst besonders hoch ist. In Ausserrhoden es dann. praktizieren zweieinhalb Mal so viele Dreitausend Mitglieder zählt die NVS. Heilpraktiker und Komplementärthera- Der Verband bringt sich in nationale Gre- 110 Seiten, ill., Fr. 24.– peuten wie Schulmediziner: Etwas mehr mien und Gesetzgebungsprozesse ein ISBN 978-3-85882-823-1 als 260 sind es. und gibt der Naturmedizin die Stimme, die sie seit der Volksabstimmung 2009 Heiltätigkeit hat sich hat und nutzen will. Seither ist die Kom- professionalisiert plementärmedizin in der Bundesverfas- In hundert Jahren Verbandstätigkeit hat sung verankert. Das hat auch Auswirkun- sich vieles verändert. Heute sind Natur- gen auf die Leistungsträger. Heute sind Gesundheit und heilpraktiker und Komplementärthera- viele natur- und komplementärmedizi peuten mehrheitlich weiblich. Seit dem Ja nische Behandlungen von den Kranken- Krankheit in den zur Komplementärmedizin 2009 gibt es zwei anerkannte Berufe mit eidgenössi- kassen anerkannt. Weiter fördert die NVS die Zusammenarbeit mit der Schulme Schriften Ulrich schem Diplom und damit eine Professio- dizin und mit anderen Bereichen der Bräkers nalisierung des Berufsstands. «Heiltätig- Alterna tivmedizin. Und sie entwickelt keit, die zwischen Wäschekörben und die Berufe weiter, um sie attraktiver zu Katzenkistchen ausgeführt wird, das gibt’s gestalten. Denn: In der Schweiz hat es nicht mehr», sagt Othmar Gisler. Er muss noch Potenzial für weitere Naturheil- es wissen: Die NVS besucht im Sinne ihres praktiker und Komplementärtherapeu- Qualitätsmanagements alle ihre Mitglie- ten, sind sich die Co-Präsidenten Caro- der in deren Praxen. Diese Professiona line Büchel und Othmar Gisler sowie lisierung werde zwar geschätzt, aber Gesundheitsökonom Hans-Peter Studer manchmal auch kritisiert. «Der Beruf hat einig. ckö 84 Seiten, Fr. 24.– ISBN 978-3-908166-39-9 Die Zeile, März 2020 21
e r m a g Bau torte – Das Mokka icht? oder n menschliche Streben nach Status 136 Seiten, ill., Fr. 26.– Status und Statussymbole sind ISBN 978-3-85830-259-5 historische Konstanten. Sie müssen in der Gesellschaft aber permanent neu ausgehandelt werden – auch in St. Gallen. Wie sich der Status und seine Symbole verändert haben, Gang durch das Jahr die Kostbarkeiten des Lebens Christine Fischers öffnet den Blick für beleuchtet das aktuelle Neujahrsblatt des Historischen Vereins des Kantons St. Gallen. Weshalb konnte sich im St. Galler Rhein- tal jemand vor 3000 Jahren Bernsteinper- len und -knöpfe mit einem Gesamtge- wicht von über 350 Gramm leisten? Was hatte das Tragen von Spitzen in der Frühen Neuzeit mit Luxus, Macht und Kontrolle zu tun? Wie hat Pelz seinen Rang als Sta- tussymbol erlangt – und wieder verloren? Wo befanden oder befinden sich Gärten im Kanton St. Gallen, die als Statussymbol dienten oder dienen? Und wer kann bes- ser zwischen Philanthropie und Status 168 Seiten, Fr. 26.– balancieren als Appenzeller Stiftungen? ISBN 978-3-85830-260-1 Thema der 160. Ausgabe des Neu- jahrsblatts des Historischen Vereins des Kantons St. Gallen ist der Status und seine Symbole. Arman Weidenmann, Histori- ker und wissenschaftlicher Mitarbeiter Eine Liebes- des Stadtarchivs der Ortsbürgergemeinde St. Gallen, hat zusammen mit dem frei- beziehung schaffenden Historiker Clemens Müller die Federführung für das Neujahrsblatt zweier 2020 übernommen. Die beiden konnten auf die Unterstützung etlicher Autorinnen Menschen und Autoren zählen, die ihr Wissen geteilt am Lebens- und Texte beigetragen haben. «Das Ver- dienst gebührt ihnen», sagt Clemens Mül- abend ler. Themen, die eine Breite ermöglichen, sowohl zeitlich wie geografisch, liegen bei der Festlegung der Schwerpunkte der 116 Seiten, Fr. 28.– ISBN 978-3-85830-263-2
Arman Weidenmann und Clemens Müller haben zusammen mit einem Autorenteam das Thema Status historisch beleuchtet. Bild: caw Das 160. Neujahrsblatt (2020) des Histori- nen und Geschichtsforschende betrachten schen Vereins des Kantons St. Gallen macht Status aus unterschiedlichen Perspektiven sich auf die Suche nach dem Status und sei- und eröffnen eine Palette von Zugängen nen Symbolen. Woher kommt der Wunsch, zum Thema. Dabei werden neben Status- sich von der Masse abzuheben? Wie mani- symbolen (Schmuck, Textilien, Silber, Autos, festiert er sich? Leitgedanke ist, dass ohne Wappen, Pelz) auch Architektur, Garten- Status ein Leben in der Gesellschaft nur baukunst und philanthropische Stiftungen schwer vorstellbar wäre, würden doch angesprochen. grundsätzliche Ordnungs- und Orientie- rungskategorien fehlen. Dieses Phänomen kann als historische Konstante bezeichnet Arman Weidenmann (Hrsg.) werden. Archäologische Funde aus der 160. Neujahrsblatt HVSG (2020) Frühzeit, aber auch herrschaftliche Landsit- Verlag FormatOst ze aus dem Spätmittelalter zeugen davon. 224 Seiten, ill., Fr. 38.– Archäologinnen, Architekten, Soziologen, Literaturwissenschaftler, Kunsthistorikerin- ISBN 978-3-03895-020-2 Neujahrsblätter stets im Vordergrund. ran könne man sich orientieren. Es gebe Das Neujahrsblatt als «Das Thema Status hat eine grosse histo- materiellen Status – Statussymbole – und Statussymbol rische Tiefe.» Und so gibt es in der aktuel- Status, der das Lebensglück betreffe. «Es Historische Forschung und historisches len Ausgabe Artikel von der Frühge- geht um gesellschaftliche Anerkennung Wissen so zu vermitteln, dass sie allge- schichte bis zur Gegenwart zu lesen, von und darum, wahrgenommen zu werden», mein verständlich sind – das wollen Neu- Rapperswil bis ins Rheintal. sagt Clemens Müller. Und, so zeigt der jahrsblätter landauf landab, auch das Neu- Blick in die Geschichte und in die Gesell- jahrsblatt des Historischen Vereins des Status als Orientierungshilfe schaft der Gegenwart: «Status ist nicht Kantons St. Gallen. Es wendet sich seit je- «Das Streben nach Status ist seit jeher ein statisch, sondern in Bewegung. Er muss her an Fachpersonen, vor allem aber auch menschliches Bedürfnis, der Mensch will permanent ausgehandelt und gesell- an historisch interessierte und versierte sich abgrenzen», sagt Arman Weiden- schaftlich akzeptiert werden. Damit ver- Bürgerinnen und Bürger – und fungiert mann. Status ermögliche eine gewisse ändern sich auch die Statussymbole», sagt damit wohl in manchen Bücherregalen als Ordnung im gesellschaftlichen Leben, da- Arman Weidenmann. Statussymbol. ckö Die Zeile, März 2020 23
itE R Der Dichtung ist mit unserem Verstand nicht Von beizukommen, Rüebli- ZEIT SC HR sie reisst ihn mit sich fort und wirft ihn um. Wurscht bis IFT ind fe s r Tie Michel de Montaigne r de übe Brottorte ie n, d me Erika Pertzel liebt es, Gäste zu bekochen. 19 Jahre arbeitete sie Der Ort für Poesie und Prosa mit Schwer in einem Lebensmittelkonzern. punktthema, Hinweisen auf Bücher und In Rorschach half sie beim e Veranstaltungen und einer Galerie voller Aufbau eines Restaurants mit. on UG 1 Poesie. Nun steht sie an der Spitze eines hen URZEITSCHRIFT Vereins, der das Buch «Ror- schach kocht» herausgibt – mit s Merz rung der Worte N° 20 3|S CH WE IZER LITE RAT URZ EITS CHR IFT Rezepten aus aller Welt. FT CHRI RZ EITS RATU LITE CHRIFT ZER RZEITS H WEI LITERATU 4 | SC WEIZER N° 20 205 | SCH Fidelisuppe, Braten und Kartoffelstock Z war das Lieblingsmenü, das Erika Pertzel U als Mädchen bei der Grossmutter genoss. 1 «Nic F ht s olch Nach wie vor habe sie dieses Menü gerne, Wer e Än ne r Buc her gste (193 8 –2 , du 019) ... » aber eher mit Rindsbraten als mit Schwei- A nebraten, meint sie schmunzelnd. Ihre 1 L not? Begeisterung für Lebensmittel und fürs L Why E KUNST Kochen hat sie durch ihr Leben begleitet. «DASS ALLNERSTEN poe ten AUS D EM IN » Fast zwei Jahrzehnte arbeitete sie als Per- USS(18… 1 FLIESSEN MPaul Haller 82–1920) 1 sonalfachfrau bei einem Lebensmittel- TSCHRIFT konzern. Ihre zweite Leidenschaft ist die Jahresabo französische Sprache. Regelmässig ver- bringt sie ihre Ferien in Frankreich. Und orte Literaturzeitschrift mit wie könnte es anders sein: Sie geniesst die Poesie-Agenda französische Küche. Ihr liebster Fisch sei Fr. 80.– die Seezunge. Jetzt bestellen: Buch bringt kulinarische Vielfalt Tel. 071 353 77 55 zusammen www.orteverlag.ch Kulinarische Besonderheiten gibt es auch verlag@orteverlag.ch am Bodensee. In diesem Frühjahr wird 1 24 Die Zeile, März 2020
Was haben die Pfahlbauer gegessen? Oder kennen Sie das Lieblingsessen der österrei- chischen Kaiserin Zita? Das Rorschacher Kochbuch nimmt sich des Essens und der ku- linarischen Besonderheiten am See an. Nicht nur historische Rezepte werden vorgestellt, sondern auch Rezepte aus aller Welt. Denn in Rorschach und Umgebung wohnen Men- schen aus vielen Nationen. Diese Vielfalt hat über die Jahrzehnte sowohl das gesellschaft- liche und kulturelle Leben in Rorschach ver- ändert als auch die Essgewohnheiten. Das Rorschacher Kochbuch zeigt überdies in Wort und Bild die Menschen und Geschich- ten hinter den Rezepten. Vorgestellt werden alte Familienrezepte und Eigenkreationen. Auch private Kochbücher werden geöff- net: So etwa ein Armleute-Kochbuch, das Rezepte aus einer Zeit vorstellt, als viele Menschen unter Hunger litten. Hin- ter dem Rorschacher Kochbuch steht eine Gruppe von Seniorinnen und Senio- ren. Verein Kochbuch Rorschach Rorschach kocht Verlag FormatOst 152 Seiten, ill., Fr. 38.– ISBN 978-3-03895-021-9 Sie ist eine der kochbegeisterten Senioren, die das Rorschacher Kochbuch initiiert haben: Erika Pertzel. Bild: caw Realität, was Erika Pertzel und weiteren schen Kaiserin Zita, die vorübergehend sowie organisatorische Aufgaben. Eines Seniorinnen und Senioren schon lange auf Schloss Wartegg im Exil war, wird be- Tages brachte Johanna Enzler die Idee ei- vorschwebt: ein Rorschacher Kochbuch schrieben. Verraten will Pertzel dieses vor nes Kochbuchs aufs Tapet. Schnell merk- mit historischen Rezepten aus der Region der Veröffentlichung des Buchs nicht. ten die Seniorinnen und Senioren, dass ein und mit Menüvorschlägen aus Italien, solches Projekt herausfordert. Darum ha- Spanien, Sardinien, Frankreich, Pakistan, Im «Negropont» kennengelernt ben sie mit Richard Lehner einen Projekt Eritrea oder Mittelamerika. Oft höre man Hinter dem Buch «Rorschach kocht» steht koordinator verpflichtet. Katharina Nagy Klagen über die vielen Ausländer in der ein Kollektiv von vier kochbegeisterten Se- unterstützt die Gruppe bei der Fotografie. Gegend rund um Rorschach, so Erika niorinnen und einem kochbegeisterten Nicht alle Rezepte, auf die man wäh- Pertzel. «Doch sie sorgen für eine kultu- Senior: Nebst Erika Pertzel sind dies Jo- rend der Projektphase stiess, haben es ins relle und kulinarische Vielfalt.» Das Buch hanna Enzler, Brigitte Hungerbühler, Milli Buch geschafft. Heute wird kein Fisch bringt sie zusammen. Brühlmann und Rolf Hofstetter. Gemein- otter oder gefülltes Schaf mehr gegessen. Überdies soll es ein Werk sein, das sam haben sie den Verein Rorschacher Eines der von Erika Pertzel beigetragenen man auch als Bettlektüre lesen könne, Kochbuch gegründet. Kennengelernt ha- Rezepte ist die Tessiner Brottorte. Ihre weil es geschichtliche Aspekte aufgreife. ben sie sich im «Negropont» in Rorschach. Ex-Schwiegermutter sei Tessinerin gewe- So werde unter anderem erzählt, was die Dieses von der Pro Senectute initiierte Re- sen, und so fand dieses Rezept zur Ror- Pfahlbauer gegessen haben, oder dass es staurant wird ausschliesslich von freiwillig schacherin an den Bodensee. Im Wissen vor fast hundert Jahren bereits einen Ta- Engagierten geführt. Fünf Jahre lang obla- um all diese Besonderheiten verspricht ke-away in Rorschach gab. «Allerdings gen hier Erika Pertzel nach ihrem Aus- Erika Pertzel: «‹Rorschach kocht› ist an- ohne Kebab», sagt Erika Pertzel. Sogar das scheiden aus dem Berufsleben nebst dem ders als alle Kochbücher, die bereits auf Lieblingsessen der letzten österreichi- Küchendienst die Personaleinsatzplanung dem Markt sind.» rf Die Zeile, März 2020 25
Religion und Glaube aus einem anderen Blickwinkel Der katholische Pfarrer Hermann Hungerbühler denkt oft über Welt, Kirche und Gott nach – und das vielleicht nicht so, wie man es erwartet. Der ehemalige Pfarrer Hermann Hunger- das hat mir gut getan», sagt der 86-Jähri- beitungsfirma Eisenring in Gossau SG bühler hat ein Buch geschrieben über sei- ge. Er sei froh, dass er sich von gewissen und einer – wie er es nennt – misslunge- ne Sicht auf die Welt und über die Wun- Dogmen und Ideologien lösen konnte. nen Militärkarriere studierte er in Mai- der-Welten, die sich ihm aufgetan haben. «Sie sind im Moment wichtig, in dem sie land und Innsbruck Theologie. Als Pries- Einen wesentlichen Beitrag zu seinen An- geschaffen wurden, aber nicht für im- ter arbeitete er in Wil, Heiden, Herisau, sichten geleistet hat der Psychiater C.G. mer.» Niederbüren und Lissabon. In Wil habe Jung (1875–1961). Nach der Pensionie- man extra für ihn eine Stelle geschaffen rung als katholischer Pfarrer wohnte Her- Was sagt Jesus dazu? unter einem als streng bekannten Pfarrer, mann Hungerbühler in der Nähe von Schon immer hat Hermann Hungerbüh- wohl um ihn im Auge zu behalten, erin- Jungs Refugium und setzte sich intensiv ler sich hinterfragt, und im Laufe der Jah- nert er sich und schmunzelt. Hatte er in mit ihm auseinander. «Ich war fasziniert re haben sich viele seiner Ansichten um Gottesdiensten ein Publikum vor sich, davon, wie er als Pfarrerssohn und Psychi 180 Grad geändert. Priester wurde er auf dem er es zutraute, damit umgehen zu ater Religion und Glaube aus einem ande- dem zweiten Bildungsweg. Nach einer können, habe er auch einmal ein Stück of- ren Blickwinkel betrachtete als ich. Und kaufmännischen Lehre bei der Holzverar- fizielle Kirchengeschichte demoliert. «Ich Über Carl Gustav Jung hat Hermann Hun- den, Christen und Muslime bis zu den Hindus gerbühler Zugang zu seinen Wunder-Welten und Buddhisten. Es ist Hermann Hungerbüh- gefunden. Als ehemaliger Pfarrer und Seel- lers Wunsch, dass die Menschen mehr inne- sorger in Bollingen am Obersee wohnte er in halten und aus der Vergangenheit das mit- der Nähe von Jungs Refugium am oberen nehmen, was auch in Zukunft seinen Wert Zürichsee. Allerdings schenkte er dieser Tat- behält. Seine Einblicke in die Wunder-Welten sache keine Beachtung, bis ein Student aus sind eine wertvolle Hilfe und Anregung zum Prag zu ihm ins Pfarrhaus kam und sich nach eigenen Nachdenken. Jungs Haus erkundigte. Da war ihm plötzlich klar, dass er diesen verborgenen Winkel nicht länger ignorieren sollte. Dies öffnete dem Hermann Hungerbühler Autor den Blick für Wunder-Welten an allen Mosaik der Wunder-Welten Orten und zu allen Zeiten. Er hat Antworten edition punktuell auf die Frage nach dem Sinn des Lebens, die 256 Seiten, ill., Fr. 34.– die Menschen seit jeher und überall beschäf- tigt, zusammengestellt – von der Steinzeit bis ISBN 978-3-905724-67-7 in die Moderne, von den Atheisten über Ju- 26 Die Zeile, März 2020
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