ORGANSPENDE ZUSTIMMEN ODER WIDERSPRECHEN? - BUND FEG
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FEG DUISBURG CITY ZKZ 1051 · 126. Jahrgang · Februar 2019 EINE NEUE KIRCHE IM HERZEN VON DUISBURG GELIEBT IN ALLE EWIGKEIT WOLFGANG KRASKA PERSÖNLICH INGE WEIDEMANN IM PORTRÄT ORGANSPENDE ZUSTIMMEN ODER WIDERSPRECHEN? Gemeinde leiten: Was Mitarbeitende motiviert und bewegt
„WEnn meIne weLt Mal WieDer koPf SteHt, erInnErt mIch tEenSmaG daRan, dAss goTt Bei miR iSt.“ Elisa, 15 Jahre Im Alltag von Teens steht immer viel an. Stellen Sie Ihrem Kind/Enkel mit TeeNsmAg einen 6 Ausg./ Jahr € 21,80 zzgl. Versand Begleiter an die Seite. JEtzT vErsCheNkeN! > zUm gebUrtStaG Jetzt mit GRA > zUr bu-entLasSunG TIS SPECIAL und > zuR KoNfirmAtiOn stylischer M appe! wWw.TeeNsmAg.Net
WILLKOMMEN IN GOTTES HAND Meine Lebens- und Sterbelektion H err, lehre doch mich, dass es ein Ende mit mir ha- ben muss und mein Leben ein Ziel hat und ich da- von muss.“ (Psalm 39,5). Ich gebe zu, dieser Vers aus dem Fallenlassen, akzeptieren, dass Gott mein Leben in sei- ner Hand hält, dass er größer ist als ein Gott für die Ho- sentasche, den ich raushole, wann ich will. Das Vertrauen, Psalm 39 ist nicht gerade einer, den ich auf jede Glück- dass seine Hand der beste Ort ist, an dem ich mich be- wunschkarte schreiben würde. Und auch als ersten Satz finden kann. Das ist das, was ich 2019 immer mehr lernen in einer CHRISTSEIN HEUTE-Ausgabe scheint er etwas möchte. „Herr, lehre doch mich, dass es ein Ende mit mir depressiv. haben muss und mein Leben ein Ziel hat und ich davon muss.“ (Psalm 39,5). UNSICHERHEIT IN SCHWIERIGEN SITUATIONEN WICHTIGE ENTSCHEIDUNGEN TREFFEN Mir hat Jesus mit diesem Vers Ende des letzten Jahres eine Dieses Heft beschäftigt sich mit dem Thema Organspen- Sache sehr eindrücklich beigebracht. Zu diesem Zeitpunkt de. Wie denken wir als Christen darüber? Was sagt die Bi- hatte ich eine Herzkatheteruntersuchung, verbunden bel? Und: Ist die sogenannte „Widerspruchslösung“ – also mit einem kleinen Eingriff, und ich musste danach über der Vorschlag unseres Gesundheitsministers, dass jeder 12 Stunden still auf dem Rücken liegen. Nachts habe ich Mensch Organspender ist, es sei denn er widerspricht – dann Schmerzen bekommen, die ich nur schwer aushal- ethisch und biblisch zu vertreten? ten konnte. Ich habe nach dem Fachpersonal geläutet, eine Ich bin hier nicht der Fachmann und ich möchte den Ärztin kam, die Schmerzmitteldosis war irgendwann ausge- Artikeln auch nicht vorgreifen. Allerdings finde ich die Idee reizt, aber die Schmerzen veränderten sich nicht wirklich. der Widerspruchslösung spontan sympathisch. Zum einen „Ist da vielleicht doch etwas schiefgegangen?“ wird dadurch jeder Mensch herausgefordert, sich mit dem Da ich dank Google ja nun auch genau wusste, was für Thema Tod und Sterben zu einem Zeitpunkt zu beschäfti- Komplikationen selbst bei einer einfachen OP geschehen gen, an dem das Thema normalerweise verdrängt wird und konnten, die die Ärzte als „leichter als jeder Blinddarm“ beti- keine Rolle spielt. Zum anderen wird jeder Mensch heraus- telten – also Herzinfarkt, Schlaganfall und andere unschöne gefordert, zumindest einmal eine Entscheidung für sein ei- Dinge –, beschlich mich zwischendurch schon leichte Panik. genes Leben aufgrund ethischer Kriterien zu treffen. Allein diese beiden Aspekte könnten einer Gesellschaft guttun. WORTE GOTTES SPRECHEN HINEIN Und bei allem Diskutieren, bei allen unterschiedlichen Gebetet habe ich dauerhaft. Irgendwann dachte ich mir als Erkenntnissen, bleibt: Es ist Gott, der nicht nur unser Le- „guter“ Christ und ja immerhin Pastor: „Lies einfach mal ben, sondern auch unser Sterben in seiner Hand hält. die Losung für den Tag.“ Ich habe also meine App geöffnet Viel Spaß beim Lesen dieser Ausgabe! und diesen mutmachenden Vers gelesen: „Herr, lehre doch mich, dass es ein Ende mit mir haben muss und mein Le- ben ein Ziel hat und ich davon muss.“ „Witzig“, dachte ich. Ich gebe zu, es entspricht meiner Art von Humor. Und ich war nicht besorgt oder enttäuscht, sondern mir war ziem- lich schnell etwas klar, was Gott mir durch diese Worte sagen wollte: „Andi, lass doch einfach mal deine Systeme. Ich bin der Herr, DEIN Gott, und ich habe dein Leben in meiner Hand. Lass mich mal machen.“ ANDREAS SCHLÜTER | FeG Bundessekretär Junge Generation as jetzt? Abi in der Tasche – w s mi t Me die n“ machen wollen, sond ern davon fach nur „irge nd wa Für alle, die nicht ein ndes-Verlag ab August ruf zu ma ch en, bietet der SCM Bu träumen, ihre Berufun g zu m Be digital und print Me die nk au ffr au/Medienkaufmann 2019 Ausbildungsplätze an ! Als i: von der Idee tlic he r Ze its ch rif ten und Websites mit dabe ung chris jobbörse.de bist du bei der Entsteh m Ve rka uf. We ite re Infos: azubi.scm-traum Werbung bis zu der Produkte über die CHRISTSEIN HEUTE 2 | 2019 3
INHALTSVERZEICHNIS ORGANSPENDE – MONATSTHEMA: ZUSTIMMEN ODER WIDERSPRECHEN? 5 Neue Gemeinde PERSÖNLICH: FeG Duisburg City 40 Künstlerin Inge Weidemann Annekatrin Warnke 6 Statistik Organspende GLAUBEN & VERSTEHEN: 8 Geschenkte Zeit 42 Geliebt in alle Ewigkeit Thomas Petri Wolfgang Kraska 10 Gespendetes Leben 45 Leserbriefe Interview mit Alexandra Börger 46 Adressen, Impressum 14 Bibel, Blut und Organspende 47 Kleinanzeigen Michael Schröder AUSGEPACKT: 17 Geregelte Organentnahme 48 Freitag am Sonntag Heike Fischer Tobias Hild 18 Organspende aus Nächstenliebe 50 Redaktion Markus Iff Artur Wiebe 20 Ablauf einer Organspende 22 Widerspruchslösung CONTRA Sie möchten die Redaktion Uwe Heimowski kontaktieren? Artur Wiebe u. Jörg Podworny 23 Widerspruchslösung PRO 02302 93093-811 Wolfram Nagel redaktion@christsein-heute.de Sie möchten eine Nachricht aus 24 Organspende zum Thema Ihrer Gemeinde zusenden? Die Redaktion behält sich sinnwahrende machen – Materialien Bearbeitungen vor. nachrichten@christsein-heute.de 26 Benefits des Bundes FeG Sie möchten einen Leserbrief Wir inspirieren und prägen schreiben? mit guten Inhalten leserbrief@christsein-heute.de 28 FeG Sonder-Bundestag Sie möchten eine Anzeige schalten? André Buchholz | 02302 93093-648 30 Nachrichten buchholz@bundes-verlag.de Sie möchten eine Kleinanzeige LEITEN: (ungestaltet) schalten? 34 Was Mitarbeitende motiviert Sarah Rauschenberger | 02302 93093-828 und bewegt kleinanzeigen@christsein-heute.de Arne Völkel Sie haben eine Frage zu Ihrem Abonnement oder sind umgezogen? Michael Jacobi | 02302 93093-681 abo@christsein-heute.de 4 CHRISTSEIN HEUTE 2 | 2019
ORGANSPENDE ORGANSPENDE ZUSTIMMEN ODER WIDERSPRECHEN? Anzahl der Lebendspenden Ende 2018 in den Ländern KURZGESCHICHTE DER ORGANSPENDE von Eurotransplant 1883 Erste Verpflanzung von Schilddrüsengewebe durch Theodor Kocher, Schweiz NIERE 1906 Erste Nierentransplantation bei Tieren durch Alexis Carrel, Frankreich 1944 Sir Peter Medawar, britischer Zoologe, entdeckte NV 299 (D) | 668 (G) bei Hauttransplantationen an Tieren die Grundla- gen der modernen Transplantationsimmunologie 1954 Erste erfolgreiche Nierentransplantation (Lebend- V 339 (D) | 657 (G) spende) durch Joseph E. Murray an eineiige Zwillin- ge, dadurch keine Abstoßungsreaktionen (USA) T 638 (D) | 1325 (G) 1959 Erste erfolgreiche Nierentransplantation durch Joseph E. Murray zwischen genetisch verschiede- nen Personen (Lebendspende) 1962 Erste erfolgreiche Transplantation der Niere eines Verstorbenen durch Joseph E. Murray LEBER 1963 Erste Nierentransplantation zwischen verwandten Personen in Deutschland durch Prof. Wilhelm D 5 (D) | 5 (G) Brosig, Berlin 1966 Erste erfolgreiche Pankreastransplantation durch NV 6 (D) | 9 (G) Richard Lillehei (USA) 1967 Erste erfolgreiche Lebertransplantation durch V 46 (D) | 96 (G) Chirurg Tom Starzl (USA) 1967 Erste erfolgreiche Herztransplantation durch T 57 (D) | 110 (G) Dr. Christiaan N. Barnard, Südafrika 1968 Erste erfolgreiche Lungentransplantation durch Fritz Derom, Belgien 1969 Erste erfolgreiche Herz-Lungen-Transplantation durch Tom Starzl (USA) 1987 Erste erfolgreiche Dünndarmtransplantation durch LEGENDE Eberhard Deltz, Kiel (D) Deutschland V Verwandt 1997 Das deutsche Transplantationsgesetz (TPG) tritt in Kraft (G) Gesamt D Dominotrans- 2012 Einführung des Gesetzes zur Regelung der Ent- NV Nicht verwandt plantation scheidungslösung in Deutschland T Total 2016 Bundesweites Transplantationsregister eingeführt Quelle: organspende-info.de/infothek/geschichte 6 CHRISTSEIN HEUTE 2 | 2019
ORGANSPENDE Anzahl der Menschen auf den Wartelisten von Eurotransplant Ende 2018 in Gegenüberstellung zu der Anzahl der postmortal gespendeten Organe bis Ende 2018 in Deutschland LEBER 820 (D) 779 (D) HERZ 1390 (G) 1690 (G) 703 (D) 296 (D) 1132 (G) 616 (G) LUNGE 304 (D) 622 (D) NIERE 701 (G) 1368 (G) 7239 (D) 1621 (D) 10365 (G) 3511 (G) PANKREAS LEGENDE 33 (D) 91 (D) Anzahl der Menschen auf den Warte- 90 (G) 181 (G) listen von Eurotransplant Ende 2018 Anzahl der postmortal gespendeten Organe bis Ende 2018 in Deutschland (ohne Lebendspende) (D) Deutschland (G) Gesamt CHRISTSEIN HEUTE 2 | 2019 7
ORGANSPENDE GESCHENKTE ZEIT Wie eine Organspende mein Leben umkrempelte L eben Ihre Eltern noch?“ „Ja.“ „Dann ist Ihr Nieren- leiden nicht erblich bedingt.“ Mit diesen Worten be- gann vor über 20 Jahren das dunkelste Kapitel meiner bracht hatte. Aber hätte ich gewusst, was diese sechs Jahre der Dialysetherapie sonst noch mit sich bringen würden – ich wäre vermutlich im Vorfeld sehr ängstlich gewesen. Biografie. Es stellte sich durch verschiedene Untersu- Dreimal wöchentlich für fünf Stunden an der Maschine, chungen heraus, dass ich an einem nicht mehr umkehr- regelmäßige Übelkeit, massive Kreislauf- und Blutdruckpro- baren Zerfallsprozess der Nieren litt, der zwangsläufig auf bleme: Das waren die (bei mir) am deutlichsten wahrnehm- eine Dialysetherapie hinauslaufen würde. Diese Aussicht baren Beeinträchtigungen. Der Lebensrhythmus wurde be- relativierte alle Pläne für meine berufliche und private stimmt vom Takt der einzelnen Dialyse-Termine; und nicht Zukunft: nicht nur meine akademische Lauf bahn, auch nur mein eigener Lebensrhythmus, sondern auch der mei- unser Leben als Paar und Familie wurden stark beein- ner Frau, da wir uns dazu entschlossen hatten, Heimdialyse trächtigt, denn der Kinderwunsch, den meine Frau Petra zu betreiben. Dabei musste meine Frau mich an die Geräte und ich hatten, konnte sich nach dieser Diagnose nicht anschließen und den Verlauf der Dialyse mit überwachen. mehr erfüllen – und das nur drei Monate nach Abschluss Es waren für uns beide sechs sehr entbehrungsreiche Jahre, meines Studiums und unserer Hochzeit. die uns auch geistlich ziemlich herausgefordert haben. ENTBEHRUNGSREICHE JAHRE DER ERLÖSENDE ANRUF Nach einer Zeit des Übergangs von der ersten Diagnose bis Mai 2009: Der Anruf vom Transplantationszentrum: „Wir hin zur endgültigen Einstellung der eigenen Nierentätigkeit haben ein passendes Organ für Sie!“ Im Verlauf der Dia- war es dann soweit: Die Dialyse begann. Und ich empfand sie lysebehandlung fragt man sich natürlich, ob eine Trans- zunächst tatsächlich als eine Entlastung von den Beschwer- plantation überhaupt in Frage kommt. Aber nach Aussage den, die der Krankheitsverlauf bis dahin schon mit sich ge- des behandelnden Arztes läge meine Lebenserwartung 8 CHRISTSEIN HEUTE 2 | 2019
ohne Transplantation bei 55 Jahren – von daher war es für mich keine Option, sich nicht transplantieren zu lassen. Natürlich hatte ich Angst vor den Nebenwirkungen, die eine Transplantation und die sie begleitende Medikation mit sich brächten. Aber als dann der Anruf kam und mein Arzt mir sagte, dass es sich um ein für meinen Körper gu- tes Organ handele, war die Entscheidung FÜR die Trans- plantation, für die ich tatsächlich nur 30 Minuten zur Ver- Etwas Gutes tun für die Ehe-Beziehung? fügung hatte, sehr leicht. JA: Wir gönnen uns ein Wochenende bei DANKBARKEIT FÜR GESCHENKTE ZEIT Begegnung in der Ehe! Juli 2010: Ich sitze nach etwas über einem Jahr auf einem Felsen über der Atlantikküste in Cornwall. Seit sieben Jah- Begegnung in der Ehe ist für Ehepaare, die ren der erste Urlaub, das erste Mal wieder Baden im Meer. ihre Beziehung als Mann und Frau zueinander Ich sitze auf dem Felsen und bete und weine stundenlang; neu beleben und vertiefen wollen, egal wie weine vor Freude über und aus Dankbarkeit für die neu ge- lange sie verheiratet sind. wonnene Freiheit und die mir geschenkte Zeit. Dezember 2018: Natürlich stellen sich nach und nach Begegnung in der Ehe unterstützt zum Teil heftige Nebenwirkungen ein und auch eine trans- und stärkt Ehe und Partnerschaft für die plantierte Niere hält nicht ewig (im Durchschnitt ca. 14 Jah- Herausforderungen der heutigen Zeit! re). Ich weiß, dass ich in absehbarer Zeit vermutlich wieder Dialysepatient sein werde. Aber gerade das lässt mich diese geschenkte Zeit und mein Leben bewusster erleben. Für mich ist es gut, nicht zu wissen, von wem das Organ kam, um mich nicht der Familie des mir unbekannten verstor- benen Spenders gegenüber verpflichtet zu fühlen, aber ich bin dankbar, dass mir durch diese Spende diese Zeit „in Freiheit“ geschenkt wurde. THOMAS PETRI | Lehrer für Deutsch, Englisch und Ev. Religion | Fachleiter in der schulpraktischen Lehrerausbildung | Mitglied der FeG Siegen-Geisweid | siegen-geisweid.feg.de Termine 2019 15.–17.02.2019 Hessen/Rheinland-Pfalz 08.-10.03.2019 Baden-Württemberg 15.-17.03.2019 Niedersachen 15.-17.03.2019 Sachsen-Thüringen 22.-24.03.2019 Bayern-Nord 22.-24.03.2019 Hamburg/Schleswig-Holstein 05.-07.04.2019 Bayern-Süd 05.-07.04.2019 Berlin-Brandenburg 05.-07.04.2019 Nordrhein-Westfalen 26.-28.07.2019 Baden-Württemberg 20.-22.09.2019 Hessen 25.-27.10.2019 Bayern-Nord 25.-27.10.2019 Berlin-Brandenburg 25.-27.10.2019 Niedersachen 01.-03.11.2019 Hamburg/Schleswig-Holstein 08.-10.11.2019 Nordrhein-Westfalen 08.-10.11.2019 Sachsen-Thüringen 15.-17.11.2019 Baden-Württemberg 15.-17.11.2019 Bayern-Süd 15.-17.11.2019 Mecklenburg-Vorpommern 06.-08.12.2019 Baden-Württemberg Anmeldung: www.bide.de BidE in Österreich und der Schweiz siehe www.bide.at und www.bide.ch
ORGANSPENDE GESPENDETES LEBEN Alexandra Börger aus der FeG Kirchberg hat zweimal transplantierte Organe eingesetzt bekommen. Als Betroffene erzählt sie, wie es ihr mit den Organspenden ergangen ist. Die Fragen stellte Artur Wiebe. Alexandra Börger, wie ist es dazu gekommen, Wann klingelte das Telefon mit der Nach- dass du Ersatzorgane eines anderen Menschen richt, dass Organe verfügbar sind? Wel- gebraucht hast? che Gedanken sind dir da durch den Kopf geschossen? Mit fünf Jahren erkrankte ich an Diabetes Typ 1, also insu- linpflichtig. Mit Anfang 20 stellte ein Arzt die Diagnose, Der Anruf aus Heidelberg kam nach drei Jahren Wartezeit dass eine Autoimmunerkrankung meine Nieren schädigt. (geschätzt wurden drei bis sieben Jahre), Mitte März 2014. Dank Ärzten und Medikamenten ließ sich ein Nierenver- Es dauerte etwas, bis ich verstand, um was es ging. Meine sagen sieben Jahre aufschieben. Im März 2011 waren die erste Reaktion: „Diese Woche passt mir gar nicht, da habe Blutwerte so schlecht, dass ich dialysepflichtig wurde. Zeit- ich ein paar Termine.” Als Nächstes folgte dann Nervosität gleich wurde ich bei Eurotransplant auf die Warteliste für und Anspannung, dann Hektik. Ich packte meine Sachen eine neue Bauchspeicheldrüse und Niere gesetzt. und mein Mann fuhr mich in die Klinik. Während der drei- stündigen Fahrt konnte ich nur das Stoßgebet zum Him- Welche Auswirkungen hatte diese Ausnahme- mel schicken: „Gib mir Kraft und lass alles gutgehen.” situation auf deine Lebensplanung? Der Anruf aus Kaiserslautern 2018 kam an einem Diens- tagmorgen um fünf Uhr. Ich ging erst nicht dran. Erst beim Die Diagnose war anfangs ein Schock. Die Dialyse brachte zweiten Klingeln sah ich die Nummer von der Klinik. Ich Einschränkungen mit sich: Ich war nicht mehr so fit wie wusste, was auf mich zukommt. Zudem konnte ich schon vorher. Zudem hatte ich mich für die Heimdialyse ent- bei einem längeren vorherigen Aufenthalt im Westpfalz-Kli- schieden und musste alle sechs Stunden daran denken. Ich nikum und der wirklich guten Vorbereitung dort Vertrauen konnte nicht mehr als Erzieherin arbeiten und bekam eine in Ärzte und Pflegepersonal gewinnen. Ich fühlte mich si- Erwerbsminderungsrente. cherer und konnte mich entspannter auf den Weg machen. Wie sah dein Alltag während der Wartezeit Mit welchen Gefühlen bist du in die Operati- auf neue Organe aus? on gegangen? Ist bei dir alles glatt verlaufen? Hier muss ich zwischen meinen beiden Transplantationen Vor der ersten OP hatte ich große Angst. Im Kranken- 2014 und 2018 unterscheiden: Während der ersten Warte- haus angekommen, wurden alle Werte bestimmt und zeit war ich sehr nervös. Das Handy musste ich überall mit man musste auf das endgültige OK zur OP warten. Als hinnehmen, um erreichbar zu sein. Ich hielt mich nicht die Nervosität stärker wurde, bekam ich ein Beruhigungs- weiter als die geforderten maximal vier Stunden Entfer- mittel. Leider verlief die OP nicht ohne Komplikationen. nung zum Transplantationszentrum Heidelberg auf. An- Die Bauchspeicheldrüse entzündete sich und musste wie- sonsten verlief der Alltag relativ normal: viermal täglich der entfernt werden. Die Nierenwerte sind zwar nach vier Dialyse, Haushalt, Freunde treffen usw. Jahren stabil, aber leider nicht sehr gut. Später teilten mir Die zweite Transplantation sollte in Kaiserslautern statt- Ärzte einer anderen Klinik mit, dass die Organe nicht opti- finden. Diesmal nur die Bauchspeicheldrüse, da diese mal ausgewählt wurden. wieder entfernt werden musste. Erstaunlicherweise stand In den folgenden Jahren musste ich wegen Komplikatio- bereits eine Woche nach Listung ein optimales Organ zur nen immer wieder ins Krankenhaus. Ich habe gelernt, dass Verfügung. mit einer gesunden Portion Humor alles besser zu ertragen CHRISTSEIN HEUTE 2 | 2019 11
ORGANSPENDE ist. Dieses Motto begleitet mich: „Gott gebe mir die Gelas- wäre, wenn ich jetzt endlich „nach Hause” dürfte. Ich bin senheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann, ganz froh, dass ich mein Leben in Jesus’ Hände gelegt habe den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann, und die und er den Zeitpunkt entscheidet. Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.” Ich habe das Glück, in einer christlichen Familie aufge- wachsen zu sein. Ich weiß, dass sehr viel für mich gebetet Als du die Organe erfolgreich eingesetzt wurde. Das konnte ich spüren. Ich denke, dass für uns alle bekommen hast, wie hat sich dein Leben klar ist, dass der Tod nur das Leben hier auf der Erde be- endet. dadurch verändert? Es war eine Erleichterung und mit der funktionierenden Wie geht es dir damit, mit fremden Orga- Bauchspeicheldrüse wurde vieles einfacher. Es gibt aber et- nen zu leben? Wie mit dem Gedanken, dass was Wichtiges in meinem Leben, was vorher nicht denkbar jemand sterben musste, damit du Organe gewesen wäre: Da eine Schwangerschaft bei mir zu hohe Ri- bekommen konntest? siken bergen würde, war uns früh klar, dass wir eines Tages ein Kind in Pflege nehmen wollten. Dies ist nun möglich. Ich denke, dieser Satz ist falsch formuliert. Es muss hei- ßen: „Weil jemand gestorben ist, konnte ich seine Organe Hat der Glaube an Jesus Christus dir gehol- erhalten.” Wie auch immer die beiden Menschen starben, fen, damit „besser“ umzugehen? Wie hast du deren Organe ich bekam: Sie sind nicht gestorben, weil ich die Organe brauchte. andere Betroffene erlebt? Ich bin dankbar, dass es mir durch diese Spenden bes- Ohne meinen Glauben hätte ich keine der OPs so gut ver- ser geht und ich wieder mehr Lebensqualität habe. Viele kraftet. Ich hatte immer die Gewissheit, dass letztendlich Nicht-Betroffene erwarten jetzt große Emotionen, wenn Gott entscheidet, was in der OP und danach passiert. Ich es darum geht, dass etwas von einem anderen Menschen habe Ärzte und Chir- in mir weiterlebt. Vielleicht gibt es die ja bei einer Herz- urgen kennengelernt, transplantation. Ich weiß es nicht. Ich empfinde sehr Ich glaube nicht, dass ich denen ich ohne zu zö- große Dankbarkeit. Aber man denkt auch nicht jeden Tag nach meinem Tod meinen gern mein Leben anver- darüber nach. traute. Aber letztendlich irdischen Körper mit in den ist es Gott, dem ich am Hattest du Kontakt zu den Angehörigen des Himmel nehmen werde. meisten vertraue. Er ist Spenders oder das Bedürfnis, der Person in derjenige, der entschei- irgendeiner Form „Danke“ zu sagen? Emp- det, was wann mit mir findest du das Spenderorgan als Gottesge- passiert. Und ich bin sicher, dass er auch die Hände der Chirurgen führt. schenk? Betroffene verstehen nicht, wie ich „so locker” mit mei- Es gibt nach einer gewissen Zeit die Möglichkeit, mit den ner Situation umgehen kann. Es gibt viele Menschen, die in Angehörigen in Kontakt zu treten. Ich habe oft daran ge- Selbstmitleid versinken. Ich kann das nicht verurteilen. Das dacht. Aber es ist schwierig, einen Brief zu verfassen, wenn ist nun mal der einfachste Weg. Und ich habe auch solche man weder weiß, an wen dieser geht, noch wie die Ange- Zeiten hinter mir. Auf Dauer lebt es sich besser, wenn man hörigen zu der Organspende standen. Ich saß sehr oft vor die Situation annimmt, wie sie ist, und das Beste daraus einem Blatt Papier und kam nicht über die ersten drei Wor- macht. Und auf die Frage, wie ich das alles schaffe, kann te hinweg. Ich habe es irgendwann dabei belassen, Gott um ich nur sagen, dass ich diese Kraft aus anderer Quelle be- den Segen für diese Menschen zu bitten, und hoffe, dass sie komme. Ohne meinen Glauben an Jesus würde ich es nicht wenigstens glauben können, dass der Tod ihres Angehöri- mal ansatzweise aushalten. gen einem anderen Menschen geholfen hat. Ich empfinde die Möglichkeit der Transplantation als Als potenzieller Organempfänger muss man Gottesgeschenk. Und auch, dass er Menschen dazu befä- sich mit dem Gedanken an das eigene Ster- higt, diese OPs durchführen zu können. Ich glaube, dass Gott einen Plan für das Leben jedes Menschen hat, und ben auseinandersetzen. Wie hast du dich/ dass er manche Pläne auf wundersame Weise miteinander haben sich deine Angehörigen darauf ein- verknüpft. Und ich glaube, dass es für bestimmte Begeben- gestellt? heiten die perfekte Zeit gibt. Und so denke ich auch, dass Meine Situation war nicht unmittelbar lebensbedrohlich. Gott es so gelenkt hat, dass ich genau zu diesen Zeitpunk- Allerdings ging es mir nach der ersten Transplantation so ten transplantiert werden konnte, als diese Menschen ster- schlecht, dass ich daran gedacht habe, ob es nicht besser ben mussten. 12 CHRISTSEIN HEUTE 2 | 2019
ORGANSPENDE Organspende/-transplantation ist ein Thema, Zeiten in meinem Leben. In meinen Krankenhauszeiten das heiß diskutiert wird. Was hast du darü- wurde viel für mich gebetet. Mit Freunden und Familie ber gedacht, bevor es bei dir akut wurde? wurde auch viel über das Thema gesprochen. Zum zent- ralen Thema in der Gemeinde wurde es nicht – jedenfalls Während meiner Ausbildung zur Erzieherin wurde ich nicht in meinem Beisein. Es wird oft gefragt, wie es mir zum ersten Mal mit dieser Thematik konfrontiert. Ich ha- geht, und ich stehe auch immer gerne für Fragen bereit. be mich damals nicht detailliert damit auseinandergesetzt und mich bis ins Kleinste informiert. Aber ich empfand Hattest du Begegnungen mit Leuten, die und empfinde es als sinnvoll, jemandem nach dem eigenen Organspende ablehnen? Könntest du es Tod noch zu einem „neuen” Leben oder zumindest mehr verstehen, wenn jemand sagt, dass er keine Lebensqualität zu verhelfen. Die Organspende hat nur be- Organe spenden könnte? wirkt, dass ich mich eingehender mit der Thematik vertraut machte. Auf Menschen, die Organspende ablehnen, bin ich bis- her nicht gestoßen. Eher auf Menschen, die sich nicht mit Bist du selbst Organspenderin? Was denkst dem Thema befasst haben. Die meisten hören sich meine du über die geplante „Widerspruchslösung“, Geschichte interessiert an und fangen an nachzudenken. Dabei kommen oft sehr gute Gespräche zustande. Ich ha- in der gesetzlich jeder Organspender sein be keine Probleme mit Kritik oder gar der Ablehnung von soll, solange er oder seine Angehörigen nicht Organspende. Eine Entscheidung auf diesem Gebiet ist oft zu Lebzeiten widersprechen? mit gewissen Ängsten verbunden, manchmal auch mit Ich selbst besitze keinen Organspendeausweis. Wenn Glauben oder Aberglauben. man selbst transplantiert ist, ist es mit dem Spenden Ich habe Menschen erlebt, die Organe spenden wollen, nicht mehr so einfach. Aber sowohl meine Ärzte als dabei aber das Herz ausschließen, weil sie glauben, dass auch meine Angehörigen wissen, wie ich dazu stehe, damit die Seele transplantiert wird oder sie als Tote keine und werden noch verwendbare Organe freigeben, wenn Ruhe finden werden. Andere halten die Augen für das Tor es soweit ist. zur Seele. Ich kann diese Argumente respektieren, ohne Die Widerspruchslösung wird heiß diskutiert. Meiner vom Gegenteil überzeugen zu müssen. Aber ich bin auch Meinung nach ist sie sinnvoll. Allerdings muss gesichert sehr dankbar für jeden, der sich zur Spende – ob nur ein- sein, dass jeder ausreichend informiert wird. Mir geht es zelner bestimmter Organe oder universell – entscheidet. darum, dass es wesentlich mehr Spender geben würde, An der Tür der Transplantationsstation in Kaiserslau- wenn sich mehr Menschen mit der Thematik auseinan- tern hängt ein Auf kleber: „Don’t take your organs up to dersetzen würden. Dies geschieht aber meist nur, wenn heaven. Heaven knows we need them here.” Ich glaube man von der Thematik in irgendeiner Weise betroffen nicht, dass ich nach meinem Tod meinen irdischen Kör- wird. Zudem wäre es den Ärzten möglich, viel schneller per mit in den Himmel nehmen werde. Gott lässt uns die zu reagieren, was den Erfolg einer Transplantation aus- Möglichkeit, anderen Menschen nach unserem Tod noch machen kann. zu helfen. Ich glaube nicht, dass Gott meinen Körper in Ich kenne auch viele Argumente dagegen, z. B. der der Ewigkeit noch braucht. Entscheidungszwang. Aber mal ehrlich: Wir sind im All- tag immer wieder zu Entscheidungen gezwungen. Die Welcher Bibelvers oder welches Zitat hat dich Entscheidung für oder gegen eine Organspende müssen in den Wartezeiten und den Höhen und Tie- wir nur einmal treffen, wenn wir sie nicht irgendwann fen besonders angesprochen und begleitet? ändern möchten. Und für die Menschen, die sich absolut nicht mit dem Thema auseinandersetzen möchten, be- Es gibt einen Bibelvers, der mich schon mein ganzes steht immer noch die Möglichkeit, eine Spende komplett Leben als Christ begleitet: „Denn er hat seinen Engeln abzulehnen. befohlen, dich zu behüten und zu beschützen, wo auch immer du gehst.” (Psalm 91,11). Das sogenannte „Gelas- Wie ging es deinem Umfeld damit, dass du senheitsgebet“ gehört auch zu meinen Wegbegleitern. Spenderorgane bekommen hast? Wie ist Ansonsten gibt und gab es eher zahlreiche Liedtexte, die mich angesprochen und die ich teilweise vor mich hin- deine christliche Gemeinde mit dir und dem gesungen habe. Thema umgegangen? Ich glaube, das vorherrschende Gefühl war Dankbarkeit. Alexandra, vielen Dank für den Einblick in Die meisten Menschen in meinem Umfeld erlebten mich deine Lebensgeschichte! ja auch während der Dialyse und den wirklich schlechten CHRISTSEIN HEUTE 2 | 2019 13
ORGANSPENDE BIBEL, BLUT UND ORGANSPENDE Was Gottes Wort sagt und was nicht Sagt die Bibel etwas zum Thema Organspende? Michael Schröder greift einige Bibelstellen auf und untersucht sie daraufhin. Er weist damit einen Weg, wie ein an Gottes Wort orientierter Mensch Entscheidungshilfen für das persönliche Thema Organspende bekommen kann. D as dritte Buch Mose gehört wohl zu den Büchern des Alten Testaments, die in christlichen Gemeinden sel- ten gelesen werden. Zu fremd erscheinen die vielfältigen und teilweise ausführlichen Opfer- und Heiligkeitsvorschrif- ten. Und doch gibt es an über 90 Stellen des Neuen Testa- ments Hinweise auf dieses Buch, und längst nicht alle bezie- hen sich dabei auf den großen Versöhnungstag (3. Mose 16) und das Gebot der Nächstenliebe (3. Mose 19,18). Besonders ein Vers aus der Apostelgeschichte (15,20) wirft in manchen Kreisen im Blick auf medizinische Probleme Fragen auf: Ist das Verbot, sich von Blut zu enthalten, dahingehend zu verstehen, dass eine Bluttransfusion und/oder eine Ver- pflanzung von Organen für Christen nicht in Frage kommt? Manche sehen hier nicht nur eine Speisevorschrift, sondern eine grundlegende Aussage über den Umgang mit Blut. BLUT: EIN BESONDERER STOFF Der Rat des Jakobus während des sogenannten Apos- telkonzils (Apostelgeschichte 15,13-21) geht auf 3. Mo- se 17 zurück, wo aus verschiedenen Blickwinkeln das Verbot des Blutgenusses zum Thema gemacht wird. Dabei fällt zunächst auf, dass das Schlachten von Tie- ren ganz grundsätzlich nur in der Nähe des Heilig- 14 CHRISTSEIN HEUTE 2 | 2019
tums gestattet ist. Wer sich dieser Anordnung wider- setzt, der lädt eine schwere Blutschuld auf sich (Kapi- tel 17,4). Die parallelen Ausführungen in 5. Mose 12 kennen eine solche Einschränkung jedoch nicht, hier ist ein Schlachten im privaten Rahmen fernab des Heiligtums vorstellbar und erlaubt. Die restriktiven Regelungen in 3. Mose gehen vermutlich darauf zurück, dass die Men- schen in der Gefahr standen, das Schlachten von Tieren zu Ehren anderer Götter zu betreiben und das Blut als eine besondere Gabe sahen, der sie magische Fähigkeiten zu- schrieben. Daher sollte das Blut wie Wasser im Boden ver- sickern und mit Staub bedeckt werden (Kapitel 17,13). So ist eine besondere Verehrung des Blutes nicht mehr möglich. Im damaligen Verständnis war das Blut Träger des Lebens und wurde in anderen Religionen und Kulten be- sonders verehrt. Wer das Blut von Tieren in sich aufnahm, der konnte sich – so die Vorstellung – damit auch deren Eigenschaften aneignen. Um diese Praktiken beim Volk Israel zu verhindern, werden hier die strengen Auflagen für den richtigen Umgang mit Blut gemacht. Überhaupt durchzieht ein Grundgedanke die gesamten Ausführungen in diesem Abschnitt des Buches: Es soll unter allen Um- ständen verhindert" werden, dass die Menschen anderen Göttern opfern. Dazu gehören unangemessene sexuelle Handlungen (3. Mose 18), die ebenfalls von anderen Völ- Unser Team braucht ab sofort Verstärkung: Serviceleitung kern z. B. bei der Ausübung ihres Kultes bekannt waren. Das Volk Gottes hingegen soll sich der Beziehung zu sei- Küchenschichtleitung nem Gott entsprechend verhalten, und so werden anstößi- ge Praktiken verboten, das spiegelt sich ebenfalls im Rat des Jakobus wider. Bäckerei Einkauf Das Verbot, Tierblut zu verzehren, findet sich an mehre- ren Stellen des Alten Testaments. Meist wird es nicht weiter begründet. Hier in 3. Mose 17,11 wird darauf verwiesen, dass das Blut der Tiere als Sühnemittel bestimmt ist. Durch Haben Sie Interesse? die Versprengung des Blutes im Heiligtum wird die durch die Sünde des Menschen entstandene Trennung von Gott Wir freuen uns auf Ihre Bewerbung! wieder überwunden (siehe dazu auch die eindrucksvolle Schilderung des großen Versöhnungstages ein Kapitel zu- Langensteinbacher Höhe e.V. vor). Dieser Vers kann als „Summe der kultischen Sühne- Hans Schroeder vorstellung“ (Bernd Janowski) betrachtet werden. Da das Titusweg 5 Blut eine versöhnende Wirkung hat, ist es dem Menschen entzogen, er darf darüber nicht verfügen. 76307 Karlsbad Tel. 07202 702 525 CHRISTLICHE GEMEINDE E-Mail: schroeder.h@lahoe.de UND HEILIGES LEBEN Doch warum nimmt Jakobus nun in Apostelgeschichte 15 Bezug auf diese Ausführungen in 3. Mose 17? Zunächst ist zu berücksichtigen, dass in der ersten Gemeinde eine Problematik von ganz grundlegender Bedeutung aufge- brochen war. Durch die Bekehrung von Kornelius und seiner Familie (Apostelgeschichte 10) war ein Streit ent- standen, wie man mit den Heiden verfahren soll, die zum Glauben an Christus gekommen waren. Sollten sie erst CHRISTSEIN HEUTE 2 | 2019 15
ORGANSPENDE Mitglied der jüdischen Gemeinde werden, um dann an TODESZEITPUNKT DES MENSCHEN KLÄREN Christus glauben zu können? Wenn ja, dann müssten sie Ein Blick in das heutige Judentum macht deutlich, dass es sich ganz oder zumindest teilweise dem Gesetz und sei- gegenüber Organspenden und -transplantationen eine gro- nen Forderungen unterordnen. Wenn nicht, wie ist dann ße Zurückhaltung und teilweise eine klare ablehnende Hal- das Miteinander von Juden- und Heidenchristen in der tung gibt. Das hängt u. a. daran, dass nach alttestament- Gemeinde Jesu zu denken, oder ist das dann ganz un- lich-jüdischer Vorstellung das Herz (und nicht das Gehirn!) möglich? Die Apostel hatten darüber zu befinden, ob und eines Menschen das zentrale Organ ist. „Das Herz ist Sitz wie eine Heidenmission möglich war. des Verstandes, der Vernunft, des Intellektes, des Bewusst- Wenn Jakobus ein gewisses Mindestmaß an gesetzli- seins, des Erkenntnisvermögens, der Einsicht, des Gedächt- chen Forderungen an die neu zum Glauben gekommenen nisses, des Wissens, des Nachdenkens, des Urteilens und Heiden im Blick gehabt hätte, so wären die Forderung nach des argumentativen Abwägens.“1 So ist es verständlich, dass Beschneidung und nach der Beachtung des Sabbatgebotes das Herz zudem eine zentrale Funktion im Verhältnis des zu erwarten gewesen. Das waren und sind ganz grund- Menschen zu Gott hat. Wenn nun danach gefragt wird, legende Elemente jüdischen Glaubens. Genau diese For- wann der Tod eines Menschen eintritt, so wird dieses im derungen fehlen aber in seinem Rat! Stattdessen nimmt jüdischen Kontext vor allem mit dem Aufhören des Herz- er auf 3. Mose 17f Bezug und schlags beantwortet. Die Feststellung des Hirntodes reicht hat dabei vermutlich vor al- bei weitem nicht aus. Dem Dilemma, den lem die Aussagen im Blick, Nun ist es so, dass nach der Feststellung des Gehirntodes Tod zu definieren, die in diesem Abschnitt nicht bestimmte Funktionen des Körpers eine bestimmte Zeit kann daher keine nur vom Volk Gottes, son- aufrechterhalten werden müssen, damit die für die Trans- dern von den Fremden han- plantation vorgesehenen Organe nicht unwiderruflich Gesellschaft entrinnen. deln. Sie leben „unter euch“ geschädigt werden. Aus jüdischer Sicht wird ein solches (3. Mose 17,8.12; 18,26) und Verfahren abgelehnt, da ja das Herz des Menschen noch haben sich ebenfalls – wie das Volk Gottes – an diese Sat- schlage und er demnach nicht tot sei.2 zungen zu halten. Jakobus sieht, dass diejenigen, die jetzt als Heiden zum Glauben kommen, zusammen mit dem HIRNTOD ALS MÖGLICHE TODESGRENZE jüdischen Volk leben können, wenn sie sich an das halten, Diese Haltung führt eindringlich vor Augen, dass die was in 3. Mose 17 und 18 als Forderungen für ein heiliges wichtigste Frage bei der ethischen Einordnung von Or- Leben beschrieben ist. Somit würde sich zugleich das er- ganspenden lautet: „Wann ist der Tod eines Menschen füllen, was die Propheten verheißen haben: Die fremden festzustellen?“ Diese Frage ist und bleibt umstritten. Der Völker werden kommen und inmitten des Volkes Gottes Ethiker Eberhard Schockenhoff merkt an dieser Stelle leben und gemeinsam mit diesem Gott loben (so z. B. Je- mit Recht an: „Dem Dilemma, den Tod zu definieren, remia 12,16 und Sacharja 2,15). Der Beschluss des Apostel- kann daher keine Gesellschaft entrinnen.“3 Es ist in die- konzils zielt also darauf ab, wie nach 3. Mose 17f Gemein- sem Zusammenhang darauf zu verweisen, dass mit dem schaft von Juden- und Heidenchristen als Gottesvolk auf Eintreten des Hirntodes4 die Einheit von Leib, Seele und Grundlage der Heiligen Schrift möglich und lebbar ist. Geist des Menschen nicht mehr aufrechterhalten werden Nun ist das Judenchristentum im Laufe der Zeit mehr kann; der Mensch zerfällt. Diese Einheit macht aber sein und mehr verschwunden, und das, was die Apostel damals Menschsein grundlegend aus. Auch wenn bestimmte im Blick auf den Genuss von Blut festhielten, spricht nicht Funktionen von Maschinen (künstlich!) „am Leben“ er- mehr in unsere Situation. Das könnte sich beispielsweise halten werden und so der Eindruck erzeugt wird, der dann ändern, wenn immer mehr aus dem jüdischen Volk Mensch lebe noch, so kann doch mit dem unwiderruf- Jesus als ihren Messias erkennen und an ihn glauben und lichen Ausfall aller Hirnfunktionen der Tod festgestellt so die Gemeinschaft von Juden- und Heidenchristen wie- werden. Die evangelische und die katholische Kirche ha- der aktuell wird. Eine Aussage zu dem Problem, ob man ben auf diesem Hintergrund bereits 1990 festgehalten: Bluttransfusionen und Organtransplantationen zustim- „Der Hirntod bedeutet ebenso wie der Herztod den Tod men sollte, lässt sich diesen Versen nicht entnehmen. Hier des Menschen“.5 muss noch einmal anders gefragt und ein weiterer Sachver- MICHAEL SCHRÖDER | Pastor der FeG Dautphe und Bereichs- halt berücksichtigt werden. leiter der Stiftung ProVita | dautphe.feg.de | provita-stiftung.de 1 Christian Frevel, Art. Herz, Handbuch theologischer Grundbegriffe zum Alten und Neuen Testament, Darmstadt 2016, S. 266-268, 267. 2 Siehe dazu: Yves Nordmann, Organspende, in: Ethik im Judentum, Berlin 2015, S. 111-127. 3 Eberhard Schockenhoff, Ethik des Lebens, Freiburg 2013, S. 410. 4 Zur genauen Definition und zu den entsprechenden Richtlinien siehe Deutsches Ärzteblatt 95/30 (1998), S. 1861-1868. 5 Organtransplantationen, Erklärung der Deutschen Bischofskonferenz und des Rates der EKD Bonn / Hannover 1990, abrufbar unter www.ekd.de und www.dbk.de. 16 CHRISTSEIN HEUTE 2 | 2019
ORGANSPENDE GEREGELTE ORGANENTNAHME Gesetzlicher Rahmen für Organtransplantation I n Deutschland beschreibt und regelt das Transplantati- onsgesetz1 (TPG) alle notwendigen Rahmenbedingun- gen zur Organentnahme. Es trat erstmals 1997 in Kraft spricht. Kritisch anzumerken ist, dass der Einzelne sich damit voraussichtlich weniger intensiv mit seiner Bereit- schaft für oder gegen eine Organspende auseinander- und wurde 2007 neu gefasst.2 Das TPG stützt sich auf drei setzen wird, wenn er nicht ein besonderes Interesse am Säulen: Widerspruch hat. 1. Die Bundesärztekammer hat weitreichende Richtlinien- Die Widerspruchslösung soll der mangelnden Spen- kompetenz, muss ihre Vorschläge aber seit 2013 begründen debereitschaft der deutschen Bevölkerung abhelfen. und dem amtierenden Bundesgesundheitsminister zur Ge- Der Gesetzentwurf von Jens Spahn6 will aber auch ins- nehmigung vorlegen, was Transparenz und Überprüfbar- besondere an der Verbesserung der Strukturen in den keit gewährleisten soll. Krankenhäusern ansetzen. Eine Entscheidung soll 2019 2. Die Deutsche Stiftung Organtransplantation (DSO) herbeigeführt werden. fungiert als Koordinierungsstelle. 3. Die niederländische Stiftung Eurotransplant arbeitet als IRREVERSIBLER HIRNFUNKTIONSAUSFALL Vermittlungsstelle. Seit der von der Bundesärztekammer 2015 erarbeiteten In Deutschland werden auch von dieser Stiftung ver- Neufassung der „Regeln zur Feststellung des Todes und die mittelte Organe nur dann transplantiert, wenn sie dem Verfahrensregeln zur Feststellung des endgültigen, nicht deutschen Recht entsprechend explantiert wurden. Das gilt behebbaren Ausfalls der Gesamtfunktion des Großhirns, insbesondere für die Kriterien des festgestellten Todes des des Kleinhirns und des Hirnstamms“7 wird nicht mehr von Spenders. In Deutschland gilt die durch irreversiblen Hirn- Hirntod, sondern vom irreversiblen Hirnfunktionsausfall funktionsausfall festgestellte Tote-Spender-Regel (Dead- gesprochen. Donor-Rule), in anderen Ländern dagegen die Non-Heart- Dies ist eine für die Organspende notwendige medi- beating-Donation, bei der die Feststellung des Todes auf zinisch-wissenschaftliche Formulierung, die den Begriff einem 10-minütigen Herzstillstand beruht. des Todes, der ethisch, philosophisch und juristisch so Seit 2012 ist in den Organ-Entnahmekrankenhäusern unterschiedlich gefasst und bewertet wird, nicht antastet, auch ein Transplantationsbeauftragter vorgeschrieben, der aber Klarheit in eine Entscheidungssituation am Lebens- in der Wahrnehmung seiner Aufgaben weisungsfrei und ende bringt.8 unabhängig sein soll3. Die Bundeszentrale für gesundheit- Nur nach Feststellung des irreversiblen Hirnfunktions- liche Aufklärung informiert dazu umfassend. 4 ausfalls darf eine Organspende erfolgen (Dead-Donor-Rule), denn die Ärzte sind immer dem lebenden Patienten ver- ENTSCHEIDUNGSLÖSUNG CONTRA pflichtet und könnten keine Transplantation am per Defini- WIDERSPRUCHSLÖSUNG tion lebenden Menschen vornehmen. Organspende beinhaltet auch: Ein erwachsener Mensch entscheidet sich freiwillig zu einer Lebendspende. Organ- ENTSCHEIDUNGSFINDUNG spende nach Eintritt des Todes bedarf in Europa einer vor- Die Auseinandersetzung mit dem eigenen Tod und die Ent- herigen Entscheidung des Spenders oder der Zustimmung scheidungen zum eigenen Sterben sind sensible Themen, eines Angehörigen5 (erweiterte Zustimmungslösung). Ent- die aber durch die Selbstbestimmung ein Beitrag zur Würde scheidet man sich für eine Organspende, sollte in eine Pati- im Sterben und eine Hilfe für die Angehörigen sind, die u.U. entenverfügung diese Entscheidung aufgenommen werden, stellvertretend vor diese Fragen gestellt werden und mit dem um potenzielle Widersprüche zu vermeiden. Tod des Partners oder Elternteils weiterleben müssen. Die Widerspruchslösung bedeutet, dass jeder automa- DR. HEIKE FISCHER | Chemikerin und Geschäftsführerin der tisch Organspender ist, wenn er nicht rechtsgültig wider- Stiftung ProVita | provita-stiftung.de 1 gesetze-im-internet.de/tpg/TPG.pdf | 2 buzer.de/gesetz/1570/l.htm | 3 Curriculum „Transplantationsbeauftragter Arzt“, Bundesärztekammer, Berlin 2015 4 organspende-info.de/sites/all/files/files/Neue gesetzliche Regelungen im Transplantationsgesetz.pdf | 5 Transplantationsgesetz §1a(5) | 6 bundesgesundheitsministerium.de/ gzso.html: Gesetz für bessere Zusammenarbeit und bessere Strukturen bei der Organspende | 7 Deutsches Ärzteblatt, 30. März 2015, DOI: 10.3238/arztebl.2015.rl_hirnfunk- tionsausfall_01 | 8 provita-stiftung.de/leben/lebensende: Hirntod heißt jetzt irreversibler Hirnfunktionsausfall CHRISTSEIN HEUTE 2 | 2019 17
ORGANSPENDE AUS NÄCHSTENLIEBE Eine theologisch-ethische Orientierung Ausgehend von der diskutierten Widerspruchslösung zeigt Markus Iff einen ethisch verantwortbaren Weg für die Entscheidung zur Organspen- de. Er beleuchtet dabei den Hirntod kritisch, hebt den Willen des Betrof- fenen hervor und landet bei der Nächstenliebe, wenn man als Christ seine Organe nach dem Ableben freiwillig an Bedürftige weitergibt. D er Vorschlag, bei der Organspende eine sogenannte Widerspruchslösung einzuführen, die es beispiels- weise in Österreich gibt, hat die Diskussionen zur recht- Menschen ist ein komplexes Geschehen, das sich in natur- wissenschaftlicher, philosophischer und theologischer Pers- pektive unterschiedlich darstellt. Es ist hilfreich, begrifflich lichen Regelung und zur ethischen Bewertung der Organ- und sachlich zwischen Definitionen des Todes, Kriterien spende neu entfacht. Demnach würde zunächst jeder als des Todeseintritts und Methoden der Todesfeststellung zu Organspender gelten – es sei denn, er selbst oder Angehö- unterscheiden. Erforderlich ist, sich gewissenhaft und ver- rige widersprechen. Derzeit ist eine Entnahme nur mög- antwortungsvoll über den Zeitpunkt zu verständigen, von lich, wenn eine schriftliche Zustimmung des Betroffenen dem an die Entnahme lebenswichtiger Organe rechtlich vorliegt. Hat die verstorbene Person zu Lebzeiten weder zu- und ethisch nicht mehr als Körperverletzung und Tötung gestimmt noch widersprochen, dürfen bei der derzeitigen angesehen wird (sog. Dead Donor Rule). Strittig ist, inwie- Zustimmungsregelung aber Angehörige der Organentnah- weit der Hirntod, verstanden als der irreversible und voll- me zustimmen. ständige Ausfall aller Gehirnfunktionen, ein ausreichendes Hintergrund des Vorschlags ist, dass Deutschland na- Kriterium für die Zulässigkeit zur Entnahme lebenswichti- hezu das Schlusslicht bei den Organspendezahlen im Ver- ger Organe sein kann. gleich der europäischen Länder bildet. Das hängt ohne Die Befürworter des Hirntodkriteriums weisen darauf Zweifel mit den Skandalen aus der Vergangenheit zusam- hin, dass mit dem Organtod des Gehirns nicht nur die für men, als es wiederholt zu Unregelmäßigkeiten im Umgang jedes personale menschliche Leben charakteristischen ko- mit Patientendaten bei der Vergabe von Spenderorganen an gnitiven Vollzüge unwiderruflich erloschen, sondern auch mehreren deutschen Universitätskliniken gekommen ist. alle für das eigenständige körperliche Leben erforderlichen Aber auch die kritischen und strittigen Fragen zur Hirntod- Steuerungs- und Integrationsprozesse endgültig zusam- definition und zur ethischen Bewertung der Organspende mengebrochen sind.1 Der Begriff des „Hirntodes“ wird haben dazu beigetragen, dass die Zahl der gespendeten Or- dabei stets im Sinne des sog. Ganzhirntodes, d. h. des un- gane in unserem Land dramatisch zurückgegangen ist. widerruflichen Funktionsverlustes von Großhirn, Kleinhirn und Hirnstamm, verstanden und vom „Tod aller Teile des HIRNTOD UND AUSDRÜCKLICHE Körpers“2 abgegrenzt. ZUSTIMMUNG Es gibt eine Reihe medizinischer Phänomene, die von Die gegenwärtige Diskussion um den Hirntod als Voraus- Kritikern des Hirntod-Kriteriums dafür angeführt werden, setzung für die Explantation lebenswichtiger Organe ist dass sich hirntote Menschen zwar in einem unwiderruf- vielschichtig. Sie kann im Rahmen dieses Artikels nur lichen Sterbeprozess befinden, diesen Prozess aber noch im Blick auf die Kernfragen bedacht werden. Der Tod des nicht bis zum Ende durchlaufen haben und daher auch 18 CHRISTSEIN HEUTE 2 | 2019
ORGANSPENDE mentierte individuelle Willensbestimmung des Spenders ermöglicht zudem die größte Handlungssicherheit für alle Beteiligten (Patienten, Ärzte, Angehörige) und sollte daher als Normalfall angestrebt werden. Aufgabe des Staates und der Regierung ist es, eine Regelung zu finden, die viele Menschen zur freiwilligen Spende lebenswichtiger Organe motiviert, sie umfassend und vollständig über das Gesche- hen auf klärt, einen pietätvollen Umgang mit dem Leich- nam des Organspenders gewährleistet und einen sensiblen Umgang mit den Angehörigen des Verstorbenen vorsieht. AUFERSTEHUNG ALS ENTSCHEIDUNGSHORIZONT Aus Sicht des christlichen Glaubens steht die Frage nach der Organspende im Horizont des Glaubens an Gott als den Schöpfer, Erlöser und Vollender des Lebens. Der Glau- be besteht im dankbaren Bekenntnis, dass der dreieine Gott uns das Leben geschenkt hat, und in der vertrauenden Gewissheit, dass Glaubende im Tod nicht von der Liebe Gottes getrennt werden können (vgl. Römer 8,38f) und von Gott zur ewigen Gemeinschaft mit sich auferweckt wer- den. Die Auferstehung Jesu Christi ist das sichere Funda- ment dafür (vgl. Römer 8,11; 1. Korinther 15,12-22). Aufer- stehung von den Toten bedeutet eine neue, durch den Geist noch nicht objektiv für tot erachtet werden können. Trifft Gottes verwandelte Leiblichkeit. Diese zukünftige Wirk- dies zu, würden die Organe noch lebenden Menschen ent- lichkeit ist nicht als Fortsetzung unseres irdischen Körpers nommen und der endgültige Tod träte erst während der Ex- vorzustellen, sondern überführt die irdische Körperlichkeit plantation ein. Auch wenn das Hirntod-Kriterium – sofern in eine neue Dimension, wobei es eine wesenhafte – aber es sorgfältig und gewissenhaft angewendet wird – nach nicht stoffliche – Identität des Leibes (vgl. 1. Korinther 15,53) jetzigem Stand der Wissenschaft das beste und sicherste geben wird. Kriterium für die Feststellung des Todes eines Menschen darstellt, muss für die Explantation lebenswichtiger Organe ORGANSPENDE AUS NÄCHSTENLIEBE die höchstmögliche Hürde vorgesehen werden. Daher kann Für die Haltung gegenüber der Organspende und der nur der ausdrücklich geäußerte Wille des Betroffenen legi- Transplantationsmedizin ergibt sich daraus, dass die Or- timierend sein. ganspende eine Möglichkeit darstellt, wie jemand das Ge- schenk des Lebens und die erfahrene Zuwendung Gottes ORGANSPENDE ALS anderen weiterschenkt. Organspende kann für Christen ein FREIWILLIGE ENTSCHEIDUNG Weg der Nächstenliebe sein, die auch im eigenen Tod noch Eine Organspende ist – wie der Name sagt – als freiwilli- Lebensmöglichkeiten für Mitmenschen eröffnet. Wenn die ger personaler Akt, der weder erzwungen noch erwartet unaufhebbare Trennung vom irdischen Leben eingetreten werden kann, eine „Spende“. Sie ist eine Handlung, die ist, können funktionsfähige Organe dem Leib entnommen ethisch möglich und wegen ihrer altruistischen Motivation und anderen schwerkranken Menschen eingepflanzt wer- besonders zu würdigen ist, aber sie kann nicht geboten wer- den, um deren Leben zu retten und ihnen zur Gesundung den. Die Organe sind mit der körperlichen Existenz und oder Verbesserung der Lebensqualität zu helfen. Wer für der individuellen Biografie eines Menschen derart eng ver- den Fall des eigenen Todes die Einwilligung zur Entnah- bunden, dass auch nach Feststellung des Hirntodes nicht me von Organen gibt, handelt ethisch verantwortlich, denn der Eindruck entstehen darf, dass es sich bei Geweben und dadurch kann anderen Menschen geholfen werden, deren Organen des Verstorbenen um frei verfügbare Ressourcen Leben aufs Höchste belastet oder gefährdet ist. handelt, auf die Dritte unbeschränkt zugreifen dürfen. DR. MARKUS IFF | Professor für Systematische Theologie an der Der in der modernen Medizinethik zu Recht stark be- Theologischen Hochschule Ewersbach | th-ewersbach.de tonte Wert der Patientenautonomie und das damit verbun- dene Selbstbestimmungsrecht des Patienten sollte auch im 1 Bundesärztekammer: Der endgültige Ausfall der gesamten Hirnfunktion („Hirntod“) Fall der postmortalen Spende lebenswichtiger Organe als als sicheres Todeszeichen. Stellungnahme des Wissenschaftlichen Beirates der entscheidend berücksichtigt werden. Eine schriftlich doku- Bundesärztekammer, in: Deutsches Ärzteblatt 90 (1993), A 2933. | 2 Ebd. CHRISTSEIN HEUTE 2 | 2019 19
ORGANSPENDE REISE EINES GESPENDETEN ORGANS Von einem Menschen zum anderen In Deutschland übernimmt die Deutsche Stiftung Organspende (DSO) die Koordi- nation der postmortalen Spenden in Zusammenarbeit mit der Stiftung Eurotrans- plant (ET), die die Wartelisten der potenziellen Organempfänger führt. ABLAUF EINER POSTMORTALEN ORGANSPENDE 1. Zustimmung oder Widerspruch Idealerweise persönliche Klärung der Spendenbereitschaft durch einen (Nicht-)Organspendeausweis oder Er- klärung in einer Patientenverfügung. 2. Kontaktaufnahme mit der Stiftung Deutsche Organspende (DSO) Die Mitarbeiter der Krankenhäuser X nehmen bei potenziellen Spendern Kontakt mit der DSO auf. 3. Todesfeststellung Der Tod des Patienten wird festge- stellt: der nicht behebbare Ausfall der Gesamtfunktion des Gehirns. Die Feststellung erfolgt nach den Richtli- nien der Bundesärztekammer. 4. Gespräch mit den Angehörigen Liegt die Einwilligung des Verstorbe- nen nicht vor, werden die Angehöri- gen im Rahmen der „erweiterten Zu- stimmungslösung“ um eine Entschei- dung nach dem mutmaßlichen Willen des Verstorbenen gebeten. 5. Prüfung der transplantierbaren Organe Medizinische Experten prüfen, welche Organe gespendet werden können und ob mögliche Übertragungsrisiken für einen Organempfänger bestehen. 20 CHRISTSEIN HEUTE 2 | 2019
ORGANSPENDE 10. Transplantation des Organs/ 6. Fortsetzung der Intensivmedizin der Organe Die Beatmung und das Herz-Kreis- Der Organempfänger wird im lauf-System des Verstorbenen werden Transplantationszentrum vorbe- weiter aufrechterhalten. reitet und das Organ/ die Organe werden ihm in einer Operation eingesetzt. 7. Meldung bei Eurotransplant Ein Labor stellt die medizinischen Daten der Organe fest, die an Euro- 11. Nachsorge transplant gesendet und mit Patienten Der Organempfänger erhält regel- auf der Warteliste abgeglichen werden. mäßige Nachsorgeuntersuchungen. Vergabe des Organs nach medizini- schen Kriterien, Dringlichkeit und Er- folgsaussichten. 12. Betreuung der Angehörigen Den Angehörigen von Organ- 8. Organentnahme spendern wird Betreuung ange- Dem Spender werden durch den boten (z. B. Treffen von Angehö- transplantierenden Chirurgen (bei rigen mit Koordinatoren oder Psy- Bedarf durch Entnahmeteams) die chologen). Anonymisiert können Organe entnommen. Im Anschluss Angehörige erfahren, wie es dem können die Angehörigen sich von dem Organempfänger geht. Verstorbenen verabschieden. 9. Transport der Organe Sonderfall Lebendspende Die Organe werden auf dem schnellsten Sie ist nur unter engen Verwandten oder Weg vom Spender-Krankenhaus zum sich sehr nahestehenden Menschen er- Transplantationszentrum gebracht. laubt; nur möglich, wenn die Gesundheit des Spenders durch den Eingriff nicht lang- fristig gefährdet ist; bisher größtenteils nur für eine Niere oder Teile der Leber möglich; rechtliche Voraussetzung für den Spender nach dem Transplantationsgesetz (TPG, Abschnitt 3, § 8): z. B. Volljährigkeit und freiwillige Zustimmung, Eignung als Spender nach ärztlicher Beurteilung, Auf- klärung durch einen Arzt; zum Zeitpunkt der Organentnahme darf kein geeignetes Organ aus einer post- mortalen Spende zur Verfügung stehen. Zusammengestellt von: LYDIA RIESS | Volontärin im Bundes-Verlag ARTUR WIEBE | Redaktionsleiter CHRISTSEIN HEUTE Quellen: dso.de | organspende-info.de | eurotransplant.org CHRISTSEIN HEUTE 2 | 2019 21
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