Neuerscheinungen Frühjahr 2019 - 30 Jahre Verlag Bibliothek der Provinz

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Neuerscheinungen Frühjahr 2019 - 30 Jahre Verlag Bibliothek der Provinz
Neuerscheinungen Frühjahr 2019

                          30 Jahre
      Verlag Bibliothek der Provinz
Neuerscheinungen Frühjahr 2019 - 30 Jahre Verlag Bibliothek der Provinz
Neuerscheinungen Frühjahr 2019   Verlag                                                                                                                                    Buch Gabriele                     Vier Frauen                                                   Seite 4
                                 Bibliothek der Provinz GmbH.
                                                                                                                                                                           Braendle Christoph                Aus den Augen                                                 Seite 4
                                 edition linz – edition M (Kunst) – edition münchen – edition seidengasse – edition sommerfrische
                                 Verlagssitz: Die Fabrik Litschauerstr. 23, A-3950 Gmünd                                                                                   Csokor Eva                        Anthropozän                                                   Seite 5
                                 Postadresse: A 3970 Weitra, Großwolfgers 29, T +43 (0) 2856/37 94, F +43 (0) 2856/37 92
                                                                                                                                                                           Eichhorn Hans                     FAST – Das große Haus                                         Seite 5
                                 verlag@bibliothekderprovinz.at
                                 bestellung@bibliothekderprovinz.at                                                                                                        Gornikiewicz Maria                Schall und Rauch                                              Seite 6
                                 lektorat@bibliothekderprovinz.at
                                                                                                                                                                           Hahn Friedrich                    Der Autor steht für Lesungen und Pressetermine
                                 presse@bibliothekderprovinz.at
                                 www.bibliothekderprovinz.at                                                                                                                                                 nicht zur Verfügung.                                          Seite 6
                                 Geschäftsführer: Richard Pils und Gottfried Eilmsteiner                                                                                   Kraus Mara                        Ein Mann mit Eigenschaften                                    Seite 7
                                 Zuständiges Gericht: Landesgericht Krems an der Donau
                                 Firmenbuchnummer FN 386485 k                                                                                                              Laube Anna                        Amelie. Die Überwindung der Sprachlosigkeit lediger Mütter Seite 7
                                 Zuständiges Finanzamt Gmünd                                                                                                               Ottawa Clemens                    Der exzentrische Mann                                         Seite 8
                                 UID-Nr. ATU67603845
                                                                                                                                                                           Petrik Dine                       Traktate des Windes                                           Seite 8
                                 A 1140 Wien, Rettichgasse 12 (edition seidengasse)
                                 A 4040 Linz, Pfeifferstraße 1, T/F +43 (0) 732/71 61 11 (edition linz)                                                                    Reiter Alois                      Polterdämmerung                                               Seite 9
                                 D 80469 München, Pils, Auenstraße 102 (edition münchen)                                                                                   Schöffl-Pöll Elisabeth            Der Himmel – Das sind die Anderen                             Seite 9
                                 café der provinz                                                                                                                          Seidelmann Axel                   Die Musik der Stille                                          Seite 10
                                 Kaffee Tee Bücher Waffeln Crêpes Salate
                                 A 1080 Wien, Maria-Treu-Gasse 3, T +43 (0) 1/944 22 72, www.cafederprovinz.at                                                             Wiesenthal Eva Maria              Immer wieder jetzt – Fortschritte                             Seite 10
                                 Öffnungszeiten: täglich 8–23 Uhr, Bio-Brunch: Sa, So und an den meisten Feiertagen 9–15 Uhr                                               Winkler Josef                     Kalkutta 4                                                    Seite 11
                                 Verlagsauslieferung für Österreich und Südtirol:
                                 Mohr-Morawa Buchvertrieb GmbH., A 1230 Wien, Sulzengasse 2
                                 T +43 (0) 1/680 14, F +43 (0) 1/688 71-30                                                                                                 Kinder        | Jugend
                                 Verlagsauslieferung für Deutschland, Österreich, Schweiz und Südtirol:                                                                    Hauck Thomas J. / Dürr Julia      Graf Wenzelslaus – Der Geräuschesammler                       Seite 12
                                 Koch, Neff & Volckmar GmbH.
                                 D 70565 Stuttgart, Schockenriedstraße 37, T +49 (0) 711/78 60-0                                                                           Kaufmann Angelika                 Und wer bist Du?                                              Seite 12

                                 Verlagsauslieferung für München auch:                                                                                                     Kohlhofer Julia                   Es ist schön, ein Flamingo zu sein                            Seite 13
                                 Pils, D 80469 München, Auenstraße 102, T/F +49 (0) 89/72 11 857                                                                           Antoine de Saint-Exupéry/
                                 conrad-muc@t-online.de
                                                                                                                                                                           Schwarzinger Heinz                Der kleine Prinz                                              Seite 13
                                 Verlagsauslieferung überallhin mit Post oder Bücherwagen:
                                 Bibliothek der Provinz T +43 (0) 2856/37 94, F +43 (0) 2856/37 92
                                 bestellung@bibliothekderprovinz.at                                                                                                        Kunst     | Wissenschaft | Musik | Regionalia
                                 www.bibliothekderprovinz.at
                                                                                                                                                                           Brettschuh Gerald                 Figuralien                                                    Seite 14
                                 Verkehrsnummer: VN 129018
                                 Bei KNV Logistik ist die Verkehrsnummer 7510                                                                                              Denk Wolfgang                     Eine Werkmonographie                                          Seite 14
                                                                                                                                                                           Fabry Clemens                     Adria                                                         Seite 15
                                 Auskünfte über Veranstaltungen wie Lesungen, Ausstellungen und Präsentationen
                                 direkt beim Verlag oder unter: www.bibliothekderprovinz.at                                                                                Göstl Petra                       Kasematten und St. Peter an der Sperr                         Seite 15
                                 Bei Bedarf erhältlich: Kinderbuch-, Kunstbuchprospekt; Frühjahrs- und/oder Herbstvorschau, diverse Plakate, Folder …
                                                                                                                                                                           Heilingsetzer Semirah             Rudolf Schönwald – Zeichnungen                                Seite 16
                                 Die Verkaufspreise einiger Titel, vor allem jener, die noch in Produktion sind, können sich noch ändern!
                                 Preisangaben daher wie bei der Wettervorhersage: Alle Angaben ohne Gewähr.                                                                Kraft Peter                       Carnuntum Wiederum                                            Seite 16
                                 Irrtümer, Änderungen und ähnliche Ärgernisse versuchen wir zu vermeiden.                                                                  Kristan Markus                    L’Autriche á Paris 1925                                       Seite 17

                                 Die Bücher und Autoren der Bibliothek der Provinz sind mit Österreichischer Staatspreis, Schönste Bücher Österreichs,                     Perzy Niklas                      Österreich Tschechien                                         Seite 17
                                 Österreichischer Förderungspreis für Kinder- & Jugendliteratur, Luchs-Preis der ZEIT, Kinder- & Jugendbuchpreis der                       Rebernig-Ahamer Regine            Hadersdorf-Weidlingau                                         Seite 18
                                 Stadt Wien, Premio Andersen, Josef Binder Award, Österreichischer Kinder- & Jugendbuchpreis, Printissimo,
                                 Beste Bücher für junge Leser u. dgl. m. ausgezeichnet.                                                                                    Rohde Rüdiger                     Schlösser – Burgen – Ruinen im Industrieviertel               Seite 18
                                                                                                                                                                           Wagner Monika                     Von der Würde der Wellen & den Grenzen des Gugelhupfs         Seite 19
                                 Die Bücher des Verlages Bibliothek der Provinz finden Sie in gut sortierten Buchhandlungen, naturgemäß in unserer
                                 Verlagsbuchhandlung in Großwolfgers, in den Ausstellungsräumen auf Schloss Raabs und auch im Internet, sowohl über                        Walser Ewald                      Aufgefangene Zeit                                             Seite 19
                                 unsere Webseite wie bei diversen Versanddiensten. – Wir würden uns freuen, Sie bei unseren Leseveranstaltungen und
                                 Ausstellungen begrüßen zu dürfen.
                                                                                                                                                                           Empfehlungen aus der Backlist                                                                   Seite 20

                                                                                         Abb. Cover: Wolfgang Denk, Beautiful morning in the Sacred Osun Groves, 1990/92
             2                   Verlag Bibliothek der Provinz                                               Landessammlungen Niederösterreich, Foto: Christoph Fuchs                                                                            Verlag Bibliothek der Provinz    3
Neuerscheinungen Frühjahr 2019 - 30 Jahre Verlag Bibliothek der Provinz
Braendle Christoph                                                 Buch Gabriele                                                Csokor Eva                            Eichhorn Hans
Aus den Augen                                                      Vier Frauen                                                  Anthropozän                           Fast – Das große Haus
Roman                                                              Zeichen die wir malen, wischen wir wieder weg                Gedichte                              Prosa

12/19 cm, 234 Seiten, Broschur, 20 ¤                               13/21 cm, 108 Seiten, Broschur, 13 ¤                         13/21 cm, 88 Seiten, Broschur, 12 ¤   15/21 cm, 560 Seiten, Hardcover, 28 ¤
ISBN 978-3-99028-823-8                                             ISBN 978-3-99028-822-1                                       ISBN 978-3-99028-824-5                ISBN 978-3-99028-827-6

Seit ein paar Wochen sitze ich regelmässig im nur wenige           Liliane                                                      Vernetzt                              Das weiss ich nicht, wem das leicht über die Lippen
Schritte von meinem Zimmer entfernten Caffè della Pace                                                                                                                kommt; wer das Parkgaragenticket nicht mehr findet, wer
und mache das, was mir am meisten Vergnügen bereitet: Ich          In einem sehr alten Haus.                                                                          bei der Autobahnmautstelle auf Grund eines elektroni-
                                                                                                                                Von allen Seiten,
zeichne, ich skizziere, ich entwerfe, was mir vor die Augen        Nach dem Krieg.                                                                                    schen Defektes das Fenster nicht mehr öffnen kann oder
                                                                                                                                aus allen Kanälen,
kommt. Ich versuche, flüchtigen Augenblicken Dauer zu                                                                                                                 wer bei der aktuellen Besprechung seines Befundes durch
                                                                                                                                Kabeln,
verleihen. Zeichnen ist eine andere Form, Tagebuch zu füh-         Winters alles unter Schnee, sommers der Hof voll Blumen,                                           den hiesigen Arzt einen roten Kopf bekommt, der sei an
                                                                                                                                mit Wörtern,
ren. Ich bin ein Gewohnheitstier, und weil hier alles so ist,      Gesang von Amseln zum Abend, Hähne zur Früh.                                                       dieser Stelle herzlich willkommen geheißen. Wo nichts
                                                                                                                                schmerzenden Tönen,
als wäre es immer so gewesen, und niemand glaubt, es                                                                                                                  stimmt und die Koordinatensysteme purzeln, dort muss
                                                                                                                                werde ich beleidigt                   eine Ordnung am Werk sein, die fast den Durchblick
bedürfe einer modischen Veränderung, fühle ich mich hier           Die Liebe wohnte dort nicht.                                 in meinem Empfinden.
besonders wohl. Das Caffè della Pace ist ein in sich ruhen-        Aber der Mantel wärmt und der See ist dunkel und grün.                                             zu haben scheint und die wir in mancherlei Wegen und
der, seiner historischen Bedeutung bewusster Raum mit              Ertrunkene, sagen die Leute, gibt er nicht mehr heraus.                                            Umwegen zur Sprache bringen wollen, selbst die Wieder-
                                                                                                                                Schlingerndes Wissen                  holungen seien hier ausdrücklich begrüßt, sie bilden gera-
uralter Holzdecke auf einer zentralen Marmorsäule. Runde
                                                                                                                                auf unrunden Spulen                   dezu den Zement, das Füll- und Stabilisierungsmaterial
Tischchen mit hellen Marmorplatten. Holzstühle mit grü-            In die Algen sind sie versponnen, denkt das Kind, mögen
                                                                                                                                versetzt mich in einen                unseres Unternehmens. Wo ist demnach zu beginnen? Wo
nen Ledersitzflächen. Altrosa getünchte Wände. Der Tresen          nicht mehr herauf.
                                                                                                                                dämmrigen Zustand,                    beispielsweise soll die geöffnete Flasche roten Trauben­
natürlich. Eine gewaltige Glasvase mit mächtig ausladen-
                                                                                                                                aus dem ich lieber                    saftes seinem Stellenwert und seiner Funktion gemäß zu
dem Blumenschmuck. Ein Holzregal mit Weinflaschen,                 Böse Blicke für Städter haben die Bauern, wollen den
guten Weinen ohne Zweifel. Ein unbenütztes schwarzes               Teppich,                                                     einträte in einen ruhigen Schlaf,     stehen kommen, wenn nicht hier, wenn nicht an Ort und
Klavier. Es gibt ein paar Nebenräume und Hinterzimmer.             das Klavier für Gemüse und Fleisch,                          quälen aber wollen                    Stelle, wenn nicht in diesem flüssigen Prozess einer geistes-
Und es gibt ausgesprochen hübsche Kellnerinnen, die deut-          die Sätze streng, die Gedanken kurz,                         die informativen Zeiten               gegenwärtigen Anteilnahme? Du sagst du zu dir selbst,
lich signalisieren, dass das Bedienen nicht ihrer wahren           verwandt mit der Kirche sie alle.                            sogar noch mit Träumen.               um dich in angemessener Distanz zu halten, du sagst du
Berufung entspricht. Hier arbeiten Models und Schauspie-                                                                                                              zu dir, um am Laufenden zu bleiben, um nicht durch
lerinnen.                                                          Niemand war froh im alten Haus.                              Die kurze Fahrt in der Tramway,       Nachdenken oder Grübeln das Laufende zu behindern.
Ich sitze gerne am immer gleichen Tischchen. Zeichne die           Vaters Jüdische Frau wurde in ein Lager geschickt,           lesend in einem Buch,                 So ignorierst du auch, indem du zu dir du sagst, das in der
jungen Damen, wie sie bedienen. Zeichne Leute, die ein­            verließ das Haus, sah es nie wieder.                         ist meine tiefste Stille.             Stadt entgegenkommende Paar, schaust einfach weg, gehst
treten, sich an die Bar stellen, einen Espresso trinken, bezah-                                                                                                       schnell und dich ein wenig hinter dem Rücken der anderen
len und wieder gehen. Gäste, die sich hinsetzen, allein, zu        Die Neue Frau war nicht froh, weil man das Schicksal der                                           versteckend in den Hinterhofweg Richtung Gasthaustür.
zweit, in kleinen Gruppen.                                         ersten nicht vergaß.                                                                               Wurdest du erkannt? Wolltest du nicht gesehen werden?
Eine Person ist mir dabei immer mehr aufgefallen. Der alte         Und das Kind?                                                Sommer frische                        Welcher Logik bist du insgeheim gefolgt? Das sind die Fra-
Herr. Recht gross, ziemlich schlank, aristokratisch anmuten-                                                                                                          gen, die zu beantworten sind. Das sind die Nichtfragen, mit
der Schädel, von dem in leichten Wellen schlohweisses Haar         Ist allein im Garten mit sich und dem Teddy, den Gräsern,                                          denen er sich herumschlägt, die kein Anlass für irgendein
                                                                                                                                lch möchte das Land sehen
bis fast auf die Schulter fällt. Grosse Sonnenbrille von der       dem Wind, den Rosen.                                                                               Herumschlagen sind, die bei genauerer Betrachtung nicht
                                                                                                                                und atmen den Ährenduft,
Art, wie man sie oft bei Blinden sieht. Dunkelblauer Mantel.                                                                                                          einmal Fragen sind, weil es doch nicht angehen kann, dass
                                                                                                                                ich möchte im Bach
Hut mit breiter Krempe. Schwarze Lederschuhe, schwarze             Niemand hört das Weinen im Haus.                                                                   jemand auch nur darüber nachdenken soll, warum er ein
                                                                                                                                drin stehen
Handschuhe und, was man heute kaum noch sieht, ein Stock           Die Mutter will ins Wasser. Ihrem Mann war sie nicht                                               bekanntes Paar in diesem Augenblick und in dieser Situa-
                                                                                                                                und Kind sein.
mit Silberknauf. Der Herr stellt sich an die Bar, bestellt einen   genug,                                                                                             tion nicht sehen will, während ein paar Schritte weiter ein
                                                                                                                                lch möchte ein früheres Leben leben   Jugendlicher wie tot auf dem Straßenpflaster liegt oder die
Cognac, schnuppert, trinkt aus, bezahlt und verlässt die Bar.      sein heimliches Kind kam zur Welt, weit weg, niemand soll    und retten,
Interessanter Typ. Strahlt etwas aus. Er taucht jeden Tag um       es wissen.                                                                                         Autobombe wiederum Millionen von Fernsehzuschauern
                                                                                                                                was jetzt im Vergehen.                ein Urteil buchstäblich vor Augen führt oder das Skalpell
die gleiche Zeit auf, bestellt Cognac, steckt die Nase ins Glas,
trinkt aus, bezahlt und verlässt das Lokal. Frage die Kellne-      Die Oma ist blind, die Tante ist stumm, nur der Cognac hat                                         des Chirurgen gerade die Bauch­decke butterweich öffnet.
rinnen, die ab und zu ein paar Worte mit mir wechseln,             Mitleid.                                                                                           Ja, das sind Fragen! Du und ich, das ist eine Frage. Gesell-
wenige Worte nur, weil mein Italienisch miserabel ist und ihr                                                                                                         schaftliche Befunde, die sich an einer geöffneten Trauben-
Englisch auch nicht besser, wer dieser Herr sei.                   Vom Leben erzählen dem Kind die Sterne, die Steine,                                                saftflasche demonstrieren lassen, ja, das sind Fragen, das
Il tedesco, antworten sie, der Deutsche. Ich versuche etliche      das Moos, wenn es blüht                                                                            sind Antworten in einem höchst verwinkelten, sehr kurz-
Male, ihn zu zeichnen, aber er hält sich so kurz am Tresen         .                                                                                                  sichtig gesehenen Wohn- oder Lebensraum, wo zwei Paare
auf, dass ich ihn nie richtig erwische.                                                                                                                               sich aufeinander zubewegen. Einmal ist es das Paar im Zen-
                                                                                                                                                                      trum der Stadt und einmal ist es das Paar aus dem Zentrum
                                                                                                                                                                      der Stadt hinaus …

4   l i t e r at u r F r ü hjahr 2 0 1 9                                                    Verlag Bibliothek der Provinz       Verlag Bibliothek der Provinz                                l i t e r at u r F r ü hjahr 2 0 1 9   5
Neuerscheinungen Frühjahr 2019 - 30 Jahre Verlag Bibliothek der Provinz
Gornikiewicz Maria                                                Hahn Friedrich                                                 Kraus Mara                                                       Laube Anna
Schall und Rauch                                                  Der Autor steht für Lesungen                                   Ein Mann mit Eigenschaften                                       Amelie
12 Menschenskizzen                                                und Pressetermine nicht zur                                    Joe J. Heydecker’s autobiografische Aufzeichnungen               Die Überwindung der Sprachlosigkeit lediger Mütter

12/19 cm, 164 Seiten, Broschur, 15 ¤                              Verfügung                                                      12/19 cm, 440 Seiten, Hardcover, 28 ¤                            12/19 cm, 120 Seiten, Broschur, 15 ¤
ISBN 978-3-99028-825-2                                            Eine Nahaufhörerfahrung                                        ISBN 978-3-99028-828-3                                           ISBN 978-3-99028-821-4

Nur eine Schreibmaschine klappert um sechs Uhr dreißig            12/19 cm, 328 Seiten, Broschur, 28 ¤                           Joe J. Heydecker wurde durch seine Fotos des War­schauer         Vor fünf Jahren hatte Amelie das seltene Glück, ihrer gro-
in den hohen Räumen des Kreisgerichtes St. Pölten.                ISBN 978-3-99028-826-9                                         Ghettos und sein Buch über den Nürnberger Prozess be-            ßen Jugendliebe wieder zu begegnen (einer von jenen
Draußen ist es noch lange nicht hell.                                                                                            kannt. Als er mit 16 Jahren während seiner Fotografen-           jungen Leuten, die sich in den 80er Jahren einmal bei mir
Wilhelm ist Frühaufsteher. Seine innere Kraft ist vor             Was veranlasst einen umtriebigen Autor, der mehr als 35 Bü-    ausbildung sein erstes Buch schrieb, wurde ihm klar, dass        für einen Maskenball kostümiert hatten), die sich inzwi-
­sieben am stärksten. Da entstehen Gedichte und andere            cher und über 20 Arbeiten für Radio und Bühne veröffent-       er eigentlich Schriftsteller werden wollte. Zeit seines Le-      schen zu einer stabilen Partnerschaft entwickelt hat und
 Schriften.                                                       licht hat, dem Literaturbetrieb den Rücken zu kehren? Und      bens verfasste er Reiseberichte, Tagebücher, Notizen und         vom gegenseitigen Vertrauen und Respekt getragen wird.
 Wenn um acht die Beamten kommen, lässt sie nach. Dann            trotzdem eine Biografie vorzulegen. Friedrich Hahn nennt       andere Bücher. Die genauen Beschreibungen von Men-               Auch hat sich ihr längst erwachsener Sohn, trotz seiner
 fallen ihm auch keine genialen Formulierungen ein.               seine Biografie eine persönliche Arbeitsbiografie. Und brei-   schen und Landschaften lassen das Auge des Fotografen            körperlichen Behinderung, im Leben inzwischen recht gut
 Er borgt sich täglich die Schreibmaschine von der Ober­          tet vor den Augen der Leserschaft ein breites Panorama         erkennen, während der geschulte Journalist und kritische         zurechtgefunden. Er war ein problematisches Kind. Dass
 huber. Sie weiß es, tut aber so, als würde sie es nicht bemer-   seiner Betätigungsfelder aus: Literatur, radiophone Poesie,    Zeitzeuge präzise Skizzen der kulturellen, politischen           ihr stets kränkelnder Sohn dennoch die Handelsakademie
 ken. Dafür sind ihre Bleistifte am sorgfältigsten gespitzt,      bildende Kunst, Fotografie, Drama und Performances. Als        und ­gesellschaftlichen Entwicklungen anfertigt. Manche          mit Matura hatte abschließen können, ist ihr großes
 und er hat noch nie ein Poststück von ihr liegen lassen,         Vielschreiber und Verlagsnomade, der sich vom Experi-          Tagebucheintragungen, wie etwa die Schilderung des               ­Verdienst.
 auch wenn es erst nach fünfzehn Uhr fertig geworden ist.         ment bis zum „klassischen“ Roman an vielen literarischen       Friedhofs Staglieno in Genua sind ein für sich selbst ste-        Neben ihrer Verantwortung als alleinerziehende Mutter
 In der Staatsanwaltschaft sowie im ganzen Gerichts­              Genres abarbeitete, und darüber hinaus als vielseitiger        hendes Essay. Nach Aufzeichnungen über die Kriegs- und            hat Amelie mit ihrem enormen Einsatz an Ausdauer und
 gebäude endet der Posteinlauf um diese Zeit. Was später          spartenübergreifender Künstler entsprach Hahn nie den          Nachkriegszeit und die Emigration nach Brasilien taucht           Geduld auch beruflich viel erreicht. Von ihren Vorgesetz-
 kommt, bleibt bis zum nächsten Tag liegen.                       Kriterien eines Künstlers mit einem marketinggemäßen           Heydecker im Alter – nicht ohne Wehmut – weit zurück in           ten wie auch von der Kollegenschaft hat Amelie immer
 Dann hat er eine Stunde Zeit zum Kuvertieren, Sortieren,         klar umrissenen Profil.                                        seine Kindheit und Jugend. „Du solltest nach meinem Tod           große Wertschätzung erfahren, weil Verlässlichkeit und
 Frankieren und Bündeln.                                          Warum werden aus durchschnittlich begabten Schrei-             über mich schreiben“, meinte einmal Joe. Meine Antwort            Kompetenz zu ihren Charakterstärken zählen. Man
 Um sechzehn Uhr ist seine Dienstzeit zu Ende.                    berlingen Bestseller-AutorInnen? Und warum bleiben für         war nur ein lautes Lachen.Wahrscheinlich dachte er, ich           bewunderte ihren Elan und mit welcher Konsequenz sie
 Manchmal, wenn er erfüllt ist von seiner Sendung, wenn           Leute jenseits des Mainstreams, die im Sinne Becketts ih-      lache ihn aus, nie wieder sprach er darüber. Ich hatte aber       immer an die Dinge heranging.
 ein heiliger Zorn seinen Blutdruck hochhält, kommt er            ren Schreibtisch weit nach vorne an den Abgrund rücken,        über mich selbst gelacht, über den Gedanken, überhaupt            Zu meinem 80. Geburtstag hatten Amelie und mein Enkel
 zurück, um noch heimlich, still und leise an seinem Werk         Leute, die das Scheitern riskieren, nur die Nischen übrig,     imstande zu sein, so etwas zu tun.                                sich im Jahr 2017 eine besondere Geburtstagsüberraschung
 zu feilen. Er schont sich nicht, ist selbstkritisch und strebt   wenn überhaupt? Friedrich Hahn geht den Fragen ohne            Menschen werden rasch vergessen. Nach so vielen Jahren            ausgedacht: Sie schenkten mir ein Flugticket nach Mar-
 nach Vollkommenheit.                                             Arg, Anklage oder Larmoyanz nach. Und es gelingt ihm           füge ich meine Anmerkungen über das Leben des deut-               seille; eine Stadt, die ich nicht mehr gesehen hatte, seit ich
 Sein bürgerlicher Platz ist die Registratur. Sein Werkzeug       ein hinreißendes Zeit- und Berufsbild eines Autors, wo-        schen Fotografen, Schriftstellers, Sachbuchautors und             sie 1961 mit meiner 2-jährigen Amelie verlassen hatte. Ich
des Tages besteht aus Ablage- und Unterschriftsmappen,            bei er auch das Private nicht ausklammert. Was passiert,       Journalisten Julius Isaak Phillip Heydecker, bekannt als          nahm diese besondere Gelegenheit wahr, um die gräfliche
 aus dem großen Locher, aus braunen Archivumschlägen              wenn sich die Literatur in das Leben drängt? Oder um-          Joe J. Heydecker, seinen autobiografischen Schriften hinzu.       Familie auf ihrem Schloss in der Nähe von Aix-en-Pro-
 und gemusterten Bändern. Wären die Bänder nicht so               gekehrt: das Leben in das Schreiben? Was ist, was wäre         Heydecker war, abgesehen von seinem erlernten Fotogra-            vence zu besuchen. Eine der Töchter war 1959 gerade ein-
 bunt, könnte er sie öfter als Schuhriemen nützen. Nur die        das Gemeinsame? Leben und Literatur suchen in sich den         fenberuf und einer kurzen grafischen Ausbildung, in allen         mal sieben Jahre alt gewesen, als ich mit der erst zwei
 braunweißen sind geeignet und auch so lang, dass er sie für      Einklang in Kontrasten. Demut – Unmut. Größenwahn –            anderen Tätigkeiten ein Autodidakt. Er bezeichnete sich           Monate alten Amelie dort angekommen war. Nun begrüßte
 die Bergschuhe verwenden kann.                                   Minderwertigkeitskomplex. Nähe – Ferne. Als eines seiner       gerne als „Homo ludens“, also als Dilettanten im besten           mich überrascht eine zierliche 64-jährige Dame, die sich
 Sein oberstes Gebot ist Sparsamkeit, damit er seinen Stan-       Vorbilder nennt Friedrich Hahn Bazon Brock, den Künstler       Sinne des Wortes: ein Amateur, doch mit höchsten An-              über die vielen Aufnahmen freute, die ich ihr von Amelie
 dard und seine Lebensqualität halten kann.                       ohne Werk, den Generalist mit dem speziellen Drall ins         sprüchen an sich selbst. Er ist ein Beispiel, was man alles in    auf meinem USB-Stick mitbrachte. Es gab viel zu erzählen.
 Das Wichtigste in seinem Instrumentarium ist natürlich           Nebenhinaus. Da, wo es noch das Staunen gibt.                  seinem Dasein leisten kann; unabhängig, selbstbestimmt            Anschließend führte sie mich in jenes Zimmer, wo Amelie
 das Postbuch und die Frankiermaschine und der Bleistift-                                                                        und mutig nach eigenen Überzeugungen zu leben.                    und ich ein Jahr lang gewohnt hatten. Und tatsächlich:
 spitzer mit der Kurbel. Er hat alles seit vielen Jahren im                                                                      Seit frühester Jugend hat Heydecker seinen Tagesablauf in         Das Bett stand noch immer an derselben Stelle, so als hätte
 Griff, was sehr geschätzt wird. Bei seiner Arbeit lässt er                                                                      Notizbüchern und Kalendern festgehalten. Später schrieb           ich eben erst gestern das Zimmer verlassen. Auch die
 sich nichts nachsagen.                                                                                                          er Tagebücher. Zwei Jahre vor seinem Tod, er war damals           alten, schweren Bücherregale waren unverändert an ihrem
 Er ist eine große Stütze der Kanzlei.                                                                                           79, begann er mit der Niederschrift seiner Memoiren. Sie          Platz. Und die dreihundert Jahre alte, breit gefächerte
 Und seine Umgebung glaubt, das sei alles. Niemand ahnt,                                                                         reichen nur bis zu seinem 18. Lebensjahr.                         Zeder stand ebenfalls noch im Schlosshof; wo die Gräfin
 wie er wirklich die Welt beherrscht.                                                                                            Allerdings gibt es zahlreiche belegte Fakten aus späteren         einmal Amelie als Baby auf eine Decke gesetzt hatte, um
 Zu Hause über seinem Bett hängen einige Zeilen von Dos-                                                                         Jahren: im Tagebuch seiner Emigration nach Brasilien so-          sie zu fotografieren. Dieser stark duftende Baum hatte
 tojewski an der Wand: „Der Mensch ist unglücklich, weil                                                                         wie seinem Genealogischen Familien-Arbeitsbuch, in dem            Hagelschäden, Blitz sowie Erdbeben gut überstanden.
 er nicht weiß, dass er glücklich ist. Nur deshalb. Das ist                                                                      er eine durchaus selbstironische Rolle spielt, und durch die      Beim Abschied noch ein letzter Blick von der Lichtung
 alles. Wer das erkennt, der wird glücklich sein, sofort, im                                                                     Erinnerungen in „Mein Krieg“.                                     des Schlossparks über Aix-en-Provence zum Berg Saint-
 selben Augenblick.“                                                                                                                                                                               Victoire; dem Berg, den Cézanne immer wieder gemalt
 Das ist eines seiner Geheimnisse, die er mit der Weltlitera-                                                                                                                                      hat. Damit schließt sich der Kreis meiner Erinnerung.
 tur teilt …

6   l i t e r at u r F r ü hjahr 2 0 1 9                                                    Verlag Bibliothek der Provinz        Verlag Bibliothek der Provinz                                                            l i t e r at u r F r ü hjahr 2 0 1 9   7
Neuerscheinungen Frühjahr 2019 - 30 Jahre Verlag Bibliothek der Provinz
Ottawa Clemens                                                 Petrik Dine                                             Reiter Alois                                                       Schöffl-Pöll Elisabeth
Der exzentrische Mann                                          Traktate des Windes                                     Polterdämmerung                                                    Der Himmel –
Eine Novelle in a-Moll                                         Klage / Getöse / Flucht                                 Gedichte & Aphorismen                                              Das sind die Anderen
                                                                                                                                                                                          Kurzgeschichten
12/19 cm, 96 Seiten, Broschur, 15 ¤                            12/21 cm, 80 Seiten, Broschur, 12 ¤                     13/21 cm, 68 Seiten, Hardcover, illustriert, 13 ¤
ISBN 978-3-99028-692-0                                         ISBN 978-3-99028-829-0                                  ISBN 978-3-99028-802-3
                                                                                                                                                                                          12/21 cm, 194 Seiten, Broschur, 18 ¤
                                                                                                                                                                                          ISBN 978-3-99028-830-6
Was man nicht so alles auf Flohmärkten findet. Als ich         SOLON GEHT                                              Literatur entsteht durchaus aus den unsichtbaren Rissen, die
mich im Sommer dieses Jahres auf einem dieser Pfarrfloh-                                                               durch jede Gesellschaft verlaufen und an denen sich der Fein-
märkte herumtrieb, stieß ich auf ein sonderbar aussehen-       Alles beredet und beschlossen                           fühlige ansiedelt, um zu überleben.                                Man spricht oft im übertragenen Sinn oder humoristisch
des Notizheftchen. Es stach unter allen anderen Reader’s       mit den ältesten der polis nächtelang                                                                                      von Probeliegen in Gräbern, ich selbst jedoch habe tatsäch-
Digest-, Konsalik- und Simmel-Billigbüchern im Karton          begossen, so manch ein ratskonsul bestochen             Alois Reiter ist nach mannigfaltigen Berufen in der Stadt letzt-   lich ausprobiert, wie sich solches Liegen in oder auf einem
hervor. Ich überflog die handgeschriebenen Seiten, und         : meine thesen und traktate sind gesetz!                lich ins Mühlviertel aufgebrochen und zertifizierter Biobauer      Grab anfühlt, und das kam so.
ohne noch genau zu wissen, was ich da eigentlich gefun-        wenngleich auch noch auf schwachen beinen               geworden. Zu einem Schlüsselerlebnis wird ihm jener un-            Allerheiligen nahte, so schleppten wir Kränze und Blumen
den hatte, bezahlte ich die 30 Cent, die als Verkaufspreis     die – demokratie –                                      freundliche Akt diverser Mitbewohner, die ihm eines Tages in       auf den Friedhof unserer Vorfahren, wo auch wir eines
genannt wurden, und schlenderte nach Hause. Irgendwel-         ein neues wort für die elite wie die masse              Wurzelreichweite seines Biotops alte Asphalte von demon-           Tages landen würden, um das Grab so reichhaltig, originell
che Vor- oder Nachkriegsnotizen würden es wohl sein,                                                                   tierten Straßen zu Füßen legen.                                    und schön wie möglich zu schmücken. Es ging ans Umgra-
dachte ich, und fiel dann aus allen Wolken, als diese Ver-     Und plötzlich aus, zunichte                             Diese Bedrohung im innigsten Lebensraum zieht sich wie ein         ben, Rechen, Säubern und Schmücken und ans Schleppen
mutung aber so gar nicht zutraf. Was ich las, in gestochen     über nacht verwirrung: datenverwirrung!                 roter Faden durch die Gedichte Alois Reiters, ob es sich um        der alten welken Gewächse zum Komposthaufen. Wir
scharfer Handschrift, das muss ich zugeben, ließ mich          ohne codes nichts mehr im lot, nichts anklickbar        einen Einbruch des Todes in die Kindheit handelt, um das           freuten uns, dass auch unsere Tochter, die möglicher­weise
nicht mehr ruhig schlafen. Die Lebens-Aufzeichnungen           klagt er, nichts abrufbar und damit nicht genug         Zusammenkippen ganzer Landstriche bei Kriegsende oder              ebenfalls eines Tages in diesem Grab landen würde, uns
eines Mannes, der sein eigenes Grab geschaufelt hatte,         : selbst unsere unterhosen sind jetzt schon             um das Zusammenfallen liebgewonnener Lebensordnungen.              helfend zur Seite stand.
und alles lag erst kürzeste Zeit zurück. Das eigentlich        made in sparta, ja sogar der unentbehrliche             				                                     Helmuth Schönauer         Zufrieden betrachteten wir das fertige Werk auf unserem
Ungeheure dabei – aber, ich schweife ab..                      aeolus weht nur mehr spartanisch                                                                                           Familiengrab, lobten unseren Einsatz über Gebühr und
                                                               : üble gerüche in athen!                                            IM GARTEN                                              beteten im Stillen.
Doch ich greife vor, was ich nicht tun möchte, da alles eine   meine traktate nehmen schaden                                                                                              Mit der Lage des Kranzes war ich noch nicht restlos zufrie-
                                                                                                                                   Im Komposthaufen                                       den. Ich hatte mir das Ensemble im Geist harmonischer
Chronologie hat, wenn sie auch manches Mal schmerzhaft         klagt er, zornesfalten im gesicht
                                                                                                                                   Mutter Blindschleiche                                  vorgestellt. Der Schmuckteil des Kranzes müsste noch
ist. Schmerzhaft ist aber nun einmal das Leben sowieso.
                                                                                                                                   Ihre drei Kinder                                       ein wenig nach links gerückt werden. Allzu rasch eilte ich
So möchte ich denn poetisch beginnen (denn immerhin            Eine plage mit den neuen, parasiten
                                                                                                                                   Spaghettidünn                                          an das Grabende und wollte den Kranz am Drahtgeflecht
ist die Poesie das Einzige mir noch verbliebene Glück).        nicht zu sagen dieses auseinanderfallen
                                                               dieses werden was wir sind und wir nicht wollen                     Starr                                                  ­packen. Doch hatte ich die hohe Einfriedung aus Marmor
                                                               dieses geifern um –                                                 am sonngewärmten Stein                                  nicht bedacht. Plötzlich stolperte ich, mein Fuß verdrehte
                                                               das letzte wort, sage ich, habe – ich bin                           Die Eidechse                                            sich, und ich kam rücklings im Grab zu liegen, mein Hin-
                                                               nicht länger euer interpret am platten teller                                                                               terkopf war an die Marmoreinfriedung geprallt. Ich dürfte
                                                                                                                                   Zeternd ins Unterholz                                   an einen Maikäfer erinnert haben, den man auf den Rücken
                                                               alles abgekupfert, mir, satzzeichen „unten, oben“
                                                                                                                                   Flieht die Amsel                                        dreht. Es muss ein skuriller Anblick gewesen sein, der nur
                                                               selber lernen, sage ich: demokratie!
                                                                                                                                   Dem Habichtschlag.                                      des Anlasses wegen nicht zum Lachen reizte. Mein Kopf
                                                               SOLON mein Name, ja! der name ist gesetz!
                                                               und                                                                                                                         war in den Buchsbaum gefallen, dessen Zweige natürlich
                                                               diese eingefahrene bahn athen –                                                                                             durch den Aufprall krumm geworden waren. Die noch
                                                               SOLON geht, er blickt nicht mehr zurück                                                                                     blau blühenden winterharten Büsche streckten jetzt ihre
                                                                                                                                                                                           Zweiglein wie Finger von sich.
                                                                                                                                                                                           Eine Zeitlang lag ich so da und wollte vor lauter Schmerzen
                                                                                                                                                                                           von niemandem berührt werden. Ich hielt mir das linke
                                                                                                                                                                                           Knie, vor den Augen war mir schwarz.
                                                                                                                                                                                           Ein Schock oder eine leichte Gehirnerschütterung waren
                                                                                                                                                                                           die Folge, wie ich später feststellen musste, da ich die eine
                                                                                                                                                                                           oder andere sonderbare Handlung vornahm und mein
                                                                                                                                                                                           Kopf ein unüberhörbares Sausen aufwies.
                                                                                                                                                                                           Das Schlimmste an diesem Fall im doppelten Wortsinn
                                                                                                                                                                                           aber war, dass ich kurz vor einer wichtigen Buchpräsen­
                                                                                                                                                                                           ta­tion stand, die ich leider im Schock sofort absagte. Da-
                                                                                                                                                                                           durch entgingen mir wichtige Kontakte, das Honorar und
                                                                                                                                                                                           ein nicht zu unterschätzender Buchverkauf.
                                                                                                                                                                                           Ich habe es also ausprobiert, das Probeliegen. Anraten
                                                                                                                                                                                           möchte ich es jedoch niemandem!

8   l i t e r at u r F r ü hjahr 2 0 1 9                                               Verlag Bibliothek der Provinz   Verlag Bibliothek der Provinz                                                              l i t e r at u r F r ü hjahr 2 0 1 9   9
Neuerscheinungen Frühjahr 2019 - 30 Jahre Verlag Bibliothek der Provinz
Seidlmann Axel                                                 Wiesenthal Eva                                                  Winkler Josef
Die Musik der Stille                                           Immer wieder jetzt                                              Kalkutta IV
Reisebilder                                                                                                                    Tagebuch
                                                               Fortschritte
                                                               Kurzprosa
12/19 cm, 508 Seiten, Broschur, 30 ¤                                                                                           12/19 cm, 114 Seiten, vierfärbig, Hardcover, 22 ¤
ISBN 978-3-99028-831-3                                                                                                         ISBN 978-3-99028-833-7
                                                               12/21 cm, 212 Seiten, Hardcover, 20 ¤
                                                               ISBN 978-3-99028-832-0
Ein Buch, das von Begegnungen und Erfahrungen des                                                                              „Abfahrt. Mutter hat geweint. Auch ich weinte zu Hause. Die
Autors an allerlei Orten der Welt erzählt: Die Brahmanin                                                                       Jungs empfingen mich lauthals am Bahnhof … Ich hatte kein Rei-
im Regen Nepals, der Sadhu in Varanassi, der ihn unter-        Sperrangelweit offen                                            sefieber. Doch seit einigen Tagen tut es mir wirklich leid, daß ich
richten wollte, seine Qin-Stunden in einem chinesischen                                                                        abreisen muß“, schreibt im November 1928 der 22jährige
Teehaus, Menschenbilder aus dem widersprüchlichen              Sperrangelweit offen steht die Tür vor mir. Schaue ich von      zukünftige berühmte Religionswissenschaftler und Schrift-
Thailand und Auswandererschicksale im Pionierland              außen oder von innen? Den Flügel, in dem der Schlüs-            steller Mircea Eliade als erste Notiz in sein „Indisches Tage-
Israel, wo er selbst einem Anschlag entgangen ist dadurch,     sel steckt, sehe ich so, wie er bei mir zuhause nach innen      buch, Reisenotizen 1928 – 1931“. Es ist elf Jahre her, ich hatte
dass er einen anderen Bus wählte.                              führt, in meinen Ausdruck des inneren Raumes. Außen             versprochen, einen Monat lang nach Indien zu kommen. Ein-
Immer wieder sind spannende Episoden aus der Geschichte        sehe ich vor mir, wie es Innen aussieht: farbig, vielseitig,    geladen hatte mich das Goethe-Institut im Jahre 2007, als auf
eingestreut, wie auch Bemerkungen zur Kultur: Das Rätsel       lebendig, hell stahlend. Das Dunkle läßt sich beleuchten,       der Frankfurter Buchmesse der Schwerpunkt „Indien“ war.
„Ägypten“, die ausgelöschten Pharaonen, der Nil. Die           lässt sich ansehen, ordnen, überblicken, immer weniger          … Angekommen in Kalkutta gab der Direktor des Goethe-­
­rieselnden Brunnen der nächtlichen Alhambra und der           beängstigend störend undurchsichtig ist es. Viele Bilder,       Instituts in einem Restaurant ein luxuriöses Abendessen mit
 erschütternde Untergang der letzten Emir-Familie. Die         viele ­Geschichten haften an jedem Stück, das widerspie-        mehr als zehn Gästen für einen weltberühmten indischen
 Traumwelt eines sinkenden Venedig, ein Markttreiben im        gelnd mich umgibt. So überreich ist das Äußere des Inne-        Schriftsteller, an dem ich gelangweilt und sprachlos teilnahm
 wilden, einsamen Balkangebirge, die Faszination der           ren des Außen von Innen. Ich reduziere so umsichtig ich         und bei dem fünf mit weißen Handschuhen um die Gäste
 Wüste und die Gottsuche auf dem Berg Athos. Da sind           kann, Der Reichtum soll nicht verschwinden in der Reduk-        herumtanzende, unterwürfige Ober servierten. Beeindruckt
 auch die Erinnerungen an das London der Beatles-Zeit und      tion. Heller wird es in mir und um mich, strukturierter.        hatte mich zu später Stunde beim allgemeinen Lob des Essens
 an die Winter in Ibiza, die Melancholie im herbstlichen       Viel gebe ich auf, um das Wesen klarer zum Ausdruck zu          ein deutscher Korrespondent, der schon seit Jahrzehnten in
 Paris und die Frage, warum wir so gern der Nostalgie ver-     bringen, das Wesentliche deutlicher sichtbar zu machen.         Indien weilte und seine Berichte an die „Frankfurter Allge-
 fallen. Der Autor sinniert am Großglockner über das Berg-     So viele Bücher umgeben mich, so viele, die ich verschen-       meine“ schickte, als er mir zuflüsterte: „Ob das Essen wirk-
 steigen und im Hamburger Hafen über den Mythos der            ken kann. Bücher im Hause sind Spiegel. Bedarf es tausen-       lich gut ist, werden wir erst am nächsten Tag wissen.“ Nach-
 Schiffe.                                                      der Spiegel des Lichtes verschiedener Seelen, tausender         dem ich das Restaurant verlassen hatte, bezog ich um
 Es sind stimmungsstarke Bilder. Wenn etwa abends die          Reflexionen, Reflexe, Perspektiven? Überreich ist, was ich      Mitternacht mein Zimmer im Hotel „Bengali Club“ und ver-
 Frauen des Dschungels aus dem Wald treten, um am Fluss        selbst betrachten, erfahren, auf mich wirken lasse, erspü-      kroch mich in der nach Chlor riechenden weißen Bettwäsche.
 Wasser zu schöpfen, oder wenn im sonnengedörrten              ren kann.                                                       Bereits am frühen Morgen wurde ich von den Krähen und
 ­Dalmatien das tintenblaue Meer an den hellen Fels schlägt,   Immer tiefer blicke ich in mich. Hier finde ich meine eige-     den ständig hupenden Autos und Motorrädern geweckt.
  während die Zikaden schrillen.                               nen Bilder, meine ureigenen Quellen. Ich horche.                „Drei Raben wecken mich in der Früh. In der Nacht weckten mich
  Heimat ist dem Autor überall, wo er erfüllte Stunden ver-    Vor einem offenen Tor, einem Ausgang und Eingang, stehe         dagegen die unsichtbaren Mücken, das schnurrende Geräusch des
  bringt, was letzten Endes den Gegensatz zwischen „auf        ich. Vor und hinter der Tür ist ununterscheidbar. Inein-        Ventilators und das bleiche Licht an der Decke, das vom Korridor
  Reisen sein“ und „zu Hause sein“ auflöst. Das Leben als      ander über gehen die Räume an dieser Schwelle. An Janus         und aus den Nachbarzimmern kam“, steht im „Indischen Tage-
  Reise. So wird man noch Zeuge eines berührend stillen        denke mit dem Blick in die Ferne und in das eigene Reich,       buch“ von Mircea Eliade. Ein Dienerjunge brachte mir eine
  Todes im Frühling und dann mit einem herbstlichen Bade-      in die Zukunft und in die Vergangenheit. Hier fast hinter       Kanne Darjeeling-Tee, Toast, Butter und Marmelade, das täg-
  tag – dem letzten im Jahr – getröstet.                       der Türe in einem gläsern hellen Bereich sehe ich meine         liche Frühstück, das er mir fast einen Monat lang jeden Mor-
                                                               Mutter. Unerwartet steht sie vor mir. Nach einem kleinen        gen auf meinen Zimmertisch stellen sollte. Wenn ich mich im
Musik der Stille bedeutet auch: Die Welt sehen wie ein         Paradeiser greift sie, den man ihr reicht. Auf einem ande-      Hotel aufhielt, saß er immerzu vor meinem Zimmer. Öffnete
Liebhaber!                                                     ren Tablett reicht man russische Eier wie meine Mutter          ich die Tür, erhob er sich, faltete seine Hände und flüsterte:
                                                               sie servieren ließ. Die frische gesunde rote einfache Leben     „Namaste!“ Täglich wechselte er meine Bettwäsche und legte
                                                               spendende saftige Frucht wählt meine Mutter. Verständi-         mir frische Handtücher ins Bad. Manchmal stand er Hand in
                                                               ger ist sie heute. In liebevollerem Licht sehe ich sie heute.
                                                               Eine Tochter ist ein kleines Mädchen, lese ich, das einmal
                                                                                                                               Hand mit einem anderen jungen Hoteldiener an der Treppe
                                                                                                                               und blickte mir nach, wenn ich die verschlungene Hotel-
                                                                                                                                                                                                     Kinder &
                                                               deine Freundin wird. Meine Tochter ergänzt: Ein wah-
                                                               rer Freund bleibt dir immer, auch wenn er lange Zeit sich
                                                                                                                               treppe hinuntertrippelte und zur Tür hinaus, auf die Straße
                                                                                                                               ging. Es war Monsunzeit, September. Als einmal die Straße
                                                                                                                                                                                                         JugenD
                                                               nicht blicken lässt, nicht hören lässt von sich. So bin ich     vor dem Hotel hüfttief unter Wasser stand und ich meine
                                                               meiner Mutter Freundin heute wie mir meine Tochter in           zwei abendlichen Kingfisher-Bier vom Shop von der anderen
                                                               der Ferne eine Freundin ist.                                    Straßenseite holen wollte, verbat er es mir, das Hotel im strö-
                                                                                                                               menden Regen zu verlassen. Vom Fenster aus sah ich, wie er
                                                                                                                               mit hoch erhobenen Händen mit den beiden Bierflaschen
                                                                                                                               durch das tiefe Wasser watete.

10   l i t e r at u r F r ü hjahr 2 0 1 9                                               Verlag Bibliothek der Provinz          Verlag Bibliothek der Provinz                                         k i n d e r | j u g e n d F r ü hjahr 2 0 1 9   11
Neuerscheinungen Frühjahr 2019 - 30 Jahre Verlag Bibliothek der Provinz
Hauck Thomas J. (Text)                                        Kaufmann Angelika                    (Text & Bilder)        Kohlhofer Julia              (Text & Illustr.)               Antoine de Saint-Exupéry/
Duerr Julia (Bilder)                                          Und wer bist du?                                            Es ist schön,                                                Schwarzinger Heinz (Übersetzer)
Graf Wenzelslaus                                                                                                          ein Flamingo zu sein                                         Der kleine Prinz
                                                              22/22 cm, 36 Seiten, vierfärbig, Hardcover, 20 ¤
der Geräuschesammler                                          ISBN 978-3-99028-801-6
                                                                                                                          Anorexia nervosa
                                                                                                                                                                                       15/21 cm, 92 Seiten, vierfärbig, Hardcover, 18 ¤
Erzählungen
                                                                                                                          12/19 cm, 80 Seiten, vierfärbig, Broschur, 13 ¤              ISBN 978-3-99028-808-5
15/21 cm, 72 Seiten, Hardcover, 15 €                          Jeden Morgen bringt mich meine Mama in den Kinder-          ISBN 978-3-99028-807-8
ISBN 978-3-99028-834-4                                        garten. Jeden Morgen gehen wir denselben Weg. Jeden                                                                      Ist die erste Übersetzung (von Grete und Josef Leitgeb,
                                                              Morgen haben wir es eilig. Jeden Morgen sehe ich den­                                                                    erschienen 1950) trotz einiger Irrtümer und Abweichun-
                                                                                                                          Flamingos sind wunderschön. Ihr pinkes Gefieder und
                                                              selben Mann -aber nur von hinten.                                                                                        gen relativ textgetreu, so bekam sie naturgemäß immer
                                                                                                                          ihre ästhetische Figur machen sie zu einzigartigen Wesen.
In dem kleinen Städtchen Sinselbök lebte im schmalsten,       Der Mann trägt eine Mütze und eine graue Weste. Er ver-                                                                  mehr Patina und liest sich heute, als wäre sie schwerfällig.
                                                                                                                          Sie strahlen Freude, Glück und Zufriedenheit aus. Sie füh-
höchsten und schrägsten Haus direkt am Marktplatz ein         kauft Zeitungen. Jeden Morgen steht er da – immer an der                                                                 Und auf die Lesbarkeit kommt es sehr stark an. Meine
                                                                                                                          len sich wohl in ihrer Welt, haben Spaß am Leben und
ziemlich großer Mann. Sein Fachwerkhaus war sagenhafte        gleichen Stelle – immer mit dem Rücken zur Straße. Und                                                                   Erforschung des Textes ging hauptsächlich in diese Rich-
                                                                                                                          Genuss beim Essen.
2,75 Meter breit und 15,75 Meter hoch. Es bestand aus vier    bei jedem Wetter.
                                                                                                                          Auch ich bin ein Flamingo. Oder besser gesagt: Ich bin       tung: Wie sensibel, wie harmonisch verläuft die Vermitt-
Stockwerken und einem Speicher. Es war so schräg, dass        Wie schaut der Mann wohl von vorne aus?
                                                                                                                          wieder ein Flamingo. Denn vor zwei Jahren erkrankte ich      lung der Worte und Bilder an/durch den (Vor-)Leser, wie
man trockenen Fußes unten vorbeilaufen konnte, wenn           Hat er eine große Nase oder eine ganz kleine? Hat er eine
                                                                                                                          an Anorexia nervosa, auch Magersucht genannt, durch die      sehr ist er durch dieses moderne Märchen in den Bann
es regnete oder schneite. Der ziemlich große Mann, der        Hakennase oder eine Knollennase? Oder eine Stupsnase?
                                                                                                                          ich meinen Scharm verlor. Mein ästhetischer Körper           gezogen? Wie stark bilden sich die Fäden aus zwischen
in diesem Haus wohnte, maß sagenhafte 2,15 Meter und          Welche Farbe hat sein Haar? Ist er blond oder schwarz?
                                                                                                                          magerte bis zu den Knochen hin ab, meine Federn fielen       den fiktiven Figuren und Landschaften einerseits und dem
war sehr, sehr dünn. Er strahlte immer: egal ob es regnete    Welche Farbe haben seine Augen?
oder schneite, ob die Sonne schien oder nicht. Und immer                                                                  aus und das bunte Gefieder wurde immer blasser…              Zuhörer in der Jetztzeit? Pulst dieses Gefühl der Freund-
                                                              Trägt er eine Brille?                                                                                                    schaft, der Liebe – und der Trauer – in ähnlich unsenti-
murmelte er in einer sehr seltsamen Sprache etwas vor sich                                                                Ich entwickelte mich zu einem ausgemergelten, hässlichen
                                                              Und seine Ohren?                                                                                                         mentaler Weise durch die Erzählung wie zur Entstehungs-
hin. Das klang etwa so: „Isseste nöchte phöntöstomötisch,                                                                 Vögelchen. Alle nahmen mein Untergewicht und meine
                                                              Jetzt bin ich schon groß genug und kann allein auf die                                                                   zeit? Was liegt noch hinter dem Sog dieser Geschichte,
ön Sinselbök zu lebeben?“ oder „Dö Kröhen kröchzön                                                                        lebensbedrohliche Situation wahr – alle, nur ich nicht.
                                                              Straße gehen.                                                                                                            wie lässt sich das Unausgesprochene hinter den Worten
höuite wöder phöntöstomötisch!“                                                                                           Denn ich fühlte mich immer noch wie ein Flamingo. Es
                                                              Zum ersten Mal sehe ich den Mann von vorne. Ich frage                                                                    erahnbar, erfühlbar machen? Da ich vor allem Theater
Dieser sehr große und sehr dünne Mann hieß Graf Wen-                                                                      hat lange gedauert, bis auch ich einsichtig wurde. Trotz-
                                                              ihn nach seinem Namen. „Michai“ sagt der Mann, „ich                                                                      übersetze, habe ich mit der Zeit ein Gehör für ebendieses
zelslaus zu Vegesack und er hatte einen ganz seltsamen,                                                                   dem war es nicht leicht, wieder zu einem normalen Leben
                                                              bin Michai“. Und ich sage „hallo Michai, ich bin der                                                                     Ungesagte entwickelt. Mit eher unscheinbaren Worten,
aber wundervollen Beruf. Er war Geräuschesammler.                                                                         zurückzukehren. Denn die Magersucht zu besiegen, ist ein
                                                              Felix. Woher kommst du, Michai?“                                                                                         immer eng am Original entlang, galt es, die literarische
Er besaß eine riesige Sammlung mit Geräuschen aller Art.                                                                  harter Kampf. Doch ich habe es geschafft!
                                                              „Ich komme von weit her. Ich komme vom Donaudelta,                                                                       Form und die „Melodie“ herzustellen – hier eigentlich
Seine Aufbewahrungsmethode war einmalig, er sammelte                                                                      Ich weiß, dass es viele Anorexie-Erkrankte gibt, die ver-
nämlich seine Geräusche in großen Einweckgläsern.             dort fließt die Donau in das Schwarze Meer,“ sagt der                                                                    mehr Rhythmik als Melodie. Im Original schwankt der
                                                                                                                          zweifelt einen Ausweg aus dieser heimtückischen Krank-
Der erste, zweite, dritte und vierte Stock seines schmalen,   Mann. „Das Meer ist blau.                                                                                                Text stets zwischen verschiedenen Sprachebenen und
                                                                                                                          heit suchen. Diesen Menschen will ich Hoffnung geben,
hohen und schrägen Hauses waren voll mit Geräusch­            Ein Schwarzes Meer gibt es nicht“, ruft Felix.                                                                           -rhythmen, wenn das lexikalische Niveau dabei auch
                                                                                                                          indem ich meine Geschichte erzähle. Die Geschichte, wie
einweckgläsern. Sogar in seinem Schlafzimmer standen          „Doch!“ sagt der Mann und lächelt.                                                                                       ziemlich konstant bleibt und kaum je ins Umgangssprach-
                                                                                                                          ich von einem hässlichen Vögelchen wieder zu einem
sie …                                                         „Eines Tages … fahre ich auch dahin!“                                                                                    liche kippt. Das konnte ich im Deutschen beibehalten und
                                                                                                                          prachtvollen Flamingo wurde.
                                                                                                                          Ich war ein ganz normales Mädchen: 16 Jahre alt, 165 cm      durchaus nachvollziehen und derart, so hoffe ich, einen
                                                                                                                          groß und wog 57 kg. Nicht dünn, nicht dick – einfach nor-    deutschen „Originaltext“ schaffen, der die gleiche Wir-
                                                                                                                          mal. Mit meinem Aussehen war ich zufrieden, hässlich         kung wie der französische hat: Traumhaftes wirklich
                                                                                                                          war ich eigentlich nicht. Ich ging ins Gymnasium, hatte      erscheinen zu lassen, Märchenhaftes real.
                                                                                                                          gute Noten und war äußerst ehrgeizig.
                                                                                                                          Auch zu Hause war ich brav, half meinen Eltern,
                                                                                                                          küm­merte mich um den Haushalt, nahm mich um meine
                                                                                                                          zwei jüngeren Brüder an und gehorchte immer. zurückzu-
                                                                                                                          kehren. Denn die Magersucht zu besiegen, ist ein harter
                                                                                                                          Kampf. Doch ich habe es geschafft!
                                                                                                                          Ich weiß, dass es viele Anorexie-Erkrankte gibt, die ver-
                                                                                                                          zweifelt einen Ausweg aus dieser heimtückischen Krank-
                                                                                                                          heit suchen. Diesen Menschen will ich Hoffnung geben,
                                                                                                                          indem ich meine Geschichte erzähle. Die Geschichte, wie
                                                                                                                          ich von einem hässlichen Vögelchen wieder zu einem
                                                                                                                          prachtvollen Flamingo wurde.

12   k i n d e r | j u g e n d F r ü hjahr 2 0 1 9                                    Verlag Bibliothek der Provinz       Verlag Bibliothek der Provinz                                             k i n d e r | j u g e n d F r ü hjahr 2 0 1 9   13
Neuerscheinungen Frühjahr 2019 - 30 Jahre Verlag Bibliothek der Provinz
Brettschuh Gerald                                                       Denk Wolfgang                                               Fabry Clemens                                                      Göstl Petra (Hg.)
Figuralien                                                              Eine Werkmonographie                                        Adria                                                              Kasematten und
                                                                        Eine Werkmonografie                                         Wenn der Sommer schläft                                            St. Peter an der Sperr
21/30 cm, 60 Seiten, vierfärbig, Softcover, 20 €
                                                                                                                                                                                                       Schutz und Glaube für Wiener Neustadt
ISBN 978-3-99028-814-6                                                  24/30 cm, 264 Seiten, vierfärbig, Hardcover, 38 ¤­­         29/31 cm, 132 Seiten, duplex, Softcover, 28 ¤
                                                                        ISBN 978-3-99028-811-5                                      ISBN 978-3-99028-836-8
                                                                                                                                                                                                       23/26 cm, 304 Seiten, Hardcover, 29 ¤
Die in dieser Publikation vorliegenden Werke verbindet
                                                                                                                                                                                                       ISBN 978-3-99028-837-5
ihre Vorläufigkeit. Das Vorläufige scheint mir eine ganz                Dieses Buch ist eine Art Gebrauchsanweisung, ein ein­       Die Welt ist nur den Narren kein Rätsel, und wir – närrisch
vornehme künstlerische Ausdrucksform zu sein. Denn sie                  ladender Pfad zu meinem Werk, ein Wegweiser auf der         genug, uns für etwas anderes zu halten –, sind unermüdlich         Die mittelalterliche Stadtanlage von Wiener Neustadt ist
lässt frei. Manchmal wenige Striche, manchmal mehr,                     Reise durch Energieströme und Essenzen zu meinem            am Deuten und Ergründen. Seit ich Clemens Fabrys Zim-              in Österreich von einem Mythos umgeben. Sie gilt als
manchmal Farbe, manchmal nicht. Warum gerade so?                        künstlerischen Denken und den Emanationen meiner            mernachbar bin, was eine glückliche Fügung ergeben hat,            Monument für die Übernahme der Steiermark durch die
Die Erkenntnis, jeder weitere Strich, weitere Farben                    Kunstwerke – eine Flusswanderung am ultrablauen Strom       büßt das Welträtsel jeden Tag etwas von seinem Mysterium           Babenberger, finanziert durch das Lösegeld des englischen
könnten zu viel sein, zerstören, macht aus dem Unferti-                 der Phantasien und Träume, eine „Erinnerung an die Zu-      ein. Ehrlich: Man braucht ja nur uns zu fragen. Wir haben          Königs Löwenherz. Die Forschung kennt sie als bedeu-
gen das Fertige. Ein spannender, ein inspirierender Pro-                kunft“, ein Stundenbuch der Wellen, Ecken, Kanten und       zwar auf fast nichts eine Antwort, aber auf alles was zu           tendste Rasterstadt des Landes, ihre monumentalen Wehr-
zess für den Betrachter. Lehrreich für unser eigenes                    Fallen der bildnerischen Versuche.                          sagen. Bekämen wir mehr Besuch in unserem Bubenzim-                mauern waren selbst den Osmanen zweimal zu stark für
Leben. Das, was der Maler aufzeigt, sind nicht Zustände.                Die Reise ist auf jeden Fall eine Entdeckungsfahrt zu den   mer, könnte diese geballte Deutungsmacht besser in die             eine Eroberung.
Es sind dynamische Dimensionen des Menschseins und                      Ufern der Kunstwerke, entlang der Grenzlinien zwischen      Welt finden. Aber andrerseits ist wohl besser, dass wir unter      Doch was blieb von den Befestigungen nach der Öffnung
geht über diese hinaus. Daher nennt er die vorliegende                  Kunst und Lebensrealität, vorbei an Kraftfeldern und        sich sind, wie man sagt in Wien.                                   der Stadt und vor allem nach den einschneidenden Zerstö-
Auswahl nicht Figuren sondern Figuralien. Wie in mei-                   Einsichten, Verdunkelungen und Erleuchtungen, Schau-        Meistens reden wir über Autos, das ist sowieso das Geschei-        rungen des Zweiten Weltkriegs erhalten? Eine in Zusam-
nem Gedicht Manche Rahmen / Umfassen die Ewigkeit /                     stellungen und Provokationen. Von Dramen bis hin zu         teste: vermeintlich leblose Objekte, nur nicht dem ewigen          menarbeit von Bundesdenkmalamt, Land Niederöster-
Von innen zeigen sie weniger wer sie sind, sondern weisen               Beispielen visionärer, naiv-kindlicher Spielfreude dient    Buben – und erst recht nicht dem Fotografen, der in allem          reich und Stadt organisierte Bestandsaufnahme sowie die
auf das Unermessliche des Nichtseins hin. Das beschreibt                das Buch als Navigationshilfe zu den Indikatoren meines     ein Gesicht und ein Wesen findet. Sogar in den Dingen, die         Analyse historischer Archivalien und Pläne belegt, dass
meistens genauer, jedoch auch unpraktischer.                            künstlerischen Universums.                                  nicht da sind. Davon handelt dieses Buch. Ich habe mich            Wiener Neustadt nicht nur bereits kurz nach der Grün-
                                                                        Da der Berner Kunstphilosoph Johannes Gachnang einst        darin sofort wohlgefühlt – behaglich schaudernd: Ist die           dung eine zukunftsweisend gestaffelte Befestigung mit
Gerald Brettschuh hat zu seinen Bildern, bei aller Liebe zu             einen „morgenland­fahrerischen“* Bericht über visionäre     Menschheit ausgestorben, stolpert sie nur noch in kleinen          Graben, Zwinger und Hauptmauer erhalten hat, sondern
ihnen, eine eigenartige Distanz. Sucht ihr aus, sagte er zur            Kunstannäherungsrituale geschrieben hatte, lud ich ihn      Grüppchen Untoter umher?                                           auch dass davon bis heute wesentliche Bereiche bewahrt
Kuratorin Aurelia Meinhart und mir. Sagte es und ver-                   in die Kunsthalle Krems als Kurator der programmati-        Ohne Menschen verliert ein Schauplatz seine vorgegebene            sind. Frühe Erhöhungen, periodische Verstärkungen und
schwand. Als ob er sagen wollte: Tut das, wozu ihr                      schen Ausstellung „Chaos – Wahnsinn. Permutationen          Handlung, die meist schnell erzählt ist. Es entsteht Raum          die ständige Anpassung an die modernste Geschütztechnik
                                                                        der zeitgenössichen Kunst“ ein. Seine Theorien schienen     für Deutung. Ich sehe eine Landschaft, an der die Herde das        machten (neben der Residenz Wien) aus Wiener Neustadt
gekommen seid, ich hab mein Teil getan. Das haben wir
                                                                                                                                                                                                       die einzige konsequent als solche ausgebaute Festungsstadt
getan, das werden wir wie viele andere weiterhin tun.                   mir wie auf den Leib geschneidert zu sein. Der documen-     Interesse verloren hat. Wie eine Sandkiste, in der Kinder
                                                                                                                                                                                                       Niederösterreichs, die mit ihren Basteien, Wällen und
Sucher sind Finder.                                                     ta-Macher mit umfassendem Kunstwissen war bis zu sei-       ihre Spielsachen zurückgelassen haben…
                                                                                                                                                                                                       Ravelins als monumentales Landesbollwerk gegen Osten
				                                    Michael Lehofer                 nem tragischen frühen Tod mein Freund …
                                                                                                                                                                                                       diente.

14   k u n s t | w i s s e n s c h a f t | m u s i k | r e g i o n a l i a F r ü hjahr 2 0 1 9   Verlag Bibliothek der Provinz      Verlag Bibliothek der Provinz              k u n s t | w i s s e n s c h a f t | m u s i k | r e g i o n a l i a F r ü hjahr 2 0 1 9 1 5
Neuerscheinungen Frühjahr 2019 - 30 Jahre Verlag Bibliothek der Provinz
Heilingsetzer Semirah                                                                                Kraft Peter (Text)                                            Kristan Markus                                                    Perzi Niklas (Hg.)
                                    Rudolf Schönwald                                                                                     Herzenberger Christian (Fotos)                                L’Autriche á Paris 1925                                           Österreich Tschechien
                                    Zeichnungen                                                                                          Carnuntum Wiederum                                            Text/Bildband                                                     Gemeinsame Geschichte
                                                                                                                                         Essays
                                    24/29 cm, 292 Seiten, Hardcover, 24 ¤                                                                                                                              17/20 cm, 312 Seiten, vierfärbig, Hardcover, 34 ¤                 16,8/24 cm, 420 Seiten, mit Abb., vierf., Hardcover, 34¤
                                    ISBN 978-3-99028-838-2                                                                               15/21 cm, 80 Seiten, duplex, Hardcover, 20 ¤                  ISBN 978-3-99028-810-8                                            ISBN 978-3-99028-817-7
                                                                                                                                         ISBN 978-3-99028-839-9
                                    Die Publikation dokumentiert das umfangreiche künstle-                                                                                                             Die von Anfang Mai bis Anfang November 1925 in Paris              Václav Havel, damals tschechischer Staatspräsident,
                                    rische Werk von Rudolf Schönwald, das aus Anlass seines                                              Der Essayband „Carnuntum wiederum“ ist eingefasst in          gezeigte „Exposition Internationale des Arts Décoratifs et        beklagte in einer aufsehenerregenden Rede an der Univer-
                                     90. Geburtstages umfassend gewürdigt wird.                                                          zwei persönliche Begegnungen von 2017, die erste gemein-      Industriels Modernes“ (auf Deutsch oft kurz auch „Inter-          sität Wien im März 1993, dass die Bewohner Österreichs
                                    Schönwald, der 1928 in Hamburg geboren wurde, kehrte                                                 sam mit einer Freundesgruppe, die zweite in Begleitung        nationale Kunstgewerbeausstellung“, „Pariser Ausstel-             und Tschechiens „lange Zeit eher nur nebeneinander als
                                    nach 1945 nach Österreich zurück und begann seine Aus-                                               eines Fotografen, um den seit mehr als fünfzig Jahren wie-    lung“ oder „Art-déco-Ausstellung“ genannt) hat mit rund           wirklich miteinander gelebt“ hätten. Und er fügte bedau-
                                    bildung an der Akademie in Wien bei Josef Dobrowsky                                                  derholten Besuchen des Autors vor den Ruinen der Römer-       140 Pavillons auf dem ungefähr 30 Hektar großen Areal             ernd hinzu, dass die gegenseitigen Beziehungen während
                                    und Christian Ludwig Martin.                                                                         stadt Carnuntum durch Aufzeichnungen und eine leben-          zwischen dem Hôtel des Invalides und den Champs Ely-              des gesamten 20. Jahrhunderts „manchmal mehr Verle-
                                    Erstmalig wird Schönwalds künstlerisches Wirken im                                                   dige Bilderfolge von Aufnahmen Gestalt zu geben.              sées den Rang einer Weltausstellung. Sie ist weltweit die         genheit, Bitterkeit, Verdächtigungen oder Neid als wirk-
                                    Spiegel der Presse und Publikationen beleuchtet. Die auf-                                            Über dem geschichtsträchtigen Boden stehen die bewah-         erste Veranstaltung dieser Größenordnung nach dem                 lich schöpferische Zusammenarbeit“ hervorgebracht hät-
                                    gezeigte Chronologie dokumentiert eine erhebliche                                                    renden Museen mit ihren Exponaten und Programmen              Ende des Ersten Weltkriegs. Während ihrer sechsmonati-            ten. Nachbarschaft als örtliche Nähe bedingt vor allem
                                    Öffentlichkeitswirkung und bezeugt eine relevante Posi-                                                                                                            gen Öffnungszeit wird sie von ca. sechzehn Millionen              Gewohnheit, Berührung sowie Kenntnis des anderen.
                                                                                                                                         und Forschungsergebnissen, in der Landschaft schließen
                                    tion innerhalb der Wiener Kunstszene vor allem in der                                                                                                              Besuchern besichtigt, was einer durchschnittlichen Zahl           Gerade diese Parameter schienen im vergangenen Jahr-
                                                                                                                                         sich daran die frei liegenden Arenen der Amphitheater und
                                                                                                                                                                                                       von ca. 90.000 Personen pro Tag entspricht.                       hundert in den österreichisch-tschechischen Beziehungen
                                    Zeitspanne vom Ende 1950er Jahre bis zur Mitte der 1970er                                            die befestigten Lager mit der verbindenden Zivilstadt an,
                                                                                                                                                                                                                                                                         verloren gegangen zu sein.
                                    Jahre.                                                                                               flankiert vom historischen Wahrzeichen des „Heidentors“.
                                                                                                                                                                                                                                                                         Havels Befund mag erstaunen, waren doch die Bewohner
                                    Die vielfältigen Genres, die Schönwald zeichnerisch auf-                                             Mit dieser eindrucksvollen Kulisse entfalten sich die Mög-    Die österreichische Beteiligung (ca. 220 Aussteller) an die-
                                                                                                                                                                                                                                                                         beider Länder über Jahrhunderte durch ein gemeinsames
                                    greift, reichen von Comics zur Portraitzeichnung, von                                                lichkeiten der Darstellung in Schrift und Bilderfolgen.       ser Ausstellung wird sowohl von christlichsozialen Körper-
                                                                                                                                                                                                                                                                         Staatswesen verbunden. Aber der Befund ist im gleichen
                                    Tierdarstellungen zu Städteansichten.                                                                Zwischen den beiden Besuchen aus dem Jahr 2017 eröffnet       schaften (Republik 4 Mrd. Kr., Wiener Handelskammer
                                                                                                                                                                                                                                                                         Maße zutreffend, da die Trennung nach 1918, die Ereig-
                                    Etliche graphisch aufwändige Zyklen realisierte der                                                  sich ein Gedankenfeld ganz so, wie es die riesige Ausgra-     1 Mrd. Kr., Bankenverband 1 Mrd. Kr.) als auch einer sozi-
                                                                                                                                                                                                                                                                         nisse während der NS-Herrschaft, die Vertreibung der
                                    ­belesene Zeichner – in dieser Publikation wird erstmals                                             bungsfläche mit ihrer bis heute nicht erschlossenen Ganz-     aldemokratischen Körperschaft (Gemeinde Wien 2 Mrd.               Sudetendeutschen, die unterschiedliche Blockzugehörig-
                                     Schönwalds im 90. Lebensjahr entstandener Zyklus zur                                                heit von Jahr zu Jahr immer deutlicher erkennen lässt.        Kr.) mit namhaften Geldbeträgen unterstützt (insgesamt            keit und die Abschottung in den Nachkriegsjahrzehnten
                                     „Odyssee“ abgebildet.                                                                               Der Versuchscharakter der einzelnen Kapitel liegt auf der     neun Milliarden Kronen, das entspricht 2018 rund 3,3 Mio.         nicht nur zur Konservierung lang gehegter Stereotypen
                                    Autoren:                                                                                             Hand, beachtet wissenschaftliche Faktenlage, tritt aber mit   Euro). Es handelt sich daher um eine der wenigen gemein-          und Bilder vom jeweils anderen beitrugen, sondern auch
                                    Philipp Blom                                                                                         ihr nicht in Konkurrenz, sondern bemüht sich, alles Gese-     samen Unternehmungen der zu dieser Zeit tief gespaltenen          zu einer großen Uninformiertheit und der Unmöglichkeit,
                                    Berthold Ecker                                                                                       hene und Erfahrene persönlich, in eigener Meinungsbil-        politischen Lager in Österreich. Allein schon aus diesem          diese zu überwinden. Dies wirkte schließlich trotz aller
                                    Semirah Heilingsetzer                                                                                dung aufzuarbeiten. Der Weg des Essays ist demnach ein        Grund kommt dieser Ausstellung aus österreichischer               Initiativen und neuen Verbindungen nach 1989 fort und
                                    Wolfgang Hilger                                                                                      anderer als jener des akribisch erhobenen Grabungsbe-         Sicht eine beachtenswerte politische Bedeutung zu.                trug zum Teil zu den bilateralen Konflikten der 1990er und
                                                                                                                                         richts. Er kann sich jedoch, gerade durch seine Schlussfol-                                                                     2000er Jahre, für die die Chiffren „Temelin“ und „Beneš-
                                                                                                                                         gerungen vom Erkenntnisrand her, mit ihm verbünden.                                                                             Dekrete“ stehen, bei. Wenn auch mittlerweile konstatiert
                                                                             Semirah Heilingsetzer                                       Das Mithereinnehmen früher bedeutender Anreger in den                                                                           werden kann, dass beide Staaten auf praktisch allen Ebe-
                                              Semirah Heilingsetzer

                                                                             DER ZEICHNER RUDOLF SCHÖNWALD                               Rückblick auf ein halbes Jahrhundert Entwicklungsge-                                                                            nen des wirtschaftlichen, kulturellen, gesellschaftlichen
greiche künstlerische Werk von
90. Geburtstages umfassend ge-
                                                                                                                                         schichte des archäologisch und historisch erschlossenen                                                                         und wissenschaftlichen Lebens so eng verflochten sind wie
 wurde, kehrte nach 1945 nach                                                                                                            Carnuntum hat mit den vorangegangenen Buch- und                                                                                 wohl seit 1918 nicht mehr, so setzt sich die jahrzehntelange
ldung an der Akademie in Wien
g Martin.
                                                                                                                                         Kunstmappenprojekten von Herbert Eisenreich und Kurt                                                                            Trennung mental dennoch fort.
s Wirken im Spiegel der Presse
eigte Chronologie dokumentiert
d bezeugt eine relevante Positi-                                                                                                         Absolon, in der Folge von Eduard Vorbeck, Erik G.                                                                               Vor diesem Hintergrund hat dieses Buch zum Ziel, die
                                                                                                                                                                                                                                                                         wechselvolle Geschichte der beiden Staaten und Gesell-
                                         DER ZEICHNER RUDOLF SCHÖNWALD

 em in der Zeitspanne vom Ende
re.
chnerisch aufgreift, reichen von
                                                                                                                                         Wickenburg und Anton Watzl nur eine ausgelegte Spur
rstellungen zu Städteansichten.
sierte der belesene Zeichner - in                                                                                                        zum Bogen über die bisherigen Jahrzehnte weiterverfol-                                                                          schaften darzustellen. Der zeitliche Schwerpunkt liegt auf
ds im 90. Lebensjahr entstande-
                                                                                                                                                                                                                                                                         dem 20. Jahrhundert, während zwei Beiträge auf die
                                                                                                                                         gen wollen. In letzter Konsequenz sollen und dürfen auch
                                                                                                                                                                                                                                                                         Geschichte vor 1914 zurückgreifen. Das Buch ist keine
                                                                                                                                         die Fotoserien von Christian Herzenberger, die diesen
                                                                                                                                                                                                                                                                         Beziehungsgeschichte im engeren Sinn , vielmehr versucht
                                                                                                                                         Band begleiten, dazugerechnet werden. …
                                                                                                                                                                                                                                                                         es, beide Gesellschaften in ihren Eigendynamiken zu
                                                                                                                                                                                                                                                                         zeichnen, wobei Vergleiche und Hinweise auf Wechselwir-
                                                                                                                                                                                                                                                                         kungen, aber auch auf völlig unterschiedliche Entwicklun-
                                                                                                                                                                                                                                                                         gen im Mittelpunkt stehen …

ition wien                                         SH
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                                    16                                k u n s t | w i s s e n s c h a f t | m u s i k | r e g i o n a l i a F r ü hjahr 2 0 1 9   Verlag Bibliothek der Provinz        Verlag Bibliothek der Provinz             k u n s t | w i s s e n s c h a f t | m u s i k | r e g i o n a l i a F r ü hjahr 2 0 1 9 1 7
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