Dr. Martin Graf an die Mitglieder des Immunitätsausschusses
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Dr. Martin Graf an die Mitglieder des Immunitätsausschusses In gegenständlicher Angelegenheit werden Sie am Donnerstag 26.2.2009 über das Auslieferungsbegehren der Staatsanwaltschaft Wien betreffend Dr. Martin Graf zu entscheiden haben. Damit kein Missverständnis aufkommt, halte ich fest, dass ich persönlich für meine Auslieferung votiere, damit dieses Politikum ein rasches Ende findet. Wegen der parlamentarischen Usance nehme ich an einer Abstimmung in eigener Sache nicht teil. Sollte der Ausschuss es für nötig erachten, stehe ich jederzeit abrufbar als Auskunftsperson mit allen Dokumenten zur Verfügung. Politischer Zusammenhang: Die anonyme Strafanzeige ist am 20.12.2006 bei der Staatsanwaltschaft Wien eingebracht worden und umfasst im Wesentlichen 3 inkriminierende Handlungen: 1. Untreue infolge Abfindung meines Prokuristenvertrages: Am 6. April 2006 habe ich an den Aufsichtsrats-Präsidenten DI Rainer WIELTSCH ein Schreiben gerichtet mit dem Ersuchen mir einen Termin zur Besprechung meiner zukünftigen Verwendung im Konzern zu gewähren. Ebenfalls am 6. April 2006 beauftragt der AR-Präsident die Holding-Geschäftsführer der ARC mit der Führung von Gesprächen betreffend künftige Verwendung der Geschäftsführer der zu verschmelzenden Firmen im Konzern. Die betraf GRAF, FREYBORN, FRÖHLICH, SCHREIBER. Am 10. April 2006 hat mir der AR-Präsident schriftlich mitgeteilt, dass er überrascht sei, dass ich mich in dieser Sache direkt an ihn wende. Er hat mich auf den Dienstweg, sohin an die zuständigen Eigentümervertreter (Holding) verwiesen. In den nächsten Wochen habe ich mit dem gemäß Geschäftsordnung des Konzern zuständigen Eigentümervertreter Kontakt aufgenommen und mehrere Gespräche betreffend meine zukünftigen Verwendung im Konzern und meine beabsichtigte Kandidatur zur Nationalratswahl 2006 besprochen. Mir wurde eine schriftliche Verständigung nach Befassung der Gremien zugesagt. Am 26. April 2006 werden in der Generalversammlung der Holding die Verschmelzung diverser ARC Firmen beschlossen. Am 8. Mai 2006 hat eine Besprechung der beiden Eigentümervertreter (Gornik/Krünes) ua. zum Thema Genehmigung Kandidatur Graf zur Nationalratswahl 2006 stattgefunden. Am 11. Mai 2006 wurde mir ein Schriftstück zugestellt, mit dem meine Kandidatur genehmigt wurde und mir auch eine Verwendung im Konzern bei Einhaltung der einschlägigen Bestimmungen des Unvereinbarkeitsgesetztes in Verbindung mit dem Bezügebegrenzungsgesetz zugesagt. Dieses Schreiben wurde auch in Kopie im ARC Personalakt abgelegt. Am 16. Juni 2006 wurden die Verschmelzungsverträge der verschiedenen Konzernfirmen von den Geschäftsführern GRAF, FREYBORN; FRÖHLICH; SCHREIBER; GORNIK; KRÜNES rückwirkend mit 31.5.2005 unterfertigt. -1-
Am 21. Juni 2006 wurde im AR-Präsidium beschlossen, dass PLIMON, HABERHAUER, GRAF, KAUFMANN, GARN, FRÖHLICH zu Prokuristen neben KADI in der Holding bestellt werden; weiters wurde die neue Organisationsstruktur beschlossen sowie, dass die Tagesgeschäfte der Holding vom GF GORNIK und Prokurist der Holding GRAF gemeinsam zu führen sind. In der AR Sitzung am 3. Juli 2006 wurden vom AR die Prokuren bestätigt und im Firmenbuch eingetragen. Im Vorfeld der Entscheidungen im Präsidium wurde bereits Mitte Mai 2006 vereinbart, auch im Hinblick auf die Verschmelzung der Firmen mit GRAF einen Angestelltenvertrag für leitende Angestellte mit Prokura abzuschließen. Am 12. Juli 2006 wurde der bereits im Juni 2006 verhandelte Vertrag von den Vertragsparteien unterfertigt. Dabei gab es ein separates Gespräch GRAF mit dem GF GORNIK insbesondere im Hinblick auf den Antritt des Mandates (Diskussion über BBG und UnvG). Nach Diskussion wurde der Vertrag auch mit GF GORNIK unterfertigt. Am 31. Juli 2006 wurde in den Generalversammlungen der Konzernfirmen die Verschmelzung beschlossen. Am 16. August 2006 wurde im Exekutivkomitee auch die Organisationsstruktur neu mit 1 Stimme Enthaltung genehmigt. Am 29.September 2006 fand im BMVIT eine Besprechung im Beisein von AR- Präsident WIELTSCH, SL REICHHARDT, Ministersekretär WEISS und KRÜNES und mir statt. Diesbezüglich verweist WIELTSCH erstmalig infolge öffentlicher Kritik des ISTA Projektes durch mich darauf, dass meine Mandatsambitionen nicht genehmigt würden, da neue Unvereinbarkeitsregeln im Konzern implementiert werden. In diesem Zusammenhang habe ich nur auf die bisherigen Gespräche und Genehmigungen verwiesen. KRÜNES bestätigt die Genehmigung. Am 1. Oktober 2006 hat die neue GF im Konzern das Amt angetreten (Ausscheiden KRÜNES). Am 4. Oktober 2006 erfolgte in einer offiziellen Präsidiumssitzung die Weisung an die neuen GF, dass die Genehmigung der Kandidatur und des Mandatsantrittes rück abzuwickeln ist und dass die Genehmigung zum Antritt des Mandates nicht zu erteilen ist. Begründung: Ein Mandat eines Wissenschaftssprechers in der FPÖ und eine Funktion im ARC Konzern ist unvereinbar (Zitat WIELTSCH: „Das wäre also meine Bitte. Ich darf nur noch einmal sagen und das im kleinen Kreis und bitte ohne Protokoll: Ich möchte also eine gegenteilige Entscheidung, …“). Am 5. Oktober 2006 teilte ich schriftlich der GF mit, dass ich das Mandat am 29.10.2006 annehmen werde und unterbreitete gemäß der bisherigen Korrespondenz einen detaillierten Vorschlag auf Reduzierung meines Aufgabengebietes unter gleichzeitigem Entfall von 53% der Bezüge. Mit Schreiben der GF vom 10. Oktober 2006 wurde mir seitens der GF mitgeteilt, dass mir die Nebentätigkeit als Abgeordneter untersagt wird und ich zu Gesprächen eingeladen werde. -2-
Gespräche unter jeweiliger Entlassungsdrohung im Falle des Mandatsantrittes fanden am 11.10.2006, 12.10.2006 und 16.10. 2006 statt. In diesen Gesprächen habe ich 3 Varianten zur Bereinigung der Angelegenheit angeboten: 1. Karenzierung gegen Entfall der Bezüge; 2. Reduzierung der Tätigkeit gegen Entfall von 53% der Bezüge, Abfindung meines Prokuristenvertrages. In diesen Gesprächen erfolgte keine Einigung. Am 17. Oktober 2006 wurde mir ein Schreiben unterfertigt von beiden Geschäftsführern durch Gornik mit der Feststellung übergeben, Zitat: „Die Annahme des Mandates als Nationalratsabgeordneter würde einen Entlassungstatbestand verwirklichen und die Gesellschaft schon in Anbetracht des Unverzüglichkeitsgrundsatzes dazu zwingen, Ihr Dienstverhältnis ohne Verzug durch fristlose Entlassung zu beenden. Diese Konsequenz ist auch unausweichlich, wenn nicht rechtzeitig vor Annahme des Mandats eine Einigung über das Ihnen von der GF unterbreitete Angebot erzielt worden ist.“ Am 19. Oktober 2006 habe ich eine Kopie der vorbereiteten Klage an das ASG Wien samt einstweiliger Verfügung an die GF übergeben mit dem Hinweis, dass ich diese am 20.10.2008, 11.00 Uhr, bei Gericht einbringen lasse, wenn nicht vorher eine Einigung zustande gekommen ist. Am 20. Oktober 2006 habe ich das Anbot der Geschäftsführung auf einvernehmliche Auflösung meines Dienstvertrages, welches durch Verhandlung im Wesentlichen bei der Pensionskasse und Übernahme der HGMT Kosten (Hernstein Lehrgang, der bis Februar 2007 gelaufen ist) modifiziert wurde, per 29.10.2006 angenommen. 2. Förderungsmissbrauch Mit 1. Mai 2003 wurde ich nach Ausschreibung, Bewerbung und Bestellung zum Geschäftsführer der ARC business services GmbH, einer 100% Tochterfirma der Austrian Research Centers GmbH – ARC mit einem 5-jährigen Vertrag berufen. Die Firma, der ich vorgestanden habe, hat innerhalb des Konzerns als Dienstleistungsgesellschaft agiert, welche mit nachstehenden Agenden im Konzern beauftragt war: Personalverwaltung, Facilitiy Management am Standort Seibersdorf, Einkauf, Finanzbuchhaltung, Rechtswesen, Betriebsbuchhaltung, EDV, sowie weiterer übertragener administrativer Aufgaben. Der Konzern bestand aus einer Holding und im Wesentlichen aus 10 Tochterfirmen und weiterer Beteiligungen. Die ARC business services GmbH war als Betriebführungsfirma mit 20% umsatzsteuerpflichtig und per Definition keine Forschungsgesellschaft, somit auch nicht in der Lage Forschungsprojekte durchzuführen bzw. konnte kein Adressat von Forschungsfördermittel sein. 3. Benachteiligung von Gläubigerinteresse (fahrlässige Krida) Im Juli 2006 hat GRAF im Zuge der Verschmelzung der Konzernbetriebe festgestellt, dass sich die zu verschmelzende Tochterfirma FWG finanziell in Schieflage befindet. Ob der Beschlusslagen der Gremien zur Verschmelzung war ein Verkauf der Gesellschaft ohne neue Beschlussfassung nicht möglich und auch wirtschaftlich nicht -3-
opportun, so dass ein sogenannter „asset deal“ von GRAF vorbereitet wurde. Dabei sollten die Patentrechte und das Know-how im Konzern bestehen bleiben und mit entsprechenden Lizenzverträgen verwertet werden. Kaufinteressenten wurden ausgemacht und Verhandlungen in den Monaten August/September 2006 bis zur Abschlussreife geführt. Am 9. Oktober 2006 wurde die Abwicklung FWG mit Beschluss der Geschäftsleitungssitzung den Prokuristen EURINGER. KAUFMANN und KADI übertragen (Protokoll GL Sitzung). Im November 2006 – lange nach meinem Ausscheiden aus dem Konzern - wurde entgegen der Expertise von GRAF ein Unternehmensverkauf in Form eines Notverkaufes der FWG ohne Befassung der Gremien von der neuen Geschäftsführung der ARC durchgeführt. In weiterer Folge ist die Tochterfirma der FWG die INODE in Konkurs gegangen. Durch den Unternehmensverkauf ist dem Konzern offensichtlich ein Schaden (Forderungsausfall) entstanden. Allgemeine Bemerkungen zur wirtschaftlichen Entwicklung der ARC Die Kompetenzen Konzernbilanzierung, strategisches Controlling, Forschungsstrategie und -controlling sowie Unternehmensstrategie und strategische Personalentwicklung lagen bei der Holding, der Muttergesellschaft des Konzerns, die auch neben den beiden Geschäftsführern 3 Prokuristen (Finanzen, Forschung und Personalentwicklung bzw. Generalsekretariat) beschäftigte. Das operative Controlling lag in der Verantwortung der einzelnen Forschungsgesellschaften, die alle als GmbH organisiert waren und je einen Geschäftsführer, Prokuristen und operative Controller beschäftigt haben Die Konzernfirmen hatten alle eigene Personalhoheit. Die in der Holding zuständigen leitenden Angestellten waren: GORNIK, KRÜNES, REITHMAYER, KADI, RENNER und KLEIN, welche auch die Aufsichtsratssitzungen der Holding und Generalversammlungen im Berichtswesen vorbereitet haben. Infolge von in den Gremien des Konzerns getroffenen Entscheidungen Ende 2005 und Anfang 2006, 4 Tochterfirmen und die Holding rückwirkend mit 31.5.2005 zu verschmelzen, hat die Eigenständigkeit dieser GmbH aufgehört. Die Holding war die aufnehmende Firma. Bereits 2002 hat es das Wissen im Konzern gegeben, dass es Schwierigkeiten bei der Planung und im Berichtswesen gibt. Während der Dreier-Geschäftsführung KOCH/PELL/KRÜNES gab es eine Beratung mit WOLTRON über die Frage, wie eine Struktur aufgebrochen werden kann, die am Standort Seibersdorf existierte und wie im gesamten Berichtswesen sowie auch in der operativen kaufmännischen Führung Defizite behoben werden können. In Abstimmung mit dem damaligen Aufsichtsratsvorsitzenden HAMMINGER war in den Aufsichtsratssitzungen die Prokuristin für Finance & Controlling REITHMAYER sowohl während der Dreier- Geschäftsführung wie auch der späteren Zweier-Geschäftsführung immer anwesend. KRÜNES war es ein Anliegen, das existierende Planungs- und Berichtsverfahren zu ändern. Die Lösung im Jahr 2002/2003 war darin angedacht, neue Strukturen in Seibersdorf zu schaffen und die Aufteilung in operative Einheiten mit einer eigenen wirtschaftlichen Struktur sowie die gezielte Ausgliederung aller administrativen Tätigkeiten in eine eigene Gesellschaft, die business services, durchzuführen. -4-
Dadurch wurden die Schnittstellenprobleme aufgebrochen, die in der eingefahrenen Struktur gegeben waren. Dies hat nachhaltig sehr große Einsparungen gebracht. Von KRÜNES und GRAF ausgehend, wurde 2004 der damalige Wirtschaftsprüfer Ernst & Young damit beauftragt, mit seiner Beratungseinheit ein neues Planungs- und Berichtswesen zu erarbeiten. Gegen den Wunsch von KRÜNES ist in der Holding nicht die ARC business services GmbH, sondern REITHMAYER mit der Leitung dieser Arbeitsgruppe beauftragt worden. Ernst & Young hat die Tätigkeiten abgebrochen, da der Widerstand in den Forschungsgesellschaften, insbesondere am Standort Seibersdorf und von REITHMAYER zu groß war. Die Notwendigkeit den Prozess neu zu gestalten konnte daher in den Jahren 2003 bis 2005 nicht umgesetzt werden. Bereits im April 2006 sind im Zuge der Verschmelzungsvorbereitungen durch GRAF Ungereimtheiten im Bereich Finanz & Controlling sowie dem Forschungscontrolling und dem Beteiligungsmanagement der Holding und den Schwesterfirmen aufgedeckt worden. Diese betrafen vor allem die fehlerhafte Ausweisung der treuhändig gehaltenen EU-Koordinationsgelder sowie die zweckgewidmeten Gelder zur Reaktorstilllegung als liquide Mittel des Konzerns und Fehlbeurteilungen im Bereich des Working Capitals. Aus der ersten Analyse ergaben sich erstens die Notwendigkeit der Richtigstellung und die Feststellung, dass in Ermangelung der liquiden Mittel die Forschungsgesellschaften zum Teil nicht mehr in der Lage sind, die Septemberlöhne zu bezahlen. Maßnahmen zur Gegensteuerung wurden von GRAF vorgeschlagen. Jedoch bestanden in den Gesellschaften, den Betriebsräten und der Holding Zweifel ob der Richtigkeit der Erstanalyse. In Weitere Folge wurde mit Wirkung 1.5.2006 die zuständige Prokuristin der Holding – Andrea REITHMAYER – von der Position abgezogen und GRAF und LUTZBAUER mit Wirkung 22.5.2006 mit der operativen Leitung des Bereiches Finance & Controlling im Gesamtkonzern betraut (siehe Konzernmitteilung vom 30.5.2006). In weitere Folge wurde die Prokuristin REITHMAYER mit Juli 2006 vom Dienst frei gestellt. Nach Rücksprache in den Gremien wurden externe Berater (HÜBNER & HÜBNER) von GRAF beauftragt, eine „Analyse der aktuellen wirtschaftlichen Situation und Plausibilisierung der kurzfristigen Liquiditätsplanung“ und eine „Chronologische Darstellung der Informationsweitergabe bezüglich Liquiditätsvorschau an den Aufsichtsrat“ zu erstellen. Die Berichte wurden am 12. Juli 2006 und 8. September 2006 dem Unternehmen vorgelegt und bestätigten die Erstanalyse von GRAF vollinhaltlich. Parallel zu den internen und externe Prüfungen wurden in den Monaten Mai bis September 2006 der Planungsablauf und das Berichtswesen im Konzern von GRAF umgestellt und in Absprache mit den Gremien Restrukturierungsmaßnahmen eingeleitet, welche die Zahlungsunfähigkeit des Konzerns mit September 2006 verhinderten. Wien, am 25. Februar 2009 Dr. Martin Graf -5-
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