Wie geht es Deutschland in Europa? Ergebnisse des European Health Interview Survey - (EHIS) 2 AUSGABE 4 - RKI

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DEZEMBER 2019   GESUNDHEITSBERICHTERSTATTUNG DES BUNDES
  AUSGABE
          4     GEMEINSAM GETRAGEN VON RKI UND DESTATIS

                Journal of Health Monitoring
                Wie geht es Deutschland in Europa?
                Ergebnisse des European Health Interview Survey
                (EHIS) 2

                                                                  1
Journal of Health Monitoring    Inhaltsverzeichnis

                                         		 Wie geht es Deutschland in Europa? Ergebnisse des
                                            European Health Interview Survey (EHIS) 2

                                            3 Editorial Bessere und vergleichbare Informationen
                                              über die Gesundheit der Menschen in Europa
                                            7 Focus Partnerschaft, Elternschaft, Erwerbstätigkeit und
                                              selbsteingeschätzte Gesundheit in Deutschland und
                                              der EU – Ergebnisse des European Health Interview
                                              Survey (EHIS) 2
                                           31 Focus Bildungsunterschiede in der Prävalenz verhal-
                                              tensbezogener Risikofaktoren in Deutschland und der
                                              EU – Ergebnisse des European Health Interview
                                              Survey (EHIS) 2
                                           52 Fact sheet Einschränkungen in Aktivitäten des täglichen
                                              Lebens im Alter in Deutschland und der EU –
                                              Ergebnisse des European Health Interview Survey
                                              (EHIS) 2
                                          62 Fact sheet Depressive Symptomatik im europäischen
                                             Vergleich – Ergebnisse des European Health Interview
                                             Survey (EHIS) 2
                                           71 Concepts & Methods European Health Interview Survey
                                              (EHIS) 2 – Hintergrund und Studienmethodik

Journal of Health Monitoring 2019
                             2018 4(4)
                                  3(1)                                                                  2
Journal of Health Monitoring   Editorial: Bessere und vergleichbare Informationen über die Gesundheit der Menschen in Europa                         EDITORIAL

Journal of Health Monitoring · 2019 4(4)               Editorial: Bessere und vergleichbare Informationen über die
DOI 10.25646/6217
Robert Koch-Institut, Berlin                           Gesundheit der Menschen in Europa
Birte Hintzpeter, Anke-Christine Saß,
                                                          DATEN ZUR GESUNDHEIT DER BEVÖLKERUNG · EHIS 2 · EUROPÄISCHER VERGLEICH
Thomas Ziese

Robert Koch-Institut, Berlin                           Die Europäische Union (EU) wurde mit großer Überzeu-                 vergleichbarer Datenzur Gesundheit bietet die Möglich-
Abteilung für Epidemiologie und Gesundheits-           gung aufgebaut, als Friedens-, als Wirtschafts- und als              keit, Vergleiche mit anderen EU-Staaten anzustellen. Der
monitoring                                             Demokratisierungsprojekt. Sie wurde 1993 mit zwölf Mit-              Vergleich von Gesundheitsdaten soll auch dazu anregen,
                                                       gliedstaaten gegründet und ist seitdem stetig gewachsen.             voneinander zu lernen (“mutual learning“).
Eingereicht: 04.11.2019
Akzeptiert: 18.11.2019                                 Die gesundheitliche Situation der EU-Bevölkerung hat sich                Eine wesentliche Datenbasis für Indikatoren zum
Veröffentlicht: 11.12.2019                             seit dem Bestehen deutlich verbessert: Die Lebenserwar-              Gesundheitszustand und Gesundheitsverhalten in Europa
                                                       tung ist gestiegen, die Lebensbedingungen haben sich ver-            liefert der European Health Interview Survey (EHIS). Der
                                                       bessert, es gab Fortschritte beim Gesundheitsverhalten               Fokus liegt dabei auf nichtübertragbaren Krankheiten. Die
                                                       und in der Gesundheitsversorgung. Dennoch stellen in der             erste Welle des EHIS wurde zwischen 2006 und 2009 auf
                                                       EU die steigende Krankheitslast bei nichtübertragbaren               freiwilliger Basis von den Mitgliedstaaten durchgeführt. In
                                                       Krankheiten, der demografische Wandel und die soziale                einem mehrjährigen Arbeits- und Diskussionsprozess
                                                       Ungleichheit in der Gesundheit Herausforderungen an                  wurde die zweite Welle des EHIS vorbereitet, die zwischen
                                                       Public Health und die nationalen Gesundheitssysteme. Um              2013 und 2015 rechtsverbindlich in allen 28 EU-Mitglied-
                                                       auf diese Herausforderungen angemessen reagieren zu                  staaten stattfand. Auf der Website Statistics Explained stellt
                                                       können, werden zuverlässige bevölkerungsrepräsentative               Eurostat Informationen zu verschiedenen Gesundheits­
                                                       Daten über die Lebensbedingungen, den Gesundheitszu-                 themen auf Basis der EHIS-Daten, aber auch zu vielen wei-
                                                       stand, das Gesundheitsverhalten und die Inanspruchnah-               teren Themen bereit. Neben umfangreichen statistischen
                                                       me des Gesundheitswesens in den EU-Staaten benötigt.                 Daten werden Erklärungen und Hintergrundinformationen
                                                           Bereits Ende der 1990er Jahre beschloss die EU, ein              angeboten. Daneben stellt Eurostat auch EHIS-Auswertun-
                                                       Set an abgestimmten Gesundheitsindikatoren für ein                   gen in Form von Tabellen bereit.
                                                       gemeinsames europäisches Gesundheitsinformations-                        Die vorliegende Ausgabe basiert auf den Daten der zwei-
                                                       und Wissenssystem festzulegen. In mehreren aufein­                   ten EHIS-Welle und ist anschlussfähig an vorige Ausgaben
                                                       anderfolgenden Projekten wurde die ECHI-Shortlist                    des Journal of Health Monitoring (1/2017 und 2/2017), in
                                                       (European Core Health Indicators) mit 88 Indikatoren                 denen ausgewählte Indikatoren für Deutschland und die
                                                       erarbeitet. Für 67 dieser Indikatoren liegen Zahlen aus              EU verglichen wurden. Im Gegensatz zu den damaligen
                                                       internationalen Datenquellen vor. Die Bereitstellung                 Ergebnissen, die ausschließlich auf aggregierten Daten und

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Journal of Health Monitoring    Editorial: Bessere und vergleichbare Informationen über die Gesundheit der Menschen in Europa                      EDITORIAL

                                         damit einhergehend auf eingeschränkten Analysemöglich-               Herausforderungen, mit denen die EU konfrontiert ist.
                                         keiten beruhen, basieren die Beiträge der vorliegenden               Gaertner et al. analysieren Einschränkungen in Aktivitä-
                                         Ausgabe nunmehr auf Mikrodaten (anonymisierte Origi-                 ten des täglichen Lebens im Alter, die mit Hilfe der Inst-
                                         naldaten der EHIS-Befragung aus den EU-Ländern). Sie                 rumente ADL (activities of daily living) und iADL (instru-
                                         wurden zu verschiedenen Aspekten von Gesundheit aus-                 mental activities of daily living) erfasst werden. Personen
                                         gewertet und Vergleiche mit dem Schwerpunkt „Wie geht                aus Deutschland berichten im Vergleich zum Durchschnitt
                                         es Deutschland in Europa?“ durchgeführt.                             der EU-Mitgliedstaaten seltener Einschränkungen in Akti-
                                             Den Auftakt bildet der Beitrag Partnerschaft, Eltern-            vitäten des täglichen Lebens. Dies gilt sowohl für Aktivi-
                                         schaft, Erwerbstätigkeit und selbsteingeschätzte Gesund-             täten wie Gehen, Essen oder Toilettenbenutzung (ADL)
                                         heit in Deutschland und der EU. Hier wird gezeigt, wie sich          als auch Einkaufen, Erledigen von Bankgeschäften oder
                                         die drei zentralen Rollen, die die meisten Frauen und Män-           Haushaltsführung (iADL).
                                         ner im mittleren Erwachsenenalter ausfüllen, auf die selbst-             In dem Beitrag Depressive Symptomatik im europäischen
                                         eingeschätzte Gesundheit auswirken. Der Beitrag verdeut-             Vergleich werden altersstandardisierte Prävalenzen einer
                                         licht unter anderem, dass Erwerbstätigkeit von großer                depressiven Symptomatik in den letzten zwei Wochen auf-
                                         Bedeutung für die Selbsteinschätzung der Gesundheit ist.             gezeigt. Als Indikator werden Selbstangaben der Teilnehmen-
                                         In Deutschland finden sich bei Müttern keine Unterschiede            den in einer länderspezifischen Version des Patient Health
                                         in der Gesundheit nach Erwerbsstatus; dies gilt auch für             Questionnaire (PHQ-8) herangezogen. In Deutschland ist
                                         Alleinerziehende.                                                    die Prävalenz einer depressiven Symptomatik höher als im
                                             Im zweiten Beitrag werden Bildungsunterschiede in der            europäischen Durchschnitt. Weitere Analysen nach Schwe-
                                         Prävalenz verhaltensbezogener Risikofaktoren in Deutsch-             regrad zeigen jedoch, dass sich die Unterschiede zwischen
                                         land und der EU aufgezeigt. Bildungsunterschiede im                  Deutschland und dem EU-Durchschnitt nur auf die leichte
                                         Gesundheitsverhalten tragen in erheblichem Maße zur Ent-             depressive Symptomatik beziehen. Jüngere Menschen haben
                                         stehung von Bildungsunterschieden in der Mortalität bei.             in Deutschland häufiger und Ältere seltener eine depressive
                                         Für Deutschland und die meisten anderen EU-Mitglied-                 Symptomatik als der Durchschnitt der EU-Mitgliedstaaten.
                                         staaten gilt: Verhaltensbezogene Risikofaktoren sind bei                 Der letzte Beitrag, European Health Interview Survey
                                         Personen aus unteren Bildungsgruppen stärker verbreitet              (EHIS) 2 – Hintergrund und Studienmethodik, beschreibt
                                         als bei Personen aus höheren Bildungsgruppen. Der Arti-              die zugrunde liegende Methodik des Surveys. Es wird deut-
                                         kel beschreibt das Ausmaß der Bildungsunterschiede für               lich, dass die EHIS-Daten in den EU-Mitgliedstaaten har-
                                         fünf Risikofaktoren. Insgesamt betrachtet liegt Deutsch-             monisiert erhoben werden und somit ein hohes Maß an
                                         land dabei im Mittelfeld der EU-Länder.                              Vergleichbarkeit gegeben ist. Gleichwohl sollten bei der
                                             Neben gesundheitlichen Ungleichheiten gehören auch               Einordnung der Ergebnisse immer auch länderspezifische
                                         die demografischen Veränderungen zu den aktuellen                    Unterschiede berücksichtigt werden, beispielsweise in

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Journal of Health Monitoring    Editorial: Bessere und vergleichbare Informationen über die Gesundheit der Menschen in Europa                                EDITORIAL

                                         sozio­ökonomischer oder kultureller Hinsicht. So ist es nicht        gibt. Viele der oben beschriebenen Monitoring- und Indi-
                                         unwahrscheinlich, dass kulturelle Unterschiede bei der               katorensysteme im Bereich der nicht übertrag­baren Krank-
                                         Bewertung des eigenen Gesundheitszustandes, von Ein-                 heiten wurden über befristete Projekte durchgeführt, die
                                         schränkungen oder Krankheiten zwischen den einzelnen                 zwar zielführende Konzepte generieren, jedoch nicht nach-
                                         EU-Mitgliedstaaten bestehen.                                         haltig Gesundheitsinformationen und Expertise bereitstel-
                                             Viele Daten zur Gesundheit aus den EU-Mitgliedstaa-              len können. Wünschenswert wäre perspektivisch ein nach-
                                         ten, wie beispielsweise die nationalen Todesursachensta-             haltiges Gesundheitsinformationssystem, in dem die
                                         tistiken werden auf der Internetseite von Eurostat zentral           Gesundheits­informationsangebote der EU gebündelt bereit-
                                         angeboten. Neben absoluten Zahlen werden dabei auch                  gestellt werden. Idealerweise umfasst dieses Angebot
                                         rohe und standardisierte Sterberaten zur Verfügung gestellt.         Gesundheitsinformationen auf der Ebene von Daten, von
                                         Darüber hinaus werden von Eurostat nicht nur EHIS-Da-                Informationen wie Indikatoren und von Wissen wie zusam-
                                         ten, sondern auch Daten der EU-Statistik über Einkommen              menfassende und bewertende Berichte. Damit soll die
                                         und Lebensbedingungen (EU Statistics on Income and                   Grundlage verbessert werden, um durch geeignete und
                                         Living Conditions, EU-SILC) bereitgestellt.                          evidenzgestützte Public-Health-Maßnahmen die Gesund-
                                             Europaweit vergleichbare Gesundheitsinformationen                heit der Menschen in den Mitgliedstaaten zu verbessern.
                                         können dazu beitragen, nationale Strategien zu entwickeln,
                                                                                                                                                            Korrespondenzadresse
                                         um Gesundheitsherausforderungen entgegenzutreten, die                                                                   Dr. Thomas Ziese
                                         auch in anderen Ländern Europas bestehen. Darüber hin-                                                               Robert Koch-Institut
                                         aus können sie helfen, Best-Practice-Beispiele für Interven-                      Abteilung für Epidemiologie und Gesundheitsmonitoring
                                                                                                                                                          General-Pape-Str. 62–66
                                         tionsansätze in den verschiedenen Ländern zu identifizie-
                                                                                                                                                                       12101 Berlin
                                         ren. Hierzu sind nachhaltige Informationsflüsse und eine                                                           E-Mail: ZieseT@rki.de
                                         kontinuierliche Weiterentwicklung der Gesundheitsdaten
                                                                                                                                                                         Zitierweise
                                         in der EU eine Voraussetzung.
                                                                                                               Hintzpeter B, Saß AC, Ziese T (2019) Editorial: Bessere und vergleich-
                                             Die für alle Mitgliedstaaten verpflichtende Durchführung             bare Informationen über die Gesundheit der Menschen in Europa.
                                         des EHIS stellt einen wichtigen Meilenstein zur Verbesse-                                           Journal of Health Monitoring 4(4): 3–6.
                                         rung der Gesundheitsinformationen auf EU-Ebene da. Bis-                                                                 DOI 10.25646/6217
                                         her fehlt jedoch auf der EU-Ebene eine nachhaltige Struktur
                                                                                                              Die englische Version des Artikels ist verfügbar unter:
                                         oder Einrichtung mit Expertise für die nichtüber­tragbaren
                                                                                                              www.rki.de/journalhealthmonitoring-en
                                         Krankheiten und ihren Determinanten, wie sie es mit dem
                                         Europäischen Zentrum für die Prävention und die Kontrolle            Interessenkonflikt
                                         von Krankheiten (European Centre for Disease Prevention              Die Autorinnen und der Autor geben an, dass kein Interes-
                                         and Control, EDCD) für die Infektionskrankheiten bereits             senkonflikt besteht.

Journal of Health Monitoring 2019 4(4)                                                                                                                                    5
Journal of Health Monitoring    Editorial: Bessere und vergleichbare Informationen über die Gesundheit der Menschen in Europa   EDITORIAL

                                             Impressum
                                             Journal of Health Monitoring

                                             Herausgeber
                                             Robert Koch-Institut
                                             Nordufer 20
                                             13353 Berlin

                                             Redaktion
                                             Susanne Bartig, Johanna Gutsche, Dr. Birte Hintzpeter,
                                             Dr. Franziska Prütz, Dr. Martina Rabenberg, Dr. Alexander Rommel,
                                             Dr. Livia Ryl, Dr. Anke-Christine Saß, Stefanie Seeling,
                                             Martin Thißen, Dr. Thomas Ziese
                                             Robert Koch-Institut
                                             Abteilung für Epidemiologie und Gesundheitsmonitoring
                                             Fachgebiet Gesundheitsberichterstattung
                                             General-Pape-Str. 62–66
                                             12101 Berlin
                                             Tel.: 030-18 754-3400
                                             E-Mail: healthmonitoring@rki.de
                                             www.rki.de/journalhealthmonitoring

                                             Satz
                                             Gisela Dugnus, Kerstin Möllerke, Alexander Krönke

                                             ISSN 2511-2708

                                             Hinweis
                                             Inhalte externer Beiträge spiegeln nicht notwendigerweise die
                                             Meinung des Robert Koch-Instituts wider.

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                     International Lizenz.           Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Gesundheit

   Journal of Health Monitoring 2019 4(4)                                                                                                      6
Journal of Health Monitoring   Partnerschaft, Elternschaft, Erwerbstätigkeit und selbsteingeschätzte Gesundheit in Deutschland und der EU                    FOCUS

Journal of Health Monitoring · 2019 4(4)
DOI 10.25646/6218
                                                       Partnerschaft, Elternschaft, Erwerbstätigkeit und selbst­
Robert Koch-Institut, Berlin
                                                       eingeschätzte Gesundheit in Deutschland und der EU –
Petra Rattay, Stephan Müters,
Lea-Sophie Borgmann, Elena von der Lippe,
                                                       Ergebnisse des European Health Interview Survey (EHIS) 2
Christina Poethko-Müller, Thomas Lampert               Abstract
                                                       Partnerschaft, Elternschaft und Erwerbstätigkeit stellen drei zentrale soziale Rollen im mittleren Erwachsenenalter dar.
Robert Koch-Institut, Berlin
Abteilung für Epidemiologie und Gesundheits-
                                                       Vor dem Hintergrund der Diskussion um multiple Rollen und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf wird analysiert, in
monitoring                                             welcher Weise die Kombination der sozialen Rollen in Deutschland und der Europäischen Union (EU) mit der
                                                       selbsteingeschätzten Gesundheit zusammenhängt.
Eingereicht: 06.05.2019                                Die Analyse basiert auf Daten der zweiten Welle des European Health Interview Survey (EHIS 2), der 2013 bis 2015 in
Akzeptiert: 23.09.2019
Veröffentlicht: 11.12.2019                             allen EU-Mitgliedstaaten durchgeführt wurde. Einbezogen wurden 62.111 Frauen und 50.719 Männer im Alter von 25 bis
                                                       59 Jahren. Mittels logistischer Regressionen wurden adjustierte Wahrscheinlichkeiten (Predictive Margins) für eine
                                                       mittlere bis sehr schlechte Gesundheit in unterschiedlichen Familien- und Erwerbskonstellationen für die EU und
                                                       Deutschland berechnet (bei Männern nur für die gesamte EU).
                                                       Bei Frauen und Männern zeigt sich auf Ebene der EU in allen familiären Lebensformen ein Unterschied nach dem
                                                       Erwerbsstatus: Nichterwerbstätige berichten am häufigsten eine mittlere bis schlechte Gesundheit, gefolgt von Teilzeit-
                                                       und Vollzeiterwerbstätigen. Bei Müttern mit Partnerin oder Partner fallen die Unterschiede nach Erwerbsstatus geringer
                                                       aus als bei Frauen in anderen Lebensformen. In Deutschland finden sich bei Müttern keine Unterschiede in der Gesundheit
                                                       nach Erwerbsstatus; dies gilt auch für Alleinerziehende. Darüber hinaus zeigen sich unterschiedliche Zusammenhangsmuster
                                                       zwischen Ländergruppen, die auf Basis ähnlicher Wohlfahrtsstaatssysteme gebildet wurden.

                                                          VEREINBARKEIT VON FAMILIE UND BERUF · SELBSTEINGESCHÄTZTE GESUNDHEIT · EUROPÄISCHER VERGLEICH

                                                       1. Einleitung                                                          von Studien findet, die für die jeweilige Rolle einen positi-
                                                                                                                              ven Einfluss auf die Gesundheit zeigen [1–5], fallen die
                                                       Partnerschaft, Elternschaft und Erwerbstätigkeit stellen drei          Ergebnisse für Elternschaft weniger eindeutig aus [6–8].
                                                       zentrale soziale Rollen im Erwachsenenalter dar. Es ist aus            Allerdings wirken die drei sozialen Rollen nicht unabhän-
                                                       zahlreichen Studien bekannt, dass alle drei sozialen Rollen            gig voneinander, sondern bedingen sich wechselseitig. Dies
                                                       wichtige Determinanten der Gesundheit sind. Während                    wird auch in der Diskussion um familien- und arbeitsmarkt-
                                                       sich für Erwerbstätigkeit und Partnerschaft eine Vielzahl              politische Maßnahmen zur Verbesserung der Vereinbarkeit

           Journal of Health Monitoring 2019 4(4)                                                                                                                                7
Journal of Health Monitoring    Partnerschaft, Elternschaft, Erwerbstätigkeit und selbsteingeschätzte Gesundheit in Deutschland und der EU                  FOCUS

                                                    von Familie und Beruf deutlich, die im Zuge einer stärke-             diese Analyse ausgewählten Globalmaß und validen Prä-
GEDA 2014/2015-EHIS                                 ren Erwerbsbeteiligung von Frauen – und insbesondere                  diktor für Wohlbefinden, Morbidität, Mortalität und die
(für internationale Vergleiche)                     Müttern – in vielen europäischen Ländern geführt wird.                Inanspruchnahme medizinischer Leistungen [15–17] – fal-
Datenhalter: Robert Koch-Institut                                                                                         len die Ergebnisse unterschiedlich aus.
                                                        Zusammenhänge von Kombinationen aus Partnerschaft,                    Bislang ist das Thema für Männer selten untersucht
Ziele: Bereitstellung zuverlässiger Informationen
über den Gesundheitszustand, das Gesundheits-
                                                    Elternschaft und Erwerbstätigkeit mit Gesundheit werden               worden. Dies kann unter anderem damit zusammenhän-
verhalten und die gesundheitliche Versorgung der    in der Rollentheorie unter dem Stichwort der „multiplen               gen, dass die Vereinbarkeit von Familie und Beruf in stär-
Bevölkerung in Deutschland, mit Möglichkeit zum     Rollen“ diskutiert und analysiert [10–12]. Hierbei lassen             kerem Maße für Frauen diskutiert wird. Mit Blick auf die
europäischen Vergleich
                                                    sich vereinfacht zwei konträre Hypothesen unterscheiden:              selbsteingeschätzte Gesundheit zeigt eine australische Stu-
Erhebungsmethode: Schriftlich oder online aus-      Die „Rollen-Belastungs-These“ besagt, dass Anforderun-                die [10], dass Nichterwerbstätigkeit von Männern mit einer
gefüllter Fragebogen
                                                    gen aus Partnerschaft, Elternschaft und Beruf gerade bei              schlechteren allgemeinen Gesundheit assoziiert ist; Part-
Grundgesamtheit: Bevölkerung ab 15 Jahren mit       Frauen oft inkompatibel sind und damit zu Stress, Über-               ner- und Elternstatus haben keinen Einfluss auf diesen
ständigem Wohnsitz in Deutschland                   lastung und infolge zu einer Beeinträchtigung der Gesund-             Zusammenhang. Auch für Deutschland [18] findet sich ein
Stichprobenziehung: Einwohnermeldeamt-Stich-        heit beitragen. Laut „Rollen-Bereicherungs-These“ berei-              starker Zusammenhang zwischen Nichterwerbstätigkeit
proben – zufällig ausgewählte Personen aus 301      chern mehrere soziale Rollen das Leben von Frauen und                 und einer schlechten allgemeinen Gesundheit bei Männern.
Gemeinden in Deutschland wurden eingeladen
                                                    Männern, indem sie soziale und ökonomische Ressourcen                 Doch während bei den Männern ohne Kinder auch eine
Teilnehmende: 24.824 Personen (13.568 Frauen,       bereitstellen und Belastungen in einem Lebensbereich durch            Teilzeitbeschäftigung mit einer schlechten Gesundheit
11.256 Männer)                                      Ressourcen in einem anderen Lebensbereich ausgeglichen                assoziiert ist, trifft dies auf Männer mit Kindern nicht zu.
Responserate: 27,6 %                                werden können. Neben kausalen Effekten der drei sozialen              Bei ihnen zeigen sich keine signifikanten Unterschiede zwi-
                                                    Rollen auf Gesundheit bestehen aber auch Selektionseffekte            schen Teilzeit- und Vollzeiterwerbstätigen [18].
Untersuchungszeitraum: November 2014 – Juli 2015
                                                    derart, dass gesunde Frauen und Männer mit größerer Wahr-                 Für Frauen wurden Zusammenhänge zwischen den drei
                                                    scheinlichkeit eine Partnerschaft eingehen, eine Familie grün-        sozialen Rollen und der selbstberichteten Gesundheit
Mehr Informationen unter
www.geda-studie.de und bei Lange et al. 2017 [9]
                                                    den und einer Erwerbstätigkeit nachgehen [13, 14]. Kausal-            bereits häufiger untersucht [10, 18–27]. Während in allen
                                                    und Selektionseffekte schließen sich keineswegs gegenseitig           Studien bei kinderlosen Frauen eine Nichterwerbstätigkeit
                                                    aus, sondern können ineinandergreifen und gesundheit­                 mit einer schlechten allgemeinen Gesundheit assoziiert ist,
                                                    liche Ungleichheiten wechselseitig verstärken [13].                   zeigen sich bei Frauen mit Kindern deutliche Unterschiede
                                                        Der Forschungsstand zu Zusammenhängen zwischen                    in den Ergebnissen: Zwar kommt der Großteil der Studien
                                                    der Kombination der drei genannten sozialen Rollen und                zu dem Ergebnis, dass erwerbstätige Mütter ihre Gesund-
                                                    Gesundheit stellt sich recht uneinheitlich dar. Dies hängt            heit besser bewerteten als nicht erwerbstätige Mütter
                                                    unter anderem damit zusammen, dass unterschiedliche                   [19, 23–26], es gibt aber auch Studien, die bei Müttern
                                                    Gesundheitsindikatoren analysiert wurden. Jedoch auch in              keinen Unterschied in der selbstberichteten Gesundheit
                                                    Bezug auf die selbsteingeschätzte Gesundheit – dem für                nach dem Erwerbsstatus finden [18, 26] oder in denen

         Journal of Health Monitoring 2019 4(4)                                                                                                                             8
Journal of Health Monitoring    Partnerschaft, Elternschaft, Erwerbstätigkeit und selbsteingeschätzte Gesundheit in Deutschland und der EU                  FOCUS

                                         Vollzeit erwerbstätige Mütter ihre Gesundheit schlechter               Erwerbstätigkeit und Elternschaft werden aber nicht mit­
                                         einstuften als nicht erwerbstätige Mütter [10]. Auch hin-              einander kombiniert, sondern stehen als Einzelfaktoren
                                         sichtlich des Umfangs der Erwerbstätigkeit differieren die             nebeneinander. Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass
                                         Ergebnisse: Während einige Studien keine Unterschiede                  in nord-, ost- und südeuropäischen Ländern die subjektive
                                         zwischen Voll- und Teilzeiterwerbstätigkeit berichten [18,             Gesundheit nicht mit dem Elternstatus oder dem Umfang
                                         19], zeigt sich in anderen Studien bei Teilzeit arbeitenden            der Wochenarbeitszeit variiert, während dies in kontinen-
                                         Müttern eine bessere allgemeine Gesundheit als bei Voll-               taleuropäischen und angelsächsischen Ländern der Fall ist.
                                         zeit erwerbstätigen Müttern [10, 22]. Für Deutschland zei-                Zusammenfassend lässt sich somit festhalten, dass es
                                         gen sich bei Frauen keine Unterschiede in der selbstberich-            international bereits eine größere Anzahl an Studien gibt,
                                         teten Gesundheit zwischen Vollzeit- und Teilzeiterwerbs-               die Zusammenhänge zwischen Partner-, Eltern- und Erwerbs-
                                         tätigen [18]. Dies gilt unabhängig davon, ob Kinder, eine              status mit der selbsteingeschätzten Gesundheit analysieren;
                                         Partnerin oder ein Partner im Haushalt leben. Bei in Part-             meist jedoch nur auf der Ebene einzelner Länder.
                                         nerschaft lebenden Müttern geht auch eine Nichterwerbs-
                                         tätigkeit nicht mit einer höheren Wahrscheinlichkeit für                  In dem vorliegenden Beitrag werden erstmals für die
                                         eine schlechte Gesundheit einher, wohl aber bei alleiner-             EU die Zusammenhänge von Partnerschaft, Elternschaft
                                         ziehenden Müttern und kinderlosen Frauen.                             und Erwerbstätigkeit mit der selbstberichteten Gesundheit
                                             Diese Varianz in den Ergebnissen wird – neben Unter-              vor dem Hintergrund unterschiedlicher Familienpolitiken
                                         schieden im Studiendesign, dem Alter der einbezogenen                 und Wohlfahrtssysteme verglichen. Hierfür wird auf eine
                                         Studienteilnehmenden oder dem Zeitpunkt der Befra-                    wissenschaftlich etablierte Ländergruppierung zurückge-
                                         gung – vor dem Hintergrund differierender Familienpoli-               griffen, laut der sich die EU-Mitgliedstaaten fünf Wohl-
                                         tiken und Wohlfahrtssysteme der betrachteten Länder                   fahrtsstaatentypen zuordnen lassen [29–31]. Die wesent­
                                         diskutiert. Es wird angenommen, dass diese in unterschied-            lichen Charakteristika der fünf Typen lassen sich wie folgt
                                         licher Weise die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ermög-           skizzieren [30, 32]:
                                         lichen [26, 28]. Ländervergleichende Studien, die auf Ebene           „„ In den nordeuropäischen Ländern Dänemark, Finnland
                                         der Europäischen Union (EU) den Zusammenhang von                          und Schweden zielt die Familienpolitik auf Geschlech-
                                         Partner-, Eltern- und Erwerbsstatus mit Gesundheit ana­                   tergleichheit und die Vereinbarkeit von Familie und
                                         lysieren, gibt es bislang nicht. Lediglich die Studie von                 Beruf. Länder dieses Typs zeichnen sich durch eine hohe
                                         Artazcoz et al. [29] untersucht für Ländergruppierungen                   Müttererwerbstätigenquote, hohe Geburtenraten und
                                         der EU Zusammenhänge zwischen dem Umfang der                              eine gut ausgebaute öffentliche Kinderbetreuung aus.
                                         Erwerbstätigkeit und der selbsteingeschätzten Gesundheit                  Aufgrund hoher Steuern müssen allerdings in der Regel
                                         für in Partnerschaft lebende, erwerbstätige Frauen und                    beide Eltern für ein durchschnittliches Familieneinkom-
                                         Männer und bezieht dabei den Elternstatus mit ein.                        men arbeiten.

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Journal of Health Monitoring    Partnerschaft, Elternschaft, Erwerbstätigkeit und selbsteingeschätzte Gesundheit in Deutschland und der EU                      FOCUS

                                         „„   Die Familienpolitik in den kontinentaleuropäischen                   Slowenien und der Tschechischen Republik bestehen
                                              Ländern, zu denen neben Belgien, Frankreich, Luxem-                  große Variationen hinsichtlich der familienpolitischen
                                              burg, den Niederlanden und Österreich auch Deutsch-                  Maßnahmen. Ein gemeinsames Charakteristikum ist dar-
                                              land gezählt werden kann, zielt vorrangig auf eine finan-            in zu sehen, dass im Zuge postkommunistischer Trans-
                                              zielle Unterstützung von Ehen und Familien durch                     formationsprozesse die Familienpolitiken bislang ver-
                                              direkte Geldleistungen. Das Steuersystem fördert das                 gleichsweise wenig entwickelt sind. Trotz der in einigen
                                              traditionell geprägte männliche Ernährermodell, sodass               Ländern vorhandenen Unterstützung von Doppelverdie-
                                              trotz umfangreicher Kinderbetreuungseinrichtungen                    ner-Paaren und hoher Anteile Vollzeit erwerbstätiger
                                              eine eher geringe Erwerbsbeteiligung von Müttern, ins-               Mütter findet sich in starkem Maße eine eher traditio-
                                              besondere in Vollzeit, besteht. Frankreich stellt mit einer          nelle Aufteilung der Haus- und Familienarbeit zwischen
                                              starken Förderung der Erwerbsintegration von Frauen                  Frauen und Männern.
                                              eine Ausnahme dar.
                                         „„   Die südeuropäischen Länder Griechenland, Italien,                 Es wird angenommen, dass vor dem Hintergrund dieser
                                              Malta, Portugal, Spanien und Zypern zeichnen sich                 differierenden politischen Kontexte auch die Zusammen-
                                              durch eine Familienpolitik aus, die mit einer vergleichs-         hänge zwischen der Kombination von Erwerbsarbeit, Eltern-
                                              weise geringen sozialen Absicherung durch den Staat               und Partnerschaft und Gesundheit in den Ländergruppen
                                              und geringen Ausgaben für familienpolitische Maßnah-              unterschiedlich ausfallen.
                                              men einhergeht. Infolgedessen tragen Frauen in star-
                                              kem Maße Verantwortung für familiäre Aufgaben. Kin-               Der vorliegende Beitrag geht im Einzelnen folgenden Fra-
                                              derbetreuungsquoten und Vollzeitbeschäftigung von                 gestellungen nach:
                                              Müttern liegen dennoch auf mittlerem Niveau.                      Gibt es einen Zusammenhang zwischen Kombinationen
                                         „„   Das soziale Sicherungssystem der angelsächsischen                 der drei sozialen Rollen (Partnerschaft, Elternschaft, Erwerbs­
                                              Länder, zu denen das Vereinigte Königreich und Irland             tätigkeit) und der selbsteingeschätzten Gesundheit? Vari-
                                              zählen, orientiert sich an der Leitidee der Grundsiche-           iert dieser Zusammenhang
                                              rung bei Bedürftigkeit und zielt damit vorrangig auf              a)	in der gesamten EU zwischen Frauen und Männern?
                                              Armutsbekämpfung. Die Vereinbarkeit von Familie und               b)	bei Frauen zwischen Deutschland und der gesamten EU?
                                              Beruf wird in eher geringem Ausmaß staatlich gefördert.           c)	bei Frauen zwischen Ländergruppen der EU, die durch
                                              Die gesetzlich vorgesehene Elternzeit ist vergleichswei-              unterschiedliche Wohlfahrtssysteme gekennzeichnet
                                              se kurz und wird teilweise durch vom Arbeitgeber indi-                sind?
                                              viduell gewährte Elternzeiten kompensiert.
                                         „„   In den osteuropäischen Ländern Bulgarien, Estland, Lett-             Der überwiegende Teil der Männer in der EU ist Vollzeit
                                              land, Litauen, Polen, Ungarn, Rumänien, der Slowakei,             erwerbstätig. Daher sind die Fallzahlen nicht oder Teilzeit

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Journal of Health Monitoring     Partnerschaft, Elternschaft, Erwerbstätigkeit und selbsteingeschätzte Gesundheit in Deutschland und der EU                    FOCUS

                                                     erwerbstätiger Männer in einem repräsentativen Survey                  Einwohnermelderegistern gezogen wurde. Die Erhebung
Infobox:                                             entsprechend gering. Bei den differenzierten Analysen zu               wurde von November 2014 bis Juli 2015 durchgeführt [9].
Europäische Gesundheitsbefragung                     Unterschieden innerhalb Deutschlands sowie zwischen
(European Health Interview Survey, EHIS)             Ländergruppen werden Männer daher nicht berücksichtigt                 2.2 Variablen
Die europäischen Kernindikatoren für Gesund-         (siehe Fragestellungen b und c).
heit (European Core Health Indicators, ECHI)                                                                                Als Outcome-Variable fungiert der selbsteingeschätzte all-
wurden gemeinsam von den EU-Mitgliedstaaten          2. Methode                                                             gemeine Gesundheitszustand. Dieser wurde mittels der
und internationalen Organisationen unter
Berücksichtigung wissenschaftlicher und gesund-      2.1 Stichprobendesign und Studiendurchführung                          Frage „Wie schätzen Sie Ihre Gesundheit im Allgemeinen
heitspolitischer Anforderungen entwickelt. Für                                                                              ein?“ erhoben. Die fünf Antwortkategorien wurden in zwei
die europäische Gesundheitsberichterstattung
                                                     Die hier vorgestellte Analyse basiert auf Daten der zweiten            Gruppen („sehr gut/gut“ und „mittelmäßig/schlecht/sehr
bilden die Indikatoren ein Gerüst für bevölke-
rungsbezogene Erhebungen und Analysen zur            Welle des European Health Interview Survey (EHIS 2), die in            schlecht“) zusammengefasst.
Gesundheit sowie zur gesundheitlichen Versor-        allen 28 EU-Mitgliedstaaten zwischen 2013 und 2015 erho-                   Die Prädiktorvariable „Partner-, Eltern- und Erwerbssta-
gung auf europäischer und nationaler Ebene. Ein
wichtiger Baustein ist dabei die europäische
                                                     ben wurden (Infobox). Einbezogen wurden Personen im Alter              tus“ wurde aus einer Kombination der Variablen zum Haus-
Gesundheitsbefragung (European Health Inter-         von mindestens 15 Jahren, die in privaten Haushalten leben.            halts- und Erwerbsstatus gebildet und weist zwölf Ausprä-
view Survey, EHIS). Die erste EHIS-Welle (EHIS 1),   Um ein hohes Maß an Harmonisierung der Erhebungser-                    gungen auf (Tabelle 1).
die noch nicht verpflichtend war, wurde zwischen
2006 und 2009 durchgeführt. An EHIS 1 nahmen         gebnisse zwischen den Mitgliedstaaten zu erreichen, wurden                 Im EHIS-2-Datensatz befindet sich mit Blick auf den
17 Mitgliedstaaten sowie zwei weitere Nicht-EU-      Leitlinien für die Methodik der Erhebung in Form eines Hand-           Partner- und Elternstatus eine Variable zum Haushaltstyp,
Staaten teil. Die Beteiligung an der zweiten         buchs zur Verfügung gestellt, das auch einen Musterfrage-              die die Ausprägungen „Ein-Personen-Haushalt“, „Allein-
EHIS-Welle (EHIS 2), die zwischen 2013 und 2015
in allen Mitgliedstaaten der EU (sowie in Island,    bogen enthält [33]. In Deutschland ist EHIS Teil des Gesund-           erziehende mit Kind(ern) unter 25 Jahren“, „Paare mit
Norwegen und der Türkei) durchgeführt wurde,         heitsmonitorings am Robert Koch-Institut. EHIS 2 wurde in              Kind(ern) unter 25 Jahren“ und „Paare ohne Kind(er) unter
ist rechtsverbindlich und stützt sich auf die Ver-
                                                     die Studie Gesundheit in Deutschland aktuell (GEDA                     25 Jahren“ sowie „andere Lebensformen“ aufweist. Der
ordnung (EU) Nr. 141/2013 der Kommission vom
19. Februar 2013. Sie stellt wesentliche Informa-    2014/2015-EHIS) integriert [34, 9]. Die EU-Mitgliedstaaten             Begriff „Paar“ umfasst alle Personen, die mit einer Partne-
tionen für die ECHI-Indikatoren bereit. In           wählten für EHIS 2 jeweils eine national repräsentative Stich-         rin oder einem Partner zusammen in einem Haushalt leben,
Deutschland erfolgt die Durchführung des EHIS
im Rahmen des Gesundheitsmonitorings am
                                                     probe, basierend auf Bevölkerungsregistern, Volkszählungen,            unabhängig vom Familienstand. Als Kinder gehen leibliche,
Robert Koch-Institut. Zum Erhebungszeitraum          Wohnregistern oder anderen statistischen Quellen. Im                   Stief- und Adoptivkinder bis zum Alter von 24 Jahren ein,
von EHIS 2 hatte die EU 28 Mitgliedstaaten.          Durchschnitt über alle EU-Mitgliedstaaten dauerte die Daten­           die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Haushalt der befrag-
Mehr Informationen unter                             erhebung acht Monate. Ein Qualitätsbericht enthält detail-             ten Person haben. Die Kategorie „andere Lebensformen“
https://ec.europa.eu/eurostat/web/microdata/         lierte Angaben zum methodischen Vorgehen der einzelnen                 umfasst alle Lebensformen, in denen (auch) andere Per-
european-health-interview-survey                     Staaten [35]. Eine ausführlichere Darstellung der Methodik             sonen als Partnerinnen beziehungsweise Partner oder Kin-
                                                     von EHIS 2 findet sich im Beitrag Hintzpeter et al. [36] in die-       der unter 25 Jahren im Haushalt leben [33]. Da in dem vor-
                                                     ser Ausgabe. In Deutschland basierte die Erhebung auf einer            liegenden Datensatz nicht eindeutig identifizierbar ist,
                                                     zweistufig geschichteten Cluster-Stichprobe, die zufällig aus          welche Personen in diesen Haushalten leben, wurde diese

          Journal of Health Monitoring 2019 4(4)                                                                                                                              11
Journal of Health Monitoring    Partnerschaft, Elternschaft, Erwerbstätigkeit und selbsteingeschätzte Gesundheit in Deutschland und der EU                                 FOCUS

                                    Tabelle 1                                                                             EU gesamt1 Deutsch- Kontinental-  Süd- Nord-    Ost- Angelsächs.
     Stichprobenbeschreibung EU gesamt,                                                                                                 land     europa2 europa europa europa     Europa3
Deutschland und EU-Ländergruppierungen                                                                              Frauen Männer          Frauen   Frauen Frauen Frauen Frauen            Frauen
     (n = 62.111 Frauen, n = 50.719 Männer)     Gesamt (n)                                                           62.111     50.719      6.434   19.223 18.408    3.839   16.572         4.069
                Quelle: EHIS 2 (2013 – 2015)    Selbsteingeschätzte Gesundheit (n)
                                                 Sehr gut/gut                                                 48.257            41.021      5.024   15.572 13.878    3.053 12.390           3.364
                                                 Mittelmäßig/schlecht/sehr schlecht                           13.854             9.698      1.410    3.651 4.530       786  4.182             705
                                                Partner-, Eltern- und Erwerbsstatus (n)
                                                 Kein(e) Partner(in), kein(e) Kind(er), nicht erwerbstätig     1.239             1.727        101      285     560      63      269           62
                                                 Kein(e) Partner(in), kein(e) Kind(er), Teilzeit erwerbstätig  1.131               563        192      605     254      76      111           85
                                                 Kein(e) Partner(in), kein(e) Kind(er), Vollzeit erwerbstätig 5.755              7.478        706    1.530   1.805     394    1.686          340
                                                 Partner(in), kein(e) Kind(er), nicht erwerbstätig             3.782             1.404        194      762   1.950     105      846          119
                                                 Partner(in), kein(e) Kind(er), Teilzeit erwerbstätig          2.909               573        671    1.718     475     194      236          286
                                                 Partner(in), kein(e) Kind(er), Vollzeit erwerbstätig          9.669            11.058      1.375    2.934   2.258     803    3.106          568
                                                 Kein(e) Partner(in), Kind(er), nicht erwerbstätig             1.438               152         48      355     561      33      321          168
                                                 Kein(e) Partner(in), Kind(er), Teilzeit erwerbstätig          1.274                62        223      685     223      41      100          225
                                                 Kein(e) Partner(in), Kind(er), Vollzeit erwerbstätig          3.335               796        181      677   1.074     232    1.151          201
                                                 Partner(in), Kind(er), nicht erwerbstätig                     8.912             2.266        540    2.257   3.506     283    2.441          425
                                                 Partner(in), Kind(er), Teilzeit erwerbstätig                  7.285               863      1.606    4.255   1.252     374      469          935
                                                 Partner(in), Kind(er), Vollzeit erwerbstätig                 15.382            23.777        597    3.160   4.490   1.241    5.836          655
                                                Partner-, Eltern- und Erwerbsstatus (%)
                                                 Kein(e) Partner(in), kein(e) Kind(er), nicht erwerbstätig        1,6                2,9      1,6      1,7     2,0     1,6      1,3           1,1
                                                 Kein(e) Partner(in), kein(e) Kind(er), Teilzeit erwerbstätig     1,5                1,3      2,9      2,7     1,3     2,2      0,6           1,7
                                                 Kein(e) Partner(in), kein(e) Kind(er), Vollzeit erwerbstätig     8,5               14,1     11,7      9,6     6,6     9,9      9,0           8,2
                                                 Partner(in), kein(e) Kind(er), nicht erwerbstätig                5,6                2,7      2,8      3,7    11,0     2,6      4,6           2,3
                                                 Partner(in), kein(e) Kind(er), Teilzeit erwerbstätig             5,1                1,3      9,9      7,8     3,2     4,8      1,1           6,1
                                                 Partner(in), kein(e) Kind(er), Vollzeit erwerbstätig           15,3                22,3     21,1     16,2    12,5    19,0     17,3          14,7
                                                 Kein(e) Partner(in), Kind(er), nicht erwerbstätig                2,4                0,3      0,8      2,2     2,5     0,9      1,8           4,3
                                                 Kein(e) Partner(in), Kind(er), Teilzeit erwerbstätig             2,5                0,2      3,3      3,2     1,3     1,2      0,5           5,5
                                                 Kein(e) Partner(in), Kind(er), Vollzeit erwerbstätig             4,5                1,4      2,5      3,7     4,3     6,1      6,3           4,7
                                                 Partner(in), Kind(er), nicht erwerbstätig                      15,4                 4,5      9,6     11,2    23,6     8,1     16,6          12,1
                                                 Partner(in), Kind(er), Teilzeit erwerbstätig                   14,8                 2,0     25,6     21,5     8,7    10,6      3,1          23,6
                                                 Partner(in), Kind(er), Vollzeit erwerbstätig                   15,3                47,0      8,3     16,5    23,1    33,1     37,8          15,6
                                                n = ungewichtete Anzahl der Befragten, % = gewichteter Anteil
                                                1
                                                  EU = Durchschnitt der EU-Mitgliedstaaten, für die Daten vorliegen (ohne Irland)
                                                2
                                                  inklusive Deutschland
                                                3
                                                  ohne Irland

      Journal of Health Monitoring 2019 4(4)                                                                                                                                          12
Journal of Health Monitoring    Partnerschaft, Elternschaft, Erwerbstätigkeit und selbsteingeschätzte Gesundheit in Deutschland und der EU                    FOCUS

                                          Kategorie aus der Analyse ausgeschlossen. Für die Alters-            die kontinentaleuropäischen Länder (Belgien, Deutschland,
                                          gruppen 25 bis 59 Jahre traf dies auf 33.429 Personen zu.            Frankreich, Luxemburg, die Niederlande, Österreich), die
                                          Die Kombination von Partner- und Elternstatus wird im                südeuropäischen Länder (Griechenland, Italien, Malta, Por-
                                          Folgenden auch als Familienstatus oder familiäre Lebens-             tugal, Spanien, Zypern), die nordeuropäischen Länder
                                          form bezeichnet.                                                     (Dänemark, Finnland, Schweden), die osteuropäischen
                                              Bezüglich des Erwerbsstatus erfolgte eine Differenzie-           Länder (Bulgarien, Tschechische Republik, Estland, Lett-
                                          rung in „Vollzeit erwerbstätig“, „Teilzeit erwerbstätig“ und         land, Litauen, Ungarn, Polen, Rumänien, Slowakei, Slowe-
                                         „nicht erwerbstätig“. Die Zuordnung zu Voll- oder Teilzeit            nien) und die angelsächsischen Länder (Vereinigtes König-
                                          wurde von den Befragten selbst vorgenommen. Erwerbs-                 reich). Aufgrund nicht plausibler Werte beim Erwerbsstatus
                                          tätige Befragte, die sich nicht der Rubrik Voll- oder Teilzeit       von Frauen und Männern mit Kindern wurden die Daten
                                          zugeordnet hatten, blieben in der Analyse unberücksichtigt           für Irland ausgeschlossen.
                                         (2.271 Personen). Zur Gruppe der nicht erwerbstätigen Per-                Als Kontrollvariable ging zum einen das Alter der Befrag-
                                          sonen zählen Arbeitslose sowie Hausfrauen und -männer                ten in die Analyse ein, das im Datensatz als gruppierte
                                         (inklusive Betreuung von Kindern sowie von hilfs- oder pfle-          Variable in Fünf-Jahres-Schritten vorliegt. Zum anderen
                                          gebedürftigen Personen) und sonstig nicht erwerbstätige              wurde in den Modellen für die Erhebungsmethode kon­
                                          Personen. Ausgeschlossen wurden Schülerinnen und Schü-               trolliert, um Unterschiede im Antwortverhalten ausgleichen
                                          ler, Studierende, Personen im Wehr- oder Militärdienst               zu können. Die Variable wies die Ausprägungen „Face-to-
                                          sowie dauerhaft erwerbsunfähige Personen (10.715 Perso-              Face“, „postalisch“, „telefonisch“, „Internet“ und „Mixed-
                                          nen). Auf eine weitere Ausdifferenzierung der nicht erwerbs-         Mode“, also eine Kombination von mehreren Erhebungs-
                                          tätigen Personen in „arbeitslos“ und „Hausfrau bezie-                methoden, auf. Ferner wurde für das Alter des jüngsten
                                          hungsweise Hausmann“ wurde verzichtet, da die Fall­zahlen            Kindes im Haushalt (Kind unter 7 Jahren im Haushalt: ja/
                                          in einigen familiären Subgruppen sehr klein sind. Eine Sen-          nein) kontrolliert sowie für die Bildung der Befragten
                                          sitivitätsanalyse zeigte, dass die Zusammenhänge bei                 (untere, mittlere, obere Bildungsgruppe), die mittels der
                                          Arbeitslosen sowie Hausfrauen und Hausmännern nicht                  Internationalen Standardklassifikation für das Bildungs-
                                          gegenläufig ausfielen, sodass eine Zusammenlegung                    wesen (ISCED) 2011 gemessen wurde [37].
                                          gerechtfertigt schien.
                                              Als Moderatorvariable ging die Gruppierung der EU-Mit-            2.3 Statistische Methoden
                                          gliedstaaten entlang der oben dargestellten Typisierung der
                                          Familienpolitiken und Wohlfahrtssysteme ein. Die Grup-                Die Analyse wurde begrenzt auf den Altersbereich von
                                          pierung war nötig, da die Fallzahlen in vielen EU-Mitglied-           25 bis 59 Jahren. Die Brutto-Stichprobe der 25- bis 59-Jäh-
                                          staaten zu klein für die differenzierte Analyse des Familien-         rigen beträgt 85.939 Frauen und 74.404 Männer. Aufgrund
                                          und Erwerbsstatus sind. Die Ländergruppierung umfasst                 der Einschlusskriterien beim Partner-, Eltern- und

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Journal of Health Monitoring    Partnerschaft, Elternschaft, Erwerbstätigkeit und selbsteingeschätzte Gesundheit in Deutschland und der EU                     FOCUS

                                             Erwerbsstatus wurden 44.334 Fälle fallweise ausgeschlos-                   Die Analysen wurden mit einem Gewichtungsfaktor
                                             sen (Kapitel 2.2). Durch fehlende Angaben bei der selbst-              erstellt, um sicherzustellen, dass jeder EU-Mitgliedstaat
                                             eingeschätzten Gesundheit (n = 2.769) und der Bildung                  proportional zu seinem Bevölkerungsumfang berück-
                                             (n = 410) ergibt sich eine Netto-Stichprobe von 112.830 Teil-          sichtigt wird. Bei der Gewichtung für den europäischen
                                             nehmenden (fallweiser Ausschluss). Tabelle 1 gibt einen                Vergleich wird Bildung – im Gegensatz zu Auswertungen
                                             Überblick über die einbezogene Stichprobe.                             von GEDA 2014/2015-EHIS für Deutschland [9] – gemäß
                                                 In der statistischen Analyse wurden für Frauen und                 den Eurostat-Empfehlungen nicht berücksichtigt. Durch
                                             Männer getrennt binär logistische Regressionen mit dem                 die Aufnahme von Bildung und der Interaktion aus Alter
                                             Outcome einer mittelmäßigen bis sehr schlechten Gesund-                und Mitgliedstaat wird in den statistischen Modellen aller-
                                             heit berechnet, in die neben dem Familien- und Erwerbs-                dings für Bildungs- und Altersunterschiede in den EU-Mit-
                                             status die Ländergruppen, die Interaktion aus Familien-                gliedstaaten kontrolliert. Als Clustervariable wird für die
Die größten Unterschiede                     und Erwerbsstatus und Ländergruppen, das Alter, die                    folgenden Analysen die Haushaltsindikatorvariable verwen-
in der selbsteingeschätzten                  Interaktion aus Alter und Land, die Erhebungsmethode,                  det. Alle Analysen wurden mit Stata 15.1 durchgeführt. Um
Gesundheit zeigen sich in                    das Alter des jüngsten Kindes sowie Bildung eingingen.                 die Clusterung der Teilnehmenden und die Gewichtung
der EU zwischen Vollzeit                     Auf Basis dieser Modelle wurden vorhergesagte (adjus-                  angemessen bei der Berechnung von Konfidenzintervallen
                                             tierte) Wahrscheinlichkeiten (Predictive Margins) inklusive            und p-Werten zu berücksichtigen, wurden in allen Analy-
und nicht erwerbstätigen
                                             der 95 %-Konfidenzintervalle für die gesamte EU sowie für              sen Stata-Surveyprozeduren verwendet.
Frauen und Männern.                          die fünf Ländergruppen berechnet. Für Männer wird nur
                                             das Ergebnis für die EU insgesamt berichtet, da die Fall-              3. Ergebnisse
                                             zahlen für nicht oder Teilzeit erwerbstätige Männer inner-             3.1	Familien- und Erwerbsmuster von Frauen und
                                             halb der familiären Lebensformen bei Betrachtung der                        Männern
                                             einzelnen Ländergruppen zu klein waren. Für Deutschland
                                             wurde ein eigenes Modell ohne länderbezogene Kontroll-                 In der EU zeigt sich bei den Männern eine starke Cluste-
                                             variablen berechnet. Zur statistischen Absicherung der                 rung auf nur wenige Familien- und Erwerbsgruppen (Tabel-
                                             Unterschiede der Zusammenhangsmuster zwischen dem                      le 1). So finden sich 47,0 % der Männer in der Gruppe jener,
                                             Familien- und Erwerbsstatus und der Gesundheit wurden                  die alle drei sozialen Rollen innehaben (Partner, Vater, Voll-
                                             auf Basis von Modellen mit Interaktionstermen aus Fami-                zeiterwerbstätiger). Weitere 36,4 % der Männer gehören in
                                             lien- und Erwerbsstatus und (a) Geschlecht, (b) Deutsch-               die beiden Gruppen „kein(e) Kind(er), Vollzeiterwerbstä-
                                             land (ja/nein) und (c) EU-Ländergruppen adjustierte                    tigkeit“ mit und ohne Partnerin oder Partner.
                                             Wald-Tests berechnet. Es wird von einem statistisch sig-                   Bei den Frauen besteht hingegen innerhalb der EU eine
                                             nifikanten Unterschied ausgegangen, wenn der entspre-                  deutlich größere Heterogenität in Hinblick auf den Fami-
                                             chende p-Wert kleiner als 0,05 ist.                                    lien- und Erwerbsstatus (Tabelle 1). Der Vergleich von

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Journal of Health Monitoring    Partnerschaft, Elternschaft, Erwerbstätigkeit und selbsteingeschätzte Gesundheit in Deutschland und der EU                    FOCUS

                                             Deutschland und der EU gesamt zeigt, dass in Deutsch-                  Abstufung der Prävalenzen nach dem Grad der Erwerbstä-
                                             land ein auffallend großer Teil der Mütter in Teilzeit erwerbs-        tigkeit. Auch bei den Frauen findet sich in der Gruppe der
                                             tätig ist. Auch der Vergleich der Ländergruppen lässt                  Nichterwerbstätigen ohne Partnerin oder Partner und Kin-
                                             deutliche Unterschiede erkennen: Während in den konti-                 der die höchste vorhergesagte Prävalenz für eine nicht gute
                                             nentaleuropäischen und angelsächsischen Mitgliedstaaten                Gesundheit. Auffällig ist bei den Frauen allerdings, dass
                                             bei Frauen mit Kindern eine Teilzeitbeschäftigung am häu-              die Unterschiede in der Gesundheit nach Erwerbsstatus
                                             figsten zu finden ist, ist eine Teilzeitbeschäftigung in Süd-          bei Frauen in Partnerschaft und mit Kindern geringer aus-
                                             europa und in noch stärkerem Maße in Osteuropa eher                    fallen als in den anderen familiären Lebensformen. Die
                                             selten. Während in Osteuropa Frauen in allen familiären                Wahrscheinlichkeit einer mittelmäßigen bis sehr schlech-
                                             Lebensformkonstellationen überwiegend Vollzeit erwerbs-                ten Gesundheit ist bei nicht erwerbstätigen Frauen in Part-
                                             tätig sind, sind Frauen aus Südeuropa vergleichsweise häu-             nerschaft und mit Kindern somit deutlich geringer als bei
Die Zusammenhangsmuster                      fig nicht erwerbstätig. Dies trifft insbesondere dann zu,              nicht erwerbstätigen Frauen der anderen familiären Lebens-
zwischen Kombinationen                       wenn sie in einem Partnerhaushalt leben. In den nordeu-                formen.
aus Partner-, Eltern- und                    ropäischen Ländern ist ein Großteil der Frauen (auch der                   Beim statistischen Vergleich von Frauen und Männern
Erwerbsstatus und der selbst­                Mütter) Vollzeit erwerbstätig.                                         finden sich signifikante Unterschiede (p = 0,002) einerseits
                                                                                                                    bei den nicht erwerbstätigen, in Partnerschaft lebenden
eingeschätzten Gesundheit
                                             3.2	Zusammenhänge zwischen dem Familien- und                          Frauen und Männern mit Kindern zuungunsten der Män-
unterscheiden sich bei                            Erwerbsstatus und der Gesundheit                                  ner und andererseits bei den in Vollzeit erwerbstätigen
Frauen in den verschiedenen                                                                                         Alleinerziehenden sowie Alleinlebenden zuungunsten der
EU-Ländergruppen.                            Bei Männern in der EU (Abbildung 1 und Annex Tabelle 1)                Frauen. In allen anderen Subgruppen liegen die Anteile für
                                             zeigt sich eine graduelle Abstufung in den Prävalenzen derart,         eine nicht gute Gesundheit bei Frauen und Männern auf
                                             dass Vollzeit erwerbstätige Männer am seltensten ihre                  einem ähnlichen Niveau.
                                             Gesundheit als mittelmäßig bis sehr schlecht einschätzen,                  Bei Betrachtung der vorhergesagten Prävalenzen für
                                             gefolgt von den Teilzeit erwerbstätigen Männern. Eine mittel-          Deutschland (Abbildung 2 und Annex Tabelle 2) fällt auf,
                                             mäßige bis sehr schlechte Gesundheit wird am häufigsten                dass die Unterschiede in der selbsteingeschätzten
                                             von nicht erwerbstätigen Männern berichtet. Dieses Muster              Gesundheit nach dem Erwerbs- und Partnerstatus bei
                                             findet sich in allen familiären Lebensformen. Allerdings weist         Frauen mit Kindern deutlich geringer ausfallen als in der
                                             die Gruppe der nicht erwerbstätigen, partner- und kinder­losen         gesamten EU (Abbildung 1). In Deutschland zeigen sich
                                             Männer die höchste vorhergesagte Prävalenz einer allenfalls            bei Müttern weder signifikante Unterschiede in der
                                             mittelmäßigen selbsteingeschätzten Gesundheit auf.                     Gesundheit zwischen Vollzeit-, Teilzeit- und Nichterwerbs-
                                                 Bei den Frauen in der EU (Abbildung 1 und Annex                    tätigen noch zwischen alleinerziehenden und in Partner-
                                             Tabelle 1) zeigt sich ein ähnliches Muster einer graduellen            schaft lebenden Müttern. Auch bei den kinderlosen Frauen,

    Journal of Health Monitoring 2019 4(4)                                                                                                                            15
Journal of Health Monitoring     Partnerschaft, Elternschaft, Erwerbstätigkeit und selbsteingeschätzte Gesundheit in Deutschland und der EU                                                                    FOCUS

                                         Abbildung 1             Vorhergesagte Prävalenz (%)
                                                        60
   Vorhergesagte Prävalenzen und 95 %-Konfidenz­                                                                                                 Frauen: EU gesamt1
 intervalle für eine mittelmäßige bis sehr schlechte    50
 allgemeine Gesundheit bei Frauen und Männern
                                                        40
    in der gesamten EU nach Eltern-, Partner- und
Erwerbsstatus (n = 62.111 Frauen, n = 50.719 Männer)    30
                         Quelle: EHIS 2 (2013 – 2015)   20

                                                        10

                                                                    nicht         Teilzeit        Vollzeit         nicht          Teilzeit        Vollzeit       nicht       Teilzeit       Vollzeit      nicht       Teilzeit      Vollzeit
                                                                 erwerbstätig                                   erwerbstätig                                  erwerbstätig                             erwerbstätig
                                                                             ohne Partner(in)                                mit Partner(in)                             ohne Partner(in)                         mit Partner(in)
                                                                                                      ohne Kind(er)                                                                             mit Kind(er)

                                                                 Vorhergesagte Prävalenz (%)
                                                        60
                                                                                                                                                 Männer: EU gesamt1
                                                        50

                                                        40

                                                        30

                                                        20

                                                        10

                                                                    nicht         Teilzeit        Vollzeit         nicht          Teilzeit        Vollzeit       nicht       Teilzeit       Vollzeit      nicht       Teilzeit      Vollzeit
                                                                 erwerbstätig                                   erwerbstätig                                  erwerbstätig                             erwerbstätig
                                                                             ohne Partner(in)                                mit Partner(in)                             ohne Partner(in)                         mit Partner(in)
                                                                                                      ohne Kind(er)                                                                             mit Kind(er)
                                                             1
                                                                 EU gesamt = Durchschnitt der EU-Mitgliedstaaten, für die Daten vorliegen (ohne Irland)

                                                        die in einem Partnerhaushalt leben, zeigen sich keine                                                   Der statistische Vergleich der Zusammenhangsmuster
                                                        Unterschiede in der Gesundheit zwischen Voll- und Teil-                                              zwischen dem Familien- und Erwerbsstatus und der selbst-
                                                        zeiterwerbstätigen, wohl aber bei den alleinlebenden                                                 eingeschätzten Gesundheit in den fünf Ländergruppen der
                                                        Frauen. Das Zusammenhangsmuster zwischen den drei                                                    EU ergibt, dass signifikante Unterschiede zwischen den
                                                        sozialen Rollen und der Gesundheit in Deutschland unter-                                             Ländergruppen bestehen (p < 0,001) (Abbildung 2 und
                                                        scheidet sich signifikant von dem in der EU gesamt (ohne                                             Annex Tabelle 2).
                                                        Deutschland) (p = 0,002).

             Journal of Health Monitoring 2019 4(4)                                                                                                                                                                              16
Journal of Health Monitoring     Partnerschaft, Elternschaft, Erwerbstätigkeit und selbsteingeschätzte Gesundheit in Deutschland und der EU                                                        FOCUS

                                                         In Kontinentaleuropa (inklusive Deutschland) findet                                    in Kontinentaleuropa (ohne Deutschland) untermauert,
                                                      sich weitgehend das Zusammenhangsmuster, das für die                                      dass das Muster in Deutschland signifikant anders ausfällt
                                                      gesamte EU beschrieben wurde. Die Gruppe der Frauen,                                      als im übrigen Kontinentaleuropa (p = 0,002).
                                                      die keine der drei sozialen Rollen innehat, weist die höchste                                 Auffällig in Südeuropa ist, dass die Unterschiede in
                                                      vorhergesagte Prävalenz für eine mittelmäßige bis sehr                                    den vorhergesagten Prävalenzen für eine mittelmäßige
                                                      schlechte Gesundheit auf. Der statistische Vergleich der                                  bis sehr schlechte Gesundheit vergleichsweise gering aus-
                                                      Zusammenhangsmuster bei Frauen in Deutschland und                                         fallen. Ähnlich wie in Deutschland sind in Südeuropa die
                                                               Vorhergesagte Prävalenz (%)
                                                      60
                                                                                                                                     Frauen: Deutschland
                                                      50

                                                      40

                                                      30

                                                      20

                                                      10

                                                                  nicht         Teilzeit     Vollzeit      nicht       Teilzeit      Vollzeit      nicht       Teilzeit       Vollzeit      nicht       Teilzeit      Vollzeit
                                                               erwerbstätig                             erwerbstätig                            erwerbstätig                             erwerbstätig
                                                                          ohne Partner(in)                         mit Partner(in)                         ohne Partner(in)                         mit Partner(in)
                                                                                                ohne Kind(er)                                                                     mit Kind(er)

                                                               Vorhergesagte Prävalenz (%)
                                                      60
                                                                                                                                  Frauen: Kontinentaleuropa1
                                                      50

                                                      40

                                                      30
                                       Abbildung 2
                                                      20
 Vorhergesagte Prävalenzen und 95 %-Konfidenz­
intervalle für eine mittelmäßige bis sehr schlechte   10
allgemeine Gesundheit bei Frauen in Deutschland
    und in Ländergruppen der EU-Mitgliedstaaten                   nicht         Teilzeit     Vollzeit      nicht       Teilzeit      Vollzeit      nicht       Teilzeit       Vollzeit      nicht       Teilzeit      Vollzeit
                                                               erwerbstätig                             erwerbstätig                            erwerbstätig                             erwerbstätig
        nach Eltern-, Partner- und Erwerbsstatus
                                                                          ohne Partner(in)                         mit Partner(in)                         ohne Partner(in)                         mit Partner(in)
                                (n = 62.111 Frauen)                                             ohne Kind(er)                                                                     mit Kind(er)
                       Quelle: EHIS 2 (2013 – 2015)        1
                                                               inklusive Deutschland

           Journal of Health Monitoring 2019 4(4)                                                                                                                                                                  17
Journal of Health Monitoring     Partnerschaft, Elternschaft, Erwerbstätigkeit und selbsteingeschätzte Gesundheit in Deutschland und der EU                                                     FOCUS

                           Abbildung 2 Fortsetzung         Vorhergesagte Prävalenz (%)
                                                      50
 Vorhergesagte Prävalenzen und 95 %-Konfidenz­                                                                                   Frauen: Südeuropa
intervalle für eine mittelmäßige bis sehr schlechte   40
allgemeine Gesundheit bei Frauen in Deutschland       30
    und in Ländergruppen der EU-Mitgliedstaaten
        nach Eltern-, Partner- und Erwerbsstatus      20
                                (n = 62.111 Frauen)   10
                       Quelle: EHIS 2 (2013 – 2015)
                                                              nicht       Teilzeit       Vollzeit      nicht       Teilzeit      Vollzeit       nicht       Teilzeit       Vollzeit      nicht       Teilzeit      Vollzeit
                                                           erwerbstätig                             erwerbstätig                             erwerbstätig                             erwerbstätig
                                                                      ohne Partner(in)                         mit Partner(in)                          ohne Partner(in)                         mit Partner(in)
                                                                                            ohne Kind(er)                                                                      mit Kind(er)

                                                           Vorhergesagte Prävalenz (%)
                                                      70
                                                                                                                                 Frauen: Nordeuropa
                                                      60

                                                      50

                                                      40

                                                      30

                                                      20

                                                      10

                                                              nicht       Teilzeit       Vollzeit      nicht       Teilzeit      Vollzeit       nicht       Teilzeit       Vollzeit      nicht       Teilzeit      Vollzeit
                                                           erwerbstätig                             erwerbstätig                             erwerbstätig                             erwerbstätig
                                                                      ohne Partner(in)                         mit Partner(in)                          ohne Partner(in)                         mit Partner(in)
                                                                                            ohne Kind(er)                                                                      mit Kind(er)

                                                      Unterschiede nach dem Erwerbsstatus bei den in Part-                                     In Nordeuropa zeigt sich ein vergleichsweise stark aus-
                                                      nerhaushalten lebenden Müttern nicht signifikant. Bei                                 geprägter Erwerbsstatus-Gradient: Die Prävalenzen für
                                                      den Alleinerziehenden und den kinderlosen Frauen lässt                                eine mittelmäßige bis sehr schlechte Gesundheit sind bei
                                                      sich hingegen eine graduelle Abstufung nach dem Erwerbs-                              den nicht erwerbstätigen Frauen am höchsten, gefolgt
                                                      status derart erkennen, dass signifikante Unterschiede in                             von den Teilzeit erwerbstätigen Frauen. Die Prävalenzen
                                                      der Gesundheit zwischen nicht und Vollzeit erwerbstätigen                             für die Vollzeiterwerbstätigen sind am geringsten und lie-
                                                      Frauen bestehen.                                                                      gen in allen familiären Lebensformen auf dem gleichen

           Journal of Health Monitoring 2019 4(4)                                                                                                                                                               18
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