STAND DER GLEICHSTELLUNG VON FRAUEN UND MÄNNERN IN DEUTSCHLAND - Hans-Böckler-Stiftung
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REPORT Nr. 56, Februar 2020 STAND DER GLEICHSTELLUNG VON FRAUEN UND MÄNNERN IN DEUTSCHLAND Dietmar Hobler, Yvonne Lott, Svenja Pfahl, Karin Schulze Buschoff ABSTRACT Wie ist der Stand der Gleichstellung von Frauen und Männern in Deutschland? Zwar liegen mittlerweile eine nennenswerte Zahl von Studien vor, die ver- schiedene Aspekte der geschlechtlichen Ungleich- heit aus verschiedenen Perspektiven differenziert beschreiben (z. B. Kümmerling 2018, Klenner u. a. 2010, Achatz u. a. 2010, Hausmann/Kleinert 2014, Busch 2013, Holst/Wrohlich 2019, Kohaut/Möller 2017, Frodermann u. a. 2018, Busch/Holst 2013). Eine knappe und zusammenfassende Übersicht über den aktuellen Stand der Geschlechtergleich- stellung in Deutschland mit Fokus auf den Arbeits- markt fehlt jedoch bisher. Der Report ermöglicht anhand zentraler Indikatoren eine Gesamtschau über den Stand der Geschlechtergleichstellung auf Basis des WSI GenderDatenPortals (www.wsi.de/ genderdatenportal).
INHALT Abstract ���������������������������������������������������������������������� 1 7 Einkommen ������������������������������������������������������ 20 1 Einleitung ����������������������������������������������������������� 2 8 Zeit �������������������������������������������������������������������� 25 2 Verwirklichungschancen 9 Sorgearbeit ������������������������������������������������������ 31 von Frauen und Männern ����������������������������������� 2 10 Mitbestimmung ������������������������������������������������ 39 3 Methodisches Vorgehen ����������������������������������� 3 11 Politische Forderungen ������������������������������������ 45 4 Stand der Gleichstellung auf einen Blick ����������� 5 5 Bildung ��������������������������������������������������������������� 6 Anhang 6 Erwerbsarbeit ���������������������������������������������������� 11 Informationen zu den einzelnen Indikatoren ���� 47 1 EINLEITUNG 2 VERWIRKLICHUNGSCHANCEN Ein wichtiger Schritt für die Geschlechtergleich- VON FRAUEN UND MÄNNERN stellung in Deutschland sind die gleichen Verwirkli- Das Ziel der Gleichberechtigung von Männern chungschancen von Frauen und Männern (BMFSFJ und Frauen ist in unserem Grundgesetz verankert: 2017). Die Verwirklichungschancen von Frauen und „Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Männern werden durch den Grad ihrer wirtschaftli- Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der chen Unabhängigkeit bestimmt. Die Integration auf Gleichberechtigung von Frauen und Männern und dem Arbeitsmarkt, Entgeltgleichheit, Repräsentanz wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile beider Geschlechter in Führungspositionen und hin.“ (Art. 3 (2) GG). Somit ist als Aufgabe der Politik Gremien der Mitbestimmung sowie die Aufteilung klar definiert, das Ziel der Gleichberechtigung der von bezahlter und unbezahlter Arbeit in Partner- Geschlechter durchzusetzen. Während der Begriff schaften sind für die wirtschaftliche Unabhängig- der Gleichberechtigung die Ebene der Rechte um- keit und damit für gleiche Verwirklichungschancen fasst („gleiches Recht für alle“), zielt der Begriff der von Frauen und Männern zentral. Gleichstellung auf die tatsächliche Angleichung der Der vorliegende Report, der auf dem WSI Lebenssituation von den im Prinzip gleichberech- GenderDatenPortal basiert, stellt den Stand der tigten Gruppen ab. Im zweiten Gleichstellungsbe- Gleichstellung zwischen Frauen und Männern in richt der Bundesregierung werden Ziele der deut- den sechs Bereichen Bildung, Erwerbsarbeit, Ein- schen Gleichstellungspolitik genannt: Als Leitidee kommen, Zeit, Sorgearbeit und Mitbestimmung wird formuliert, eine „Gesellschaft anzustreben, dar. Die Auswahl dieser Bereiche orientiert sich in der Frauen und Männer die gleichen Verwirkli- an Pascall und Lewis (2004) und ihrer Analyse zu chungschancen haben“ (BMFSFJ 2017, S. 9). Die europäischen Genderregimen, anhand derer die Verwirklichungschancen von Männern und Frauen Autorinnen fünf zentrale Bereiche der Gleichstel- stehen im Mittelpunkt der Empfehlungen. lungspolitik identifizieren: Erwerbsarbeit (paid Betont wird, „dass es nicht Aufgabe der Gleich- work), Einkommen (income), Zeit (time), Sorgear- stellungspolitik ist, den Menschen ein bestimmtes beit (care) und Mitbestimmung (voice). Für diese Lebensmodell vorzugeben – sie sollte es aber er- fünf Bereiche bestimmt der Report den Stand der möglichen, Lebensmodelle zu wählen und zu er- Geschlechtergleichstellung. Da die Teilnahme der möglichen“ (BMFSFJ 2017, S. 8). Geschlechter an Bildungsprozessen eine wesentli- Der Ansatz der Verwirklichungschancen, der che Grundlage für die weitere Erwerbsbiographie ursprünglich von dem Ökonomie-Nobelpreisträger ist, betrachtet der vorliegende Report Bildung als Amartya Sen formuliert wurde, stellt auch aus unse- weiteren Bereich. rer Sicht eine geeignete konzeptionelle Grundlage für eine zielorientierte empirische Berichterstattung über den Stand der Gleichstellung in Deutschland dar. Nach Sens Konzeption sind Verwirklichungs- chancen „die Möglichkeiten („capabilities“) von Menschen, ein Leben führen zu können, für das sie sich selbst mit guten Gründen entscheiden können, und das die Grundlage der Selbstachtung nicht in Frage stellt“ (Sen 2000). WSI Report Nr. 56, Februar 2020 Seite 2
Ziel einer Gleichstellungspolitik in Anlehnung der Pay Gap, Gender Pension Gap, Gender Time an Sen sind gleiche Verwirklichungschancen Gap und Gender Care Gap, die in Deutschland be- von Männern und Frauen bzw. gleiche Verwirkli- reits fest etabliert sind, berücksichtigt. chungschancen unabhängig vom Geschlecht. Ein Indiz dafür, ob gleiche Verwirklichungschancen und die grundgesetzlich verankerte Gleichberech- 3.2 Datengrundlage im Überblick tigung umgesetzt und damit Gleichstellung erreicht werden konnte, sind statistisch nachweisbare Un- Es werden repräsentative Daten und andere Er- terschiede in der Lebensrealität von Männern und hebungen genutzt, die eine gute und verlässliche Frauen. Diese zu ermitteln und aufzuzeigen ist Auf- Datenbasis für geschlechtervergleichende Arbeits- gabe des vorliegenden Reports. marktanalysen in Deutschland bieten. Dabei ist der Wirtschaftliche Unabhängigkeit ist für die Ver- Mikrozensus die wichtigste Datengrundlage. Der wirklichungschancen von Frauen und Männern Mikrozensus ist eine deutschlandweite jährliche von großer Bedeutung. Damit Frauen und Män- Haushaltsbefragung, die repräsentative Daten für ner gleiche Verwirklichungschancen haben, muss die Wohnbevölkerung Deutschlands bereitstellt. eine gleiche Beteiligung am Arbeitsmarkt und an Ein großer Teil der amtlichen Statistik des Statisti- wirtschaftlichen Entscheidungsprozessen und den schen Bundesamtes zum deutschen Arbeitsmarkt dafür wichtigen Funktionen, z. B. in Betriebsräten, basiert auf diesem Datensatz. Aufsichtsräten und betriebliche Führungspositio- Die Beschäftigungsstatistik der Bundesagentur nen, möglich sein. Für wirtschaftliche Unabhän- für Arbeit ist eine weitere wichtige Datenquelle gigkeit von Frauen und Männern sind Bildung, Ein- für Arbeitsmarktanalysen. Sie basiert auf Angaben kommen und Zeit für Erwerbsarbeit ebenfalls zent- über abhängig Beschäftigte, die von den Arbeitge- rale Ressourcen. Mit der Zeit für Erwerbsarbeit sind bern an die Träger der Sozialversicherung weiter- die partnerschaftliche Aufteilung von informeller gegeben werden müssen. Für einige Indikatoren Sorgearbeit und Fragen der Vereinbarkeit von Beruf stehen damit Ergebnisse einer Vollerhebung zur und Familie eng verknüpft. Verfügung – z. B. für Leiharbeit und Minijobs. In ihrer Analyse zu europäischen Genderregi- Der DGB-Index Gute Arbeit liefert wichtige In- men formulieren Pascall und Lewis (2004) fünf ent- formationen zu den Arbeitsbedingungen aus der scheidende Bereiche für die Gleichstellungspolitik. subjektiven Perspektive der Beschäftigten. Dieser Diese sind Erwerbsarbeit (paid work), Einkommen Datensatz ist eine zufallsbasierte, jährliche Reprä- (income), Zeit (time), Sorgearbeit (care) und Mit- sentativumfrage von abhängig Beschäftigten in bestimmung (voice). Angelehnt an Pascall und Le- Deutschland, die mindestens 10 Stunden pro Wo- wis (2004) identifiziert der vorliegende Report den che arbeiten. Stand der Gleichstellung in den sechs Bereichen Für einige Indikatoren werden darüber hin- Bildung, Erwerbsarbeit, Einkommen, Zeit, Sorgear- aus auch andere Sekundärdaten und amtliche beit und Mitbestimmung. Bildung wird als zusätz- Daten des Statistischen Bundesamtes genutzt, licher Bereich zu Pascall und Lewis betrachtet, da z. B. die Statistiken zum Bildungsstand der Bevöl- die Teilnahme an Bildungsprozessen eine wesent- kerung, zum Elterngeld oder zur institutionellen liche Grundlage für die weitere Erwerbsbiographie Kinderbetreuung. und damit die wirtschaftliche Unabhängigkeit bzw. Für die Zeitreihen werden nur die Jahre seit der die Verwirklichungschancen von Individuen ist. deutschen Wiedervereinigung (1991) berücksich- tigt. Da die Arbeitsmarktbedingungen zwischen West- und Ostdeutschland teilweise noch heute stark differieren, werden im Rahmen des WSI Gen- derDatenPortals, so weit möglich, auch getrennte 3 METHODISCHES VORGEHEN Analysen für West- und Ostdeutschland durchge- führt. Um einen möglichst übersichtlichen Stand 3.1 Auswahl der Kernindikatoren zur Geschlechtergleichstellung in Deutschland dar- stellen zu können, wurden im vorliegenden Report Insgesamt werden 29 Kernindikatoren für die sechs allerdings hauptsächlich die Befunde für Gesamt- Bereiche (Tabelle 1) ausgewählt, um den Stand der deutschland berücksichtigt. Gleichstellung zwischen Frauen und Männern in Weitere Informationen zu den einzelnen Indika- Deutschland zu bestimmen. Neben inhaltlichen toren werden im Anhang (Kap. 14) bereitgestellt. Gründen ist die Datengrundlage für die Auswahl der Indikatoren ausschlaggebend. Es werden für Deutschland repräsentative Befragungsdaten aus- gewählt, die möglichst in kurzen, regelmäßigen Abständen stattfinden und so die Entwicklung der Geschlechtergleichstellung gut abbilden können. Bei der Wahl der Indikatoren werden ebenfalls gleichstellungspolitische Kennziffern wie der Gen- WSI Report Nr. 56, Februar 2020 Seite 3
Tabelle 1 Kernindikatoren in den sechs Bereichen Bereich Indikatoren Bildung (1) Schulische Bildungsniveau: Höchster schulischer Abschluss (2) Berufliche Bildungsniveau: Höchster beruflicher Abschluss (3) Segregation in der beruflichen Ausbildung: Die 25 häufigsten Ausbildungsberufe (4) Weiterbildung: Teilnahme an Weiterbildung nach Art der Weiterbildung Erwerbsarbeit (1) Erwerbsbeteiligung: Erwerbsquoten und Erwerbstätigenquoten Erwerbsverhältnis (2) Selbstständigkeit (3) Minijobs (4) Befristungen (5) Leiharbeit (6) Berufliche Segregation: Horizontale Segregation des Arbeitsmarktes (7) Arbeitsqualität: Arbeitsbedingungen Einkommen (1) Gender Pay Gap: Geschlechterbezogener durchschnittlicher Verdienstabstand (2) Gender Pension Gap: Geschlechtsbezogener durchschnittlicher Abstand zwischen Alterssicherungsleistungen (3) Niedrigeinkommen: Vollzeitbeschäftigung mit Bruttomonatseinkommen unter 2.000 Euro (4) Existenzsicherung: Quelle des überwiegenden Lebensunterhalts Zeit (1) Gender Time Gap: Geschlechtsbezogener Abstand zwischen durchschnittlichen Wochenarbeitszeiten (2) Teilzeit: Teilzeitquoten der abhängig Beschäftigten (3) Arbeitszeitumfang im Haushaltskontext: Partnerschaftliche Konstellationen des Arbeitszeitumfangs in Haushalten mit und ohne Kinder (4) Lage der Arbeitszeit: Arbeit an Wochenenden, abends und nachts und in Wechselschichten Sorgearbeit (1) Gender Care Gap: Tägliche Stunden bezahlter und unbezahlter Arbeit (2) Vereinbarkeit von Erwerbstätigkeit und Familie: Erschöpfung nach der Arbeit nach Erwerbsumfang und Care-Aufgaben (3) Elterngeld: Prozentualer Anteil des Elterngeldbezugs (4) Institutionelle Kinderbetreuung: Ganztagsbetreuungsquoten von Kleinkindern (5) Pflege: Wöchentliche Stunden für Pflege von Angehörigen Mitbestimmung (1) Mitbestimmung in Aufsichtsräten: Frauen in Aufsichtsräten nach Mitbestimmung und Börsenindex (2) Mitbestimmung in Vorständen: Frauen in Vorständen nach Mitbestimmung und Börsenindex (3) Mitbestimmung in Betriebsräten: Frauen im Betriebsrat nach Betriebsgröße (4) Repräsentanz in betrieblichen Führungspositionen: Betriebliche Führungspositionen nach Führungsebene (5) Repräsentanz in Gewerkschaften: Frauen in den DGB-Gewerkschaften Quelle: XXXXXX WSI Report Nr. 56, Februar 2020 Seite 4
4 STAND DER GLEICHSTELLUNG während Frauen häufiger anderen Belastungsfor- men wie Zeitdruck und häufigen Arbeitsunterbre- AUF EINEN BLICK chungen ausgesetzt sind. Es bestehen gleichermaßen Defizite wie auch Fort- schritte in Sachen Gleichstellung von Frauen und Einkommen: Weniger finanzielle Männern in Deutschland. In jedem der untersuch- Unabhängigkeit für Frauen ten Bereiche finden sich sowohl punktuelle Hin- weise auf Fortschritte, also einen Abbau von Ge- Die Ergebnisse deuten auf positive Entwicklungen schlechterungleichheit, als auch bedenklich stim- hin, wenngleich die Veränderungen sehr langsam mende Stagnationen oder Rückschritte. Insofern vonstattengehen: Der Gender Pay Gap ist in den zeichnet sich keiner der Bereiche ausschließlich letzten Jahren leicht zurückgegangen, liegt aber durch Fortschritte, aber auch keiner ausschließlich immer noch bei 21 Prozent (und damit deutlich durch Stagnation oder Rückschritte aus. über dem europäischen Durchschnitt). Vollzeitbe- schäftigte Frauen tragen nach wie vor ein deutlich Bildung: Frauen und Männer sind gleich gut höheres Niedriglohnrisiko als vollzeitbeschäftigte qualifiziert, aber sie gehen unterschiedliche Männer. Frauen, die nicht erwerbstätig sind oder Wege nur eine geringfügige Beschäftigung ausüben, sind viel häufiger als Männer auf die Unterstützung von Es lassen sich nur noch geringe Unterschiede beim Angehörigen angewiesen und sehr viel seltener höchsten beruflichen Abschluss zwischen Frauen durch staatliche Transferleistungen abgesichert. und Männern ausmachen. Bei der schulischen Bil- Über das gesamte Erwerbsleben hinweg kumulie- dung haben Frauen die Männer inzwischen sogar ren sich die Effekte und tragen zu dem hohen Gen- überholt. Auch an beruflichen Weiterbildungen der Pension Gap bei, der im Jahr 2015 – trotz einer nehmen Frauen inzwischen häufiger als Männer deutlichen Abnahme seit 1991 – bei 53 Prozent lag. teil, auch wenn sie dabei weiterhin seltener als Männer in den Genuss von betrieblich organisier- Zeit: Teilzeit ist eine Rarität in den ten Weiterbildungsmaßnahmen kommen. Die Erwerbsverläufen von Männern größte Herausforderung bleibt die starke Segrega- tion bei der Einmündung in die Ausbildungsberufe: Der konstant hohe Anteil an Teilzeitbeschäftigten Die duale berufliche Ausbildung weist eine starke unter Frauen stellt die größte Baustelle dar: Fast Segregation entlang der Geschlechtergrenzen auf. jede zweite Frau, aber nur jeder zehnte Mann arbei- tet wöchentlich weniger als 32 Stunden. Der hohe Erwerbsarbeit: Frauen sind an Bord, aber auf Anteil an teilzeitbeschäftigten Frauen ist der Haupt- einem anderen Deck als Männer grund für den immer noch hohen Gender Time Gap, der aktuell bei 8,2 Wochenstunden liegt. Beson- Bei der Teilnahme an Erwerbstätigkeit holen Frau- ders ausgeprägt sind die geschlechterbezogenen en zwar weiterhin auf, aber der Abstand gegenüber Erwerbsunterschiede für Eltern in Paarhaushal- der Erwerbstätigenquote der Männer beträgt auch ten: In Haushalten mit Kind(ern) arbeiten fast alle heute noch 8 Prozentpunkte. Die Erwerbsverhält- Männer Vollzeit, während die Frauen mehrheitlich nisse unterscheiden sich ebenfalls zwischen Frauen Teilzeit arbeiten. Bei der Lage der Arbeitszeit sind und Männern. Frauen stellen mit fast zwei Dritteln Männer insgesamt stärker von Arbeitszeiten in den den weitaus größeren Anteil an den ausschließlich Randlagen betroffen: Sie arbeiten doppelt so häu- geringfügig Beschäftigten, während ihr Anteil an fig am Abend oder in der Nacht und leisten auch den Leiharbeitnehmer*innen bei unter einem Drit- häufiger Wechselschicht. Demgegenüber arbeiten tel liegt (bei allerdings überproportionalem Anstieg Frauen etwas häufiger an Samstagen – jede vierte in den letzten Jahren). Frauen stellen zudem nur Frau arbeitet regelmäßig samstags. ein Drittel der Selbstständigen in Deutschland (bei allerdings starker Zunahme und einem überpro- Sorgearbeit: Frauen tragen die Hauptlast portionalen Anteil von Solo-Selbstständigen). Bei den Befristungsquoten zeigen sich zwischen den Es bestehen immer noch stark ausgeprägte ge- abhängig beschäftigten Frauen und Männern hin- schlechterbezogene Unterschiede: Frauen leisten gegen kaum Unterschiede. einen deutlich höheren Anteil an unbezahlter Ar- Besonders stark ausgeprägt ist die berufliche beit als Männer, selbst wenn sie erwerbstätig sind Segregation entlang der Geschlechtergrenze: Män- (und sogar dann, wenn sie Vollzeit arbeiten). Bei ner stellen in der Hälfte der Berufssegmente die Paaren mit Kindern im Haushalt gestaltet sich die übergroße Mehrheit. Diese starke Trennung der Arbeitsteilung überwiegend noch sehr traditionell, Geschlechter wirkt sich auch auf die Arbeitsbe- d. h. Frauen tragen einen überdurchschnittlichen dingungen aus, denen Frauen und Männer im Er- Anteil an unbezahlter Arbeit für die Haushaltsfüh- werbsleben ausgesetzt sind: Männer sind immer rung und Kinderbetreuung (und Pflege von Ange- noch stärker von „klassischen“ Arbeitsbelastungen hörigen), während Männer einen deutlich höheren wie körperlich schwerer Arbeit und Lärm betroffen, Anteil an bezahlter Arbeit leisten. WSI Report Nr. 56, Februar 2020 Seite 5
Die Doppelbelastung durch Sorgearbeit und Er- Mitbestimmung: In kleinen Schritten erobern werbsarbeit führt dazu, dass Frauen nach der Ar- sich Frauen mehr Sitze am Verhandlungstisch beit häufiger als Männer zu erschöpft sind, um sich noch um private oder familiäre Angelegenheiten zu Bei der Mitbestimmung muss noch viel bewegt kümmern. Besonders stark sind dabei Frauen be- werden, um Gleichstellung zu erreichen. Frauen troffen, die Vollzeit arbeiten und gleichzeitig zu be- sind weitaus seltener gewerkschaftlich organisiert treuende Kinder oder pflegebedürftige Angehörige als Männer, sie stellen nur ein Drittel aller Mitglie- haben. der der Gewerkschaften des DGB (trotz leicht stei- Positive Entwicklungen zeigen sich aber bei der gender Tendenz). Viel zu tun ist aber insbesondere institutionellen Kinderbetreuung: Die Ganztagsbe- bei der Mitbestimmung von Frauen in den Gremien treuungsquote von Kleinkindern in Deutschland ist der Unternehmensführung. Zwar hat sich der Anteil in den letzten 10 Jahren stark anstiegen. Und auch der Frauen in Aufsichtsräten in den letzten Jahren beim Elterngeld ist der Anstieg der Nutzungsquote – insbesondere durch neue gesetzliche Vorgaben unter Vätern ungebrochen. Positive Tendenzen zei- für börsennotierte und paritätisch-mitbestimmte gen sich ebenso bei der Pflege von Angehörigen: Unternehmen – deutlich erhöht, dennoch entfallen Unter den Erwerbstätigen sind Frauen zwar nach auf Frauen nur 27 Prozent aller Aufsichtsratsman- wie vor häufiger und auch in größerem Stunden- date und nur 8 Prozent aller Vorstandsvorsitze in umfang beteiligt als erwerbstätige Männer, aber im den 160 größten deutschen börsennotierten Un- Vergleich zu pflegenden Frauen steigt die Zahl pfle- ternehmen. (Dabei sind Frauen in mitbestimmten gender Männer stärker an. Unternehmen im Aufsichtsrat wie Vorstand deut- lich häufiger vertreten als in nicht-mitbestimmten Unternehmen). In Gremien der Mitbestimmung sind Frauen in den letzten zehn Jahren in den mitt- leren Positionen stärker vertreten als in höheren Mitbestimmungspositionen. Und auch in Betriebs- ratsgremien sind Frauen – trotz veränderter gesetz- licher Vorgabe – noch nicht entsprechend ihres Belegschaftsanteils vertreten bzw. als Vorsitzende des Gremiums deutlich unterrepräsentiert. 5 BILDUNG Infobox 1 Zentrale Befunde Schulisches Bildungsniveau Insgesamt haben Frauen die Männer beim schulischen Bildungsniveau leicht überholt. Bei Abitur/Fachhochschulreife liegen Frauen und Männer (im Alter 15 bis 65 Jahre) gleichauf (38 Prozent). Frauen weisen häufiger als Männer die mittlere Reife auf, Männer häufiger nur einen Hauptschulabschluss. Berufliches Qualifikationsniveau Beim beruflichen Qualifikationsniveau haben die Frauen zu den Männern fast aufgeschlossen. Segregation in der beruflichen Ausbildung Im System der dualen Berufsausbildung ist immer noch eine starke geschlechtsspezifische Segregation festzustellen: Frauen erlernen häufiger als Männer einen Beruf im Dienstleis- tungsbereich und seltener im Handwerk. Von den 25 wichtigsten Ausbildungsberufen sind 12 männlich, aber nur 6 weiblich dominiert. Weiterbildung Erwerbstätige Frauen absolvieren Weiterbildungen in ähnlichem Umfang wie Männer. Frauen sind jedoch weiterhin seltener als Männer an betrieblichen Weiterbildungen beteiligt. WSI Report Nr. 56, Februar 2020 Seite 6
5.1 Schulisches Bildungsniveau Beim schulischen Bildungsniveau lassen sich zwi- Keinen Schulabschluss weist nur noch eine Min- schen Frauen und Männern im Erwerbsalter nur derheit der Frauen und Männer auf (jeweils 4 Pro- noch geringe Unterschiede feststellen. Insgesamt zent). Bei einem regionalen Vergleich zeigen sich haben Frauen die Männer beim schulischen Bil- deutliche Unterschiede hinsichtlich des Bildungs- dungsniveau inzwischen überholt. niveaus zwischen Ost- und Westdeutschland – die – Jeweils mehr als ein Drittel der Frauen und geschlechterbezogenen Unterschiede innerhalb Männer im Erwerbsalter haben das Abitur oder von West- und innerhalb von Ostdeutschland fallen die Fachhochschulreife. dagegen gering aus. – Die mittlere Reife (Realschulabschluss) errei- chen Frauen etwas häufiger als Männer (37 gegenüber 31 Prozent), während sie etwas seltener einen Hauptschulabschluss haben (21 gegenüber 26 Prozent der Männer). Abbildung 1 Höchster Schulabschluss von Frauen und Männern in Deutschland, West- und Ostdeutschland (2017), in Prozent * DEUTSCHLAND 100 90 33,3 30,1 80 38,3 38,0 39,3 39,6 Abitur/Fachhochschulreife 70 60 Realschulabschluss (oder gleichwertig) 50 36,8 31,3 32,4 25,8 Haupt-/Volksschulabschluss 40 58,5 59,5 30 kein Schulabschluss 20 29,6 20,6 26,1 23,6 Keine Angaben 10 8,6 4,2 4,4 4,5 5,2 4,0 0 Frauen Männer Frauen Männer Frauen Männer 1,9 2,6 Deutschland Westdeutschland Ostdeutschland * Bevölkerung im Alter von 15 bis unter 65 Jahren. Nicht berücksichtigt wurden Personen, die (noch) in Schulausbildung sind. Datenquelle: Statistisches Bundesamt, Mikrozensus, eigene Berechnungen Bearbeitung: WSI GenderDatenPortal 2019 WSI Report Nr. 56, Februar 2020 Seite 7
5.2 Berufliches Qualifikationsniveau Bei der höchsten beruflichen Qualifikation beste- Im West-Ost-Vergleich sind beim höchsten be- hen kaum noch Unterschiede zwischen Frauen und ruflichen Abschluss noch deutliche regionale Männern: Unterschiede festzustellen, die auf Unterschie- – Jeweils mehr als die Hälfte der Frau- de in den beruflichen Bildungssystemen der en und Männer hat eine berufliche Lehre ehemaligen DDR und BRD zurückzuführen sind. abgeschlossen. Auffallende Unterschiede zwischen Frauen und – Einen Fachschulabschluss als höchsten beruf- Männern zeigen sich dabei vor allem in Ostdeutsch- lichen Abschluss hat mindestens jede zehnte land: Hier haben Frauen häufiger als Männer ei- Frau und fast jeder elfte Mann. nen Fachschulabschluss (17 gegenüber 9 Prozent), – Bei den akademischen Abschlüssen liegen und seltener einen Lehrabschluss (55 gegenüber Frauen und Männer fast gleichauf: Mehr als ein 63 Prozent). Fünftel der Frauen und Männer haben einen Hochschulabschluss. – Ähnlich sind sich Frauen und Männer auch beim Anteil derjenigen ohne beruflichen Ab- schluss: Etwa ein Sechstel der Frauen und der Männer haben keine berufliche Ausbildung abgeschlossen. Abbildung 2 Höchster beruflicher Abschluss von Frauen und Männern in Deutschland, Westdeutschland und Ostdeutschland (2017), in Prozent * WEST-/OSTDEUTSCHLAND 100 90 20,6 22,2 20,7 19,8 18,3 23,0 80 9,7 10,3 9,3 9,0 9,3 17,3 Akademische Abschlüsse 70 60 Fachschulabschluss (inkl. Meister/in und Techniker/in) 50 51,3 52,2 50,6 Lehre/Berufsausbildung 50,1 62,8 40 54,9 30 kein beruflicher Abschluss 20 keine Angaben 10 17,2 15,7 19,2 17,1 7,6 8,8 0 Frauen Männer Frauen Männer Frauen Männer Deutschland Westdeutschland Ostdeutschland * Bevölkerung im Alter ab 15 bis unter 65 Jahren. Nicht berücksichtigt wurden Personen, die (noch) in Ausbildung sind. Datenquelle: Statistisches Bundesamt, Mikrozensus, eigene Berechnungen Bearbeitung: WSI GenderDatenPortal 2019 WSI Report Nr. 56, Februar 2020 Seite 8
5.3 Segregation in der beruflichen Ausbildung Bei der jüngeren Generation besteht eine starke – Lediglich 6 von 25 Berufen sind (stark) weiblich geschlechterbezogene Segregation in der dualen dominiert (mit einem Frauenanteil von min- Ausbildung entlang von beruflichen Tätigkeitsbe- destens 70 Prozent). Hierbei handelt es sich reichen. Frauen erlernen häufiger als Männer einen um kaufmännische oder Verwaltungsberufe Beruf im Dienstleistungsbereich und seltener im sowie zwei Handwerksberufe (Friseur*in und Handwerk, außerdem konzentrieren sich Frauen Fachverkäufer*in im Lebensmittelhandwerk). bei ihrer Berufswahl stärker auf wenige Berufe. Für Berufliche Ausbildungen im medizinischen die 25 Ausbildungsberufe mit den meisten neuen Bereich werden sogar fast ausschließlich von Auszubildenden (im Jahr 2017) gilt: Frauen begonnen. – Die Hälfte der Ausbildungsberufe ist (stark) – Nur 7 Berufe unter den 25 häufigsten Aus- männlich dominiert (mit einem Frauenanteil un- bildungsberufen in Deutschland können als ter 30 Prozent). Männerdomänen in der berufli- geschlechtsunspezifisch gelten (mit einem Frau- chen Ausbildung sind vor allem technische oder enanteil zwischen 30 Prozent und 70 Prozent). mechanische Berufe in Industrie und Handwerk. Dazu zählen vor allem kaufmännische Berufe Besonders in den Berufsbereichen Kraftfahr- und die Hotelfachleute. zeugmechatronik, Elektronik, Fachinformatik sowie Industrie- und Anlagenmechanik bleiben Männer fast ausschließlich unter sich. Abbildung 3 Die 25 Ausbildungsberufe mit den meisten Neuabschlüssen in Deutschland (2017) DEUTSCHLAND Frauenanteil an den Neuabschlüsse (in absoluten Zahlen) Neuabschlüssen (in Prozent) Kaufmann/Kauffrau im Einzelhandel 28.479 51,4 Kaufmann/Kauffrau für Büromanagement 27.927 72,2 Verkäufer/-in 22.104 53,4 Kraftfahrzeugmechatroniker/-in 21.798 4,2 Industriekaufmann/-kauffrau 17.673 58,0 Medizinische/-r Fachangestellte/-r 15.708 97,5 Kaufmann/-frau im Groß- und Außenhandel 13.914 38,5 Elektroniker/-in 13.623 2,0 Fachinformatiker/-in 13.095 7,4 Industriemechaniker/-in 12.537 6,8 Zahnmedizinische/-r Fachangestellte/-r 12.006 98,0 Anlagenmechaniker/-in für Sanitär-, 11.823 1,3 Heizungs- und Klimatechnik Fachkraft für Lagerlogistik 10.560 11,8 Friseur/-in 10.281 78,6 Hotelfachmann/-fachfrau 8.700 62,0 Koch/Köchin 8.679 21,8 Bankkaufmann/-kauffrau 8.103 51,6 Tischler/-in 7.971 13,2 Mechatroniker/-in 7.899 7,0 Steuerfachangestellte/-r 6.762 69,2 Elektroniker/-in für Betriebstechnik 6.576 5,5 Frauenanteil > 70% Verwaltungsfachangestellte/-r 6.438 70,9 Frauenanteil 30–70% Maler/-in und Lackierer/-in 6.429 15,3 Frauenanteil < 30% Fachverkäufer/-in im Lebensmittelhandwerk 6.141 81,8 Zerspanungsmechaniker/-in 6.057 6,8 0 10.000 20.000 30.000 0 50 100 Datenquelle: BIBB, Datensystem Auszubildende, eigene Berechnungen Bearbeitung: WSI GenderDatenPortal 2019 WSI Report Nr. 56, Februar 2020 Seite 9
5.4 Weiterbildung Erwerbstätige Frauen nehmen in ähnlichem Um- fang an Weiterbildungen teil wie erwerbstätige Männer. Sie sind jedoch von 2012 bis 2018 selte- ner als Männer an betrieblichen Weiterbildungen beteiligt: – Mehr als die Hälfte der erwerbstätigen Frauen und Männer (58 bzw. 60 Prozent) im Erwerbsal- ter nimmt an einer Weiterbildung teil. – Am häufigsten werden betriebliche Weiterbil- dungen absolviert, die ganz oder überwiegend in der bezahlten Arbeitszeit stattfinden oder vom Arbeitgeber finanziert werden. Dabei neh- men Frauen etwas seltener an betrieblichen Weiterbildungen teil als Männer (48 gegenüber 53 Prozent). – An einer berufsbezogenen Weiterbildung außer- halb des betrieblichen Kontextes beteiligt sich etwa jede zwanzigste Frau und jeder zwanzigste Mann (6 bzw. 5 Prozent). – An Weiterbildungen, die keinen (unmittelbaren) Berufsbezug haben, nehmen erwerbstätige Frauen etwas häufiger teil als Männer – 11 im Vergleich zu 8 Prozent. Abbildung 4 Teilnahme erwerbstätiger Frauen und Männer an Weiterbildungen nach Art der Weiterbildung in Deutschland (2012–2018), in Prozent DEUTSCHLAND 100 90 80 70 59 60 57 58 58 60 56 55 55 53 51 Frauen 48 48 48 48 50 44 46 Männer 40 30 20 14 13 13 11 11 11 7 7 7 8 7 8 8 10 4 6 5 0 2012 2014 2016 2018 2012 2014 2016 2018 2012 2014 2016 2018 2012 2014 2016 2018 Weiterbildung Betriebliche Individuelle berufsbezogene Nicht berufsbezogene insgesamt Weiterbildung Weiterbildung Weiterbildung Datenquelle: BMBF (2019): Weiterbildungsverhalten in Deutschland 2018 Bearbeitung: WSI GenderDatenPortal 2019 WSI Report Nr. 56, Februar 2020 Seite 10
6 ERWERBSARBEIT Infobox 2 Zentrale Befunde Erwerbsbeteiligung Aktuell beträgt der geschlechterbezogene Abstand bei der Erwerbsbeteiligung knapp 8 Prozentpunkte. Seit 1991 (21 Prozent) hat er sich stark verringert. Erwerbsverhältnis Minijobs als einzige Erwerbstätigkeit: Mit 62 Prozent stellen Frauen den deutlich größeren Anteil an den ausschließlich im Minijob arbeitenden Beschäftigten dar. In den letzten 10 Jah- ren ist die Zahl der Frauen mit Minijob als einziger Erwerbsarbeit allerdings zurückgegangen. Leiharbeit: Frauen stellen fast ein Drittel aller Leiharbeitnehmer*innen. Damit ist Leiharbeit zwar immer noch männlich dominiert, aber der Frauenanteil ist seit 1991 um 10 Prozent- punkte angestiegen. Befristungen: Abhängig beschäftigte Frauen und Männer weisen ähnliche Befristungsquo- ten auf (mit knapp über 7 Prozent). Selbstständigkeit: Frauen sind seltener selbstständig als Männer. Der Frauenanteil an allen Selbstständigen beträgt ein Drittel (34 Prozent). Unter den Solo-Selbstständigen stellen Frauen sogar 41 Prozent, und unter den Selbstständigen mit Beschäftigten nur 26 Prozent. Berufliche Segregation Von den insgesamt 14 Berufssegmenten stellen Männer in 7 Berufssegmenten die große Mehrheit, während nur 3 Berufssegmente Frauendomänen sind. Arbeitsqualität Männer sind stärker als Frauen von klassischen Arbeitsbelastungen – körperlich schwere Arbeit und Lärm – betroffen. Dagegen sind Frauen häufiger anderen Belastungen bei der Arbeit ausgesetzt wie Zeitdruck, Arbeitsunterbrechungen und emotionaler Belastung. WSI Report Nr. 56, Februar 2020 Seite 11
6.1 Erwerbsbeteiligung Mit einer Erwerbstätigenquote von 72 Prozent sind Frauen immer noch seltener erwerbstätig als Män- ner (80 Prozent). Der geschlechtsbezogene Ab- stand bei der Erwerbstätigenquote liegt aktuell bei knapp 8 Prozentpunkten. Allerdings haben Frauen bei der Erwerbstätigen- quote seit Beginn der 1990er Jahre stark aufgeholt, denn noch 1991 lag die Erwerbstätigenquote der Frauen bei 57 Prozent und ist seit Ende der 1990er Jahre stark angestiegen. Im Vergleich dazu war die Erwerbstätigenquo- te der Männer zwischen 1991 und 2003 zunächst stark zurückgegangen (von 78 auf 71 Prozent). Seit- her ist sie aber wieder gestiegen, und liegt aktuell sogar etwas höher als zu Beginn der 1990er Jahre. Abbildung 5 Erwerbstätigenquoten und Erwerbsquoten der 15- bis unter 65-jährigen Frauen und Männer in Deutschland (1991– 2018), in Prozent DEUTSCHLAND 100 90 Männer Erwerbsquote 80 78,4 77,7 77,7 78,9 79,6 Erwerbstätigen- 77,3 75,0 74,5 75,3 quote 70 73,9 71,9 72,4 72,7 70,9 71,2 72,1 71,5 67,7 68,8 69,8 Frauen 65,1 60 63,1 Erwerbsquote 58,8 58,8 59,5 57,0 55,2 56,9 Erwerbstätigen- 54,9 55,1 50 quote 40 30 21,4 20,1 20 18,8 16,7 15,5 13,9 Geschlechtsbezogener 12,1 11,7 11,4 Abstand der Erwerbs- 10,2 9,6 8,9 10 7,9 7,4 7,5 tätigenquoten in Prozentpunkten (Männer minus Frauen) 0 1991 1993 1995 1997 1999 2001 2003 2005 2007 2009 2011 2013 2015 2017 2018 Datenquelle: Statistisches Bundesamt, Mikrozensus, auf Anfrage Bearbeitung: WSI GenderDatenPortal 2019 WSI Report Nr. 56, Februar 2020 Seite 12
6.2 Erwerbsverhältnis (1) – Minijobs als einzige Erwerbstätigkeit Fast 5 Millionen Beschäftigte sind ausschließ- Seit 1991 ist die Zahl der ausschließlich in Mini- lich geringfügig beschäftigt. Damit stellen die jobs beschäftigten Frauen allerdings rückläufig, Minijobber*innen einen Anteil von mehr als während die Zahl der ausschließlich in Minijobs 13 Prozent an allen abhängig Beschäftigten in beschäftigten Männer seit 2004 kontinuierlich an- Deutschland. gestiegen ist. Frauen sind deutlich häufiger als Männer aus- schließlich geringfügig beschäftigt: Im Jahr 2017 hatte unter den abhängig Beschäftigten jeder zehn- te Mann, aber fast jede sechste Frau einen Mini- job. An allen ausschließlich geringfügig Beschäf- tigten stellen Frauen mit 62 Prozent die deutliche Mehrheit. Abbildung 6 Ausschließlich geringfügig beschäftigte Frauen und Männer in Deutschland (2004–2017), Angaben in Tausend DEUTSCHLAND 4.000 3.451 3.502 3.503 3.508 3.467 3.500 3.391 3.397 3.434 3.380 3.364 3.330 3.189 3.122 3.047 3.000 2.500 Frauen 2.000 1.851 1.893 1.918 1.885 1.894 1.898 1.806 1.826 1.842 1.730 1.733 1.747 1.752 1.757 Männer 1.500 1.000 500 0 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 Datenquelle: Bundesagentur für Arbeit, Beschäftigungsstatistik (revidierte Daten), eigene Berechnungen Bearbeitung: WSI GenderDatenPortal 2018 WSI Report Nr. 56, Februar 2020 Seite 13
6.3 Erwerbsverhältnis (2) – Leiharbeit Leiharbeit hat seit Beginn der 1990er Jahre und ganz besonders in den Jahren nach 2004 stark an Bedeutung gewonnen, denn .im Vergleich zu 1991 ist die Zahl der Leiharbeitnehmer*innen bis 2017 auf mehr als das Siebenfache angewachsen. Sei- nen vorläufigen Höchststand erreichte die Zahl der Leiharbeitnehmer*innen 2017 mit mehr als einer Million Beschäftigten. Dennoch ist der Anteil der Leiharbeit- nehmer*innen an der Gesamtbeschäftigung noch relativ gering: 3 Prozent der sozialver- sicherungspflichtig Beschäftigten sind als Leiharbeitnehmer*in tätig. Dabei spielt Leiharbeit bei Männern (4 Prozent) eine größere Rolle als bei Frauen (knapp 2 Prozent). Frauen stellen fast ein Drittel (30 Prozent) aller Leiharbeitnehmer*innen. Leiharbeit ist in Deutsch- land zwar immer noch männlich dominiert, aber der Frauenanteil ist – im Vergleich zu 1991 – um 10 Prozentpunkte deutlich angestiegen. Abbildung 7 Leiharbeitnehmer/innen in Deutschland (1991–2017), Angaben in Tausend DEUTSCHLAND 1.100 1.034 1.000 952 882 865 900 Alle 800 715 Leiharbeit- 700 625 728 nehmer/ 664 innen 600 637 598 500 444 529 400 439 341 330 306 Männer 276 334 288 300 267 245 Frauen 201 264 253 186 187 200 166 131 217 114 162 110 100 135 77 77 106 58 26 92 23 31 39 0 1991 1993 1995 1997 1999 2001 2003 2005 2007 2009 2011 2013 2015 2017 Anmerkung: Infolge der Umstellung der Statistik zur Arbeitnehmerüberlassung (ANÜ) seit 2013 ist die Vergleichbarkeit in der Zeitreihe eingeschränkt. Datenquelle: Bundesagentur für Arbeit, Arbeitnehmerüberlassungsstatistik, eigene Berechnungen Bearbeitung: WSI GenderDatenPortal 2018 WSI Report Nr. 56, Februar 2020 Seite 14
6.4 Erwerbsverhältnis (3) – Befristungen In Deutschland hatten im Jahr 2018 fast 2,5 Milli- Bei den 15 bis unter 25-jährigen Frauen und Män- onen abhängig Beschäftigte einen befristeten Ar- nern sind die Anteile an Befristung im Vergleich zu beitsvertrag (obwohl sie sich nicht in Ausbildung anderen Altersgruppen am höchsten. (Und dies, befanden). Damit standen mehr als 7 Prozent der obwohl hier alle Personen ausgeschlossen sind, die Beschäftigten in einem zeitlich befristeten Arbeits- sich in einer schulischen, beruflichen oder univer- verhältnis. Von einer Befristung betroffen sind sitären Ausbildung befinden.) Während des Beob- Frauen und Männer (im Alter zwischen 15 und achtungszeitraums ist die Befristungsquote insge- 64 Jahren) in ähnlichem Umfang (mit 7,4 Prozent samt stark angestiegen. Der zu Beginn der 1990er bzw. 7,2 Prozent). Jahre noch deutliche Abstand zwischen Männern Über den gesamten Beobachtungszeitraum seit und Frauen ist inzwischen fast ganz verschwunden: Anfang der 1990er Jahre ist der Anteil an befriste- – Noch im Jahr 1991 hatte unter den jüngeren Be- ten Beschäftigungsverhältnissen bei Frauen und schäftigten nur jede elfte Frau und jeder achte Männern insgesamt jeweils leicht angestiegen. Mann einen befristeten Arbeitsvertrag. Besonders deutlich fiel der Anstieg in den Jahren – Besonders hohe Befristungsquoten hatten jün- zwischen 2004 und 2007 aus. Seitdem sind die Be- gere Beschäftigte zwischen 2005 und 2011. In fristungsquoten bei Frauen wie Männern – in fast diesen Jahren war ein Drittel der jungen Män- allen Altersgruppen – wieder leicht rückläufig. ner und mehr als ein Viertel der Frauen befristet Im Jahr 2018 weisen Männer nur in der jüngsten beschäftigt. Altersgruppe – den Arbeitnehmer*innen von 15 bis – Trotz eines starken Rückgangs der Befris- unter 25 Jahren – eine etwas höhere Befristungs- tungsquoten seit 2011 war im Jahr 2018 immer quote auf. In allen anderen Altersgruppen sind noch mehr als ein Fünftel der jungen Frauen Frauen jeweils etwas stärker von Befristung betrof- und Männer (mit 22 bzw. 21 Prozent) befristet fen als Männer (ohne Abb.). beschäftigt. Abbildung 8 Anteil der befristet beschäftigten Frauen und Männer an den abhängig Beschäftigten im Alter von 15 bis unter 25 Jahren und 15 bis unter 65 Jahren in Deutschland (1991– 2018), in Prozent DEUTSCHLAND 35 31,8 31,3 28,7 29,1 30 28,8 27,4 25,5 28,8 24,8 28,0 25 24,3 23,8 23,7 23,3 15 bis unter 25 22,1 21,2 Männer 20 19,4 18,4 22,3 21,9 21,5 Frauen 21,0 16,9 19,7 14,1 14,5 15 13,3 11,8 8,9 8,7 9,3 9,5 9,6 15 bis unter 65 10 8,6 8,1 8,4 8,2 7,9 7,6 7,4 6,9 7,2 6,9 7,1 Frauen 6,3 8,6 8,9 8,6 8,3 7,5 7,2 7,1 7,6 7,4 7,4 7,2 Männer 5 5,8 6,2 6,5 5,6 0 1991 1993 1995 1997 1999 2001 2003 2005 2007 2009 2011 2013 2015 2017 2018 Datenquelle: Statistisches Bundesamtes, Mikrozensus, auf Anfrage Bearbeitung: WSI GenderDatenPortal 2020 WSI Report Nr. 56, Februar 2020 Seite 15
6.5 Erwerbsverhältnis (4) – Selbstständige Frauen sind in Deutschland immer noch seltener Selbstständigkeit von Frauen ist aber vor allem selbstständig als Männer: Der Frauenanteil an allen Solo-Selbstständigkeit. Der Frauenanteil an den Selbstständigen liegt bei einem Drittel (34 Prozent). Solo-Selbstständigen liegt mit 41 Prozent deutlich Zwischen 1991 und 2017 hat sich die Zahl der höher als der Frauenanteil an allen Selbstständi- Selbstständigen in Deutschland stark erhöht – von gen. Bei den Selbstständigen mit Beschäftigten 2,9 Millionen auf 3,7 Millionen. In diesem Zeitraum haben Frauen nur einen Anteil von 26 Prozent hat sich vor allem die Anzahl der selbstständigen und sind damit im Vergleich zu Männern deutlich Frauen stark erhöht (von 0,74 Mio. auf 1,25 Mio.), unterrepräsentiert. während die Anzahl der selbstständigen Männer lediglich um etwa ein Achtel angestiegen ist (von 2,16 Mio. auf 2,43 Mio.). Als Folge dieser Verän- derungen ist der Frauenanteil an allen Selbststän- digen zwischen 1991 und 2017 um gut 8 Prozent- punkte angestiegen. Abbildung 9 Anteil der Frauen an allen Selbstständigen, den Solo-Selbstständigen und den Selbstständigen mit Beschäftigten in Deutschland (1991–2017), in Prozent DEUTSCHLAND 50 Frauenanteil an 40,6 40 Solo-Selbstständigen 34,0 31,2 30 allen Selbstständigen 25,6 25,9 21,0 Selbstständigen mit Beschäftigten 20 10 0 1991 1993 1995 1997 1999 2001 2003 2005 2007 2009 2011 2013 2015 2017 Datenquelle: Eurostat, Labor Force Survey (EU-LFS), eigene Berechnungen Bearbeitung: WSI GenderDatenPortal 2019 WSI Report Nr. 56, Februar 2020 Seite 16
6.6 Berufliche Segregation Sozialversicherungspflichtig beschäftigte Frauen – Männerdominierte Berufssegmente mit nied- und Männer verteilen sich sehr ungleich auf unter- rigem Frauenanteil (unter 30 Prozent). sind schiedliche Berufe und Berufssegmente. Diese Un- IT- und naturwissenschaftlichen Dienstleis- gleichverteilung wird auch als horizontale Segre- tungsberufe, Sicherheitsberufe, die Berufe des gation des Arbeitsmarktes bezeichnet. Insgesamt Land-/Forst- und Gartenbaus sowie die Ver- stellen Frauen nur in drei der insgesamt 14 Berufs- kehrs-/Logistikberufe. Besonders gering fällt der segmente den dominierenden Anteil an Beschäftig- Frauenanteil in den Bau-/Ausbauberufen, den ten. Demgegenüber sind sieben Berufssegmente fertigungstechnischen Berufen und den Ferti- Männerdomänen: gungsberufen aus. – Frauendominierte Berufssegmente (mit Frau- – Zu den geschlechtsunspezifischen Berufsseg- enanteil von über 70 Prozent) finden sich vor menten (mit einem Frauenanteil von 30 Prozent allem in personenbezogenen Dienstleistungsbe- bis unter 70 Prozent) zählen Lebensmittel- und rufen, etwa in Gesundheitsdienstberufen, Reini- Gastgewerbeberufe, Handelsberufe, Berufe in gungsberufen sowie in sozialen und kulturellen Unternehmensführung/ -organisation sowie un- Dienstleistungsberufen. ternehmensbezogene Dienstleistungsberufe. Abbildung 10 Frauen- und Männeranteil an den sozialversicherungspflichtig Beschäftigten nach Berufssegmenten in Deutschland (2017), in Prozent DEUTSCHLAND Frauendominierte Berufssegmente medizinische u. nichtmedizinische Gesundheitsberufe 82,2 17,8 Reinigungsberufe 75,3 24,7 soziale und kulturelle Dienstleistungsberufe 73,7 26,3 Geschlechtsunspezifische Berufssegmente unternehmensbezogene Dienstleistungsberufe 65,0 35,0 Berufe in Unternehmensführung und -organisation 64,3 35,7 Handelsberufe 62,2 37,8 Frauen Lebensmittel- und Gastgewerbeberufe 53,6 46,4 Männerdominierte Berufssegmente Männer Land-, Forst-, Gartenbauberufe 28,5 71,5 Sicherheitsberufe 27,9 72,1 IT- und naturwissenschaftliche Dienstleistungsberufe 23,7 76,3 Verkehrs- und Logistikberufe 20,1 79,9 Fertigungsberufe 17,1 82,9 fertigungstechnische Berufe 13,2 86,8 Bau- und Ausbauberufe 6,5 93,5 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 Datenquelle: Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, Berufe im Spiegel der Statistik Bearbeitung: WSI GenderDatenPortal 2019 WSI Report Nr. 56, Februar 2020 Seite 17
6.7 Arbeitsqualität Männer sind stärker von klassischen Arbeitsbe- Frauen sind häufiger als Männer anderen Belastun- lastungen – körperlich schwere Arbeit und Lärm – gen bei der Arbeit ausgesetzt, wie etwa häufigen betroffen als Frauen. Zugleich werden an Männer Arbeitsunterbrechungen, Arbeiten unter Zeitdruck größere Erwartungen in punkto Erreichbarkeit au- und der Anforderung, die eigenen Gefühle zu ßerhalb der Arbeitszeit gestellt. verbergen. – Jeder dritte Mann in Vollzeit und jede vierte – Häufige Arbeitsunterbrechungen – durch tech- voll- oder teilzeiterwerbstätige Frau arbeitet nische Probleme, Telefonate oder Kolleg*innen „oft“ bzw. „sehr häufig“ körperlich schwer. – geben sechs von zehn vollzeitbeschäftigten Körperliche Belastungen treten nicht nur in Frauen an, im Vergleich zu fünf von zehn voll- männerdominierten Berufen, sondern auch in zeitbeschäftigten Männern. Unter den Teilzeiter- Pflegeberufen auf, in denen überwiegend Frau- werbstätigen gilt dies für fünf von zehn Frauen en tätig sind. sowie für vier von zehn Männern. – Männer sind deutlich häufiger als Frauen Lärm – Über starken Zeitdruck bei der Arbeit berichten oder lauten Umgebungsgeräuschen am Arbeits- 59 Prozent der vollzeitbeschäftigten Frauen und platz ausgesetzt: Dies trifft auf knapp die Hälfte 51 Prozent der vollzeitbeschäftigten Männer. der Männer, aber nur auf ein gutes Drittel der Teilzeitbeschäftigte Frauen und Männer fühlen Frauen zu. sich hingegen etwas seltener bei der Arbeit – Jeder vierte abhängig beschäftigte Mann, aber gehetzt. nur jede fünfte Frau ist häufig mit der Erwar- – Frauen geben zudem häufiger an, dass sie bei tung konfrontiert, auch außerhalb der Arbeits- der Arbeit ihre Gefühle verbergen müssen: Auf zeit erreichbar zu sein. annähernd jede dritte Frau in Voll- oder Teilzeit trifft dies oft oder sehr häufig zu, aber nur etwa für jeden vierten Mann (in Voll- oder Teilzeit). Abbildung 11 Körperliche Belastung und Lärmbelastung durch Arbeit sowie erwartete Erreichbarkeit außerhalb der Arbeitszeit von Frauen und Männern in Deutschland (2018), in Prozent * DEUTSCHLAND 27 Vollzeit 34 Körperlich schwere Arbeit ** 26 Teilzeit (n.s.) 27 0 10 20 30 40 50 60 70 80 39 Vollzeit 49 Frauen Lärm am Arbeitsplatz *** 34 Männer Teilzeit 45 0 10 20 30 40 50 60 70 80 19 Vollzeit Erreichbarkeit außerhalb 23 der Arbeitszeit **** (z.B. telefonisch/per Email) 21 Teilzeit 36 0 10 20 30 40 50 60 70 80 * Abgebildet wird der Anteil der Befragten, der die jeweiligen Fragen mit „oft“ bzw. „sehr häufig“ beantwortet hat. ** Fragentext in der Erhebung: „Wie häufig kommt es vor, dass Sie körperlich schwer arbeiten müssen (...)?“ *** Fragentext in der Erhebung: „Wie häufig kommt es vor, dass Sie an Ihrem Arbeitsplatz Lärm oder lauten Umgebungsgeräuschen ausgesetzt sind?“ **** Fragentext in der Erhebung: „Wie häufig wird von Ihnen erwartet, dass Sie außerhalb Ihrer normalen Arbeitszeit, (...) für Ihre Arbeit erreichbar sind?“ Datenquelle: DGB-Index "Gute Arbeit", auf Anfrage, eigene Berechnung Bearbeitung: WSI GenderDatenPortal 2019 WSI Report Nr. 56, Februar 2020 Seite 18
Abbildung 12 Häufige Arbeitsunterbrechungen, Zeitdruck und Kontrolle der Gefühle bei der Arbeit von Frauen und Männern in Deutschland (2018), in Prozent * DEUTSCHLAND 60 Vollzeit 54 Häufige Arbeits- unterbrechungen ** 46 Teilzeit (n.s.) 42 0 10 20 30 40 50 60 70 80 59 Vollzeit 51 Frauen Unter Zeitdruck stehen/ sich gehetzt fühlen *** 50 Männer Teilzeit (n.s.) 45 0 10 20 30 40 50 60 70 80 36 Vollzeit 24 Gefühle verbergen müssen **** 31 Teilzeit (n.s.) 27 0 10 20 30 40 50 60 70 80 * Abgebildet wird der Anteil der Befragten, der die jeweiligen Fragen mit „oft“ bzw. „sehr häufig“ beantwortet hat. ** Fragentext in der Erhebung: „Wie häufig kommt es vor, dass Sie bei Ihrer Arbeit gestört oder unterbrochen werden, z.B. durch techn. Probleme, Telefonate, Kollegen?“ *** Fragentext in der Erhebung: „Wie häufig fühlen Sie sich bei der Arbeit gehetzt oder stehen unter Zeitdruck?“ **** Fragentext in der Erhebung: „Wie häufig verlangt es Ihre Arbeit von Ihnen, dass Sie Ihre Gefühle verbergen?“ Datenquelle: DGB-Index "Gute Arbeit", auf Anfrage, eigene Berechnung Bearbeitung: WSI GenderDatenPortal 2019 WSI Report Nr. 56, Februar 2020 Seite 19
7 EINKOMMEN Infobox 3 Zentrale Befunde Gender Pay Gap Der Gender Pay Gap ist in Deutschland in den letzten Jahren leicht zurückgegangen. Den- noch verdienen Frauen pro Arbeitsstunde durchschnittlich 21 Prozent weniger als Männer. Gender Pension Gap Die Rentenlücke zwischen Frauen und Männern beträgt aktuell 53 Prozent (2015). Zwischen 1992 und 2015 hat sich die geschlechterbezogene Rentenlücke verringert – von 69 auf 53 Prozent. Niedrigeinkommen Niedrigeinkommen trotz Vollzeit betrifft Frauen weitaus häufiger als Männer: 25 Prozent der Frauen, aber nur 14 Prozent der Männer verdienen monatlich weniger als 2.000 Euro brutto. Zwischen 2011 und 2016 haben sich diese Anteile verringert: bei Frauen von 34 auf 25 Pro- zent und bei Männern von 20 auf 14 Prozent. Existenzsicherung Im Fall von Erwerbslosigkeit oder einer Beschäftigung von weniger als 15 Stunden pro Wo- che sind Frauen deutlich häufiger auf die Unterstützung durch Angehörige angewiesen als Männer (49 zu 30 Prozent). Und Männer sind besser durch staatliche Transferleistungen ab- gesichert als Frauen (54 zu 33 Prozent). WSI Report Nr. 56, Februar 2020 Seite 20
7.1 Gender Pay Gap Frauen verdienen im Durchschnitt deutlich weni- Anmerkung: Eine der Hauptursachen für die fest- ger pro Arbeitsstunde als Männer. Der Gender Pay stellbare Verringerung des Gender Pay Gap in Gap – also der prozentuale Anteil, den Frauen im Deutschland ist die Einführung des Mindestlohns. Durchschnitt pro Arbeitsstunde weniger verdienen Mit ihm wurden die unteren Löhne deutlich ange- als Männer – beträgt 20,9 Prozent. hoben. Da Frauen in Deutschland weitaus häufiger Zwar stiegen im Beobachtungszeitraum 2006 als Männer im Niedriglohnsektor beschäftigt sind, bis 2018 die durchschnittlichen Brutto-Stunden- hat sich damit auch der Gender Pay Gap etwas ver- verdienste (ohne Sonderzahlungen wie Urlaubs- ringert (Herzog-Stein et al. 2018). geld o. ä.) für Frauen und Männer kontinuierlich an – um jeweils mehr als 20 Prozent. Da der Anstieg für beide Geschlechtergruppen aber vergleichbar hoch ausfiel, hat sich der Gender Pay Gap kaum verändert. Er lag im Beobachtungszeitraum von 2006 bis 2018 stets zwischen 21 und 23 Prozent. In den letzten 4 Jahren ist der Gender Pay Gap leicht abgesunken und hat 2018 erstmals 21 Prozent unterschritten. Abbildung 13 Gender GenderPay PayGap unddurchschnittliche Gap und durchschnittliche Brutto-Stundenverdienste Brutto-Stundenverdienste vonund von Frauen Frauen und Männern Männern in Deutschland in Deutschland(2007–2014), (2006–2018), in in Prozent undininEuro Prozent und Euro DEUTSCHLAND 25 22,3 22,8 22,8 22,5 22,3 22,4 22,7 22,3 22,1 22,0 21,5 21,0 20,9 20 15 Gender Pay Gap 10 (in Prozent) 5 0 25 20,71 21,00 21,60 19,89 19,87 20,25 20 17,90 18,21 18,46 18,74 18,81 19,17 19,63 Durchschnittl. 15,50 15,44 15,80 16,26 16,59 17,09 Stunden- 14,88 15,18 15 13,91 14,05 14,25 14,52 14,62 verdienst (brutto, in Euro) 10 Frauen 5 Männer 0 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 Datenquelle: Statistisches Bundesamt, Verdienststrukturerhebung, Vierteljährliche Verdiensterhebung, auf Anfrage. Bearbeitung: WSI GenderDatenPortal 2019 WSI Report Nr. 56, Februar 2020 Seite 21
7.2 Gender Pension Gap Die Rentenlücke zwischen Frauen und Männern Anmerkung: Die Rentenlücke fällt bei verheirateten liegt bei 53 Prozent. Frauen beziehen folglich ein und verwitweten Personen, bei Rentenbeziehenden um 53 Prozent niedrigeres Alterssicherungsein- mit niedrigem Berufsabschluss, bei Personen mit kommen als Männer. Berücksichtig werden dabei einer höheren Zahl von Kindern sowie bei Älteren alle drei Säulen der Alterssicherung: die gesetzli- besonders hoch aus (Deutscher Bundestag 2017, che Rentenversicherung (GRV) bzw. Beamtenver- Loose 2015, Faik/Köhler-Rama 2012). So beträgt sorgung (BV) sowie betriebliche Alterssicherung die geschlechterbezogene Rentenlücke in West- und private Alterssicherung. deutschland unter Verheirateten sogar 64 Prozent Innerhalb des Beobachtungszeitraums 1992 bis und unter Verwitweten 62 Prozent. Generell fällt die 2015 hat sich der Gender Pension Gap in Deutsch- Rentenlücke in Westdeutschland (58 Prozent) weit- land von 69 auf 53 Prozent verkleinert. aus höher aus als in Ostdeutschland (28 Prozent). Abbildung 14 Entwicklung des Gender Pension Gap in Deutschland (1992–2015), in Prozent DEUTSCHLAND 100 90 80 73 72 68 67 70 64 61 69 69 58 60 64 Westdeutschland 63 59 50 57 53 Deutschland 40 45 46 43 39 30 37 35 Ostdeutschland 28 20 10 0 1992 1995 1999 2003 2007 2011 2015 * Westdeutschland mit West-Berlin Datenquelle: Loose, B. (2015) und BT-Drs. 18/13119 Bearbeitung: WSI GenderDatenPortal 2017 WSI Report Nr. 56, Februar 2020 Seite 22
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