Eine kritische Diskursanalyse von Thilo Sarrazins Buch - DEUTSCHLAND SCHAFFT SICH Charlotta Seiler Brylla

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Eine kritische Diskursanalyse von Thilo Sarrazins Buch - DEUTSCHLAND SCHAFFT SICH Charlotta Seiler Brylla
Eine kritische Diskursanalyse
von Thilo Sarrazins Buch
DEUTSCHLAND SCHAFFT SICH
AB. Wie wir unser Land aufs
Spiel setzen

Charlotta Seiler Brylla
Eine kritische Diskursanalyse von Thilo Sarrazins Buch - DEUTSCHLAND SCHAFFT SICH Charlotta Seiler Brylla
Gliederung

• Motivation und Erkenntnisinteresse
• Hintergrund
• Thesen des Buches
• Sprachliche Analyse
• Diskussion
• Thilo Sarrazin, geb. 1945, promovierter Volkswirt, SPD-Mitglied
  seit 1974
• Finanzsenator in Berlin 2002-2009
• Mitglied des Vorstands der deutschen Bundesbank 2009-2010
Aus einem Interview mit Thilo
Sarrazin in Lettre International
2009/9

«Ich muss niemanden anerkennen, der vom Staat
lebt, diesen Staat ablehnt, für die Ausbildung seiner
Kinder nicht vernünftig sorgt und ständig neue
kleine Kopftuchmädchen produziert.“
• Erschienen am 30. August 2010 bei der Deutschen Verlags-
  Anstalt
• 1,2 Millionen Exemplare ausgeliefert
• Projektidee der DVA: ein kritischer Text über den deutschen
  Sozialstaat
Thesen des Buchs: ein
demographischer Wandel
• Eine Alterung und Schrumpfung der deutschen
  Bevölkerung geht mit qualitativen
  Veränderungen in deren Zusammensetzung
  einher. (S. 11; die Seitenangaben beziehen sich
  auf die 2. Auflage)
• Die kontinuierliche Zunahme der weniger
  Stabilen, weniger Intelligenten und weniger
  Tüchtigen gefährdet die Zukunft Deutschland.
  (S. 11)
Thesen des Buchs: Intelligenz

• Die menschliche Intelligenz ist zu 50 bis 80 %
  erblich. (S. 93)
• Bei höherer relativer Fruchtbarkeit der weniger
  Intelligenten sinkt die durchschnittliche
  Intelligenz der Grundgesamtheit. (S. 99)
Thesen des Buchs: Armut und
Transferleistungen

• Nicht die materielle, sondern die geistige und
  moralische Armut ist das Problem. (S. 123)
• Jede Form von Grundsicherung muss so angelegt
  sein, dass sie nicht eingrenzt und lähmt, sondern
  fördert. (S. 147)
• Das Workfare-Konzept muss eingeführt werden, d.
  h. die Anreize zur Arbeitsaufnahme müssen erhöht
  werden. (S. 182)
Thesen des Buchs: Bildung

• Die Bevölkerung in Deutschland wird immer
  bildungsferner. (S. 187)
• Das staatliche Angebot für die Kinder aus
  bildungsfernen Schichten (und damit für alle
  Kinder) sollte umfassend sein und früh beginnen.
  (S. 231)
• In Schulen und Kitas soll Deutsch die einzige
  Sprache sein (S. 237)
Thesen des Buchs: Migration
• Die deutsche Einwanderungspolitik hat nicht die
  Leistungsträger fremder Völker angelockt, sondern
  vornehmlich Menschen am unteren Ende der
  sozialen Skala / Bildungsskala. (S. 58)
• Die Zuwanderer aus dem ehemaligen Jugoslawien,
  der Türkei und den arabischen Ländern bilden den
  Kern des Integrationsproblems. (S. 59)
• Die muslimischen Migranten haben eine
  unterdurchschnittliche Beteiligung am
  Arbeitsmarkt, unterdurchschnittliche Erfolge im
  Bildungswesen und eine überdurchschnittliche
  Beteiligung an der Gewaltkriminalität. (S. 262)
• Dafür gibt es sozio-kulturelle Gründe (Kap. 7)
Analyseschritte
(Jäger 1999/2009)

 1. Institutioneller Rahmen
 2. Text-“Oberfläche“
 3. Sprachlich-rhetorische Mittel
 Argumentationsstrategien
 Quelle des Wissens
 Narrative Strukturen

 Schlüsselwörter, Metaphern, Kollektivsymbole,
   Deixis, Transitivität, Kohärenz, Modalität,
Themen

•   Alterung der Gesellschaft
•   Armut
•   Grundsicherung / Hartz IV
•   Intelligenz
•   Bildung
•   Migration / Integration
    Religion
    Kultur
    Ethnie
Beispiel Schlüsselwort:
Armut

„‘Arm‘ sind Empfänger von Grundsicherung in
Deutschland nur, wenn man Armut als
politischen Begriff auffasst, der sich inhaltlich
von seiner ursprünglichen und historisch
überkommenen Bedeutung gelöst hat.“ (S. 85)
Argumentationsstrategien

• Verallgemeinerung
• Delegitimierung des Gegners
• Implikate
• Relativierung
• Glaubwürdigkeit durch Objektivität
Verallgemeinerung

„Der Mensch am Steuerpult des Hochregallagers
benötigt eher Hirn als Muskelkraft und ist ganz
sicher kein Hauptschulabsolvent, der bei einfachen
Additionsaufgaben Schwierigkeiten hat.“ (S. 55)

„Aus den männlichen arabischen Kindern dieser
Grundschule werden die jugendlichen Gewalttäter
von morgen, während die jungen Mädchen früh
heiraten.“ (S. 323f.)
Delegitimierung des Gegners

„Aber mit der Linkspartei, die vor allem verbohrte
Ideologen und ewig zu kurz Gekommene repräsentiert,
ist ein strukturell weiterführendes Politikangebot nicht
denkbar – insbesondere eines, das ein Rezept enthält
gegen die Verfestigung einer leistungsabgewandten und
zunehmend auf Wirtschaftskreisläufen ausgeschlossene
Unterschicht.“ (S. 81)
„Das sind die Vertreter des Multikultifeuilletons, die eine
transnationale Menschheitszukunft erträumen und
heimlich Trauer tragen, dass sie überhaupt als Deutsche
geboren wurden.“ (S. 346)
Implikate
„Die USA, die ihre Einwanderer nicht materiell
unterstützen, bekommen dagegen die besseren
Einwanderer, die sich zudem schneller integrieren.“
(S. 321)

„Wer in Deutschland aufgewachsen ist, merkt
spätestens in der Türkei, dass er jetzt
„Deutschländer“ ist und kein richtiger Türke mehr
ist. Schlimm nur, das viele „Deutschländer“ am
Ende weder richtige Türken noch richtige Deutsche
sind.“ (S. 313)
Implikate

„Wenn er [Bezieher des Sozialtransfers, CB] die
Möglichkeit hat, gelegentlich durch Schwarzarbeit
Geld zu verdienen, wird er – solange er sich darauf
verlassen kann, dass das staatlich garantierte
Mindesteinkommen weder gekürzt noch gestrichen
wird – erst recht keinen Sinn in solcher
Anstrengung sehen, es sei denn, er verfügt über
ein ungewöhnliches Maß an intrinsischer
Motivation.“ (S. 87)
Relativierung

„In Deutschland arbeiten ein Heer von
Integrationsbeauftragten, Islamforschern, Soziologen,
Politologen, Verbandsvertretern und eine Schar von
naiven Politikern Hand in Hand und intensiv an
Verharmlosung, Selbsttäuschung und
Problemleugnung. Mir wurde beispielsweise ‚Rassismus‘
vorgeworfen, als ich mich in einem Interview kritisch
mit der mangelhaften Bereitschaft vieler muslimischer
Migranten zur Eingliederung in Deutschland
auseinandersetzte. Kritiker betrieben sogar meinen
Ausschluss aus der SPD, der ich seit 1973 angehörte.
(S. 279, Hervorhebung von CB)
Relativierung

„In zahlreichen öffentlichen Auftritten zu diesem
Thema legte ich eine Aufstellung der Ergebnisse
(Tabelle 3.6) als Powerpoint-Folie auf und behauptete,
hier sei der klare Beweis erbracht, dass
Schulleistungen umso schlechter würden, je mehr
Lehrer man auf die Schüler loslasse. Das war natürlich
Unsinn, aber es bescherte dem Thema die nötige
Aufmerksamkeit und war Teil meiner am Ende
erfolgreichen Abwehr aller Versuche, den Berliner
Ausstattungsvorsprung bei den Lehrerstellen noch
weiter zu vergrößern.“ (S. 74)
Provokation oder Feststellung?

„Insbesondere unter den Arabern in Deutschland
ist die Neigung weit verbreitet, Kinder zu zeugen,
um mehr Sozialtransfers zu bekommen, und die
in der Familie oft eingesperrten Frauen haben im
Grunde ja kaum etwas anderes zu tun.“ (S. 150)
Glaubwürdigkeit durch
 Objektivität

„Immer wieder habe ich die Erfahrung gemacht, dass
es in verantwortlicher politischer Position zwar nicht
unmöglich ist, aber sehr schwierig und auch nicht
üblich ist, unangenehme Wahrheiten auszusprechen.“
(S. 12)
Glaubwürdigkeit durch
 Objektivität

„Unter seriösen Wissenschaftlern besteht
heute zudem kein Zweifel mehr, dass die
menschliche Intelligenz zu 50 bis 80
erblich ist.“ (S. 93)
Quellen des Wissens

• Statistik
• Umfragen
• Narrative / persönliche Erfahrungen
• Beobachtungen 1. und 2. Hand
• Gar keine Belege
Narrative

Der Bildungskanon als hierarchische Struktur
  oder Wie ich lesen lernte (S. 192)
Der eigene Werdegang mit dem Fazit:
  „Lesefähigkeit, Textverständnis und das dadurch
  ermöglichte Generalwissen ist die
  Kernkompetenz der Wissensvermittlung.“ (S.
  194)

             /
Narrative

Liu, Jahrgang 1970, aus Shanghai vergleicht die
Schule in Shanghai mit der in Deutschland
ausgehend von seinen Kindern und den
gleichaltrigen Kindern seiner Schwester. (S. 205)
„Die Kinder seiner Schwester hätten in den 40
Ferientagen Hausaufgaben zu erledigen, die für 50
Tage reichen.“
Narrative

Das Beispiel Neukölln (S. 299-316)
Was wollt ihr werden?
„Ich werde Hartz IV“ (S. 305)
Ohne Beleg

„Kinder gedeihen in einer nicht so gut
funktionierenden vollständigen Familie aber oft
besser als bei einem Elternteil, wo sich
Partnerbindungs- und Partnerfindungsversuche
miterleben.“ (S. 378)
„Bei keiner anderer Religion [Islam, CB] ist der
Übergang zu Gewalt, Diktatur und Terrorismus so
fließend.“ (S. 292)
Zusammenfassung der Analyse

• Diskriminierung?
• Rassismus?
• Nationalsozialistische Argumentationsmuster?
1938
1. FC Schöneberg / 1. E-Jugend 2010
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