EINSPRACHE NACH NEUEM MWST-GESETZ - Eine Eile ohne Weile

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EINSPRACHE NACH NEUEM MWST-GESETZ
Eine Eile ohne Weile

HARUN CAN                                                          der absoluten Festsetzungsverjährung nicht viele der in der
                                                                   Kontrolle geltend gemachten Mehrwertsteuerforderungen
Ein Ziel des neuen Mehrwertsteuergesetzes war, für die             vor Entscheid durch das Bundesgericht bereits verjährt sind,
Mehrwertsteuerpflichtigen eine höhere Rechtssicher-                weil mehr als 10 Jahre abgelaufen sind.
heit zu schaffen. Unter anderem wurde deshalb die ab-                 Konkret führt das dazu, dass die ESTV bei einer Kontrolle
solute Festsetzungsverjährung auf 10 Jahre verkürzt,               eines Steuerpflichtigen im Jahre 2015 über die Kontrollperi-
was zu einer Eile ohne Weile führt. Der Beitrag liefert            ode 1. Januar 2010 bis 31. Dezember 2014 eine Einschät-
eine Anleitung zu den formellen und materiellen Aspek-             zungsmitteilung betreffend allfälliger in der Kontrolle fest-
ten einer Einsprache, welche sich neu auf die ganze                gestellter zusätzlicher Mehrwertsteuerforderungen, insbe-
Mehrwertsteuerforderung beziehen müssen. Im Zusam-                 sondere für das Steuerjahr 2010, schnell verfügen muss.
menhang mit der Einsprachebegründung wird zudem                       Die ESTV muss nämlich berücksichtigen, dass bei Ergrei-
die übermässige Gewichtung der wirtschaftlichen Be-                fen von Rechtsmitteln bis an das Bundesgericht nur Zeit bis
trachtungsweise bei der Auslegung der MWST durch die               Dezember 2020 bleibt, da sonst die in der Kontrolle einver-
Gerichte kritisiert.                                               langte Mehrwertsteuerforderung für das Steuerjahr 2010
                                                                   absolut verjährt ist und nicht mehr eingefordert werden
1. EINLEITUNG                                                      kann. Mit anderen Worten bleiben für die endgültige rechts-
Ein klares Ziel des ab 1. Januar 2010 gültigen neuen Mehrwert-     kräftige Festlegung einer zusätzlichen Mehrwertsteuerfor-
steuergesetzes vom 12. Juni 2009 (MWSTG) war es, für die Mehr-     derung für die Steuerperiode 2010 rund 5 Jahre und ein paar
wertsteuerpflichtigen eine höhere Rechtssicherheit zu schaf-       Monate! In dieser Periode muss die Einschätzungsmitteilung
fen [1]. Aus diesem Grund wurde unter anderem die absolute         erstellt werden, muss bei Einsprache durch den Steuerpflich-
Festsetzungsverjährung, d. h. die Frist innerhalb der eine         tigen ein Einspracheentscheid gefällt werden, muss bei Be-
Forderung durch die Eidg. Steuerverwaltung (ESTV) verbindlich      schwerde der Steuerpflichtigen an das Bundesverwaltungs-
festgelegt werden muss, von 15 Jahren auf 10 Jahre verkürzt [2].   gericht ein Bundesverwaltungsgerichtsentscheid ergehen
Diese Verkürzung ist absolut, d. h. die Forderung der ESTV         und muss bei Beschwerde an das Bundesgericht ein Entscheid
muss selbst bei Rechtsmittelverfahren innerhalb von 10 Jah-        des Bundesgerichts getroffen werden, damit die Steuerperi-
ren durch eine rechtskräftige Einschätzungsmitteilung              ode 2010 überhaupt rechtskräftig und damit endgültig im
oder ein rechtskräftiges Urteil festgesetzt sein. Gelingt das      Sinn von Art. 42 Abs. 6 MWSTG 2010 wird. Anzumerken ist
nicht, so hat die Steuerpflichtige [3] die durch die ESTV ver-     hier, dass diese verkürzte absolute Festsetzungsverjährung
langte Mehrwertsteuerforderung nicht zu bezahlen, da die           gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung nicht für kon-
Forderung verjährt ist.                                            trollierte Jahre vor 2010 gilt, da hier noch die alte 15-jährige
   An sich ist diese verkürzte Festsetzungsfrist zu begrüssen.     absolute Festsetzungsverjährung Anwendung findet [4].
Die Steuerpflichtige soll innerhalb einer vernünftigen Frist          Damit wird klar, dass sich die ESTV für Diskussionen mit
wissen, welche Steuern sie zu bezahlen hat und welche nicht.       der Steuerpflichtigen über das provisorische Kontrollergebnis
Leider führt die verkürzte absolute Festsetzungsverjährung         wenig Zeit nehmen kann, was leider zu einer Eile ohne Weile
aber auch dazu, dass die ESTV mehr und mehr gezwungen              führt. Die ESTV wird aufgrund der drohenden Verjährung
wird, nach Kontrollen und der Mitteilung des provisorischen        schneller als bisher eine Einschätzungsmitteilung verfügen.
Kontrollergebnisses sofort Einschätzungsmitteilungen mit           Auch die Rechtsmittelinstanzen werden einem noch höheren
Rechtsmittelbelehrungen zu verfügen. Damit kann sie si-            Zeitdruck ausgesetzt, um eine Verjährung zu vermeiden.
cherstellen, dass bei Erhebung von Rechtsmitteln aufgrund             Die verkürzte Verjährungsfrist hat darüber hinaus zwei Fol-
                                                                   gen: Erstens muss die Mehrwertsteuerpflichtige dafür sorgen,
                                                                   dass sie bereits in der Phase der Kontrolle durch die ESTV die
                                 HARUN CAN, RECHTS-                Sachlage und auch ihre mehrwertsteuerrechtlichen Argumen-
                                 ANWALT, DIPL. STEUER-             te umfassend vorbereitet, damit der Revisor diese Aspekte in
                                 EXPERTE, MWST-                    einer frühen Phase der Revision berücksichtigen und prüfen
                                 EXPERTE FH, LL.M. (TAX),          kann. Auf der anderen Seite muss die Mehrwertsteuerpflich-
                                 MITGLIED MWSTNETZ-                tige auch bereit sein, bei einer schnell durch die ESTV gefäll-
                                 WERK ZH, PARTNER,                 ten Einschätzungsmitteilung Einsprache zu erheben, sofern
                                 SCHELLENBERG WITTMER,             sie die Einschätzungsmitteilung nicht akzeptieren kann.
                                 ZÜRICH,                              Dieser Beitrag soll der Steuerpflichtigen eine Anleitung
                                 HARUN.CAN@SWLEGAL.CH              insbesondere zu den formellen Aspekten einer solchen Ein-

8 | 2011 D E R S C H W E I Z E R T R E U H Ä N D E R                                                                          655
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sprache geben. Damit kann sich die Steuerpflichtige auf die     ist durch die Einschätzungsmitteilung besonders berührt,
umfassende Darstellung des Sachverhalts, die Beweismittel       hat ein Rechtsschutzinteresse und ist daher zur Einsprache
und die übrigen materiellrechtlichen Punkte konzentrieren.      gemäss Art. 83 MWSTG legitimiert (mehr dazu unten) [9].
  Sie finden deshalb nachfolgend anhand des Aufbaus einer          Die Einsprecherin kann sich für die Erhebung einer Ein-
solchen Einsprache Ausführungen zu den formellen Punkten.       sprache vertreten lassen. Die Einsprache hält die Angaben
  Weiter sind auch Punkte betreffend Sachverhaltsdarstel-       der Einsprecherin und ihres allfälligen Vertreters üblicher-
lung, Beweislastverteilung und Auslegung dargelegt, welche      weise auf der ersten Seite des Rubrums wie folgt fest:
in den materiellen Teil einer solchen Einsprache gehören.
                                                                Einsprache
2. RUBRUM DER EINSPRACHE                                        In Sachen
2.1 Einschreiben und zuständiger Adressat. Als erstes           Muster AG, Musterstrasse 100, 1700 Mustern
muss sich die Mehrwertsteuerpflichtige auf dem Deckblatt        UID Nr. [•]
(auch Rubrum genannt) der schriftlich [5] zu erfolgenden Ein-   vertreten durch [•]                        Einsprecherin
sprache überlegen, welche Instanz für die Behandlung der
Einsprache zuständig ist. In Mehrwertsteuerangelegenhei-        2.3 Gegenpartei. Die Gegenpartei der Einsprache ist die
ten ist die Einsprache an die ESTV zu richten.                  ESTV. Charakteristisch für die Einsprache ist die Tatsache,
  Dies gilt selbst dann, wenn die Steuerpflichtige die Ein-     dass es sich bei der zuständigen Entscheidungsinstanz (aus-
sprache im Rahmen einer sogenannten Sprungbeschwerde            ser bei einer Sprungbeschwerde) um dieselbe Instanz han-
direkt an das Bundesverwaltungsgericht richten will. Art. 83    delt, welche auch die Einschätzungsmitteilung (Verfügung)
                                                                erlassen hat [10].
                                                                gegen
      «Die Rechtsanträge lauten                                 Eidg. Steuerverwaltung                                 ESTV

      auf Abänderung bzw. Aufhebung                             2.4 Anträge. Die Einsprache muss gemäss Art. 83 Abs. 2
      der Einschätzungsmitteilung.»                             MWSTG einen bzw. mehrere begründete Anträge enthal-
                                                                ten. Die Rechtsanträge lauten auf Abänderung bzw. Auf-
Abs. 4 MWSTG hält fest, dass eine Einsprache gegen eine         hebung der Einschätzungsmitteilung. Dabei muss zumin-
einlässlich begründete Verfügung der ESTV auf Antrag oder       dest implizit ersichtlich sein, bezüglich welcher Streitge-
mit Zustimmung der Einsprecherin an das Bundesverwal-           genstände in der Einschätzungsmitteilung Einsprache
tungsgericht weiterzuleiten ist, ohne das die ESTV selbst       erhoben wird [11].
über die Beschwerde urteilt. Das Überspringen der ESTV als        Weiter wird die ESTV aufgrund von Art. 78 Abs. 5 MWSTG
erste Rechtsmittelinstanz im Rahmen einer solchen Sprung-       2010 neu die Steuerforderung [12] auf der Differenz der ge-
beschwerde führt zu einer Beschleunigung des Rechtsmit-         schuldeten Steuer und des berechtigten Vorsteuerabzugs
telverfahrens [6]. Eine Sprungbeschwerde wird vor allem in      pro Steuerperiode festlegen [13]. Es ist deshalb die Höhe der
den Fällen in Erwägung zu ziehen sein, in denen haupt-          Steuerforderung pro Steuerperiode in der Einsprache zu
sächlich rechtliche Fragen strittig sind, d. h. der von der     bestreiten. Mögliche Anträge in der Einsprachen könnten
ESTV festgestellte und beurteilte Sachverhalt unbestritten      beispielsweise wie folgt lauten und sind als Alternativen je
ist [7].                                                        nach Ausgangslage zu verstehen:
   Die Einsprache ist weiter fristgerecht an die zuständige
Behörde zu senden. Zur Fristberechnung finden sich weiter       betreffend [•]
unten detaillierte Ausführungen. Es ist sehr zu empfehlen,      mit dem folgenden Antrag:
die datierte Einsprache per Einschreiben zu senden. Kann        Es sei die Einschätzungsmitteilung der Eidg. Steuerverwaltung
die fristgerechte Einsprache durch die Steuerpflichtige nicht   vom [•] aufzuheben und der Steuerpflichtigen die unter Vorbehalt
bewiesen werden, erwächst die Einschätzungsmitteilung in        zuviel bezahlte Mehrwertsteuer von [•] zuzüglich Zinsen zurück-
formelle Rechtskraft und die Forderung kann dann durch          zuerstatten.
die ESTV durchgesetzt werden [8].
   Das Rubrum der Einsprache hält diese beiden Punkte üb-       betreffend [•]
licherweise auf der ersten Seite wie folgt fest:                mit dem folgenden Antrag:
                                                                Es sei in Aufhebung der Einschätzungsmitteilung der Eidg. Steuer-
Einschreiben                                                    verwaltung vom [•] festzustellen, dass die Einsprecherin in der
Eidgenössische Steuerverwaltung                                 Steuerperiode 2010 eine Steuerforderung von CHF [•], in der Steuer-
Hauptabteilung Mehrwertsteuer                                   periode 2011 eine Steuerforderung von CHF [•], in der Steuerperiode
Schwarztorstrasse 50                                            [• etc.] zu entrichten hat.
3003 Bern
                                                                betreffend [•]
2.2 Einsprecher und Vertreter. Die Einsprecherin ist die        mit dem folgenden Antrag:
durch die Einschätzungsmitteilung betroffene Steuerpflich-      Es sei festzustellen, dass die Einsprecherin nicht ins Register der
tige, d. h. die Adressatin der Einschätzungsmitteilung. Diese   Mehrwertsteuerpflichtigen einzutragen ist.

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E I N S P R A C H E N A C H N E U E M M W S T- G E S E T Z                                                                MWST

Ein ausdrücklicher Antrag zu den Kosten- und Entschädi-           Rückschein aufgeführte Datum der Zustellung der Einschät-
gungsfolgen sollte in der Einsprache nicht gemacht werden,        zungsmitteilung. Wichtig ist zu beachten, dass eine tatsäch-
da im Einspracheverfahren grundsätzlich keine Kosten er-          liche Kenntnisnahme der Einschätzungsmitteilung durch
hoben werden. Es werden auch keine Parteientschädigun-            den Steuerpflichtigen nicht vorausgesetzt wird [15].
gen ausgerichtet [14].                                               Bei der Berechnung der Einsprachefrist gelten folgende
  Weiter ist darauf hinzuweisen, dass die ESTV im Einspra-        Grundregeln [16]: Die Frist beginnt an dem auf ihre Mittei-
cheverfahren nicht an die Anträge der Einsprecherin gebun-        lung folgenden Tage zu laufen (Art. 20 Abs. 1 Verwaltungs-
den ist und die angefochtene Verfügung nicht nur zugun-           verfahrensgesetz, VwVG) [17]. Während folgender Gerichtsfe-
                                                                  rien steht die Frist still (Art. 22 a VwVG): Vom siebten Tag
                                                                  vor Ostern bis und mit dem siebten Tag nach Ostern. Vom
        «Das Überspringen der ESTV als                            15. Juli bis und mit 15. August und vom 18. Dezember bis
                                                                  und mit dem 2. Januar. Fällt der letzte Tag der Frist auf
        erste Rechtsmittelinstanz                                 einen Samstag, Sonntag oder einen vom Bundesrecht oder
        im Rahmen einer Sprungbeschwerde                          vom kantonalen Recht anerkannten Feiertag [18], so endet
                                                                  die Frist am ersten darauffolgenden Werktag (Art. 20 Abs. 3
        führt zu einer Beschleunigung                             VwVG).
        des Rechtsmittelverfahrens.»                                 Den Nachweis für die Wahrung der Frist hat die Einspre-
                                                                  cherin zu erbringen. Die Aufgabe bei der schweizerischen
sten, sondern auch zu Lasten der betroffenen Person abän-         Post (per Einschreiben) genügt zur Wahrung der Frist (Art. 21
dern kann (sogenannte reformatio in melius vel peius). Mit        Abs. 1 VwVG). Falls die Einsprecherin oder ihr Vertreter un-
anderen Worten besteht das Risiko, dass die ESTV im Ein-          verschuldeterweise davon abgehalten worden sind, inner-
spracheentscheid die Steuerforderung gegenüber der Ein-           halb der Frist zu handeln, so wird diese wieder hergestellt.
schätzungsmitteilung erhöht.                                      Dazu muss die Einsprecherin unter Angabe des Grundes [19]
  Nach dem Rubrum und den Anträgen folgt die Begrün-              innert 30 Tagen nach Wegfall des Hindernisses um Wieder-
dung mit den Abschnitten «Formelles» und «Materielles».           herstellung der Frist ersuchen und die versäumte Rechts-
Im formellen Teil werden die verfahrensrechtlichen Aspekte        handlung nachholen (Art. 24 VwVG).
der Einsprache abgedeckt. Im materiellen Teil sollte dann auf        In der Einsprache wird deshalb oft folgendes festgehalten:
den Sachverhalt und die rechtserheblichen Bestimmungen            Die Einschätzungsmitteilung wurde der Einsprecherin am [•] zu-
des MWSTG eingegangen werden.                                     gestellt. Mit der heutigen Einsprache ist die in Art. 83 Abs. 2
                                                                  MWSTG 2010 statuierte Frist von 30 Tagen [unter Berücksichti-
3. ABSCHNITT FORMELLES                                            gung des in Art. 22 a VwVG statuierten Stillstands der Einsprach-
3.1 Anfechtungsobjekt. Es empfiehlt sich, das Anfechtungs-        frist bis und mit [•]] eingehalten.
objekt, auf welches sich die Einsprache bezieht, anzugeben.
Hauptsächlicher Ausgangspunkt des Einspracheverfahrens            3.3 Vertretung. Die Einsprecherin kann sich bei der Ein-
im Mehrwertsteuerbereich bildet die Einschätzungsmittei-          sprache vertreten lassen. Dazu bedarf der Vertreter einer
lung, welche sich aus der Kontrolle einer Steuerpflichtigen       schriftlichen Vollmacht von der Vertretenen (Art. 83 Abs. 2
durch die ESTV ergibt. Es gibt aber auch andere Anfechtungs-      MWSTG). Die Steuerpflichtige kann das Einspracheverfah-
objekte (vgl. Art. 82 MWSTG und Art. 86 Abs. 4 MWSTG). Die        ren auch ohne Vertretung führen, es besteht kein Vertre-
Einschätzungsmitteilung ist eine Verfügung und stellt An-         tungszwang [20]. Es besteht weiter kein Anwaltsmonopol im
fechtungsobjekt der Einsprache dar. Sie wird üblicherweise        Bereich der Vertretung in Mehrwertsteuersachen, sodass
in der Einsprache wie folgt aufgeführt und wird meist der         grundsätzlich auch nicht als Anwalt registrierte Personen
Einsprache auch beigelegt.                                        mit der Vertretung betraut werden können [21].
                                                                  Der/Die Unterzeichnende ist gehörig bevollmächtigt und in dieser
Begründung                                                        Eigenschaft zur Vertretung ermächtigt. (BO: Schriftliche Voll-
I. Formelles                                                      macht vom [•]; Beilage 2).
Anfechtungsobjekt der vorliegenden Einsprache betrifft die Ein-
schätzungsmitteilung vom [•] (vgl. Beilage 1).                    3.4 Einsprachelegitimation. Bei der Einsprachelegitima-
                                                                  tion geht es darum, festzustellen, wer überhaupt für die Ein-
3.2 Fristen. Ein weiterer zentraler Aspekt der formellen Seite    sprache berechtigt ist. So ist z. B. der Alleinaktionär einer
der Einsprache ist die Einsprachefrist. Nach Art. 83 Abs. 1       mehrwertsteuerpflichtigen Gesellschaft selbst nicht einspra-
MWSTG können Verfügungen der ESTV innert maximal                  chelegitimiert. Die Einsprache muss durch die Gesellschaft
30 Tagen nach Eröffnung mit Einsprache angefochten wer-           selbst vorgenommen werden. Gemäss Art. 48 VwVG ist zur
den. Die richtige Fristenberechnung ist zentral im Einspra-       Einsprache berechtigt, wer:
cheverfahren. Die nicht verlängerbare dreissigtägige Frist        p vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen hat oder
beginnt jeweils mit der Zustellung der Einschätzungsmittei-       keine Möglichkeit zur Teilnahme erhalten hat; p durch die
lung an die Steuerpflichtige. Die ESTV versendet ihre Ent-        angefochtene Verfügung besonders berührt ist; und p ein
scheide grundsätzlich per Einschreiben mit Rückschein.            schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung oder Ände-
Relevant für die Fristberechnung ist folglich das auf dem         rung hat.

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MWST                                                                                      E I N S P R A C H E N A C H N E U E M M W S T- G E S E T Z

Weiter muss die Einsprecherin partei- und prozessfähig            einhergehende Eintritt der Rechtskraft zu verhindern (Art. 83
sein [22].                                                        Abs. 1 MWSTG) [27].
  In der Praxis sieht man diesbezüglich folgende mögliche            Festzuhalten bleibt, dass nicht jedes Einfordern von Unter-
Formulierung:                                                     lagen seitens der ESTV als interne Kontrolle zu qualifizieren
Bei der angefochtenen Einschätzungsmitteilung handelt es sich     ist. Die Frage, ob eine konkrete Anfrage der ESTV nun als
um eine Verfügung gemäss Art. 82 MWSTG gegen die gemäss           Kontrolle zu qualifizieren ist oder nicht, wird im konkreten
Art. 83 MWSTG Einsprache an die Eidg. Steuerverwaltung erhoben    Fall nicht immer einfach zu entscheiden sein. Aufgrund der
werden kann. Die Einsprecherin ist durch die angefochtene Ver-    möglichen Rechtskraft der Kontrolle ist die präzise Defini-
fügung besonders berührt und hat ein schutzwürdiges Interesse     tion insbesondere der internen Kontrolle jedoch zentral. Die
an der Aufhebung [Änderung] der Verfügung (Art. 48 VwVG). Auf     interne Kontrolle wird in Art. 78 Abs. 2 MWSTG als «umfas-
die vorliegende Einsprache ist deshalb einzutreten.               sende Prüfung von Unterlagen» beschrieben. Die Mehrwert-
                                                                  steuerverordnung (MWSTV) vom 27. November 2009 konkreti-
3.5 Formelle Rügen. Sehr selten lassen sich formelle Fehler       siert diese Bestimmung und legt fest, dass bereits die Ein-
der Einschätzungsmitteilung in der Einsprache rügen. Dabei        forderung von Geschäftsbüchern eines Geschäftsjahrs, sei es
gilt es insbesondere folgende Punkte zu prüfen: Hat die ESTV      mit oder ohne entsprechende Belege, als umfassend gelte
den in der Einschätzungsmitteilung bekanntgegebenen               (Art. 140 MWSTV). Als Geschäftsbücher gelten das Haupt-
Einschätzungsentscheid gefällt und enthält er eine aus-           buch bestehend aus den Konten (sachlogische Gliederung
reichende Begründung sowie eine Rechtsmittelbelehrung             der Geschäftsvorfälle) und dem Journal (chronologische Er-
(Art. 34–35 VwVG)? Der Entscheid muss insbesondere darle-         fassung der Geschäftsvorfälle) sowie die ergänzenden Hilfs-
gen, dass innert 30 Tagen dagegen nach Art. 83 MWSTG              bücher (Art. 957 Obligationenrecht, OR i. V. m. Art. 1 Ge-
Einsprache erhoben werden kann (Art. 35 Abs. 2 VwVG). Aus         schäftsbücherverordnung, GeBüV) [28]. Weiter hält Art. 128
der mangelhaften Eröffnung der Einschätzungsmitteilung            der MWSTV fest, dass die ESTV von der Steuerpflichtigen
dürfen der Steuerpflichtigen keine Nachteile erwachsen            zusätzliche Unterlagen [29] verlangen kann, ohne dass dieses
(Art. 38 VwVG) [23].                                              Einfordern zusätzlicher Unterlagen als interne Kontrolle
   Weiter ist zu prüfen, ob die in der Kontrolle geltend ge-      qualifiziert wird. Wichtig ist festzuhalten, dass die Aufzäh-
machte Steuerforderung aufgrund einer früheren internen           lung dieser Unterlagen in Art. 128 MWSTV nicht abschlies-
bzw. externen Kontrolle bereits in Rechtskraft erwachsen ist      send ist und auch weitere Unterlagen eingefordert werden
und somit die Steuerforderung von der ESTV gar nicht mehr         können, ohne dass eine interne Kontrolle vorliegt [30]. Aus
eingefordert werden kann. Die relative Festsetzungsverjäh-        der Botschaft zum MWSTG ergibt sich generell eine restrik-
rung von grundsätzlich 5 Jahren, welche nicht mit der vorne       tive Auslegung des Begriffs der umfassenden Unterlagen als
erwähnten absoluten Festsetzungsverjährung von 10 Jahren          Qualifikationskriterium der internen Kontrolle:
verwechselt werden darf, kann durch eine Kontrolle der ESTV       «Nur wo sich die ESTV aus diesen eingeforderten Unterlagen über-
auf zwei Jahre verkürzt worden sein. Eine Verjährungsein-         haupt ein komplettes Bild über die mehrwertsteuerrelevanten Vor-
rede ist deshalb zu prüfen.                                       gänge in der fraglichen Periode machen kann, kann es sich um
   Eine Kontrolle wird der Steuerpflichtigen in der Regel         umfassende Unterlagen handeln» [31].
schriftlich angekündigt werden (Art. 78 Abs. 3 MWSTG).
Diese Ankündigung informiert unter anderem darüber,               Zusammenfassend ist zu betonen, dass der ESTV auch unter
hinsichtlich welcher Steuerperiode eine Kontrolle durchge-        dem MWSTG die Möglichkeit einer bloss punktuellen Über-
führt wird, wer diese wann vornimmt und welche Unterla-           prüfung einzelner Geschäfte erlaubt ist, ohne dass diese
gen dafür bereitzustellen sind [24]. Durch die Revision des       Überprüfung eine interne Kontrolle mit Verkürzung der
MWSTG wurde der Begriff der Kontrolle ausgedehnt: Als             Verjährungsfrist darstellt. Es bleibt jedoch festzuhalten,
Kontrolle gilt künftig nicht nur mehr die externe Kontrolle       dass diese punktuelle Überprüfung durch die ESTV nicht
am Sitz der Steuerpflichtigen, sondern auch bereits die in-       als Ersatz, sondern als Ergänzung zur Kontrolltätigkeit nach
terne Kontrolle, das heisst das Einfordern und die Prüfung        Art. 78 Abs. 2 MWSTG angewendet werden soll, da ansonsten
von umfassenden Unterlagen durch die ESTV (Art. 78 Abs. 2         die mit dem neuen MWSTG angestrebte Verbesserung der
MWSTG). Es ist für die Steuerpflichtige wichtig zu wissen,        Rechtssicherheit der Steuerpflichtigen verloren geht [32].
ob es sich beim konkreten Vorgehen der ESTV um eine Kon-            In der Praxis wird nach Abschluss der Kontrolle der Steuer-
trolle handelt, weil die Kontrolle (nach Art. 78 Abs. 5 MWSTG)    pflichtigen bereits das provisorische Kontrollergebnis mitt-
mit einer Einschätzungsmitteilung abzuschliessen ist, wel-        geteilt. Diese Mitteilung stellt aber keine Einschätzungs-
che bei Anerkennung durch die steuerpflichtige Person für         mitteilung im Sinne von Art. 78 Abs. 5 MWSTG dar [33]. Die
die kontrollierten Steuerperioden in Rechtskraft erwächst [25].   eigentliche Einschätzungsmitteilung wird der Steuerpflich-
Rechtskraft bedeutet, dass die Steuerpflichtige die Verfü-        tigen erst später zugestellt. Sie wird in Form einer Verfügung
gung nicht mehr mit einem Rechtsmittel anfechten kann             erlassen [34]. Die Einschätzungsmitteilung enthält die ge-
(formelle Rechtskraft) und die ESTV diese von sich aus nicht      samte Steuerforderung der kontrollierten Steuerperiode, dies
mehr abändern darf (materielle Rechtskraft) [26].                 führt zu einem Gewinn an Rechtssicherheit für die betroffe-
   Die Steuerpflichtige muss demnach künftig bei Einwänden        nen Steuerpflichtigen [35].
oder Unklarheiten innerhalb der Frist von 30 Tagen formell          Stellt man fest, dass die ESTV schon in Vorjahren Unter-
Einsprache erheben, um eine Anerkennung und der damit             lagen über die nun mit Einsprache angefochtene Steuer-

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periode verlangt hat, so ist zu prüfen, ob die Steuerpflichtige     die Beweislast für steuerbegründende Tatsachen trägt und
die Verjährungseinrede der Festsetzung der Forderung gel-           die Steuerpflichtige die Beweislast für solche Tatsachen, wel-
tend machen kann. Die relative Festsetzungsverjährung von           che die Steuerschuld aufheben oder mildern [39]. Aus der
grundsätzlich 5 Jahren kann nämlich durch eine Kontrolle            Ausgestaltung der Mehrwertsteuer (MWST) als Selbstveran-
der ESTV auf zwei Jahre verkürzt worden sein. Bei einer             lagungssteuer ergeben sich keine von diesem Grundsatz ab-
Kontrolle, welche durch die ESTV vor drei Jahren erfolgt ist        weichende Beweislastregeln [40]. Eine Umkehr der Beweis-
(z. B. durch Zustellen von umfassenden Unterlagen), könnte          last kann sich allenfalls daraus ergeben, dass die Steuerpflich-
die betroffene Steuerperiode unter Umständen nicht noch-            tige eine Mitwirkung bei der Erhebung eines Sachverhalts
mals kontrolliert werden.                                           pflichtwidrig und schuldhaft unterlassen hat [41].
                                                                      Als Beweismittel für rechtserhebliche Tatsachen kommen
4. ABSCHNITT MATERIELLES                                            grundsätzlich Urkunden, Auskünfte der Parteien, Aus-
4.1 Sachverhaltsdarstellung und Beweislast. Der für die             künfte und Zeugnis von Drittpersonen sowie Gutachten
Einsprache relevante Sachverhalt ist in Kurzform durch die          von Sachverständigen in Frage (Art. 12 VwVG). Die Beweis-
Einsprecherin darzustellen. Dabei geht es grundsätzlich             offerten (BO) sind in der Einspracheschrift zu bezeichnen
darum, nur das umfassend und ausgewogen darzulegen, was             und ihr nummeriert beizulegen (Art. 83 Abs. 2 MWSTG).
für die (erneute) Beurteilung durch die ESTV von Relevanz
ist. Eine solche Sachverhaltsdarstellung sollte weiter die          4.2 Einsprachegründe. Als sogenanntes vollkommenes
unten dargestellten Einsprachegründe berücksichtigen.               Rechtsmittel dürfen bei einer Einsprache alle möglichen
   Von Bedeutung ist bei der Sachverhaltsdarstellung auch,          Einsprachegründe vorgebracht werden: Die Einsprecherin
dass die Steuerpflichtige die entsprechenden Beweise                kann deshalb vorbringen, dass
nennt. Neu ist übrigens aufgrund von Art. 81 MWSTG zum              p eine Verletzung von Bundesrecht einschliesslich Über-
Beispiel auch der Beweis mittels Anrufung eines Zeugen              schreitung oder Missbrauch des Ermessens vorliegt (Art. 49
oder einer Zeugin möglich. Zwar hat die ESTV im Rahmen              lit. a VwVG); p eine unrichtige oder unvollständige Fest-
der sogenannten Untersuchungsmaxime [36] den rechtser-              stellung des rechtserheblichen Sachverhalts durch die Eidg.
heblichen Sachverhalt von Amtes wegen und in freier Wür-            Steuerverwaltung in der Kontrolle vorgenommen wurde
digung der Beweise festzustellen (Art. 81 Abs. 2 und 3              (Art. 49 lit. b VwVG); oder p die Einschätzungsmitteilung
MWSTG) [37]. Dies ist aber für die ESTV ohne Mithilfe der           unangemessen ist (Art. 49 lit. c VwVG).
Steuerpflichtigen nicht möglich und die Steuerpflichtige ist
deshalb zur Mitwirkung verpflichtet.                                4.2.1 Unzutreffende Auslegung. Wichtige Einsprachegründe
   Es stellt sich hier auch die Frage, wer die Folgen der Beweis-   sind in der Praxis die Verletzung von Bundesrecht durch die
losigkeit eines Sachverhaltselements zu tragen hat. Diesbe-         falsche Ermittlung des massgeblichen Rechts, die unzutref-
züglich gilt in Anlehnung an Art. 8 Zivilgesetzbuch (ZGB)           fende Auslegung oder die unrichtige Anwendung eines
auch im Verwaltungsprozess, dass derjenige die Beweislast           Rechtssatzes auf einen bestimmten Sachverhalt [42].
trägt, der aus einer Tatsache bestimmte Rechte für sich ab-           Ausgangspunkt jeder Auslegung bildet der Wortlaut der
leitet [38]. Für das Steuerverfahren gilt somit, dass die ESTV      Bestimmung (grammatikalische Auslegung). Ist der Text

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MWST                                                                                     E I N S P R A C H E N A C H N E U E M M W S T- G E S E T Z

nicht ganz klar und sind verschiedene Interpretationen mög-     Nach Reich handelt es sich bei der wirtschaftlichen Betrach-
lich, so muss nach seiner wahren Tragweite gesucht werden.      tungsweise um «eine teleologische Sicht der Dinge» [47].
Dabei kommt es namentlich auf den Zweck der Regelung,           Damit lässt sich sagen, dass die Gerichte in MWST-Angele-
die dem Text zugrundeliegenden Wertungen (teleologische         genheiten der teleologischen Sichtweise den Vorrang gegen-
                                                                über dem Wortlaut der Bestimmung (d. h. der grammatika-
                                                                lischen Sicht) geben. Das ist unglücklich, aber bei der Ver-
      «Nicht entscheidend ist deshalb                           fassung von Einsprachen zu berücksichtigen. Zudem führt
                                                                diese von den zivilrechtlichen Begriffen losgelöste mehr-
      grundsätzlich, wie die Parteien ihr                       wertsteuerrechtliche Interpretation (z. B. beim Begriff der
      Vertragsverhältnis ausgestalten.»                         Stellvertretung) zu zusätzlicher und unnötiger Rechtsunsi-
                                                                cherheit. Im Sinn von Matteotti ist deshalb zu hoffen, dass
Auslegung) sowie auf den Sinnzusammenhang (systemati-           «das Bundesgericht dereinst die Gelegenheit finden wird,
sche Auslegung) an, in dem die Norm steht. Die Gesetzes-        im derzeit herrschenden Methodenwirrwarr rund um die
materialien (z. B. die Botschaft) sind (im Rahmen der histo-    wirtschaftliche Betrachtungsweise ein klärendes Wort zu
rischen Auslegung) zwar nicht unmittelbar entscheidend,         sprechen» [48].
dienen aber als Hilfsmittel, den Sinn der Norm zu erken-           Eine weitere Auslegungsspezialität im Bereich der MWST
nen [43]. Da die Schweizer MWST historisch auf der euro-        ist die Auslegung von Ausnahmen nach Art. 21 MWSTG. Hier
päischen Mehrwertsteuerrichtlinie basiert, kann für die         hält die Rechtsprechung fest, dass diese sogenannten un-
Auslegung des schweizerischen Mehrwertsteuerrechts die          echten Ausnahmen von der MWST als grundsätzlich um-
Auslegung der europäischen Mehrwertsteuerrichtlinie durch       fassender Verbrauchssteuer einschränkend auszulegen sind.
den europäischen Gerichtshof hilfreich sein [44].               Zweck von Art. 21 MWSTG ist es, den Endverbraucher aus
  Die Rechtsprechung lehnt es weiter ab, diese Auslegungs-      sozial-, kultur- oder wirtschaftspolitischen Motiven zu be-
elemente einer Prioritätsordnung zu unterstellen [45]. Im       günstigen und nur dann eine Ausnahme zu gewähren [49].
Mehrwertsteuerbereich halten sich die Gerichte aber nicht
an diese Regel.                                                 4.2.2 Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens. Ein weiterer
  Die gegenwärtige MWST-Rechtsprechung wendet heute             Einsprachegrund kann die Überschreitung oder der Miss-
oft die wirtschaftliche Betrachtungsweise an und geht dabei     brauch des Ermessens sein. Dies liegt vor, wenn die ESTV
davon aus, dass die mehrwertsteuerliche Auslegung von           zwar im Rahmen des ihr eingeräumten Ermessens bleibt,
Vorgängen nicht in erster Linie aus einer zivil-, sprich        sich aber von unsachlichen, dem Zweck der massgebenden
vertragsrechtlichen Sicht, sondern aus einer wirtschaftli-      Vorschriften fremden Erwägungen leiten lässt oder allge-
chen, tatsächlichen Sicht zu erfolgen hat. Der wirtschaftli-    meine Rechtsprinzipien (Verbot der Willkür oder rechtsun-
chen Betrachtungsweise kommt gemäss dieser Rechtspre-           gleicher Behandlung, Gebot von Treu und Glauben oder
chung im Bereich der MWST nicht nur bei der rechtlichen         Grundsatz der Verhältnismässigkeit), verletzt [50].
Beurteilung von Sachverhalten, sondern auch bei der Aus-
legung von zivilrechtlichen und von steuerrechtlichen Be-       4.2.3 Unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheb-
griffen Bedeutung zu. Nicht entscheidend ist deshalb            lichen Sachverhalts. Auch die unrichtige oder unvollständige
grundsätzlich, wie die Parteien ihr Vertragsverhältnis ausge-   Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts kann in der
stalten [46]. Das Bundesgericht hat im Entscheid 2A.369/2005    Einsprache gerügt werden. In der Praxis lohnt es sich, im
vom 24. August 2007, E. 5.1 mit Hinweisen aber auch festge-     Einspracheverfahren genau vorzubringen, wo der Revisor
halten, das die zivilrechtlichen Kriterien grundsätzlich auch   den Sachverhalt unrichtig oder unvollständig verstanden
für die steuerrechtliche Würdigung des Rechtsgeschäfts          hat bzw. welche Sachverhaltselemente zu wenig oder gar
massgebend bleiben.                                             nicht berücksichtigt wurden.

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Als Zwischenfazit kann hier festgehalten werden, dass es sich                           führt allerdings dazu, dass gewisse kontrollierte Steuer-
empfiehlt, die Einsprachegründe in der Einsprache zu nen-                               perioden innerhalb von rund 5 Jahren nach der Kontrolle
nen. Damit ist auch eine gut begründete Einsprache sicher-                              rechtskräftig durch alle Instanzen entschieden sein müs-
gestellt. Hier sind folgende Formulierungen denkbar:                                    sen, sonst können zusätzlich durch die ESTV erhobene For-
Die Einsprecherin rügt insbesondere die unzutreffende Auslegung                         derungen nicht mehr rechtskräftig festgesetzt werden.
von Art. [•] MWSTG.                                                                       Folglich wird die ESTV schneller Einschätzungsmittei-
                                                                                        lungen verfügen, um eine solche Verjährung möglichst zu
Die Einsprecherin rügt insbesondere die unvollständige Feststel-                        verhindern. Das hat aber auch zur Folge, dass eine Diskussion
lung des rechtserheblichen Sachverhalts.                                                über das Kontrollergebnis des Revisors der ESTV mit der
                                                                                        Steuerpflichtigen nur verkürzt stattfinden kann und die Dis-
5. UNTERSCHRIFT
Die Einsprache ist durch die Einsprecherin oder ihren be-
vollmächtigten Vertreter zu unterzeichnen (Art. 83 Abs. 2                                      «Die Einsprache ist durch die Ein-
MWSTG). Dies gilt grundsätzlich auch dann, wenn der Ein-
sprache ein unterzeichneter Begleitbrief beiliegt [51]. Die
                                                                                               sprecherin oder ihren bevollmächtigten
Unterschrift muss im Original vorhanden sein. Eine foto-                                       Vertreter zu unterzeichnen.»
kopierte Unterschrift genügt nicht [52].
  Diesbezüglich sieht man oft folgenden Schluss in der                                  kussion ins Einspracheverfahren getragen wird.
Einsprache:                                                                               Das ist sicher ein Nachteil, da eine solche Diskussion durch
Aus all diesen Gründen ersuchen wir Sie höflich, die Einsprache                         die formellen Aspekte einer Einsprache erschwert wird.
antragsgemäss gutzuheissen.                                                               Berücksichtigt man dagegen auch die Tatsache, dass man
Mit freundlichen Grüssen                                                                es der Steuerpflichtigen nicht zumuten kann, während mehr
[•]                                                                                     als 10 Jahren über eine Steuerforderung in Ungewissheit zu
                                                                                        sein, so ist nicht zu fordern, dass diese absolute Festset-
6. BEILAGENVERZEICHNIS                                                                  zungsverjährungsfrist wieder auf 15 Jahre verlängert wird.
Am Ende der Einspracheschrift ist ein Beilagenverzeichnis                               Vielmehr ist bei der nächsten Gesetzesrevision zu prüfen,
anzubringen, in welchem sämtliche Beilagen der Einsprache                               ob nicht der Rechtsmittelweg verkürzt werden kann.
aufgezählt werden.                                                                        Was das Einspracheverfahren nach MWSTG anbelangt,
                                                                                        so ist neben der Berücksichtigung dieser verkürzten Verjäh-
Beilagenverzeichnis                                                                     rungsfristen, welche als formelle Rüge in einer Einsprache
Beilage 1       Einschätzungsmitteilung vom [•]                                         geprüft werden sollte, auch festzustellen, dass das neue Ge-
Beilage 2       Schriftliche Vollmacht vom [•]                                          setz dazu führt, dass sich der Streitgegenstand über die
                                                                                        Steuerforderung der ganzen Steuerperiode bezieht und nicht
7. FAZIT                                                                                mehr nur auf gewisse zusätzliche Beträge. Diesem Punkt ist
Der vorliegende Überblick über das Einspracheverfahren                                  bei der Formulierung des Antrags Rechnung zu tragen, was
nach MWSTG zeigt, dass mit der Revision des MWSTG der                                   aber in den meisten Fällen ohne grösseren Aufwand inner-
MWST eine erhöhte Rechtssicherheit angestrebt wurde.                                    halb der sehr kurzen Einsprachefrist von 30 Tagen möglich
  Im Bereich der absoluten Festsetzungsverjährung wurde                                 sein wird.                                                   „
deshalb die Frist von 15 Jahren auf 10 Jahre verkürzt. Dies

Anmerkungen: 1) Botschaft vom 25. Juni 2008                  nahme, sondern «der Zeitpunkt des Eintreffens        contrario. 22) Parteifähig ist, wer rechtsfähig ist.
zur Vereinfachung der Mehrwertsteuer, BBl 2008               im Machtbereich des Adressaten.» vgl. BGE 122 III    Rechtsfähig ist jeder Mensch (Art. 11 ZGB). Juristi-
S. 6887. 2) BBl 2008, S. 6984 f. 3) In diesem Artikel        320, E. 4b. 16) Häfelin, Müller & Uhlmann (2010),    sche Personen sind parteifähig, wenn das materi-
wird die weibliche Form gewählt, da Steuerpflich-            Rn. 1650–1653. 17) Art. 81 Abs. 1 MWSTG erklärt      elle Recht ihnen dies zuspricht (AG, GmbH, Ge-
tige meist Gesellschaften sind. Bei der Wahl der             übrigens das Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVG)      nossenschaft, Verein Stiftung; Art. 53 ZGB). Auch
weiblichen Form ist zugleich auch immer die                  – mit Ausnahme von Artikel 2 Abs. 1 VwVG – auf       der Kollektivgesellschaft und der Kommanditge-
männliche Form gemeint. 4) BGE 2C.227/2010,                  das Mehrwertsteuerverfahren anwendbar. Somit         sellschaft kommen Kraft des Gesetzes Rechts- und
E. 2.5. 5) Art. 83 MWSTG. 6) BBI, 2008, 7006.                finden, vorbehalten andere Regelungen im MWSTG,      Parteifähigkeit zu (Art. 562 OR, Art. 602 OR). Als
7) Marti, (2009), S. 411. 8) BGE, 15. 4. 1999; Pra (1999),   die Regelungen des VwVG Anwendung. 18) Von           Spezialfälle sind auch die Konkursmasse und das
S. 886: «Die Beweislast für die Rechtzeitigkeit              Bundesrechts wegen als Feiertag gilt der 1. August   Erbschaftsvermögen bei amtlicher Nachlassliqui-
einer Parteihandlung im Verfahren trifft grund-              (BV 110 Abs. 3 BV). Hinsichtlich der anderen an-     dation parteifähig. Die Prozessfähigkeit ist das
sätzlich diejenige Partei, welche diese Handlung             erkannten Feiertage ist auf das kantonale Recht      Recht, einen Prozess selbständig zu führen oder
vorzunehmen hat. 9) Häfelin, Müller & Uhlmann,               abzustellen. Kommunale Feiertage hindern den         durch eine andere Person führen zu lassen. Pro-
(2010), Rn. 1821. 10) Häfelin, Müller & Uhlmann,             Fristenlauf nur, sofern sie vom kantonalen Recht     zessfähig ist, wer Handlungsfähig ist. Handlungs-
(2010), Rn. 1815. m. w. H. zur Rechtsprechung, vgl.          anerkannt werden. Vgl. dazu: Urs Peter Cavelti in:   fähig sind natürliche Personen, welche urteilsfä-
dazu weiter BGE 2.A.227/2003, E. 3.4. 11) André              VWVG Kommentar, Art. 20, Rn. 42. 19) «Taugliche      hig und mündig sind (Art. 13 ZGB). Juristische
Moser in: VWVG Kommentar, Art. 52, Rn. 9.:                   Entschuldigungsgründe bilden etwa Naturkata-         Personen sind handlungsfähig und damit auch
Nicht ausreichend ist das blosse Einreichen einer            strophen, Militärdienst oder schwerwiegende Er-      prozessfähig, sobald ihre Organe bestellt sind. In
Mehrwertsteuer-Abrechnung (…) ohne Begehren                  krankung, nicht dagegen Arbeitsüberlastung,          der Regel ermächtigt das materielle Recht die Or-
und Begründung. 12) Vgl. Art. 36 oder 37 MWSTG.              organisatorische Unzulänglichkeiten oder Ferien».    gane, für die Gesellschaft den Prozess zu führen.
13) Bertschy, S. 294. 14) Art. 84 MWSTG. 15) Moser,          vgl. dazu Stefan Vogel in: VWVG Kommentar,           23) Zur Anwendung und Konkretisierung dieser
Beusch & Kneubühler (2008), S. 64: Massgebender              Art. 24, Rn. 10 mit Hinweisen. 20) Art. 83 Abs. 2    Regel in der Praxis vgl. Moser, Beusch & Kneu-
Zeitpunkt ist nicht die tatsächliche Kenntnis-               MWSTG e contrario. 21) Art. 83 Abs. 2 MWSTG e        bühler (2008), S. 31–34.; Lorenz Kneubühler in:

8 | 2011 D E R S C H W E I Z E R T R E U H Ä N D E R                                                                                                            661
MWST                                                                                                                  E I N S P R A C H E N A C H N E U E M M W S T- G E S E T Z

VWVG Kommentar, Art. 38, Rn. 1–24. 24) Aus-             2010, Rn. 730. 34) ESTV, MWST-Übergangsinfo                des Auskunftsrechts und der Einschätzungsmit-
führlich dazu Merkblatt der ESTV zur MWST-              (2010), S. 56, Ziff. 4.2. 35) BBI (2008), 7003. 36) Vgl.   teilung, ST 2010/5, S. 289–293. f Blumenstein
Kontrolle, 2010, http://www.estv.admin.ch/mwst/         Steiger, S. 173. 37) Von der früheren Praxis aus dem       Ernst/Locher Peter: System des Steuerrechts,
themen/00157/index.html?lang=de [Stand Juni             Selbstveranlagungsverfahren, in welchem die                4. Auflage, Zürich: Schulthess 1992. f Clavadet-
2011]. 25) BBI (2008), 7001. 26) Höhn & Waldburger      Mehrwertsteuer erhoben wird, teilweise eine Ein-           scher Diego/Tschannen Rosmarie: Überblick über
(1999), § 53, Rn. 3–4 mit w. H. zu immanenten           schränkung der Offizialmaxime bzw. eine Ein-               das Verfahrensrecht im neuen MWST-Gesetz/Eine
Schranken der Rechtskraft im Steuerrecht. Häfe-         schränkung des Beweisrechts abzuleiten, wurde              «Gebrauchsanweisung» für die Praxis, ST 1999/11,
lin, Müller & Uhlmann (2010), Rn. 990993. 27) Sie-      mit Einführung des MWSTG explizit Abstand ge-              S. 1073–1086. f Häfelin Ulrich/Müller Georg/Uhl-
ber (2010), S. 287. 28) BSK Art. 957 OR, Rn. 19. Eine   nommen. Siehe dazu Baumgartner, Clavadetscher              mann Felix: Allgemeines Verwaltungsrecht, 6. Auf-
Auslegung des Begriffs «Geschäftsbücher» nach           & Kocher (2010), S. 291. 38) BGE 95 I 58; BGE              lage, Zürich: Dike 2010. f Höhn Ernst/Waldbur-
privatrechtlichen Bestimmungen rechtfertigt sich,       2A.642/2004; VPB 68.155, E. 3 a.; Christoph Auer in:       ger Robert: Steuerrecht Band II, 9. Auflage, Bern/
aufgrund des expliziten Verweises auf die An-           VWVG Kommentar, Art. 12, Rn. 16. 39) Christoph             Stuttgart/Wien: Haupt 2002. f Honauer Niklaus/
wendbarkeit von OR 957 in Art. 70 Abs. 2 MWSTG.         Auer in: VWVG Kommentar, Art. 12, Rn. 16. 40) BGE          Zardin Dorian/Ruepp Cedric Samuel: Prozessieren
29) Als zusätzliche Unterlagen gelten bspw. ein         2A.642/2004; VPB 68.155, E. 4b. 41) Christoph              in MWST-Sachen, Eine Chronik verfahrensrecht-
Revisionsbericht, eine Umsatzabstimmung oder            Auer in: VWVG Kommentar, Art. 13, Rn. 11.                  licher Fallgruben, ST 2001/10, S. 1000–1009. f Hon-
eine unterzeichnete Jahresrechnung. Vgl. Art. 128       42) Moser, Beusch & Kneubühler (2008), Rz. 2.180.          sell Heinrich/Vogt Nedim Peter/Watter Rolf (Hrsg.):
Abs. 1 ff. MWSTV für weitere Beispiele. 30) Dies        43) BGE 2C_123/2009, E. 3 mit Hinweisen. 44) BGE           Kommentar zum Schweizerischen Privatrecht,
ergibt sich aus dem Wortlaut von Art. 128 MWSTV:        124 II 193, E. 6a; BGE 124 II 372. 45) BGE 2A.372/         Obligationenrecht II, Art. 530–1186 OR, 3. Auf-
«Die Eidg. Steuerverwaltung kann von der steuer-        2006, E. 4.1 mit Hinweisen; vgl. zu den einzelnen          lage, Basel/Frankfurt: Helbing & Lichtenhan
pflichtigen Person die Einreichung namentlich           Methoden im Steuerrecht: Vallender (1987), S. 191–         2008. f Marti Arnold: Aktueller Stand und neue
folgender Unterlagen verlangen». 31) BBI (2008),        206.; Reich (2009), S. 129–133. 46) BVGE A-5747/           Fragen in der schweizerischen Verwaltungsrechts-
7001. Daraus ergibt sich weiter, dass die Bestim-       2008, E. 2.5 mit Hinweisen. 47) Reich, Steuerrecht,        pflege, Schweizerisches Zentralblatt für Staats-
mungen in Art. 128 MWSTV innerhalb des durch            S. 133 f. 48) Matteotti, S. 244. 49) BGE 2C.531/2008,      und Verwaltungsrecht (ZBI), 2009, 110, S. 405–412.
das MWSTG abgesteckten Rahmens liegen. Vgl.             E. 5.1 mit Hinweisen. 50) Moser, Beusch & Kneu-            f Matteotti René, Wirtschaftliche Betrachtungs-
zu den Voraussetzungen der Gesetzesdelegation           bühler (2008), Rz. 2.184. 51) André Moser in:              weise und Steuergerechtigkeit, ZSR 129 (2010) I,
Häfelin, Müller & Uhlmann, (2010), Rn. 408 a.           VWVG Kommentar, Art. 52, Rn. 11. 52) BGE 121 II            S. 217–245. f Moser André/Beusch Michael/Kneu-
32) Sieber (2010), S. 287. Zu verweisen ist in diesem   252, E. 4a.                                                bühler Lorenz: Handbücher für die Anwaltspra-
Zusammenhang auf den Rechtsanspruch der Steu-           Literatur: f Auer Christoph/Müller Markus/                 xis, Band X, Prozessieren vor dem Bundesverwal-
erpflichtigen, von sich aus zu verlangen, dass die      Schindler Benjamin (Hrsg.): Kommentar zum                  tungsgericht, Basel/Frankfurt: Helbing & Lichten-
ESTV eine Kontrolle seiner Abrechnungen durch-          Bundesgesetz über das Verwaltungsverfahren,                han 2008. f Reich Markus: Steuerrecht, Zürich:
führt und damit die Rechtsicherheit der Steuer-         Zürich/St. Gallen: Dike 2008 (zitiert: VwVG                Schulthess 2009. f Steiger Jürg: Verfahrensmaxi-
pflichtigen erhöht (Art. 78 Abs. 4 MWSTG 2010).         Kommentar). f Baumgartner P. Ivo/Clavadetscher             men vor dem Bundesverwaltungsgericht, ST 2011/3,
BBI (2008), 7002. 33) Blum (2010), S. 291. Daraus       Diego/Kocher Martin: Vom alten zum neuen                   S. 173 ff. f Sieber Otmar: Neuerungen beim Ver-
ergibt sich, dass in Bezug auf diese provisorische      Mehrwertsteuergesetz, Langenthal: Schweize-                fahren, Kontrolle und Verfahrensrecht – eine Über-
Mitteilung weder eine schriftliche Anerkennung          risches Mehrwertsteuerinstitut 2010. f Bertschy            sicht, ST 2010/5, S. 286–288. f Vallender Klaus:
oder eine vorbehaltlose Zahlung einerseits noch         Roland: Auswirkungen des neuen Verfahrens für              Die Auslegung des Steuerrechts unter besonderer
eine Bestreitung andererseits möglich ist. Diese        die ESTV/Mehr Rechtssicherheit durch Kontrol-              Berücksichtigung der Aktienübertragung auf Hol-
provisorische Mitteilung ist m. E. als Information      len, ST 2010/5, S. 294–297. f Blum Beatrice: Aus-          dinggesellschaften, 2. Auflage, Bern/Stuttgart:
und damit als Realakt der Verwaltung zu qualifi-        wirkungen des neuen Verfahrensrechts für die               Haupt 1987.
zieren. Vgl. dazu Häfelin, Müller & Uhlmann,            steuerpflichtigen Personen – Dargestellt anhand

                                                                            R É SU M É

                      La procédure de réclamation selon la nouvelle LTVA
Le présent survol de la procédure de réclamation prévue par                           ne pourra avoir lieu que de manière restreinte et sera menée
la nouvelle Loi régissant la taxe sur la valeur ajoutée (TVA) il-                     au cours de la procédure de réclamation.
lustre bien le fait que la révision de cette loi vise à accroître la                     Les aspects formels d’une réclamation rendant la discus-
sécurité juridique.                                                                   sion difficilement praticable, l’auteur considère une telle
   En effet, le délai de prescription du droit de taxation a été                      tendance comme étant un désavantage.
raccourci de 15 à 10 ans. Cela a toutefois pour conséquence                              Cependant, nous devons également prendre en compte le
concrète que, lors d’un contrôle en 2015 d’un assujetti pour la                       fait qu’il n’est pas raisonnable qu’un assujetti demeure dans
période allant du 1er janvier 2010 au 31 décembre 2014, l’Admi-                       l’incertitude de devoir s’acquitter d’une créance fiscale du-
nistration fédérale des contributions (AFC) doit dorénavant se                        rant plus de 10 ans. Aussi, l’auteur est d’avis qu’un retour au
prononcer rapidement sur une notification d’estimation,                               délai de prescription de 15 ans ne serait pas approprié.
concernant notamment, l’année 2010. L’AFC doit en effet pren-                            Au-delà des considérations sur la réduction du délai de
dre en compte le fait que la période fiscale 2010 devra acqué-                        prescription, la procédure de réclamation prévue par la nou-
rir force de chose jugée pour toutes les instances avant le                           velle Loi régissant la taxe sur la valeur ajoutée apporte quel-
31 décembre 2019. Dans le cas contraire, les créances supplé-                         ques autres nouveautés. L’objet du litige d’une créance fiscale
mentaires exigées seront prescrites et ne pourront plus être                          se réfère, dorénavant, à la période fiscale dans son ensemble et
réclamées.                                                                            non plus à certains montants supplémentaires. Il devra en être
   Ainsi, l’AFC devra se déterminer plus tôt sur la notification                      tenu compte dans le cadre des conclusions à prendre, ce qui
d’estimation afin d’éviter, autant que faire se peut, une telle                       pourra toutefois être fait sans effort considérable dans le très
prescription. Par conséquent, la discussion avec l’assujetti                          court délai de réclamation de 30 jours. HC
concernant les résultats du contrôle des réviseurs de l’AFC

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