Anpassungen des Kantons Schwyz im Gamsmanagement
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Anpassungen im Gamsmanagement des Kantons Schwyz Konzept Annette Stephani & Dr. Stefan Suter WildLife Solutions WLS.CH GmbH Impasse des Côtes 5, 1782 Lossy www.wls.ch 28.02.2021
Ziele und Abgrenzung des vorliegenden Konzepts Das vorliegende Konzept soll identifizieren, welche Anpassungen im Prozess des Gamsmanagements im Kanton Schwyz empfehlenswert wären, um eine zukunftsorientierte Nutzung, die den wildtierbiologischen Anforderungen der Art entspricht, zu gewährleisten. Dazu werden zuerst das vorhandene Wissen und bestehende Empfehlungen recherchiert und gemäss den Schritten des adaptiven Wildtiermanagements zusammengefasst. Anschliessend wird die aktuelle Situation im Kanton Schwyz beschrieben. Darauf aufbauend wird allfälliger Handlungsbedarf identifiziert und mögliche, konkrete Ansätze für Anpassungen formuliert. Die vorgeschlagenen Ansätze beschränken sich hierbei überwiegend auf den Prozess des adaptiven Wildtiermanagements bzw. das Instrument der Jagdplanung. Verbesserungsansätze weiterer relevanter Einflussfaktoren, wie beispielsweise dem Management der Lebensräume oder der Störungsvermeidung in Wintereinständen sind nicht Bestandteil dieses Auftrags. Problemstellung Auswertungen haben gezeigt, dass sowohl die Gamsbestände als auch ihre Jagdstrecken in vielen Regionen der Schweiz seit den 90er-Jahren rückläufig sind. Aus diesem Grund fand 2015 eine Tagung mit Vertretern von BAFU, Jagd- und Fischereikommission (JFK), JagdSchweiz, den kantonalen Jagdverwaltern sowie Jägern statt. Diskutiert wurden die Bestandsentwicklungen und mögliche Einflussfaktoren, aber auch unterschiedliche jagdplanerische Modelle. Die nachfolgenden Grundsätze wurden, basierend auf den Referaten und Erkenntnissen der Tagung, als wesentlich für die Jagdplanung der Kantone erachtet: 1) Damit eine ergebnisorientierte Jagdplanung erstellt werden kann, müssen die längerfristigen Ziele für die Entwicklung der bejagten Population definiert sein. 2) Benötigt werden Grundlagendaten wie Bestandesgrösse und -struktur, sowie aktuelle Zuwachsraten, um die notwendigen, jährlichen Anpassungen in der Bejagung vorzunehmen. 3) Die Jagdplanung soll differenziert für wildtierbiologisch sinnvolle Raumeinheiten (sog. Wildräume) stattfinden. 4) Die Jagdplanung muss von der Jägerschaft getragen bzw. ausgeführt werden. Kommunikation, Transparenz und Sensibilisierung sind dementsprechend wichtig bei grundlegenden Änderungen in den Jagdbetriebsvorschriften. Managementansatz (SOLL) Adaptives Wildtiermanagement ist ein iterativer Prozess, bestehend aus Planung, Umsetzung und Kontrolle. Angewendet auf die Jagdplanung ergeben sich die Arbeitsschritte Grundlagen erheben, Ziele formulieren, Massnahmen festlegen, Massnahmen umsetzen und Erfolgskontrolle durchführen (Abbildung 1). Um die oben in der Problemstellung formulierten Grundsätze umzusetzen, bestehen bereits diverse Hilfestellungen und konkrete Managementansätze, die der Biologie und Ökologie der Gämse entsprechen. Sie werden nachfolgend aus diversen Quellen (Baumann et al. 2012; Baumann & Struch 2001; Begon et al. 2005; BAFU 2010; BSG 2017; Doran 1981; JagdSchweiz & JFK -; JFK et al. 2015; Gamsmanagement SZ │ 2
Robin et al. 2017; Schnidrig-Petrig & Salm 2009; SBR 2018; Willisch & Boldt 2013) für die einzelnen Schritte des adaptiven Wildtiermanagements zusammengefasst. Abbildung 1: Die notwendigen Arbeitsschritte für eine Jagdplanung im Sinne des adaptiven Wildtiermanagements (aus JagdSchweiz & JFK -) Grundlagen Um eine zweckmässige Jagdplanung zu erstellen, muss sowohl der Gamsbestand als auch seine Alters- und Geschlechterzusammensetzung bekannt sein. Optimalerweise werden diese Daten für die einzelnen Teilpopulationen bzw. Wildräume differenziert erhoben. Bei Wildtierzählungen muss immer berücksichtigt werden, dass es sich lediglich um eine Annäherung der reellen Anzahl Tiere handelt und ein gewisser Anteil der Population nicht erfasst wird (Annahme Dunkelziffer bei Gämsen 10-30%). Aus diesem Grund ist es entscheidend, dass Bestandeserhebungen über Wildräume und Jahre hinweg standardisiert stattfinden. Nur so lassen sich die Daten miteinander vergleichen und erlauben Aussagen zu Trends, wie die Zu- oder Abnahme einer Population. Zählungen im Frühjahr, mit separater Erfassung der Anzahl Jährlinge erlauben eine jährliche Schätzung des Zuwachses. Dieser wiederum bestimmt zu einem entscheidenden Teil die Höhe der jagdlichen Entnahme im darauffolgenden Herbst. Da der Zuwachs je nach Strenge des Winters stark schwanken kann (normalerweise zwischen 10-20%), ist es wichtig, dass die Frühjahresdaten in die jährliche Jagdplanung einfliessen können. Der administrative Prozess (Zeitpunkt der Jagdplanungs- Genehmigung) ist dementsprechend zu planen. Die Alters- und Geschlechtsbestimmung soll möglichst sowohl für das Fallwild als auch die Jagdstrecke vorgenommen und mit einer Angabe zum Wildraum ergänzt werden. Die verlässlichsten Daten erhält man hierbei, wenn die Bestimmung durch die Wildhut oder anderweitiges, geschultes Personal vorgenommen wird. Anhand dieser Angaben kann die Erfüllung der Jagdkontingente pro Wildraum evaluiert werden. Zudem lässt sich darauf basierend eine retrospektive Kohortenanalyse erstellen. Eine retrospektive Kohortenanalyse bietet Möglichkeiten zur Berechnung minimaler Bestände oder von Zuwachsraten, welche ergänzend zu den Daten der Bestandeserhebungen betrachtet werden können. Weiterführende Analysen erlauben auch Angaben zur Altersstruktur, Geschlechterverteilung oder Überlebensraten im Bestand. Dabei muss jedoch beachtet werden, dass Gamsmanagement SZ │ 3
retrospektive Kohortenanalysen bei einer langlebigen Art wie der Gämse erst nach 10 bis 15 Jahren aussagekräftig werden. Auch gilt der Grundsatz, dass daraus abgeleitete (berechnete oder modellierte) Bestandesdaten nur so gut sind wie die ursprünglichen Daten, auf denen die Modellierung oder Berechnung beruht. Sollen Aussagen zur Kondition und Konstitution der Gämsen gemacht werden, können Angaben zu Krickellänge und Aufbruchgewicht genutzt werden. Auch hier sind langjährige Datensätze vorteilhaft. Veränderungen in Kondition und Konstitution können langsam und unauffällig erfolgen, wodurch lediglich eine Auswertung über Jahre hinweg den unterliegenden Trend aufzeigen kann. Weitere Daten, die insbesondere im Hinblick auf den Lebensraum der Gämse relevant werden, sind das Wissen um ihre Sommer- und Wintereinstände, die Migrationsbewegungen dazwischen, und die Wald-Wild-Situation. Ziele Auch im Wildtiermanagement bzw. der Jagdplanung gilt es, Ziele so zu formulieren, dass sie einfach verständlich und überprüfbar sind. Dies lässt sich durch räumlich explizite, qualitative und quantitative Vorgaben erreichen (z.B. auf den Ebenen Kanton, Wildraum und Wald-Wild-Problemzone). Die Ziele sollten realistisch und zeitlich terminiert sein. Es wird dabei zwischen langfristigen und mittel- bis kurzfristigen Zielen unterschieden. Wie sich ein Bestand entwickeln soll (anheben, stabilisieren oder senken) muss längerfristig, für mindestens 5 Jahre definiert werden. Die Jagdplanung (Quote, GV, Anteil Jungtiere) orientiert sich an dieser Zielsetzung, soll aber trotzdem jährlich flexibel stattfinden. Nur so können natürliche Entwicklungen im Bestand (beispielsweise höherer natürlicher Abgang wegen harten Winterbedingungen) berücksichtigt werden. Die Rahmenbedingungen für die vom Kanton formulierten Ziele sind durch eidg. Jagdgesetz und - verordnung gegeben. So sind Wildtiere und ihre Lebensräume zu erhalten, bedrohte Arten zu schützen, der von wildlebenden Tieren verursachte Schaden auf ein tragbares Mass zu beschränken und eine angemessene Nutzung der Wildbestände durch die Jagd zu gewährleisten. Durch Vertreter von Bund und Kantonen, der JFK und der Jagd wurden folgende generell gehaltenen Ziele spezifisch für das Gamsmanagement ausgearbeitet: 1) Die Bestände sind der Lebensraumkapazität ihres Wildraums angepasst. 2) Es werden konstante Populationsgrössen angestrebt; drastische Bestandeseinbrüche werden möglichst vermieden. 3) Angestrebt wird der Erhalt einer gesunden Gams-Population und ihrem evolutiven Potential. Eine natürliche Altersklassenstruktur und ein ausgewogenes Geschlechterverhältnis (GV) sind Voraussetzung dafür. 4) Ihr Einfluss auf die Waldverjüngung ist tragbar. Gamsmanagement SZ │ 4
Massnahmen Der nachfolgende Katalog beschränkt sich grösstenteils auf jagdliche Massnahmen und orientiert sich thematisch an den oben genannten Zielsetzungen. Lebensraumkapazität und Populationsgrösse Die beiden Grössen Lebensraumkapazität und Populationsgrösse befinden sich in einem gegenseitigen Wechselspiel. So kann ein aufgewerteter Lebensraum auch eine höhere (gesunde) Gamspopulation erhalten. Durch diese Verknüpfung von Lebensraum und Population macht es Sinn, das Management für einzelne Wildräumen und ihre entsprechenden Teilpopulationen separat durchzuführen. Hinweise, ob die Populationsgrösse der Lebensraumkapazität angepasst ist, bieten diverse Indikatoren (Tabelle 1). Tabelle 1: Indikatoren zur Beurteilung der Populationsgrösse im Vergleich zur Lebensraumkapazität. Populationsgrösse vs. Lebensraumkapazität gering gut hoch Kondition gut schlecht Zuwachsrate hoch mittel niedrig Natürliche Waldverjüngung gegeben eingeschränkt Krankheiten im natürlichen Rahmen hoch Wintersterblichkeit den Winterumständen entsprechend hoch Anhand der Indikatoren kann abgeschätzt werden, ob eine Teilpopulation längerfristig tendenziell angehoben, gesenkt oder stabil gehalten werden sollte. Das formulierte Ziel beeinflusst wiederum die Jagdplanung bezüglich Quote, Jungtieranteil an der Jagdstrecke und angestrebtem GV der adulten Tiere (Tabelle 2). Um die Umsetzung der Jagdvorgaben zu vereinfachen, können allenfalls mehrere Wildräume mit den gleichen Zielsetzungen zusammengefasst werden. Tabelle 2: Vorgaben des Bundes zur Abschussplanung der Gämse. Gewünschter Bestandestrend Senkung Stabilisierung Anhebung GV (Bock:Geiss) 1:>1,3 1:1 - Jungtieranteil (Kitze & Jährlinge) Min. 30% 25% 25% Abschussquote > Zuwachs* Zuwachs* - * Ganz generell gilt, dass die Summe aller Abgänge (sowohl jagdlich als auch natürlich) nicht höher sein darf als der Zuwachs, um einen Bestand stabil zu halten. Gamsmanagement SZ │ 5
Altersklassen Auch in einer bejagten Gamspopulation soll eine möglichst naturnahe Altersstruktur beibehalten werden. Je nach Alter bzw. Funktion innerhalb eines Bestandes werden Gämsen normalerweise in folgende Altersklassen eingeteilt: - Kitze - Jährlinge - Subadulte bzw. Jugendklasse - Adulte bzw. Reproduktive oder Mittelklasse - Alte bzw. Altersklasse Aufgrund leicht unterschiedlicher Lebensstrategien werden Böcke und Geissen unterschiedlich in diese Altersklassen eingeteilt. Die Subadulten umfassen zwei- bis vierjährige Böcke und zwei- bis dreijährige Geissen. Als adult gelten Böcke ab fünf- bis zehnjährig und Geissen ab vier- bis zwölfjährig. Dementsprechend machen die Klassen aufgeteilt nach Geschlecht auch deutlich unterschiedliche prozentuale Anteile an einem Bestand aus (Abbildung 2). Abbildung 2: Prozentuale Anteile der Altersklassen eines naturnahen Gamsbestandes. Aufgeschlüsselt nach männlichen (blau) und weiblichen (rot) Tieren. Beim Management eines Bestands liegt ein besonderer Fokus auf den reproduzierenden Tieren, also den Adulten bzw. der sog. Mittelklasse. Eine genügend grosse Mittelklasse der Böcke ist insofern wichtig als dass diese das Brunftgeschehen beruhigen und dieses kurz halten. Dies führt einerseits dazu, dass die reproduktiven Geissen mit besseren Fettreserven in den Winter gehen, andererseits dass die Kitze im Frühjahr zeitlich optimal geboren werden. Die Mittelklasse der Geissen hingegen ist bestimmend für das Zuwachspotential und somit den Bestandestrend, aber auch für die Weitergabe von Traditionen. Da die Jährlinge und Subadulten die zukünftigen Adulten sind, darf aber auch ihr Management nicht vernachlässigt werden. Konkrete Empfehlungen für die Bejagung und Erhaltung eines gesunden Gamsbestands lauten, dass ca. 35% der vorhandenen Jährlinge, 25% der Subadulten, 15% der Adulten und bis zu 80% der alten Tiere erlegt werden können. Eine weitere Faustregel lautet, dass das Durchschnittsalter der erlegten Tiere in etwa 100/Zuwachs betragen sollte. Unter Berücksichtigung der vorangehenden Empfehlung bedeutet dies, dass bei hohen Zuwachsraten verstärkt in die Jährlingsklasse eingegriffen werden sollte. Gamsmanagement SZ │ 6
Geschlechterverhältnis (GV) Meist wird ein GV (Bock:Geiss) von 1:1 bis 1:1,2 angestrebt. Es kann aber auch der Geissabschuss im Vordergrund stehen (1:1,3 und höher) falls eine Bestandessenkung das Ziel ist (siehe auch Abschnitt Lebensraumkapazität und Populationsgrösse). In der Praxis erweist es sich oft als schwierig ein GV von ca. 1:1 zu erreichen. Führende bzw. laktierende (sog. melche) Geissen sind geschützt, womit ein Grossteil der Adulten nicht jagdbar ist (85-93% gebären jährlich ein Kitz). Die Ansprache, ob eine adulte Geiss melch ist oder nicht, erweist sich im Gelände oft als schwierig. Generell sind adulte Böcke aufgrund ihres Verhaltens und der leichteren Ansprache im Vergleich zu den Geissen häufig ein einfacheres und sichereres Ziel. Hinzu kommen das höhere Gewicht und die grösseren Trophäen, welche sie jagdlich interessanter machen können. Auch zu erwähnen ist, dass Geissabschüsse lange Zeit bewusst vermieden wurden, um die Population zu stärken. In gewissen jagdlichen Kreisen sind deshalb noch heute Geissabschüsse verpönt. Diese Tendenz zu vermehrten Bockabschüssen zeigt auf wie wichtig es ist, die Jagdplanung für beide Geschlechter differenziert durchzuführen. Es gilt, nicht generell den Druck auf die adulten Geissen zu erhöhen, um das GV bei gleichbleibendem Bockabschuss zu erreichen, sondern sich an einer sinnvollen Quote (siehe auch Abschnitte Lebensraumkapazität und Populationsgrösse, Altersklassen) zu orientieren. Waldverjüngung Oft wird zur Beurteilung vom Einfluss des Schalenwilds auf den Wald der Schweregrad vom Verbiss genutzt. Es muss jedoch hierbei bewusst sein, dass nicht der Verbiss als solches entscheidend ist, sondern die natürliche Verjüngung des Waldes, welche gegeben sein muss. Des Weiteren sollte berücksichtigt werden, dass der Verbiss meist mehreren Wildarten (Rothirsch, Reh und Gämse) zugeordnet werden muss. Wird in einem Gebiet eine untragbare Situation bezüglich der Verjüngung festgestellt, muss – sofern die Gämse als Verursacher in Frage kommt – in einem ersten Schritt geklärt werden, ob es sich um einen Wintereinstand einer Gamspopulation handelt oder ob der Einstand ganzjährig genutzt wird. Im ersten Fall wäre es notwendig zu wissen, wo sich die verbiss-verursachende(n) Teilpopulation(en) im Herbst aufhalten, damit da entsprechend eingegriffen werden kann. Im zweiten Fall, wenn es sich um eine sogenannte Waldgämsen-Population handelt, die den Einstand ganzjährig nutzt, ist die Ausscheidung regionaler Schwerpunktbejagungsgebiete sinnvoll. Eine generelle, grossflächige Bejagung unterhalb einer bestimmten Höhenkurve wird nicht empfohlen, da Waldgämsen meist eine hohe Gebietstreue und kleine Streifgebiete (1-2 km2) besitzen. Um die Gamspopulation zu regulieren, welche effektiv für den Verbiss und die eingeschränkte Waldverjüngung verantwortlich ist, werden Bejagungsgebiete von 5-25 km2 Grösse als zielbringend erachtet. Wichtig ist, dass diese Schwerpunktbejagungsgebiete den Lebensraum der Geissrudel einschliessen, denn nur über die Bejagung der weiblichen Tiere kann eine punktuelle Bestandessenkung erreicht werden (Abschussquote höher als Zuwachs, mehr als 50% weibliche Tiere in der Jagdstrecke, siehe auch Abschnitt Lebensraumkapazität und Populationsgrösse). Gamsmanagement SZ │ 7
Umsetzung Die Umsetzung der vom Kanton erarbeiteten Massnahmen obliegt zu einem grossen Teil der Jägerschaft. Wird die traditionelle Bejagung in entscheidendem Masse umstrukturiert, kann dies auf Widerstand stossen. Gezeigt hat sich das beispielsweise in den Kantonen Wallis und Tessin, wo durch den politischen Druck der Jägerschaft die wildtierbiologisch sinnvollen Anpassungen in der Gamsbejagung verunmöglicht wurden. Um das zu verhindern, muss das Vertrauen der Jagenden in die Jagdverwaltung und deren Entscheide gegeben sein. Erreicht werden kann dies über eine transparente Kommunikation der Jagdverwaltung und die Sensibilisierung der Jägerschaft für die wildtierbiologischen Zusammenhänge und die Konsequenzen der Gamsbejagung. Erfolgskontrolle Bei der Erfolgskontrolle gilt es zum einen zu kontrollieren, ob die Jagd wie geplant umgesetzt wurde, zum andern gilt es zu analysieren ob Massnahmen zielbringend waren. Der erste Punkt ist ein einfacher Soll-Ist-Vergleich, ob die Quote erreicht und die angestrebte Verteilung bezüglich Altersklassen und GV eingehalten wurde. Der zweite Punkt hingegen ist schwieriger zu beurteilen. Gamsbestände verändern sich aufgrund der relativ späten Geschlechtsreife und einer geringen Reproduktionsrate nur langsam. Dementsprechend sind die Resultate einer angepassten Bejagung oft erst nach einigen Jahren zu erwarten. Wichtig ist aber in jedem Fall, dass die Erkenntnisse der Erfolgskontrolle, insbesondere allenfalls festgestellte Misserfolge von Planung oder Umsetzung in die nachfolgende Jagdplanung einfliessen. Aktuelle Situation im Kanton Schwyz (IST) Nachfolgend werden die aktuelle Situation und beabsichtigte Änderungen des Gamsmanagements im Kanton Schwyz beschrieben. Der Beschrieb ist wiederum in die Schritte des adaptiven Wildtiermanagements aufgegliedert. Alle Informationen stammen von der Abteilung Jagd und Wildtiere des Kantons Schwyz. Grundlagen Die Datenlage zur Gämse im Kanton Schwyz ist generell gut. Die jährlichen Bestandeszählungen der Wildhut bieten eine solide Grundlage für die Jagdplanung. Sie erfolgen standardisiert nach Zählkreisen bzw. Wildregionen und sind somit räumlich als auch über die einzelnen Jahre hinweg vergleichbar. Gezählt wird der Gesamtbestand, wobei möglichst auch das Geschlecht erfasst und eine grobe Einteilung in Altersklassen (Subadult, Adult) vorgenommen wird. Auch die Anzahl Jährlinge wird separat aufgenommen, wodurch sich jeweils der aktuelle Zuwachs ableiten lässt. Der terminliche Ablauf der Jagdplanung im Kanton Schwyz erlaubt, dass die im Frühjahr erhobenen Daten für die nachfolgende Gamsjagd im Herbst berücksichtigt werden können. Zusätzlich zu den Bestandeszählungen werden für die Jagdstrecke und sofern möglich auch fürs Fallwild die folgenden weiteren Daten erhoben: Alter, Geschlecht, Krickellänge und Aufbruchgewicht. Auch diese Daten werden standardisiert durch die Wildhut erhoben. Die Erfassung von Alter und Geschlecht erlaubt den Aufbau einer retrospektiven Kohorte, welche wiederum wichtige Informationen zur Bestandesstruktur liefern kann. Die Kohorte wird jährlich aufdatiert und soll ab dem Jagdjahr 2021/22 in die Jagdplanung Gamsmanagement SZ │ 8
mit einfliessen. Das Vorhandensein von Aufbruchgewicht und Krickellänge erlaubt Rückschlüsse auf die Kondition und Konstitution der erlegten Tiere. Insbesondere können dadurch auch langsame, längerfristige Veränderungen in der Population festgestellt werden. Auch die Wald-Wild-Situation wird jährlich aufgenommen und fliesst in die Jagdplanung mit ein. Neu werden seit 2020 die Verbissaufnahmen in einem standardisierten, rasterbezogenen Stichprobennetz erhoben. Darauf basierend sollen durch den Forst prioritäre Gebiete ausgeschieden werden, in denen der Wilddruck auf den Lebensraum vermindert werden soll. Hierbei wird nicht nur der Verbiss betrachtet, sondern auch die Verjüngungssituation und die Lage der Flächen (Schutzwald). Es wird in Erwägung gezogen, auf diesen Prioritär-Flächen Fotofallen zu installieren, um in Erfahrung zu bringen, welche Tierart(en) den stärksten Verbiss verursachen. Eine Wissenslücke besteht beim Lebensraumpotential. 2008 wurde eine Lebensraumanalyse für die Gämse im Kanton Schwyz durchgeführt (Graf et al. 2008). Sie bietet eine gute Grundlage, könnte aber aktualisiert und mit weiteren Daten (beispielsweise der Vernetzung der einzelnen Gebiete und lokalen Störquellen wie Outdoorsport-Hotspots) erweitert werden, um ein detaillierteres Bild zu erhalten. Auch fehlen momentan– insbesondere im bewaldeten Gebiet, also da wo Wald-Wild-Konflikte auftreten können – die flächendeckenden Kenntnisse über Einstände bzw. Bestandeshöhen. Das seit 2018 durchgeführte Rotwildmonitoring liefert jedoch diesbezüglich gute Daten und Erkenntnisse, die zukünftig berücksichtigt werden können. Ziele Für das Gamsmanagement im Kanton Schwyz werden jährlich sowohl qualitative als auch quantitative Ziele, die teilweise explizit für einzelne Wildregionen gelten, formuliert. Die aktuell bereits formulierten Ziele für das Jagdjahr 2021/22 werden nachfolgend, entsprechend den Massnahmenkapiteln zusammengefasst. Detaillierte qualitative Ziele sind noch in Beratung. Lebensraumkapazität und Populationsgrösse Die Strategie für die (längerfristige) Bestandesentwicklung lautet, dass die Gamsbestände über das gesamte Kantonsgebiet hinweg, aber auch innerhalb der einzelnen Wildregionen, stabil gehalten werden sollen. Es wird voraussichtlich eine Abschussfreigabe von ca. 400 Tieren erfolgen. Altersklassen Zwei generelle, über den ganzen Kanton hinweg geltende Zielsetzungen sind die Schonung der mittelalten Gamsböcke und ein Eingriff von ca. 35% in der Jährlingsklasse. Für die Wildregionen Rigi und Mitte wird zudem ein verstärkter Eingriff bei den Jährlingen und den nicht führenden 2-jährigen Geissen angestrebt. In der Wildregion Muota soll der Eingriff bei den Jährlingen 30-35% betragen. Geschlechterverhältnis (GV) Im ganzen Kanton wird eine Schonung der Böcke und ein ausgeglichenes Abschuss-GV (1:1) angestrebt. Gamsmanagement SZ │ 9
Waldverjüngung Im ganzen Kanton soll tendenziell ein stärkerer Eingriff in bewaldeten Gebieten im Vergleich zu den Gebieten oberhalb der Waldgrenze erfolgen. Insbesondere in der Wildregion Mitte wird eine verstärkte Nutzung der Waldgämsen angestrebt. In allen vier Wildregionen sollen stärkere Eingriffe in den Wildschadenperimeter (Schutzwald) stattfinden. Ein Wald-Wildkonzept existiert bislang lediglich für die Wildregion Rigi. Weitere Ziele Eine zusätzliche Zielsetzung spezifisch für die Wildregion Rigi lautet, dass die die freigegebenen Abschüsse erreicht werden sollen. Massnahmen Die Massnahmen zur Regulation der Gamspopulation im Kanton Schwyz werden jährlich neu festgelegt. Dabei fliessen die aktuellen Zähldaten der Wildhut, Anliegen des Forstes (Verbiss, natürliche Verjüngung) aber auch Erfahrungswerte der Fachleute (Jagdverwalter, Wildhüter) von früheren Jagdjahren in die Planung mit ein. Nachfolgend werden die Massnahmen für das Jagdjahr 2020/21, als auch die geplanten Änderungen für das Jagdjahr 2021/22 beschrieben. Basierend auf den Frühjahrszählungen wurde der jagdliche Eingriff 2020/21 bei gezählten 1401 Gämsen und einem gezählten Zuwachs von 333 Jährlingen auf 300 Gämsen festgelegt. Die Abschüsse wurden quantitativ differenziert nach Wildregionen geplant und es wurden qualitative Vorgaben bezüglich Anzahl der zu erlegenden Böcken (total 80), Geissen (total 110) und Jährlingen (total 110) gemacht. Weitere Vorgaben bezüglich der Altersklassen wurden nicht gemacht. Auch Vorgaben bezüglich der Schonung starker Tiere oder Schwerpunktbejagungsgebiete im Wald existierten bislang noch nicht. Aufgrund identifizierter Probleme, wie der Überbejagung des Bocks und hoher Bestände in bewaldetem Gebiet, soll die Gamsjagd im Kanton Schwyz per Jagdjahr 2021/22 umstrukturiert werden, wobei folgende Massnahmen vorgeschlagen wurden: - Zwei Abschussmarken pro Gams- und Rotwild- (Patent I) bzw. Gamspatent (Patent Ia) - Der Abschuss des ersten Tiers ist an zwei Vorgaben gekoppelt o Qualitativ: Jährling oder galte Geiss o Räumlich: unterhalb einer pro Wildregion bestimmten Höhenkote - Der Jährlingsabschuss ist zudem an eine Gewichtsvorgabe (max. 13kg) gekoppelt; neu erfolgt kein Markenersatz mehr bei Jährlingsabschüssen unter 13kg - Der Abschuss des zweiten Tiers ist folgendermassen geregelt o Qualitativ: Jährling, galte Geiss oder Bock (sofern die quantitativen Vorgaben noch nicht erreicht wurden) o Räumlich: keine Vorgabe - Quantitative Vorgabe der Bockabschüsse pro Wildregion (wie bis anhin) - Für Wildschadengebiete können zusätzliche Marken abgegeben werden; die qualitative Vorgabe für den ersten Abschuss bleibt jedoch bestehen. - Die Gamsjagd beginnt zeitgleich mit der Rotwildjagd am 1.9 und dauert bis zum 30.9. Die Jagd oberhalb der Höhenkote ist jedoch zeitlich limitiert und erst ab dem 10.9. erlaubt. Gamsmanagement SZ │ 10
Umsetzung Die Umsetzung der Massnahmen obliegt zum grössten Teil der Jägerschaft. Für das Jagdjahr 2020/21 wurden 270 Rotwild- und Gamsjagdpatente (Patent I) und 12 Gamsjagdpatente (Ia) ausgestellt. Die Entwicklung der gelösten kombinierten Patente (I) ist steigend, während die der reinen Gamspatente (Ia) tendenziell stabil ist. Die Umsetzung der geplanten Massnahmen konnten im Jagdjahr 2020/21 nur teilweise erfüllt werden. Von den insgesamt freigegebenen 300 Gämsen wurden lediglich 235 erlegt. Zudem konnten die qualitativen Vorgaben nicht erfüllt werden; von den freigegebenen 110 Geissen und 110 Jährlingen wurden lediglich 68 bzw. 69 Tiere erlegt. Demgegenüber wurden anstelle der freigegebenen 80 Böcke 98 Böcke erlegt. Dies, obschon die Jägerschaft dazu verpflichtet wurde sich ab dem ersten Jagdtag ab 22:30 via Informationstelefon zu erkundigen, welche Tiere noch zum Abschuss freigegeben sind. In zwei Wildräumen wurden bereits am ersten Tag (also bevor die Jäger sich über die noch verbleibenden Bockabschüsse informieren mussten) 8 bzw. 5 Böcke zu viel erlegt. Lediglich in einer Wildregion konnte die Bock-Vorgabe genau eingehalten werden. Das GV bei 98 Böcken und 68 Geissen beträgt 1:0,7 und ist damit weit entfernt vom geplanten 1:1,375. Der scheinbar attraktiveren Gamsbockjagd können, wie bereits erwähnt, mehrere Ursachen zugrunde liegen: einerseits die einfachere (Ansprechen, Verhalten) und ansprechendere (Trophäe, Gewicht) Jagd, andererseits die Stigmatisierung von Geissen- und Jungtierabschüssen. Zudem wird bei einem Fehlabschuss, z.B. einer melchen Geiss, eine Busse ausgesprochen und das Haupt beschlagnahmt. Der Anreiz ein männliches Tier zu erlegen, scheint sich trotz Weiterbildungsveranstaltungen des Kantons und eidgenössischen Informationskampagnen zum Thema zeitgemässe Gamsjagd, zu halten. Eine weitere Sensibilisierung der Jägerschaft für die wildtierbiologischen Zusammenhänge und die Konsequenzen der Gamsbejagung scheint also insbesondere im Hinblick auf die geplante Umstrukturierung der Gamsjagd angebracht. Erfolgskontrolle Die Erfolgskontrolle wird alljährlich durchgeführt. Dabei wird einerseits die Jagdstrecke mit der Planung abgeglichen, andererseits wird die Verbissentwicklung bzw. Verjüngung angeschaut. Die daraus gewonnen Erkenntnisse fliessen in die nächstjährige Jagdplanung mit ein. Es hat sich gezeigt, dass die Böcke, trotz Abschusslimitierung, übernutzt wurden. Dies war auch in früheren Jahren immer wieder der Fall. Aus diesem Grund wird eine grundlegende Umstrukturierung als angebracht erachtet. Handlungsbedarf und mögliche Umstrukturierungsansätze Der Prozess des Gamsmanagements im Kanton Schwyz beinhaltet alle relevanten Schritte, des adaptiven Wildtiermanagements. Nachfolgend soll für die einzelnen Schritte aufgezeigt werden, wo allenfalls Verbesserungspotential vorhanden ist und mit welchen Massnahmen die Verbesserungen erreicht werden könnten. Grundlagen Die Datenlage im Kanton Schwyz ist bereits sehr gut und wird laufend verbessert. Ein Beispiel dafür ist das 2020 neu eingeführte Stichprobennetz für die Verbisssituation. Wichtig ist, dass diese neu erhobenen Daten ab 2021 standardmässig für die Jagdplanung berücksichtigt werden und dass Gamsmanagement SZ │ 11
längerfristig nebst dem Verbiss auch die eigentlich ausschlaggebende Waldentwicklung berücksichtigt wird. Klares Verbesserungspotential besteht bei der Nutzung bereits vorhandener Daten; so sollten – wie bereits in Planung – die vorhandenen Kohorten-Daten jährlich analysiert werden, um die enthaltenen Informationen zu Bestandesgrösse, als auch Alters- und Geschlechterstruktur der Population optimal zu nutzen. Auch Daten bezüglich der Kondition und Konstitution der erlegten Tiere bergen wichtige Informationen und sollten bei der Jagdplanung berücksichtigt werden. Des Weiteren müsste überprüft werden, ob bzw. in welcher Art die Daten des Rothirsch-Fotofallenmonitorings für das Gamsmanagement genutzt werden können. Wahrscheinlich könnten sich aus diesen Daten wichtige Information über die Waldgämsen-Bestände ableiten lassen. Zusätzliche, neue Daten, die wichtige Informationen für das Gamsmanagement liefern könnten, sind eine detaillierte Lebensraumpotential-Modellierung und die Entwicklung der Grossraubtierbestände, insbesondere des Luchses. Auch gilt abzuwägen, ob für die drei Wildregionen Muota, Mitte und Aussen Wald-Wild-Konzepte hilfreich wären. Generell sollten die Datenauswertungen möglichst auf der Ebene des Wildraums bzw. im Falle das Verbisses sogar auf der Ebene von Wald-Wild-Problemzonen durchgeführt werden. Nur so können auch räumlich differenzierte Ziele formuliert werden. Ansätze - Aufbau eines standardisierten Ablaufs zur jährlichen Aufbereitung und Analyse der Kohorte. - Aufbau eines standardisierten Ablaufs zur jährlichen Aufbereitung und Analyse der Kondition- und Konstitutionsdaten. - Eignungsprüfung der Daten des Rothirsch-Fotofallenmonitorings; wie können zusätzliche relevante Daten für das Gamsmanagement gewonnen werden? - Datenerhebung zum Verhalten und der Raumnutzung der Waldgämsen; z.B. mittels Besenderung. - Nutzenabwägung einer detaillierteren Lebensraummodellierung. - Nutzenabwägung der Erstellung von Wald-Wild-Konzepten für die Wildregionen Muota, Mitte und Aussen. - Ideensammlung zur Erfassung und dem zukünftigen Einbezug des Einflusses der grossen Beutegreifer. Ziele Die Ziele werden jährlich neu formuliert und die aktuell vorhandenen Daten – wie beispielsweise die Frühjahrszähldaten – werden berücksichtigt. Mit zusätzlichen Daten (siehe oben), könnten die Ziele noch differenzierter ausgearbeitet und besser abgestützt werden. Die Ziele werden zum Teil kantonal, zum andern aber auch für die Wildregionen formuliert. Diese Aggregierung der 15 Wildräume in vier Regionen vereinfacht sowohl die Jagdplanung als auch Umsetzung der Jagdvorschriften. Wildtierbiologisch gesehen ist jedoch der Wildraum die aussagekräftigere räumliche Einheit. Ein Wildraum umfasst das Gebiet einer einzelnen Teilpopulation, die nur begrenzt im Austausch mit anderen Teilpopulationen steht. Kleine Teilpopulationen haben durch stochastische Prozesse eine höhere Aussterbenswahrscheinlichkeit. Aus diesem Grund sollte bei Wildräumen mit kleinen Teilpopulationen sehr genau analysiert werden, wie hohe jagdliche Eingriffe sinnvoll bzw. tragbar sind. Eine räumlich differenziertere Ausscheidung der Ziele, Gamsmanagement SZ │ 12
insbesondere bezüglich der Strategie (senken, stabilisieren oder anheben), erscheint für diese Teilpopulationen angebracht. Ebenfalls räumlich differenzierter sollte die Wald-Wild-Problematik angegangen werden. Für eine Schwerpunktbejagung bestimmter lokaler, Wald-Wild-Konflikte verursachender Bestände, ist die Planung auf dem Level der Wildregionen nicht engmaschig genug. Nach der Identifikation von Wald-Wild-Problemzonen muss die verursachende Population identifiziert werden. Die Fragen, ob die Gämse überhaupt (Mit-)Verursacher des Problems ist und falls ja, wo sich die verursachende Teilpopulation zur Jagdzeit aufhält, müssen geklärt werden. Darauf aufbauend können Schwerpunktbejagungsgebiete im Grössenbereich von 5-25 km2 mit separaten Zielen und Massnahmen ausgeschieden werden. Die Schwerpunktbejagungsgebiete müssen nicht zwangsläufig deckungsgleich mit der Wald-Wild-Problemzone sein, beispielsweise wenn es sich um einen Wintereinstand und damit im Winter verursachten Verbiss handelt. Ansätze - Aufbau eines standardisierten Ablaufs zum jährlichen Einbezug der vorhandenen Daten. - Analyse der Teilpopulationsbestände; für welche Wildräume ist eine Zielformulierung auf der Ebene der Wildregion nicht ausreichend? Bedingt Datengrundlagen auf Ebene der Wildräume. - Analyse der Wald-Wild-Situation; wo sind Wald-Wild-Problemzonen? Wer verursacht wann den Verbiss? Wo sollen Schwerpunktbejagungsgebiete ausgeschieden werden? Massnahmen Im Kanton Schwyz wurde erkannt, dass die bisherige traditionelle Gamsjagd nicht mehr den heutigen Forderungen nach einer nachhaltigen Ressourcennutzung und einem möglichst naturnahen Bestand entspricht. Trotz klarer quantitativer und qualitativer Vorgaben wurde im Jagdjahr 2020/21 der Bock stärker bejagt als vorgegeben und ein ausgeglichenes GV konnte nicht erreicht werden. Die freigegeben Abschüsse für Jährlinge und Geiss hingegen wurden nicht erreicht. Für das Jagdjahr 2021/22 sind nun drastische Umstrukturierungen der Gamsjagd geplant. Eine Anforderung an das vorliegende Konzept war, diese Massnahmen kritisch zu beurteilen. Nachfolgend werden deshalb die verfolgten Ziele und die geplanten Massnahmen nochmals aufgegriffen, mögliche Risiken eingeschätzt und mit bereits bestehenden Erfahrungen und Erkenntnissen abglichen. Lebensraumkapazität und Populationsgrösse Um die Bestände in den Wildregionen stabil halten zu können, müssen die freigegebenen Abschüsse auch umgesetzt werden. Momentan rechnet der Kanton Schwyz jährlich mit ca. 280 Patentvergaben, die zur Gamsjagd berechtigen (Patente I und Ia). Die Tendenz der reinen Gamsjagdpatente (Ia) ist stabil. Voraussichtlich sollen ca. 400 Gämsen für das Jagdjahr 2021/22 freigegeben werden. Mit der bisherigen Regelung, dass jeder Jagende lediglich eine Gämse erlegen darf, könnten die geforderten Abschüsse nur erreicht werden, wenn nebst den regulären Abschüssen noch 120 Hegeabschüsse mit nachfolgendem Markenersatz getätigt würden. Der Ansatz, neu zwei Abschussmarken pro Gamsjagdberechtigten abzugeben scheint deshalb zielführend. Das Risiko, dass der Erhalt von zwei Gamsmarken zu einem drastischen Anstieg in der Nachfrage an Jagdpatenten der Kategorien I und Ia führt, wird als gering erachtet. Insbesondere, wenn man die Gamsmanagement SZ │ 13
weiteren geplanten Änderungen mit in Betracht zieht. Auch dass tatsächlich alle Jäger zwei Tiere erlegen erscheint unwahrscheinlich. Die erneute Installation eines Informationstelefons, wo sich die Jäger jeweils am Vorabend über die noch freigegeben Tiere erkundigen müssen, soll eine drastische Überschreitung des Kontingents verhindern. Sollte sich nach der erfolgten Umstellung der Gamsbejagung zeigen, dass regelmässig zu viele Gämsen geschossen werden bzw. würden, kann in Betracht gezogen werden, dass lediglich für das Gamsjagdpatent (Ia) zwei Marken abgegeben werden, beim kombinierten Hirsch-Gams-Patent (I) jedoch nur noch eine. Ein weiterer Ansatz wäre, das kombinierte Hirsch-Gams-Patent aufzuheben und ausschliesslich separate Patente, mit einer angepassten Preisstruktur auszugeben. So liesse sich die Anzahl der tatsächlich an der Gamsjagd interessierten Jäger genauer bestimmen und die vermutete Tendenz, dass die Gämse lediglich als «Beiwild» der Rotwildjagd betrachtet wird, unterbinden. Altersklassen & GV Der Kanton Schwyz strebt einen naturnahen Bestand mit einer dementsprechenden Altersverteilung und ein neutrales GV der Jagdstrecke an. Beide Ansprüche sind momentan nicht erfüllt: Es wird eine substanzielle Untervertretung der adulten, reproduktiven Böcke, sowie tendenziell zu starke Klassen der Jährlinge und Subadulten beiderlei Geschlechts vermutet. Das angestrebte GV der Jagdstrecke von ca. 1:1 war über Jahre hinweg zu Ungunsten des Bocks verschoben. Eine erste, vorläufige Analyse der Kohortendaten bestätigt diese Annahme für den Bestand im Jahr 2005 (Abbildung 3). Um eine Aussage über die heutige Altersstruktur des Bestandes zu machen, wären weiterführende Analysen notwendig. Abbildung 3: Anhand einer Kohortenanalyse ermittelte Altersstruktur des Gamsbestandes Schwyz im Jahr 2005. Der minimal nachgewiesene Bestand wird für männliche Tiere mit blauen, für weibliche Tiere mit roten Balken dargestellt. Da die analysierte Kohorte auf jagdlichen Daten basiert und der Abschuss zugunsten des Bockes verschoben ist, wurde für die Gämsen eine vom Geburtsjahr abhängige Korrektur errechnet (hellroter Teil der Balken). Die Rahmen in blau bzw. rot, stellen die ideale Struktur für die errechnete Bestandesgrösse dar. Die Jagdplanung des Kantons Schwyz unterscheidet bislang lediglich zwischen Jährlingen und allen älteren Tieren ohne eine Unterscheidung in Subadult, Adult und Alt. Aus diesem Grund wird nachfolgend lediglich von Jährlingen, Geissen und Böcken gesprochen. Der geplante Eingriff in die Jährlingsklasse lag 2020/21 etwa in der Grössenordnung der empfohlenen 35%. Es wurden jedoch lediglich 2/3 der freigegebenen Jährlinge geschossen. Dasselbe gilt für die Geissen; auch hier wurde nur ca. 2/3 der freigegebenen Tiere geschossen. Bei den Böcken wird dagegen tendenziell zu stark eingegriffen. Um diese Umstände zu adressieren, soll per 2021/22 die Regel «Jährling oder Geiss vor Bock» eingeführt werden. Somit würde mit dem ersten Abschuss eine Gamsmanagement SZ │ 14
stärkere Bejagung der bislang unterbejagten Klasse der Jährlinge bzw. den unterbejagten Geissen erfolgen. Bei den Geissen ist zu erwarten, dass sich diese Abschüsse insbesondere auf die Klassen der Subadulten und der Alten verteilen, da der grösste Teil der Adulten normalerweise führend bzw. melch und somit geschützt ist. Für den zweiten Abschuss wird zusätzlich zu Jährling und Geiss der Bock freigegeben. Diese Massnahme könnte nochmals den Eingriff bei den Weibchen und der Jährlingsklasse verstärken und den Jagddruck auf den Bock allenfalls vermindern. Durch die weiterhin bestehende Bocklimitierung, soll eine Überbejagung des Bockes ausgeschlossen werden. Trotz des erwarteten, deutlich höheren Jagddrucks auf die Jährlinge sollen die starken Tiere erhalten bleiben. Sie bilden die Basis für starke Subadulte bzw. adulte Tiere der Folgejahre. Aus diesem Grund wird eine Gewichtslimite von max. 13kg eingeführt. Bei der Einführung dieser Regeln besteht das Risiko, dass das Interesse an der Gamsjagd abnimmt. Einerseits wird die vermutlich als attraktiver erachtete Bockjagd limitiert. Andererseits werden auch Vorschriften implementiert, die den Jährlingsabschuss weniger interessant machen, indem die starken Tiere geschützt werden. Des Weiteren könnten die Fehlabschüsse bei den Geissen aufgrund der Verschiebung des Jagddrucks zunehmen. Es muss auch beachtet werden, dass die weiblichen Tiere ausschlaggebend sind für die Populationsentwicklung. Eine Überbejagung der subadulten und adulten Geissen würde den Einbruch des Bestandes nach sich ziehen. Folgende Pendenzen müssten zudem angesprochen und klar geregelt werden: - Wird bei einem Fehlabschuss (zu schwerer Jährling oder melche Geiss) der zweite Abschuss trotzdem freigegeben? - Wird bei einem Fehlabschuss (Bock) ein zweiter Abschuss (Jährling oder Geiss) freigegeben, um beispielsweise eine Strafreduktion zu erwirken? Die ursprüngliche Busse müsste jedoch genügend hoch sein, dass es nicht attraktiv ist, den Bock zuerst zu schiessen. Die Reduktion müsste hoch genug sein, um einen Anreiz zum Erlegen von Geiss oder Jährling zu schaffen. Die Idee dahinter ist: wir wollen ein ausgeglichenes GV und mehr Jährlingsabschüsse, d.h. wenn dieser Jäger dann eine Geiss oder einen Jährling nachliefert, haben wir unser Ziel erreicht, dass pro Bock auch eine Geiss oder ein Jährling erlegt wird. - Welche Massnahme wird auf den Kontrollstellen ergriffen um das wiederholte Vorzeigen eines Jährlings oder einer Geiss (Erstabschuss) durch mehrere Jäger zu verhindern? - Wie wird ein (Bock-)Hegeabschuss als Erstabschuss gehandhabt? Der Hegeabschuss muss aus Sicht des Tierwohls Priorität haben. Damit der Jäger einen möglichen Hegeabschuss auch tätigt, sollte er selber entscheiden dürfen, ob dieser Abschuss als Erstabschuss zählt und somit den Bock freischaltet oder ob er einen Markenersatz für den Hegeabschuss erhalten möchte. Die Verschiebung des Jagdfokus auf Jährling und Geiss scheint beim Betrachten der letztjährigen Jagdstrecke durchaus angebracht und eine generelle Reduktion des Bock-Jagddrucks macht Sinn. Es ist in Erwägung zu ziehen, ob starke und 3- bis 10-jährige Böcke für einige Jahre gänzlich geschützt werden sollen, um die Stärkung der adulten Bockklasse zu beschleunigen. Für den Zweitabschuss ist momentan die Freigabe eines Bocks, einer Geiss bzw. eines Jährlings vorgesehen. Nicht nur die Jährlingsklasse, sondern auch die Geissen wurden in den letzten Jahren tendenziell unterbejagt. Sollte sich herausstellen, dass der Jagddruck auf die weiblichen Tiere durch die neue Regelung der Gamsbejagung zu hoch wird, müssten weitere Vorgaben in Erwägung Gamsmanagement SZ │ 15
gezogen werden. Zum Schutz der starken Jährlinge soll neu eine Gewichtslimite eingeführt werden. Das Gewicht stellt ein Mass für die Kondition der Tiere dar. Sollen auch Tiere mit einer starken Konstitution geschützt werden, wäre eine Reglementierung der max. Krickellänge ein guter Ansatz. Obschon dieser Schutz der starken Tiere bei den Jagenden wohl eher unpopulär ist, macht er aus wildtierbiologischer Sicht Sinn. Aus diesem Grund wäre eine Anwendung auf die Altersklassen Subadulte und Adulte (ebenfalls anhand des Gewichts und/oder anhand der Krickellängen) in Erwägung zu ziehen. Insbesondere bei den Böcken könnten so die für die Population wichtigen Tiere geschützt werden. Bei den Geissen gilt die Annahme, dass die starken Adulten auch führend bzw. melch sind und somit bereits einen Schutzstatus geniessen, womit lediglich die Klasse der Subadulten von einer zusätzlichen Regelung profitieren würden. Nach strengen Wintern kann es jedoch sein, dass ein beachtlicher Anteil der adulten Geissen nicht führend ist. In solchen Jahren muss unbedingt sichergestellt werden, dass keine Überbejagung dieser Altersklasse stattfindet, was entweder mittels Kontingentierung der Geissabschüsse oder eben mittels Regelung der max. Krickellänge machbar wäre. Abschliessend bleibt zu sagen, dass eine Verbesserung des GVs nicht nur über die stärkere Bejagung der weiblichen Tiere, sondern auch durch die Reduktion der Bockabschüsse erreicht werden muss. Waldverjüngung Der Kanton Schwyz möchte einen stärkeren Eingriff in die Gamsbestände in bewaldeten Gebieten im Vergleich zu den Gebieten oberhalb der Waldgrenze. Im Fokus stehen dabei die Wildschadenperimeter (Schutzwald) und die Wildregion Mitte wo eine verstärkte Nutzung der Waldgämsen angestrebt wird. Aus diesem Grund soll mit der Umstrukturierung der Gamsjagd spezifisch für jede Wildregion auch eine sog. Höhenkote eingeführt werden. Der Erstabschuss soll unterhalb dieser Höhenkote erfolgen. Für den Zweitabschuss existieren keine räumlichen Vorgaben. Zudem soll die Gamsjagd unterhalb der Höhenkote bereits am 1.9. eröffnet werden, während die Jagd oberhalb der Höhenkote erst ab dem 10.9. erlaubt ist. Der Kanton sieht vor, dass auch zusätzliche Marken für Wildschadensgebiete abgegeben werden können, wobei die Regelungen zur Schonung des Bocks weiterhin bestehen bleiben. Der räumlich geregelte Erstabschusses könnte die Attraktivität der Gamsjagd beeinträchtigen. Einerseits dadurch, dass die Gamsjagd traditionell als eine Jagd oberhalb der Waldgrenze angesehen wird. Dementsprechend könnte das Wissen über gute Jagdgebiete bzw. Gamseinstände unterhalb der Waldgrenze limitiert bzw. nicht vorhanden sein. Andererseits kann die Jagd im Wald als schwieriger angesehen werden, da das Gelände steiler und unübersichtlicher und die Sicht zur Ansprache bzw. die freie Schussbahn eingeschränkt sein kann. Sollten sich diese Punkte als wahr erweisen, könnte dies die Erfüllung der freigegebenen Abschüsse beeinflussen, sei es durch den Rückgang der gelösten Patente oder dass die Jägerschaft aufgrund fehlenden Wissens und erschwerter Umstände weniger erfolgreich ist. Von der grossflächigen Bejagung unterhalb einer festgesetzten Höhenkurve wird abgeraten. Stattdessen sind Schwerpunktbejagungsgebiete vorzuziehen. Die Ausscheidung von Schwerpunktbejagungsgebieten bedingt aber ein detailliertes Wissen über die Streifgebiete der schadensverursachenden Teilpopulation, insbesondere über die der Geissrudel. Weiters ist zu überlegen, ob anstelle einer Vorschrift (Erstabschuss muss unterhalb einer Höhenkote Gamsmanagement SZ │ 16
erfolgen) ein Anreiz geschaffen werden könnte, um die Jagd im Wald attraktiver zu machen. Ein möglicher Ansatz wäre der Wegfall der Gewichtslimite der Jährlinge unterhalb der Höhenkote. Diese Regelung könnte auch auf Geissen und Böcke ausgeweitet werden, sofern z.B. eine Regelung der max. Krickellänge eingeführt würde. Das Ergebnis wäre der Schutz der starken Tiere oberhalb einer bestimmten Höhenkote, und eine einfachere und attraktivere Jagd durch den Wegfall der Limitierung und der Aussicht auf ein starkes Tier unterhalb davon. Falls dieser Vorschlag, weg von einer Vorschrift und hin zu einem Anreizsystem umgesetzt wird, könnte die zeitliche Verkürzung der Jagd oberhalb der Höhenkote aufgehoben werden. Sofern keine Pflicht zur Ausübung der Jagd unterhalb der Höhenkote vorhanden ist, würde sich die zeitliche Limitierung oberhalb der Kote voraussichtlich lediglich in einem höheren Jagddruck während der erlaubten Zeit manifestieren. Umsetzung Die besten Massnahmen sind nutzlos, sofern sie nicht umgesetzt werden. Aus diesem Grund ist es wichtig bei der Umstrukturierung der Gamsjagd die folgenden zwei Punkte im Auge zu behalten: - Akzeptanz und Vertrauen der Jägerschaft - Umsetzbarkeit der formulierten Massnahmen Konkret bedeutet dies, dass die Jagdverwaltung bzw. die Jagdkommission den Rückhalt der Jagenden haben muss diese Umstellung umsetzen zu können. Bereits mehrere Kantone sind daran gescheitert und mussten, nachdem die Vorgabe «Geiss vor Bock» jagdplanerisch verankert wurde, aufgrund des politischen Drucks wieder davon abweichen. Doch selbst wenn die Jägerschaft bereit ist, die neuen Massnahmen mit zu tragen, kann die Umsetzung hapern, beispielsweise weil die neuen Vorschriften zu komplex oder zu stark reglementierend sind. Ansätze - Information und Aufklärung der Jägerschaft; aufzeigen welche Änderungen vorgenommen werden, aus welchen Gründen sie als notwendig erachtet werden, und welche positiven Konsequenzen man sich davon erhofft. Dies könnte beispielsweise anhand einer kurzen Broschüre und im Rahmen von Informationsveranstaltungen mit anschliessenden Fragerunden erfolgen. - Akzeptanz der Jägerschaft erhalten, indem mit Anreizen anstatt Geboten bzw. Verboten gearbeitet wird (siehe beispielsweise auch Massnahmen, Höhenkote). Die Gamsjagd muss sich attraktiv präsentieren, um einen Rückgang der Anzahl gelöster Jagdpatente zu verhindern. - Pragmatischer Ansatz bei der Formulierung der Massnahmen; hinterfragen, ob der durchschnittliche Gamsjäger zur tatsächlichen Umsetzung auch fähig ist. Von einer «Überregulation» mit zu vielen Vorschriften ist möglichst abzusehen. Erfolgskontrolle Die Erfolgskontrolle wird jährlich durchgeführt und hat, wie im vorliegenden Konzept ersichtlich ist auch bereits einige Änderungen und Anpassungen des Gamsmanagement-Prozesses angestossen. Mit der geplanten drastischen Umstrukturierung der Gamsjagd, wird die Erfolgskontrolle umso wichtiger, um überprüfen zu können, ob sich die Stossrichtung als zielführend erwiesen hat. Dabei ist Gamsmanagement SZ │ 17
nicht nur die Datenauswertung (Soll-Ist-Vergleich) wichtig, sondern auch die Stimmung und Erfahrungen der Jägerschaft. Ansätze - Detaillierte Auswertung der Jagdstrecke, allenfalls Problemidentifikation und Aufarbeitung in der nächsten Jagdplanungsperiode. - Umfrage (oder andere Art der Rückmeldung) bei der Jägerschaft. - Transparenz bzw. Information durch die kantonale Stelle nach Durchführung der Erfolgskontrolle, z.B. mittels Broschüre, welche aufzeigt was erreicht wurde, wo’s gehapert hat und welche Auswirkung das auf das nächste Jagdjahr haben wird. Fazit Eine Umstrukturierung der Schwyzer Gamsjagd, weg von der traditionellen Bockbejagung und hin zu einem stärker wildtierbiologisch orientierten Gamsmanagement ist angebracht. Dabei sollte aber zwingend der ganze Prozess des adaptiven Wildtiermanagements kritisch betrachtet und wo nötig verbessert werden. Obschon auch bei den Grundlagendaten und Zielformulierungen Handlungsbedarf identifiziert wurde, heisst das nicht, dass eine Umstrukturierung der Massnahmen nicht bereits im Jagdjahr 2021/22 erfolgen sollte. Es gilt jedoch darauf zu achten, eine Überregulation der Jagd zu verhindern, um die Akzeptanz und das Interesse der Jagenden zu erhalten. So sollten die als zwingend notwendig erachteten Regeln für das Erreichen eines bessern GVs bzw. der naturnahen Altersstruktur implementiert werden. Für die Erreichung weiterer Ziele, beispielsweise der Waldverjüngungssituation, sollte die Möglichkeit eines Anreizsystems geprüft werden. Die Information bzw. weitere Sensibilisierung der Jägerschaft für die wildtierbiologischen Zusammenhänge und die Konsequenzen der Gamsbejagung scheint im Hinblick auf die geplante Umstrukturierung der Gamsjagd angebracht. Nach der erfolgten Umstellung des Bejagungsmodells, ist eine detaillierte und kritische Erfolgskontrolle besonders wichtig. Nur so kann festgestellt werden, ob die implementierten Änderungen den gewünschten Effekt haben. Eine Rückfrage bei der Jägerschaft, wie das erste Jagdjahr mit den neuen Regelungen empfunden wurde, könnte helfen die Akzeptanz zu stärken und Probleme in der Umsetzung zu identifizieren. Eine transparente Kommunikation, welche Resultate die Erfolgskontrolle geliefert hat und welche Konsequenzen sich daraus für das nachfolgende Jagdjahr ergeben, ist empfehlenswert. Abschliessend bleibt nochmals zu erwähnen, dass das Management der Gämse Geduld erfordert. Wie bereits angesprochen, verändern sich Bestände aufgrund der relativ späten Geschlechtsreife und einer geringen Reproduktions- bzw. Zuwachsrate nur langsam. Grundlegende Änderungen in der Altersstruktur und dem GV eines Bestands sind somit erst nach einigen Jahren der angepassten Bejagung zu erwarten. Gamsmanagement SZ │ 18
Literatur Baumann M., Muggli J., Thiel D., Thiel-Egenter C., Thüring M., Volery P., Widmer P. A. & Zimmermann U. (2012). Jagen in der Schweiz – Auf dem Weg zur Jagdprüfung (1. Auflage). Salm Verlag, Bern. Baumann M. & Struch M. (2001). Wildtiermanagement am Beispiel von Waldgemsen. Wildbiologie 4/27. Begon M., Townsend C. A. & Harper J. L. (2005). Ecology – Form Individuals to Ecosystems. John Wiley & Sons, Hoboken, New Jersey, USA. Bundesamt für Umwelt BAFU (2010). Wald und Wild – Grundlagen für die Praxis. Wissenschaftliche und methodische Grundlagen zum integralen Management von Reh, Gämse, Rothirsch und ihrem Lebensraum. Umwelt-Wissen Nr. 1013, Bern. Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft BSG (2017). Bundesgesetz über die Jagd und den Schutz wildlebender Säugetiere und Vögel (JSG). Abrufbar unter www.fedlex.admin.ch Doran G. T. (1981). There's a S.M.A.R.T. way to write management's goals and objectives. Management Review. Graf R. F., Bächtiger M., Scherrer D. & Robin K. (2008). Lebensraumanalyse und Entwicklung der Schalenwildbestände im Kanton Schwyz. Bericht im Auftrag der Dienststelle Jagd und Fischerei des Kanton Schwyz. ZHAW, Wädenswil. JagdSchweiz & Jagd- und Fischereiverwalterkonferenz JFK (-). Die Gämse in der Schweiz – Wir tragen Verantwortung! Herausforderungen und Lösungen für ein nachhaltiges Management. Abrufbar unter www.jagdschweiz.ch Jagd- und Fischereiverwalterkonferenz JFK, JagdSchweiz, Bundesamt für Umwelt BAFU (2015). Die Gämse in der Schweiz – Bestandesentwicklungen und Einflussfaktoren. Schlussbericht zur Tagung. Robin K., Graf R. F. & Schnidrig R. (2017). Wildtiermanagement – Eine Einführung (1. Auflage). Haupt Verlag, Bern. Schnidrig-Petrig R. & Salm U. P. (2009). Die Gemse (2. Auflage). Salm Verlag, Bern. Schweizerischer Bundesrat SBR (2018). Verordnung über die Jagd und den Schutz wildlebender Säugetiere und Vögel (JSV). Abrufbar unter www.fedlex.admin.ch Willisch C. & Boldt A. (2013). Gämsbejagung im Kanton Schwyz – Situationsanalyse, Handlungsbedarf und Massnahmen. Bericht im Auftrag des Amts für Natur, Jagd und Fischerei (ANJF). Gamsmanagement SZ │ 19
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