Eltern - Baby - Psychotherapie, Behandlung psychisch kranker Eltern mit ihren Babys, Behandlungskonzept der Hamburger Eltern-Baby-Tagesklinik ...

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Eltern – Baby – Psychotherapie,
Behandlung psychisch kranker Eltern mit
ihren Babys, Behandlungskonzept der
Hamburger Eltern-Baby-Tagesklinik

      Dr. med. Christiane Deneke, Hamburg
Inhalt

n   Wer ist der Patient?
n   Wodurch entstehen Probleme in der frühen Lebenszeit?
n   Wie äußern sie sich?
n   Psychische Erkrankungen in der Schwangerschaft
n   Postpartale psychische Erkrankungen
n   Möglichkeiten der Intervention
n   Psychotherapie
n   Interaktion
n   Konzept der Hamburger Eltern-Baby-Tagesklinik
Wer ist der Patient?

n   Erwartung und Geburt eines Kindes machen die
    Kindheitsgeschichte der Eltern wieder lebendig
n   Die unbewussten Einstellungen der Eltern beeinflussen den
    Umgang mit dem Baby maßgeblich
n   Das Baby reagiert – offenbar auch schon intrauterin – auf die
    Gefühle der Eltern
n   Das Baby bringt eigene Merkmale mit, die die Eltern beeinflussen
n   Die auf diese Weise entstehenden Teufels- oder „Engelskreise“
    (Papousek) werden durch psychosoziale Risiko- /Schutzfaktoren
    verstärkt/ abgeschwächt
n   Der „Patient“ ist also die prozesshafte Einheit von Eltern,
    Säugling und Umfeld
Wodurch entstehen Probleme in der
frühen Lebenszeit?

n   Eigene unbewältigte Kindheitsgeschichte der Eltern
    q   Identifikation mit dem Baby – eigene Traumata werden
        wiedererlebt
    q   Identifikation mit dem traumatisierenden eigenen Elternteil
    q   Gespenster im Kinderzimmer: Kind repräsentiert eine
        signifikante Person/ Beziehungserfahrung der eigenen
        Geschichte
    q   Beziehungsmuster werden wiederholt
    q   Kind repräsentiert unbewusste eigene Aspekte
        (narzißtische Projektionen, Richter)
Wodurch entstehen Probleme in der
frühen Lebenszeit?
n   Paarkonflikte tauchen auf/ verschärfen sich
    q Unterschiedliche biographische Hintergründe, werden
      wieder virulent
    q Unterschiedlicher Einstellungen zur Eltern-/
      Partnerschaft werden aktuell
    q Ungewohnte Belastung durch das Baby führt zu
      Konflikten
n   Defizite in der psychosozialen Einbettung der jungen
    Familie (s. Risikofaktoren)
n   Die genannten Faktoren begünstigen die Entstehung
    oder Exazerbation psychischer Erkrankungen der Eltern
Beitrag des Säuglings zu Problemen in der
Beziehung
n   Biologische Ausstattung
    q   Frühgeburtlichkeit
    q   Krankheit
    q   Behinderung
    q   Schwierige Temperamentsmerkmale
        n   Irritabilität
        n   Zurückgezogenheit
        n   Regulationsprobleme
n   Wechselwirkung Anlage/ Umwelt
Psychosoziale Risikofaktoren

n   Frühe Elternschaft
n   Ein-Eltern-Familie
n   Disharmonische Partnerschaft
n   Niedriges Bildungsniveau
n   Soziale Isolation
n   Ungünstige sozio-ökonomische Bedingungen
n   Wenig unterstützende Familienumwelt
n   Psychische Erkrankung
n   Ungenügende Bewältigungskompetenzen
Ressourcen

n   Geplante, gewünschte Schwangerschaft
n   Stützende Paarbeziehung
n   Triadische Kapazität der Eltern
n   Freude an der Elternschaft
n   Freier Zugang zu Kindheitserlebnissen
n   Ablösung vom Elternhaus (bezogene
    Individuation)
n   Gute Beziehung zur eigenen Mutter
n   Unterstützendes soziales Netz
n   Fehlen psychosozialer Stressfaktoren
n   Gute Bewältigungskompetenzen
Anpassungs- und
Entwicklungsaufgaben der Eltern
n   Prä-, peri- und postnatale Beziehungsaufnahme
    zum Kind
n   Aufbau von Selbstvertrauen in die eigenen
    intuitiven Kompetenzen
n   Übergang zur Elternschaft
    q   Identität in der Elternrolle finden
    q   Von der Zweier- zur Dreierbeziehung
n   Psychodynamische Reorganisation, Aktivierung
    eigener Bindungs- und Beziehungserfahrungen
n   Balance zwischen reaktivierten eigenen
    kindlichen Bedürfnissen und elterlicher Fürsorge
n   Bindung und Lösung, Abhängigkeit und
    Autonomie
Die wichtigsten Konflikte mit der
Mutterschaft
n   Autonomie/ Abhängigkeit
    q   Aus eigenen unbefriedigenden bzw. bedrohlichen
        Beziehungserfahrungen progressive Abwehr in Form
        beruflicher Tüchtigkeit, Perfektion, distanzierter
        Beziehungen. Zusammenbruch in Konfrontation/
        Identifikation mit dem abhängigen/ beziehungsfordernden
        Säugling bzw. der eigenen Abhängigkeit/ dem eigenen
        Nähewunsch
n   Selbstliebe/ Mutterliebe
    q   Das (gesellschaftlich geprägte) Ideal kollidiert mit eigenen
        unbefriedigt gebliebenen Bedürfnissen. Kind wird je nach
        Ausmaß der eigenen Aggression als Überforderung oder
        als Konkurrenz erlebt
Wie äußern sich Probleme in der frühen
Lebenszeit?
n   Während der Schwangerschaft
    q   hochgradige Ambivalenz, Paarkonflikte, Ängste,
        Depression (bis zu einem gewissen Grad völlig normale
        Anpassungsreaktion)
    q   Neubeginn oder Exazerbation bestehender psychischer
        Krankheiten
n   Postpartal
    q   Wie oben, außerdem: keine Freude am Kind, Ablehnung
        des Kindes, Aggressionen gegen das Kind
    q   Regulationsstörungen, Entwicklungs- und Gedeihstörungen
        ohne organische Ursache, reaktive Bindungsstörung
    q   Störungen der Interaktion
    q   Diese Dinge treten kaum isoliert auf
Psychische Erkrankungen in der
Schwangerschaft
n   Grundsätzlich: die Schwangerschaft bietet keinen besonderen Schutz
    gegen psychische Erkrankungen, und die Zeit nach der Geburt bringt
    das höchste Risiko im Leben einer Frau, psychisch zu erkranken!
n   Depressive Störungen
    q   70% der Schwangeren berichten zeitweise Symptome einer Depression
        (abzuklären sind: physiologische Erscheinungen der Schwangerschaft,
        Schilddrüsenunterfunktion, diabetische Stoffwechsellage, Anämie)
    q   10% haben bei strenger Diagnostik eine klinisch relevante depressive
        Störung
    q   Risikofaktoren: frühere Depression, familiäre Belastung, negative
        Lebensereignisse, Partnerprobleme, Schwangerschaftskonflikt, Ablehnung
        der Schwangerschaft
    q   Depression während der Schwangerschaft und Häufung von Risikofaktoren:
        Prädiktionsindex für postpartale Depression
    q   Stress, Ängste + Risikofaktoren in der Schwangerschaft sagen erhöhte
        Irritierbarkeit des Neugeborenen voraus
    q   Diese begünstigt wiederum das Auftreten einer postpartalen Depression (bei
        80% vs. 19% bei risikobelasteten Müttern mit unauffälligen Neugeborenen)
Psychische Erkrankungen in der
Schwangerschaft
n   Schizophrenie
    q   Ein kleiner Teil erscheint besonders stabil (Schutz durch
        hohen Östrogenspiegel)
    q   Die Mehrheit ist schon während der Schwangerschaft
        überlastet, überfordert und deshalb rückfallgefährdet
    q   Schwangerschaften schizophrener Frauen sind besonders
        oft ungeplant oder unbedacht, Vorsorge, körperliche Pflege
        und Ernährung schlechter, Versuche vorzeitiger
        Selbstentbindung, Missbrauch des Föten und Neonatizid
        häufiger als im Durchschnitt
    q   Mehr Frühgeburten, perinatale Komplikationen,
        untergewichtige Neugeborene, was wiederum die
        Belastung der Mutter verstärkt
Psychische Erkrankungen in der
Schwangerschaft
n   Angststörungen
    q   Sowohl Besserung als auch Verschlimmerung in der
        Schwangerschaft möglich, keine Prädiktoren
n   Zwangsstörungen
    q   Deutlich erhöhtes Risiko während der Schwangerschaft
    q   Erhöhte Rate von Ersterkrankungen
n   Bipolare Störungen
    q   Manche Patientinnen bleiben auch nach Absetzen der
        Prophylaxe ausgeglichen
    q   In 50% erneute Krankheitsphase
Psychische Erkrankungen in der
Schwangerschaft
n   Konflikt- und Anpassungsreaktionen bei „glückloser“
    Schwangerschaft
    q   Ungelöste Schwangerschaftskonflikte
    q   Durch die Schwangerschaft wieder aufgetauchte oder
        verstärkte eigene unverarbeitete psychische Probleme
        („Gespenster“)
    q   Interruptio, Fehlgeburt
    q   Schwangerschaftskomplikationen, traumatisch erlebte
        Schwangerschaft
    q   Drohende Frühgeburt
    q   Drohende Behinderung, Missbildung, angeborene
        Erkrankung des Kindes
Postpartale psychische Erkrankungen
n   „Babyblues“ Anpassungsreaktion leichterer Art, schwerere Erkrankung darf nicht als
    Babyblues verharmlost werden! Alles, was länger als 3-5 Tage dauert und/ oder
    schwerer erscheint als eine leichte depressive Verstimmung, muss rasch behandelt
    werden!
n   Postpartale Depression nach 10–15% aller Geburten
n   Postpartale Psychose nach 0,1-0,2% aller Geburten
n   Postpartale Anpassungsstörung nach traumatischer/ Frühgeburt, bei Missbildung,
    Krankheit, Behinderung des Kindes
n   Exazerbation bestehender Erkrankungen
    q   Bipolare Störung: in 30-50% schwere Wochenbettpsychose, Prädiktionsindex: Erstgeburt, Sektio, frühere
        Wochenbettpsychosen
    q   Angststörungen: deutlich erhöhte Vulnerabilität (90% der Frauen mit früheren Panikstörungen erleiden
        Rückfall im Wochenbett)
    q   Zwangsstörungen: deutlich erhöhtes Risiko
    q   Persönlichkeitsstörungen: oft erst einmal als Depression „maskiert“
    q   Schizophrenie: hohe Rückfallrate

Hospitalisierung in der Psychiatrie in den ersten 30 Tagen nach einer Geburt 35fach, in den ersten 90
   Tagen noch 12,7fach erhöht
Regulationsstörungen

n   Sehr häufige Störungsbilder (hohe Vulnerabilität in
    dieser Lebensphase): 20-35%
n   Exzessives Schreien: mehr als 3 Wochen an mehr
    als 3 Tagen über mehr als 3 Stunden (Wessel-
    Regel), Eltern hilflos
n   Schlafstörungen oft Ausdruck einer ungelösten
    Trennungsproblematik
n   Fütterstörung
    q   Füttersituation von den Eltern längere Zeit als
        unangemessen empfunden
    q   Kind nimmt nicht zu oder verliert mindestens einen Monat
        Gewicht
Entwicklungs- und Gedeihstörungen

n   Retardierung der Entwicklung (global = motorisch, kognitiv,
    sozial-emotional) tritt relativ rasch auf: schon 3 Monate mit einer
    depressiven Mutter als alleiniger Bezugsperson haben deutliche
    Folgen, die aber auch rasch wieder ausgeglichen werden
    können. Je länger die Deprivation anhält, desto schwerer und
    weniger gut kompensierbar die Folgen
n   Gedeihstörung: Körpergewicht konstant unter der Norm,
    dauerhafte körperliche Schädigung möglich. Ohne globale
    Retardierung: Anzeichen für chronische Fütterprobleme, mit
    globaler Retardierung: Anzeichen für schwere Deprivation
n   Starke Retardierung ohne oder mit Gedeihstörung eines ansich
    gesunden Kindes ist Symptom stärkerer Vernachlässigung, eine
    mehrdimensionale Intervention ist erforderlich
Reaktive Bindungsstörung

n   Zeichen von Vernachlässigung/ Misshandlung/
    Missbrauch
n   Abnormes Beziehungsmuster zu den primären
    Betreuungspersonen mit widersprüchlichen sozialen
    Reaktionen: Furchtsamkeit, Dissoziation oder
    Aggressivität gemischt mit Zuwendung
n   Zuwendung eher zu anderen als den primären
    Betreuungspersonen, wenn Schutz oder Trost
    gebraucht wird
n   Mehrdimensionales Vorgehen erforderlich
Alarmsignale
n   Mutter/ Vater
    q   Nicht reflektierbare Gleichgültigkeit, Ablehnung des Kindes,
        offene Feindseligkeit
    q   Selbstgefährdung
n   Kind
    q   Angstvolles Erstarren (freezing)
    q   „Wegtreten“ (Dissoziieren)
    q   Anklammern an Fremde
    q   Deutliche Vernachlässigungszeichen
n   Umgebung
    q   Gewalt, Alkohol, Drogen
n   Grenze für Psychotherapie, mehrdimensionales Vorgehen
    erforderlich
Möglichkeiten der Intervention
n   Allgemein
    q Unterstützung der Eltern

    q Organisation von Begleitung zuhause

    q Kontakte, Beschäftigungsangebote mit Kind

n   Förderung einer positiven Beziehung zum Kind
    q Sensitivitätstraining (Babymassage, PEKIP etc)

    q Anleitung im Umgang

n   Spezifische Beratung
    q   Krankheitsbezogen
    q   Entwicklungsbezogen
    q   Symptombezogen (z.B. bei Regulationsstörungen)
n   Psychiatrische Behandlung
n  Psychotherapie
Grundsätzlich: positive, ressourcenorientierte Einstellung zu den Eltern!
Psychotherapie in der frühen Kindheit

n   Schwangerschaft
n   Säuglings- und Kleinkindzeit
    q   Analytisch orientierte Verfahren
    q   Am Verhalten orientierte Verfahren
    q   Arbeit mit Video
n   Indikationen für
    q   Einzeltherapie Mutter/ Vater/ Kind
    q   Paartherapie
    q   Gruppentherapie
n   Berücksichtigung des psychosozialen Umfelds
Psychische Erkrankung in der
Schwangerschaft : Behandlung

n   Grundsätzlich: Ernstnehmen, denn psychisch belastete
    Schwangere neigen eher zum Herunterspielen ihrer Probleme
    (Erwartungsdruck)
n   Konfliktzentrierte Gespräche, Beratung über Hilfen
n   Häufige Kontakte, Aufbau eines unterstützenden sozialen Netzes
n   Psychotherapie bei entsprechender Indikation
n   Medikamentöse Behandlung: Risiko und Nutzen abwägen, bei
    stärkerer Symptomatik gelegentlich auch im 1. Trimenon
    unerlässlich
Psychotherapie in der Schwangerschaft

n   Psychoanalytisch orientiert
n   Einzeltherapie der werdenden Mutter bei
    reaktivierten eigenen Konflikten aus der
    Vergangenheit – aber auch hier Einbeziehung des
    Partners bedenken, der in die Problematik involviert
    ist
n   Partnertherapie bei entsprechenden Problemen
n   Bei früherem sexuellen Missbrauch an
    Vorkehrungen für die Geburt denken
Psychotherapie von Säuglingen und
Kleinkindern mit ihren Eltern
n   „Rein“ psychoanalytisch orientiert: Arbeit an den
    inneren Vorstellungsbildern der Eltern, die in
    Anwesenheit des Babys auftauchen. Video hilfreich,
    aber nicht erforderlich.
n   Eltern-Säuglings-Psychotherapie nach S. Fraiberg:
    psychoanalytisch orientiert mit aktiver Förderung
    einer positiven (Mutter-) Übertragungsbeziehung
    zwischen Therapeutin und Mutter. Hausbesuche
    günstig. Besonders geeignet für Risikogruppen.
    Video hilfreich, aber nicht erforderlich.
n   Psychoanalytisch orientierte Video-Mikroanalyse (B.
    Beebe): Videosequenzen werden mit den Eltern
    angeschaut, die dabei auftauchenden Gefühle,
    Erinnerungen, Konflikte zum Thema gemacht
Psychotherapie von Säuglingen und
Kleinkindern mit ihren Eltern
n  „Interaction
              - Guidance“ (Susan McDonough): stark
   ressourcenorientierte, am konkreten Verhalten orientierte
   Video- Feedback - Methode. Besonders geeignet für
   Risikogruppen.
n „Watch, Wait and Wonder“: Video   - Feedback, bei dem die
   Eltern erst einmal nur sich zurückhalten und ihr Kind
   beobachten sollen. Besonders geeignet für
   überstimulierende Eltern
n „Augenblicke der Begegnung“: kommunikationszentrierter
   Ansatz (M. Papousek), wobei glückliche Momente von
   gutem Eltern - Kind
                     - Kontakt herausgegriffen und positiv
   verstärkt werden.
Alle genannten und die vielen ungenannten Methoden ähneln
   sich mehr als dass sie sich unterscheiden
Die Väter werden nur fakultativ mit einbezogen.
Besondere Formen

n   Psychoanalytische „Einzeltherapie“ des
    Säuglings (Schule Lacan: Dolto, Eliacheff)
n   Mutter-Vater-Baby-Therapie, abgeleitet vom
    Lausanner Spiel zu dritt (Fivaz, v. Klitzing)
n   Behandlung der posttraumatischen
    Belastungsstörung beim Baby und Kleinkind:
    schrittweise Annäherung an das Trauma von
    einer sicheren Basis aus
Indikationen für andere Settings
n   Einzeltherapie
    q   Mutter oder Vater: wenn die individuellen Probleme mit der
        Elternschaft im Vordergrund stehen bzw. durch Eltern-Baby-
        Beratung oder –Therapie deutlich geworden sind
    q   Kind: bei Kleinkindern ab ca. 2 J bei schwerer, verfestigter
        Symptomatik infolge traumatischer Einwirkungen und/ oder wenig
        zugänglichen Eltern (natürlich ist dabei auch intensive Arbeit mit
        den Bezugspersonen notwendig)
n   Paartherapie
    q   Wenn die Partnerprobleme im Vordergrund stehen bzw. die
        Problematik immer wieder schüren.
n   Gruppentherapie
    q   Mütter-Baby-Gruppen, Müttergruppen, Vätergruppen, auch
        ergänzend zu anderen Behandlungsformen als zusätzliche
        Unterstützung: Austausch, Überwindung von Scham und
        Isolation, Lernen am Modell
n   Flexibles Setting
    q   Günstig: bis ein Fokus gefunden wird oder auch auf Dauer
Besonderheiten der Psychotherapie in der
frühen Kindheit (Stern: Mutterschaftskonstellation)

n   Positive, die Eltern wertschätzende und
    ermutigende Einstellung
n   Weniger abstinente Haltung
n   Einbeziehen der nonverbalen Signale des
    Babys
n   Flexibilität: Therapien können sehr rasch
    Erfolg haben, bei den nächsten
    Entwicklungsschritten aber erneut gebraucht
    werden
Warum ist die Interaktion so wichtig?

n   Die Erfahrungen des Babys im Zusammenleben mit seinen
    Eltern bilden die Grundlage seiner seelischen Struktur.
    Wiederkehrende kleinste Kommunikationseinheiten werden
    zusammen mit dem begleitenden Gefühl gespeichert. Sie
    bilden die Grundlage für Erwartungen an die Umwelt und
    das Selbsterleben.
n   Es ist also die Interaktion, über die sich elterliche
    Einstellungen und Probleme mitteilen und Eingang in die
    Ausbildung der psychischen Struktur des Kindes finden
    (Selbstbild, Erwartungen an andere, Vertrauen in die
    eigenen Selbstwirksamkeit bzw. in die Unterstützung durch
    andere Menschen etc.). Eine anhaltende Störung der
    Eltern
         - Kind- Interaktion sagt spätere psychische
    Entwicklungsprobleme des Kindes voraus
n   Daher ist die Beobachtung und Behandlung der Interaktion
    ein wichtiger Bestandteil der frühen Interventionen
Postpartale psychische Erkankungen -
Interaktion

¢   Grundsätzlich keine Spezifität, d.h. jeder Einzelfall muss
    individuell eingeschätzt werden
¢   Stärkere Beeinträchtigung des Interaktionsbeitrags der
    Mutter bei
    —   Florider Plus-Symptomatik
    —   Ausgeprägter Minus-Symptomatik
    —   Schizophrenen vs. bipolaren vs. unipolar depressiven Störungen
    —   Zusätzlichen belastenden Faktoren (schlechte Partnerbeziehung,
        schlechte Kindheitserfahrungen)
—   In Fällen mit zusätzlicher Risikobelastung
    chronifiziert die Störung der Interaktion und bildet
    damit die Grundlage späterer Psychopathologie
    des Kindes
Beobachtungen bei depressiven
Müttern
n Ungestörte mütterliche Kompetenz möglich
n Unterstimulation (mangelnde Responsivität)
n Überstimulation (Kontrolle)
n Wechsel dieser Zustände
n Depressive Mütter sind meist weniger positiv
  unterstützend, weniger spielerisch,
  empathisch, fähig zur Regulation schwieriger
  Zustände beim Kind.
Ein schwer depressiver Mensch ist als einzige
  Bezugsperson nicht geeignet
Suizidgefahr beachten!
Beobachtungen bei manischen Müttern

n   Ungestörte mütterliche Kompetenz nicht
    vorhanden
n   Erhebliche Überstimulation mit positiver oder
    negativer, oft rasch wechselnder affektiver
    Tönung
n   Gefährdung des Kindes durch unangemessenen
    Umgang, oft wird es behandelt, als sei es schon
    groß
n   Ein Kind soll nicht mit einer akut manischen BP
    alleine bleiben!
Beobachtungen bei schizophrenen
Müttern
n   Ungestörte mütterliche Kompetenz
    phasenweise, abwechselnd mit anderen
    Interaktionsweisen
n   Akute wahnhaft-halluzinatorische Symptomatik:
    Mutter soll nicht mit dem Kind alleine bleiben
n   Bei Minus-Symptomatik: Nicht-Responsivität (als
    einzige Bezugsperson nicht geeignet)
n   Achtung: das Kind kann in ein Wahnsystem
    einbezogen sein
n   Denkstörungen können Gefährdung des Kindes
    bedeuten
Beobachtungen bei Müttern mit Angst-
oder Zwangsstörungen

n   Enger Spielraum für einfühlsame Pflege,
    unbeschwertes Spiel und empathisch begleitete
    Exploration
n   Bei Überschreiten der Grenzen starke, angstvoll
    bis aggressiv getönte Kontrolle
n   Achtung: enger Einbezug in ein Angst- oder
    Zwangssystem bedeutet Gefährdung der
    kindlichen Entwicklung
Beobachtungen bei Müttern mit
Borderline-Persönlichkeitsstörungen

n  Sensitivität
n Unterstimulation
n Überstimulation
n Erstickende Zärtlichkeit
n Aggressive Ablehnung
n Misshandlung
In unvorhersehbar raschem Wechsel
Die Unterstützung und Begleitung dieser Mütter und ihrer Kinder
   ist besonders wichtig und schwierig wegen der wechselnden
   Zustände, der u. U. plötzlich eintretenden Gefährdung des
   Kindes und der Nähe/ Distanzprobleme der Mütter.
   Langjährige Vertrauensbeziehungen sind notwendig!
Probleme in der frühen Entwicklung
Beobachtungen der Hamburger Eltern-Baby-Tagesklinik

n   Auffälligkeiten der Kinder
    q   Reaktive Bindungsstörungen (45%)
    q   Regulationsstörungen (33%)
    q   Entwicklungsverzögerungen (33%)
    q   Hyperaktivität, riskantes Verhalten (17%)
    q   Gedeihstörung (11%)
    q   Frühe Anzeichen für Entwicklung eines falschen
        Selbst (Parentifizierung): ängstlicher Gehorsam,
        übermäßige Fürsorglichkeit als Versuch, die Mutter zu
        kontrollieren (30%)
Verteilung der Bindungsmuster in
Deutschland (nach Ziegenhain)

n   Sichere Bindung bei 45 % der Kinder
n   Unsicher-vermeidend bei 28 %
n   Unsicher-ambivalent bei 7%
n   Desorganisiert bei 20%
    q   Bei 50-80% misshandelter Kinder
    q   Bei 25-60% der Kinder mit depressiven Eltern
    q   Bei 40-55% der Kinder, deren Eltern unverarbeitete Verluste hatten
    q   Bei 43% der Kinder von alkohol-/drogenabhängigen Eltern
    q   Bei 20-60% der Kinder von jugendlichen/ alleinerziehenden Müttern
    q   Bei 35 % der Kinder mit schweren Auffälligkeiten wie Autismus, Down-
        Syndrom, neurologischen Krankheiten
Hamburger Eltern-Baby-Ambulanz
und -Tagesklinik
n   Spezialambulanz seit 1994
    Zielgruppe: psychisch belastete Eltern (meist
      Mütter) mit Säuglingen oder Kleinkindern bzw.
      schon in der Schwangerschaft
    Rahmen: kinder- und jugendpsychiatrische
      Institutsambulanz
n   Eltern-Baby-Tagesklinik seit 1998
    Zielgruppe: psychisch belastete Eltern (vor allem
      Mütter) mit Babys < 1 Jahr
    Rahmen: 4 Behandlungsplätze in eigenen Räumen
      der kinder- und jugendpsychiatrischen Tagesklinik
Angebote

n   Ambulanz
    q   Diagnostik
    q   Krisenintervention
    q   Beratung
    q   Behandlung
    q   Begleitung, Nachsorge
n   Tagesklinische Behandlung
Diagnostik

n   Mutter: psychiatrischer Status (Krankheit, Selbst-
    und Fremdgefährdung, Kompetenzen, insbesondere
    Empathie und Fähigkeit zur Selbstreflektion)
n   Kind: Entwicklung, Probleme, insbesondere akute
    Gefährdung, Ressourcen
n   Interaktion
n   Partnerschaft: Unterstützung, Belastung?
n   Weitere Familie: Unterstützung, Belastung?
n   Soziales Netz
Krisenintervention

n   Rasche Diagnostik und Einschätzung der
    Gefährdung von Mutter und Kind
n   Lösungsorientiertes Vorgehen, d.h. die
    Familie verlässt den Raum nicht ohne eine
    konkrete Perspektive
n   Möglichkeiten: Beratung, Medikation,
    Vermittlung stationärer Aufnahme mit/ ohne
    Kind, sofortige Entlastung der Familie, z.B.
    durch Haushaltshilfe
Beratung

n   Krankheitsbezogen
n   Entwicklungsbezogen
n   Symptombezogen
n   Die Ressourcen bestärken, aktivieren
n   Organisatorisch: Unterstützung,
    Psychotherapie und kompensatorische
    Betreuung des Kindes vermitteln, das soziale
    Netz ausbauen etc.
Behandlung

n   Psychotherapeutisch: Fokus auf Probleme mit der
    Elternschaft (Gespenster im Kinderzimmer, Traumata,
    Enttäuschung durch das reale Kind, Konflikte, z. B.
    Autonomie - Abhängigkeitskonflikt)
n   Psychiatrisch, medikamentös (Kenntnisse über
    Medikamente in Schwangerschaft und Stillzeit!)
n   Fokus auf Interaktion (Video- Feedback, nicht kritisierend,
    positiv verstärkend)
n   Arbeit mit der Familie, dem sozialen Umfeld
n   In der Tagesklinik zusätzlich
    q   Pflege: Anleitung, Unterstützung, Modell, pos. Verstärkung
    q   Babymassage, Musiktherapie: Sensitivitätstraining
    q   Bewegungstherapie
    q   Interaktionstherapie: Video-Feedback
    q   Entwicklungsfördernde Behandlung des Babys
Begleitung

n   Niederschwellig
n   Langfristig
n   Am Bedarf der Familie orientiert
n   Nachbetreuung nach der akuten Phase, nach
    Entlassung aus tagesklinischer oder
    stationärer Behandlung
n   Langfristige Nachbetreuung zur Sicherheit
    der Kinder und Familien vor allem bei
    chronischen Belastungen
Eltern-Baby-Tagesklinik -
    Aufnahmeindikationen
n   Mutter (Vater)
    q   Mangelnde Impulskontrolle
    q   Latente Suizidalität
    q   Nicht beherrschbare Ängste
n   Mutter-Kind-Beziehung
    q   Schwerwiegende Interaktionsstörung
n   Kind
    q   Regulationsstörung
    q   Entwicklungsverzögerung
    q   Bindungsstörung
n   Soziales Netz: wenig tragend
Eltern-Baby-Tagesklinik -
Kontraindikationen

n   Fehlende Krankheitseinsicht
n   Hoch akute Zustände
n   Akute Suzidalität
n   Nicht reflektierbare bzw. kontrollierbare
    Gefährdung des Kindes durch Misshandlung,
    Vernachlässigung
Eltern-Baby-Tagesklinik -
Behandlungsmodule

n   Pflege
    q   Unterstützung der Mutter/ des Vaters im Umgang mit sich
        selbst (Selbstpflege, Tagesstruktur, Wechsel von
        Anstrengung und Entspannung etc.)
    q   Unterstützung der Mutter/ des Vaters im Umgang mit dem
        Baby (Entlastung, Anleitung, Modell – dabei ausschließlich
        positive Verstärkung, weder Kritik noch Konkurrenz)
    q   Betreuung des Kindes (Sorge für sein körperliches Wohl,
        Regulationshilfe, Stimulation, Förderung im Einzel- und
        Gruppenspiel)
Eltern-Baby-Tagesklinik -
    Behandlungsmodule
n   Psychiatrisch – psychotherapeutische Behandlung
    q   Psychiatrische Diagnostik und Pharmakotherapie (in
        Zusammenarbeit mit der Erwachsenenpsychiatrie)
    q   Entwicklungsdiagnostik des Kindes und Planung der daraus
        resultierenden Behandlung
    q   Psychoanalytisch orientierte Einzelbehandlung der Mutter/
        des Vaters (Fokus: Konflikt mit der Elternschaft)
    q   Videogestützte Interaktionsbehandlung
    q   Eltern-Kinder-Gruppe
    q   Paar-/ Familientherapie
    q   Vätergruppe
    q   Ambulante Nachsorge
Eltern-Baby-Tagesklinik -
Behandlungsmodule
n   Fachtherapien
    q   Tanz- und Bewegungstherapie (Gruppen-, Einzel-
        und Mutter-Kind-Behandlung)
    q   Ergotherapie (Eltern-Kind-Spielbehandlung,
        Anleitung zur Babymassage, sensorische
        Integrationsbehandlung)
    q   Musiktherapie ( Einzelbehandlung der Mutter,
        Mutter-Kind-Behandlung)
    q   Physiotherapie (Krankengymnastik für das Kind,
        Anleitung der Mutter im „Handling“, Massage für
        die Mutter)
Eltern-Baby-Tagesklinik -
Behandlungsmodule
n   Sozialpädagogische Beratung
    q   Unterstützung bei der materiellen Sicherung des
        Lebens (Sozialhilfe, Rente, Wohnung etc.)
    q   Vermittlung zusätzlicher Betreuungsangebote
        (Haushaltshilfe, Sozialpädagogische Familienhilfe
        etc.)
    q   Vermittlung der Unterstützung nach Entlassung
        (Tagespflege, Sozialpädagogische Familienhilfe,
        Ambulante psychiatrische Pflege, Betreutes
        Wohnen, Patenfamilie etc.)
Voraussetzungen für diese Arbeit

n   Um den unterschiedlichen Aspekten gerecht
    zu werden
    q   Multidisziplinäres Team
    q   Regelmäßige Fortbildung
    q   Gemeinsame Schulung der Wahrnehmung
n   Um die notwendige nicht parteiliche Haltung
    zu garantieren („Großelternübertragung“)
    q   Intensive Besprechungen
    q   Regelmäßige Supervision
Ansätze zur Prävention

n   Stärkung protektiver Faktoren
    q   Gute Eltern-Kind-Beziehung
    q   Selbstreflexive Funktion der Eltern
    q   Offene Kommunikation in der Familie
    q   Anwesenheit und Verfügbarkeit einer gesunden
        Bezugsperson für die Kinder
    q   Möglichkeiten für die Kinder, wenigstens zeitweise ein
        unbelastetes Leben zu führen, einen eigenen
        Entwicklungsraum zu haben
    q   Gutes unterstützendes soziales Netz
    q   Austausch mit anderen ähnlich Betroffenen
    q   Abbau von Tabus in der Öffentlichkeit
Präventive Interventionen

n   Beratung für psychisch belastete Schwangere
n   Beratung/ Behandlung bei Krisen nach der Geburt
n   Gemeinsame Behandlung von Mutter und Kind in der
    Psychiatrie, dabei Augenmerk auch auf die Beziehung
    und die Entwicklung des Kindes
n   Einbeziehen der Kinder in die Behandlung des Elternteils
n   Familienberatung
n   Enlastung der Eltern, Entlastung der Kinder
n   Präventionsgruppen für Kinder, Gruppen für erwachsene
    Kinder
n   Ausgleichende Freizeitangebote für die Kinder
n   Elterngruppen
n   Öffentlichkeitsarbeit
The Tree (D. W. Winnicott)

Mother below is weeping, weeping, weeping
Thus I knew her
Once, stretched out on her lap
as now on dead tree
I learned to make her smile
    to stem her tears
    to undo her guilt
    to cure her inward death
To enliven her was my living
Weitere Informationen

n   www.frauen-und-psychiatrie.de
n   www.schatten-und-licht.de
n   www.marce-gesellschaft.de
n   www.seelennot-ev.de
n   www.bapk.de
n   www.bag-kipe.de
n   www.kipsy-net
n   www.kinder-kranker-eltern.de
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